06.11.2013 Aufrufe

Aus Brünns Vergangenheit

Aus Brünns Vergangenheit

Aus Brünns Vergangenheit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

nicht verloren. So waren sie, Jahrhunderte hindurch deutsch geblieben, in guten wie in<br />

bösen Tagen stets in Treue verbunden mit den Bewohnern der Stadt; denn hier war<br />

schon damals der spätere Mahnruf Hans Kudlichs bereits zur lebenswahren Wirklichkeit<br />

geworden: Stadt und Land — Hand in Hand!<br />

IV. Im Hussitensturm.<br />

Mährens Landeshauptstadt trat als ein blühendes, reiches Gemeinwesen in das 15.<br />

Jahrhundert ein. Es verdankt seinen Aufschwung der klugen und umsichtigen Regierung<br />

Karls IV. und der vorzüglichen Landesverwaltung seines Bruders Johann Heinrich, der<br />

als Markgraf von Mähren auf dem Spielberge residiert hatte. Die Stadt sah manche<br />

glänzende Fürstenversammlung und war mehr als einmal Schauplatz wichtiger<br />

hochpolitischer Entscheidungen, so z. B. 1364, als im Brünner Erbverbrüderungsvertrag<br />

zwischen -Luxemburg und Habsburg beschlossen wurde, daß beim <strong>Aus</strong>sterben des einen<br />

Hauses das andere dessen ganzen Länderbesitz erben sollte. Die rasche Entartung der<br />

Luxemburger und die tollen Wirren der Hussitenzeit machten die Habsburger zu den<br />

Erben des luxemburgischen Hauses, wobei nicht übersehen werden darf, daß der<br />

Erbvertrag von Brunn wohl am meisten dazu beigetragen hatte, den Thronhader und<br />

den Dynastienwechsel allmählich zu beseitigen und dadurch die Geschichte des Heiligen<br />

Römischen Reiches Deutscher Nation bis zu seinem Ende grundlegend zu bestimmen.<br />

Auf einen geradezu unerhörten Aufstieg der Länder Böhmen und Mähren begann<br />

unter dem Sohne und Nachfolger Karls IV. eine Zeit des tiefsten Verfalls; denn König<br />

Wenzel war die traurigste Erscheinung des Hauses Luxemburg und seine Regierung das<br />

unseligste Kapitel der deutschen und auch der böhmisch-mährischen Geschichte. Unter<br />

ihm begannen die hussitischen Wirren, die in Prag damit ihren Anfang nahmen, daß der<br />

mit allen Mitteln einer gewissenlosen Demagogie aufgeputschte Pöbel .gewaltsam in das<br />

Prager Rathaus eindrang und die dort anwesenden deutschen Bürgermeister und Räte<br />

aus dem Fenster in die Picken der auf der Straße, tobenden Menge stürzte. Das war der<br />

Beginn der ebenso grausamen wie für das Land verderblichen Hussitenkriege, die sich<br />

aus Böhmen bald auch nach Mähren hinüberzogen, und so kam es, daß im Jahre 1428<br />

auch Brunn von den Hussiten belagert wurde. Brunn hatte aber schon zu Beginn der<br />

Unruhen mit den anderen deutschen Städten Mährens wie Iglau, Znaim, Olmütz und<br />

Wischau gegen die drohende Hussitengefahr ein Schutz- und Trutzbündnis geschlossen,<br />

das sich nun glänzend bewähren sollte.<br />

Die Gefahr war groß, denn vor den Mauern lag ein überlegenes Hussitenheer unter<br />

der Leitung kriegserprobter und sieggewohnter Führer, wie Weleks und Prokops des<br />

Kleinen, und in der Stadt selbst hatte schnöder Verrat sein Haupt erhoben. Wohl war die<br />

»Stadt noch deutsch, aber unter einer kleinen heimlich hussitischen Minderheit hatten<br />

sich Verräter gefunden, die mit den Belagerern in Verbindung standen und den Feinden<br />

heimlich in der Nacht ein Tor öffnen wollten. Der schurkische Anschlag wurde aber<br />

entdeckt und die Verräter kamen ins Gefängnis. Die Feinde hatten aber keine Ahnung,<br />

daß der tückische Plan bereits entdeckt worden war. Als sie sich nun nachts in aller<br />

Stille dem Fröhlicher Tor näherten, da öffnete sich dieses wohl — aber nicht um die<br />

Hussiten hereinzulassen, sondern aus dem Tore stürmten die hinter ihm schon<br />

bereitgestandenen Verteidiger heraus, fielen über die überraschten Hussiten her und<br />

bereiteten ihnen eine schwere Niederlage. Indessen war der Bischof des verbündeten<br />

Olmütz, Johann der Eiserne, an der Spitze eines tapferen Heeres herangekommen und<br />

griff die bei Schlapanitz lagernden Hussiten an. Gleichzeitig machten die Brünner Bürger<br />

einen <strong>Aus</strong>fall, und kamen die Feinde, von zwei Seiten angegriffen, in eine so bedrängte<br />

Lage, daß sie abzogen und die Belagerung aufgaben. Brünn hatte die größte Gefahr, die<br />

ihm in seiner vielhundertjährigen Geschichte gedroht hatte, siegreich überstanden.<br />

Vergeblich hatten die Hussiten die deutschen Städte Mährens zu erobern versucht.<br />

Umso grausamer tobte sich ihre Wut gegen die wehrlose deutsche Bevölkerung auf dem<br />

flachen Lande aus. Ungezählte deutsche Dörfer gingen in Flammen auf, ihre Einwohner<br />

wurden erschlagen oder verschleppt. Tausende wurden von Haus und Hof aus den

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!