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Neujahrsblatt - Naturforschende Gesellschaft in Zürich NGZH

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fluchtet haben, oder <strong>in</strong> die stillem Höfe alter Bürgerhäuser, wo man zitternd um Koffern und Truhen steht und mit Eimern versucht,<br />

dem Unglück zu wehren. Umsonst…<br />

«Grosser Gott! Welch e<strong>in</strong> Anblick !» schreibt e<strong>in</strong> Augenzeuge. «Der ganze Ort e<strong>in</strong> Feuerkessel, aus dem Lohen emporschlagen,<br />

sprühen, prasseln, mitten dr<strong>in</strong> die braunrote Flamme des Turms und se<strong>in</strong>es eichenen Balkenwerks Wie die Wogen des Meeres<br />

ergreift der Sturm das Feuer und lässt fliegenden Staub als rotes Gestöber h<strong>in</strong>unterstürzen. Auf den Alpen hüben und drüben<br />

glitzert der Glust des Feuers <strong>in</strong> den Fenstern der Berghütten, mehr als taghell erleuchtet stehen die Berge da, ungeheuer gross, der<br />

Schilt <strong>in</strong> weisser Glut, der Glärnisch wie e<strong>in</strong>e Pyramide aus glühenden Wänden und Pfeilern».<br />

Neue Hilfe kommt. Von Weesen, von Uznach, von Sargans, von Ragaz, spät noch von Chur und den obern Rhe<strong>in</strong>taldörfern. Mit<br />

glühenden Kesseln wagt der Führer des Rapperswiler Hilfszuges e<strong>in</strong>e Fahrt auf Leben und Tod...<br />

Unbarmherzig riss das Feuer alles mit sich, was <strong>in</strong> der Sud-Nordrichtung lag... Fünfhundert Häuser lagen ,<strong>in</strong> Schutt und Asche.<br />

Mit ihnen be<strong>in</strong>ahe alles, was seit Jahrhunderten fleissige Hände an Kunst und Wissenschaft gewirkt und gesammelt hatten; was<br />

dem Rechte und der Geschichte heilig war, Pergamente, Briefe, Bücher, dazu die alten Panner aus siegreichen Schlachten, die<br />

«goldene Trucke» mit den Reliquien des heiligen Fridol<strong>in</strong>; aber auch Vieh und Ross und Wagen...<br />

Dreitausend Menschen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieser Nacht obdachlos geworden. Ihrer fünf s<strong>in</strong>d selbst zu Opfern geworden...<br />

Wie die Sonne aufg<strong>in</strong>g, schwelten über dem zerstampften Kirchhof die hölzernen Kreuze der Generationen, die seit alten Zeiten<br />

die eben untergegangene Welt gründen halfen. Flackernde Kerzen e<strong>in</strong>er schauerlichen Totenmesse».<br />

2. KAPITEL<br />

Aus der Geschichte der Föhntheorie<br />

Von e<strong>in</strong>er besonderen Föhntheorie kann erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gesprochen werden. Zwar<br />

hat schon J. J. Scheuchzer angenommen, der warme Föhnw<strong>in</strong>d stamme aus der Türkei, aus Arabien, Persien<br />

und Indien. Die grosse Gewalt der Föhnstürme versuchte Scheuchzer durch den gebirgigen Charakter<br />

der Schweiz zu erklären 9 . In Fluss kam aber die Föhndiskussion erst, als nach dem gesicherten Nachweis<br />

der Eiszeit Escher v. d. L<strong>in</strong>th und O. Heer 10 die Me<strong>in</strong>ung verfochten, der Föhn habe als Saharaw<strong>in</strong>d gegen<br />

Ende der Eiszeit e<strong>in</strong>e so grosse Schmelze der Gletscher herbeigeführt, dass sich diese aus dem schweizerischen<br />

Mittelland <strong>in</strong> die Alpentäler zurückgezogen hätten. Dieser Ansicht schloss sich nach e<strong>in</strong>er Expedition<br />

mit Mart<strong>in</strong>s und Escher v. d. L<strong>in</strong>th <strong>in</strong> die Sahara vom Jahre 1863 (wobei weit verbreitete fossile<br />

Reste von Muscheln, die jetzt noch im Mittelmeer vorkommen, gefunden wurden), nicht nur der Neuenburger<br />

Forscher Desor 11 an, sondern auch der Engländer Ch. Lyell pflichtete den Schweizern bei.<br />

Dagegen glaubte der Berl<strong>in</strong>er Meteorologe Dove 12 , zufolge der Erddrehung müsste e<strong>in</strong> nord-ostwärts<br />

stürmender Saharaw<strong>in</strong>d nach Kle<strong>in</strong>asien abgelenkt werden, weshalb es sich bei den Föhnw<strong>in</strong>den um<br />

warmfeuchte, maritime Luft aus West<strong>in</strong>dien handeln müsse. Dove wies nach, dass die Föhnw<strong>in</strong>de auf der<br />

Süd- und Westseite der Alpen oft starke Regen- oder Schneefälle mit sich brachten, es sich also ke<strong>in</strong>eswegs<br />

um trockene Wüstenluft handeln könne. Dove sche<strong>in</strong>t schon 1852 13 die Möglichkeit angedeutet zu<br />

haben, e<strong>in</strong> feuchter W<strong>in</strong>d könne beim Übergang über e<strong>in</strong> Gebirge warm und trocken werden. Diesen entscheidenden<br />

Grundgedanken sprach<br />

9 «Hiervon ist leicht zu erfassen, wenn unser vorhabende Föhn vielleicht <strong>in</strong> ihrem Zug über das Mittelländ. Meer und ebnere<br />

Länder Italiens gemach e<strong>in</strong>her gefahren, hat aber <strong>in</strong> unseren zwischen hohen Bergen e<strong>in</strong>geschlossenen Helvetischen Thälern<br />

diejenige Gewalt bekommen, welche die vorhanden gewesenen Dünste <strong>in</strong> Regen verwandelt, die Dächer abgedeckt, Häuser,<br />

Ställe und Bäume umgeworfen und anderen Schaden zugefüget.» («Helv. Hist. Nat.,» S.216.><br />

10 O. Heer und A. Escher v. d. L<strong>in</strong>th: «Zwei geolog. Vorträge.» 1852.<br />

11 «Die Beziehungen des Föhns zur afrikanischen Wüste.» 1865.<br />

12 «Ueber den Föhn.» Vierteljahrsschrift N. G. <strong>Zürich</strong> 1865.<br />

13 H. W. Dove, «Ueber den Föhn». (Aus e<strong>in</strong>em durch A. Escher der <strong>Naturforschende</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> vorgelegten Briefe von Dove<br />

an Desor vom 2. Jan. 1865. Vierteljahrsschrift der Nat. Ges. <strong>Zürich</strong> 1865. S.8.) H. W. Dove, «Ueber Eiszeit, Föhn und Scirocco».<br />

Berl<strong>in</strong> 1867.

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