Fall 1 - Studentenverbindung Concordia Bern
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<strong>Studentenverbindung</strong> <strong>Concordia</strong> <strong>Bern</strong><br />
www.concordia-bern.ch / www.jus-forum.ch<br />
Frage 3: Welche Ansprüche haben A und B gegeneinander bezüglich des Gemäldes<br />
G 3 ?<br />
[12 Punkte]<br />
I Vertragsentstehung [1 Punkt]<br />
Am 21. Februar 2007 ist sich A bezüglich eines Kaufes noch unschlüssig. Erst am 4. März<br />
2007 tätigen A und B übereinstimmende Willenserklärungen bezüglich des Kaufes des Gemäldes<br />
(OR 1). Es liegt somit ein natürlicher Konsens vor. Es stellt sich nun die Frage, ob A<br />
den Vertrag anfechten oder kaufrechtliche Sachgewährleistung geltend machen kann.<br />
II Anfechtung [5 Punkte]<br />
Ein Erklärungsirrtum gemäss OR 24 liegt nicht vor, da sich A nicht über den Gegenstand<br />
(error in obiecto), sondern über dessen Echtheit (error in substantia) geirrt hat. Eine Übervorteilung<br />
(OR 21) und absichtliche Täuschung (OR 28) ist auszuschliessen, da aus dem Sachverhalt<br />
nichts darauf hinweist, dass B die Unechtheit gekannt hatte. Es bleibt daher der<br />
Grundlagenirrtum zu prüfen, welcher folgender Voraussetzungen bedarf:<br />
1. Irrtum muss sich auf einen konkreten Sachverhalt beziehen<br />
Der Irrtum bezieht sich auf die Echtheit des Bildes.<br />
2. Irrtum muss subjektiv wesentlich sein (condicio sine qua non)<br />
Hätte A gewusst, dass das Bild nicht echt ist, hätte er es nicht oder nicht zu diesen Bedingungen<br />
gekauft.<br />
3. Irrtum muss objektiv wesentlich sein<br />
Nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr ist die Echtheit des Bildes eine notwendige<br />
Grundlage für einen Kaufvertrag, der mit einem Kunsthändler abgeschlossen wird.<br />
4. Irrtum muss für Gegenpartei erkennbar sein<br />
Da der Wert des Bildes nur einem Bruchteil des Preises entspricht, war für B erkennbar,<br />
dass A das Bild für echt hielt, weil er ansonsten nicht bereit gewesen wäre, so viel zu bezahlen.<br />
Zwischenfazit: Es liegt ein Grundlagenirrtum vor.<br />
Bei einem Irrtum kann der Vertrag innerhalb eines Jahres seit Endeckung des Irrtums angefochten<br />
werden (OR 31 I und II). Die Frist ist in casu gewahrt (Kenntnis des Mangels 18. April<br />
2007, am nächsten Tag beschwert er sich bei B). Bei einer Anfechtung ist der Vertrag unabhängig<br />
davon, ob der Ungültigkeits- oder Anfechtungstheorie gefolgt wird, ex tunc unwirksam,<br />
d.h. A kann mittels Kondiktion (OR 62) den Kaufpreis zurückverlangen, sofern er schon<br />
bezahlt worden ist. B kann dagegen das Gemälde mittels Vindikation von B herausverlangen<br />
(ZGB 641 II ZGB).<br />
Eine neuere Lehrmeinung postuliert entsprechend der Rechtsprechung zu OR 109 I ein vertragliches<br />
Rückabwicklungsverhältnis nach erfolgter Geltendmachung eines Willenmangels.<br />
In diesem <strong>Fall</strong> hätten A und B einen vertraglichen Anspruch auf die Rückerstattung des Kaufpreises<br />
bzw. Gemäldes.<br />
Fazit: A kann den Vertrag wegen Grundlagenirrtums anfechten und den Kaufpreis, sofern<br />
schon bezahlt, kondizieren. B kann das Gemälde von A vindizieren.