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Neujahrsblatt - Naturforschende Gesellschaft in Zürich NGZH

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- 33 -<br />

viel weniger breit ist und die Täler der Zentralalpen viel offener gegen das Mittelland s<strong>in</strong>d. Ob gewisse<br />

E<strong>in</strong>zelheiten der Wild'schen aerodynamischen Theorie des Föhns zur Erklärung lokaler Eigentümlichkeiten<br />

der Föhnströmung Verwendung f<strong>in</strong>den können, muss die Zukunft zeigen. In den letzten Jahren sahen<br />

sich die Meteorologen oft gezwungen, zur Erklärung mancher Fe<strong>in</strong>heiten der meteorologischen Ersche<strong>in</strong>ungen<br />

Turbulenzersche<strong>in</strong>ungen zu berücksichtigen 87 . So dürften Wirbelbildungen bei der Ausbildung<br />

der Föhnmauer auftreten, können e<strong>in</strong>zelne böenartige Föhnstösse turbulenter Natur se<strong>in</strong>, wenn auch<br />

H. von Ficker hervorhebt, anlässlich se<strong>in</strong>er Ballonfahrten 88 <strong>in</strong> Föhnströmungen habe er verhältnismässig<br />

wenig Wirbelbildungen konstatieren können. Diese Ballonfahrten bei Föhn bilden e<strong>in</strong>e wertvolle Ergänzung<br />

der «Innsbrucker Föhnstudien». Die warme Föhnströmung s<strong>in</strong>kt <strong>in</strong> die Täler herab, ohne dass<br />

e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>biegen der Föhnströmung <strong>in</strong> die Talrichtung zu beobachten ist. Gebirge werden quer zur Streichrichtung<br />

übersetzt. Auch <strong>in</strong> engen Tälern, wie den westöstlich verlaufenden Tälern des Karwendelgebirges,<br />

die der Föhn senkrecht zum Streichen der Kämme passiert, s<strong>in</strong>kt die Föhnströmung am Leehang <strong>in</strong><br />

die Tiefe und steigt am Luvhang wieder empor.<br />

Die Strömungsl<strong>in</strong>ien drängen sich über den Kämmen<br />

zusammen und treten über den Tälern ause<strong>in</strong>ander.<br />

Die unterste Strömungsl<strong>in</strong>ie schmiegt sich<br />

dem Bodenrelief eng an. Die Störung der Föhnströmung<br />

kann noch 1000 m über der Kammhöhe<br />

festgestellt werden. Der Ballon wird auf der Südseite<br />

der Bergkämme stark gehoben. Von der<br />

Kammhöhe weg wird der ausbalancierte Ballon auf<br />

der Leeseite <strong>in</strong> die Täler h<strong>in</strong>abgedrückt, um am<br />

jenseitigen Hang wieder automatisch aufzusteigen.<br />

Am 6. Oktober 1911 sank im absteigenden Luftstrom<br />

der Ballon «Tirol» von 3200 m auf 1600 m<br />

und wurde dreimal durch die Föhnströmung <strong>in</strong> die<br />

Täler des Karwendelgebirges<br />

Abb. 33.<br />

Ballonfahrt über das Gebirge während Föhn (nach H. v.<br />

Ficker).<br />

∏ Föhnströmung<br />

… Bewegung des Ballons<br />

h<strong>in</strong>untergerissen. Die horizontale Geschw<strong>in</strong>digkeit betrug etwa 20 m/Sek., die vertikale Fall- oder Steiggeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

des Ballons etwa 6-7 m/Sek., während die vertikale Steiggeschw<strong>in</strong>digkeit der Föhnströmung<br />

wohl bis 10 m/Sek. betrug. H. von Ficker hat auf der Leeseite der Kämme bei Föhnballonfahrten<br />

noch nie Saugwirbel beobachten können (was vor allem gegen die Theorie von Wild, wie auch gegen die<br />

Theorie von R. Streiff-Becker spricht).<br />

Auch die von R. Billwiller jun. und de Querva<strong>in</strong> im Reusstal durchgeführten Registrierballonaufstiege bei<br />

Föhn 89 erbrachten den klaren Nachweis vom vertikalen Absteigen der Föhnströmung.<br />

Nach H. von Frickers Föhnstudien schien den meisten Meteorologen das Föhnproblem, das nach H. von<br />

Ficker selbst zu den «besterklärten Ersche<strong>in</strong>ungen der atmosphärischen Physik» 90 gehört, ke<strong>in</strong>er monographischen<br />

Behandlung mehr bedürftig zu se<strong>in</strong>. 1916 orientierte R. Wenger<br />

87 So zur Erklärung der Bildung der Zirrokumulus- und Altokumuluswolken. Siehe auch Untersuchungen über die Fe<strong>in</strong>struktur des W<strong>in</strong>des»<br />

von R. Becker. Met. Zeitschr., 1930, 8.183. Auf die Tatsache, dass <strong>in</strong> den Schweizeralpen der Föhn oft ohne vorgängigen, talabwärts wehenden<br />

W<strong>in</strong>d plötzlich e<strong>in</strong>setzt, weil <strong>in</strong> den schweizerischen Föhntälern Inversionen selten s<strong>in</strong>d und besonders im Reusstal die Temperaturschichtung vor<br />

Föhn e<strong>in</strong>e wenig stabile zu se<strong>in</strong> pflegt, machte schon 1912 R. Billwiller jun. (Verhandlungen der Schweiz. Naturforsch. <strong>Gesellschaft</strong> Altdorf)<br />

aufmerksam.<br />

88 «Beobachtung vertikaler Luftbewegungen bei Ballonfahrten im Gebirge.» H. v. Ficker, Met. Zeitschr., 1912,<br />

8.292. «Ballonaufstiege bei Föhn», H. v. Ficker, Met. Zeitschr., 1913, S.213ff. «Föhnuntersuchungen im Ballon«. Sitzungsber. d. Kais. Akad. d.<br />

Wiss. Wien, 1912.<br />

89 «Registrierballonaufstiege <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Föhntal.» R. Billwiller und A. de Querva<strong>in</strong>. Met. Zeitschr., 1912, S.249. Der Aufstieg erfolgte am 22.<br />

März 1911. Von drei Ballonen wurde nur e<strong>in</strong>er wieder am obern <strong>Zürich</strong>see aufgefunden. Der Aufstieg fand <strong>in</strong> Erstfeld am Morgen um 7 Uhr 55<br />

statt bei e<strong>in</strong>er Temperatur von 12,6°, e<strong>in</strong>er relativen Feuchtigkeit von 37%, Südw<strong>in</strong>d von 5-6 m/Sek. am Boden, 10,8 m/Sek. <strong>in</strong> 500 bis 600 m<br />

und 13,4 m/Sek. von 600 bis 720 m. Bei 2300 m wurde e<strong>in</strong>e starke Abnahme der Steiggeschw<strong>in</strong>digkeit von etwa 5 m auf 0,5 m/Sek. beobachtet.<br />

In der gleichen Höhe trat ausgeprägte Temperatur<strong>in</strong>version auf. Von 2700 m ab wurde wieder grössere Vertikalgeschw<strong>in</strong>digkeit und adiabatische<br />

Abnahme der Temperatur beobachtet. E<strong>in</strong>e zweite Zone ger<strong>in</strong>ger Vertikalgeschw<strong>in</strong>digkeit des Ballons (d.h. abs<strong>in</strong>kender Luftströmung) und<br />

gleichzeitiger Temperatur<strong>in</strong>version wurde bei 3800 m festgestellt.<br />

90 «Innsbrucker Föhnstudien IV», S.1.

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