Ärzteblatt Juli 2010 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern

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KONGRESSBERICHT mittel unseres Landes“, so Sellering. Prof. Børge Diderichsen (Vizepräsident Novo Nordisk Pharma, Dänemark) mit beeindruckenden Fakten zum Diabetes mellitus Mit dem Impulsreferat zur „Erstellung eines Satellitenkontos für die Gesundheitswirtschaft“ machte Prof. Dr. Klaus-Dirk Henke (Berlin) deutlich, wie weit dieser Wirtschaftszweig reicht. Bundesweit sind ca. 5,4 Millionen Erwerbstätige hier beschäftigt. Henke unterscheidet einen Kernbereich (stationäre und ambulante Einrichtungen, Versicherungen, Pharma, Medizintechnik) von einem erweiterten Bereich der Gesundheitswirtschaft (Dienstleistungen für Haushalt, Wellness, Fitneß, Sport; Lebensmittel und Gesundheitswaren) mit immerhin 25 % Anteil. Stationäre und ambulante Medizin mit jeweils ca. 30 % sind erwartungsgemäß die größten Bereiche; das Wachstumspotential wird vor allem im erweiterten Bereich gesehen. Gemessen an den Konsumausgaben zu Marktpreisen werden derzeit ca. 4 % des Konsums bundesweit für Waren und Dienstleistungen im erweiterten Bereich der Gesundheitswirtschaft ausgegeben (im Kernbereich sind es 13,7 %). Mit einem Satellitenkonto sollen künftig die Wertschöpfung und Beschäftigung in der Gesundheitswirtschaft transparent gemacht werden. Strandkorbtalk (v. l.): Prof. Klinkmann im Gespräch mit Ministerpräsident Sellering, Staatsministerin a.D. Birgit Fischer (Barmer GEK), Heike Drechsler und Friedrich Wilhelm Bluschke (AOK) Weitere Impulsreferate befaßten sich mit den Themen „Gesundheitstourismus“ und „Innovationen“. Diese Vorträge geben Anstöße für die vier Foren, der eigentlichen Arbeitsebene der Konferenz. Die wirtschaftliche Dimension der Volkskrankheit Diabetes vermittelte eindrucksvoll Prof. Børge Diderichsen (Dänemark). 45.000 Schlaganfälle, 28.000 Majoramputationen, 27.000 Myokardinfarkte, 8.500 neue Dialysefälle und 6.000 Neuerblindungen jährlich ereignen sich im Rahmen eines Diabetes mellitus. Bei frühzeitiger Diagnose und optimaler Stoffwechselführung könnten etwa 20 % der derzeitigen Behandlungskosten jährlich eingespart werden; pro Behandlungsfall im Schnitt 4.500 € (Hochrechnung aus Zahlen von IGES und TK 2004). Das Thema „Organtransplantation – eine Herausforderung an die Gesellschaft“ der Talkrunde auf dem „Marktplatz Ge- Deutschland bewegt sich – der Kongreß auch! (angeleitet von Olympiasiegerin Heike Drechsler) AUSGABE 7/2010 20. JAHRGANG Seite 235
KONGRESSBERICHT Abschlußplenum mit den Ergebnissen aus den Foren (von links): Prof. Klinkmann, Frank Schlatz (Forum I), Minister Seidel, Prof. Schuff-Werner (Forum II), Dr. Dagmar Braun (Forum III) und Prof. H. Lohmann (Forum IV) Fotos: Dr. Wilfried Schimanke sundheit“ mag anfänglich deplaziert erscheinen. Es geht dabei jedoch keinesfalls um Organhandel. In der Diskussion wurde deutlich, daß eine höhere Spendenbereitschaft neben der Lebensqualität für Betroffene und der ethischen durchaus auch eine volkswirtschaftliche Dimension hat. Jede transplantierte Niere spart jährliche Dialysekosten im sechsstelligen Bereich; noch sterben täglich drei Patienten auf einer Warteliste für ein neues Organ. Das Forum I befaßte sich mit dem Gesundheitstourismus in Deutschland. Kongreßpräsident Prof. Dr. Dr. h. c. (mult.) Horst Klinkmann stellte klar, daß Gesundheitstourismus nicht mir Wellness zu verwechseln ist. Die Definition des Begriffes bleibt eine Aufgabe für die Branchenkonferenz. Im Ergebnis dieses Forums wurden beträchtliche Wachstumspotentiale gesehen; die Branche müsse neben physisch-somatischen zunehmend auch psychisch-mentale Angebote machen, die individuell zugeschnitten sein sollten. Versorgungskonzepte bei Volkskrankheiten waren Gegenstand der Diskussion im Forum II. Neben dem Diabetes stand vor allem die zunehmende Zahl der Demenzerkrankungen und deren Früherkennung im Focus. Die gesetzlichen Grundlagen zur sektorenübergreifenden Versorgung sind gegeben; nach Wegfall der Anschubfinanzierung muß jedoch festgestellt werden, daß bisherige Modelle kaum nachhaltig wirksam werden. Flächendeckung, Zielorientierung, Evaluation und Transparenz, Professionalisierung des Managements und Verbindlichkeit für die Beteiligten werden als Kriterien für innovative Konzepte postuliert. Delegation – nicht Substitution – ärztlicher Leistungen an medizinisches Assistenzpersonal kann dem Ärztemangel in gewissem Maße abhelfen. brauchen Planungssicherheit. Initial höhere Kosten durch Innovationen in Diagnostik und Therapie werden meist durch geringere Folgekosten ausgeglichen. Als Kostenfaktor wirkt medizinischer Fortschritt auch durch die Heilung oder Chronifizierung von Krankheiten, die früher frühzeitig tödlich verliefen. Vernetzung, e-Learning und elektronische Assistenzsysteme waren Gegenstand des Forums IV „Wissensentwicklung im Zeitalter von Web 2.0“. Insbesondere für die Weiterund Fortbildung größerer Populationen sind elektronische Medien schon heute unverzichtbar. In Zukunft wird die virtuelle Kommunikation („web 3.0“) zunehmende Bedeutung erlangen. Zunehmende Patienteninformationen erfordern eine gesteigerte Medienkompetenz der Akteure im Gesundheitswesen, die sich aktiv in Patientenforen beteiligen müssen. Mecklenburg-Vorpommern ist eine der „Gesundheitsregionen der Zukunft“. Das Projekt „Hic@re – Aktionsbündnis gegen multiresistente Bakterien“ wurde vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung ausgezeichnet und wird für vier Jahre mit 7,5 Mio. € gefördert. Mit einem strukturierten Konzept, sachlicher und konstruktiver Arbeit und präsentablen Ergebnissen hat auch die 6. Nationale Branchenkonferenz Mecklenburg-Vorpommern ein Stück weit auf dem Weg zum Gesundheitsland Nr. 1 vorangebracht. Die erfolgreiche Einbindung internationaler Partner hat die Ausstrahlung der Konferenz deutlich erhöht. Inzwischen ist die hier 2005 erarbeitete Definition des Begriffs Gesundheitswirtschaft bundes- und europaweit anerkannt. Ausdruck der Anerkennung ist die künftige Einbeziehung des gesamten Ostseeraumes. Die 7. Nationale Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft 2011 wird unter dem Motto „Gesundheit grenzenlos – Die Gesundheitswirtschaft als Wegbereiter des Gesundheitswesens“ stehen; sie wird verbunden mit der „Scan Balt Health Region Conference – Cross sectoral challenges in an European Model Region“. Dr. Wilfried Schimanke Medizinische Innovationen (Forum III) sind unverzichtbarer Bestandteil der Gesundheitswirtschaft und des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Sie müssen für Patienten zeitnah zugängig gemacht werden, wobei Information des Patienten die Compliance erhöht. Forschende Pharmafirmen Seite 236 ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN
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