„Zwangsheirat verhindern“ Konzept für die Landeshauptstadt ... - RIS
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• Parteilichkeit und Vertrauen schaffen<br />
Die allgemeinen Grundsätze der Beratung finden auch im Kontext von<br />
Zwangsheirat besondere Berücksichtigung. Dabei ist es wichtig, den Betroffenen<br />
zuzuhören, sich einzufühlen, <strong>die</strong> familiäre Situation und Hintergründe<br />
zu verstehen, <strong>die</strong> Einschätzung der Betroffenen ernst zu nehmen. Aktionismus,<br />
vorschnelle Bewertungen und allgemeine Rückschlüsse sind zu vermeiden,<br />
um jedem Fall individuell gerecht werden zu können. Eine offene,<br />
vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre, gekennzeichnet von Respekt, ist unbedingt<br />
herzustellen. Dazu ist es unabdingbar, Transparenz über das Vorgehen<br />
zu schaffen, über Schweigepflicht und deren Grenzen zu informieren und<br />
<strong>die</strong> Ratsuchenden in alle Schritte einzubeziehen. Es gelten <strong>die</strong> rechtlichen<br />
Bestimmungen zu Datenschutz und Schweigepflicht.<br />
• Interkultureller Ansatz und kultursensible Beratung<br />
Dieser Grundsatz der Beratungsarbeit umfasst zwei Ebenen:<br />
Zum einen muss <strong>die</strong> konkrete Beratungsarbeit nach interkulturellen Standards<br />
ausgerichtet sein. Das Personal muss in der Lage sein, kultursensibel<br />
zu arbeiten:<br />
„Mit Kultursensibilität ist hier <strong>die</strong> Fähigkeit gemeint, Menschen unterschiedlicher<br />
Herkunft mit Wertschätzung, Anerkennung, Achtung und Empathie zu<br />
begegnen, sie über <strong>die</strong> jeweilige kulturelle Prägung hinaus als Individuen<br />
wahr- und anzunehmen, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und<br />
auch Uneindeutigkeiten sowie Widersprüche in der Beratung aushalten zu<br />
können. Die Grundvoraussetzung hier<strong>für</strong> ist <strong>die</strong> Anerkennung der sozialen<br />
und kulturellen Vielfalt als gesellschaftliche Norm.“ 27<br />
Zum anderen muss <strong>die</strong> Vernetzung mit MigrantInnenverbänden und –<br />
einrichtungen aktiv betrieben werden.<br />
„Um in Fällen von familiärem Konflikt und familiärer Gewalt, bei denen ethnische<br />
bzw. kulturelle Zugehörigkeit eine Rolle spielen, Lösungen zu finden,<br />
bedarf es eines interkulturellen Ansatzes, an dem Angehörige der Mehrheitsgesellschaft<br />
und der jeweiligen Gruppen mitwirken müssen. (...) Von besonderer<br />
Bedeutung ist <strong>die</strong> Zusammenarbeit mit den Organisationen der Migrantinnen<br />
und Migranten. Sie müssen bei der Bekämpfung von Zwangsheirat als<br />
gleichberechtigte Kooperationspartner einbezogen werden.“ 28<br />
Konkret bedeutet das:<br />
- Die interkulturelle Kompetenz des Personals der Fach- und Anlaufstelle<br />
stellt eine Grundvoraussetzung dar (siehe IV. 3.2.2 Qualifikationen)<br />
- Fallunabhängige sowie bei Bedarf fallbezogene Vernetzung mit Einrichtungen,<br />
Verbänden und MultiplikatorInnen des Migrationsbereichs<br />
- Einbezug von geschulten Dolmetschern und Dolmetscherinnen bei<br />
Bedarf<br />
- Planung und Durchführung von Veranstaltungen zum Thema Zwangsheirat<br />
in Kooperation mit Communities<br />
27 Deutscher Caritasverband (Hg.): a.a.O.; S. 38<br />
28 B. Kavemann in Zwangsverheiratung in Deutschland; BFSFJ; a.a.O.; S. 282<br />
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