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„Zwangsheirat verhindern“ Konzept für die Landeshauptstadt ... - RIS

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I. Einleitung<br />

Zwangsheirat ist ein Verstoß gegen <strong>die</strong> Menschenrechte und gegen das<br />

Grundgesetz, da sie dem Grundsatz der freien Selbstbestimmung des Menschen,<br />

auch im Falle der Eheschließung, widerspricht. Am 1. Juli 2011 ist das<br />

„Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der<br />

Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher<br />

Vorschriften" in Kraft getreten. Bislang galt Zwangsheirat als ein<br />

Fall von besonders schwerer Nötigung. Die Strafbarkeit von Zwangsehen in<br />

einem eigenen Paragraphen (§237 Strafgesetzbuch) zu regeln, ist auch als<br />

gesellschaftspolitisches Signal zu verstehen, sie soll „das Bewusstsein der<br />

Öffentlichkeit <strong>für</strong> das Unrecht, das in jeder Zwangsehe liegt“ 1 schärfen. Fachkräfte<br />

aus der praktischen sozialen Arbeit bestätigen, dass sie in steigendem<br />

Maße mit <strong>die</strong>ser Thematik konfrontiert werden. Im Münchner Stadtrat wurde<br />

das Problem der Zwangsehen und <strong>die</strong> Notlage der Betroffenen erkannt, so<br />

dass im Juni 2010 beschlossen wurde, im Laufe eines Jahres ein <strong>Konzept</strong> mit<br />

Empfehlungen zur Verhinderung von Zwangsheirat zu verfassen. Die Federführung<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong>ses Projekt wurde an das Stadtjugendamt übergeben, <strong>die</strong><br />

Durchführung an den freien Träger IMMA e.V. Im August 2011 legte IMMA<br />

e.V. ein Kurzkonzept mit den wesentlichen Ergebnissen der Recherche und<br />

daraus resultierenden Lösungsansätzen vor. Die vorliegende Langfassung<br />

integriert das Kurzkonzept und führt einige Aspekte detaillierter und konkreter<br />

aus.<br />

1. Definition Zwangsheirat<br />

In der Begründung zum neuen Gesetz ist ausführlich versucht worden, den<br />

Rahmen dessen, was eine Zwangsheirat ausmachen kann, zu beschreiben:<br />

„Eine Zwangsheirat liegt dann vor, wenn mindestens einer der Eheschließenden<br />

durch Willensbeugung zur Ehe gebracht wird. Zu den Mitteln der Willensbeugung<br />

gehören physische und sexuelle Gewalt und insbesondere <strong>die</strong> Ausübung von<br />

Druck durch Drohungen in ganz unterschiedlicher Art und Weise. Der Druck geht<br />

dabei überwiegend von Angehörigen der eigenen Familie aus, wie den Eltern<br />

oder Geschwistern, aber auch von dem Verlobten bzw. den Schwiegereltern. Der<br />

ausgeübte Druck kann alle Lebensbereiche betreffen, sich auch auf Einschränkungen<br />

des Lebensstils und der Bewegungsfreiheit beziehen und Sanktionen<br />

wie den Ausschluss aus dem Familienverband oder andere erniedrigende und<br />

kontrollierende Handlungen beinhalten - in drastischen Fällen bis hin zur Drohung<br />

mit ‚Ehrenmord’.“ 2<br />

Die Praxis zeigt, dass es sich bei nahezu allen Betroffenen um Personen mit<br />

Migrationshintergrund handelt. Zwangsheirat ist allerdings keine Frage einer<br />

speziellen Religion oder Nationalität. „Zwangsverheiratung ist (…) kein Prob-<br />

1 Deutscher Bundestag; 17. Wahlperiode, Drucksache 17/4401: Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines<br />

Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung<br />

weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften; Berlin 2011; S. 1<br />

2 Ebd.; S. 8<br />

Die Begriffe „Ehrenmord“ oder „Mord im Namen der Ehre“ sind sehr umstritten, da <strong>die</strong> Begriffe „Mord“ und „Ehre“<br />

grundsätzlich im Widerspruch zueinander stehen. Trotzdem haben sich <strong>die</strong>se Begriffe durchgesetzt und werden<br />

meistens in Anführungszeichen gesetzt. Inhaltlich ist das von den Tätern vorgegebene Motiv <strong>für</strong> einen Mord, nämlich<br />

<strong>die</strong> Familienehre, <strong>die</strong> es auf <strong>die</strong>se Weise wiederherzustellen gilt, gemeint.<br />

3

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