Aus Brünns Vergangenheit
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empfindlicher Mangel bemerkbar. Mancher wackere Streiter war für seine Heimatstadt<br />
gefallen und die Zahl der Verwundeten war ebenfalls nicht gering. Die Verpflegung<br />
begann schon einige Sorgen zu bereiten und auch, die Munition wurde knapper.<br />
Mancher mutige Bote hatte die Stadt verlassen und war trotz der engen feindlichen Einschließung<br />
über die schwedische Stellung hinausgelangt und bis nach Wien gekommen,<br />
um Nachricht von der Lage der Stadt zu bringen. Trotzdem aber wankte die Bereitschaft<br />
der Brünner, ihre Stadt zuhalten, nicht einen Augenblick.<br />
Da beschloß der schwedische Feldherr am 15. August des Jahres 1645, am Tage Maria<br />
Himmelfahrt, noch einmal alle Mittel und alle vorhandenen Kräfte zu einem letzten<br />
gewaltigen Sturm auf Brünn einzusetzen. Der ob seiner Mißerfolge vor Brünn und ob<br />
seiner Gicht wütende General tobte und fluchte voll ohnmächtigen Zornes gegen die<br />
Stadt. Um 12 Uhr mittags müsse sie genommen sein, verlangte er von seinen Offizieren,<br />
sonst ziehe er noch heute ab und alle träfe die Schande. Er schwur gotteslästerlich, er<br />
wolle nicht Mann noch Greis, nicht Weib noch Kind schonen und nicht einen Stein auf<br />
dem anderen stehen lassen und versprach den Soldaten, sie könnten in der eroberten<br />
Stadt plündern nach Herzenslust. Schon im frühen Morgengrauen des 15. August<br />
begannen die schwedischen Kanonen zu donnern. Unzählige Geschosse flogen gegen die<br />
Stadt, Brandkugeln schlugen ein, schon stiegen in der Stadt da und dort Flammen auf<br />
und am Ende der Breiten Gasse (später Jesuitengasse) klaffte eine weite Bresche in der<br />
Stadtmauer. Allein Frauen und halbwüchsige Jungen, Kinder noch, löschten die Brände,<br />
andere von ihnen füllten Säcke mit Schutt und Sand und Steinen und schleppten sie zu<br />
der Bresche, diese zu füllen. Auf den Trümmern der Mauern aber standen die wackeren<br />
Brünner Studenten, stand ihr Fähnrich Muschka mit der blauen Studentenfahne, die das<br />
Bild der Himmelskönigin schmückte in der Linken, den Degen in der Rechten und mitten<br />
in der todesmutigen Schar stand auch der Rektor und Jesuitenpater Sredonius mit hoch<br />
erhobenem Kreuze. Hier setzte der Hauptsturm der Feinde ein, aber immer wieder<br />
trieben die tapferen Verteidiger die stürmende Übermacht zurück. Stundenlang währte<br />
der Kampf. Gar mancher Student sank tot oder verwundet zu Boden, das Häuflein<br />
lichtete sich bedenklich und das lange Ringen ermüdete die treue Schar. Radwit de<br />
Souches, der überall dort erschien, wo der Kampf am stärksten tobte, erkannte die<br />
Gefahr, die an dieser Stelle der Stadt drohte. Rasch raffte er an einem anderen Orte so<br />
viel Bürger zusammen, als er nur konnte, und eilte den hartbedrängten Studenten zu<br />
Hilfe. Noch einmal brachen die Schweden zum Sturme vor — da, mitten im erbittertstem<br />
Kampfe begannen die Glocken zu läuten. War es Mittag? Die Schweden horchten auf und<br />
wichen zurück. Vergebens suchten ihre Offiziere, sie mit blanker Klinge gegen die<br />
Mauern zu treiben. Die Soldaten folgten ihnen nicht mehr Der Feind flutete in sein Lager<br />
zurück, entmutigt und murrend ob der schweren Verluste und wegen der vielen<br />
Entbehrungen und Mühsale einer nutzlosen Belagerung.<br />
Der letzte Sturm der Schweden war abgeschlagen. Niedergedrückt von den<br />
Mißerfolgen einer mehr als dreimonatlichen Belagerung und erschöpft von schwerer<br />
Krankheit, saß Torstenson in seinem Zelte. Er wußte, der Widerstand! <strong>Brünns</strong> hatte dem<br />
Kaiser Zeit gegeben, von neuem ein Heer in Stand zu setzen, das den Belagerern<br />
bedrohlich werden mußte. Verdrossen und mutlos umstanden ihn seine Offiziere. Sein<br />
Kriegsruhm war vor den Mauern <strong>Brünns</strong> zu Ende. Mürrisch gab er den Befehl zum<br />
Abmarsch. Kurze Zeit darauf legte er das Kommando über die Armee nieder.<br />
Und so sahen am nächsten Morgen die Brünner das schwedische Heer abziehen.<br />
Freude erfüllte die Stadt und ihre Bewohner eilten frohen und frommen Sinnes in die<br />
Kirchen, um Gott dem Herrn und der heiligen Jungfrau aus tiefstem Herzen für Sieg und<br />
Rettung zu danken.<br />
Eine fromme Legende erzählt, daß die Glocken der Brünner Kirchen statt um 12 Uhr<br />
schon um 11 Uhr von selbst hätten zu läuten begonnen und daß über der Stadt die<br />
Himmelskönigin erschienen sei, ihren Mantel wie zum Schutz über Brünn ausbreitend.<br />
Wie dem auch immer sei: In schwerer K r i e g s n o t hatte sich die B ü r g e r t r e u e<br />
unserer ebenso tapferen wie frommen Vorfahren glänzend bewährt. (BHB 1949/1950)