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Aus Brünns Vergangenheit

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turelle Leben der Stadt war die Gründung des Gymnasiums von besonderer Bedeutung.<br />

Die Studenten jener Zeit gaben freilich manchem ehrsamen Bürger Ursache zum Kopf<br />

schütteln; denn die Jesuitenschule war gewissermaßen Konkurrentin der älteren<br />

Dominikanerschule geworden und zwischen den Schülern der Jesuiten und der<br />

Dominikaner kam es mehrmals zu Zusammenstößen. So berichtet uns die Chronik von<br />

blutigen Studentenkeilereien in der Fröhlichergasse und ein andermal vor den Toren der<br />

Stadt. Jedenfalls blieben die Jesuitenschüler nicht unerfahren in der Führung der Waffen,<br />

was später einmal für Brünn noch besondere Bedeutung haben sollte.<br />

Brünn war auch im 16. Jahrhunderte eine kerndeutsche Stadt. Umso befremdlicher muß<br />

es erscheinen, daß der Landeshauptmann Carl von Zierotin sich weigerte, deutsche<br />

Eingaben, bzw. deutsche Schriftstücke des Rates der Stadt in Empfang zu nehmen und<br />

von ihm ihre <strong>Aus</strong>fertigung in tschechischer Sprache verlangte — ein Ansinnen, das keine<br />

gesetzliche Grundlage besaß und daher auch zurückgewiesen wurde. Diese Haltung<br />

Zierotins hat aber ihre tiefere Bedeutung. Zierotin galt als Beschützer der Protestanten,<br />

aber er und der übrige tschechische Adel suchte die Reformationsbewegung zur Wiederbelebung<br />

des Hussitentums und zu politischen Zwecken zu mißbrauchen. Von Seite<br />

des tschechischen Adels wurde versucht, den nationalen Streit zu entfachen und Unruhe<br />

in die Stadt zu tragen — ein Beginnen, das allerdings an dem gesunden Sinn der<br />

Einwohner scheiterte.<br />

Noch eines kriegerischen Ereignisses jener Zeit sei Erwähnung getan. Im Jahre 1529<br />

stand der Sultan des Osmanischen Reiches Soliman mit der damals unerhörten<br />

Heeresmacht von 250.000 Mann vor Wien. Vom 26. September bis zum 14. Oktober<br />

währte die Belagerung. Brünn hatte umfassende Vorbereitungen getroffen, um jeder<br />

Gefahr begegnen zu können; denn bis tief nach Südmähren hinein brannten und<br />

plünderten türkische Streif scharen, von denen einige in eine bedenkliche Nähe der<br />

Stadt gelangt waren. Mehr als einmal sah man in jenen Tagen am Horizonte den Himmel<br />

rot gefärbt, aber des Sultans Macht brach an den Mauern Wiens und als die Kunde davon<br />

in Brünn eintraf, da strömten auch hier wie in der Reichshauptstadt die Menschen in<br />

die Kirchen zum feierlichen Dankgottesdienste.<br />

VI. Kriegsnot und Bürgertreue<br />

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts herrschte auf dem Hradschin in Prag ein Fürst von<br />

eigenartigem Charakter: Rudolf II. (1576—1613). Zu Beginn seiner Regierung hob er<br />

die Zugeständnisse seines Vaters Maximilian II. an. die Protestanten auf und in den<br />

habsburgischen Erblanden wurde 1578 allenthalben das katholische Glaubensbekenntnis<br />

befohlen. Bald jedoch schien die Politik mit ihren vielerlei Ränken ihn so angewidert zu<br />

haben, daß er ihr geradezu den Rücken kehrte. Selbst mit bedeutenden<br />

wissenschaftlichen Kenntnissen ausgestattet, widmete er sich neben der Pflege der<br />

Kunst besonders der Astronomie und Alchemie, statt sich um die Regierung zu<br />

kümmern. Das gab Anlaß zu einem schweren Bruderzwist im Hause Habsburg. Rudolf<br />

II. mußte 1608 die Regierung in Österreich und Ungarn seinem Bruder Mathias<br />

übergeben, der den Protestanten in Österreich und Ungarn ziemlich bedeutende<br />

Zugeständnisse gemacht hatte. Im Jahre 1609 erließ auch Rudolf II. ein<br />

Religionsgesetz, das weitgehendste Glaubensgesetz jener Zeit, den Majestätsbrief, der<br />

den Protestanten fast volle Religionsfreiheit gab, der aber auch der indirekte Anlaß zum<br />

30jährigen Krieg wurde. Schon 1611 mußte Rudolf II. auch die böhmische Krone an<br />

Mathias abtreten und starb 1612. In Böhmen hatte indessen die Reformation weite<br />

Verbreitung gefunden. Als wegen <strong>Aus</strong>legung des Majestätsbriefes Meinungsverschiedenheiten<br />

entstanden, benützten die tschechischen Feudalherren diese<br />

Gelegenheit zu einem Aufstande, der mit dem Prager Fenstersturze am 23. Mai 1618<br />

seinen Anfang nahm, aber auch den Beginn des 30 jährigen Krieges bedeutete. Im<br />

Grunde genommen handelte, es sich um eine tschechische Adelsrebellion, die mit der<br />

Religion nicht viel zu tun hatte, wohl aber sich gegen das Deutschtum kehrte; denn der<br />

nach dem Prager Fenstersturze zusammengetretene Landtag beschloß als erstes Gesetz

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