Aus Brünns Vergangenheit
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Material zur Pulverbereitung beschafft wurde. Schließlich war die Versorgung mit<br />
Lebensmitteln ebenfalls nicht außer acht gelassen worden, so daß die Brünner während<br />
einer mehr als dreimonatigen Belagerung niemals allzu empfindlichen Mangel litten und<br />
auch für einen guten Trunk nach des Tages Mühe und Kampf war stets gesorgt.<br />
In den ersten Tagen des Mai 1645 nahten die Schweden. Da und dort im flachen<br />
Lande stiegen Brandwolken auf und nachts leuchteten Feuer brennender Anwesen aus<br />
der Umgebung der Stadt zu den Männern auf den Wällen herüber. Bald hausten die<br />
Schweden wild in den Vorstädten, die arg zerstört wurden. Torstenson forderte die<br />
Übergabe der Stadt und drohte Brünn, falls es sich nicht ergäbe, zu einem Schutthaufen<br />
zu machen und die Einwohner ohne Unterschied über die Klinge springen zu lassen. Mit<br />
kurzen stolzen Worten wies Radwit de Souches das Ansinnen der Schweden ab.<br />
Torstenson meinte, er werde das „Rattennest", wie er Brünn nannte, und die „Kalte<br />
Kuchel", wie er den Spielberg bezeichnete, in wenigen Tagen eingenommen haben. Er<br />
sollte sich bitter täuschen; denn schon nach den ersten Angriffen auf die Mauern mußte<br />
er einsehen, daß Brünn nicht so leicht zu erobern sei und der schwedische Marschall war<br />
gezwungen, sich zu einer regelrechten langwierigen Belagerung einzurichten. Auf den<br />
Mauern der Stadt standen tapfere todesmutige Männer, die jeden Sturm der Feinde<br />
blutig zurückwiesen. Studenten und Bürger, Meister und Gesellen, ja selbst Lehrjungen<br />
wetteiferten miteinander an Mut und Tapferkeit. Torstenson ließ die Stadt heftig<br />
beschießen, aber auch das konnte die Verteidiger nicht erschüttern. Steinkugeln, die in<br />
den Mauern des Spielberges, in den Resten der Stadtbefestigung hinter der<br />
Handelsschule in der Elisabethstraße steckten und früher auch in den Mauern mancher<br />
alter Häuser zu sehen waren, erinnern an jene schweren Tage, da der Schwede<br />
Hunderte von Kugeln, darunter auch viele Brandgeschosse, in die Stadt geschickt hatte.<br />
Die Belagerung zog sich von Woche zu Woche dahin, sehr zum Verdrusse Torstensons.<br />
Die Lage der Schweden war nämlich trotz ihrer ungeheuren Übermacht und ihrer<br />
Überlegenheit, an Geschützen und sonstigem Kriegsmaterial gar nicht so sicher; denn in<br />
der Nähe <strong>Brünns</strong> standen mehrere feste Burgen, von denen aus der Feind in recht<br />
unangenehmer Weise beunruhigt wurde und dabei oft empfindliche Verluste erlitt.<br />
Namentlich von Pernstein und von Eichhorn aus wurde den Schweden mehr als einmal<br />
übel mitgespielt und manche ihrer Abteilungen, die auf dem Lande requirieren und<br />
plündern wollten, kamen schlimm zugerichtet oder gar nicht mehr zurück.<br />
Die Stimmung im schwedischen Belagerungs-Heere des Generals Torstenson war<br />
durchaus nicht rosig; denn mehr als einmal wurden die Stellungen der Schweden von<br />
außen her durch kühne Reiterabteilungen durchbrochen, die Munition und anderes<br />
Kriegsmaterial in die Stadt brachten, um an anderer Stelle die Stadt zu verlassen, die<br />
Stellungen der Schweden zu überrennen und in den Wäldern nördlich der Stadt zu<br />
verschwinden. Torstenson wurde dadurch gezwungen, die Stadt im weitesten Umkreis<br />
einzuschließen und so seine Truppen weit auseinander zu ziehen. Dennoch gelang es<br />
ihm nicht immer, solche Unternehmungen zu verhindern. Wohl erhielt Torstenson durch<br />
die Scharen Rakoczys, der erneut in Mähren eingebrochen war, Verstärkung, aber auch<br />
das Erscheinen dieser halbwilden Hilfsvölker führte den schwedischen Feldherrn zu<br />
keinem Erfolge.<br />
Von Tag zu Tag gerieten die Schweden in eine stets schlimmer werdende Lage. Sie<br />
hatten nicht nur Verluste an Verwundeten und Toten, sondern auch Krankheiten<br />
verminderten den Stand ihrer Truppen, deren Verpflegung immer schwieriger wurde, da<br />
das Land ringsum durch Plünderungen zu ausgesogen war, um das Belagerungsheer<br />
ernähren zu können. Man darf nicht vergessen, daß gegen Ende des Krieges der Troß<br />
der Armeen so angewachsen war, daß auf 1000 Kämpfer 2000—3000, ja manchmal<br />
sogar 4000 Troßleute kamen.<br />
Inzwischen hatte aber auch Rakoczy auf Geheiß des Sultans mit dem Kaiser Frieden<br />
geschlossen und seine Truppen erhielten den Befehl, in die Heimat zurückzukehren.<br />
Dazu kam noch der Umstand, daß sich Torstensons gesundheitlicher Zustand während<br />
der Belagerung immer mehr verschlechterte. Freilich, auch in Brünn machte sich allerlei