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Ärzteblatt Juli 2010 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern

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KULTURECKE<br />

Masel Tow<br />

… steht im Jiddischen und Hebräischen für viel Glück, viel<br />

Erfolg. Masel Tow ist auch der Name des Chores der Jüdischen<br />

Gemeinde in Schwerin, der mit einem gut einstündigen<br />

Konzert den Auftakt für eine Veranstaltung der besonderen<br />

Art gab: Aus Anlaß des 75. Jahrestages der Einweihung<br />

der „Führerschule der Deutschen Ärzteschaft“ in Alt<br />

Rehse wurden auf einem Symposium Ergebnisse der wissenschaftlichen<br />

Aufarbeitung des Mißbrauchs der Medizin im<br />

Dritten Reich vorgestellt.<br />

Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider wies in ihren eröffnenden<br />

Worten darauf hin, wie aktuell die Thematik<br />

immer noch ist. In einigen Regionen des Landes findet<br />

rechtsextremes Gedankengut leider nicht nur vereinzelt allzu<br />

leicht Gehör. Der Rabbiner der jüdischen Gemeinde in<br />

Schwerin William Wolff kommentierte die im ersten Teil des<br />

Konzertes vorgetragenen liturgischen Gesänge; im zweiten<br />

Teil wurden einige auch hierzulande bekannte Weisen auf<br />

jiddisch, hebräisch und russisch dargeboten.<br />

kunde sollten in die Schulmedizin eingeführt werden. Der<br />

Arzt wurde damit zum Gesundheitsführer des Patienten<br />

auch in rassischen und erbbiologischen Fragen. Im Rahmen<br />

der NDHk war die Vorsorge für den Volkskörper wichtiger<br />

als die Fürsorge für das Individuum. Umfassend praktiziert<br />

und praktisch weitergebildet wurde die NDHk am „Rudolf-<br />

Heß-Krankenhaus“ in Dresden-Johannstadt. Die Idee einer<br />

Akademie für die „Neue Deutsche Heilkunde“ wurde im<br />

Verlauf des Krieges allerdings aufgegeben (Dr. Marina Lienert,<br />

Dresden).<br />

Die deutsche Ärzteschaft hatte eine besondere Affinität<br />

zum Nationalsozialismus. Etwa 50 % der Ärzte und fast<br />

20 % der Ärztinnen gehörten der NSDAP an; 35 % waren im<br />

„Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebund“, 26 % gehörten<br />

der SA und 7,2 % der SS an. Zu den in Alt Rehse geschulten<br />

Berufsgruppen gehörten neben Ärzten, Zahnärzten,<br />

Apothekern und Hebammen auch vier Lehrgänge für<br />

jeweils etwa 130 Ärztinnen. Sie dienten insbesondere der<br />

Schulung von BDM-Ärztinnen und behandelten Themen<br />

wie „Historischer Überblick über die pflegerische, geburtshilfliche<br />

und ärztliche Tätigkeit der Frau“, die „Ärztliche<br />

Arbeit am gesunden Jugendlichen“, „Standespolitische Tatsachen“<br />

und „Ärztliche Aufgaben bei Glaube und Schönheit“<br />

(Prof. Dr. Eva Brinkschulte, Magdeburg).<br />

Ein weiterer Vortrag (Dr. Michael Buddrus, Berlin) befaßte<br />

sich mit der staatlichen Medizinalverwaltung in <strong>Mecklenburg</strong>,<br />

den Kreismedizinalräten. Positiv vermerkt werden<br />

muß, daß in <strong>Mecklenburg</strong> 1937 das erste Krebsregister eingerichtet<br />

und 1939 die erste Röntgen-Reihenuntersuchung<br />

auf Tuberkulose in Deutschland durchgeführt wurden. Die<br />

Medizinalverwaltung in <strong>Mecklenburg</strong> zeichnete sich durch<br />

personelle Konstanz und Effektivität aus: Die Zahl der Krankenhausbetten<br />

wurde im Krieg halbiert; Heilstätten wurden<br />

zu Ausbildungseinrichtungen für die SS.<br />

Begrüßung durch Rabbiner William Wolff und Einführung in das Chorkonzert<br />

Der Schwerpunkt der Arbeit in der „Führerschule“ lag eindeutig<br />

in der Festigung der nationalsozialistischen Ideologie.<br />

72,5 % der Vorträge befaßten sich mit politischen,<br />

hochschulpolitischen, standespolitischen, juristischen sowie<br />

Krankenkassen- und Versicherungsfragen. Schulmedizinische<br />

und naturheilkundliche Themen wurden unter dem<br />

besonderen Gesichtspunkt der „Neuen Deutschen Heilkunde“<br />

(NDHk) behandelt. Erprobte Verfahren der Naturheil-<br />

Anhand der Einträge im Gästebuch des Direktors der „Führerschule“<br />

von 1935 bis 1939 Hans Deuschl konnte Nils Hansson<br />

(Lund/Schweden) zeigen, daß die Aktivitäten in Alt<br />

Rehse keineswegs unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfanden.<br />

Besucher aus 39 Ländern, darunter Japan, Schweden,<br />

Polen, Rußland, den USA, Griechenland und der Türkei,<br />

haben sich z. T. durchaus bewundernd für das Dritte Reich<br />

im Allgemeinen und die „Führerschule“ im Besonderen geäußert.<br />

Die meisten Besucher kamen in den Jahren 1935<br />

und 1936, wobei ein Zusammenhang mit der Eröffnung und<br />

den Olympischen Spielen nahe liegt. Der „Reichführer SS“<br />

Seite 258<br />

ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN

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