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ad marginem Nr. 78/79 - Humanwissenschaftliche Fakultät ...

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neren Schriftbild gehalten. Im übrigen Text wurde die originale Rechtschreibung<br />

weitgehend beibehalten.<br />

Der im Lesen von alten Texten, insbesondere Dialekttexten, weniger Geübte<br />

wird sich erst etwas einlesen müssen. Dafür wird er mit dem Genuss der vitalen,<br />

bildkräftigen, oft auch drastischen, unverfälschten und nicht geschönten Sprache<br />

belohnt. Die Texte sind in der überwiegenden Mehrzahl kurz gefasst. So liest<br />

sich das Buch kurzweilig. Dennoch sollte über die einzelnen Texte nicht einfach<br />

hinweg gelesen werden, denn in ihnen ist eine Fülle volkskundlicher, historischer,<br />

sozialer und psychologischer Fakten enthalten. Der Autor war allerdings<br />

sehr gut beraten, dass er die Untersuchung dieser Zusammenhänge in diesem<br />

Buch nicht unternommen hat, da sie eine eigene Schrift füllen würden. Der Leser<br />

jedoch sollte sich motiviert sehen, bei den Texten zu verweilen und den Bedingungen<br />

und Begründungen des jeweiligen Geschehens nachzugehen. Angereichert<br />

wird die Schrift mit einer großen Anzahl von Abbildungen in hervorragender<br />

Qualität, zumeist im Zusammenhang mit Texten, was schon allein für<br />

sich ein Kompendium wichtiger Informationen über den Dudelsack in Europa<br />

über die Jahrhunderte hinweg darstellt.<br />

Die Texte reichen von sehr groben Darstellungen (Der Kirchweihbock) bis zur<br />

Erzählung mit erotischen Anspielungen, in den Spott auch den Pfarrer mit einbeziehend<br />

(Novelle V); von überraschenden Erklärungen über die Entstehung<br />

des Dudelsacks (z. B. Wie der Dudelsack auf die Bergweiden kam, Die Legende<br />

von der Stwiri oder Der Wettstreit zwischen Gott und dem Teufel) bis zur Interpretation<br />

einer Spielkarte, die einen Dudelsackspieler darstellt, zugleich aber<br />

zeitkritische Sentenzen enthält. Wir erfahren, dass die Sackpfeifer beim Spielen<br />

aufstampfen, weil sie den Kuhfl<strong>ad</strong>en abstreifen wollen, der von einem Ochsen<br />

stammt, dem sie zu nahe standen, als sie in der Krippe dem neugeborenen Jesuskind<br />

aufspielten (im Weihnachtsmärchen Warum die Sackpfeifer beim Spielen<br />

aufstampfen); dass die Sackpfeife Friedensvermittler sein (Ein Sackpfeifer<br />

als Friedensrichter), aber auch als Mittel militärischer Siege eingesetzt werden<br />

kann (Die Sackpfeifer Julius Cäsars). Wir werden Zeuge vom Wolfsanführer<br />

oder vom Dudelsack spielenden Teufel, der bei einem Fest erscheint, vertrieben<br />

wird, aber Unfrieden zurücklässt, so dass der Dreißigjährige Krieg ausbricht<br />

(Kapitel Predikow aus Theodor Fontanes Wanderungen durch die Mark Brandenburg).<br />

Es handelt sich bei der vorliegenden Publikation um eine sehr gelungene<br />

Schrift, deren Texte sich vergnüglich lesen lassen, aber mehr sind als eine<br />

bloße Unterhaltungslektüre.<br />

N.<br />

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