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BOGART 16 (BeOurGuestARTist)

Das Gießener Mitmachmagazin für Creative – Aktuelles und Zeitloses aus Kunst-Kultur-Comic

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Madrina Della Luce Taufpatin des Lichts (1)<br />

Schädel der Frau geplatzt war, war es aus der<br />

Seele des Mannes gewichen. Kaum mehr als die<br />

übliche Ansammlung von Haut, Knochen und<br />

Fleisch war von ihm geblieben. So stand er da,<br />

betrachtete, benutzte träge, was zum Denken<br />

übrig war und ließ das Zimmer reinigen. Vida<br />

war Vierzehn, als Reale ihr die Mutter nahm. Der<br />

Anblick des Sees erinnerte still, aber immer aufs<br />

Neue an das Ende der Caprice Reale, der "prima<br />

donna" . Heute aber hörte Vida zum ersten Mal<br />

jenes Flüstern aus der Tiefe. Es machte sie fühlen,<br />

als tauche man ihren halberfrorenen Körper<br />

unter heißes Wasser. Das dunkelrot glühende<br />

Blut, getrieben von ungemeiner Hitze, pumpte<br />

mit aller Gewalt durch Vidas Körper.<br />

Monate später gebar Vida ihre Tochter<br />

Amaranta. Die Zeit verging schnell und die<br />

Tochter von Nero und Vida wuchs zu einem<br />

kleinen Mädchen heran. Stets war die junge<br />

Mutter an der Seite ihrer Tochter. Jeden<br />

Morgen schob Vida ihre Finger sacht zwischen<br />

Tür und Rahmen des Kinderzimmers und im<br />

Spalt erschien ihr Gesicht. Sie schlich über den<br />

Teppich und jedes Mal hielt sie vor dem Fenster<br />

inne und betrachtete das kleine Geschöpf.<br />

Dann öffnete Vida das Fenster und bahnte dem<br />

Morgenlicht den Weg. Unter der Decke begann<br />

es zu rascheln und tiefschwarzes Haar kam zum<br />

Vorschein. Kleine Hände wischten es beiseite<br />

und das Haar rahmte ein waches, heiteres<br />

Gesicht.<br />

Wenn “Il Nero”, der Oberste aller Clans,<br />

der Ehemann und Vater, das Haus betrat,<br />

hallten seine Schritte durch den enormen<br />

Eingangsbereich. Gewundene Treppen aus<br />

Marmor und poliertem Teak nahmen die<br />

Seiten der Halle ein. Die Türen aller Räume<br />

waren geöffnet, das Innere licht und weitläufig.<br />

Wenige, aber ausgewählte Möbel standen an<br />

ihrem Platz. Das Weiß dominierte. Das Innere<br />

eines Zuhauses zeigt das Bild der Seele, heißt<br />

es. Nero verkehrte es und erfreute sich daran. Es<br />

geschah nach seinem Willen, dass keine Tür des<br />

Hauses je verschlossen war: Eine Bekundung<br />

seiner Macht und eine stete Erinnerung, dass<br />

nicht Türen und Schlösser Mutter und Tochter<br />

gefangen hielten.<br />

Rückblickend gab es keinen Punkt in Vidas<br />

Vergangenheit, zu dem sie die Gefangenschaft<br />

hätte abwenden können. Der letzte von Neros<br />

Feinden war der Ehemann und Mörder von<br />

Vidas Mutter gewesen, Callisto Reale. Nero<br />

nutzte die launenhafte, naive Natur der Caprice<br />

aus und verführte sie. Er kannte auch Reales<br />

Gemüt und sorgte dafür, dass dieser von der<br />

Affäre seiner Frau erfuhr. Nachdem Reale die<br />

Caprice mit dem Morgenstern getötet hatte,<br />

wurde ihr Körper kleingemacht und in der<br />

selben Nacht, in Reales Beisein, auf den See<br />

hinausgefahren.<br />

Toll vor Wut wollte Reale Nero suchen, den<br />

Verräter, der sich an seiner Frau Caprice<br />

vergangen hatte. Aber Nero stand breits in<br />

Reales Rücken, am Ende des Anlegestegs,<br />

und versperrte den Weg. Er grinste schief und<br />

hinter ihm erhoben Lagerhallen und Container<br />

ihre Umrisse in den Nachthimmel. Bevor Reale<br />

ein Wort herausbrachte, blitzten dutzende<br />

Mündungsfeuer aus der Dunkelheit hinter<br />

Nero. Der Kugelhagel zerriss Reales Männer.<br />

Reales letztes Gefühl war ein bitterer Ekel vor<br />

dem schiefen Lächeln Neros, denn es ähnelte<br />

sehr dem seinen.<br />

Nero sperrte Sippschaft und Getreue Reales<br />

in dessen Anwesen: Mit einer Ausnahme,<br />

Vida. Nero nahm sie als Vierzehnjährige an<br />

seine Seite und sie wurde seine Frau. Die Villa<br />

Reale schoss als großes Feuer in den Himmel.<br />

Aus den schwarzen Mauern ließ Nero die<br />

Reste der Leichen kratzen. Die verkohlten<br />

Knochen wurden in das Fundament der<br />

neuen Villa Accardo geworfen, die Nero am<br />

gegenüberliegenden Hang errichten lies. Er<br />

zerschnitt den Körper des toten Erzfeindes,<br />

brach die Knochen heraus und mauerte sie in<br />

den Grundstein, wie es ihrer beider Natur zur<br />

Ehre gereichte.<br />

Einer Natur, die in Gewalt sich eint,<br />

und die, in sich, seit erster Zeit,<br />

den Keim des eig’nen Untergangs verneint.<br />

Eines Tages traten Vida und Amaranta<br />

durch die Eingangstüre der Villa Accardo.<br />

Hammerschläge hallten durch das Innere. Mit<br />

drei stramm platzierten Hieben trieb Nero den<br />

letzten Nagel in die Wand. Die Halterung war<br />

fixiert. Gegenüber dem Kinderbett hing sie an<br />

der Wand. Auf sie legte er den Morgenstern.<br />

Das hereinfallende Licht verlieh dem<br />

Mordinstrument eigentümliche Faszination.<br />

Der Mann schickte nach Frau und Tochter. Die<br />

Mutter musste sich mit der Kleinen auf das Bett<br />

setzen und die Geschichte des Morgensterns<br />

erzählen. Das Kind zeigte große Bewunderung<br />

für die Waffe.<br />

Die Mutter wirkte dem entgegen, wollte aber<br />

weder die Tochter mit ihren Worten verstören,<br />

noch den Zorn des Mannes wecken. Sie wandt<br />

sich kläglich. Das gefiel ihm. Etwas streifte,<br />

während Vida sprach, durch die verschlungenen<br />

Windungen ihres Gehirns. Es nährte sich an<br />

etlichen schlechten Erinnerungen, wucherte,<br />

bis zur Größe eines zerstörerischen Gedankens<br />

und schlug Vida durch die Stirn ins Bewusstsein.<br />

Dieser Gedanke änderte Alles.<br />

Forsetzung folgt in <strong>BOGART</strong> 17 (1.9.13)<br />

Impressum<br />

©2011<br />

Herausgeber:<br />

Johannes Wosilat, Markus Singer, Anna Maria Wicklein<br />

Autor:<br />

Markus Singer (markus.singer@live.de)<br />

Fotografie + Bildbearbeitung:<br />

Johannes Wosilat (www.wosilat.de)<br />

Gestaltung:<br />

Anna Maria Wicklein (www.herzblut-studio.de)<br />

Models:<br />

Vida Ylenia Scorrano (Mutter): Elena Beser<br />

Amaranta Vida Caprice (Kind): Sophie Alexandra Beser<br />

Copyright:<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Dieser Buch oder Teile dieses Textes dürfen ohne die schriftliche<br />

Genehmigung der Herausgeber nicht vervielfältigt, in Datenbanken<br />

gespeichert oder in irgendeiner Form übertragen werden.<br />

Markus Singer<br />

Dipl. Mediendesigner<br />

Seine Welt ist Wort, ist Bild - ist Story.<br />

Den Bachelor of Arts erwarb er 2009 an der Lazi Akademie in<br />

Esslingen am Neckar mit dem Schwerpunkt „Schreiben für den<br />

Film“. Im Anschluss folgte 2010 das weiterführende Studium an<br />

der Interspherial Drehbuchschule in Stuttgart.<br />

Als freiberuflicher Texter und Autor findet er Story in der<br />

Dramatik wie der Lyrik. „Story ist, was uns zu den Menschen<br />

macht, die wir sind. Story ist Kraft.“ Selbsterklärtes Ziel des<br />

jungen Autors ist es ganz nah an diese Kraft zu kommen, dort zu<br />

sein – dort zu arbeiten.<br />

Johannes Wosilat<br />

Dipl. Fotodesigner<br />

„Don‘t think... feel!“<br />

Seit 2008 positioniert Johannes Wosilat Serien wie Einzelwerke<br />

in den Segmenten Werbung, Fashion und People. Leidenschaft<br />

und Innovation verbinden Licht, Mode und Mensch durch<br />

einwandfreies Handwerk, Einfühlungsvermögen und Liebe zum<br />

Detail.<br />

Den Bachelor als Fotodesigner erwarb er 2010 und bestand mit<br />

der „Auszeichnung für hohen Standard“. Kreation nimmt ihren<br />

Anfang in Emotion. Diese Wahrheit schafft das Credo, welches<br />

seinen Arbeiten voransteht: „Don‘t think... feel!“<br />

Anna Maria Wicklein<br />

Dipl. Designerin<br />

(Fotografie + Bildbearbeitung /Gestaltung des Buches)<br />

Nach einer Ausbildung als Mediengestalterin und darauf<br />

folgendem Studium erwarb Anna Wicklein den Bachelor in<br />

Kommunikations- und Grafikdesign 2011 an der Lazi Akademie<br />

in Esslingen mit einer „Auszeichnung für Bestleistungen und<br />

Hohen Standard“. Sie arbeitet als Grafik Designerin in einer<br />

Agentur für Markeninszenierung und Markenkommunikation<br />

und ist nebenher freiberuflich tätig. – Für sie ist Werbung nicht<br />

einfach nur Gestalten, sondern das bewusste Beeinflussen der<br />

unbewussten Gefühle und Gedanken der Menschen.<br />

10 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin

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