ad marginem Nr. 78/79 - Humanwissenschaftliche Fakultät ...
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ner das Geschehen nicht noch einmal durchleben und erst recht nicht mit diesen<br />
Berichten die Angehörigen noch stärker beunruhigen möchte, als sie es ohnedies<br />
schon sind. So wird in den Briefen nur ein Teilbild einer Wirklichkeit vermittelt,<br />
die zwar real existiert, aber die Brutalität des Krieges in ihrem ganzen Ausmaß<br />
außen vor lässt.<br />
Heinrich Helms hatte nicht nur eine solide musikalische Ausbildung erhalten,<br />
sondern er bemühte sich als Privatmusiklehrer und Gründer einer privaten Musikschule,<br />
als Lehrer im Musikunterricht der Schule, als Leiter einer Sing- und<br />
Spielgruppe sowie eines Posaunenchors und als Komponist um die Förderung<br />
des Laienmusizierens und die Wiederbelebung alter Volkssitten. Auch noch als<br />
Besatzungssoldat in Frankreich leistete er eine intensive Musik- und Chorarbeit.<br />
Wann und wo auch immer es ihm möglich war – selbst unter den schwierigen<br />
Bedingungen des Russlandfeldzuges – versuchte er, wie es seine Briefe dokumentieren,<br />
zu musizieren. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit schrieb er Lieder<br />
für seine Kinder, gab auch Hinweise für den Flötenunterricht seines ältesten<br />
Sohnes, so, als sei er eben ger<strong>ad</strong>e einmal auf einer kleinen Reise unterwegs. Es<br />
ist anzunehmen, dass Heinrich Helms – neben der innigen Beziehung zu seiner<br />
Frau und seinen Kindern – in der Musik eine Kraft fand, die ihm half, die Not<br />
der Trennung und die ständige Gefährdung von Leib und Leben zu ertragen,<br />
zumindest zu erleichtern. Die Schrift dokumentiert zwar nur ein Einzelschicksal,<br />
aber sie vermittelt zugleich einen tiefen Einblick in das Leiden, wie es Millionen<br />
zu jener Zeit ertragen mussten.<br />
N.<br />
Hinze, Werner (Hg.): Johann Most und sein Liederbuch. Warum der Philosoph<br />
der Bombe Lieder schrieb und ein Liederbuch herausgab. Hamburg:<br />
Tonsplitter, 2005 (Zeitdokumente Musik von unten e. V., 1–3<br />
Johann Most (1846–1906), einer der aktivsten Agitatoren der sozialrevolutionären<br />
Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Redakteur verschiedener<br />
Zeitungen der Arbeiterbewegung und einige Jahre lang Abgeordneter<br />
im Deutschen Reichstag, war eine schillernde Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts.<br />
Seine politischen Überzeugungen und Handlungen brachten ihm häufige<br />
Verhaftungen und Gefängnisaufenthalte ein. Nach dem Inkrafttreten des „Sozialistengesetzes“<br />
im Oktober 18<strong>78</strong> wurde er aus Berlin ausgewiesen. Er emigrierte<br />
nach Frankreich, wo er aber ebenfalls unerwünscht war und bald abgeschoben<br />
wurde, und zog weiter nach England. Politisch r<strong>ad</strong>ikalisierte er sich zunehmend<br />
und wurde deshalb aus der deutschen Sozialdemokratie ausgeschlossen. Wegen<br />
extremistischer politischer Äußerungen in der von ihm gegründeten Zeitung<br />
Freiheit wurde er mit Zwangsarbeit und Isolationshaft bestraft. Ende 1882 entschloss<br />
er sich zur Auswanderung in die Vereinigten Staaten. Innerhalb der amerikanischen<br />
Arbeiterbewegung gewann er schnell an Einfluss, er wurde jedoch<br />
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