Ärzteblatt Juli 2010 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern
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PERSONALIEN<br />
Laudatio für Frau Prof. Dr. Christel Hülße<br />
anläßlich der Verleihung der Johann Peter Frank-Medaille<br />
Auf dem 60. Wissenschaftlichen Kongreß des Bundesverbandes<br />
der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes<br />
am 29.04.<strong>2010</strong> in Hamburg wurde Prof. Hülße, eine<br />
sehr engagierte Frau, die das Gesicht des öffentlichen Gesundheitsdienstes<br />
nicht nur in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> sondern<br />
auch bundesweit geprägt hat, mit der Johann Peter Frank-<br />
Medaille geehrt.<br />
Johann Peter Frank (1745 – 1821) gilt als Pionier auf dem Gebiet<br />
der Sozialmedizin sowie des öffentlichen Gesundheitsdienstes<br />
und einer der Begründer des Faches Hygiene als universitäres<br />
Fach. Frank engagierte sich u. a. für eine grundlegende Verbesserung<br />
der Hygiene in öffentlichen Gebäuden, mehr Licht in<br />
Krankensälen und Grünanlagen in Städten. Die nach ihm benannte<br />
Medaille ist die höchste Auszeichnung des Bundesverbandes.<br />
Sie wird seit 1972 beim jährlichen Bundeskongreß für<br />
besondere Verdienste um das öffentliche Gesundheitswesen in<br />
der Bundesrepublik Deutschland verliehen.<br />
Christel Hülße wurde in Rostock geboren, studierte dort an der<br />
Universität Medizin und begann 1969 ihre Weiterbildung zum<br />
Facharzt für Hygiene am damaligen Bezirkshygieneinstitut Rostock.<br />
In dieser Zeit entwickelten sich ihre besonderen „dienstlichen<br />
Hobbys“, die sie seit über 40 Jahren pflegt: Infektionskrankheiten<br />
und Schutzimpfungen.<br />
Die Vorbereitung auf die Facharztprüfung 1974 wurde zeitlich<br />
sehr eingeschränkt, da sie für die Bekämpfung eines großen<br />
Ruhrgeschehens im damaligen Bezirk Rostock mitverantwortlich<br />
war, was aber einem sehr guten Prüfungsergebnis nicht<br />
entgegenstand.<br />
Nach der Ernennung zur Fachgebietsleiterin Impfwesen verteidigte<br />
sie 1980 die Promotion an der Universität Rostock. Im<br />
September 1983 übernahm sie die Tätigkeit als Leiterin eines<br />
Forschungsprojektes des RGW (Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe)<br />
mit dem Thema „Medizinische Aspekte des Umweltschutzes“,<br />
womit auch gemeinsame Forschungen mit anderen<br />
sozialistischen Ländern wie Ungarn und der CSSR ˇ möglich<br />
wurden. So wurde der medizinische Umweltschutz zum zweiten<br />
Schwerpunkt ihres Schaffens. 1986 nahm sie die Vorlesungstätigkeit<br />
am Lehrstuhl für Allgemeine und Kommunale Hygiene<br />
der Humboldt-Universität zu Berlin auf, später auch in Greifswald<br />
und Rostock. Sie lehrte die Hygiene als universitäres Fach,<br />
was Johann Peter Frank angestrebt hatte.<br />
1987 habilitierte sie zum Thema „Wirkung von Luftfremdstoffen<br />
auf den kindlichen Organismus und Ergebnisse der Dispositionsprophylaxe<br />
bei Schulkindern aus Industriegebieten“. Es<br />
wurden vergleichende Untersuchungen<br />
in Bitterfeld und Rostock<br />
durchgeführt. Aufgrund<br />
der Auswertung dieser Studie<br />
sind Kindern aus Bitterfeld Erholungsaufenthalte<br />
an der Ostsee<br />
ermöglicht worden. Die Bearbeitung<br />
eines so brisanten Themas<br />
war zu diesem Zeitpunkt durchaus<br />
etwas Besonderes.<br />
Nach der Wende erfolgte 1990<br />
die Berufung zur Leitenden Chefärztin<br />
am Hygieneinstitut Rostock. 1992 wurde sie zur Direktorin<br />
des Landeshygieneinstituts <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> in<br />
Rostock bestellt. Sie war Beraterin des Sozialministers für die<br />
Fachbereiche Infektionsschutz, Schutzimpfungen und Umweltmedizin<br />
und wurde Vorsitzende der Fachkommission „Hygiene“<br />
bei der <strong>Ärztekammer</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>.<br />
Die von Frau Prof. Hülße konzipierten und organisierten Impfkurse<br />
waren längst über die Grenzen unseres Bundeslandes<br />
hinaus bekannt. Sie war damals bereits und ist auch heute noch<br />
eine Referentin mit hervorragenden Evaluierungsergebnissen.<br />
Im September 1994 wurde ihr der Helmut-Stickl-Preis für herausragende<br />
Leistungen für die Förderung des Impfgedankens<br />
in Deutschland verliehen. Folgerichtig wurde sie im Mai 1995 als<br />
Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-<br />
Koch-Institut Berlin berufen. Am 01.11.1997 erhielt sie die apl.<br />
Professur an der Universität Rostock.<br />
Die Stärkung des Präventionsgedankens ist ein besonderes Ziel<br />
von Frau Professor Hülße. Seit 1998 ist sie Präventionsbeauftragte<br />
und jetzt Vorsitzende des Präventionsausschusses der<br />
<strong>Ärztekammer</strong> M-V. 2003 wurde ihr die Ernst-von-Bergmann-<br />
Plakette der Bundesärztekammer für Verdienste um die ärztliche<br />
Fortbildung verliehen. Sie war und ist noch Mitglied mehrerer<br />
wissenschaftlicher Gremien. Über 220 Publikationen wurden<br />
von ihr in Fachzeitschriften veröffentlicht. Sie hat mehrere<br />
CD-ROMs für Impfärzte erarbeitet und ist Mitautorin verschiedener<br />
Lehrbücher.<br />
Während Johann Peter Frank in Wien die Höhepunkte seiner<br />
beruflichen Laufbahn durchlebte, zieht es Frau Professor Hülße<br />
in diese wunderschöne Stadt zu ihren beiden Enkelkindern, die<br />
wohl zu den am besten durchimmunisierten Kindern Österreichs<br />
gehören dürften.<br />
Dr. Marita Jenning<br />
Vorsitzende des Landesverbandes M-V der Ärztinnen<br />
und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes<br />
Seite 262<br />
ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN