Vollständiges Gutachten vom 20. Juni 2012 im PDF-Format
Vollständiges Gutachten vom 20. Juni 2012 im PDF-Format
Vollständiges Gutachten vom 20. Juni 2012 im PDF-Format
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Arbeit zum SGB II herausgegeben Fachlichen Hinweisen ausgeführt: „Eine Prüfung, ob<br />
zweckbest<strong>im</strong>mte Einnahmen und Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege, die einem<br />
anderen Zweck als das Arbeitslosengeld II/Sozialgeld dienen, als Einkommen zu<br />
berücksichtigen sind, weil daneben Leistungen nach dem SGB II ungerechtfertigt wären, ist<br />
entbehrlich, wenn die Einnahmen und Zuwendungen einen Betrag in Höhe einer halben<br />
monatlichen Regelleistung (§ 20 Abs. 2 Satz 1) nicht übersteigen.“ 1 Eine vergleichbare<br />
Maßgabe ist in den nach der Gesetzesänderung herausgegebenen Fachlichen Hinweisen 2<br />
nicht mehr enthalten.<br />
Als zwingende Voraussetzung für die zukünftig weitere Erbringung ihrer finanziellen<br />
Zuwendungen bewertet die Verwaltungsleitung der Stiftung, dass die Stiftungsleistungen<br />
bei der Berechnung der Einkünfte von Empfängern von Leistungen nach dem SGB II und<br />
SGB XII nicht angerechnet werden. 3<br />
1. Die Stiftung erbringt ihre Leistungen freiwillig. Es besteht kein Rechtsanspruch auf die<br />
Erbringung. In der Sozialhilfe ist daher die Frage, ob es sich bei den Stiftungsleistungen,<br />
die bei den Empfängerinnen und Empfängern Einnahmen in Geld oder Geldeswert, also<br />
Einkommen i.S.v. § 82 SGB XII sind, um Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege oder<br />
um Zuwendungen handelt, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder<br />
sittliche Pflicht zu haben. An diese Differenzierung sind in Durchbrechung bzw.<br />
Abschwächung des Nachrangrundsatzes, wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer sich durch<br />
Einsatz seines Einkommens selbst helfen kann (§ 2 Abs. 1 SGB XII), in § 84 Abs. 1 und<br />
Abs. 2 SGB XII dem Grunde nach unterschiedlich weitreichende Rechtsfolgen geknüpft<br />
(regelmäßige Nichtberücksichtigung mit Ausnahmen oder regelmäßige Berücksichtigung<br />
mit Ausnahmen) 4 .<br />
2. Für die Anwendbarkeit des § 84 Abs. 1 SGB XII muss die Stiftung der freien<br />
Wohlfahrtspflege zuzuordnen sein. Der Begriff „freie Wohlfahrtspflege“ in § 82 Abs. 1<br />
SGB XII erfasst unbestritten die „Verbände der freien Wohlfahrtspflege“ i.S.v. § 5 SGB XII<br />
sowie die unter der gesetzlichen Überschrift „freie Wohlfahrtspflege“ dort gleichfalls als<br />
Träger eigener sozialer Aufgaben hervorgehobenen Kirchen und Religionsgesellschaften<br />
des öffentlichen Rechts. 5 Im Übrigen hilft aber zur Best<strong>im</strong>mung, was „freie<br />
Wohlfahrtspflege“ i.S.v. § 84 Abs. 1 SGB XII ist, die zur Reichweite des Verbändebegriffs in<br />
§ 5 SGB XII bestehende Kontroverse 6 nicht weiter. Das ist <strong>im</strong> Schrifttum überzeugend<br />
dargetan. 7<br />
1 Fachliche Hinweise zu § 11 (Fassung <strong>vom</strong> 27.02.2011), Rz. 11.104.<br />
2 Fachliche Hinweise „Zu berücksichtigendes Einkommen, §§ 11, 11a, 11b SGB II“ (Fassung <strong>vom</strong><br />
<strong>20.</strong>02.<strong>2012</strong>): http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01-Allgemein-Info/A015-<br />
Oeffentlichkeitsarbeit/Publikation/pdf/Gesetzestext-11-SGB-II-Zu-beruecks-Einkommen.pdf.<br />
3 Dieser Bewertung ist offenbar § 7 Abs. 3 der „Ortssatzung für die Verwaltung der öffentlichen milden<br />
Stiftungen“ zugrunde gelegt; dort ist best<strong>im</strong>mt: „Bei Stiftungen, die wiederkehrende Unterstützungen<br />
gewähren, soll ein Rechtsanspruch auf derartige Leistungen künftig nicht eingeräumt werden. Die<br />
Weitergewährung der Unterstützungen ist einzustellen, … wenn die Voraussetzungen für Gewährung der<br />
Unterstützung wegfallen.“<br />
4 Vgl. Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 84 Rz. 1; Geiger in LPK-SGB XII, 9.<br />
Aufl. <strong>2012</strong>, § 84 Rn. 1.<br />
5 Übereinst<strong>im</strong>mend insoweit zur identischen Best<strong>im</strong>mung des § 10 BSHG: Schellhorn, Praktische Sozialhilfe<br />
(PSH), Loseblatt, Stand Februar 1991, II E 9 IV.1. (S. 397, 398); Gitter, ZfSH/SGB 1995, S. 393 ff., 398.<br />
6 Vgl. einerseits W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a.a.O., § 5 Rn. 16 f. (nur die herkömmlich in<br />
der Liga der freien Wohlfahrtspflege zusammengeschlossen Verbände) und andererseits Münder in LPK-<br />
SGB XII, a.a.O., § 5 Rn. 7 f. (regelmäßig alle gemeinnützigen Organisationen, die aufgrund ihres<br />
Verbandszwecks Wohlfahrtsleistungen an hilfebedürftige Personen erbringen).<br />
7 Gitter, a.a.O., S. 398 argumentiert, dass es trotz der Kontroverse in der Praxis keinem weiteren Verband<br />
gelungen ist, dem Kreis der von § 10 BSHG (bzw. jetzt § 5 SGB XII) erfassten Organisationen zugerechnet<br />
2