Fall 1 - Studentenverbindung Concordia Bern
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<strong>Studentenverbindung</strong> <strong>Concordia</strong> <strong>Bern</strong><br />
www.concordia-bern.ch / www.jus-forum.ch<br />
SACHVERHALT 2 „Stadion-Bau mit Schwierigkeiten“<br />
Frage: Wird die X. AG mit ihrer Klage Erfolg haben?<br />
[10 Punkte]<br />
I Vertragsentstehung [1 Punkt]<br />
Als juristische Person ist die X. AG rechtsfähig. Die Parteien sind sich einig, dass die X. AG<br />
dem Z gegen Rückzug der Beschwerde 500'000 CHF überweist. Sie tätigen somit übereinstimmende<br />
Willenserklärungen. Es liegt ein natürlicher Konsens vor.<br />
II Vertragsgültigkeit [3 Punkte]<br />
Der entgeltliche Verzicht auf eine rechtliche Befugnis ist sittenwidrig, falls er auf einer verpönten<br />
Kommerzialisierung der Rechtsposition der verzichtenden Partei beruht. Keine Sittenwidrigkeit<br />
liegt vor, wenn mit dem entgeltlichen Verzicht zukünftige Beeinträchtigungen<br />
oder erlittener Schaden ausgeglichen werden soll. Aufgrund der Höhe der Summe kann von<br />
einer verpönten Kommerzialisierung des Beschwerdeverzichts ausgegangen werden, da der<br />
Z durch den Stadion-Bau kaum einen Schaden von 500'000 CHF erleiden wird. Es geht dem<br />
Z. vielmehr darum, aus dem drohenden Verzögerungsschaden der Bauherrschaft Profit zu<br />
ziehen (andere Ansicht bei entsprechender Begründung möglich).<br />
Zwischenfazit: Der Vertrag zwischen der X. AG und dem Z ist somit sittenwidrig und folglich<br />
ex tunc nichtig (OR 20).<br />
III Rückforderung der 500'000 CHF [6 Punkte]<br />
Da der Vertrag von Anfang an ungültig ist, erfolgte die Zahlung von 500'000 CHF grundlos<br />
und ist nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung (OR 62 ff) rückforderbar<br />
(Entreicherung der X. AG, Bereicherung des Z und Vermögensverschiebung fand ohne<br />
Rechtsgrund zum Behaltendürfen statt). In casu liegt eine Leistungskondiktion ohne jeden<br />
gültigen Grund (condictio sine causa) vor, da die X. AG dem Z den Betrag aufgrund eines<br />
nichtigen Vertrages überwiesen hat.<br />
Gemäss OR 63 besteht kein Anspruch auf Rückforderung, wenn die Nichtschuld freiwillig<br />
und irrtumsfrei beglichen wurde. Es liegt zwar eine Nichtschuld vor, doch erfolgte die Zahlung<br />
nicht freiwillig. Die X. AG befand sich in einer Zwangslage, da aufgrund der Verzögerung<br />
das Bauprojekt zu scheitern drohte. Ein weiterer Hinweis für die Unfreiwilligkeit ist die<br />
Verurteilung des Z wegen Erpressung.<br />
Gemäss OR 66 kann was in der Absicht, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizuführen,<br />
gegeben worden ist, nicht zurückgefordert werden. Das Bundesgericht wendet<br />
OR 66 auch an, wenn sich bloss der Empfänger rechts- oder sittenwidrig verhält. Folgt man<br />
dieser Meinung, könnte die X. AG die 500'000 CHF nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung<br />
zurückfordern. In diesem <strong>Fall</strong> ist OR 41 (Schaden, Kausalität, Widerrechtlichkeit –<br />
Schutznorm ist StGB 156, da reiner Vermögensschaden – und Verschulden) zu prüfen.<br />
Problematik Verjährung siehe unten.<br />
Die h.L. Lehre will OR 66 hingegen nur beim sog. Gaunerlohn anwenden, d.h. bei Leistungen,<br />
die zur Anstiftung oder Belohnung eines verbotenen oder sittenwidrigen Handelns dienen.<br />
Folgt man dieser Meinung, könnte die X. AG die 500'000 CHF aus ungerechtfertigter<br />
Bereicherung zurückfordern.<br />
Da die X. AG die 500'000 CHF am 30. Januar 2003 leistet und die Rückforderung erst Ende<br />
Februar 2004 verlangt, ist die Verjährungsfrist gemäss OR 67 I schon abgelaufen. Gemäss<br />
OR 60 II, welcher auch bei der Kondiktion angewandt wird, verlängert sich die Verjährungsfrist,<br />
wenn die Klage aus einer unerlaubten Handlung hergeleitet wird. Für Erpressung besteht<br />
eine Verjährungsfrist von 15 Jahren.