pdf Download März - Cockpit
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Dreamliner: Knacknuss Batterie<br />
Die Liste der Zwischenfälle, die sich an Bord von Boeings neuem potenziellen<br />
Flaggschiff in den vergangenen Monaten ereignet haben,<br />
ist lang. Wenn einige davon – etwa der Riss in der <strong>Cockpit</strong>Scheibe<br />
einer 787 von ANA am 11. Januar oder das Leck in einer Treibstoffleitung<br />
einer JALMaschine zwei Tage später – der Kategorie «Kinderkrankheiten»<br />
zugeordnet werden können, ist es bei den zahlreichen<br />
elektrischen Pannen und den in zwei Fällen entstandenen gefährlichen<br />
Situationen anders. Der eine betrifft den Brand einer APUBatterie in<br />
einer am Flughafen Boston geparkten Maschine von JAL, der andere<br />
die Notlandung einer Boeing 787 von ANA auf einem Inlandflug<br />
am 16. Januar, ausgelöst durch eine Überhitzungswarnung für eine<br />
LithiumIonenBatterie. Dieses Ereignis hat denn auch die FAA am<br />
selben Tag veranlasst, sämtliche in den USA registrierten Maschinen<br />
vom Typ Boeing 787 – das betrifft sechs Flugzeuge von United Airlines<br />
– zu grounden. Alle anderen 787Betreiber – JAL, ANA, Qatar,<br />
Air India, LAN, Ethiopian und LOT – sind dieser Anweisung gefolgt und<br />
lassen ihre Flugzeuge bis auf Weiteres am Boden. Zuvor schon hatte<br />
die amerikanische Flugaufsichtsbehörde eine umfassende Inspektion<br />
des gesamten 787Programms, inklusive Design, Herstellungsabläufe<br />
und Komponenten, angeordnet. Der Fokus liegt dabei auf<br />
der Stromversorgung.<br />
Durchschnittsalter der gesamten LOT-Flotte gemäss Verkaufsdirektor<br />
Tomasz Dakowski bei lediglich drei Jahren und neun<br />
Monaten liegen.<br />
Neue Premium Economy Class<br />
Dabei ist die Boeing 787 ein für den Passagier durchaus komfortables<br />
Flugzeug. In den Farben von LOT verfügt die Kabine über<br />
252 Sitze in drei Klassen: eine Business Class für 18, die neu eingeführte<br />
Premium Economy Class für 21 und eine Economy Class<br />
für 213 Fluggäste. Die Sitze im Geschäftsreiseabteil, wo man<br />
zwischen drei Menüs wählen kann, lassen sich in völlig flache<br />
Schlafgelegenheiten umwandeln. In der Premium Economy, wo<br />
zwei Menüs zur Auswahl stehen, sind die Sitze in einer 2x3x2-<br />
Konfiguration angeordnet, der Abstand zwischen den Sitzen beträgt<br />
stattliche 97 Zentimeter. Alle Klassen verfügen über einen<br />
USB-Anschluss.<br />
Hinsichtlich des Flugpreises dürfte die Premium Economy auf Interesse<br />
stossen. Auf einem Flug von einem deutschen Flughafen<br />
nach Peking liegt er mit einem Anfangsangebot von rund 1700<br />
Euro näher beim Economy-Tarif als bei jenem, der für die Business<br />
Class gilt, der Komfort an Bord ist aber deutlich höher. Beson- <br />
Foto: LOT<br />
Erste Untersuchungsergebnisse<br />
Die elektrischen Systeme des Dreamliners werden von sechs achtzelligen,<br />
je etwa 30 Kilo schweren Generatoren angetrieben. Vier davon<br />
sind für die beiden Triebwerke bestimmt und liefern eine Energie von<br />
je 250 kVA, die andern beiden treiben das Hilfsaggregat im Heck des<br />
Flugzeugs an. Die im Dreamliner in einem noch nie dagewesenen<br />
Ausmass vorhandene Elektrik braucht es beispielsweise für das Anlassen<br />
der Triebwerke, die Enteisung der Vorflügel, die Kabinenbelüftung<br />
(anstelle von Zapfluft aus dem Triebwerk) und die Bremsen.<br />
Solche Batterien, die im Fall der 787 vom japanischen Hersteller GS<br />
Yuasa stammen, finden sich auch in Alltagsgegenständen wie Elektrofahrzeugen,<br />
Mobiltelefonen und Laptops. Im Gegensatz zu viel<br />
leistungsschwächeren NickelCadmiumBatterien ist die Gefahr der<br />
Überhitzung und des Ausstosses von schädlichen Dämpfen wegen der<br />
hohen Energiedichte aber um ein Vielfaches grösser.<br />
Mittlerweile hat die Flugunfalluntersuchungsbehörde<br />
NTSB ihre Arbeit aufgenommen.<br />
Die beim Zwischenfall<br />
von Boston verkohlte Batterie<br />
wurde geröntgt und in alle<br />
Zellen zerlegt, die im <strong>Cockpit</strong>Voice<br />
und FlightData<br />
Recorder gespeicherten Daten<br />
wurden heruntergeladen.<br />
Die Auswertung des Flugdatenschreibers<br />
zeigte laut dem NTSB kein Überziehen der für 32 Volt<br />
ausgelegten APUBatterie. Ferner suchten die Experten nach Spuren,<br />
die auf eine Hitzeentweichung, Kurzschlüsse und Herstellungsfehler<br />
hindeuten, sowie nach weiteren «Auffälligkeiten». In nächster Zeit<br />
geht es laut der Unfallbehörde darum, die Laboruntersuchungen abzuschliessen,<br />
intakte Batterien zu überprüfen und die Ergebnisse mit<br />
Erkenntnissen aus der Forensik von Brandfällen zu vergleichen. Für<br />
Boeing ist zu hoffen, dass die Ursache bald gefunden wird und allfällige<br />
Änderungen im Design oder der Herstellung schnell vorgenommen<br />
werden können. Andernfalls drohen ein immenser Imageschaden<br />
und erste Stornierungen mit unvorhersehbaren wirtschaftlichen<br />
Folgen für das Unternehmen aus Seattle.<br />
Thomas Strässle<br />
Foto: NTSB