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Aus Brünns Vergangenheit

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Gicht beinahe gelähmt und in einer Sänfte getragen, eilte er mit unheimlicher Schnelle<br />

nach Norden, schlug die Dänen und zwang sie zum Frieden.<br />

In Brünn hatte man sich indessen von dem nicht geringen Schrecken erholt, man ging<br />

rasch an den Wiederaufbau der vor den Mauern der Stadt zerstörten Anwesen und in<br />

kurzer Zeit waren die Spuren des schwedischen Überfalles verschwunden. Es kam<br />

allerdings manche Kunde nach Brünn, die die Bürger bedenklich stimmte und<br />

veranlaßte, nicht nur die Verteidigungswerke in Stand zu halten, sondern auch sich<br />

selbst im Gebrauche der Waffen zu üben. So traf 1644 die Nachricht ein, Georg Rakoczy,<br />

der Nachfolger Bethlen Gabors, habe im Einverständnisse mit seinem Oberherren, dem<br />

türkischen Sultan, die Magyaren gegen den Kaiser zu den Waffen gerufen. Man mußte<br />

sich zwar wieder auf einen Einbruch feindlicher Scharen in Mähren gefaßt machen, aber<br />

Brünn selbst, die feste Stadt, konnte einem solchen Gegner wohl widerstehen und ließ<br />

sich nicht allzu sehr beunruhigen, zumal sie ihn von früheren Jahren her kannte. Anders<br />

freilich wurde die Lage, als Torstenson abermals in Böhmen einrückte, im März 1645 die<br />

kaiserliche Armee bei Jankau schlug und nun gegen Brünn marschierte.<br />

Der schwedische Feldmarschall meinte jetzt, den Weg nach Wien offen zu haben. Daß<br />

Brünn auf diesem Wege lag, schien ihm nicht viel auszumachen. Indessen war die Kunde<br />

vom Anmarsch der Schweden eingetroffen. Die Lage war ernst. Die Niederlage des<br />

kaiserlichen Heeres, das fast gänzlich aktionsunfähig geworden war, ließ bei einer<br />

längeren Belagerung der Stadt Hilfe oder Entsatz nicht in <strong>Aus</strong>sicht stehen. Außer den<br />

waffenfähigen Männern der Einwohnerschaft gab es in Brünn nur eine geringe<br />

militärische Besatzung und auch die sonstigen militärischen Hilfsmittel waren nicht allzu<br />

groß. Dennoch waren die Brünner zum äußersten Widerstand entschlossen.. Die Stadt<br />

hatte nämlich einen Kommandanten bekommen, der nicht nur als tüchtiger Kriegsmann<br />

bekannt war, sondern dessen umsichtige Vorkehrungen für die Verteidigung den<br />

Einwohnern Vertrauen und Zuversicht einflößten. Es war dies Radwit de Souches, der<br />

übrigens evangelischen Glaubens war. Zunächst wurden die Stadtmauern an<br />

verschiedenen Stellen verbessert, sogar mancherlei neue Verteidigungsanlagen und<br />

Vorwerke errichtet und andere Verstärkungen durchgeführt. Ebenso wurden auch die<br />

Festungswerke auf dem Spielberge verstärkt. Ein besonderes Augenmerk widmete de<br />

Souches auf eine gesicherte Verbindung des Spielberges mit der Stadt. Zu diesem<br />

Zwecke ließ er einen gedeckten Weg von der Stadt zum Spielberg errichten, der sich<br />

während der Belagerung ausgezeichnet bewährte. Zu diesen Befestigungsarbeiten<br />

wurden Tag und Nacht alle Männer der Stadt herangezogen: Studenten werkten neben<br />

den Handwerksgesellen, Meister neben ihren Lehrlingen, alles legte Hand an. In<br />

umsichtiger Weise wurden auch mancherlei andere Vorsichtsmaßregeln ergriffen um<br />

gegen alle Zufälle geschützt zu sein. Vor allem traf man Schutzmaßnahmen gegen<br />

Feuersgefahr. Leicht entzündliche Holz- oder Strohdächer wurden abgetragen, die<br />

Dachböden mußten „entrümpelt", von allem Brennbaren befreit und mit einer starken<br />

Sandschicht bedeckt werden. Auf den Dachräumen, aber auch in allen Stockwerken<br />

wurden Wasserbottiche aufgestellt. Die Frauen hatten dafür zu sorgen, daß sie stets<br />

gefüllt blieben. Sie stellten auch die Brandwachen, während die Männer auf den Mauern<br />

standen. Unsere Brünner Frauen und Mädchen jener Zeit waren ein recht tapferes und<br />

unternehmungslustiges Geschlecht. Als während der Belagerung in der Stadt das<br />

Gemüse rar wurde, da erspähten sie bald eine schwache Stelle der schwedischen<br />

Einschließung und benützten die günstige Gelegenheit, um gegen die Neustift und<br />

Grillowitz zu auch einen „<strong>Aus</strong>fall" zu machen und unter dem Schutze der Waffen aus den<br />

dortigen Gärten bzw. von den Feldern frisches Gemüse in die Stadt zu holen. Mehr als<br />

einmal eilten Frauen und Mädchen auch hinter den ausfallenden Verteidigern der Stadt<br />

vor die Mauern, um Kraut, Kohl und mancherlei anderes „Grünzeug" zu holen. Radwit<br />

de Souches stellte Später den wackeren Brünnerinnen, die sich auch der Pflege der<br />

Verwundeten und Kranken mit viel Geschick gewidmet hatten, manch ehrendes Zeugnis<br />

aus, zumal durch ihre Geistesgegenwart und Wachsamkeit manches Brandunglück<br />

verhindert worden war. Der Kommandant hatte auch dafür gesorgt, daß es den<br />

Verteidigern, nicht an Munition mangelte und hatte Vorsorge getroffen, daß alles nötige

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