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Aus Brünns Vergangenheit

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<strong>Brünns</strong> ermordet worden sein soll. Diese Mordtat wird mit der sogenannten<br />

„Zderadsäule", die am Ende der Kröna gegen die Zwitta zu auf der rechten Seite<br />

in einem Vorgarten steht, irrtümlich in Verbindung gebracht. Nach der Sage soll<br />

diese Säule ein Denkmal für den ermordeten Zderad vorstellen. Das ist<br />

geschichtlich unrichtig, denn schon der gotische Stil der Säule sagt uns, daß sie<br />

aus einer jüngeren Zeit stammt. In Wirklichkeit ist sie eine sogenannte<br />

Stapelsäule, die den auf der Straße mit ihren Wagen und Waren dahinziehenden<br />

Kaufleuten anzeigte, daß sie in der Stadt ihre Waren zum Verkaufe auszulegen<br />

verpflichtet sind. Jedenfalls ist aber diese Säule ein Beweis dafür, daß Brünn<br />

schon im Mittelalter ein bedeutender Stapelplatz und wichtiger Handelsort war.<br />

Das wichtigste Ereignis in der mittelalterlichen Geschichte <strong>Brünns</strong> war die<br />

Verleihung des Stadtrechtes im 13. Jahrhundert. Es handelte sich um ein<br />

ausgesprochen deutsches Recht. Die Urkunde ist wohl in lateinischer Sprache<br />

abgefaßt, jedoch die Brünner ließen sie sofort nach der Verleihung in die<br />

deutsche Sprache übersetzen und sorgten dafür, daß diese deutsche<br />

Übersetzung ebenso viel Rechtskraft besaß wie die lateinische Urschrift. Es sollte<br />

eben jeder Bürger die Möglichkeit besitzen, sich selbst von den der Bürgerschaft<br />

erteilten Rechten und von den ihr auferlegten Pflichten durch Einblick in diese<br />

Urkunde genaue Kenntnis zu verschaffen. Daß sie nur ins Deutsche übersetzt<br />

wurde, ist abermals ein Beweis dafür, daß das Deutsche die alleinige Verkehrsund<br />

Umgangssprache in Brünn war. Es gibt aus jener Zeit vor 700 Jahren kaum<br />

ein zweites Beispiel dafür, daß eine Stadt eine königliche Urkunde ins Deutsche<br />

übertragen ließ, um ihr erst dadurch erhöhte Bedeutung zu geben. Brünn war<br />

damals bereits ein so fester Ort, daß sich die Mongolen, die im Jahre 1241 in<br />

Mähren einbrachen, an die Stadt und ihre Umgebung nicht heranwagten.<br />

Das 14. Jahrhundert ist in Böhmen und Mähren vielfach durch die Regierung<br />

Karls IV., des deutschen Kaisers und Gründers der ersten deutschen Universität<br />

in Prag, bestimmt. Karl IV. war vor seiner Wahl zum Deutschen Kaiser und vor<br />

der Besteigung des böhmischen Thrones Markgraf von Mähren und residierte als<br />

solcher in Brünn, wo er zu mehreren angesehenen deutschen Bürgerfamilien in<br />

enge freundschaftliche Beziehungen trat. Er fand in diesen Kreisen auch<br />

tatkräftiges Entgegenkommen, wenn er finanzielle Schwierigkeiten zu<br />

überwinden hatte. Als er endgültig seine Residenz in Prag aufschlug, erhielt sein<br />

Bruder Johann Heinrich die Markgrafschaft Mähren. Er nahm ebenfalls zu Brünn<br />

seinen Wohnsitz. Markgraf Johann Heinrich fühlte sich ganz als deutscher Fürst,<br />

der seiner Haupt- und Residenzstadt Brünn immer wieder sein Wohlwollen<br />

bewies und die Entwicklung von Handel und Gewerbe gern förderte. Nach ihm<br />

herrschten auf dem Spielberge seine Söhne Prokop und Jodok. Ersterer starb<br />

unter sehr rätselhaften Umständen — man sprach von Gift. Jodok wurde am 1.<br />

Oktober 1410 zum Deutschen Kaiser gewählt, starb aber schon am 18. Januar<br />

1411. So hatte — wenn auch nur kurze Zeit — sogar ein deutscher Kaiser zu<br />

Brünn und auf dem Spielberge seinen Wohnsitz. An Jodok erinnerte die<br />

Jodokstraße und eine Statue am Eingangstor zur ehemaligen Statthalterei (dem<br />

Gebäude der Landesregierung) neben der Kirche zu St. Thomas auf dem<br />

Lažanskyplatze.<br />

Brünn hatte sich nicht nur zu einer wehrhaften festen Stadt entwickelt, die allen<br />

kommenden Stürmen erfolgreich zu widerstehen imstande war, sondern es hatte<br />

auch in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht einen mächtigen Aufschwung<br />

genommen. Handel und Gewerbe blühten, das Bürgertum erfreute sich eines<br />

bedeutenden Wohlstandes, manch ansehnliches Bürgerhaus entstand und gab<br />

gemeinsam mit den vielen kirchlichen Bauten noch nach Jahrhunderten Zeugnis<br />

davon, was deutscher Fleiß, deutsche Tatkraft und frommer Sinn unserer<br />

Vorfahren im mittelalterlichen Brünn zu schaffen imstande gewesen waren

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