Heute hier, morgen dort? - System Familie
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3 Rahmenbedingungen des Wechselmodells 12<br />
ihre Kinder gemeinsam aus. Im Alltag bleibt es jedoch in vielen Fällen dabei,<br />
dass das Kind bei einem Elternteil lebt und von diesem versorgt wird. So<br />
wurden im Jahr 2005 87% der Kinder getrennt lebender Eltern tatsächlich von<br />
ihren Müttern, 13% der Kinder von ihren Vätern betreut (Statistisches<br />
Bundesamt 2006, S. 35). Dieser Elternteil, bei dem das Kind lebt, verbringt in<br />
der Regel die meiste Zeit mit dem Kind und leistet auch einen Großteil der<br />
Erziehungsarbeit. Der andere, nichtbetreuende Elternteil wird vom Kind in mehr<br />
oder weniger regelmäßigen Abständen besucht. Dieser Elternteil erlebt das Kind<br />
meist nur in einer kurzzeitigen Besuchssituation und nimmt am Alltag des<br />
Kindes kaum Anteil. Trotz eines gemeinsamen Sorgerechts und der<br />
beschriebenen, durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz erreichten deutlichen<br />
Verbesserungen in den Beziehungen zwischen Eltern und Kindern nach einer<br />
elterlichen Trennung erzieht damit weiterhin der Elternteil, bei dem das Kind<br />
lebt, das Kind faktisch allein. Schwab (1998, S. 457f.) bezeichnet das<br />
gemeinsame Sorgerecht daher als „Alleinsorge mit einer Mitbestimmung des<br />
anderen Elternteils in wichtigen Angelegenheiten“.<br />
Eine Regelung, bei der die Eltern nach einer Trennung nicht nur im juristischen,<br />
sondern auch im praktischen Sinn gemeinsam für ihre Kinder sorgen, sieht die<br />
deutsche Gesetzgebung (derzeit) nicht vor. Eine tatsächliche gemeinsame<br />
Betreuung im Sinne eines Wechselmodells wird aber auch nicht explizit<br />
ausgeschlossen. Letztlich liegt es zunächst in der Gestaltungsfreiheit der Eltern,<br />
wie sie die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder nach einer Trennung<br />
rechtlich, aber vor allem auch inhaltlich organisieren. Schwierig wird es jedoch,<br />
wenn Eltern sich nicht einigen können, in welcher Form sie die Betreuung ihrer<br />
Kinder gestalten wollen, und ein Elternteil die gerichtliche Regelung des<br />
Aufenthalts beantragt. Dann stellt sich angesichts einer fehlenden eindeutigen<br />
gesetzlichen Bestimmung die Frage, ob und unter welchen Umständen ein<br />
<strong>Familie</strong>ngericht gegen den Willen eines Elternteils eine abwechselnde Betreuung<br />
anordnen kann (vgl. Gutjahr 2007, S. 301f.; Eschweiler 2007, S. 305f.).