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Markenhandel mit Gemeinschaftsmarken und deutschen Marken

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<strong><strong>Marken</strong>handel</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> <strong>und</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong><br />

Dissertation<br />

zur Erlangung des Doktorgrades der Rechtswissenschaft<br />

der Rechts-, Wirtschafts- <strong>und</strong> Verwaltungswissenschaftlichen Sektion<br />

der Universität Konstanz,<br />

Fachbereich Rechtswissenschaft<br />

vorgelegt von<br />

Ursula Brink<br />

Tag der mündlichen Prüfung: 23. Juli 2002<br />

1. Referent: Prof. Dr. Karl-Heinz Fezer<br />

2. Referent: Prof. Dr. Andreas Fuchs


Meinen Eltern:<br />

Dr. Hans-Josef Brink †<br />

Mia Brink


Vorwort<br />

Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Rechts-,<br />

Wirtschafts- <strong>und</strong> Verwaltungswissenschaftlichen Sektion der Universität<br />

Konstanz im Sommersemester 2002 als Dissertation angenommen.<br />

An dieser Stelle bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. Karl-Heinz Fezer nicht nur<br />

dafür, daß er das Thema dieser Arbeit anregte, sondern auch dafür, daß er mich<br />

als „exterene“ Doktorandin annahm. Herrn Prof. Dr. Andreas Fuchs gilt mein<br />

Dank für die Erstellung des Zweitgutachtens.<br />

Sehr dankbar bin ich meinen Eltern, die meinen Lebensweg <strong>und</strong> meine<br />

Ausbildung nicht nur <strong>mit</strong> Interesse begleitet, sondern stets in vielfältiger Weise<br />

tatkräftig unterstützt haben. Ihnen, insbesondere meinem zu früh verstorbenen<br />

Vater ist diese Arbeit gewidmet.


I<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

ABKÜRZUNGEN ...............................................................................................IV<br />

LITERATURVERZEICHNIS..............................................................................VII<br />

A. EINLEITUNG.................................................................................................. 1<br />

I. Gegenstand <strong>und</strong> Problematik................................................................................................ 1<br />

II. Rechtstatsächlicher Hintergr<strong>und</strong>.......................................................................................... 2<br />

III. Ziele der Arbeit ...................................................................................................................... 3<br />

B. GRUNDLAGEN DES MARKENRECHTS ....................................................... 5<br />

I. Die Verordnung der EU über die Europäische Marke....................................................... 5<br />

1. Historische Entwicklung des europäischen <strong>Marken</strong>rechts ..................................................5<br />

2. Ziele der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> ihre Umsetzung.......................................7<br />

3. Die Gr<strong>und</strong>prinzipien der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ...............................................9<br />

a) Das Prinzip der Einheitlichkeit ......................................................................................9<br />

b) Das Prinzip der Autonomie..........................................................................................11<br />

c) Das Koexistenzprinzip.................................................................................................11<br />

d) Das Eintragungsprinzip................................................................................................13<br />

e) Das Prinzip der freien Übertragung .............................................................................14<br />

II. Die Erste <strong>Marken</strong>richtlinie.................................................................................................. 14<br />

1. Entwicklung <strong>und</strong> Ziele der Richtlinie................................................................................14<br />

2. Rechtswirkung für die Mitgliedstaaten..............................................................................16<br />

3. Vorgaben der Richtlinie für die nationalen <strong>Marken</strong>gesetze ..............................................17<br />

III. Das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz................................................................................................. 17<br />

1. Große Reform des nationalen Warenzeichengesetzes .......................................................17<br />

2. Ziele der <strong>Marken</strong>rechtsreform...........................................................................................18<br />

IV. Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> Marke als verfassungsrechtliches Schutzgut......................... 19<br />

1. Verfassungsschutz für die Gemeinschaftsmarke ...............................................................20<br />

2. Verfassungsschutz für die Marke ......................................................................................21<br />

V. Auslegungsmaßstäbe............................................................................................................ 22<br />

1. Auslegungsmethoden für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ......................................22<br />

2. Auslegungsmethoden für die <strong>Marken</strong>rechtsrichtlinie........................................................26<br />

3. Auslegungsmethoden <strong>und</strong> Rechtsprechung des EuGH speziell unter dem Blickpunkt<br />

des <strong>Marken</strong>rechts...............................................................................................................27<br />

4. Auslegungsmethoden für das <strong>Marken</strong>recht .......................................................................32<br />

5. Zuständigkeit für die Auslegungen....................................................................................34<br />

C. NOVITÄTEN DES MARKENRECHTS.......................................................... 37<br />

I. Aufgabe des Akzessorietätsprinzips ................................................................................... 37<br />

1. Stufenweise Lossagung von dem Akzessorietätsprinzip im <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>recht........37<br />

a) Die normative Entwicklung des Akzessorietätsprinzips vom ersten <strong>deutschen</strong><br />

Warenzeichengesetz bis zum Erstreckungsgesetz........................................................37<br />

b) Die Entwicklung des Akzessorietätsprinzips in der <strong>deutschen</strong> Rechtsprechung bis<br />

zum Erstreckungsgesetz...............................................................................................40<br />

c) Das Akzessorietätsprinzip im <strong>deutschen</strong> Schrifttum....................................................44


II<br />

2. Konatation des Bindungsprinzips......................................................................................46<br />

a) Der ursprüngliche Zweck der Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb ...............47<br />

b) Wirtschaftliche Notwendigkeit der Aufgabe des Bindungsprinzips ............................49<br />

3. Abkehr vom Bindungsprinzip im <strong>Marken</strong>gesetz ...............................................................51<br />

a) Bindungsprinzip der Marke an den Geschäftsbetrieb nach der Richtlinie überhaupt<br />

möglich? ......................................................................................................................53<br />

4. Abkehr vom Bindungsprinzip in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>-verordnung .........................55<br />

a) Gewerbliche Betätigung erforderlich? .........................................................................56<br />

II. Geschützte Funktionen der Marke..................................................................................... 58<br />

1. Die klassische Funktionslehre ...........................................................................................58<br />

a) Unterscheidungsfunktion .............................................................................................59<br />

b) Herkunftsfunktion........................................................................................................60<br />

c) Qualitätsfunktion .........................................................................................................62<br />

d) Werbefunktion .............................................................................................................63<br />

e) Kommunikationsfunktion ............................................................................................65<br />

2. Rechtlicher Schutz der wirtschaftlichen Funktionen vom EuGH vorgegeben?.................67<br />

3. Übertragung der traditionellen Funktionslehre auf die neuen <strong>Marken</strong>rechte ....................70<br />

a) Unterscheidungsfunktion .............................................................................................70<br />

b) Herkunftsfunktion........................................................................................................71<br />

c) Qualitätsfunktion .........................................................................................................73<br />

d) Werbefunktion .............................................................................................................75<br />

e) Zusammenfassung .......................................................................................................76<br />

III. Normzweck des <strong>Marken</strong>rechts............................................................................................ 77<br />

1. Zuordnung der <strong>Marken</strong>rechte zum Immaterialgüterrecht..................................................77<br />

2. Schutzgegenstand der <strong>Marken</strong>rechte .................................................................................78<br />

3. Interessen im <strong>Marken</strong>recht ................................................................................................80<br />

a) Die faktischen Interessen im <strong>Marken</strong>recht...................................................................81<br />

b) Die rechtlich geschützten Interessen im <strong>Marken</strong>recht .................................................82<br />

4. <strong>Marken</strong>rechte im Normenkontext......................................................................................82<br />

a) <strong>Marken</strong>gesetz im Normenkontext................................................................................82<br />

b) <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung im Normenkontext ................................................85<br />

D. EINTRAGUNG UND MARKENBEGRIFF ..................................................... 87<br />

I. Das Recht auf die Marke ..................................................................................................... 87<br />

1. Rechtsanspruch auf die Eintragung der Marke..................................................................87<br />

a) Nach dem <strong>Marken</strong>gesetz..............................................................................................87<br />

b) Nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung................................................................89<br />

2. <strong>Marken</strong>inhaberschaft .........................................................................................................91<br />

a) Nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung................................................................91<br />

b) Nach dem <strong>Marken</strong>gesetz..............................................................................................92<br />

II. <strong>Marken</strong>begriff .................................................................................................................... 100<br />

1. Erweiterter Begriff der Marke .........................................................................................101<br />

a) Der Begriff der „Gemeinschaftsmarke“ in der Gemeinschafts-markenverordnung...101<br />

b) Der Begriff der „Marke“ nach der <strong>Marken</strong>richtlinie..................................................105<br />

c) Der Begriff der „Marke“ nach dem <strong>Marken</strong>gesetz ....................................................105<br />

d) Für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> interessante <strong>Marken</strong>formen ..........................................107<br />

2. Benutzungswille als Eintragungsvoraussetzung? ............................................................114<br />

III. Registrierungsverfahren von <strong>Marken</strong>.............................................................................. 115<br />

1. Gemeinschaftsmarke .......................................................................................................116<br />

a) Eintragungsverfahren.................................................................................................116<br />

b) Gebühren- <strong>und</strong> Kostenfaktoren..................................................................................119<br />

2. Deutsche Marke...............................................................................................................120<br />

a) Eintragungsverfahren.................................................................................................120<br />

b) Gebühren- <strong>und</strong> Kostenfaktoren..................................................................................122


III<br />

E. VERWERTUNGSMÖGLICHKEITEN.......................................................... 124<br />

I. Die Übertragung der Gemeinschaftsmarke ..................................................................... 124<br />

1. Gegenstand der Übertragung...........................................................................................124<br />

2. Rechtsgeschäftlliche Übertragung...................................................................................125<br />

3. Formalitäten <strong>und</strong> Gebühren.............................................................................................126<br />

4. Ablehnung der Eintragung des Rechtsübergangs ............................................................126<br />

II. Übertragung einer <strong>deutschen</strong> Marke ............................................................................... 127<br />

1. Gegenstand der Übertragung...........................................................................................128<br />

2. Rechtsgeschäftliche Übertragung ....................................................................................128<br />

3. Formalitäten <strong>und</strong> Gebühren.............................................................................................129<br />

4. Ablehnung der Eintagung des Rechtübergangs...............................................................130<br />

III. Lizenzierung der Marke .................................................................................................... 131<br />

IV. Weitere Verwertungsmöglichkeiten ................................................................................. 134<br />

V. Verwertungsmodalitäten <strong>und</strong> <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> ................................................................. 136<br />

F. RECHTLICHE SCHRANKEN FÜR DEN HANDEL MIT MARKEN.............. 138<br />

I. Benutzungszwang für eine eingetragene Marke.............................................................. 138<br />

1. Art <strong>und</strong> Umfang der Benutzung ......................................................................................140<br />

2. Benutzungsgebiet ............................................................................................................142<br />

3. Lockerung des Benutzungszwangs..................................................................................144<br />

4. Benutzungsschonfrist <strong>und</strong> Vermarktung .........................................................................148<br />

5. Wiederholungsmarken.....................................................................................................149<br />

6. Folgen des Benutzungszwangs für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>....................................................153<br />

II.<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> wegen bösgläubiger Anmeldung gemäß Art. 51 Abs. 2 lit. b<br />

GemMVO <strong>und</strong> § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G ..................................................................... 154<br />

1. Gr<strong>und</strong>sätzliches zum Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> wegen bösgläubiger Anmeldung .....................154<br />

2. Gr<strong>und</strong>satz der Nachahmungsfreiheit im <strong>Marken</strong>recht.....................................................156<br />

3. Einschränkungen des Gr<strong>und</strong>satzes der Nachahmungsfreiheit .........................................157<br />

a) Ausbeutung des guten Rufs .......................................................................................158<br />

b) Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes.............................................................160<br />

c) Erschwernis des Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsverhaltens ................................................160<br />

4. Verfahrensrechtliche Aspekte hinsichtlich der Einschränkung des Gr<strong>und</strong>satzes der<br />

Nachahmungsfreiheit.......................................................................................................161<br />

5. Die Einschränkung des Gr<strong>und</strong>satzes der Nachahmungsfreiheit summarisch betrachtet .162<br />

6. Die Auslegung der Nichtigkeitgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung ...........................163<br />

a) Fallgruppe des fehlenden Geschäftsbetriebes ............................................................165<br />

b) Fallgruppe der wettbewerbswidrigen Behinderung ...................................................167<br />

c) Fallgruppe der Aggressionsmarke .............................................................................172<br />

d) Fallgruppe des fehlenden Benutzungswille ...............................................................174<br />

e) Fallgruppe der Manipulation beim Eintragungsverfahren .........................................175<br />

7. Verfahrensrechtlicher Aspekt des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung...177<br />

8. Beweisführung hinsichtlich des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung......180<br />

9. Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung – abschließende Regelung?................183<br />

10. Summarische Betrachtung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung........188<br />

G. MARKENHANDEL UND FREIER WARENVERKEHR................................ 191<br />

I. Identische nationale <strong>Marken</strong> eines <strong>Marken</strong>inhabers...................................................... 191<br />

II. Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> identische nationale <strong>Marken</strong> eines <strong>Marken</strong>inhabers.......... 198<br />

1. Explizite rechtliche Normierung der Fallkonstellation?..................................................198<br />

2. Das europäische Wettbewerbsrecht.................................................................................207<br />

3. Der Gr<strong>und</strong>satz des freien Warenverkehrs........................................................................209


IV<br />

ABKÜRZUNGEN<br />

a.A.<br />

a.M.<br />

Abl.<br />

Abs.<br />

AcP<br />

AIPPI<br />

Anh.<br />

AöR<br />

Art.<br />

Aufl.<br />

BayVBl.<br />

BB<br />

Bd.<br />

Beschl.<br />

BFH<br />

BGB<br />

BGBl<br />

BGH<br />

BGHZ<br />

Bl. f. PMZ<br />

BPatG<br />

BPatGE<br />

BT-Drucks.<br />

BverfG<br />

BVerfGE<br />

BVerwG<br />

CR<br />

DB<br />

ders.<br />

DPMA<br />

DVBl.<br />

DZWir<br />

EG<br />

EGV<br />

Einl.<br />

EMRK<br />

ErstrG<br />

EU<br />

EuGH<br />

EuGRZ<br />

EuR<br />

EuZW<br />

EWG<br />

EWR<br />

EWGV<br />

f., ff<br />

anderer Ansicht<br />

anderer Meinung<br />

Amtsblatt<br />

Absatz<br />

Archiv für die civilistische Praxis<br />

Internationale Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz<br />

Anhang<br />

Archiv des öffentlichen Rechts<br />

Artikel<br />

Auflage<br />

Bayrische Verwaltungsblätter<br />

Betriebsberater<br />

Band<br />

Beschluß<br />

B<strong>und</strong>esfinanzhof<br />

Bürgerliches Gesetzbuch<br />

B<strong>und</strong>esgesetzblatt<br />

B<strong>und</strong>esgerichtshof<br />

Entscheidungen des B<strong>und</strong>esgerichtshof in Zivilsachen – Amtliche<br />

Sammlung<br />

Blatt für Patent-, Muster- <strong>und</strong> Zeichenwesen<br />

B<strong>und</strong>espatentgericht<br />

Entscheidungen des B<strong>und</strong>espatentgerichts – Amtliche Sammlung<br />

B<strong>und</strong>estagdrucksache<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

Entscheidungen des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts – Amtliche<br />

Sammlung<br />

B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht<br />

Computer <strong>und</strong> Recht<br />

Der Betrieb<br />

derselbe<br />

Deutsches Patent- <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>amt<br />

Deutsches Verwaltungsblatt<br />

Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht<br />

Europäische Gemeinschaft(en)<br />

Vertrag über die Europäische Gemeinschaft, in seiner durch den<br />

Amsterdamer Vertrag geänderten Fassung vom 2.10.1997 (BGBl.<br />

1998 II S. 387, ber. BGBl. 1999 II S. 416)<br />

Einleitung<br />

Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>freiheiten von 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 685)<br />

Erstreckungsgesetz<br />

Europäische Union<br />

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften<br />

Europäische Gr<strong>und</strong>rechte-Zeitschrift<br />

Zeitschrift für Europarecht<br />

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht<br />

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft<br />

Europäischer Wirtschaftsraum<br />

Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />

vom 25. März 1957 (BGBl. 1958 II S. 766)<br />

(fort)folgende


V<br />

FAZ<br />

Frankfurter Allgemeine<br />

Fn.<br />

Fußnote<br />

GBl.<br />

Gesetzesblatt<br />

GbR<br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

GebührenV<br />

Gebührenverordnung<br />

GemDV<br />

Durchführungsverordnung zur <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

GemMVO<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

GG<br />

Gr<strong>und</strong>gesetz für die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

GRUR<br />

Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht<br />

GRUR Int.<br />

Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht – Internationaler<br />

Teil<br />

HABM<br />

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (<strong>Marken</strong>, Muster <strong>und</strong><br />

Modelle)<br />

h.M.<br />

herrschende Meinung<br />

HGB<br />

Handelsgesetzbuch<br />

i.V.m.<br />

in Verbindung <strong>mit</strong><br />

JA<br />

Juristische Ausbildungsblätter<br />

Jura<br />

Juristische Ausbildung<br />

JuS<br />

Juristische Schulung<br />

JZ<br />

Juristenzeitung<br />

KG<br />

Kammergericht<br />

LG<br />

Landgericht<br />

Lit.<br />

Literatur<br />

lit.<br />

litera<br />

m. Anm. <strong>mit</strong> Anmerkung<br />

m. Bespr. <strong>mit</strong> Besprechung<br />

m.v.N.<br />

<strong>mit</strong> weiteren Nachweisen<br />

MA<br />

Der <strong>Marken</strong>artikel<br />

<strong>Marken</strong>G<br />

<strong>Marken</strong>gesetz<br />

<strong>Marken</strong>R<br />

<strong>Marken</strong>recht<br />

<strong>Marken</strong>V<br />

<strong>Marken</strong>verordnung<br />

MD<br />

Magazindienst<br />

Mitt.<br />

Mitteilungen der <strong>deutschen</strong> Patentanwälte<br />

NJW<br />

Neue Juristische Wochenschrift<br />

Nr.<br />

Nummer<br />

OLG<br />

Oberlandesgericht<br />

PartGG<br />

Partnerschaftsgesellschaftsgesetz<br />

PatGebG<br />

Gesetz über die Gebühren des Patentamts <strong>und</strong> des Patentgerichts<br />

vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2188), zuletzt geändert<br />

PVÜ<br />

Pariser Verbandsübereinkommen<br />

RabelsZ<br />

Rabels Zeitschrift für ausländisches <strong>und</strong> internationales Privatrecht<br />

Ref.<br />

Reform<br />

RG<br />

Reichsgericht<br />

RGBl.<br />

Reichsgesetzblatt<br />

RGZ<br />

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen – Amtliche<br />

Sammlung<br />

RIW/AWD<br />

Recht der internationalen Wirtschaft / Außenwirtschaftsdienst des<br />

Betriebs-Beraters, nach 1981 nur noch RIW<br />

RL<br />

Erste Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der<br />

Mitgliedstaaten über die <strong>Marken</strong><br />

Rn.<br />

Randnummer<br />

Rs.<br />

Rechtssache<br />

S. Seite


VI<br />

Slg.<br />

Sammlung<br />

st. Rspr.<br />

ständige Rechtsprechung<br />

Urt.<br />

Urteil<br />

UWG<br />

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb<br />

v. von<br />

vgl.<br />

vergleiche<br />

Vorb.<br />

Vorbemerkung<br />

VOV<br />

Vorschlag einer Verordnung über die Gemeinschaftsmarke<br />

VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz vom 25. Mai 1976 (BGBl. I S.<br />

1253), zuletzt geändert durch Gesetz vom<br />

WiB<br />

Wirtschaftsrechtliche Beratung<br />

WKG<br />

Gesetz der Deutschen Demokratischen Republik über<br />

Warenzeichen vom 30. November 1984 (GBl. I Nr. 33 S. 397)<br />

WM<br />

Wertpapier<strong>mit</strong>teilungen<br />

WRP<br />

Wettbewerb in Recht <strong>und</strong> Praxis<br />

WZG<br />

Warenzeichengesetz<br />

WzSchuG Gesetz zum Schutz der Waarenbezeichnungen vom 12. Mai 1894<br />

(RGBl. S. 441)<br />

z.B.<br />

zum Beispiel<br />

ZGR<br />

Zeitschrift für Unternehmens- <strong>und</strong> Gesellschaftsrecht<br />

ZHR<br />

Zeitschrift für das gesamte Handels- <strong>und</strong> Wirtschaftsrecht<br />

ZIP<br />

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht<br />

ZPO<br />

Zivilprozeßordnung


VII<br />

Literaturverzeichnis<br />

Ahrens, Hans-Jürgen<br />

Die Warenzeicheninhaberschaft der BGB-Gesellschaft - eine<br />

rechtspolitische Skizze in Festschrift für Rudolf Nirk, S. 1,<br />

München 1992<br />

Albrecht, Carsten<br />

§ 47 Erstreckungsgesetz - der Beginn des warenzeichenrechtlichen<br />

Paradieses?, GRUR 1992,660<br />

Albrecht, Carsten C. Heißt eine E-Mail bald nicht mehr „E-Mail“?, MA 1996, 276<br />

Albrecht,Friedrich Buchstaben <strong>und</strong> Zahlen im Kollisionsfall, GRUR 1996, 246<br />

Altmann/Ströbele/Klaka <strong>Marken</strong>gesetz, Köln, Berlin, Bonn, München, 1997<br />

Anweiler,Jochen<br />

Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen<br />

Gemeinschaften, Frankfurt a.M., Berlin, Bern, New-York, Paris,<br />

Wien, 1997<br />

Arndt, Hans-Wolfgang<br />

Warenverkehrsfreiheit innerhalb der Europäischen Union: der Fall<br />

„Keck“ - EuGH, JuS 1994, 469<br />

Bach, Albrecht Direkte Wirkung von EG-Richtlinien, JZ 1990, 1108<br />

Bähr, Johannes<br />

Integrationseffekte <strong>und</strong> Integrationspoteniale in unterschiedlichen<br />

Wirtschaftssystemen: Das geteilte Deutschland im Vergleich, in:<br />

Wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Integration: Hrsg. Schremmer, Eckart,<br />

S. 241 Stuttgart 1996<br />

Balz, Manfred Paradigmenwechsel im Warenzeichenrecht ?, RabelsZ 45 (1981),<br />

316<br />

Baum,Alfred<br />

Über „Konzernzeichen“ <strong>und</strong> die „Selbständigkeit des Rechts an<br />

der Marke“, GRUR 1929, 275<br />

Baumbach/Hefermehl Warenzeichenrecht, 12. Aufl. München 1985<br />

(zitiert: Baumbach/Hefermehl, WZG)<br />

Baumbach/Hefermehl<br />

Wettbewerbsrecht: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb,<br />

Zugabeverordnung, Rabattgesetz <strong>und</strong> Nebengesetze, 18. Aufl.,<br />

München 1996 (zitiert: Baumbach/Hefermehl, UWG)<br />

Becker, Roman A. Kennzeichenschutz der Hörmarke, WRP 2000, 56<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Unterscheidende Zusätze als Mittel zur Lösung marken- <strong>und</strong><br />

firmenrechtlicher Konflikte im Gemeinsamen Markt, RIW/AWD<br />

1978, 213<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Benutzung <strong>und</strong> Geschäftsbetrieb: Zur <strong>Marken</strong>rechtsfähigkeit von<br />

Holdinggesellschaften, GRUR 1980, 352<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

<strong>Marken</strong>rechtliche Abhandlungen, Köln, Berlin, Bonn, München<br />

1986<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Territorialität des <strong>Marken</strong>rechts <strong>und</strong> internationaler<br />

Wirtschaftsverkehr, GRUR Int. 1968, 8<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Die Vereinheitlichung des gewerblichen Rechtsschutzes <strong>und</strong> der<br />

freie Warenverkehr im Europäischen Binnenmarkt, in: Festschrift<br />

für Ernst Steindorff zum 70. Geburtstag, 1990, S.1109<br />

Beier, Karl-Friedrich<br />

Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> freier Warenverkehr im<br />

europäischen Binnenmarkt <strong>und</strong> im Verkehr <strong>mit</strong> Drittstaaten,<br />

GRUR Int. 1989, 603<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Unterscheidungskraft <strong>und</strong> Freihaltebedürfnis,<br />

Zur <strong>Marken</strong>schutzfähigkeit individueller Herkunftsangaben nach §<br />

4 WZG, GRUR Int. 1992,243<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Rückkehr zum Eintragungsprinzip? - Überlegungen zur Reform<br />

des <strong>Marken</strong>rechts, GRUR Int. 1973, 407<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>züge des europäischen <strong>Marken</strong>rechts, EuR<br />

1982, 30<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Ziele <strong>und</strong> Leitgedanken des europäischen <strong>Marken</strong>rechts, GRUR<br />

Int 1976, 363


VIII<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Gedanken zum Verhältnis von Warenzeichen- <strong>und</strong><br />

Ausstattungsschutz im künftigen <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>recht, GRUR<br />

1967, 628<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Studien zur Vereinheitlichung des <strong>Marken</strong>rechts, 1. Begriff der<br />

Marke, GRUR Int. 1963, 83<br />

Beier Friedrich-Karl<br />

Das europäische <strong>Marken</strong>recht <strong>und</strong> sein Verhältnis zum nationalen<br />

<strong>Marken</strong>- <strong>und</strong> Wettbewerbsrecht, GRUR Int. 1976, 1<br />

Beier, Friedrich-Karl<br />

Grenzen der Erschöpfungslehre im <strong>Marken</strong>recht: Zur Beurteilung<br />

des Vertriebs umgepackter <strong>und</strong> neu gekennzeichneter<br />

Originalware in den Ländern der Europäischen<br />

Wirtschaftsgemeinschaft, GRUR Int. 1978, 263<br />

Beier, Friedrich-Karl Ausstattungsschutz für Farben, GRUR 1980, 600<br />

Beier/Krieger,<br />

Wirtschaftliche Bedeutung, Funktionen <strong>und</strong> Zweck der<br />

Friedrich-Karl / Ulrich Marke GRUR Int. 1976,125<br />

Beier/v.Mühlendahl<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz der internationalen Erschöpfung des Mar-<br />

Friedrich-Karl/Alexander kenrechts in denMitgliedstaaten der EG <strong>und</strong> ausgewählten<br />

Drittstaaten, Mitt. 1980, 101<br />

Bender, Achim Neue <strong>Marken</strong>formen in Alicante, <strong>Marken</strong>R 1999, 117<br />

Bengel/Simmerding,<br />

Gr<strong>und</strong>buch, Gr<strong>und</strong>stück, Grenze: Handbuch zur Gr<strong>und</strong><br />

Manfred/Franz<br />

buchordnung unter Berücksichtigung katasterrechtlicher<br />

Fragen, Berlin 1995<br />

Berlit, Wolfgang Das neue <strong>Marken</strong>recht, WiB 1995, 49<br />

Berlit, Wolfgang<br />

Anmerkung zur OLG Hamburg-Entscheidung „Xtension“, WiB<br />

1996, 227<br />

Bernhardt, Rudolf<br />

Zur Auslegung des europäischen Gemeinschaftsrechts, in:<br />

Festschrift für Kutscher, S. 17, Baden-Baden 1981<br />

Beutler, Bengt<br />

Der Schutz der Vertraulickeit zwischen Anwalt <strong>und</strong> Mandanten im<br />

europäischen Recht, RIW 1982, 820<br />

Beutler, Bengt<br />

Anmerkung zur Rechtssache Hauer/Land Rheinland-Pfalz, Rs.<br />

44/79, Slg. 1979, 3727, EuR 1980, 130<br />

Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Die Europäische Union: Rechtsordnung <strong>und</strong> Politik, Baden-Baden<br />

1993 (zitiert: Beutler)<br />

Bleckmann, Albert<br />

Zur Problematik der Cassis de Djion-Rechtsprechung des<br />

Europäischen Gerichtshofs, GRUR Int. 1986, 172<br />

Bleckmann, Albert<br />

Europarecht: Das Recht der Europäischen Union <strong>und</strong> der<br />

Europäischen Gemeinschaften, Köln, Berlin, Bonn, München 1997<br />

Bleckmann, Albert<br />

Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofs, NJW<br />

1982, 1177<br />

Bleckmann, Albert<br />

Teologische <strong>und</strong> dynamische Auslegung des Europäischen<br />

Gemeinschaftsrechts, EuR 1979, 239<br />

Bleckmann, Albrecht<br />

Die wertende Rechtsvergleichung bei der Entwicklung<br />

europäischer Gr<strong>und</strong>rechte, in: Festschrift für Bodo Börner, S. 29,<br />

Köln; Berlin; Bonn; München 1992<br />

Bleckmann, Albert<br />

Methoden der Bildung europäisches Verwaltungsrechts, DÖV<br />

1993, 837<br />

Bleckmann/Piper,<br />

Maastrich, die gr<strong>und</strong>gesetzliche Ordnung <strong>und</strong> die „Super-<br />

Albert/Stefan Ulrich revisionsinstanz“, RIW 1993, 969<br />

Bodenhausen, G.H.C.<br />

Bodewig<br />

Bodewig, Theo<br />

Boes/Deutsch,<br />

Der EWG-Vertrag <strong>und</strong> der gewerbliche Rechtsschutz,<br />

GRUR Int. 1958, 218<br />

Aktuelle Informationen: Europäische Gemeinschaft - <strong>Marken</strong>- <strong>und</strong><br />

Musteramt nach Aliscante, Spanien, GRUR 1994, 974<br />

Unlautere Ausnutzung <strong>und</strong> Beeinträchtigung des guten Rufs<br />

bekannter <strong>Marken</strong>, Namen <strong>und</strong> Herkunftsangaben, GRUR Int.<br />

1986, 33<br />

Die „Bekanntheit“ nach dem neuen <strong>Marken</strong>recht <strong>und</strong> ihre


IX<br />

Ulrich/Volker Er<strong>mit</strong>tlung durch Meinungsumfragen GRUR 1996, 168<br />

Bökel, Werner<br />

Bedeutung <strong>und</strong> Einsatz von <strong>Marken</strong> für gewerbliche Unternehmen,<br />

Mitt. 1984, 166<br />

Bökel/Fritze, Werner/Ulrich Bedingungen der Benutzung für das Entstehen <strong>und</strong> die Aufrechterhaltung<br />

des Rechts an der eingetragenen Marke (92 A), GRUR Int.<br />

1988, 45<br />

Bokelmann, Gunther<br />

Das Recht der Firmen- <strong>und</strong> Geschäftsbezeichnungen, Freiburg;<br />

Berlin; München 1997<br />

Bollack/Friehe, Anmerkung zum BGH-Urteil „BMW“, GRUR 1986, 762<br />

Gert/Christian-F.<br />

Bork, Reihard<br />

Kennzeichenschutz im Wandel - Zum Verhältnis des bürgerlichrechtlichen<br />

zum wettbewerblichen Schutz der berühmten Marke<br />

gegen Verwässerungsgefahr, GRUR 1989, 725<br />

Brandner, Hans Erich<br />

Wann ist Rufausbeutung im Wettbewerb nicht unlauter?, in:<br />

Festschrift für Vieregge, S. 81, Berlin, New York<br />

Braselmann, Petra<br />

Übernationales Recht <strong>und</strong> Mehrsprachigkeit - Linguistische<br />

Überlegungen zu Sprachproblemen in EuGH-Urteilen, EuR 1992,<br />

55<br />

Breuninger, Gottfried<br />

Die BGB-Gesellschaft als Rechtssubjekt im Wirtschaftsverkehr,<br />

Köln 1991<br />

Buchheim, Christoph Dreimal Integration in Europa nach 1945: Weltmarktingration -<br />

kleineuropäische Integration - Integration der sozialistischen<br />

Volkswirtschaften, in Wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Integration;<br />

Hrsg. Schremmer, Eckart, S. 345, Stuttgart 1996<br />

Bühler,Gregor<br />

Die freie <strong>Marken</strong>lizenzierung: Eine Untersuchung nach marken-,<br />

lauterkeits- <strong>und</strong> produktehaftpflichtrechtlichen Gesichtspunkten,<br />

unter Berücksichtigung der Rechtslage in der Europäischen Union,<br />

Ruswil 1995<br />

Busse/Starck, Warenzeichengesetz, , 6. Aufl., Berlin- New York 1990<br />

Rudolf/Joachim<br />

Bussmann, Kurt Freie Übertragbarkeit der Marke, GRUR 1949, 170<br />

Capelle/Canaris<br />

Handelsrecht: ohne Gesellschafts- <strong>und</strong> Seehandelsrecht, München<br />

1980<br />

Dausses, Manfred A. Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EWGV, JZ 1979,<br />

125<br />

Dausses, Manfred Die rechtliche Dimension des Binnenmarktes, EuZW 1990, 8<br />

Deringer, Arved<br />

Gewerbliche Schutzrechte <strong>und</strong> freier Warenverkehr im<br />

Gemeinsamen Markt, NJW 1977, 469<br />

Deutsch, Volker<br />

Der Schutz von <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> Firmen außerhalb des<br />

Wettbewerbsbereichs, in Festschrift für Alfred- Carl Gaedertz, S.<br />

99, München 1992<br />

Deutsch, Volker<br />

Zur <strong>Marken</strong>verunglimpfung - Anmerkung zu den BGH-<br />

Entscheidungen „Mars“ <strong>und</strong> „Nivea“, GRUR 1995,319<br />

Di Fabio, Udo<br />

Richtlinienkonfor<strong>mit</strong>ät als ranghöchstes Normauslegungsprinzip?,<br />

NJW 1990, 947<br />

Dreiss, Uwe Das neue <strong>Marken</strong>recht, Mitt. 1995, 1<br />

Dreyer EG-Marke im Mittelpunkt, MA, 1994, 83<br />

Droste, Helmut<br />

Auch mehr als 100 Jahre Deutsches Warenzeichenrecht, GRUR<br />

1977, 411<br />

Droste/Reimer,<br />

Zur Reform des <strong>deutschen</strong> Warenzeichengesetzes – Be<br />

Helmut/Dietrich<br />

richt über die Arbeit des Unterausschusses,<br />

“Warenzeichenrechtsreform“ des Fachausschusses für<br />

Wettbewerbs- <strong>und</strong> Warenzeichenrecht, GRUR 1974, 636<br />

Ebenroth/Parche,<br />

<strong>Marken</strong>aufspaltung <strong>und</strong> nationale <strong>Marken</strong>rechte im<br />

Carsten Thomas/Ulrich Spannungsverhältnis zum Gr<strong>und</strong>satz des freien Warenverkehrs,<br />

GRUR Int. 1989, 738


X<br />

Eichmann, Helmut<br />

Die dreidimensionale Marke im Verkehr vor dem DPA <strong>und</strong> dem<br />

BpatG, GRUR 1995, 184<br />

Eisenführ, Günther<br />

Schutzfähigkeit <strong>und</strong> Schutzumfang nach dem neuen <strong>Marken</strong>recht,<br />

in: Festschrift 100 Jahre <strong>Marken</strong>-Amt, S. 69, München 1995<br />

Eisenführ, Günther<br />

Begriff <strong>und</strong> Schutzfähigkeit von Marke <strong>und</strong> Ausstattung, in:<br />

Festschrift zum h<strong>und</strong>erjährigen Bestehen der Deutschen<br />

Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht <strong>und</strong><br />

ihrer Zeitschrift - Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht, S.<br />

765, Weinheim 1991<br />

Erdmann, Willi Schutz von Werbeslogans, GRUR 1996, 550<br />

Ernst-Moll, Jürgen Die berühmte <strong>und</strong> die bekannte Marke, GRUR 1993, 8<br />

Everling, Ulrich<br />

Probleme der Rechtsangleichung zur Verwirklichung des<br />

europäischen Binnenmarktes, in: Festschrift für Ernst Steindorff<br />

zum 70. Geburtstag, S. 1155, Berlin, New York 1990<br />

Everling, Ulrich<br />

Rechtsvereinheitlichung durch Richterrecht in der Europäischen<br />

Gemeinschaft, RabelsZ 1986, 193<br />

Everling, Ulrich<br />

ECLR: Zur Auslegung des durch EG-Richtlinien angeglichenen<br />

nationalen Rechts, ZGR 1992, 376<br />

Everling, Ulrich<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>und</strong> Gerichtshof der Europäischen<br />

Gemeinschaften nach dem Maastricht-Urteil, in: Gedächtnisschrift<br />

für Grabitz, S. 57 ,München 1995<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

Zur gemeinschaftlichen Integration nationaler <strong>Marken</strong>rechte, in<br />

Festschrift 25 Jahre B<strong>und</strong>espatentgericht,S. 405, Köln, Berlin,<br />

Bonn, München 1986<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

Entwicklungslinien im Recht des Benutzungszwangs für<br />

Warenzeichen, MA 1984, 76<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

<strong>Marken</strong>schutz durch Wettbewerbsrecht - Anmerkung zum<br />

Schutzumfang des subjektiven <strong>Marken</strong>schutzes, MA 1986, 26<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

Anmerkung zur EuGH-Entscheidung „CMC Motorradcenter<br />

GmbH“ v. 13.10.1993, JZ 1994, 623<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

Europäisierung des Wettbewerbsrechts -Gemeinschaftsrechtliche<br />

Grenzen im Recht des unlauteren Wettbewerbs - Kommentar zur<br />

jüngsten Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH zum<br />

Warenverkehrsrecht (Rechtssachen „Yves Rocher“, „Keck <strong>und</strong><br />

Mithouard“ <strong>und</strong> „Hünerm<strong>und</strong>“, JZ 1994, 317<br />

Fezer, Karl-Heinz Das <strong>Marken</strong>amt im Aufwind des Europäischen Binnenmarktes -<br />

Überlegungen zum <strong>Marken</strong>schutz in Europa nach dem Urteil des<br />

Europäischen Gerichtshofs zum 17. Oktober 90 - „ Hag II“, in<br />

Festschrift für Gaedertz, S. 153, München 1992<br />

Fezer, Karl-Heinz <strong>Marken</strong>schutz durch Wettbewerbsrecht, GRUR 1986, 485<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

Der wettbewerbliche Schutz der unternehmerischen Leistung, in:<br />

Festschrift zum h<strong>und</strong>erjährigen Bestehen der Deutschen<br />

Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht <strong>und</strong><br />

ihrer Zeitschrift - Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht, S.<br />

939, Weinheim 1991<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

Der Benutzungdzwang im <strong>Marken</strong>recht, Berlin 1974 (zitiert:<br />

Fezer, Benutzungszwang)<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

<strong>Marken</strong>rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in:<br />

Festschrift für Karlheinz Boujong, S. 123, München 1996<br />

Fezer, Karl-Heinz Anmerkung zum BGH-Urteil „KIM-Mohr“, BB 1975, 436<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

Die Nichtakzessorietät der Marke <strong>und</strong> ihre rechtliche Konnexität<br />

zu einem Unternehmen, in: Festschrift für Ralf Vieregge, S. 229,<br />

Berlin; New York 1995<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

<strong>Marken</strong>recht, 2. Aufl., München 1999 (zitiert: Fezer, <strong>Marken</strong>G)<br />

Fezer, Karl-Heinz<br />

<strong>Marken</strong>rechtliche Produktabgrenzung zwischen Ware <strong>und</strong><br />

Dienstleistung - Zur markenrechtlichen Produkteigenschaft von<br />

Leasing, Computersoftware <strong>und</strong> Franchising, GRUR Int. 1996,<br />

445


XI<br />

Fezer, Karl-Heinz Farbenschutz, <strong>Marken</strong>R 1999, 73<br />

Fezer, Karl-Heinz Olfaktorische, gustatorische <strong>und</strong> haptische <strong>Marken</strong>, WRP 1999,<br />

575<br />

Fischötter/Rheineck,<br />

Wiederholungszeichen <strong>und</strong> Benutzungszwang,<br />

Werner/Burkhard GRUR 1980, 379<br />

Forkel, Hans<br />

Der Franchisevertrag als Lizenz am Immaterialgut Unternehmen,<br />

ZHR (1989), 511<br />

Friedrich, Rudolf<br />

Freie Übertragbarkeit von Warenzeichen im Meinungsstreit, MA<br />

1956, 89<br />

Fritzsche, Jörg<br />

Darstellung <strong>und</strong> Erläuterung der EuGH-Entscheidung<br />

„quattro/Quadra“, WiB 1994, 83<br />

Füllkrug, Dieter Spekulationsmarken <strong>und</strong> ihre Lösung, WRP 1995, 378<br />

Füllkrug,Dieter<br />

Spekulationsmarke - Eröffnet der Wegfall des Geschäftsbetriebes<br />

die Möglichkeit, Formalrechte zu mißbrauchen?, GRUR 1994, 679<br />

Fuchs-Wissemann, Georg Tendenzen in der neueren markenrechtlichen Recht-sprechung des<br />

B<strong>und</strong>espatentgerichts, <strong>Marken</strong>R 1999, 183<br />

Gaedertz, Alfred-Carl Anmerkung zum BGH-Urteil „Shamrock III“, GRUR 1986, 78<br />

Gamm, Otto-Friedrich,v Zur Warenzeichenreform, WRP 1993, 793<br />

Gamm, Otto-Friedrich,v Neuere Rechtsprechung zum Wettbewerbs- <strong>und</strong><br />

Warenzeichenrecht, GRUR 1990, 313<br />

Gamm, Otto-Friedrich,v Warenzeichengesetz, München, Berlin 1965<br />

Gamm, Otto-Friedrich,v. Schwerpunkte des neuen <strong>Marken</strong>rechts - Referat anläßlich der<br />

GRUR-Jahrestagung am 3.6.1994, GRUR 1994, 775<br />

Gamm, Otto-Friedrich, v. Der zeichenrechtliche Benutzungszwang, GRUR 1980, 390<br />

Gamm, Otto-Friedrich, v. Rufausbeutung <strong>und</strong> Beinträchtigung bekannter <strong>Marken</strong> <strong>und</strong><br />

geschäftlicher Bezeichnungen, in: Festschrift für Hennig Piper, S.<br />

537, München 1996<br />

Gamm, Otto_Friedrich, v. Bestandsaufnahme zum Benutzungszwang im Warenzeichenrecht,<br />

GRUR 1977, 517<br />

Gamm, Otto-Friedrich, v. <strong>Marken</strong>benutzung <strong>und</strong> Benutzungszwang, in: Festschrift zum<br />

h<strong>und</strong>erjährigen Bestehen der Deutschen Vereinigung für<br />

Gewerblichen Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht <strong>und</strong> ihrer Zeitschrift<br />

- Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht, S. 801, Weinheim<br />

1991<br />

Geiger, Rudolf<br />

EG-Kommentar: Kommentar zu dem Vertrag zur Gründung der<br />

Europäischen Gemeinschaft, München 1995<br />

Gerstner/Goebel; Gr<strong>und</strong>rechtsschutz in Europa, Jura 1993, 626<br />

Stephan/Burkhart<br />

Giefers, Hans-Werner<br />

Gloy, Wolfgang<br />

Gloy, Wolfgang<br />

Die rechtserhaltende Benutzung der Marke in abgewandelter<br />

Form; Fortsetzung oder Ende von „Arthrexforte“, in: Festschrift<br />

für Ralf Vieregge, S. 267, Berlin; New York, 1995<br />

Zum Schutzumfang von <strong>Marken</strong> nach dem neuen <strong>Marken</strong>gesetz, in<br />

Festschrift für Rowedder, S. 77, München 1994<br />

Notwendigkeit <strong>und</strong> Grenzen der Harmonisierung des<br />

Warenzeichenrechts in der Europäischen Gemeinschaft, in:<br />

Festschrift für v. Gamm, Köln, Berlin, Bonn, München 1990<br />

Gloy/Loschelder Mitteilungen - Eingabe zur Änderung der §14 Abs. 3, 18<br />

Wolfgang/Michael Nr. 19 der <strong>Marken</strong>-Verordnung, GRUR 1996, 261<br />

Götting, Horst-Peter<br />

Die Entwicklung des <strong>Marken</strong>rechts vom Persönlichkeits- zum<br />

Immaterialgüterrecht, in: Festgabe für Friedrich-Karl Beier, S.<br />

233, Köln; Berlin; Bonn; München 1996<br />

Götz, Volkmar<br />

Europäische Gesetzgebung durch Richtlinien - Zusammenwirken<br />

von Gemeinschaft <strong>und</strong> Staat, NJW 1992, 1849<br />

Gotzen, Marcel<br />

Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> Gemeinsamer Markt, GRUR Int.<br />

1958, 224


XII<br />

Gotzen, Frank<br />

Gewerbliche Schutzrechte <strong>und</strong> Urheberrecht in der<br />

Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Art. 30 - 36<br />

des EWG-Vertrags, GRUR Int.1984, 146<br />

Grabitz, Eberhard<br />

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft; Kommentar zur<br />

Europäischen Union: Vertrag über die Europäische Union; Vertrag<br />

zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, München<br />

Grabrucker, Marianne Aus der Rechtsprechung des B<strong>und</strong>espatentgerichts im Jahr 1997,<br />

GRUR 1998, 625<br />

Groeben, Hans von der Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, Baden-Baden<br />

Groeben, Hans von der Rechtsangleichung auf dem Gebiet des gewerblichen<br />

Rechtsschutzes im Rahmen der Europäischen<br />

Wirtschaftsgemeinschaft, GRUR Int.1959,629<br />

Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, Baden-Baden 1997<br />

Hans von der/Jochen/<br />

Claus Dieter<br />

Gr<strong>und</strong>mann, Stephan<br />

Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen<br />

Gerichtshof, Konstanz 1997<br />

Grunewald, Barbara<br />

Der Schutz bekannter <strong>Marken</strong> vor dem Vertrieb branchenfremder<br />

Waren unter Benutzung übereinstimmender Zeichen, NJW 1987,<br />

105<br />

Haager, Christian Neuere Entwicklung im Franchising-Recht, WiB 1996, 377<br />

Häberle, Peter<br />

Gr<strong>und</strong>rechtsgeltung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>rechtsinterpretation im<br />

Verfassungsstaat, JZ 1989, 913<br />

Häberle, Peter Gemeineuropäisches Verfassungsrecht, EuGRZ 1991, 261<br />

Hackbarth, Ralf<br />

Gr<strong>und</strong>fragen des Benutzungszwangs im<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>recht, Köln, Berlin, Bonn, München1993<br />

Hackbarth, Ralf Anmerkung zur „Ideal Standard“-Entscheidung, EuZW 1994, 472<br />

Haneklaus, Winfried<br />

Direktwirkung von EG-Richtlinien zu Lasten einzelner?, DVBl.<br />

1993, 129<br />

Harmsen, Heinz<br />

Vorschläge für die Änderung von Verfahresvorschriften bei einer<br />

Großen Warenzeichenreform, in: Festschrift zum 10 jährigen<br />

Bestehen des BpatG, S. 117, Köln, Berlin, Bonn, München 1971<br />

Harmsen, Heinz Wiederholungszeichen, GRUR 1980, 401<br />

Harte-Bavendamm/<br />

Strategische Aspekte der Gemeinschaftsmarke,<br />

Bomhard,v.,<br />

Erwiderung auf Lindner/Schrell, Die Gemeinschaftsmarke<br />

Henning/Verena im Überblick (WRP 1996, 94 ff), WRP 1996, 534<br />

Hätty, Holger Der <strong>Marken</strong>transfer, Heidelberg 1989<br />

Hefermehl/Ipsen/<br />

Nationaler <strong>Marken</strong>schutz <strong>und</strong> freier Warenverkehr in der<br />

Schluep/Sieben Europäischen Gemeinschaft, München 1979<br />

Wolfgang/Hans Peter/<br />

(zitiert: Verfasser, H/I/Sch/I)<br />

Walter<br />

Heil, Gerhard<br />

Die Gemeinschaftsmarke für den <strong>deutschen</strong> Anmelder, in:<br />

Festschrift für Walter Oppenhoff, S. 127, München 1985<br />

Heil, Gerhard<br />

Benutzungszwang im <strong>Marken</strong>recht der Europäischen<br />

Gemeinschaft, in: Festschrift 25 Jahre B<strong>und</strong>espatentgericht, S.<br />

371, Köln, Berlin, Bonn, München 1986<br />

Heil, Gerhard Gemeinschaftsmarke: Der Sprung ins Ungewisse, MA 1987, 308<br />

Heil, Gerhard<br />

Zukunkftsperspektive: Wie wird der Prüfer beim <strong>Marken</strong>amt der<br />

Gemeinschaft entscheiden?, MA 1986, 56<br />

Heil, Gerhard Ein Jahr Benutzungszwang, GRUR 1974, 59<br />

Heil/Ströbele, Gerhard/Paul Die Einführung der Dienstleistungsmarke, GRUR 1979, 127<br />

Heller, Robert<br />

Der Zivilprozeß der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Köln,<br />

Berlin, Bonn, München 1989<br />

Helm, Horst Die bösgläubige <strong>Marken</strong>anmeldung, GRUR 1996, 593<br />

Henning-Bodewig/Kur, Marke <strong>und</strong> Verbraucher; Funktionen der Marke in der<br />

Frauke/Annette Marktwirtschaft, Band I Gr<strong>und</strong>lagen, Weinheim 1988


XIII<br />

Henning-Bodewig/Kur, Marke <strong>und</strong> Verbraucher; Funktion der Marke in der Markt<br />

Frauke/Annette wirtschaft, Band II Einzelprobleme, Weinheim 1989<br />

Herstatt, Johann<br />

Die Entwicklung von <strong>Marken</strong>namen im Rahmen der neuen<br />

Produktplanung, Mitt. 1986, 163<br />

Heydt, Ludwig<br />

Der Benutzungszwang in der Denkschrift der EG Kommission zur<br />

Schaffung einer EWG-Marke, GRUR Int. 1977, 47<br />

Heydt, Ludwig<br />

Benutzung <strong>und</strong> Benutzungszwang im europäischen<br />

Gemeinschaftsrecht- Stellungnahme zum Vorenwurf einer<br />

Verordnung über die Gemeinschaftsmarke der EG-Kommission -<br />

(Teil I), GRUR Int. 1978, 2<br />

Heydt, Ludwig<br />

Der Benutzungszwang im Vorentwurf eines Abkommens über ein<br />

europäisches <strong>Marken</strong>recht, GRUR Int. 1973, 540<br />

Heydt, Ludwig Europäische Marke für den Gemeinsamen Markt, MA 1974, 312<br />

Heydt, Ludwig Zur Funktion der Marke, GRUR Int. 1976, 339<br />

Heydt, Ludwig<br />

Benutzung <strong>und</strong> Benutzungszwang nach dem Vorabgesetz, in:<br />

Festschrift fur Wolfgang Hefermehl zum 65. Geburtstag, S. 61,<br />

Heidelberg 1971<br />

Heydt Anmerkung zum BGH-Urteil „BOUCHET“, GRUR 1975, 439<br />

Hilf, Meinhard<br />

Die Organistationsstruktur der Europäischen Gemeinschaften;<br />

Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen, Berlin,<br />

Heidelberg, New York 1982<br />

Hopt ECLR: Harmonisierung im europäischen Gesellschaftsrecht -<br />

Status quo, Probleme, Perspektiven ZGR 1992, 265<br />

Horn, Hans-Detlef<br />

„Gr<strong>und</strong>rechtsschutz in Deutschland“ - Die Hoheitsgewalt der<br />

Europäischen Gemeinschaften <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>rechte des<br />

Gr<strong>und</strong>gesetzes nach dem Maastricht-Urteil des<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts, DVBl 1995, 89<br />

Ingerl, Reinhard<br />

Der Regierungsentwurf zum neuen <strong>Marken</strong>gesetz:<br />

Zwischenstation auf dem Weg zum europäischen <strong>Marken</strong>recht,<br />

WiB 1994, 109<br />

Ingerl, Reinhard<br />

Umgehung des markenrechtlichen Benutzungszwangs durch<br />

Wiederholungszeichen?, Mitt. 1997, 391<br />

Ingerl, Reinhard Die Gemeinschaftsmarke, Stuttgart; Dreden 1996<br />

Ingerl/Rohnke,<br />

Die Umsetzung der <strong>Marken</strong>rechts-Richtlinie durch das<br />

Reinhard/ Christian deutsche <strong>Marken</strong>gesetz, NJW 1994, 1247<br />

Ingerl/Rohnke,<br />

<strong>Marken</strong>gesetz;Gesetz über den Schutz von <strong>Marken</strong> <strong>und</strong><br />

Reinhard/Christian sonstigen Kennzeichen, München 1998<br />

Ipsen, Hans Peter Zehn Glossen zum Maastricht-Urteil, EuR 1994, 1<br />

Jackermeier, Siegfried<br />

Die Löschungsklage im <strong>Marken</strong>recht, Köln, Berlin, Bonn,<br />

München 1981<br />

Jaeger-Lenz, Andrea Neues zum Farbenschutz, WRP 1999, 290<br />

Jarass, Hans D.<br />

Voraussetzungen der innerstaatlichen Wirkung der EG-Rechts,<br />

NJW 1990, 2420<br />

Jarass, Hans D.<br />

Richtlinienkonforme bwz. EG-rechtskonforme Auslegung<br />

nationalen Rechts, EuR 1991, 211<br />

Johannes, Hartmut<br />

Zum „Kaffee-Hag“-Urteil des Gerichtshofes der Europäischen<br />

Gemeinschaften, GRUR Int. 1975, 111<br />

Joliet, René<br />

<strong>Marken</strong>recht <strong>und</strong> freier Warenverkehr : Abkehr von Hag I, GRUR<br />

Int. 1991, 177<br />

Joliet, René<br />

Schutz nicht eingetragener Warenzeichen <strong>und</strong> Wahrung<br />

erworbener Rechte bei der Rechtsvereinheitlichung: Das Benelux-<br />

Beispiel, GRUR Int. 1976, 10<br />

Jonas, Kay-Uwe<br />

Rechtsprobleme der Vermarktung (Q 129): Bericht für die<br />

Deutsche Landesgruppe erstattet von Jonas, GRUR Int. 1995, 232<br />

Jordan, Götz<br />

Zum Rechtsmißbrauchseinwand im <strong>Marken</strong>recht, in: Festschrift<br />

für Hennig Piper, S. 563, München 1996


XIV<br />

Jsay, Hermann Die Selbständigkeit des Rechts an der Marke, GRUR 1929, 23<br />

Kapferer,Jean Noel Die Marke - Kapital des Unternehmens, Landsberg/Lech 1992<br />

Keller, Erhard<br />

Der Schutz eingetragener <strong>Marken</strong> gegen Rufausnutzung: nach<br />

deutschem <strong>und</strong> europäischen Recht, Baden-Baden 1994<br />

Kiethe/Groeschke,<br />

Die sittenwirdrige <strong>Marken</strong>anmeldung <strong>und</strong> die Rechts<br />

Kurt/Peer schutzmöglichkeit des § 1 UWG, WRP 1997, 269<br />

Klaka, Rainer<br />

Erschöpfung <strong>und</strong> Verwirkung im Licht des<br />

<strong>Marken</strong>rechtsreformgesetzes, GRUR 1994, 321<br />

Klaka, Rainer<br />

Vor- (Weiter-) Benutzung im Kennzeichenrecht, in: Festschrift für<br />

v. Gamm, S. 271, Köln, Berlin, Bonn, München 1990<br />

Klaka,Rainer Die <strong>Marken</strong>teilung, GRUR 1995, 713<br />

Klein, Eckart<br />

Gr<strong>und</strong>rechtsdogmatische <strong>und</strong> verfassungsprozessuale<br />

Überlegungen zur Maastricht-Entscheidung des<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts, in: Gedächtnisschrift für Grabitz,<br />

S.271, München 1995<br />

Knaak, Roland Kennzeichenrechte in der <strong>deutschen</strong> Einigung, GRUR Int. 1993,<br />

18<br />

Koch, Ulrich Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts in den Jahren 1987/88,<br />

NJW 1989, 2662<br />

Kohler, Josef Das Recht des <strong>Marken</strong>schutzes, Würzburg 1884<br />

Köhler, Helmut Individualwettbewerb <strong>und</strong> Gruppenwettbewerb, ZHR 146 (1982),<br />

580<br />

Kollhosser, Helmut Das Gr<strong>und</strong>buch - Funktion, Aufbau, Inhalt, JA 1984, 558<br />

König, Reimar<br />

Rechtserhaltende Benutzung durch funktionsgerechte Verwendung<br />

der Marke für Waren, Mitt. 1997, 18<br />

Kouker, Ludwig<br />

Reicht der Schutzzweck von Warenzeichen nur bis zur<br />

Kaufentscheidung?, WRP 1994, 444<br />

Kraft, Alfons Zeichenabwandlung <strong>und</strong> Benutzungszwang, GRUR Int. 1983, 531<br />

Kraft, Alfons<br />

Zum Erfordernis eines verstarkten gesetzlichen Schutzes der<br />

Marke, GRUR 1989, 79<br />

Kraft, Alfons<br />

Notwendigkeit <strong>und</strong> Chancen eines verstärkten Schutzes bekannter<br />

<strong>Marken</strong> im neuen WZG, MA 1991, 52<br />

Kraft, Alfons Interessenabwägung <strong>und</strong> gute Sitten im Wettbewerbsrecht, 1963<br />

Kraft, Alfons<br />

Notwendigkeit <strong>und</strong> Chancen eines verstärkten Schutzes bekannter<br />

<strong>Marken</strong>im neuen WZG, GRUR 1991, 339<br />

Kraft, A.<br />

Abwehransprüche nach dem <strong>deutschen</strong> Warenzeichenrecht <strong>und</strong> der<br />

internationale Warenverkehr, GRUR 1969, 120<br />

Kraft, A.<br />

Die warenzeichenrechtlichen Bestimmungen des Vorabgesetzes,<br />

GRUR 1968, 123<br />

Kraft, Alfons<br />

Die Stellung des Europäischen Gerichtshofs zum Warenzeichen im<br />

Lichte des Hag-Urteils, GRUR Int. 1975, 283<br />

Kraft, Alfons<br />

Die Stellung des Europäischen Gerichtshofs zum Warenzeichen im<br />

Lichte des Hag-Urteils, GRUR Int. 1975, 283<br />

Kretschmer<br />

Aktuelle Berichte: Ministerrat verabschiedet EG-<strong>Marken</strong>recht,<br />

GRUR 1994, 95<br />

Krieger, Albrecht<br />

Die künftige Entwicklung des <strong>Marken</strong>rechts; zugleich ein Beitrag<br />

zur europäischen Regelung, MA 1973, 262<br />

Krieger, Albrecht Das Warenzeichenrecht als Eigentumsrecht im Sinne des Art. 14<br />

GG, GRUR 1980, 335<br />

Krieger, Albrecht Europäisches <strong>Marken</strong>recht im Werden, GRUR Int. 1979, 279<br />

Krings, E. Ph.<br />

Rechtserhaltende Benutzung durch abgewandelte Zeichenformen,-<br />

Wohin steuert die Rechtsprechung?, GRUR 1980, 423<br />

Krings, Philipp Der Schutz von Buchstabenkennzeichen, WRP 1999, 50<br />

Kroitzsch, Hermann Rufausbeutung - § 1 UWG-Lizenz, GRUR 1986, 579<br />

Krüger-Nieland, Gerda Neue Beurteilungsmaßstäbe für die Verwechslungsgefahr im<br />

Warenzeichenrecht?, GRUR 1980, 425


XV<br />

Kunz-Hallstein, Hans Peter Die absolute Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb <strong>und</strong> ihre<br />

Aufhebung durch das Erstreckungsgesetz, GRUR 1993, 439<br />

Kunz-Hallstein, Hans Peter Perspektiven der Angleichung des nationalen <strong>Marken</strong>rechts in der<br />

EWG, GRUR Int. 1992, 81<br />

Kunz-Hallstein, Hans Peter Europäische Modernisierung des <strong>deutschen</strong> Warenzeichenrechts,<br />

GRUR Int. 1990, 747<br />

Kunz-Hallstein, Hans Peter Die Funktion der Marke nach europäischem <strong>und</strong> künftigem<br />

<strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>recht, in: Festschrift 100 Jahre <strong>Marken</strong>-Amt, S.<br />

147, München 1994<br />

Kunz-Hallstein, Hans Peter Ähnlichkeit <strong>und</strong> Verwechslungsgefahr - Überlegungen zur<br />

Auslegung des neuen <strong>Marken</strong>gesetzes, GRUR 1996, 6<br />

Kur, Annette<br />

Der wettbewerbliche Leistungsschutz; Gedanken zum<br />

wettbewerbsrechtlichen Schutz von Formgebung, bekannten<br />

<strong>Marken</strong> <strong>und</strong> „Characters“, GRUR 1990, 1<br />

Kur, Annette<br />

Formalschutz dreidimensionaler <strong>Marken</strong> - neue Aufgaben für die<br />

<strong>Marken</strong>abteilung des Deutschen Patenamts, in: Festschrift 100<br />

Jahre <strong>Marken</strong>-Amt, S. 175, München<br />

Kur, Annette<br />

Die notorisch bekannte Marke im Sinne von 6 bis PVÜ <strong>und</strong> die<br />

„bekannte Marke“ im Sinne der <strong>Marken</strong>richtlinie, GRUR 1994,<br />

330<br />

Kutscher,Hans<br />

Über den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft, EuR<br />

1981,392<br />

Larenz, Karl Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Berlin, Heidelberg 1995<br />

Laumer, Helmut<br />

Der <strong>Marken</strong>artikelvertrieb in den Ländern der europäischen<br />

Wirtschaftsgemeinschaft <strong>und</strong> seine Auswirkungen auf den<br />

Wettbewerb, Berlin; München, 1970<br />

Lecheler, Helmut<br />

Der Europäische Gerichtshof <strong>und</strong> die allgemeinen Gr<strong>und</strong>sätze,<br />

Berlin 1971<br />

Lehmann, Michael<br />

Wettbewerbs- <strong>und</strong> warenzeichenrechtliche Bemerkung zur<br />

Entscheidung des B<strong>und</strong>esgerichtshofs vom 6. Oktober 1983 -<br />

Verkauf unter Einstandspreis II, GRUR 1984, 313<br />

Lehmann, Michael<br />

Die wettbewerbswidrige Ausnutzung <strong>und</strong> Beeinträchtigung des<br />

guten Rufs bekannter <strong>Marken</strong>, Namen <strong>und</strong> Herkunftsangaben: Die<br />

Rechtslage in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, GRUR Int.1986,6<br />

Lehmann/Parche<br />

<strong>Marken</strong>aufspaltung <strong>und</strong> nationale <strong>Marken</strong>rechte im<br />

Spannungsfeld zum Gr<strong>und</strong>satz des freien Warenverkehrs GRUR<br />

Int. 1989, 738<br />

Leitherer, Eugen Die Entwicklung des <strong>Marken</strong>wesens, Nürnberg 1954<br />

Leitherer, Eugen Das <strong>Marken</strong>wesen der Zunftwirtschaft, MA 1956, 685<br />

Lenz, Carl Otto EG-Handbuch Recht im Binnenmarkt, Herne; Berlin 1994<br />

Lenz, Carl Otto<br />

Der europäische Gr<strong>und</strong>rechtsstandard in der Rechtsprechung des<br />

Europäischen Gerichtshofes, EuGRZ 1993, 585<br />

Lindacher, Walter Gr<strong>und</strong>fälle zur Haftung bei Personengesellschaften, JuS 1982, 592<br />

Lindacher, Walter Gr<strong>und</strong>fälle zur Haftung bei Personnengesellschaften, JuS 1981,431<br />

Lindner/Schrell Die Gemeinschaftsmarke im Überblick, WRP 1996, 94<br />

Michael/Andreas<br />

Llewelyn, David Angleichung des nationalen <strong>Marken</strong>rechts in der EWG -<br />

Vereinigtes Königreich, GRUR Int. 1992, 97<br />

Loewenheim, Ulrich<br />

Die berühmte Marke im europäischen Spannungsfeld,<br />

MA 1991, 238<br />

Loewenheim, Ulrich<br />

Warenzeichen <strong>und</strong> Wettbewerbsbeschränkung,<br />

Bad Homburg 1970 (zitiert: Warenzeichenrecht)<br />

Loewenheim<br />

<strong>Marken</strong>lizenz <strong>und</strong> Franchising (Q 116): Bericht für die Deutsche<br />

Landesgruppe, GRUR Int. 1994, 156<br />

Loewenheim, Ulrich<br />

Warenzeichen, freier Warenverkehr, Kartellrecht, in: Festschrift<br />

zum h<strong>und</strong>erjährigen Bestehen der Deutschen Vereinigung für<br />

Gewerblichen Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht <strong>und</strong> ihrer Zeitschrift


XVI<br />

- Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht, S. 1051,<br />

Weinheim 1991<br />

Lüder, Tilmann<br />

Die Angst vor der Verhältnismäßigkeitsprüfung bie der Abwägung<br />

zwischen nationalem <strong>Marken</strong>recht <strong>und</strong> der Freiheit des<br />

Warenverkehrs, EuZW 1995, 15<br />

Lutter, Marcus Die Auslegung angeglichenen Rechts, JZ 1992, 593<br />

Mack, Manfred Neuere Vertragssysteme in der BRD, Bielefeld 1975<br />

Magiera, Siegfried Die Rechtsakte der EG-Organe, Jura 1989, 595<br />

Mahnke, Lutz Das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, WM 1996, 1029<br />

Martinek, Michael Abzahlungsgesetz <strong>und</strong> Absatz<strong>mit</strong>tlungsverträge, ZIP 1986, 1440<br />

Martinek, Michael<br />

Franchising: Gr<strong>und</strong>lagen der zivil- <strong>und</strong> wettbewerbsrechtlichen<br />

Behandlung der vertikalen Gruppenkooperation beim Absatz von<br />

Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen, Heidelberg 1987 (zitiert: Martinek,<br />

Franchising)<br />

Martinek, Michael<br />

Moderne Vertragstypen: Franchising, Know-How-Verträge,<br />

Management- <strong>und</strong> Consultingverträge, München 1992 (zitiert:<br />

Martinek, Moderne Vertragstypen)<br />

Martino, Horst Dieter<br />

Auf dem Wege zur Gemeinschaftsmarke - Ein Zwischenbericht,<br />

WRP 1978, 92<br />

Marx, Claudius<br />

Deutsches <strong>und</strong> europäisches <strong>Marken</strong>recht: Handbuch für die<br />

Praxis, Neuwied; Kriftel; Berlin 1997<br />

Maurer, Hartmut Allgemeines Verwatlungsrecht, München 1997<br />

Mayer-Maly, Theo Was leisten die guten Sitten?, AcP 194 (1994), 105<br />

Meilicke, Wienand „Verschleierte“ Sacheinlage <strong>und</strong> EWG-Vertrag, DB 1990, 1173<br />

Meilicke/Graf v. Westphalen/ Partnerschaftsgesellschafftsgesetz<br />

Hoffmann/Lenz<br />

Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger<br />

Wienand/Friedrich/ Freier Berufe, München 1995<br />

Jürgen/Tobias<br />

Meister, Herbert Neues deutsches Zeichenrecht - eine Zwischenbilanz, MA 1990,<br />

525<br />

Meister, Herbert Die Marke zwischen den Gesetzen, GRUR 1994, 167<br />

Meister, Herbert<br />

Die Verteidigung von <strong>Marken</strong>. Eine Skizze zum neuen Recht,<br />

WRP 1995, 366<br />

Meister, Herbert Bemerkungen zum Entwurf des <strong>Marken</strong>gesetzes, MA 1993, 214<br />

Meister, Herbert Praktische Erfahrungen <strong>mit</strong> dem neuen <strong>Marken</strong>gesetz, WRP 1995,<br />

1005<br />

Mergel, Harald<br />

Die Rufausnutzung als Unlauterkeitstatbestand in der neueren<br />

Rechtsprechung des BGH - der wettbewerbsrechtlich verankerte<br />

Schutz „bekannter“ <strong>und</strong> „exclusiver“ Markne ine gangbarer Weg?,<br />

GRUR 1986, 646<br />

Mertens de Wilmars, Josse Die Funktion des Warenzeichens <strong>und</strong> die<br />

Gemeinschaftsrechtsprechung, GRUR Int. 1976, 93<br />

Meyer, Alfred Hagen<br />

Bemerkungen zur „Mars“-Entscheidung des EuGH, GRUR Int.<br />

1996,98<br />

Meyer, Andreas<br />

Das deutsche <strong>und</strong> französische <strong>Marken</strong>recht nach der Umsetzung<br />

der Ersten <strong>Marken</strong>richtlinie (RL 89/104/EWG), GRUR Int. 1996,<br />

592<br />

Meyer, Gert<br />

Anmerkung zu EuGH, RS 29/69, Slg. 1969, 49 – Stauder, DVBl<br />

1970, 614<br />

Michalski/Römermann, PartGG: Kommentar zum Partnerschaftsgesellschaftsge<br />

Lutz/Volker setz, Köln 1995<br />

Milczewski, Christine, v. Der gr<strong>und</strong>rechtliche Schutz des Eigentums im Europäischen<br />

Gemeinschaftsrecht, Frankfurt a.A. 1994<br />

Miosga, Willy Benutzungszwang für Warenzeichen, München 1972<br />

Miosga, Willy Territorialitätsprinzip <strong>und</strong> Europäisches <strong>Marken</strong>recht, MA 1963,<br />

39


XVII<br />

Miosga, Willy Aktuelle Zeichenprobleme, MA 1963, 507<br />

Mitscherlich, Hans<br />

Anmelde- <strong>und</strong> Widerspruchsverfahren vor dem Europäischen<br />

<strong>Marken</strong>amt, GRUR 1980, 638<br />

Mitscherlich, H.<br />

Verfahrensrechtliche Auswirkungen des Benutzungszwangs für<br />

Warenzeichen, in: Festschrift für Wendel, S. 70<br />

Moench, Christoph Reinheitsgebot für Bier; Zum Urteil des EuGH vom 12.3.1987,<br />

NJW 1987, 1109<br />

Möschel, Wernhard<br />

Anmerkung zur Entscheidung des EuGH-Entscheidung<br />

„Hünerm<strong>und</strong>“, NJW 1994, 781<br />

Möschel, Wernhard<br />

Schutz der Aufmachung <strong>und</strong> Maßnahme gleicher Wirkung nach<br />

Art. 30 EWG-Vertrag, RiW 1984, 524<br />

Moser v. Filseck, Richard <strong>Marken</strong>schutz <strong>und</strong> Europamarkt, MA 1957, 647<br />

Mühlendahl, v., Alexander Koexistenz <strong>und</strong> Einheitlichkeit im europaischen <strong>Marken</strong>recht,<br />

Überlegungen zur Berücksichtigung älterer Rechte im künftigen<br />

europäischen <strong>Marken</strong>recht für den Gemeinsamen Markt, GRUR<br />

Int. 1976, 27<br />

Mühlendahl, v., Alexander Konturen eines neuen duetschen <strong>Marken</strong>gesetzes - 38 Thesen, MA<br />

1992, 590<br />

Mühlendahl, v., Alexander Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt nach sechs<br />

Monaten, MA 1996, 529<br />

Mühlendahl, v., Alexander Gewerblicher Rechsschutz im vereinigten Deutschland - eine<br />

Zwischenbilanz, GRUR 1990, 719<br />

Mühlendahl, v., Alexander Das künftige <strong>Marken</strong>recht der Europäischen Gemeinschaft, GRUR<br />

Int. 1989, 353<br />

Mühlendahl, v., Alexander Deutsches <strong>Marken</strong>recht: Text <strong>und</strong> Materialien, München 1995<br />

Mühlendahl, v., Alexander Die Heilung einer wegen mangelnder Benutzung löschungreif<br />

gewordenen <strong>Marken</strong>eintragung im europäischen <strong>und</strong> im <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Marken</strong>recht, in: Festschrift für Vieregge, S. 641, Berlin, New<br />

York, 1995<br />

Mühlendahl, v. Alexander/ Die Gemeinschaftsmarke, München, 1998<br />

Ohlgart Dietrich<br />

Müller, Wolfgang<br />

Das Ankündigungsrecht des Zeicheninhabers im Lichte der<br />

Händlerwerbung, GRUR 1991, 274<br />

Müller-Michaelis, Wolfgang Die Informationsgesellschaft im Aufbruch: Perspektiven für<br />

Wachstum, Beschäftigung <strong>und</strong> Kommunikation, Frankfurt a.M.<br />

1996<br />

Münchener Kommentar Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch,<br />

Bd. 5 Schuldrecht - Besonderer Teil III (§§ 705-853), München,<br />

1997<br />

Münchener Kommentar Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd.<br />

1 Allgemeiner Teil (§§ 1-240), München 1993<br />

Nägele, Thomas<br />

Das konkrete Wettbewerbsverhältnis - Entwicklungen <strong>und</strong><br />

Ausblick, WRP 1996, 997<br />

Nahrendorf/Schäfer<br />

Wegmarkierungen: 50 Jahre Wirtschaftsgeschichte im<br />

Handelsblatt,<br />

Rainer/Waldemar Stuttgart 1996<br />

Nettesheim, Martin<br />

Auslegung <strong>und</strong> Fortbildung nationalen Rechts im Lichte des<br />

Gemeinschaftsrecht, AöR 119 (1994), 261<br />

Nieschlag/Dichtl/Hörschgen Marketing, Berlin 1997<br />

Robert/Erwin/Hans<br />

Nordemann, Wilhelm Mona Lisa als Marke, WRP 1997, 389<br />

Nordemann, Wilhelm Wettbewerbs- <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>recht, Baden-Baden 1996<br />

Oliver, Peter Wie wichtig ist das Urteil „Hag II“?, EuZW 1991, 274<br />

Oppenhoff, Walter Wandel der <strong>Marken</strong>konzeption?, GRUR Int. 1973, 433<br />

Osenberg, Ralph<br />

<strong>Marken</strong>schutz für urheberrechtlich gemeinfreie Werke, GRUR<br />

1996, 101


XVIII<br />

Oven, Uwe<br />

Zum nachgeschalteten Widerspruch in der <strong>Marken</strong>echtsreform,<br />

MA 1993, 500<br />

Over, Uwe<br />

Die neue Gemeinschaftsmarke - anmelden oder abwarten?, WRP<br />

1996, 274<br />

Pernice, Ingolf<br />

Gemeinschaftsverfassung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>rechtsschutz-Gr<strong>und</strong>lagen,<br />

Bestand <strong>und</strong> Perspektive, NJW 1990, 2409<br />

Pernice, Ingolf<br />

Einheit <strong>und</strong> Kooperation: Das Gemeinschaftsrecht im Lichte der<br />

Rechtsprechung von EuGH <strong>und</strong> nationalen Gerichten, in:<br />

Gedächtnisschrift für Grabitz, S. 523,<br />

Petschke, Matthias<br />

Die Warenverkehrsfreiheit in der neuesten Rechtsprechung des<br />

EuGH: Anmerkung zu den Urteilen - Keck <strong>und</strong> Hünerm<strong>und</strong>,<br />

EuZW 1994, 107<br />

Peukert,Wolfgang<br />

Der Schutz des Eigentums nach Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls<br />

zur Europäischen Menschenrechtskonvention, EuGRZ 1981,97<br />

Pietzcker,Rolf<br />

Zur rechtlichen Bedeutung der patentamtlichen Rollen für die<br />

gewerblichen Schutzrechte, GRUR 1973, 561<br />

Piper,Henning Der Schutz der bekannten <strong>Marken</strong>, GRUR 1996, 429<br />

Potacs,Michael<br />

Auslegung im öffentlichen Recht; Eine vergleichende<br />

Untersuchung der Auslegungspraxis des Europäischen<br />

Gerichtshofs <strong>und</strong> der österreichischen Gerichtshöfe des<br />

öffentlichen Rechts, Baden-Baden 1994<br />

Rabe, Hans-Jürgen Europäische Gesetzgebung - das unbekannte Wesen, NJW 1993, 1<br />

Raiser, Thomas<br />

Gesamthand <strong>und</strong> juristische Person im Lichte des neuen<br />

Umwandlungsrechts, AcP 194 (1994), 495<br />

Raßmann, Christian Verwechslungsgefahr <strong>und</strong> Schutzumfang im neuen <strong>Marken</strong>recht -<br />

ein völliger Neubeginn? GRUR 1997, 580<br />

Reimer, Eduard<br />

Für die Einführung der freien Übertragbarkeit der Marke im<br />

internationalen <strong>und</strong> im <strong>deutschen</strong> Warenzeichenrecht, GRUR<br />

1949, 181<br />

Reimer, Eduard<br />

Zur Frage der freien Verfügbarkeit (Übertragbarkeit <strong>und</strong><br />

Lizenzfähigkeit) der Marke, GRUR 1931, 11<br />

Rengeling, Hans-Werner Gr<strong>und</strong>rechtsschutz in der Europäischen Gemeinschaft:<br />

Bestandsaufnahme <strong>und</strong> Analyse der Rechtsprechung des<br />

Europäischen Gerichtshofs zum Schutz der Gr<strong>und</strong>rechte als<br />

allgemeine Rechtsgr<strong>und</strong>sätze, München 1993<br />

Ressler, Hellmuth<br />

Der Einwand der Nichtbenutzung eingetragener <strong>Marken</strong> im<br />

Zivilprozeß, GRUR 1995, 530<br />

Reuter, Dieter Neuere Rechtsprechung zum Personengesellschaftsrecht - Teil 2,<br />

JZ 1986, 72<br />

Riehle, Gerhard <strong>Marken</strong>recht <strong>und</strong> Parallelimport, Stuttgart 1968<br />

Rohnke, Christian Wie weit reicht „Dimple“?, GRUR 1991, 284<br />

Rößler, Bernd<br />

Die Ausnutzung der Wertschätzung bekannter <strong>Marken</strong> im neuen<br />

<strong>Marken</strong>recht, GRUR 1994, 559<br />

Röttger, Martin<br />

Ist die Änderung des Artikels 6 quater der P.V.Ü. wünschenswert?,<br />

GRUR 1949, 390<br />

Röttger, Martin Gedanken zur Schaffung einer EWG-Marke, GRUR Int. 1959, 329<br />

Ruban, Reinhild<br />

Beteiligungsfähigkeit <strong>und</strong> Klagebefugnis der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts im Steuerprozeß, in: Festschrift für Georg<br />

Döllerer, S. 515, Düsseldorf 1988<br />

Ruffert, Matthias<br />

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft als<br />

Verpflichtete der Gemeinschaftsgr<strong>und</strong>rechte, EuGRZ 1995, 518<br />

Ruijsenaars, Heijo Enrico Die Verwertung des Werbewerts bekannter <strong>Marken</strong> durch den<br />

<strong>Marken</strong>inhaber, Teil 1: Ein Vergleich zwischen Deutschland <strong>und</strong><br />

den Niederlanden, GRUR Int. 1988, 385<br />

Sack, Rolf<br />

Zeichenrechtliche Grenzen des Umpackens fremder Waren,<br />

GRUR 1997, 1


XIX<br />

Sack, Rolf Die rechtlichen Funktionen des Warenzeichens, GRUR 1972,<br />

402ff, 445ff<br />

Sack, Rolf Sonderschutz bekannter <strong>Marken</strong>, GRUR 1995, 81<br />

Sack, Rolf<br />

Der Benutzungszwang im internationalen <strong>Marken</strong>recht, in:<br />

Festschrift für Hennig Piper, S. 603, München 1996<br />

Sack, Rolf<br />

Die Erschöpfung von <strong>Marken</strong>rechten nach Europäischem Recht,<br />

RIW 1994, 897<br />

Sambuc, Thomas Rufausbeutung bei fehlender Warengleichartigkeit, GRUR 1983,<br />

533<br />

Sambuc, Thomas<br />

Das Freihaltebedürfnis an beschreibenden Angaben <strong>und</strong> der Ware<br />

selbst nach dem <strong>Marken</strong>gesetz, GRUR 1997, 403<br />

Schaeffer<br />

Mitteilung aus der Deutschen Vereinigung für gewerblichen<br />

Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht: Bezirksgruppe Nord, GRUR<br />

1994, 98<br />

Schaeffer, Michael<br />

Ausnutzung von bekannten <strong>Marken</strong> durch Branchenfremde,<br />

GRUR 1988, 509<br />

Schertz, Christian<br />

Merchandising: Rechtsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Rechtspraxis, München<br />

1997<br />

Scheunig, Dieter<br />

Rechtsprobleme bie der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts in<br />

der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, EuR 1985, 252<br />

Schluep, Walter Das <strong>Marken</strong>recht als subjektives Recht, Basel 1964<br />

Schmidt, Karsten Gesellschaftsrecht, Köln, Berlin, Bonn, München 1997<br />

Schmidt, Karsten<br />

Zur Vermögensordnung der Gesamthands-BGB-Gesellschaft, JZ<br />

1985, 909<br />

Schmidt, Karsten<br />

Die Freiberufliche Partnerschaft: Zum neuen Gesetz zur Schaffung<br />

von Partnerschaftsgesellschaften, NJW 1995, 1<br />

Schmieder, Hans-Heinrich Erste Erfahrungen <strong>mit</strong> dem neuen <strong>Marken</strong>gesetz, NJW 1997, 2908<br />

Schönfeld, Thomas<br />

Die Gemeinschaftsmarke als selbständiger Vermögensgegenstand<br />

eines Unternehmens - Eine rechtsdogmatische <strong>und</strong> ökonomische<br />

Analyse zur Property-Rights-Theorie, Baden-Baden 1994<br />

Schreiner, Rupert Die Dienstleistungsmarke, München 1983<br />

Schricker, Gerhard Rechtsfragen der Firmenlizenz, in: Festschrift für v. Gamm, S.<br />

289, Köln, Berlin Bonn, München 1990<br />

Schultze/Schwenn,<br />

Zur künftigen Behandlung der <strong>Marken</strong>parodie, WRP<br />

Hanno/Dirk 1997, 536<br />

Schulz, Andreas<br />

Warenzeichenbenutzung; Das Dilemma bei fehlender oder<br />

abgewandelter Benutzung eines Warenzeichens, insbesondere<br />

wegen des Problems „Wiederholungszeichen“, MA 1986, 146<br />

Schulze zur Wiesche, Jörg Inwieweit muß zur Erfüllung des Benutzungszwangs das<br />

tatsächlich benutzte <strong>mit</strong> dem eingetragenen Warenzeichen<br />

übereinstimmen?, GRUR 1970,166<br />

Schulze zur Wiesche, Jörg Anmerkung zum BGH-Urteil „SILVA“, GRUR 1978, 645<br />

Schwanhäusser, Hermann Kritische Gedanken zu „Arthrexforte“, GRUR 1982, 197<br />

Schwanhäusser, Hermann Entwicklung <strong>und</strong> zukünftige Gestaltung der EWG-Marke, WRP<br />

1984, 1<br />

Schwartz, Ivo<br />

Zur Politik der Europäischen Kommission auf eine Europa-Marke,<br />

GRUR Int. 1975, 71<br />

Schwartz, Gustav Freie Übertragbarkeit der Marke?, MA 1955, 147<br />

Schwarze, Jürgen<br />

Europäisches Verwaltungsrecht, Entstehung <strong>und</strong> Entwicklung im<br />

Rahmen der Europäischen Gemeinschaft, Baden-Baden 1988<br />

Schweer; Carl-Stephan Die erste <strong>Marken</strong>rechts-Richtlinie der Eurpaischen Gemeinschaft<br />

<strong>und</strong> der Rechtsschutz bekannter <strong>Marken</strong>; Baden-Baden 1992<br />

Schweikert, Heinrich <strong>Marken</strong>rechtliche Aspekte der Irreführung; Mitt. 1990, 1<br />

Schweitzer; Michael Staatsrecht III; Heidelberg 1997<br />

Schweitzer/Hummer<br />

Europarecht: das Rechtder Europäischen Unioin; das Recht der<br />

Europäischen Gemeinschaften (EGKS, EG, EAG) - <strong>mit</strong>


XX<br />

Schwerpunkt EG, Neuwied; Kriftel; Berlin 1996<br />

(Michael/Waldemar)<br />

Schwendemann, Ursula Wiederholungszeichen, Stuttgart 1987<br />

Schwendy, Klaus<br />

Warenzeichen oder Dienstleistungsmarke?, Zum Zeichenschutz<br />

für betriebsfremde Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen, GRUR 1984, 18<br />

Sefzig, Wulf-Rüdiger<br />

Warenzeichenübertragung ohne Geschäftsbetrieb vor dem 1. Mai<br />

1992 nach dem neuen Warenzeichengesetz (<strong>mit</strong> Korrekturen in<br />

GRUR 1994, 94), GRUR 1993, 711<br />

Seibert, Ulrich Die rechtsfähige Personengesellschaft, JZ 1996, 785<br />

Skaupy, Walther<br />

Franchising: Handbuch für die Betriebs- <strong>und</strong> Rechtspraxis,<br />

München 1995<br />

Skaupy, Walther<br />

Zu den Begriffen „Franchis“, „Franchisevereinbarungen“ <strong>und</strong><br />

„Franchising“, NJW 1992, 1785<br />

Skaupy, Walther Das „Franchising“ als zeitgerechte Vertriebskonzeption, DB 1982,<br />

2446<br />

Soergel,<br />

Bürgerliches Geetzbuch <strong>mit</strong> Einführungsgesetz <strong>und</strong> Nebengesetz,<br />

Band 4, Schuldrecht III (§§ 705 - 853), Stuttgart, Berlin, Köln,<br />

Mainz 1985<br />

Soliropoulos, Georgios Partnerschaftsgesellschaften: Haftung der Partner <strong>und</strong><br />

Haftungsbeschränkungswege, ZIP 1995, 1879<br />

Spengler, Albrecht<br />

Die Behandlung des gewerblichen Rechtsschutzes im Rahmen des<br />

EWG-Vertrags unter besonderer Berücksichtigung der Art. 85 ff<br />

im Verhältnis zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen,<br />

GRUR Int. 1958, 321<br />

Staudinger,J. von<br />

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Zweites Buch: Recht<br />

der Schuldverhältnisse §§ 652-740, Berlin 1991<br />

Stein/Jonas Kommentar zur Zivilprozeßordnung; Bd. 1. §§ 1-90,<br />

Friedrich/Martin Tübingen 1993<br />

Streinz, Rudolf Europarecht, 4. Völlig neubearb. Aufl., 1999<br />

Ströbele, Paul<br />

Praktische Erfahrungen <strong>mit</strong> dem neuen Zeichenschutz für<br />

Dienstleistungsmarken, GRUR 1981, 771<br />

Stumppf/Groß, Der Lizenzvertrag, Heidelberg 1998<br />

Herbert/Michael<br />

Teplitzky, Otto<br />

Kombinationen beschreibender Buchstaben als <strong>Marken</strong> für<br />

Kraftfahrzeuge <strong>und</strong> deren Bestandteile, WRP 1999, 461<br />

Tetzner, Volkmar Die Leerübertragung von Warenzeichen, München 1962<br />

Tetzner, Heinrich Neue <strong>Marken</strong>formen, GRUR 1951, 66<br />

Thiel, Jürgen Michael<br />

Europa 1992: Gr<strong>und</strong>rechtlicher Eigentumsschutz im EG-Recht,<br />

JuS 1991, 274<br />

Thoens, G.<br />

Von den Nebenfunktionen eines Warenzeichens <strong>und</strong> deren<br />

Bedeutung im Prüfungsverfahren des Reichpatentamts, GRUR<br />

1935, 343<br />

Tilmann, Winfried<br />

Die Rspr. des Europäischen Gerichtshofs <strong>und</strong> ihre Auswirkungen<br />

auf das künftige EG-<strong>Marken</strong>recht, GRUR 1977, 446<br />

Tilmann, Winfried Das neue <strong>Marken</strong>recht <strong>und</strong> die Herkunftsfunktion, ZHR 158<br />

(1994), 371<br />

Timm, Wolfram<br />

Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts <strong>und</strong> ihre<br />

Haftungsverfassung, NJW 1995, 3209<br />

Toni, Anne<br />

Merchandising <strong>und</strong> berühmte Marke in Italien - Eine Schwächung<br />

der Herkunftsfunktion, GRUR Int. 1990, 929<br />

Traub, Fritz<br />

Die Bindung der Marke <strong>und</strong> Firma an den Geschäftsbetrieb,<br />

Diskrepanzen zwischen der unterschiedlichen Behandlung von<br />

Marke <strong>und</strong> Firma, in: Festschrift für Reinhold Trinkner; S. 431,<br />

Heidelberg 1995<br />

Traub, Fritz<br />

Der Schutz von Werbeslogans im gewerblichen Rechtsschutz,<br />

GRUR 1973, 186


XXI<br />

Trentini, v., Friderun<br />

Organisatorische Auswirkungen der <strong>Marken</strong>rechtsreform unter<br />

Einbeziehung moderner Datenverarbeitungswege, Mitt. 1995, 42<br />

Troller, Alois<br />

Zur Vereinheitlichung oder Angleichung des <strong>Marken</strong>rechts in den<br />

Mitgliedstaaten des Europarats, GRUR Int. 1980, 723<br />

Ubertazzi, Luigi Carlo<br />

Bemerkungen zum Benutzungszwang der Gemeinschaftsmarke,<br />

GRUR Int. 1995, 474<br />

Ullmann, Eike<br />

Die Verwendung von Marke, Geschäftsbezeichnung <strong>und</strong> Firma im<br />

geschäftlichen Verkehr, insbesondere des Franchising, NJW 1994,<br />

1255<br />

Ullmann, Eike Die Schnittmenge von Franchise <strong>und</strong> Lizenz, CR 1991, 193<br />

Vanzetti, Adriano Funktion <strong>und</strong> Rechtnatur der Marke, GRUR Int. 1965, 128 ff, 185<br />

ff<br />

Viefhues, Martin Geruchsmarken als neue <strong>Marken</strong>form, <strong>Marken</strong>R 1999, 249<br />

Vierheilig, Wilfried „Ernsthaft Verletzungsgefahr“, GRUR Int. 1982, 506<br />

Vierheilig, Wilfried Sittenwidrige Annäherung an fremde Kennzeichen, GRUR 1977,<br />

704<br />

Vogt,Stefan Das <strong>Marken</strong>rechtsänderungsgesetz, NJW 1996, 2776<br />

Wadle, Elmar Fabrikzeichenschutz <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>recht, Band 1 Entfaltung, 1977<br />

Wadle, Elmar<br />

Die Abr<strong>und</strong>ung des <strong>deutschen</strong> Urheberrechts im Jahre 1876, JuS<br />

1976, 771<br />

Wagner, Franz<br />

Übertragung einer Marke nach Übergang des Geschäftsbetriebs<br />

gemäß § 27 Abs. 2 <strong>Marken</strong>gesetz, WiB 1996, 838<br />

Wang, Mario<br />

Die Funktionsweise des Franchising im Gastgewerbe <strong>und</strong> in der<br />

Hotellerie, in: Neue Vertragsformen der Wirtschaft: Leasing,<br />

Factoring, Franchising, S. 335, Bern; Stuttgart 1992<br />

Weber, Ralph<br />

Einige Gedanken zur Konkretisierung von Generalklauseln durch<br />

Fallgruppen, AcP 192 (1992), 516<br />

Werth, van der A. Zur Frage der Übertragbarkeit von Warenzeichen, GRUR 1949,<br />

320<br />

Wessels, Heinz<br />

Nochmals: Das Verbot der „firmenähnlichen<br />

Geschäftsbezeichnung“: geltendes Handelsrecht oder<br />

gesetzwirdrige Erfindung?, DB 1987, 1673<br />

Wiedemann, Herbert<br />

Zur Selbständigkeit der BGB-Gesellschaft, in: Festschrift für<br />

Alfred Kellermann zum 70. Geburtstag, S. 528, Berlin, New York<br />

1991<br />

Wiedemann, Herbert<br />

Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaft zu Dritten, WM<br />

Sonderbeilage Nr. 4 1994, 3<br />

Will, Stefanie<br />

Der <strong>Marken</strong>schutz nach § 14 <strong>Marken</strong>gessetz: eine Untersuchung<br />

zum neuen <strong>Marken</strong>recht nach der Umsetzung der Ersten Richtlinie<br />

des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Angleichung der<br />

Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marke<br />

(89/104/EWG), Baden-Baden 1996<br />

Winkler, Matthias Unzulässige Erweiterung im <strong>Marken</strong>recht, GRUR 1990, 73<br />

Winkler, Matthias<br />

Das Widerspruchsverfahren nach dem neuen <strong>Marken</strong>recht, GRUR<br />

1994, 569<br />

Winkler, Matthias<br />

Erfahrungen des DPA <strong>mit</strong> dem erweiterten <strong>Marken</strong>begriff, MA<br />

1996, 516<br />

Winter, Franz<br />

Modifizierte Kollisionslösung im <strong>deutschen</strong> Warenzeichenrecht<br />

zur Vermeidung wirtschaftlich nicht erforderlicher<br />

Verbietungsrechte, GRUR 1977, 467<br />

Wittenzellner, Ursula<br />

Schutzfähigkeit von Farben als <strong>Marken</strong> nach dem neuen<br />

<strong>Marken</strong>gesetz, in: Festgabe für Friedrich-Karl Beier zum 70.<br />

Geburtstag, S.333, Köln; Berlin; Bonn; München 1996<br />

Wittkowsky, Ralf<br />

Das Maastricht-Urteil des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts vom<br />

12.10.1993 als „Solange III“-Entscheidung?, BayVBl 1994, 359<br />

Würtenberger, Gert<br />

Das Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 177 EG-Vertrag im<br />

<strong>Marken</strong>anmelde- <strong>und</strong> verletzungsverfahren, Mitt. 1996, 33


XXII<br />

Zeug, Andre<br />

Die Konzenmarke - eine ökonomische, warenzeichenrechtliche<br />

<strong>und</strong> steuerrechtliche Analyse, München 1988<br />

Zimmer, Daniel<br />

Natinonales Warenzeichenrecht versus EG-Warenverkehrsfreiheit:<br />

Das Problem kollidierender Schutzrechte nach dem HAG II-Urteil<br />

des Europäischen Gerichtshofs, NJW 1991, 3057<br />

Zöllner, Wolfgang<br />

Rechtssubjektivität von Personengesellschaften?, in: Festschrift für<br />

Joachim Gernhuber zum 70. Geburtstag, S.563, Tübingen 1993<br />

Zuleeg, Manfred Die Auslegung des europäischen Gemeinschaftsrecht, EuR 1969,<br />

97<br />

Zwernemann, Dieter Der Name der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, BB 1987, 774


1<br />

A. Einleitung<br />

I. Gegenstand <strong>und</strong> Problematik<br />

Eine neue zeichenrechtliche Ära hat <strong>mit</strong> Inkrafttreten der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

1 <strong>und</strong> dem <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz 2 begonnen. Die völlig<br />

neubegründete <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ermöglicht es zum ersten Mal, durch<br />

eine Eintragung in einem Register einen einheitlichen gesamteuropäischen<br />

<strong>Marken</strong>schutz zu erhalten. Aber neben dem gesamteuropäischen Schutz gibt es weiterhin<br />

die Möglichkeit, auch nur einen national begrenzten Schutzbereich durch die Eintragung<br />

einer nationalen Marke zu wählen. Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung steht folglich<br />

neben den nationalen <strong>Marken</strong>rechten <strong>und</strong> verdrängt sie nicht. Da<strong>mit</strong> europäische <strong>und</strong><br />

nationale <strong>Marken</strong>regelungen harmonisch nebeneinander bestehen können, wurden die<br />

nationalen <strong>Marken</strong>gesetze durch die Erste Richtlinie des Rates zur Angleichung der<br />

Rechtsvorschriften über die <strong>Marken</strong> 3 angepaßt, was wiederum zur Folge hatte, daß die<br />

beiden <strong>Marken</strong>rechte in großen Teilen übereinstimmen.<br />

Eine ganz wichtige Übereinstimmung dieser beiden <strong>Marken</strong>rechte liegt im Verzicht auf<br />

das Akzessorietätsprinzip, <strong>mit</strong> der Folge der nahezu völligen Loslösung der Marke von<br />

dem Geschäftsbetrieb. Für das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz bedeutet dies einen<br />

tiefeingreifenden Einschnitt in die markenrechtliche Tradition - wurde doch das im alten<br />

Warenzeichengesetz festverankerte Akzessorietätsprinzip von der Rechtsprechung sogar<br />

zum „ordre public“ erhoben 4 . Zwar wurde <strong>mit</strong> dem Erstreckungsgesetz im Jahre 1992<br />

bereits die freie Übertragbarkeit der Marke im <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz zugelassen, doch<br />

wurde die Akzessorietät von Marke <strong>und</strong> Geschäftsbetrieb bei der Eintragung nicht<br />

aufgehoben, vielmehr blieb der Geschäftsbetrieb Eintragungsvoraussetzung für das<br />

Zeichen. Die aktuelle Form der Abkopplung der Marke vom Geschäftsbetrieb umfaßt<br />

auch diese Eintragungsvoraussetzung, eine für das deutsche <strong>Marken</strong>recht bislang völlig<br />

fremde Lockerung der Marke von dem Geschäftsbetrieb. Es bedarf so<strong>mit</strong> auf dem Gebiet<br />

des <strong>Marken</strong>rechts einer vollkommenen Neuorientierung.<br />

Mit der Preisgabe des Akzessorietätsprinzips verbindet sich die interessante Frage, ob<br />

nun ein reiner <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> rechtlich zulässig ist, indem sich einzelne Personen oder<br />

Personengruppen, die keinen eigenen Geschäftsbetrieb innehaben, keine rechtlichen<br />

Beziehungen zu einem Unternehmen aufweisen können <strong>und</strong> auch keine diesbezüglichen<br />

Bestrebungen haben, gezielt <strong>Marken</strong> eintragen lassen <strong>mit</strong> dem Bewußtsein, sie selbst<br />

nicht irgendwann einmal für eigene Produkte oder Dienstleistungen einsetzen zu wollen,<br />

sondern allein, um sie später an interessierte Unternehmer zu veräußern. Diese bislang<br />

1 Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke vom 20.10.1993, ABl. EG Nr. L 11, S. S. 1 ff,<br />

= Bl. f. PMZ 1994, 192, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 3288/94 (2) vom 22.10.1994, ABl. EG Nr. L<br />

349. S. 83 f, deren Artikel <strong>mit</strong> der Abkürzung GemMVO gekennzeichnet werden.<br />

2 <strong>Marken</strong>gesetz vom 25. Oktober 1994, in Kraft getreten am 1.1.1995, BGBl. I 1994, 3082, berichtigt in BGBl. I<br />

1995, 156 <strong>und</strong> nachgebessert durch das am 19.7.1996 verkündete <strong>und</strong> am 20.7.1996 in Kraft getretene „<strong>Marken</strong>rechtsänderungsgesetz<br />

1996“, BGBl. I 1996, 1014, dessen Paragraphen <strong>mit</strong> der Abkürzung <strong>Marken</strong>G<br />

gekennzeichnet werden.<br />

3 Richtlinie (89/104/EWG) vom 11.2.1988, ABl. EG Nr. L 40, S. 1 = GRUR Int. 1989, 294 ff, die im folgenden nur<br />

Richtlinie genannt wird.<br />

4 Zuletzt in der Entscheidung BGH v. 24.10.1991, GRUR 1992, 106 - Barbarossa


2<br />

wenig diskutierte Fragestellung wird im Schrifttum vereinzelt provokant <strong>mit</strong> dem<br />

Schlagwort „Spekulationsmarke“ oder „Hausfrauenmarke“ 5 umschrieben <strong>und</strong> läßt die<br />

negative Einstellung der Autoren gegenüber einem reinen <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> leicht<br />

erkennen. Dieser nicht nur rein theoretisch interessante, sondern auch tatsächlich<br />

relevante Problemkreis gewann besonders durch den Streit um die Mercedes-E-Klasse,<br />

über den schon weit im Vorfeld einer gerichtlichen Klärung in der Tagespresse<br />

ausführlich berichtet wurde 6 , an Brisanz <strong>und</strong> Aktualität. Die vorliegende Arbeit will<br />

dieser Frage nun näher nachgehen.<br />

II. Rechtstatsächlicher Hintergr<strong>und</strong><br />

Die Bedeutsamkeit der Marke für einem Unternehmen hat sich im Laufe der Zeit stark<br />

gewandelt. Wurde die Marke anfänglich nur als ein Zeichen zur reinen Herkunftsangabe<br />

verwendet, so kommt ihr heute eine viel umfangreichere Aufgabe zu. Die heutige<br />

Herstellung subsituierbarer Güter verschiedener Unternehmen, die Globalisierung der<br />

Märkte, die Sättigungserscheinungen im Markt <strong>und</strong> der sich immer stärker verkürzende<br />

Produktionszyklus bedingen, daß die Marke nun unterschiedliche Kriterien skizziert, sie<br />

ver<strong>mit</strong>telt den Konsumenten nicht mehr nur die Herkunft, sondern auch die Qualität, ein<br />

bestimmtes Image oder eine Produktphilosophie. Diese Umstände haben dazu geführt,<br />

daß die Marke ein immer wichtigeres Kapital des Unternehmens wurde 7 . Die<br />

Kennzeichnung ist deshalb, insbesondere im Bereich der Konsumgüterindustrie, zu<br />

einem sehr wichtigen Marketingfaktor geworden 8 . Dieses Faktum rückt auch die<br />

Problematik der wirtschaftlichen <strong>und</strong> steuerrechtlichen Bewertung der Marke immer<br />

mehr in den Vordergr<strong>und</strong>, auf die in dieser Arbeit allerdings nicht eingegangen werden<br />

kann 9 .<br />

Die immense wirtschaftliche Relevanz der Marke <strong>und</strong> ihre komplexe Struktur als<br />

Erkennungs- <strong>und</strong> Individualisierungszeichen bewirken, daß die Entwicklung eines<br />

<strong>Marken</strong>names kein leichtes Unterfangen ist. Für eine operationale Namensbildung sind<br />

ein <strong>Marken</strong>portfolio, das die Positionierung der zu kennzeichnenden Produkte genau<br />

analysiert, <strong>und</strong> juristisches, psychologisches sowie soziologisches Verständnis geboten 10 .<br />

Die konkrete Kenntnis des zu kennzeichenden Produkts <strong>und</strong> des produzierenden<br />

Unternehmens ist da<strong>mit</strong> eigentlich eine elementare Gr<strong>und</strong>lage zur Formierung eines<br />

guten, aussagekräftigen <strong>und</strong> überzeugenden <strong>Marken</strong>namens. An einem solchen<br />

Ausgangspunkt mangelt es aber bei der Gestaltung von <strong>Marken</strong> für den hier näher zu<br />

untersuchenden <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>, da die <strong>Marken</strong> mangels konkreten Auftrages gerade<br />

nicht für ein spezielles Produkt eines Unternehmens konzipiert werden, sondern lediglich<br />

5 So überschreibt Füllkrug seinen diesbezüglichen Aufsatz allein <strong>mit</strong> „Spekulationsmarken“, GRUR 1994, 679 ff.<br />

6 Vgl. FAZ vom 30.12.1995, S. 15, Süddeutsche Zeitung vom 30.12.1995, S.4; LG Frankfurt, Urt. v. 19.6.1996, MA<br />

1996, 439 ff; OLG Frankfurt, Urt. v. 9.10.1997, WRP 1997, 1208 ff.<br />

7 Vgl. dazu den Artikel „Kraft des Namens“ in Wirtschaftswoche Nr. 47/18.11.1999.<br />

8 Vgl. dazu Kapferer, S. 9 ff; als plakatives Beispiel der letzten Zeit sei nur auf die Marke „Bruno Banani“<br />

verwiesen, dazu der Artikel in der FAZ v. 12.2.1997, S. 19.<br />

9 Siehe hierzu die zahlreichen Literaturangaben bei Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 27, D. <strong>Marken</strong>bewertung, vor Rn. 59.<br />

10 Vgl. die ausführliche Darstellung der Problematik der Namensfindung von Herstatt, Mitt. 1986, 163 ff, eine<br />

Zusammenfassung seiner Dissertation: Die Entwicklung von <strong>Marken</strong>namen im Rahmen der Neuproduktion,<br />

Frankfurt/Main, Bern, New York, 1985.


3<br />

auf eine bestimmte Waren- oder Dienstleistungsgruppe ausgerichtet sind. Dieser Aspekt<br />

erschwert zwar die effektive Kreation von <strong>Marken</strong> für einen späteren lukrativen Handel,<br />

macht die Kreation für sich aber keineswegs von vorneherein unmöglich, denn auch<br />

schöpferische, phantasievolle, überzeugende <strong>und</strong> durchsetzungsfähige <strong>Marken</strong>namen<br />

sind unter diesem Umstand erreichbar. Der Aufbau einer Basis für den später<br />

beabsichtigten <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> ist so<strong>mit</strong> kein leichtes <strong>und</strong> risikoloses, für jedermann zu<br />

bewerkstelligendes Vorhaben.<br />

Der Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> entspricht auch dem heutigen Bedürfnis der Wirtschaft.<br />

Angesichts der komplexen Struktur von <strong>Marken</strong> überlassen Unternehmen die Gestaltung<br />

der Marke nicht selten Fachleuten. Insbesondere kleinere Betriebe haben Interesse an<br />

neukreierten <strong>und</strong> bereits rechtlich abgesicherten <strong>Marken</strong>. Das Interesse an bereits<br />

eingetragenen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> die diesbezügliche Kaufnachfrage sind kein Phänomen erst<br />

der letzten Jahre. In der Praxis wurden auch schon zur Zeit der strengen Akzessorietät<br />

der Marke an den Geschäftsbetrieb zahlreiche Veräußerungen von <strong>Marken</strong> ohne den<br />

dazugehörigen Geschäftsbetrieb, sogenannte Leerübertragungen 11 , widerrechtlich<br />

realisiert, <strong>und</strong> die erwerbenden Unternehmen gingen bewußt in Abwägung der sonstigen<br />

Vorteile das wirtschaftliche Risiko ein, keine rechtlich gesicherte Position zu erlangen 12 .<br />

III. Ziele der Arbeit<br />

Mit dieser Arbeit soll untersucht werden, inwieweit nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> dem <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz der Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> für<br />

Nichtgewerbetreibende auf der europäischen wie auf der nationalen Ebene rechtlich<br />

zulässig ist. Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es zunächst der genauen Prüfung der<br />

Reichweite <strong>und</strong> der Auswirkung der Aufgabe des Akzessorietätsprinzips, des<br />

Personenkreises, der berechtigt ist, sich <strong>Marken</strong> eintragen zu lassen <strong>und</strong> der rechtlichen<br />

Möglichkeiten <strong>und</strong> Konsequenzen, die sich aus der Eintragung für den <strong>Marken</strong>inhaber<br />

ergeben können. Zur abschließenden Er<strong>mit</strong>tlung dieses Fragenkomplexes müssen die für<br />

den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> bestehenden zeichenrechtlichen <strong>und</strong> wettbewerbsrechtlichen<br />

11 Vgl. Tetzner, S. 1 <strong>und</strong> Traub, Festschrift für Trinker, S. 431 <strong>mit</strong> Fn. 1 <strong>mit</strong> ihren trefflichen Anmerkungen zu der<br />

mißverständlichen Verwendung des Begriffs der Leerübertragung auch für die schon nach dem<br />

Warenzeichengesetz zulässigen „Zeichenübertragungen“ in dem Sinne, daß der Erwerber das Zeichen für sich<br />

erneut anmeldet <strong>und</strong> der Veräußerer daraufhin seins löschen läßt; so<strong>mit</strong> findet letztendlich keine richtige<br />

Übertragung statt, denn der Erwerber tritt nicht in die Prioritätsstellung des Veräußerers ein.<br />

12 Vgl. Sefzig, GRUR 1993, 711, 712, der gleichzeitig die berechtigte Vermutung aufstellt, daß die meisten dieser<br />

rechtlich eigentlich unzulässigen Übertragungen ohne Geschäftsbetrieb für den Erwerber die beabsichtigten<br />

Resultate gebracht haben, da sie meistens für den außenstehenden Geschäftsverkehr nicht nachweisbar waren;<br />

dazu auch Oppenhoff, GRUR Int. 1973, 433, 434.


4<br />

Schranken inhaltlich ausführlich erörtert werden, um so die Grenze zwischen zulässigem<br />

<strong>und</strong> mißbräuchlichem <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> ziehen zu können.


5<br />

B. Gr<strong>und</strong>lagen des <strong>Marken</strong>rechts<br />

I. Die Verordnung der EU über die Europäische Marke<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ist vor inzwischen gut sehs Jahren in Kraft<br />

getreten 13 . Für eine völlig neue rechtliche Kreation, wie sie die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

abgibt, ist dies aber noch kein so langer <strong>und</strong> ausreichender Zeitraum,<br />

zumal das <strong>Marken</strong>amt erst im Januar 1996 seine Tätigkeit aufnahm <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>anmeldungen<br />

entgegennahm, <strong>mit</strong> deren Eintragung wiederum erst ab dem 1. April 1996<br />

begonnen wurde, <strong>und</strong> so der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung erst zwei Jahre nach<br />

ihrem formellen Inkrafttreten praktisches Leben eingehaucht wurde. Die vorliegende<br />

Untersuchung kann sich deshalb nicht vorwiegend auf die seit dem Inkrafttreten<br />

gemachten Erfahrungswerte, angestellte Überlegungen <strong>und</strong> Stellungnahmen sowie die<br />

dazu rar ergangene Rechtsprechung beschränken. Eine umfassende Analyse erfordert<br />

vielmehr auch die Berücksichtigung der Erklärungen, Standpunkte <strong>und</strong> Kritiken während<br />

der sehr langen Entwicklungsphase der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, die sich<br />

immerhin über 30 Jahre hinzog. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e ist auch heute noch eine kursorische<br />

Darstellung der Entwicklungsarbeiten an der Gemeinschaftsmarke relevant.<br />

1. Historische Entwicklung des europäischen <strong>Marken</strong>rechts<br />

Die Idee zur Schaffung einer Gemeinschaftsmarke entstand schon 1958, folglich kurz<br />

nach Inkrafttreten des Rom-Vertrages 14 . Bereits im April 1964 beendete die Arbeitsgruppe<br />

„<strong>Marken</strong>“, die erst drei Jahre zuvor 1961 gebildet wurde, ihren Vorentwurf eines<br />

Übereinkommens über ein europäisches <strong>Marken</strong>recht. Der Vorentwurf wurde zunächst<br />

nicht veröffentlicht. Die bisdahin anfänglich so euphorisch vorangetriebenen Arbeiten an<br />

der EWG-Marke standen vielmehr nun erstmal knapp 10 Jahre still 15 .<br />

Erst im Jahre 1973 wurden die Arbeiten an der Gemeinschaftsmarke wiederaufgenommen.<br />

Zunächst wurde der Vorentwurf von 1964 in unveränderter Form von der<br />

Kommission veröffentlicht 16 , um Stellungnahmen interessierter Kreise zu erhalten 17 , die<br />

auch zahlreich eingingen. Im September 1974 wurde dann erneut eine Arbeitsgruppe von<br />

der Kommission eingesetzt. Sie paßte den Vorentwurf von 1964 den zwischenzeitlich<br />

13 Gemäß Art. 143 GemMVO ist die Verordnung am 60. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt rechtsgültigdies<br />

geschah am 10.01.1994 vgl. Fn.1 -, so<strong>mit</strong> trat sie am 15.03.1994 in Kraft.<br />

14 Einer der ersten Hinweise auf die Notwendigkeit einer Gemeinschaftsmarke kam von Moser v. Filseck,<br />

<strong>Marken</strong>schutz <strong>und</strong> Europamarkt, MA 1957, 647 ff, aber auch Bodenhausen, GRUR Int. 1958, 218 ff; Röttger,<br />

GRUR Int. 1959, 329 ff; Gotzen, GRUR Int. 1958, 224; Spengler GRUR Int. 1958, 321; von der Groeben, GRUR<br />

Int. 1959, 629 ff beschäftigten sich schon früh <strong>mit</strong> diesem Thema.<br />

15 Für diese Ruhephase werden unterschiedliche Erklärungen gegeben: Nach Krieger lag die Ursache im Veto von<br />

General de Gaulle gegen den britischen Beitritt zur EU <strong>und</strong> insbesondere der niederländischen Gegenreaktion<br />

hierauf ; vgl. Krieger, GRUR Int. 1979, 279, 280, siehe auch Gloy, Festschrift v. Gamm, S.259. Dagegen befaßte<br />

man sich nach Balz, RabelsZ 45 (1981), 317, 324, erst wieder intensiver <strong>mit</strong> der Gemeinschaftsmarke, als auch<br />

der EuGH sich verstärkt <strong>mit</strong> markenrechtlicher Marktabschottung beschäftigen mußte; <strong>und</strong> nach Beier, GRUR<br />

Int. 1976, 363, hing das „Damokles-Schwert“ über dem Gesetzgeber, da der EuGH die nationalen <strong>Marken</strong>rechte<br />

seiner Ansicht nach nicht ständig unter den Schutz von Art. 36 EGV (heute Art. 30, die Umnumerierung basiert<br />

auf Art. 12 des Amsterdamer Vertrags vom 2.10.1997, der am 1.5.1999 in Kraft getreten ist, BGBGl. 1998, II, S.<br />

387, ber. BGBGl. 1999, II, S. 416) stellen werde.<br />

16 Herausgegeben vom Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg 1973 =<br />

Bulletin der EG 1964 Nr. 8<br />

17 vgl. Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481


6<br />

veränderten tatsächlichen <strong>und</strong> rechtlichen Verhältnissen an 18 . Ihr Arbeitsergebnis wurde<br />

im Juli 1976 in der „Denkschrift zur Schaffung einer EWG-Marke“ 19 zusammengefaßt<br />

<strong>und</strong> später als „legendäres Memorandum“ bezeichnet 20 . Die Wirtschaft nahm die<br />

Denkschrift relativ positiv auf, sie wurde daher auch den weiteren Arbeiten zugr<strong>und</strong>egelegt<br />

21 .<br />

In den kommenden Jahren wurden die Arbeiten an der Gemeinschaftsmarke zügig<br />

vorangetrieben. So erging bereits 1977 der erste Entwurf einer Verordnung des Rates<br />

über die Gemeinschaftsmarke 22 , ihm folgte schon im nächsten Jahr ein intensiv<br />

überarbeiteter zweiter Entwurf 23 . Im November 1980 schließlich legte die Kommission<br />

dem Rat einen ersten Vorschlag einer Verordnung des Rates über die Gemeinschaftsmarke<br />

vor 24 . Bedingt durch Stellungnahmen des Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialausschusses 25<br />

<strong>und</strong> des Europäischen Parlaments 26 erging ein überarbeiteter Vorschlag 27 . In diesem<br />

Vorschlag waren die inhaltlichen Fragen weitgehend geklärt 28 . Lediglich die Fragen der<br />

Amtssprachen- <strong>und</strong> Sitzregelung des <strong>Marken</strong>amtes standen noch offen. Sie konnten aber<br />

aus politischen <strong>und</strong> nicht aus sachlichen Gründen erst im Oktober 1993 gelöst werden<br />

<strong>und</strong> haben da<strong>mit</strong> die Verabschiebung der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke<br />

jahrelang verhindert 29 . Die Vorgabe durch Art. 8 a EWGV zur Vollendung des<br />

Binnenmarktes bis 31.12.1992 konnte die Problemlösung nicht direkt beschleunigen,<br />

1992 stellte auch für den gewerblichen Rechtsschutz - wie Beier es treffend formulierte 30<br />

- nur einen „Orientierungspunkt, nicht aber ein Schicksalsdatum“ dar. Der lange Weg bis<br />

zum heutigen Ziel der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung gibt wohl die Entwicklung der<br />

Europäischen Gemeinschaft im Ganzen wieder 31 <strong>und</strong> belegt, daß nur „ein Europa in<br />

kleinen Schritten“ möglich ist.<br />

18 Es waren drei bis zum damaligen Zeitpunkt neue Mitgliedstaaten <strong>mit</strong> eigenen <strong>Marken</strong>gesetzen der Gemeinschaft<br />

beigetreten, <strong>und</strong> in den alten Mitgliedstaaten waren die <strong>Marken</strong>rechtsordnungen zum Teil gr<strong>und</strong>legend reformiert<br />

worden; vgl. Beier, GRUR Int. 1976,1 f zur genauen Darstellung der Veränderungen<br />

19 Bulletin der Europäischen Gemeinschaft, Beilage 8/76 = GRUR Int. 1976, 481 ff (Im folgenden Denkschrift unter<br />

Angabe der zuletzt aufgeführten F<strong>und</strong>stelle)<br />

20 v. Mühlendahl, Künftiges <strong>Marken</strong>recht, GRUR Int. 1989, 353<br />

21 Beier in <strong>Marken</strong>rechtlichen Abhandlungen, S. 381, 387<br />

22 Dokumente III/ex/XI/C/268/77-DE (April), III/D/649/77-DE (Juli), III/D/685/77-DE (Oktober), III/D/35/78-DE<br />

(Mai), im folgenden als Verordnungsentwurf 1977 zitiert.<br />

23 Dokument II/D/753/78 = GRUR Int. 1978, 452 ff, im folgenden als Verordnungsentwurf 1978 zitiert.<br />

24 Dokument KOM (80) 635 endg./2 = ABl. Nr. C 351 v. 31.12.1980 S. 1 ff = B<strong>und</strong>estags-Drucksache 9/190 =<br />

GRUR Int. 1981, 100 <strong>mit</strong> Begründung in GRUR Int. 1981, 86, im folgenden als Verordnungsvorschlag 1980<br />

zitiert.<br />

25 Stellungnahme vom 23.9.1981, ABl. EG 1981 Nr. C 13, 22 ff = GRUR Int. 1981, 764 ff.<br />

26 Stellungnahme vom 12.10.1983, ABl. EG 1983 Nr. C 307, 44 ff.<br />

27 Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Gemeinschaftsmarke KOM (84) 470 endg. vom<br />

9.8.1984, ABlEG Nr. C 230 vom 31.8.1984; konsolidierte Fassung vom 11.5.1988 - abgedruckt in GRUR Int.<br />

1989, 388.<br />

28 Hackbarth, S. 16<br />

29 Vgl. Aktuelle Information von Bodewig, GRUR 1994, 974; Kretschmer, GRUR 1994, 95. Gemäß Art. 126 des<br />

VO-Entwurfs - Dok. 5173/87 des Rates vom 9.3.1987 sollte die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung bereits am 1.<br />

Jan. 1990 in Kraft treten; Heil, MA 1987, 308 sah aus der Sicht des Jahres 1987 den Zeitplan angesichts der nur<br />

noch offenen Sitz- <strong>und</strong> Amtssprachenfrage als realistisch an.<br />

30 Beier, GRUR Int. 1989, 603<br />

31 Übereinstimmend <strong>mit</strong> Schönfeld, S. 16 <strong>und</strong> Hefermehl/Fezer, H/I/Sch/S, S. 9, Fn.1


7<br />

Während der ganzen Entwicklungsphase stand von Anfang an fest, die Gemeinschaftsmarke<br />

als selbständiges Vermögensgut anzusehen <strong>und</strong> ihre freie Übertragbarkeit zuzulassen<br />

32 . Schon in dem Vorentwurf von 1964 ist die Gemeinschaftsmarke als<br />

selbständiges Vermögensgut vorgesehen, indem ihre freie Übertragbarkeit <strong>und</strong> die<br />

<strong>Marken</strong>lizenz anerkannt wurden. Die im Vorentwurf vom 1964 vorgesehene<br />

vollständige Loslösung des Geschäftsbetriebes von der Marke wurde von der<br />

Denkschrift nicht für gut geheißen. Sie verlangte, daß der Anmelder einer<br />

Gemeinschaftsmarke seinen Geschäftsbetrieb angeben muß, um so den vorausgesetzten<br />

Benutzungswillen prima facie prüfen zu können 33 . Dieser Forderung kamen aber die der<br />

Denkschrift folgenden Vorentwürfe zur Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> die heute gültige<br />

Fassung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung nicht nach. Sie gingen weiterhin den vom<br />

Vorentwurf 1964 eingeschlagenen Weg.<br />

Die zeichenrechtliche Schranke Art. 50 Abs. 1 Nr. 4 GemMVO, der Löschungsgr<strong>und</strong><br />

wegen bösgläubiger Anmeldung, findet sich dagegen weder in dem Vorentwurf von<br />

1964 noch in den Entwürfen von 1977 <strong>und</strong> 1978, auch der erste Vorschlag der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung von 1980 <strong>und</strong> der geänderte Vorschlag von 1984<br />

enthält keine diesbezügliche Regelung. Eine solche taucht zum ersten Mal in Art. 41<br />

Abs. 1 lit. b der konsolidierten Fassung vom 11.5.1988 auf <strong>und</strong> wurde von dort wörtlich<br />

in die verabschiedete <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung in Art. 50 Abs. 1 Nr. 4<br />

übernommen. Die späte Aufnahme resultiert interessanterweise nicht aus einer<br />

langwierigen <strong>und</strong> unlösbaren Diskussion über diesen Punkt. Die sich eingehend <strong>mit</strong> den<br />

Regelungen für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung beschäftigende Denkschrift 34<br />

enthält keine Anregung für eine solche Schranke, da sie in ihrer Forderung nach der<br />

Angabe eines Geschäftsbetriebes des <strong>Marken</strong>inhabers im Anmeldungsverfahren einen<br />

ausreichenden Schutz gegen den unerwünschten <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> sah, ergänzt durch die<br />

Rechtsbehelfe des unlauteren Wettbewerbs <strong>und</strong> deshalb von keinem Bedarf für weitere<br />

spezielle zeichenrechtliche Regelungen ausging 35 ; <strong>und</strong> auch die oben genannten<br />

veröffentlichten Stellungnahmen zu den Entwürfen der Gemeinschaftmarke äußern sich<br />

diesbezüglich nicht. Da<strong>mit</strong> gibt es bemerkenswerterweise keine Anhaltspunkte für eine<br />

historische Auslegung von Art. 50 Abs. 1 Nr. 4 GemMVO.<br />

2. Ziele der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> ihre Umsetzung<br />

Der frühe Entwicklungsbeginn der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung verdeutlicht, daß<br />

die Kommission sich schnell ihres Handlungsbedarfs für die Schaffung eines<br />

einheitlichen gemeinschaftlichen <strong>Marken</strong>rechts bewußt wurde 36 . Dem Hauptziel der<br />

32 Art. 23 in Vorentwurf 1964, Bulletin der EG 1964 Nr. 8; Art. 20 in Verordnungsentwurf 1978, GRUR Int. 1978,<br />

452, 45; Art. 17 in Verordnungsentwurf 1980, GRUR Int. 1981, 86, 90; Art. 17 in Verordnungsentwurf 1988,<br />

GRUR Int. 1989, 338, 391; heute Art. 17 GemMVO.<br />

33 Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 491; die Denkschrift wurde von deutscher Feder geprägt, daraus erklärt sich<br />

auch der Einwand, da zum damaligen Zeitpunkt des Jahres 1976 das Akzessoritätsprinzip ganz streng im WZG<br />

befolgt wurde.<br />

34 GRUR Int. 1976, 481 ff<br />

35 Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 498<br />

36<br />

Auch die Literatur befaßte sich schon früh <strong>mit</strong> dem Gedanken einer Gemeinschaftsmarke, vgl. die<br />

F<strong>und</strong>stellenangaben unter Fn. 11


8<br />

Gemeinschaft - die Errichtung eines gemeinsamen Marktes <strong>mit</strong> freiem Warenverkehr<br />

<strong>und</strong> unverfälschten Wettbewerbsbedingungen - widersprachen die nationalen<br />

<strong>Marken</strong>rechte, durch die eine <strong>Marken</strong>abschottung, bedingt durch ihren territorialen<br />

Geltungsbereich, ermöglicht <strong>und</strong> auch in der Rechtstatsächlichkeit, wie zahlreiche<br />

Entscheidungen des EuGH zeigen 37 , genutzt wurde <strong>und</strong> so ein immanentes<br />

Spannungsfeld auf dem Gebiet des <strong>Marken</strong>rechts darstellten 38 .<br />

Auch wenn der EuGH durch seine Rechtsprechung dieses Spannungsverhältnis<br />

gemildert hat, so konnte er die Notwendigkeit einer Gemeinschaftsmarke <strong>mit</strong> ihrer<br />

doppelten Zielsetzung, dem Abbau der nationalen Schutzrechtsgrenzen <strong>und</strong> dem Erwerb<br />

eines einheitlichen <strong>Marken</strong>schutzes innerhalb der Grenzen der EU für die Wirtschaft,<br />

nicht beseitigen 39 . Die Angleichung der innerstaatlichen <strong>Marken</strong>rechte vermag ebenso<br />

nur die <strong>Marken</strong>konflikte zum Nachteil des Binnenmarktes zu verringern, bietet aber<br />

gleichzeitig ein ergänzendes Mittel für die Zielverwirklichung des Gemeinsamen<br />

Marktes 40 .<br />

Da<strong>mit</strong> die Gemeinschaftsmarke als Baustein der wirtschaftlichen Integration nicht nur<br />

ein theoretisch hervorragendes Instrument <strong>mit</strong> seinen einheitlichen Bedingungen zur<br />

Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes bleibt, sollte sie als vorbildliches, gut<br />

funktionierendes modernes <strong>Marken</strong>system gestaltet werden 41 . Im Vordergr<strong>und</strong> stand bei<br />

der Schaffung des Systems die Attraktivität. Die Gemeinschaftsmarke sollte gegenüber<br />

den nationalen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> auch gegenüber dem MMA, dem TRT sowie dem PVÜ, die<br />

jeweils nur die Eintragung eines Bündels nationaler <strong>Marken</strong> ermöglichen, so vorteilhaft<br />

ausgeformt sein, daß die Wirtschaft sie akzeptieren <strong>und</strong> auch rege einsetzen wird 42 .<br />

Allein das vorgesehene europäische Gr<strong>und</strong>konzept des Systems, ein einheitliches<br />

<strong>Marken</strong>recht für ein einheitliches Wirtschaftsgebiet <strong>mit</strong> einer Anmeldung, einer Prüfung<br />

<strong>und</strong> einheitlichem Schutz vermochte dies nicht zu leisten. Hinzukommen sollte vielmehr<br />

ein durchsichtiges, möglichst flexibles Eintragungssystem, das einen zügigen <strong>und</strong><br />

unbürokratischen Ablauf ermöglicht <strong>und</strong> auch nicht zu viel kostet 43 , da<strong>mit</strong> die<br />

Gemeinschaftsmarke ebenfalls für kleine <strong>und</strong> <strong>mit</strong>tlere Betriebe zugänglich ist 44 <strong>und</strong> nicht<br />

nur die Großunternehmer potentielle Adressaten der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

wären. Demnach kann die Gemeinschaftsmarke auch für kleinere spezalisierte<br />

Dienstleistungsunternehmen, die sich <strong>mit</strong> der Kreation von <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> deren Marketing<br />

zum späteren Verkauf, soweit dies rechtlich zulässig ist <strong>und</strong> im Laufe der Arbeit noch<br />

37 z.B. EuGH, GRUR Int. 1990, 960 ff - HAG II; EuGH, GRUR Int. 1976, 402 ff - Terranova/Terrapin, vgl. auch<br />

Beier/v. Mühlendahl, Mitt. 1980, 101 ff <strong>und</strong> Johannes, GRUR Int. 1975, 111 ff<br />

38 Hackbarth, S. 11, vgl. auch Hefermehl/Fezer, Schutz der Marke, S. 8 f; Fezer, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 405<br />

39 Nach Ansicht von Krieger, MA 1973, 262, 269, überwindet die EuGH-Rechtsprechung die durch die nationalen<br />

<strong>Marken</strong>rechte verursachten Grenzen im Gemeinsamen Markt weitgehend, so daß nun die Zielsetzung zur<br />

umfassenden <strong>und</strong> ungehinderten Marktstrategie innerhalb der EU ohne Gefahr von entgegengesetzten<br />

Kennzeichenrechten im Vordergr<strong>und</strong> stehe <strong>und</strong> das anfängliche Ziel der Verhinderung der Marktaufspaltung in<br />

den Hintergr<strong>und</strong> getreten sei, auch wenn es dennoch weiterhin gr<strong>und</strong>legende Bedeutung habe.<br />

40 Einleitung zum Vorschlag 1980, GRUR Int.1981, 86; Zimmer, NJW 1991, 3057, 3062.<br />

41 Beier, GRUR Int. 1982, 30, 37<br />

42 Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 487; Beier, GRUR Int. 1976, 363, 369, nach ihm soll die Wirtschaft die<br />

Gemeinschaftsmarke „gewissermaßen <strong>mit</strong> Begeisterung“ einsetzen.<br />

43 Krieger, GRUR Int. 1979, 279, 283<br />

44 Schwartz, GRUR Int. 1975, 71, 72


9<br />

ausführlich untersucht wird, an interessierte K<strong>und</strong>en beschäftigen, attraktiv sein. Die<br />

Gemeinschaftsverordnung sollte auch eine moderne, den aktuellen <strong>und</strong> internationalen<br />

Erkenntnissen auf dem Gebiet des <strong>Marken</strong>rechts folgende Rechtsordnung sein 45 .<br />

Demzufolge mußte sie die Veränderungen der Produktions-, Absatz- <strong>und</strong><br />

Konsumverhältnisse einbeziehen <strong>und</strong> auch im übrigen die Bedürfnisse einer modernen<br />

Wettbewerbswirtschaft berücksichtigen 46 . Die in der Rechtstatsächlichkeit schon häufig<br />

vorgenommene Leerübertragung von <strong>Marken</strong> auf nationaler Ebene wurde von der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung beachtet, indem sie die freie Übertragbarkeit der<br />

Marke zuläßt 47 . Auch das in der Wirtschaft immer beliebter werdende Merchandising 48<br />

fand rechtliche Anerkennung in den expliziten Regelungen der <strong>Marken</strong>lizenz <strong>mit</strong><br />

dinglicher Wirkung 49 .<br />

Daß die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>mit</strong> ihren angestrebten Zielen <strong>und</strong> deren<br />

Umsetzung auch tatsächlich den gegenwärtigen wirtschaftlichen Bedürfnissen innerhalb<br />

der Europäischen Union entspricht, veranschaulichen plastisch die zahlreichen<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldungen seit der Eröffnung des <strong>Marken</strong>amtes in Alicante 50 .<br />

3. Die Gr<strong>und</strong>prinzipien der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung wird von Gr<strong>und</strong>prinzipien getragen; die Zahl der<br />

Gr<strong>und</strong>prinzipien ist nicht enumerativ, sie variiert vielmehr je nach Betrachtungsweise<br />

<strong>und</strong> Gewichtung der einzelnen <strong>Marken</strong>rechtsinstitute 51 . Für die vorliegende Untersuchung<br />

sind die Gr<strong>und</strong>prinzipien der Einheitlichkeit, der Autonomie, der Koexistenz,<br />

der Eintragung <strong>und</strong> der freien Übertragung von besonderer Bedeutung.<br />

a) Das Prinzip der Einheitlichkeit<br />

Das Einheitsprinzip der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ist in Art. 1 Abs. 2 manifestiert.<br />

Es war für die Kommission das wesentlichste - unterstrichen wird dies auch<br />

schon durch seine Plazierung am Anfang der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung -, aber<br />

gleichzeitig auch das problematischste Prinzip 52 . Die für dieses Prinzip synonyme<br />

verwendete Bezeichnung „Alles-oder-nichts-Prinzip“ 53 zeigt anschaulich ihre inhaltliche<br />

45 Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 487; nach Mühlendahl, GRUR Int. 1989, 353, 355, ist dies gelungen <strong>und</strong> zeigt<br />

sich an der materiell- <strong>und</strong> verfahrensrechtlichen Ausgestaltung.<br />

46 Beier, GRUR Int. 1976, 363, 371<br />

47 Art. 17 Abs. 1 GemMVO<br />

48<br />

Speziell zum Merchandising, Schertz, Merchandising, insbesondere S. 69 ff, allerdings nur unter<br />

Berücksichtigung des <strong>Marken</strong>gesetzes <strong>und</strong> nicht auch der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung; siehe auch Bericht<br />

für die Deutsche Landesgruppe von Jonas über Rechtsprobleme der Vermarktung (Q 129), GRUR Int. 1995, 232<br />

ff.<br />

49 Art. 22 GemMVO<br />

50 Seit Eröffnung des <strong>Marken</strong>amtes am 1. Jan. 1996 bis zur Aufnahme seiner Tätigkeit am 1. April 1996 sind alleine<br />

21000 Anmeldungen eingegangen, davon mehr als 10000 in der letzten Märzwoche, vgl. v. Mühlendahl, MA<br />

1996, 526, 529. Siehe dazu auch den Artikel in der FAZ v. 4.1.1996, S. 11, der vom starken Andrang beim<br />

<strong>Marken</strong>amt am Eröffnungstag berichtet.<br />

51 Vgl. dazu auch Hackbarth, S. 20, Fn. 1.<br />

52 Beier, EuR 1982, 30, 39; Heil, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 371, 373; Schwanhäuser, WRP 1984, 1; Martino,<br />

WRP 1978, 92, 94 f; Stellungnahme des Fachausschusses für Wettbewerbs- <strong>und</strong> Warenzeichenrecht, GRUR<br />

1982, 87, 88<br />

53 Schwanhäuser, WRP 1984, 1


10<br />

Bedeutung auf: Die Gemeinschaftsmarke kann nur für das gesamte Gebiet der<br />

europäischen Gemeinschaft erworben, übertragen <strong>und</strong> vernichtet werden, der Schutz der<br />

Gemeinschaftsmarke wird folglich nur für „alles oder nichts“ gewährt 54 . Eine<br />

Anmeldung der Gemeinschaftsmarke muß daher schon dann vollständig zurückgewiesen<br />

werden, wenn die Gemeinschaftsmarke <strong>mit</strong> nur einer nationalen Marke<br />

verwechslungsfähig ist <strong>und</strong> Widerspruch gegen sie vom nationalen <strong>Marken</strong>inhaber<br />

eingelegt worden ist (Art. 42 Abs. 1, Art. 8 GemMVO). Eine geltungserhaltende<br />

Reduktion der Gemeinschaftsmarke auf die übrigen Mitgliedstaaten der EU widerspricht<br />

dem Einheitsprinzip. Auch die Übertragung einer Gemeinschaftsmarke kann nur<br />

einheitlich bezogen auf ihren europäischen Schutzbereich vorgenommen werden 55 ;<br />

unberührt vom Einheitsprinzip besteht dagegen die Möglichkeit, die Marke in ihrem<br />

<strong>Marken</strong>kategorienbereich aufzuteilen <strong>und</strong> dann die einzelnen Teilstücke der Marke<br />

gesondert zu übertragen (Art. 17 Abs. 1 GemMVO). Die Nichtigkeitserklärung einer<br />

prioritätsjüngeren verwechslungsfähigen Gemeinschaftsmarke kann gleichfalls nur<br />

einheitlich für den gesamten Binnenmarkt ausgesprochen werden (Art. 52 GemMVO);<br />

ob die Verwechslungsgefahr nur gegenüber einer nationalen Marke bestand, ist dagegen<br />

unbedeutend. Jedoch kann auch hier die Gemeinschaftsmarke für nur teilweise nichtig<br />

erklärt werden, wenn der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> sich lediglich auf einen Teil der Waren oder<br />

Dienstleistungen , für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, bezieht (Art. 52 Abs.<br />

5 i.V.m. Art. 51 Abs. 3 GemMVO).<br />

Auch wenn das Prinzip der Einheitlichkeit für die Kommission das wichtigste war, so<br />

wurde es nicht als ein Dogma verfolgt 56 . So bilden die örtlich beschränkten, nicht eingetragenen<br />

<strong>Marken</strong> eine Ausnahme von diesem Prinzip, wenn auch die einzige 57 : Sie<br />

können die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke nicht im Widerspruchsverfahren verhindern<br />

(Art. 42 Abs. 1 c) i.V.m. Art. 8 Abs. 4 GemMVO) <strong>und</strong> auch nicht im<br />

Verletzungsverfahren eine Nichtigkeitserklärung gegenüber der Gemeinschaftsmarke<br />

herbeiführen (Art. 52 Abs. 1 c) i.V.m. Art. 8 Abs. 4 GemMVO). Der Wirkungsbereich<br />

der örtlich beschränkten, nicht eingetragenen <strong>Marken</strong> bleibt aber geschützt 58 .<br />

Insgesamt gesehen, liegt der Gemeinschaftsverordnung ein sehr strenges Einheitlichkeitsprinzip<br />

zugr<strong>und</strong>e 59 , <strong>mit</strong> der Folge, daß vor jeder Anmeldung einer<br />

Gemeinschaftsmarke zusätzlich zu den sonst auch anzustellenden Überlegungen<br />

hinsichtlich der Verwechslungsfähigkeit <strong>mit</strong> anderen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> genauestens<br />

überdacht <strong>und</strong> recherchiert werden muß, ob nicht auch nationale verwechslungsfähige<br />

<strong>Marken</strong> der gewünschten Eintragung entgegenstehen. Die zahlreich existierenden<br />

nationalen <strong>Marken</strong> machen die Inspizierung nicht gerade leicht, aber die Kontrolle ist<br />

dennoch notwendig <strong>und</strong> sinnvoll, da auch ein erfolgloser Eintragungsversuch Kosten<br />

54 Beier, EuR 1982, 30, 39<br />

55 Etwas anderes gilt bei der Lizenz: Sie kann auch nur für ein Teilgebiet der Gemeinschaft vergeben werden (Art.<br />

22 Abs. 1 GemMVO).<br />

56 Denkschrift GRUR Int. 1976, 481, 488<br />

57 Heil, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 371, 373<br />

58 Beier, EuR 1982, 30, 39<br />

59 Kritisch diesem strengen Einheitlichkeitsprinzip gegenüber: Schwanhäuser, WRP 1984,1, 2; Heydt, Festschrift 25<br />

Jahre BPatG, S. 371, 373 <strong>und</strong> Beier, EuR 1982, 30, 42.


11<br />

verursacht 60 . Die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke bedarf so<strong>mit</strong> im Vorfeld schon<br />

eines erheblichen Arbeitsaufwands, will man nicht blind ein Kostenrisiko eingehen. Die<br />

zum Teil geäußerten Befürchtungen 61 , daß nun zahlreiche „Hausfrauenmarken“<br />

eingetragen werden, erscheinen schon an dieser Stelle der Untersuchung, ohne bereits<br />

die rechtlichen Anforderungen für die <strong>Marken</strong>eintragung <strong>und</strong> die gesetzlichen Schranken<br />

des <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s erörtert zu haben, aus rein tatsächlichen Überlegungen angesichts der<br />

Auswirkungen des strengen Einheitlichkeitsprinzips <strong>mit</strong> seinem hohen <strong>und</strong> für den<br />

markenrechtlichen Laien nicht durch eine Vorprüfung zu mindernden Kostenrisiko<br />

übertrieben <strong>und</strong> nicht sehr realistisch.<br />

b) Das Prinzip der Autonomie<br />

Dieses Prinzip besagt, daß der Schutz der Gemeinschaftsmarke gr<strong>und</strong>sätzlich der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung unterliegt 62 . Das nur gr<strong>und</strong>sätzliche Unterliegen<br />

resultiert aus dem Umstand, daß die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung nur<br />

Voraussetzungen für den Inhalt <strong>und</strong> Umfang des Schutzes der Gemeinschaftsmarke<br />

festgelegt hat, jedoch keine Regelungen für die Sanktionen <strong>und</strong> Verfahrensvorschriften<br />

enthält, die im Falle der Verletzung einer Gemeinschaftsmarke von den nationalen<br />

Gerichten anzuwenden sind; dieses Regelungsdefizit wird <strong>mit</strong> nationalen Vorschriften<br />

geschlossen 63 . Nicht abschließend geregelt in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ist<br />

auch die Übertragung der Marke sowie die <strong>Marken</strong>lizenzierung. Sie fixiert lediglich die<br />

Zulässigkeit <strong>und</strong> den Umfang dieser Verwertungsmöglichkeiten sowie das bei ihrer<br />

vertraglichen Ausgestaltung anzuwendende nationale Recht (Art. 16 Abs. 1 GemMVO),<br />

ohne allerdings für die Vertragsgestaltung genauere Regeln aufzustellen.<br />

c) Das Koexistenzprinzip<br />

Das Koexistenzprinzip beruht auf der Gr<strong>und</strong>entscheidung, der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> den nationalen <strong>Marken</strong>gesetze nebeneinander rechtliche Geltung<br />

zuzusprechen 64 . Man sah die Koexistenz nicht als Ideallösung an, aber als die politisch<br />

einzig mögliche 65 , denn die Entwicklung einer Gemeinschaftsmarke wäre <strong>mit</strong> der<br />

Zielrichtung, die nationalen <strong>Marken</strong> nach Art der Benelux-Lösung abzuschaffen 66<br />

niemals ins Rollen gekommen 67 . Aber nicht nur das politische Argument rechtfertigt das<br />

60 Art. 26 Abs. 2 GemMVO, Regel 4 <strong>und</strong> 9 Abs. 3, 11 Abs. 3 der Durchführungsverordnung, Verordnung (EG) Nr.<br />

2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995, Abl. EG Nr. L 303, S. 1 ff, zur Durchführung der Verordnung<br />

(EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke, im folgenden <strong>mit</strong> GemDV abgekürzt; Ausnahme Regel 9<br />

Abs. 2 GemDV, hier werden bereits entrichtete Gebühren erstattet.<br />

61 Besonders Füllkrug, GRUR 1994, 679 ff hegt diese Befürchtung.<br />

62 Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 488 ;Beier, EuR 1982, 30, 40<br />

63 Beier, EuR 1982, 30, 40<br />

64 Ingerl, S. 28, weist zutreffend daraufhin, daß der Begriff der Koexistenz mißverständlich ist, als er nicht<br />

dahingehend verstanden werden darf, daß <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> die nationalen <strong>Marken</strong>gesetze<br />

vollständig unabhängig voneinander existieren, vielmehr die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> <strong>und</strong> nationalen <strong>Marken</strong> im<br />

Rahmen der Kollisionstatbestände der europäischen <strong>und</strong> nationalen Zeichengesetze wechselseitige<br />

Berücksichtigung finden.<br />

65 vgl. nur Beier, EuR 1982, 30, 40<br />

66 vgl. hierzu den ausführlichen Aufsatz von Joliet, GRUR Int. 1976, 10 ff<br />

67 So Beier, GRUR Int. 1976, 363, 368, der in der Idee der Koexistenz, die auf Haertel zurückgeht (Studie über die<br />

gr<strong>und</strong>sätzlichen Probleme der Schaffung eines europäischen Patents, das neben die nationalen Patente tritt,


12<br />

Koexistenzprinzip, vielmehr wird es zusätzlich noch von sachlichen Gesichtspunkten<br />

untermauert, die heute noch genauso relevant sind wie in der damaligen<br />

Entwicklungsphase der Gemeinschaftsmarke. Auch wenn die europäische Wirtschaft<br />

immer mehr zusammenwächst <strong>und</strong> gerade im Hinblick auf die Einführung es Euro zum<br />

1. Januar 1999 zahlreiche nationale Unternehmen auf europäischer Ebene fusionieren,<br />

gibt es immer noch viele kleinere <strong>und</strong> <strong>mit</strong>tlere Unternehmen - <strong>und</strong> wird es auch<br />

weiterhin geben -, die ihre Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen nur örtlich, regional oder<br />

national absetzen. Sie haben deshalb ihre <strong>Marken</strong> auch nur im ihrem Heimatland<br />

registriert. Ein sich auf das gesamte Gemeinschaftsgebiet erstreckender <strong>Marken</strong>schutz<br />

wäre für diese Unternehmer folglich viel zu umfangreich <strong>und</strong> würde sich nicht <strong>mit</strong> ihrem<br />

tatsächlichen Schutzbedürfnis decken 68 . Durch die Abschaffung der nationalen <strong>Marken</strong><br />

würden die kleineren <strong>und</strong> <strong>mit</strong>tleren Unternehmer aber in das europäische System<br />

gezwungen, welches dadurch völlig unnötig überlastet würde 69 , so daß diese Lösung<br />

weder für gemeinschaftliche Entwicklung noch für den Einzelnen erstrebenswert war.<br />

Diese praktische Argumentation steht nicht der Tatsache entgegen, daß die Gemeinschaftsmarke<br />

auch für kleinere <strong>und</strong> <strong>mit</strong>tlere Betriebe attraktiv gestaltet werden sollte 70 ,<br />

denn auch diese Unternehmen können an einer zukünftigen europäischen Ausdehnung<br />

<strong>und</strong> so an einer Gemeinschaftsmarke für später interessiert sein. Diese Tendenz trifft<br />

aber nicht auf all diese Betriebsgrößen zu, <strong>und</strong> deshalb verbietet sich eine globale<br />

Sichtweise.<br />

Anfangs wurde das Koexistenzprinzip nur als unerwünschtes Übergangsstadium angesehen<br />

71 , die nationalen <strong>Marken</strong> sollten deshalb zugunsten der Gemeinschaftsmarke <strong>mit</strong><br />

zielgerichteten Regelungen benachteiligt werden. Im Laufe der Entwicklung der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung kam man aber, auch bedingt durch heftige Kritik an<br />

der vorgesehenen Diskriminierung, von dieser Tendenz ab, <strong>und</strong> ging zu einer gleichwertigen<br />

Behandlung beider <strong>Marken</strong>typen über 72 , die auch in der heute gültigen Fassung<br />

der Gemeinschaftsverordnung enthalten ist.<br />

Trotz der Gleichwertigkeit der nationalen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> der Gemeinschaftsmarke ist die<br />

Attraktivität zugunsten der letzteren gegeben. Denn sollte die zunächst versuchte<br />

europäische Anmeldung scheitern, so kann der Anmelder <strong>mit</strong> der Priorität des<br />

Anmeldestichtages für die Gemeinschaftsmarke auf nationale <strong>Marken</strong> umsteigen 73 .<br />

Der europäische <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> wird indirekt von dem Koexistenzprinzip in Verbindung<br />

<strong>mit</strong> dem Prinzip der Einheitlichkeit tangiert. Auf der nationalen Ebene können weiterhin<br />

<strong>Marken</strong> durch Eintragung oder Verkehrsgeltung entstehen. Die Anzahl der Konfliktmarken<br />

zum Nachteil der Gemeinschaftsmarke wird sich demnach nicht reduzieren,<br />

München 1960, S. 1ff, 76 ff) verb<strong>und</strong>en <strong>mit</strong> dem Vertrauen auf die Sog- <strong>und</strong> Angleichswirkung der<br />

Gemeinschaftsmarke einen „listig-genialen Einfall“ sieht <strong>und</strong> sie sogar als "rechtspolitisches Kolumbus-Ei der<br />

Vereinheitlichung des gewerblichen Rechtsschutzes“ bezeichnet.<br />

68 Fezer, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 405, 407; Heil, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 371, 373<br />

69 Beier, GRUR Int. 1976, 363, 368<br />

70 Vgl. die Darstelllung unter B. I. 2.<br />

71 Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 489; Krieger, GRUR Int. 1979, 279 ff<br />

72 Vgl. hierzu nur Hackbarth, S. 24 - 27, der diesen Tendenzwechsel ausführlich dargestellt hat.<br />

73 v. Mühlendahl, GRUR Int. 1976, 28


13<br />

sondern im Gegenteil eher erhöhen. Die Eintragung von europäischen <strong>Marken</strong> wird<br />

so<strong>mit</strong> in Zukunft nicht einfacher, <strong>und</strong> folglich könnte sich ein neues Dienstleistungsfeld<br />

für professionelle <strong>Marken</strong>kreateure <strong>mit</strong> markenrechtlichem Fachwissen hinsichtlich der<br />

Eintragbarkeit der entworfenen <strong>Marken</strong> ergeben, um interessierten Unternehmen bereits<br />

rechtlich geschützte <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> ohne die langwierige Entwicklungs- <strong>und</strong><br />

Eintragungsprozedur anbieten zu können.<br />

d) Das Eintragungsprinzip<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung gewährt nur eingetragenen <strong>Marken</strong> europäischen<br />

Schutz. Sie enthält keine Regelungen, wie sie z.B. in Deutschland bestehen für nichteingetragene,<br />

erst durch Verkehrsgeltung entstandene <strong>Marken</strong>. Den Schutz dieser<br />

Zeichen übernehmen weiterhin alleine die nationalen <strong>Marken</strong>- <strong>und</strong> Wettbewerbsrechte,<br />

weil der Kommission eine diesbezügliche Europäisierung zu schwierig erschien 74 .<br />

Die Akzentuierung des Eintragungsprinzips 75 könnte den europäischen <strong><strong>Marken</strong>handel</strong><br />

auf den ersten Blick begünstigen, indem sich ein <strong>Marken</strong>händler vorsorglich <strong>Marken</strong><br />

eintragen läßt, um sie später dann gezielt den Unternehmen teuer zu verkaufen, die ihre<br />

Produktion <strong>mit</strong> Zeichen versehen, die sie sich aber nicht zuvor schützen ließen <strong>und</strong> so<strong>mit</strong><br />

auch nicht feststellen konnten, daß die von ihnen benutzte Marke für einen anderen<br />

<strong>Marken</strong>inhaber bereits eingetragen <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> geschützt ist. Rechtstatsächlich unterläge<br />

die Verwertung solch vager Eintragungen, die von den zielgerichteten Eintragungen zur<br />

späteren Veräußerung an auf der überlegten Suche nach neuen <strong>Marken</strong> befindlichen<br />

Unternehmen streng zu unterscheiden sind, dem reinen <strong>und</strong> wohl selten eintreffenden<br />

Zufallsprinzip, da vor einer neuen Produktplazierung sich gerade größere <strong>und</strong> europäisch<br />

agierenden Unternehmen meistens markenrechtlich absichern werden 76 , um so einer<br />

<strong>Marken</strong>kollision <strong>mit</strong> ihrem hohen wirtschaftlichen Risiko vorzubeugen. Diese<br />

Vorgehensweise ist auch aus ökonomischer Sicht nicht sehr attraktiv, da die bei einer<br />

<strong>Marken</strong>eintragung anfallenden hohen Kosten, welche im Laufe der Arbeit noch genauer<br />

dargestellt werden, ersteinmal vorgeleistet werden müssen <strong>und</strong> ihre Refinanzierung<br />

alleine vom Zufallsprinzip abhängig ist. Neben diesen rein faktischen Bedenken steht<br />

das weitaus gewichtigere markenrechtliche Argument. Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

selbst enthält nämlich rechtliche Schranken für ein solch mißbräuchliches<br />

Vorgehen. Dieser für die vorliegende Arbeit unumgängliche <strong>und</strong> gewichtige Problemkomplex<br />

der Schranken für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> <strong>mit</strong> <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> wird später<br />

ausführlich dargestellt 77 .<br />

74 Beier, EuR 1982, 30, 40<br />

75 Beier, EuR 1982, 30, 40 sieht hierin einen großen Nachteil der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, da sie nicht die<br />

ebenso wichtige Gr<strong>und</strong>lage des <strong>Marken</strong>schutzsystems, den Schutz durch Verkehrsgeltung, gewährt, vgl. auch den<br />

gr<strong>und</strong>legenden Aufsatz zum Eintragungsprinzip von Beier, GRUR Int. 1973, 407<br />

76 Kleinere Unternehmen wären für diese Art von <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> aus zahlungsfähiger Sicht nicht von großem<br />

Interesse. Daß aber auch große Unternehmen in das Netz solcher „<strong>Marken</strong>händlern“ geraten können, zeigt der<br />

Rechtsstreit „E-Klasse“, MA 1996, 439 ff, dessen Streitgegenstand zwar nicht eine Gemeinschaftsmarke war, sein<br />

Sachverhalt aber auf die europäische Marke übertragen werden kann.<br />

77 Vgl. dazu die Ausführungen unter F.


14<br />

e) Das Prinzip der freien Übertragung<br />

Dieses nicht häufig zu den Gr<strong>und</strong>prinzipien gezählte Prinzip 78 drückt die rechtlich<br />

zulässige Trennung der Gemeinschaftsmarke vom Geschäftsbetrieb aus <strong>und</strong> ist für die<br />

vorliegende Arbeit von entscheidender Bedeutung: Denn wäre die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

nicht von dieser Maxime getragen, so bedürfte das Thema des<br />

<strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s, zumindest für die europäische Ebene, keiner Untersuchung.<br />

Das Prinzip der freien Übertragbarkeit stand schon zu Anfang der Entwicklung der<br />

Gemeinschaftsmarke so gut wie fest <strong>und</strong> war dementsprechend kein großer Diskussions<strong>und</strong><br />

Streitpunkt während ihrer Entwicklungsphase 79 . Bereits in dem ersten<br />

gemeinschaftsmarkenrechtlichen Vorentwurf aus dem Jahre 1964 war der Gr<strong>und</strong>satz der<br />

freien Übertragbarkeit der Gemeinschaftsmarke in Art. 23 enthalten <strong>und</strong> konnte bereits<br />

in dem Verordnungsvorschlag 1980 nahezu abschließend geregelt werden, da dieser<br />

Gr<strong>und</strong>satz in den meisten Mitgliedstaaten der EU anerkannt war oder gefordert wurde 80 .<br />

Als modern ausgerichtetes <strong>Marken</strong>recht wollte die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>mit</strong><br />

der Aufnahme der freien Übertragbarkeit der Marke dem wirtschaftlichen Bedürfnis<br />

nachkommen 81 . Trotz der gr<strong>und</strong>sätzlichen Befürwortung der freien Übertragbarkeit der<br />

Marke wurde in ihr auch die Gefahr eines um sich greifenden <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s gesehen 82 .<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz der freien Übertragbarkeit der Marke ist heute ein tragender Pfeiler im<br />

Verwertungsbereich der Marke. Zu prüfen wird sein, ob der gr<strong>und</strong>sätzlich freien Übertragbarkeit<br />

der Gemeinschaftsmarke spezielle markenrechtliche Grenzen <strong>und</strong> eventuell<br />

auch andere rechtliche Schranken gesetzt sind.<br />

II. Die Erste <strong>Marken</strong>richtlinie<br />

1. Entwicklung <strong>und</strong> Ziele der Richtlinie<br />

Die Entwicklung der Richtlinie verlief weitgehend parallel <strong>mit</strong> der der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung,<br />

da man schnell nach der Idee zur Schaffung einer Gemeinschaftsmarke<br />

erkannt hatte, daß sie sich politisch erstmals nur verwirklichen ließe, wenn<br />

zumindest zunächst die nationalen <strong>Marken</strong>rechte koexistierten 83 . Aus dieser Erkenntnis<br />

heraus verfolgte die EU ihr Ziel eines unbegrenzten Handels <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong>artikeln<br />

innerhalb des Gemeinsamen Marktes <strong>mit</strong> einem zweigleisigen Vorgehen. Auch die<br />

Denkschrift, die eigentlich nur die Gemeinschaftsmarke behandelt <strong>und</strong> sich <strong>mit</strong> der<br />

Angleichung einzelstaatlicher <strong>Marken</strong>rechtsvorschriften nur insoweit befaßt, als sie für<br />

die verbleibenden Konfliktfälle eine Lösung darstellen konnte, befürwortet den<br />

Koexistenz-gedanken; sah aber gleichzeitig in der Angleichung des innerstaatlichen<br />

78 Auch Hackbarth zählt dieses Prinzip zu den Gr<strong>und</strong>prinzipien der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, S. 28.<br />

79 Schon 1960 sprach sich die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht für die freie<br />

Übertragbarkeit aus, GRUR Int. 1960, 359, 360 (Punkt 10); demgegenüber ist die deutsche Entwicklung weitaus<br />

schwieriger <strong>und</strong> schwerfälliger gewesen; erst durch § 47 ErstrG aus dem Jahre 1992 wurde das Prinzip der freien<br />

Übertragbarkeit in das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz aufgenommen, vgl. ausführliche Darstellung dazu unter C. I. 1..<br />

80 Ausführlicher dazu Schönfeld, S. 59.<br />

81 Die Denkschrift weist explizit daraufhin, GRUR Int. 1976, 481, 497, vgl. auch oben unter B. I. 2..<br />

82 Vgl. Droste/Reimer, GRUR 1974, 636, 645, unter der Prämisse des Vorliegens eines Geschäftsbetriebes als<br />

Eintragungsvoraussetzung wurde die Gefahr allerdings als nicht sehr groß angesehen.<br />

83 Vgl. die Darstellung des Koexistenzprinzips der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung unter B. I. 3. c).


15<br />

<strong>Marken</strong>rechts keine Alternative zur Schaffung einer Gemeinschaftsmarke 84 . Die<br />

Richtlinie wurde folglich als Anhang <strong>und</strong> Ergänzung beim Vorhaben der Schaffung der<br />

Gemeinschafts-marke angesehen 85 , zumal die Attraktivität der Gemeinschaftsmarke von<br />

ihr auch nicht untergraben werden sollte. Sie wurde an den für die Gemeinschaftsmarke<br />

entwickelten gr<strong>und</strong>legenden Vorstellungen ausgerichtet 86 , um so die nationalen<br />

<strong>Marken</strong>rechte an das System der Gemeinschaftsmarke anzupassen 87 .<br />

Mit dem ersten Verordnungsvorschlag für eine Gemeinschaftsmarke legte die<br />

Kommission dem Rat im November 1980 gleichzeitig auch den ersten „Vorschlag einer<br />

ersten Richtlinie des Rates zur Angleichung des <strong>Marken</strong>rechts der Mitgliedstaaten“ vor,<br />

der, interessanterweise, den Ausschluß anderer Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten,<br />

wie beispielsweise die Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb, auf die <strong>Marken</strong><br />

enthält 88 . Gegen diesen Ausschluß hat sich insbesondere der Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialausschuß<br />

gewandt 89 ; seine Kritik wurde schon in den „Geänderten Vorschlag einer<br />

Ersten Richtlinie des Rate zur Angleichung der Rechtsvorschriften über die <strong>Marken</strong>“ von<br />

1985 einbezogen, indem nun die Anwendung außerzeichenrechtlicher Normen der<br />

Mitgliedstaaten gestattet wurde 90 . Diese Regelung befindet sich unverändert in der drei<br />

Jahre später folgenden endgültigen Fassung der Ersten Richtlinie des Rates zur<br />

Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die <strong>Marken</strong>, die am 21.<br />

Dezember 1988 vom Rat der Europäischen Gemeinschaft erlassen wurde 91 .<br />

Das eigene Ziel der Richtlinie ist eine Angleichung der verschiedenen<br />

Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, um die Unterschiede<br />

der nationalen <strong>Marken</strong>rechte zu beseitigen, welche den freien Waren- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsverkehr behindern <strong>und</strong> die Wettbewerbsbedingungen in der<br />

Gemeinschaft verfälschen 92 . Dafür sollen in allen Mitgliedstaaten gleiche Regelungen<br />

für Erwerb <strong>und</strong> Erhaltung der Marke gelten 93 , <strong>und</strong> der durch die Marke ver<strong>mit</strong>telte<br />

Schutz wird gr<strong>und</strong>sätzlich vereinheitlicht. Die Richtlinie verfolgt demnach dieselbe<br />

Zielsetzung wie die Gemeinschaftsverordnung 94 , nur auf andere Weise <strong>und</strong> in kleineren<br />

Dimensionen.<br />

Eine vollständige Angleichung der <strong>Marken</strong>rechte der Mitgliedstaaten enthält die<br />

Richtlinie nicht, sie konzentriert sich zunächst nur auf diejenigen Vorschriften, die sich<br />

84 Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 485<br />

85 Kunz-Hallstein GRUR Int. 1992, 81¸Denkschrift GRUR Int. 1976, 481, 482 ff; so auch Gloy, Festschrift für v.<br />

Gamm, S. 257, 267, der die Richtlinie als „flankierende Maßnahme , die die Schaffung der Gemeinschaftsmarke<br />

begleiten soll“ versteht<br />

86 Dies ist an den zum Teil wörtlich übereinstimmenden Regelungen der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong><br />

Richtlinie erkennbar, beispielhaft sei hier nur der <strong>Marken</strong>begriff in Art. 4 GemMVO <strong>und</strong> Art. 2 RL angeführt.<br />

87 Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 81, 82<br />

88 ABl. Nr. C 351 v. 31. 12.80, S. 1 ff <strong>und</strong> dritter Erwägungsgr<strong>und</strong>, S. 1 im Speziellen<br />

89 Stellungnahme des Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialausschusses, ABl. C 310 v. 30.11.81, 23<br />

90 ABl. Nr. C 351 v. 31.12.85, S. 4 ff <strong>und</strong> dritter Erwägungsgr<strong>und</strong>, S. 5<br />

91 Sechster Erwägungsgr<strong>und</strong> der Richtlinie, GRUR Int. 1989, 294<br />

92 Richtlinie, Erwägungsgr<strong>und</strong> 1, GRUR Int. 1989, 294<br />

93 Richtlinie, Erwägungsgr<strong>und</strong> 7, GRUR Int. 1989, 294<br />

94 Vgl. unter B. I. 2.


16<br />

am un<strong>mit</strong>telbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken 95 . So wurden<br />

die gr<strong>und</strong>legend materiellen Bereiche, wie <strong>Marken</strong>begriff, Eintragungshindernisse bzw.<br />

Ungültigkeitsgründe, Schutzumfang <strong>und</strong> Benutzungszwang angeglichen. Von der<br />

Vereinheitlichung des innerstaatlichen Rechts wurden zunächst insbesondere die<br />

Verfahrensbestimmungen für die Eintragung, für den Verfall <strong>und</strong> die Ungültigkeit <strong>und</strong><br />

deren Rechtswirkungen ausgenommen.<br />

2. Rechtswirkung für die Mitgliedstaaten<br />

Die Richtlinie verpflichtet entsprechend Art. 249 S. 3 EGV 96 die Mitgliedstaaten im<br />

Gegensatz zur Verordnung, die selbständig Sachverhalte gemeinschaftsrechtlich regelt,<br />

nur hinsichtlich des zu erreichenden Zieles. Dagegen überläßt sie den Mitgliedstaaten die<br />

Wahl der Form <strong>und</strong> der Mittel zur Durchsetzung der gemeinschaftlich bestimmten Ziele<br />

(Art. 94 f EGV 97 ). Daraus ergibt sich, daß die Richtlinie gr<strong>und</strong>sätzlich nicht un<strong>mit</strong>telbar<br />

geltendes Recht in den Mitgliedstaaten schafft 98 , sondern der Umsetzung bedarf. Die<br />

Richtlinie bildet demnach die erste Stufe eines zweistufigen Recht-setzungsverfahrens.<br />

Auf dieser ersten Stufe wird das Harmonisierungsprogramm bindend festgeschrieben 99 .<br />

Auf der zweiten Stufe müssen die Mitgliedstaaten - Art. 249 EGV begründet für sie eine<br />

Durchführungspflicht - die Richtlinie inhaltlich in nationales Recht 100 umsetzen. Wie<br />

genau die Richtlinie umgesetzt werden muß, hängt davon ab, ob sie Mindest- oder<br />

zugleich Höchststandards aufstellt <strong>und</strong> ihre Regelungen obligatorische oder nur<br />

fakultative sind. Die Beantwortung dieser Frage ist ein Problem der Auslegung <strong>und</strong> wird<br />

deshalb in Zusammenhang <strong>mit</strong> der Auslegungsthematik behandelt 101 .<br />

Aus der Durchführungspflicht der Mitgliedstaaten folgt die Sperrwirkung der<br />

Richtlinie 102 . Sie erlaubt nach der Umsetzung der Richtlinie keine nachträglichen<br />

Änderungen der nationalen Gesetze außerhalb des von der Richtlinie gesetzten<br />

obligatorischen Rahmens.<br />

Die Richtlinie richtet sich nicht nur an die Mitgliedstaaten als Völkerrechtssubjekte,<br />

vielmehr müssen nach Art. 249 EGV „die innerstaatlichen Stellen“ die Richtlinie<br />

inhaltlich verwirklichen. So<strong>mit</strong> sind alle Träger öffentlicher Gewalt, von der<br />

Legislativen über die Exekutive bis zu den Gerichten, für die Umsetzung der Richtlinie,<br />

sei es in Form der Gesetzgebung oder <strong>mit</strong>tels Auslegung, zuständig 103 .<br />

95 Richtlinie, Erwägungsgr<strong>und</strong> 3, GRUR Int. 1989, 294<br />

96 Früher Art. 189 Abs. 3 EWGV, siehe Fn. 15.<br />

97 Früher Art. 100 ff EWGV, siehe Fn. 15.<br />

98 Die Richtlinie kann aber ausnahmsweise nach Ablauf ihrer Umsetzungsfrist un<strong>mit</strong>telbare Wirkung zugunsten<br />

einzelner Marktbürger gegenüber dem Mitgliedstaat entfalten; dieser Punkt ist inzwischen nicht mehr streitig,<br />

wird allerdings theoretisch unterschiedlich begründet; strittig ist dagegen noch, ob die Richtlinie auch die Bürger,<br />

nationale Gerichte <strong>und</strong> Behörden un<strong>mit</strong>telbar binden kann, vgl. zu diesem Komplex Schweer, S. 12 ff.<br />

99 Geiger, EG-Vertrag - Kommentar, Art. 189 Rn. 8<br />

100 In Deutschland ist für das <strong>Marken</strong>gesetz ausschließlich der B<strong>und</strong>esgesetzgeber zuständig, da das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

zum Gewerblichen Rechtsschutz im Sinne von Art. 73 Nr. 9 GG gehört, vgl. Jarass/Pieroth, GG Rn. 20<br />

101 Vgl. Darstellung unter B. V. 2.<br />

102 Geiger, EG-Vertrag - Kommentar,2. Aufl. 1995, Art. 189 Rn. 11<br />

103 Vgl. Würtenberger, Mitt. 1996, 33; für die Gerichte st. Rspr. seit EuGH , Rs. 14/83, Slg. 1984, 1891, 1909 - von<br />

Colson <strong>und</strong> Kamann


17<br />

3. Vorgaben der Richtlinie für die nationalen <strong>Marken</strong>gesetze<br />

Für die vorliegende Untersuchung sind von den insgesamt 17 vorgegebenen Artikeln 104<br />

der Richtlinie hauptsächlich Art. 1 <strong>und</strong> Art. 2, Art. 3 Abs. 2 lit. d <strong>und</strong> Art. 10 von<br />

besonderer Bedeutung. Die ersten beiden Vorgaben beziehen sich auf den Anwendungsbereich<br />

der Richtlinie <strong>und</strong> bestimmen obligatorisch, welche Art von <strong>Marken</strong> (Art. 1) <strong>und</strong><br />

Form der <strong>Marken</strong> (Art. 2) sie für schützenswert erachtet. Art. 3 Abs. 2 lit. d der<br />

Richtlinie enthält den im Zusammenhang <strong>mit</strong> der hiesigen Thematik des <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s<br />

außerordentlich essentiellen Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen <strong>Marken</strong>eintragung.<br />

Dieser Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> ist als Kann-Regelung formuliert <strong>und</strong> muß folglich von den<br />

Mitgliedstaaten nicht umgesetzt werden, sondern kann fakultativ in die nationalen<br />

<strong>Marken</strong>gesetze aufgenommen werden 105 . Der zuletztgenannte Artikel 10 der Richtlinie<br />

gibt die Regelungen des Benutzungszwangs für die Mitgliedstaaten obligatorisch vor.<br />

Auffällig ist die Tatsache, daß die Richtlinie im Gegensatz zur <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

in keinem ihrer Artikel die freie Übertragbarkeit der Marke erwähnt,<br />

obgleich sie entsprechend der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung in Art. 8 ausführlich die<br />

Lizenzierbarkeit der Marke <strong>mit</strong> schuldrechtlicher oder dinglicher Wirkung regelt. Die so<br />

ausgestaltete Normierung der Lizenzierbarkeit läßt erkennen, daß auch die Richtlinie von<br />

der Selbständigkeit der Marke <strong>und</strong> ihrer freien Verwertung ausgeht. Demzufolge <strong>und</strong><br />

angesichts der parallelen Ausgestaltung der Richtlinie <strong>mit</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> des dort anerkannten <strong>und</strong> verankerten Übertragungsprinzips 106 kann<br />

zweifellos unterstellt werden, daß auch die Richtlinie das Prinzip der freien<br />

Übertragbarkeit befürwortet <strong>und</strong> entsprechende nationale <strong>Marken</strong>rechtsregelungen<br />

folglich nicht gegen die Richtlinie verstoßen.<br />

Die Richtlinie setzt desweiteren keine expliziten Vorgaben für die Ausgestaltung der<br />

<strong>Marken</strong>inhaberschaft fest <strong>und</strong> schweigt sich auch zu dem Eintragungserfordernis eines<br />

Geschäftsbetriebes aus. Diese Gegebenheiten müssen bei der Betrachtung <strong>und</strong> der<br />

Auslegung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte berücksichtigt werden.<br />

III. Das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz<br />

1. Große Reform des nationalen Warenzeichengesetzes<br />

Bevor der deutsche Gesetzgeber sich an die Umsetzung der Richtlinie begab, mußte er<br />

eine gr<strong>und</strong>legende Entscheidung treffen: Sollte das alte Warenzeichengesetz nur entsprechend<br />

den obligatorischen Regelungen der Richtlinie angepaßt oder über diese<br />

Vorgaben hinaus insgesamt reformiert werden? Diese Überlegungen wurden nicht erst<br />

<strong>mit</strong> Erlaß der Richtlinie angestellt, sondern begleiteten das Entstehungsverfahren der<br />

Richtlinie 107 . Schon seit 1965 wurden Vorarbeiten <strong>und</strong> Reformüberlegungen zum<br />

104 Eine Skizzierung aller Artikel der Richtlinie gibt Schweer, S. 22 ff.<br />

105 Das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz hat diese Regelung als absoluten Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> in § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G<br />

aufgenommen.<br />

106 Vgl. die Darstellung zum Übertragungsprinzip in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung unter B. I. 3. e).<br />

107 Droste/Reimer, GRUR 1974, 636, 638


18<br />

<strong>Marken</strong>recht angestellt 108 . Anstelle einer großen <strong>Marken</strong>rechtsreform kam es aber immer<br />

wieder durch aktuelle Probleme nur zu Teilreformen, so u.a. zur Einführung des<br />

Benutzungszwangs 109 , zur Lockerung der strikten Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb<br />

110 <strong>und</strong> zur Schutzverbesserung gegen <strong>Marken</strong>piraterie 111 .<br />

In dem Diskussionsentwurf des BMJ zur Reform des <strong>Marken</strong>rechts <strong>und</strong> zur Umsetzung<br />

der Richtlinie 112 , der den am <strong>Marken</strong>schutz interessierten Kreisen zur Stellungnahme<br />

zugeleitet <strong>und</strong> insgesamt sehr positiv aufgenommen wurde 113 , findet sich die<br />

Entscheidung zur großen <strong>Marken</strong>rechtsreform, die auch bis zur Gesetzesverabschiedung<br />

des <strong>Marken</strong>rechts nicht aufgegeben wurde 114 <strong>und</strong> erst die dritte große <strong>Marken</strong>reform seit<br />

dem Gesetz v. 1874 (1894, 1936) ist 115 . Mit der großen <strong>Marken</strong>rechtsreform wollte man<br />

die Chance endlich nutzen, ein umfassendes modernes <strong>Marken</strong>gesetz zu schaffen. Das<br />

deutsche <strong>Marken</strong>recht ist so<strong>mit</strong> völlig neu gestaltet worden, ein beachtlicher <strong>und</strong><br />

wichtiger Umstand, der besonders bei der Auslegung des <strong>Marken</strong>gesetzes zu<br />

berücksichtigen ist 116 .<br />

2. Ziele der <strong>Marken</strong>rechtsreform<br />

Mit dem neuen <strong>Marken</strong>gesetz, das am 1. Januar 1995 in Kraft getreten ist 117 <strong>und</strong> das alte<br />

Warenzeichengesetz abgelöst hat, ist der deutsche Gesetzgeber seiner Umsetzungspficht<br />

118 aus der <strong>Marken</strong>richtlinie nachgekommen. Allerdings konnte die Umsetzungsfrist<br />

119 bis zum 31.12.1992, bedingt durch die deutsche Wiedervereinigung <strong>und</strong> die sich<br />

aus ihr ergebenden Probleme im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes nicht<br />

eingehalten werden 120 .<br />

Primärer Impuls für die Verabschiedung des neuen <strong>Marken</strong>gesetzes war die Realisierung<br />

der Vorgaben der Richtlinie. Die obligatorischen Bestimmungen der Richtlinie wurden<br />

teilweise - auch wenn dazu keine Pflicht besteht 121 - wörtlich in das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

108 Siehe Harmsen, Festschrift 10 Jahre BPatG 1971, S. 117; Droste/Reimer, GRUR 1974, 636, 638; Beier, GRUR<br />

Int. 1973, 407, 408 <strong>mit</strong> dem expliziten Hinweis auf die Notwendigkeit einer großen Zeichenrechtsreform.<br />

109 Durch ÄnderungsG vom 4.9.1967<br />

110 Durch § 47 ErstreckungsG v. 23.4.1992, BGBl. I, 953 = GRUR 1992, 749<br />

111 Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums <strong>und</strong> zur Bekämpfung der Produktpiraterie v. 7.3.1990,<br />

BGBl. I, 422<br />

112 Ref. III B 5, Stand v. 23.2.1993, GRUR 1993, 599<br />

113 Gloy, Festschrift für Rowedder, S. 77<br />

114 Vgl. zum Gang der Gesetzgebung, v. Mühlendahl, Deutsches <strong>Marken</strong>recht, S. 3<br />

115 Vgl. Meister, GRUR 1994, 167<br />

116 In der Begründung, <strong>Marken</strong>G BT-Drucksache 12/6581, S. 59 heißt es, daß <strong>mit</strong> „der völligen Neugestaltung des<br />

<strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetzes auch ein Neuanfang bei der Auslegung gemacht werden soll“<br />

117 s.o. Fn. 2<br />

118 Vgl. die Darstellung unter B. II. 2.<br />

119 Die ursprünglich vorgesehene Umsetzungsfrist bis zum 31.12.1991 wurde durch die Entscheidung 92/10/EWG<br />

des EG-Ministerrats v. 19.12.1991, Abl. 1992 Nr. L 6 S. 35 bis zum 31.12.1992 verlängert.<br />

120 Vgl. die Begründung der B<strong>und</strong>esregierung, BT-Drucksache 12/6581, 54. Für das sich hier stellende Problem, ob<br />

<strong>und</strong> welche un<strong>mit</strong>telbare Wirkung der Richtlinie nach Ablauf der Umsetzungsfrist zukommt, siehe Gamm, GRUR<br />

1990,313, 323, Fn 126-127 m.v.N.; Schweer, S. 13<br />

121 Siehe dazu obige Darstellung zur Umsetzungspflicht unter B. II. 2..


19<br />

übernommen, ein Umstand, den es bei der Auslegung zu beachten gilt 122 . Von den<br />

fakultativen Vorschriften der Richtlinien wurden auch viele in das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

übernommen; so wurde der für die weitere Untersuchung bedeutungsvolle Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

der bösgläubigen Eintragung der Richtlinie kopiert 123 .<br />

Neben dem Hauptziel der Umsetzung der Richtlinie strebte das deutsche Parlament <strong>mit</strong><br />

der <strong>Marken</strong>rechtsreform die schon erwähnte 124 Intention nach einem umfassenden<br />

modernem Kennzeichnungsrecht an. So wurde das <strong>Marken</strong>gesetz als ein nicht nur die<br />

Marke 125 als Kennzeichen sondern alle Kennzeichnungsrechte umfassendes Regelwerk<br />

ausgearbeitet. Nunmehr wurden auch wettbewerbsrechtliche Tatbestände in das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz einbezogen <strong>und</strong> eigenständige Verfahrensregelungen in <strong>Marken</strong>sachen<br />

anstelle der bisherigen Bezugnahme auf patentrechtliche Vorschriften verfaßt. Auch<br />

wurden umgehend die künftigen internationalen Entwicklungen auf dem Gebiet des<br />

<strong>Marken</strong>schutzes berücksichtigt <strong>und</strong> die Bestimmungen über den Schutz von <strong>Marken</strong><br />

nach dem MMA aufgenommen. Dagegen regelte das neue <strong>Marken</strong>gesetz anfänglich<br />

noch nicht seine durch eine Auflage der EU bis spätestens Anfang 1997 zu<br />

verwirklichende Verzahnung <strong>mit</strong> der Gemeinschaftsmarke, obwohl im Gesetzgebungsverfahren<br />

des <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetzes die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung wohlbekannt<br />

war, diese Verknüpfung wurde erst durch das <strong>Marken</strong>rechtsänderungsgesetz<br />

1996 126 <strong>mit</strong> der Einfügung der §§ 125 a bis 125 h in das <strong>Marken</strong>gesetz geschaffen 127 .<br />

Die Aufnahme von wettbewerbsrechtlich orientierten Bestimmungen in das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

hat nicht zur Folge, daß das <strong>Marken</strong>gesetz nunmehr als abschließendes Sondergesetz<br />

angesehen werden muß <strong>und</strong> das eigentliche Wettbewerbsrecht bei markenrechtlichen<br />

Sachverhalten nicht mehr geprüft werden darf 128 . Diese Sachlage bedingt für die<br />

vorliegende Arbeit, daß sie sich bei der Prüfung der Schranken für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong><br />

nicht nur auf das <strong>Marken</strong>gesetz konzentrieren <strong>und</strong> beschränken darf, sondern für eine<br />

umfassende Untersuchung auch die anderweitig bestehenden Schranken berücksichtigen<br />

muß.<br />

IV. Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> Marke als verfassungsrechtliches Schutzgut<br />

Die den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> ermöglichende rechtliche Ausgestaltung der Gemeinschaftsmarke<br />

<strong>und</strong> der Marke als immaterielle selbständige Vermögensgegenstände genießt ver-<br />

122 Zur Auslegung ausführlich unter B. V. 4..<br />

123 Art. 3 Abs. 2 d) RL, § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G<br />

124 Unter B. III. 1.<br />

125 Der für das deutsche Zeichenrecht neue Begriff „Marke“ weicht von der begrifflichen Systematik des alten<br />

Warenzeichenrechts ab <strong>und</strong> ersetzt die alten Begriffe „Warenzeichen <strong>und</strong> Dienstleistungsmarke“, die nunmehr im<br />

<strong>Marken</strong>gesetz keine Verwendung mehr finden; vgl. die ausführliche Darstellung zum Begriff der Marke unter D.<br />

II.1. c).<br />

126 Das <strong>Marken</strong>rechtsänderungsgesetz wurde am 19.7.1996 verkündet <strong>und</strong> trat am 20.7.1996 in Kraft, BGBl I 1996,<br />

1014.<br />

127 Vgl. dazu Vogt, NJW 1996, 2276 f.<br />

128 Ausführlich dazu unter C. III. 4. a)


20<br />

fassungsrechtlichen Schutz. Diese rechtsdogmatische Gr<strong>und</strong>lage des europäischen <strong>und</strong><br />

<strong>deutschen</strong> Zeichenrechts kann im Rahmen dieser Arbeit allerdings nur kursorisch<br />

dargestellt werden.<br />

1. Verfassungsschutz für die Gemeinschaftsmarke<br />

Die Gemeinschaftsmarke als gemeinschaftsrechtliches Zeichenrecht wird aufgr<strong>und</strong> des<br />

Vorrangprinzips des Gemeinschaftsrechts im Gr<strong>und</strong>rechtsbereich nicht durch die<br />

nationalen Verfassungsrechte geschützt 129 , verfassungsrechtlicher Maßstab sind vielmehr<br />

die Gemeinschaftsgr<strong>und</strong>rechte, die mangels geschriebenen Gr<strong>und</strong>rechtskatalogs in den<br />

Gemeinschaftsverträgen vom EuGH seit 1969 als allgemeine Rechtsgr<strong>und</strong>sätze anhand<br />

der gemeinsamen nationalen Verfassungsüberlieferungen <strong>und</strong> der internationalen<br />

Verträgen über den Schutz der Menschenrechte 130 entwickelt wurden 131 .<br />

Die Gemeinschaftsmarke als immaterielles Vermögensgut unterliegt dem gemeinschaftlichen<br />

Gr<strong>und</strong>recht auf Eigentum. Diesem Gr<strong>und</strong>recht kam bei der europäischen Gr<strong>und</strong>rechtsentwicklung<br />

eine beträchtliche Bedeutsamkeit zu 132 <strong>und</strong> wurde in der Hauer-<br />

Entscheidung erstmalig vom EuGH ausdrücklich für das traditionelle Sacheigentum<br />

anerkannt 133 . Indessen wurde soweit ersichtlich das immaterielle Eigentum bislang<br />

lediglich in Form von privaten Forderungsrechten in Entscheidungen des EuGH unter<br />

die gemeinschaftsrechtliche Eigentumsgarantie subsumiert, aber noch nicht immaterielle<br />

Vermögensgegenstände 134 . Neuere Entscheidungen lassen aber die Tendenz des EuGH<br />

erkennen, auch diese Eigentumsart als verfassungsrechtlich schützenswert zu erachten,<br />

denn sie umschreiben das gewährleistete Eigentum negativ dahingehend, daß ein<br />

wirtschaftlicher Vorteil von der Rechtsordnung der Gemeinschaft dann nicht als<br />

Eigentum geschützt wird, wenn er „weder aus dem Vermögen noch aus der<br />

Berufstätigkeit des Betroffenen herrührt 135 “. Diese weite <strong>und</strong> vage Bestimmung wird<br />

129 Dieser Vorrang ist ausdrücklich in EuGH, Rs. 44/79, Slg. 1979, 3727, 3744 – Hauer/Land Rheinland-Pfalz, <strong>und</strong><br />

in EuGH, Rs. 97 bis 99/87, Slg. 1989, 3165, 3191, formuliert. Auch die Mitgliedstaaten haben die Erfordernisse<br />

des Gr<strong>und</strong>rechtsschutzes in der Gemeinschaftsordnung bei der Durchführung der gemeinschaftlichen Regelungen<br />

zu beachten, vorliegend die zuständigen Gerichte der Mitgliedstaaten für die Klagen betreffend die<br />

Gemeinschaftsmarke nach Art. 90 ff GemMVO, vgl. EuGH, Rs. C-63/93, EuZW 1996, 309, 312 – Fintan Duff.<br />

130 Ausführlich zum Eigentumsschutz der EMRK, Peukert, EuGRZ 1981, 97 ff <strong>und</strong> v. Milczewski, S. 114 ff.<br />

131 Vgl. Ress/Ukrow, EuZW 1990, 499 ff; Bleckmann/Pieper, RIW 1993, 969 ff; Lenz, EuGRZ 1993, 585 ff,<br />

Bleckmann, Festschrift für Börner, S. 29 ff. Die zwischenzeitlich in Art. F Abs. 2 EUV formulierte Anerkennung<br />

der gemeinschaftsrechtlichen Gr<strong>und</strong>rechte führt rechtsdogmatisch nicht zur Normierung der EMRK <strong>und</strong> der<br />

gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als verfassungsrechtliche Gr<strong>und</strong>lage für die<br />

Europäische Union, vielmehr bleiben weiterhin die allgemeinen Rechtsgr<strong>und</strong>sätze des Gemeinschaftsrechts die<br />

Legitimationsgr<strong>und</strong>lage für die europäischen Gr<strong>und</strong>rechte, dazu G/T/E-Bengt Beutler, Art. F Rn. 28; Bleckmann,<br />

Rn. 98<br />

132 Dieser Umstand ist aus vorherrschender Zielsetzung des EGV bis zum Inkrafttreten der Änderung durch den<br />

Unionsvertrag von Maastricht, die wirtschaftliche Integration zu fördern, leicht verständlich, vgl. Müller-<br />

Michaelis, S. 36.<br />

133 EuGH Rs. 44/79, 13.12.1979 Hauer/Land Rheinland-Pfalz Slg. 1979, 3727, 3745 ff, <strong>mit</strong> Anm. Beutler EuR 1980,<br />

130. Zum Entwicklungsprozeß der Eigentumsgarantie, vgl. Thiel, JuS 1991, 274, 278; ausführlich zum<br />

Schutzbereich des gemeinschaftsrechtlichen Eigentumsgr<strong>und</strong>rechts, vgl. v. Milczewski, S. 250 ff <strong>und</strong> Rengeling,<br />

S. 30 ff.<br />

134 EuGH, Urt. v. 23.11.1983 – van der Mussele hinsichtlich der Forderungsrechte. Die Kommission hat dagegen in<br />

einer Entscheidung vom 4.10.1994 (S<strong>mit</strong>h Kline <strong>und</strong> French Laboratories Ltd/Niederlande, EuGRZ 1991, 365 f)<br />

ein niederländisches Patent als immaterielles Eigentum für verfassungsrechtlich schützenswert anerkannt.<br />

135 EuGH, Rs. C-44/89, Slg. 1991, I-5119 Tz. 27 – Deetzen II; EuGH, Slg. 1994, I-955 Tz. 19 - Bostock


21<br />

durch den Tatbestand konkretisiert, indem der EuGH den Eigentumsschutz nur auf<br />

gesetzlich gewährleistete <strong>und</strong> nicht auch auf tatsächliche Positionen bezieht 136 . Da<strong>mit</strong> ist<br />

insgesamt gesehen für die europäische Eigentumsgarantie maßgebend, daß der<br />

wirtschaftliche Vorteil durch Einsatz von Kapital oder Arbeitskraft erlangt wird <strong>und</strong><br />

diese Vermögensposition gleichzeitig ihrem Initiator gesetzlich anerkannt <strong>und</strong> zugewiesen<br />

wird 137 . Die Gemeinschaftsmarke erfüllt diese Voraussetzungen <strong>und</strong> genießt<br />

folglich gemeinschaftsrechtlichen Eigentumsschutz, gleich ob sie erstmalig in das<br />

<strong>Marken</strong>register eingetragen oder rechtsgeschäftlich übertragen wurde. So erfordert die<br />

Gemeinschaftsmarke einmal bei ihrer Neugestaltung von ihrem Inhaber sowohl<br />

arbeitsmäßigen wie auch finanziellen Einsatz für ihre Kreation <strong>und</strong> Registrierung <strong>und</strong><br />

wird durch die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung rechtlich anerkannt, indem sie dem<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber konstitutiv <strong>mit</strong> umfassenden Nutzungs- <strong>und</strong> Verfügungsrechten<br />

zugewiesen wird; bei der Übertragung der Gemeinschaftsmarke muß der<br />

Rechtsnachfolger auch wiederum Kapital für die Gemeinschaftsmarke aufwenden <strong>und</strong><br />

tritt in die Rechtsstellung des ursprünglichen <strong>Marken</strong>inhabers nach den Regelungen der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ein.<br />

Das europäische Eigentumsgr<strong>und</strong>recht kann Einschränkungen unterliegen, soweit sie<br />

tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen <strong>und</strong> im<br />

Hinblick auf den verfolgten Zweck verhältnismäßig sind <strong>und</strong> nicht den Wesensgehalt der<br />

Eigentumsgarantie antasten 138 . Diese Einschränkungsmöglichkeit geht folglich weitgehend<br />

konform <strong>mit</strong> der Einschränkbarkeit des <strong>deutschen</strong> Eigentumsgr<strong>und</strong>rechts 139<br />

2. Verfassungsschutz für die Marke<br />

Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht hat schon zu Zeiten des Warenzeichengesetzes <strong>und</strong> dem<br />

damals geltenden strengen Bindungsprinzip der Marke an den Geschäftsbetrieb in seiner<br />

Entscheidung Weinbergrolle 140 erstmalig die Marke als gr<strong>und</strong>rechtlich durch Art. 14<br />

Abs. 1 S. 1 GG geschütztes Eigentumsrecht anerkannt 141 . In der heutigen Ausgestaltung<br />

durch das <strong>Marken</strong>gesetz als völlig selbständiges immaterielles Vermögensgut genießt<br />

die Marke selbstredend auch verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz. Problematisch ist<br />

allerdings, welche Rechtsgr<strong>und</strong>lage für diesen Eigentumsschutz nunmehr einschlägig ist.<br />

Durch die Richtlinie <strong>und</strong> ihre Umsetzung hat das <strong>Marken</strong>gesetz einen gemeinschaftsrechtlichen<br />

Einschlag erhalten, der die Anwendung des europäischen Eigentumsgr<strong>und</strong>rechts<br />

anstelle der Eigentumsgarantie nach dem Gr<strong>und</strong>gesetz erfordern könnte.<br />

Nach anfänglicher Zurückhaltung sieht der EuGH gegenwärtig die Mitgliedstaaten, auch<br />

bei gemeinschaftsrechtlich determinierten Rechtsakten, wie vorliegend das harmonisierte<br />

136 EuGH, Rs. 4/73, Slg. 1974, 491 Tz. 14 – Nold; zuletzt EuGH, Rs. C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Tz. 23 – SMW<br />

Winzersekt<br />

137 Vgl. Müller-Michaelis, S. 37<br />

138 Gr<strong>und</strong>legend EuGH, Rs. 11/70, Slg. 1970, 1125, 1135 – Internationale Handelsgesellschaft; zuletzt EuGH, Rs. C-<br />

44/94, EuZW 96, 313, 315 – The Queen; siehe dazu auch Rengeling, S. 42 ff <strong>und</strong> 48 f; Pernice, NJW 1990, 2409,<br />

2415 f ; Lenz, EuGRZ 1993, 585, 588<br />

139 Siehe nur Maunz-Dürig/Papier, Gr<strong>und</strong>gesetz-Komm., Art. 14, Rn. 254 ff <strong>und</strong> 272 ff.<br />

140 BVerfG, GRUR 1979, 773; zuletzt BVerfG, WRP 1997, 424, 428 – Rauchen gefährdet die Ges<strong>und</strong>heit<br />

141 Dazu ausführlich Krieger, GRUR 1980, 335 ff.


22<br />

<strong>Marken</strong>gesetz, als an die Gemeinschaftsgr<strong>und</strong>rechte geb<strong>und</strong>en an 142 . Nachdem das<br />

BVerfG sich gegen diesen Vorrang der Gemeinschaftsgr<strong>und</strong>rechte zunächst in seiner<br />

Solange-I-Entscheidung 143 ausgesprochen hat, hat es in seiner Solange-II-<br />

Entscheidung 144 die <strong>mit</strong>gliedstaatliche Bindung an die Gemeinschaftgr<strong>und</strong>rechte dann<br />

prinzipell anerkannt 145 . Inwieweit das BVerfG in seiner Maastricht-Entscheidung 146 , in<br />

der das Gericht von einem „Kooperationsverhältnis“ <strong>mit</strong> dem EuGH beim Gr<strong>und</strong>rechtsschutz<br />

vor Gemeinschaftsakten spricht, von seiner Solange-I-Rechtsprechung abrückte,<br />

ist bislang noch nicht ersichtlich. Im Schrifttum wird der Vorrang der Gemeinschaftsgr<strong>und</strong>rechte<br />

teilweise befürwortet, aber auch häufig aus kompetenzrechtlichen Gründen<br />

abgelehnt 147 . Welcher Meinung der Vorzug zu geben ist, kann hier letztendlich offen<br />

gelassen werden, da der Schutzbereich des europäischen <strong>und</strong> des <strong>deutschen</strong> Eigentumsgr<strong>und</strong>rechts<br />

<strong>und</strong> ihre Schranken, bezogen auf die <strong>Marken</strong>, nahezu übereinstimmt <strong>und</strong><br />

folglich der materielle Maßstab für den Umfang des Eigentumsschutzes derselbe ist 148 .<br />

V. Auslegungsmaßstäbe<br />

Für die vorliegende Untersuchung ist es bedeutsam, sich die Auslegungsmethoden für<br />

die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, die Richtlinie <strong>und</strong> das <strong>Marken</strong>gesetz bewußt zu<br />

machen. Eine detaillierte <strong>und</strong> allumfassende Auseinandersetzung <strong>mit</strong> der Auslegungsproblematik<br />

soll <strong>und</strong> kann hier allerdings nicht vorgenommen werden, insbesondere, da<br />

die Thematik der allgemeinen europäischen Methodenlehre einen eigenständigen <strong>und</strong><br />

komplexen Themenbereich darstellt, <strong>mit</strong> dem sich das Schrifttum erst in letzter Zeit<br />

näher befaßt <strong>und</strong> der weiterhin einer intensiven Analyse bedarf 149 .<br />

1. Auslegungsmethoden für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, die selbst keine Auslegungsregeln für sich<br />

enthält, stellt sek<strong>und</strong>äres Gemeinschaftsrecht dar. Dieses <strong>und</strong> das primäre Gemeinschaftsrecht,<br />

die EG-Verträge, werden als Bestandteile einer einheitlichen Rechts-<br />

142 EuGH, Rs. 5/88, Slg. 1989, 2609; vgl. zur diesbezüglichen Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH Ruffert,<br />

EuGRZ 1995, 518, 520 ff.<br />

143 BVerfGE 37, 271 ff<br />

144 BVerfGE 73, 339 ff<br />

145 Siehe ausführlich zur Entwicklung der Rechtsprechung des BVerfG zum Verhältnis von nationalem Recht <strong>und</strong><br />

Gemenschaftsrecht Schweitzer, Staatsrecht III, 1991, Rn. 50 ff <strong>und</strong> Magiera, Jura 1989, 595, 596 f<br />

146 BVerfGE 89, 155 ff = EuR 1993, 294 m. Bespr. Ispen, EuR 1994, 1<br />

147 Die Maastricht-Entscheidung hat die Diskussion wieder stark belebt, guter Überblick über die verschiedenen<br />

Ansichten bei Ruffert, EUGRZ 1995, 518, 523 ff; siehe auch Pernice, Gedächtnisschrift für Grabitz, S. 523; Horn,<br />

DVBl 1995, 89 ff; Wittkowsky, BayVBl. 1994, 359 ff; Klein, Gedächtnisschrift für Grabitz, S. 271 <strong>mit</strong> weiteren<br />

zahlreichen Literaturangaben, S. 271, Fn. 2.<br />

148<br />

Verschwiegen werden soll hier aber nicht, daß die verschiedenen Ansichten Auswirkungen auf den<br />

verfahrensrechtlichen Weg haben, bedingt durch die Kompetenzzuständigkeit für die Überprüfung der<br />

gemeinschaftrechtlichen Gr<strong>und</strong>rechte <strong>und</strong> der Gr<strong>und</strong>rechte nach dem Gr<strong>und</strong>gesetz, vgl. Gerstner/Goebel, Jura,<br />

1993, 626, 632; Everling, Gedächtnisschrift für Grabitz, S. 57 ff.<br />

149 Aus jüngster Zeit: Gr<strong>und</strong>mann, Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen Gerichtshof,<br />

1997 <strong>und</strong> Anweiler, Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, 1997; vgl.<br />

auch Nettesheim in Grabitz, Art. 4 EVG, Rn. 43 ff.


23<br />

ordnung nach den gleichen Maßstäben ausgelegt 150 , um auf diese Weise der Forderung<br />

der Einheit des Gemeinschaftsrechts zu entsprechen 151 .<br />

Demnach könnte man zunächst auf die Idee kommen, das europäische Recht nach den<br />

völkerrechtlichen Auslegungsgr<strong>und</strong>sätzen der Art. 31 bis 33 Wiener Vertragskonvention<br />

von 1969 zu interpretieren. Der EuGH, der bis jetzt noch nicht seine Auslegungsdoktrin<br />

exakt formuliert hat, bedient sich aber in seinen Entscheidungen nicht dieser Gr<strong>und</strong>sätze,<br />

da nach ihm der EG-Vertrag eine eigenständige Rechtsordnung darstellt, nach der die<br />

Mitgliedstaaten nicht mehr, wie aber von der völkerrechtlichen Interpretation<br />

vorausgesetzt, die alleinigen „Herrn der Verträge“ sind 152 .<br />

Der Gerichtshof wendet vielmehr die gleichen klassischen Auslegungsmethoden wie die<br />

nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten an (Wortlaut, System, Sinn <strong>und</strong> Zweck sowie<br />

Entstehungsgeschichte); zu diesen setzt er zusätzlich dem Gemeinschaftsrecht<br />

eigentümliche Auslegungsmethoden ein 153 . Eine zwingende Prüfungsreihenfolge besteht<br />

für die Interpretationsmethoden nicht 154 . Auch wenn die Gemeinschaft eine auf<br />

Integration bestimmter wirtschaftlicher <strong>und</strong> sozialer Bereiche angelegte <strong>und</strong> sich<br />

dynamisch entwickelnde ist, ergibt sich daraus aber noch nicht eine „wirtschaftliche“<br />

Interpretation, allerdings bringt sie eine besondere Gewichtung der juristischen<br />

Auslegungsmethoden <strong>mit</strong> sich 155 . So findet neben der systematischen Interpretation die<br />

an der Verwirklichung der Vertragsziele orientierte teleologische Auslegung in der<br />

Praxis des Gerichtshofes besonderes Interesse 156 . Im folgenden sollen die einzelnen<br />

Auslegungsmethoden für das gemeinschaftliche Recht kursorisch dargestellt werden.<br />

Die grammatische Auslegung versucht, wie aus dem nationalen Recht hinlänglich<br />

bekannt, den Wortsinn des europäischen Rechts zu er<strong>mit</strong>teln. Neben der allgemein<br />

bestehenden Schwierigkeit, Bezeichnungen, die eine Wertung ausdrücken, sinngerecht<br />

auszulegen, wie z.B. den in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> Richtlinie<br />

verwendeten <strong>und</strong> noch in dieser Arbeit eingehend zu erörterenden Begriff der<br />

„Bösglaubigkeit“ 157 , ergibt sich hier zusätzlich eine Besonderheit aus der zu<br />

interpretierenden europäischen Norm: ihr Wortlaut ist in allen Amtssprachen<br />

150 Beutler, S. 245<br />

151 Vgl. Zulegg, EuR 1969, 97, 98<br />

152 Gr<strong>und</strong>legend EuGH v. 15.7.1964, Rs. 6/64, Slg. 1964,1251 - Costa/ENEL; teilweise a.A. Bleckmann, NJW 1982,<br />

1177, Bernhardt, Festschrift für Kutscher, S.17 ff, der aufgr<strong>und</strong> der neuen Interpretationstendenzen der<br />

völkerrechtlichen Auslegungsregeln ihre Anwendung auf das Gemeinschaftsrecht nicht von vorneherein ablehnen<br />

will.<br />

153 Pernice, in Grabitz, Art. 164 EGV Rn. 23 ff; in der Entscheidung v. 21.2.1973, Rs. 6/72, Slg. 1973, 215, 244 -<br />

Continental Can weist der EuGH ausnahmsweise daraufhin, daß für die zu entscheidende Frage <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> für die<br />

Auslegung „auf Geist, Aufbau <strong>und</strong> Wortlaut sowie auf System <strong>und</strong> Ziele des Vertrages zurückgegriffen werden<br />

muß“. Aus der Reihenfolge der aufgezählten Auslegungskritierien darf keine zu große Relevanz gezogen werden,<br />

auch wenn der EuGH in jüngeren Urteilen diese Abfolge des öfteren wiederholt hat, so hat er doch selbst in seiner<br />

Entscheidung Rs C-314/91 (Weber), Slg. 1993, I-1093 angeführt, daß zur Interpretation „der Wortlaut der<br />

fraglichen Bestimmung, der Zusammenhang, in dem diese steht, <strong>und</strong> der Zweck der Regelung“ maßgeblich ist,<br />

vgl. Potacs, S. 21 Rn. 21.<br />

154 Zulegg, EuR 1969, 97, 108; Everling, ZGR 3/1992, 376, 381<br />

155 Bleckmann, Europarecht Rn. 550<br />

156 Pernice, in Grabitz, Art. 164 EGV Rn. 23, Groeben, Bd. 3, Art. 164 Rn. 53, Bleckmann, EuR 1979, 239 ff;<br />

Kutscher, EuR 1981, 392, 400<br />

157 Art. 51 Abs. 1 lit. b GemMVO <strong>und</strong> Art. 3 Abs. 2 lit. d RL, vgl. dazu die Darstellungen unter F. II.


24<br />

verbindlich 158 <strong>und</strong> diese mehrsprachigen Fassungen können häufig aufgr<strong>und</strong> von<br />

Widersprüchen zwischen den einzelnen Formulierungen zu Deutungsproblemem führen.<br />

Der EuGH verlangt in einer solchen Situation, sich bei der Auslegung nicht auf einen<br />

eindeutigen Wortlaut der Vorschrift in einer Sprache zu beschränken, sondern die<br />

Textfassungen in den verschiedenen Sprachen zu vergleichen <strong>und</strong> auf System <strong>und</strong><br />

Finalität des Rechtsaktes zurückzugreifen 159 , um so ein gemeinschaftskonformes<br />

Ergebnis zu erzielen <strong>und</strong> dem Erfordernis der einheitlichen Auslegung des<br />

Gemeinschaftsrechts gerecht zu werden 160 . Auch wenn die Wortauslegung einer<br />

europäischen Norm sich schwierig gestalten kann, so kommt ihr doch eine nicht zu<br />

unterschätzende Bedeutung zu, da der Wortsinn zugleich die Grenze der systematischen<br />

<strong>und</strong> teleologischen Auslegungsmöglichkeiten aufzeigt 161 .<br />

Mit Hilfe der systematischen Auslegung wird die einzelne europäische Norm im Kontext<br />

ihres Gesetzesgefüges interpretiert, um so logische Widersprüche bei der Auslegung zu<br />

vermeiden. Diese Auslegungsmethode wurde vornehmlich früher vom EuGH bei der<br />

Auslegung der EG-Verträge selbst angewandt 162 ; für das sek<strong>und</strong>äre Gemeinschaftsrecht<br />

bot sie sich bisher nicht an, da zumeist kein so umfassendes Rechtsgefüge vorlag, das<br />

Aufschluß aus seiner Systematik für die zu interpretierende Einzelnorm hätte geben<br />

können 163 . Inzwischen ist das sek<strong>und</strong>äre Gemeinschaftsrecht <strong>mit</strong> zahlreichen Verordnungen<br />

<strong>und</strong> Richtlinien auf vielen Rechtsgebieten erheblich erweitert worden, so daß die<br />

systematische Auslegung nun auch auf dieser Ebene immer mehr Ansatzpunkte finden<br />

kann. Dies gilt speziell für das Gebiet des <strong>Marken</strong>rechts. Als sek<strong>und</strong>äres<br />

Gemeinschaftsrecht regeln die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> die Richtlinie in<br />

Koexistenz detailliert den Schutz von angemeldeten <strong>und</strong> eingetragenen <strong>Marken</strong>; die<br />

großenteils übereinstimmenden <strong>und</strong> oft gar wortidentischen Regelungen können die<br />

Basis für eine systematische Interpretation einzelner markenrechtlicher Normen<br />

stellen 164 .<br />

Die teleologische Auslegungsmethode fragt nach dem Sinn <strong>und</strong> Zweck der europäischen<br />

Norm <strong>und</strong> bezieht für ihre Antwortsuche auch die Vertragsziele des EG-Vertrages <strong>mit</strong><br />

ein 165 . Bei dem sek<strong>und</strong>ären Gemeinschaftsrecht werden deren Ziel <strong>und</strong> Zweck zudem<br />

den in der Präambel dieser Rechtsakte aufgeführten Erwägungsgründen entnommen 166 .<br />

Durch die Berücksichtigung der Vertragsziele hat die teleologische Auslegung eine<br />

158 VO Nr. 1 EWG, ABl. 1958, S. 385<br />

159 Die grammatikalische Auslegung wird hier <strong>mit</strong> den anderen Auslegungskriterien kombiniert, eine klare Trennung<br />

der einzelnen Kriterien ist gerade bei der Auslegung des europäischen Rechts nicht immer möglich. Kritisch<br />

gegenüber dieser Vorgehensweise, Braselmann, EuR 1992, 55, 70 f.<br />

160 EuGH, Rs. 47/79 (Nehlsen), Slg. 1979, 3639; EuGH, Rs. 30/77 (Boucchereau), Slg. 1977, 1999 Nr. 14. Für den<br />

nationalen Richter bedeutet dies, daß er nicht ohne weiteres auf den ihm aus dem nationalen Recht vertrauten<br />

Begriffsinhalt zurückgreifen kann; dazu auch Bleckmann, ZGR 3/1992, 364, 366 f.<br />

161 Will, S. 70; Bleckmann, Europarecht, Rn. 541<br />

162 Vgl. EuGH v. 21.2.1973, Rs. 6/72, Slg. 1973, 215, 244; EuGH v. 15.7.1964, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1251, 1270 -<br />

Costa/ENEL<br />

163 Vgl. Will, S. 72<br />

164 Ähnlich Will, S. 72, sie will zur systematischen Auslegung markenrechtlicher Normen auch noch zusätzlich<br />

andere den Kennzeichenschutz tangierende Verordnungen <strong>und</strong> Richtlinien heranziehen.<br />

165 Lenz, EG-Handbuch, S. 87<br />

166 Vgl. Bleckmann, NJW 1982, 1177, 1178


25<br />

außerordentliche Bewandtnis für das Gemeinschaftsrecht erhalten <strong>und</strong> verhilft so zu<br />

einer Interpretation, die eine dynamische <strong>und</strong> optimale Gewährleistung der<br />

wirtschaftspolitischen Finalität der Gemeinschaft ermöglicht 167 . Ausnahmen zu den<br />

gr<strong>und</strong>legenden Vertragsbestimmungen werden deshalb vom EuGH nur eng ausgelegt 168 .<br />

Die letzte darzustellende der vier klassischen Auslegungsmethoden ist die der<br />

historischen, die die Besonderheiten des Rechtssetzungsverfahrens berücksichtigt. Diese<br />

Interpretationsart kommt bei der Auslegung des EG-Vertrages als primäres Gemeinschaftsrecht<br />

nur sehr wenig zur Anwendung, da die Materialien zum EG-Vertrag<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nicht veröffentlicht wurden <strong>und</strong> unter Beachtung des Gr<strong>und</strong>satzes des<br />

rechtlichen Gehörs deshalb auch nicht berücksichtigt werden können 169 . Dagegen kann<br />

die historische Auslegung beim sek<strong>und</strong>ären Gemeinschaftsrecht sehr aufschlußreich<br />

sein 170 . Denn nach Art. 253 EGV 171 sind Verordnungen (sowie Richtlinien) <strong>mit</strong><br />

Entscheidungsgründen zu versehen <strong>und</strong> ebenso werden die Stellungnahmen des<br />

Europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialausschusses im Amtsblatt<br />

veröffentlicht, so daß der geschichtliche Rechtssetzungshintergr<strong>und</strong> gut nachvollzogen<br />

werden kann. Dies trifft auch auf die vorliegend zu untersuchende <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

(<strong>und</strong> Richtlinie) zu, da für sie zahlreiche Materialien vorliegen 172 .<br />

Neben den klassischen Auslegungsregeln gibt es für das Gemeinschaftsrecht zusätzlich<br />

noch besondere Auslegungsmethoden. Im engen Zusammenhang <strong>mit</strong> der teleologischen<br />

Interpretation steht der Auslegungsgr<strong>und</strong>satz des „effet utile“, der die „nützliche<br />

Wirkung“ eruiert, um so den beabsichtigten Kernpunkt des Gemeinschaftsrechts<br />

herauszufinden <strong>und</strong> sicherzustellen, daß jede gemeinschaftsrechtliche Norm Wirkung<br />

entfalten kann 173 . Neuerdings zeichnet sich in der bisher eher großzügigen effet-utile-<br />

Rechtsprechung eine Trendwende zur restriktiveren Anwendung dieser Auslegungsmethode<br />

ab, die wohl bedingt ist vom Subsidaritätsprinzip des neuen Art. 5 Abs. 2<br />

EGV 174 .<br />

Desweiteren ist als besondere Auslegungsmethode die vertrags- <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>rechtskonforme<br />

Auslegung anzuführen 175 , <strong>mit</strong> deren Hilfe das sek<strong>und</strong>äre Gemeinschaftsrecht,<br />

vorliegend die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> die Richtlinie, in Einklang <strong>mit</strong> den<br />

167 Schweitzer/Hummer, Europarecht, S. 136; Bleckmann, ZGR 3/1992, 364, 365; für Bernhardt, Festschrift für<br />

Kutscher, S. 17, 22 stellt die Auslegung an den Vertragszielen eine statische Interpretation dar, da sie nur die<br />

ursprünglichen Ziele der Gemeinschaft berücksichtigt <strong>und</strong> nicht beachtet, was die Mitgliedstaaten in der<br />

Zwischenzeit aus ihnen gemacht haben. Er übersieht hierbei aber die Besonderheit des Vertrages, die darin liegt,<br />

daß die Vertragsziele für die Mitgliedstaaten obligatorisch sind <strong>und</strong> schrittweise verwirklicht werden müssen.<br />

168 Pernice, in Grabitz § 164 Rn. 26 <strong>mit</strong> zahlreichen Rechtsprechungsangaben zum freien Warenverkehr<br />

169 Lediglich die amtlichen Vertragsbegründungen der Gründerstaaten für ihre Parlamente sind veröffentlicht worden<br />

<strong>und</strong> vom EuGH gelegentlich berücksichtigt worden, Beutler, S. 247; vgl. auch Pernice, in Grabitz § 164 Rn. 33;<br />

Kutscher , EuR 1980, 392, 393; Bleckmann, NJW 1982, 1177, 1178.<br />

170 EuGH, Urt. v. 12.11.1969, Rs. 29/69, Slg. 1969, S. 419, 425 - Stauder; EuGH, Urt. v. 26.6.1975, Rs. 41/74, Slg.<br />

1975, S. 795, 807ff -Kommission/Rat; Bleckmann, NJW 1982, 1177, 1178 m.w.N.<br />

171 Früher Art. 190 EWGV, siehe Fn. 15.<br />

172 Vgl. dazu die obigen Ausführungen unter B. I. 1..<br />

173 Bleckmann, NJW 1982, 1177, 1180; Beutler, S. 247; Pernice, in Grabitz, Art. 164 EGV, Rn. 27<br />

174 Früher Art. 3 b Arbs 2 EWGV, siehe Fn. 15; EuGH, Urt. v. 15.12.1993, Rs. C 292/92 - Hünerm<strong>und</strong>, m.Anm.<br />

Möschel, NJW 1994, 781, 782<br />

175 Für Häberle, JZ 1989, 913, 916, ist dies die „fünfte“ Auslegungmethode.


26<br />

Zielen des EG-Vertrages <strong>und</strong> den vom EuGH entwickelten allgemeinen Rechtsgr<strong>und</strong>sätzen,<br />

insbesondere den Gemeinschaftsgr<strong>und</strong>rechten gebracht wird 176 . Entsprechend der<br />

obigen Ausführung ist hier vornehmlich an das gemeinschaftliche Gr<strong>und</strong>recht auf<br />

Eigentum zu denken 177 .<br />

Zuletzt sei noch auf die besondere Auslegungsmethode der Rechtsvergleichung hingewiesen,<br />

die einen Vergleich <strong>mit</strong> entsprechend einschlägigen Normen der einzelnen<br />

Mitgliedstaaten anstellt 178 . Bezogen auf die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung dürfte<br />

diese Vorgehensweise nicht von großem Nachdruck sein, da sie als gemeinschaftsrechtliche<br />

Verordnung in den einzelnen Mitgliedstaaten un<strong>mit</strong>telbar gilt (Art. 249 S. 2<br />

EGV), folglich einheitlich, wenn auch in der Fassung der jeweiligen Landessprache,<br />

verbindlich ist, <strong>und</strong> zudem höchstens nationale Differenzen entstehen können, soweit die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung in <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>prozessen vor nationalen<br />

Gerichten 179 ausgelegt werden muß.<br />

2. Auslegungsmethoden für die <strong>Marken</strong>rechtsrichtlinie<br />

Die Richtlinie gehört wie die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung zum sek<strong>und</strong>ären<br />

Gemeinschaftsrecht <strong>und</strong> unterliegt so<strong>mit</strong> der gleichen Auslegungsdynamik wie sie zuvor<br />

bei den Auslegungsmethoden für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung dargestellt<br />

wurde 180 . Besonders zu erwähnen ist hier, daß der Auslegungsmethode der Rechtsvergleichung<br />

bei der Richtlinie eine erheblich größere Bedeutung zukommt, als bei der<br />

Interpretation der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, denn ein Vergleich der verschiedenen<br />

nationalen Umsetzungen der Richtlinie kann nützliche Indizien auf den Sinngehalt<br />

der Richtlinie hervorbringen 181 .<br />

Die Richtlinie ist im Unterschied zur Verordnung nicht un<strong>mit</strong>telbar in den Mitgliedstaaten<br />

anwendbar, sie ist nur - wie schon erläutert 182 - hinsichtlich ihrer zu erreichenden<br />

Ziele <strong>und</strong> nicht hinsichtlich der Form <strong>und</strong> der Mittel verbindlich. Dadurch ergibt sich bei<br />

der Auslegung der Richtlinie noch ein besonderer Aspekt: Die Frage nach der Reichweite<br />

der Richtlinie, d.h., ob sie nur Mindest- oder zugleich Höchststandards für die<br />

nationale Umsetzung vorgibt. Die Antwort findet sich manchmal im Richtlinientext<br />

selbst; die vorliegend zu untersuchende Richtlinie zur Angleichung der nationalen<br />

<strong>Marken</strong>gesetze aber gibt auf diese Frage keine konkrete Auskunft. Trotz einer<br />

mangelnden deutlichen Aussage ist es für die Richtlinie als Harmonisierungsinstitution<br />

selbstredend, daß sie einen Mindeststandard aufstellt, unter den der nationale<br />

Gesetzgeber bei der Umsetzung nicht gehen kann 183 . Strengere Anforderungen als in der<br />

Richtlinie genannt darf er aber nur dann formulieren, wenn die Richtlinie nicht zugleich<br />

176 EuGH Rs. 374/87, Orkem, Slg. 1989, 3283, 3350; Pernice, in Grabitz Art. 164, Rn. 30<br />

177 Siehe diesbezüglich unter B. IV. 1..<br />

178 Bleckmann, Europarecht, Rn. 551, Beutler, RIW 1982, 824 ff;Pernice, in Grabitz Art. 164 Rn. 28<br />

179 Ihre Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 91 ff GemMVO.<br />

180 Vgl. oben unter B. V. 1.<br />

181 Vgl. ausführlicher dazu Will, S. 76<br />

182 Siehe unter B. II. 2.<br />

183 Lutter, JZ 1992, 593, 606


27<br />

einen Höchststandard aufstellt. Sofern wie vorliegend die Richtlinie keine explizite<br />

Aussage diesbezüglich enthält, ist aus ihrem Text <strong>und</strong> seinem Zusammenhang eine<br />

Antwort auf die Reichweite der Richtlinie zu suchen. Auch die Rechtsgr<strong>und</strong>lage der<br />

Richtlinie, auf der sie ergangen ist, kann für die Beantwortung aufschlußreich sein.<br />

Die Richtlinie besagt in ihrem Erwägungsgr<strong>und</strong> Nr. 7 unmißverständlich, daß die<br />

Verwirklichung ihrer Zielsetzung 184 es erfordert, daß für den Erwerb <strong>und</strong> die Aufrechterhaltung<br />

einer eingetragenen Marke in allen Mitgliedstaaten gr<strong>und</strong>sätzlich gleiche<br />

Bedingungen gelten. Um dies zu erreichen <strong>und</strong> sicherzustellen, müssen ihre obligatorischen<br />

Vorgaben hinsichtlich der zulässigen <strong>Marken</strong>formen (Art. 2) <strong>und</strong> der Eintragungshindernisse<br />

(Art. 3) als Mindest- <strong>und</strong> zugleich Höchststandards ausgelegt<br />

werden 185 . Diese abgesteckte Reichweite der Richtlinienvorgaben wird auch von der<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lage der Richtlinie selbst manifestiert. Die Richtlinie beruht auf Art. 100 a<br />

EWGV 186 , deren Regelungsbereich der des freien Warenverkehrs ist. Entsprechend der<br />

Zielsetzung der Rechtsgr<strong>und</strong>lage soll die Richtlinie durch die Harmonisierung der<br />

nationalen <strong>Marken</strong>gesetze insbesondere die Wettbewerbsgleichheit zwischen den<br />

Unternehmen in den verschiedenen Mitgliedstaaten fördern <strong>und</strong> gewährleisten. Um<br />

dieses Bestreben auch tatsächlich zu realisieren <strong>und</strong> nicht zu unterminieren, kann den<br />

obligatorischen Vorgaben der Richtlinie auch aus diesem Blickwinkel nur ein<br />

abschließender Charakter zugesprochen werden 187 .<br />

Für den nationalen Gesetzgeber bedeutet dies gr<strong>und</strong>sätzlich 188 , daß er über die<br />

Anforderungen der Richtlinie bei der Umsetzung nicht hinausgehen, aber auch hinter<br />

ihnen nicht zurückbleiben darf. Besonders betont werden muß hier, daß der Gesetzgeber<br />

auch dann die Vorgaben der Richtlinie in dem geforderten Umfang in nationales Recht<br />

gießen muß, wenn dadurch ein jahrelang national tradiertes Prinzip tangiert oder gar<br />

aufgehoben wird; wie es die Richtlinie hinsichtlich des im <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>recht<br />

jahrzehntelang fest verankerten Akzessorietätsprinzips verlangt.<br />

3. Auslegungsmethoden <strong>und</strong> Rechtsprechung des EuGH speziell unter dem Blickpunkt<br />

des <strong>Marken</strong>rechts<br />

In der Rechtsprechung des EuGH auf dem Gebiet des <strong>Marken</strong>rechts ragt von den zuvor<br />

aufgezeigten Auslegungsmethoden die teleologische besonders heraus. Mit ihrer Hilfe<br />

hat der EuGH den durch den nationalen <strong>Marken</strong>schutz <strong>und</strong> seinen territorialen<br />

Geltungsbereich bedingten Konflikt <strong>mit</strong> den beiden Gemeinschaftszielen, den<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen des freien Warenverkehrs <strong>und</strong> des unverfälschten Wettbewerbs, vor dem<br />

Inkrafttreten der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der Richtlinie sowie der<br />

184 Vgl. zu ihren Zielen bereits oben unter B. II. 1..<br />

185 So auch Würtenberger, Mitt. 1996, 33, 34<br />

186 Vgl. die Präambel der Richtlinie; siehe auch Everling, Festschrift für Steindorff, S. 1155 ff zu der gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

bei Art. 100 a EWGV (heute Art. 95 EGV, siehe Fn. 15) bestehenden Auslegungsproblematik, die hier allerdings<br />

durch die explizite Nennung von Art. 100 a EGV als Rechtsgr<strong>und</strong>lage in der Richtlinie nicht einschlägig ist.<br />

187 In diesem Sinne auch Bleckmann, Europarecht, Rn. 172, wenn auch allgemein zur Rechtsgr<strong>und</strong>lage Art. 100 a<br />

EGV (heute Art. 95 EGV, siehe Fn. 15).<br />

188 Art. 100 a Abs. 4 EGV (heute Art. 95 Abs. 4 EGV, siehe Fn. 15) gewährt bei durch qualifizierte Mehrheit<br />

ergangenen Richtlinienvorgaben ganz enge Möglichkeiten, strengere nationale Regelungen zu erlassen, vgl. dazu<br />

Jarass, NJW 1990, 2420, 2421; Dauses, EuZW 1990, 8, 9 <strong>und</strong> Geiger, EG-Kommentar, Art. 100 a Rn 9 ff


28<br />

entsprechend der Richtlinie umgesetzten nationalen <strong>Marken</strong>rechte versucht, einen<br />

Ausgleich bis zur Schaffung gemeinschaftsrechtlicher <strong>Marken</strong>rechtsregelungen zu<br />

finden 189 . Diese gemeinschaftskonforme Auslegung der gewerblichen Schutzrechte 190<br />

wurde zunächst an den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft (Art. 85, 86 EWGV 191 )<br />

ausgerichtet, später dann wurde der Auslegungsschwerpunkt zu den Vorschriften über<br />

den freien Warenverkehr (Art. 30 ff EGV 192 ) verlagert 193 . Der Auffassungswandel erklärt<br />

sich dabei aus den dem EuGH zur Entscheidung vorliegenden Fallgestaltungen. Konnte<br />

anfangs die Lösung überzeugend über Art. 85 <strong>und</strong> 86 EGV dargestellt werden 194 , so war<br />

dieser Lösungsweg für später folgende Sachverhalte nicht gangbar, um der<br />

Rechtstatsächlichkeit hinsichtlich der verschiedenen <strong>Marken</strong>gebrauchsformen <strong>und</strong> den<br />

dadurch entstehenden Beziehungen gerecht zu werden 195 . Auch wenn die<br />

Wettbewerbsregeln weiterhin als Prüfungsmaßstab dienen 196 , soweit es um die<br />

Zulässigkeit von Vereinbarungen über die Verwertung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte im<br />

Gemeinsamen Markt zwischen Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten geht 197 ,<br />

so stützt der EuGH nun in ständiger Rechtsprechung seine Entscheidungen auf die<br />

Vorschriften über den freien Warenverkehr (Art. 30 ff EWGV) 198 .<br />

Die Rechtsprechung des EuGH zum Verhältnis von nationalen gewerblichen<br />

Schutzrechten, eingeschlossen das <strong>Marken</strong>recht, <strong>und</strong> dem freien Warenverkehr nach Art.<br />

30 ff EWGV ist sehr umfangreich <strong>und</strong> kann vorliegend nur in den für die Untersuchung<br />

relevanten Punkten dargestellt werden. Die Entscheidungen bek<strong>und</strong>en einige<br />

gr<strong>und</strong>legende Maßstäbe <strong>und</strong> Wertungskriterien, zeigen aber auch einen besonders für die<br />

Thematik des <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s bedeutenden Trendwandel auf.<br />

Ausgangspunkt der Entscheidungen ist der Gr<strong>und</strong>satz, daß die Vorschriften des Art. 30<br />

EWGV über den freien Warenverkehr solchen Einfuhr- <strong>und</strong> Ausfuhrbeschränkungen<br />

189 Der EuGH hat selbst die Vorläufigkeit seiner Entscheidungen betont, vgl. „Sirena“, Slg. 1971, 69 (81) = GRUR<br />

Int. 1971, 279, 280<br />

190 Die Literatur hat sich gleich nach Inkrafttreten der Römischen Verträge <strong>mit</strong> der gemeinschaftskonformen<br />

Auslegung der gewerblichen Schutzrechte beschäftigt <strong>und</strong> anfänglich die Ansicht vertreten, daß der Vertrag die<br />

Schutzrechte gr<strong>und</strong>sätzlich nicht tangiert, später ging sie aber zu einer differenzierteren Betrachtungsweise über,<br />

vgl. nur die knappe Darstellung von Loewenheim, Festschrift GRUR Bd. II, S. 1081 f.<br />

191 Heute Art. 81, 82 EGV, siehe Fn. 15.<br />

192 Heute Art. 28 ff EGV, siehe Fn. 15.<br />

193 Fezer/Hefermehl, H/I/Sch/S, S. 13; Fezer, Festschrift 25 Jahre BPatG S. 405, 409; Mertens de Wilmars, GRUR<br />

Int. 1976, 93, 96.<br />

194 So z.B. in den Entscheidungen „Gr<strong>und</strong>ig/Consten“, verb<strong>und</strong>en Rs 56 <strong>und</strong> 58/64, Slg. 1966, 321 ff = GRUR Int.<br />

1966, 580 ff <strong>und</strong> „Sirena“, v. 18.2.1971, Slg. 1971, 69 ff = GRUR Int. 1971, 279 ff.<br />

195 Vgl. nur die Darstellungen von Mertens de Wilmars, GRUR Int. 1976, 93, 95ff <strong>und</strong> von Gloy, Festschrift für v.<br />

196<br />

197<br />

Gamm, S. 257, 262 f.<br />

Das Wettbewerbsrecht <strong>und</strong> die Vorschriften über den freien Warenverkehr stehen rechtssystematisch<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich selbständig nebeneinander, ihre beiden Normbereiche bedingen aber eine gegenseitige<br />

Wechselwirkung, dazu ausführlich, Fezer, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 405, 407 ff.<br />

Eine Übertragungsvereinbarung alleine stellt noch keine verbotene Kartellabsprache dar, vgl. dazu<br />

Fezer/Hefermehl, H/I/Sch/S, S. 61 f; Fezer, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 405, 411 ff; a. A. Johannes, GRUR<br />

1975, 111, 117.<br />

198 Vgl. zum Verhältnis Art. 85, 86 EWGV (heute Art. 81, 82 EGV) <strong>und</strong> Art. 30 ff EWGV (heute Art. 28 ff EGV)<br />

sowie ihrem engen Zusammenspiel, Fezer, JZ 1994, 317, 319; ders., Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 405, 407 ff;<br />

Hefermehl/Fezer, H/I/Sch/S, S. 25 ff; Deringer, NJW 1977, 469; Loewenheim, Festschrift GRUR Bd. II, S. 1051,<br />

1081 ff m.w.N.


29<br />

oder Maßnahmen gleicher Wirkung nicht entgegenstehen, die entsprechend Art. 36<br />

EWGV aus Gründen des Schutzes des gewerblichen <strong>und</strong> kommerziellen Eigentums, zu<br />

denen das <strong>Marken</strong>recht zählt, gerechtfertigt sind <strong>und</strong> weder ein Mittel zur willkürlichen<br />

Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den<br />

Mitgliedstaaten darstellen. Der EuGH hat zunächst durch sein Gr<strong>und</strong>satzurteil<br />

„Dassonville“ 199 Art. 30 EWGV sehr weit ausgelegt <strong>und</strong> unter den Begriff der<br />

Maßnahmen gleicher Wirkung jede hoheitliche Regelung der Mitgliedstaaten, die<br />

geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel un<strong>mit</strong>telbar oder <strong>mit</strong>telbar, tatsächlich<br />

oder potentiell zu behindern, subsumiert. Demnach müssen auch die einem<br />

<strong>Marken</strong>inhaber vom nationalen <strong>Marken</strong>recht eingeräumten Ausschließlichkeitsrechte,<br />

die ihm das Untersagen der Einfuhr gleicher oder verwechslungsfähig gekennzeichneter<br />

Ware in den Geltungsbereich seines nationalen <strong>Marken</strong>rechts ermöglichen, als solche<br />

Maßnahmen gleicher Wirkung aufgefaßt werden 200 . Seine sehr weite Auslegung hat der<br />

EuGH in seiner gr<strong>und</strong>legenden „Cassis“-Entscheidung eingeschränkt <strong>und</strong> dahingehend<br />

ergänzt, daß eine Maßnahme gleicher Wirkung i.S.v. Art. 30 EWGV nicht vorliegt,<br />

wenn sie geeignet ist, „zwingenden Erfordernissen“, zu denen auch die Lauterkeit des<br />

Wettbewerbs <strong>und</strong> der Verbraucherschutz gezählt werden 201 , gerecht zu werden. Auf<br />

diesem Weg konnte der durch eine extensive Auslegung des Begriffs „Maßnahme<br />

gleicher Wirkung“ unumgängliche Konflikt zwischen dem gemeinschaftlichen<br />

Gr<strong>und</strong>satz des freien Warenverkehrs <strong>und</strong> der national verbliebenen<br />

Gesetzgebungskompetenz gemildert werden 202 . Allerdings erkennt der EuGH den Schutz<br />

des Verbrauchers nur dann als Rechtfertigungsgr<strong>und</strong> im Rahmen des Art. 30 EWGV an,<br />

wenn ihm nicht auf andere, den freien Warenverkehr nicht beeinträchtigende Weise<br />

nachgekommen werden kann, folglich ist nicht jedes Irreführungsverbot zugunsten der<br />

Verbraucher, wie beispielsweise § 3 UWG ein zwingendes Erfordernis, das die<br />

Beschränkung des freien Warenverkehr erlaubt 203 . Mit der Anerkennung der<br />

Rechtfertigung einer Maßnahme gleicher Wirkung wegen zwingender Erfordernisse<br />

nach Art. 30 EWGV stand das Verhältnis zu den gemäß Art. 36 EWGV gegebenen<br />

Rechtfertigungsgründen offen, da sich Rechtsgüter beider Rechtfertigungsklauseln<br />

überschneiden 204 . Die ganze Problematik resultiert aus der Ansicht des EuGH in Art. 36<br />

EWGV eine Ausnahmeregelung zu sehen, die deshalb nur eng ausgelegt werden dürfe<br />

<strong>und</strong> die Rechtfertigungsgründe folglich enumerativ seien <strong>und</strong> nicht ergänzt werden<br />

199 EuGH v. 11.7.1974 - Rs. 8/74 = Slg. 1974, 837 ff = GRUR Int. 1974, 467 ff<br />

200 Vgl. Ebenroth/Parche, GRUR Int. 1989, 738, 742 <strong>und</strong> Fezer/Hefermehl, H/I/Sch/S, S. 102 f m.w.N.; diese<br />

extensive Begriffsauslegung verhalf dem EuGH, alle erdenklichen <strong>mit</strong>gliedstaatlichen Regelungen zu erfassen,<br />

die sich gemeinschaftswirdrig für den freien Warenverkehr auswirken konnten, dazu Fezer, JZ 1994, 317, 319.<br />

201 Als zwingende Erfordernisse anerkennt der EuGH bisher: Erfordernisse einer wirksamen Steuerkontrolle, des<br />

Schutzes der öffentlichen Ges<strong>und</strong>heit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs <strong>und</strong> des Umweltschutzes, vgl.<br />

Baumbach/Hefermehl, UWG, Einl. Rn. 619; die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs wird so<strong>mit</strong> nicht unter<br />

die in Art. 36 aufgezählten Rechtsgütern subsumiert, sondern vielmehr als ein „zwingendes Erfordernis“<br />

angesehen (EuGH Kommission/Irland Rs. 113/80, Slg. 1981, 1625, 1638; Beier, GRUR Int. 1989, 603, 609<br />

kritisiert diese Einteilung zu recht, da der Schutz des unlauteren Wettbewerbs seit mehr als 100 Jahren eindeutig<br />

zum Schutz des gewerblichen Eigentums gezählt wird <strong>und</strong> dieser Schutz eindeutig in Art. 36 EGV aufgelistet ist.<br />

202 EuGH a.o.O. - „Cassis“, Erwägungsgr<strong>und</strong> 8; vgl. auch Meyer, GRUR Int. 1996, 98, 100.<br />

203 Vgl. dazu Ebenroth/Parche, GRUR Int. 1989, 738, 747 f.<br />

204 Moench, NJW 1987, 1109 Fn. 6 m.w.N


30<br />

könnten; die Literatur steht dieser Auffassung kritisch gegenüber 205 . Indem der EuGH<br />

die Prüfung der zwingenden Erfordernisse im Rahmen des Art. 30 EWGVauch unter den<br />

Vorbehalt des Verhältnismäßigkeitsprinzips gestellt hat <strong>und</strong> dadurch vergleichbare<br />

Abwägungsaspekte zu Art. 36 EWGVgeschaffen hat, ist letztendlich der bei den sich<br />

überschneidenden Rechtfertigungsgründen von Art. 30 EWGV <strong>und</strong> Art. 36 EWGV<br />

einzuschlagene Prüfungsweg eine dogmatische Frage, da beide Lösungswege zum<br />

gleichen Ziel führen 206 .<br />

Ohne auf die Problematik des Verhältnis von Art. 30, 36 EWGV (jetzt Art. 28, 30 EGV)<br />

in seinen die gewerblichen Schutzrechte <strong>und</strong> darin <strong>mit</strong>enhalten die Zeichenrechte<br />

betreffenden Entscheidungen einzugehen <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> bislang noch keine Aussage<br />

dahingehend getroffen zu haben, ob die Abwehr markenrechtsverletzender Einfuhren<br />

allgemein oder erst durch das Vorliegen weiterer Umstände gekennzeichnete<br />

Schutzrechtsvoraussetzungen im innergemeinschaftsrechtlichen Warenverkehr als eine<br />

noch Art. 36 EWGV (jetzt Art. 30 EGV) verbotene Maßnahme gleicher Wirkung<br />

aufzufassen ist 207 , löst der EuGH die gemeinschaftsrechtliche Frage bislang anhand Art.<br />

36 EWGV (jetzt Art. 30 EGV). Die inhaltliche Konkretisierung <strong>und</strong> Ausgestaltung der<br />

gemeinschaftlichen Schranken der gewerblichen Schutzrechte in Art. 36 EWGV (jetzt<br />

Art. 30 EGV) seitens des EuGH konzentriert sich auf die Formel des spezifischen<br />

Gegenstandes des gewerblichen <strong>und</strong> kommerziellen Eigentums 208 . Danach sind<br />

Beschränkungen des freien Handels nur insoweit erlaubt, als sie zur Wahrung der Rechte<br />

angemessen sind. Bezogen auf das Zeichenrecht sah der EuGH den spezifischen<br />

Gegenstand darin, daß dem Zeicheninhaber das ausschließliche Recht verliehen wird,<br />

das Warenzeichenrecht beim erstmaligen Inverkehrbringen eines Erzeugnisses zu<br />

benutzen, <strong>und</strong> daß er dadurch vor Konkurrenten geschützt wird, die die Stellung <strong>und</strong> den<br />

Ruf des Warenzeichens durch den Vertrieb widerrechtlich <strong>mit</strong> diesem Zeichen<br />

versehener Erzeugnisse zu mißbrauchen versuchen 209 . Nach Auffassung des EuGH<br />

besteht die Hauptfunktion des Warenzeichens darin, dem Verbraucher oder<br />

205 So subsumiert Fezer, Festschrift für 25 Jahre B<strong>und</strong>espatentgericht S. 405, 418 ff die Ausschlußwirkung des<br />

nationalen <strong>Marken</strong>rechts immer als eine Maßnahme gleicher Wirkung unter Art. 30 <strong>und</strong> leitet die<br />

markenrechtlichen Rechtfertigungsgründe ausschließlich, aber nicht enumerativ aus Art. 36 ab <strong>und</strong> gelangt<br />

letztendlich nur auf einem anderen Weg zu dem gleichen Ziel wie der EuGH, die Ursache für diese<br />

Ergebnisübereinstimmung liegt in dem von beiden verwandten identischen Abwägungskriterium der Sicherung<br />

der Warenverkehrsfreiheit im Gemeinsamen Markt unter Respektierung des <strong>mit</strong>gliedstaatlichen<br />

Regelungsvorbehalts. Nach Bleckmann, GRUR Int. 1976, 172, 176, ist Art. 36 EGV weit auszulegen, da seiner<br />

Ansicht nach Art. 100 EGV lex specalis zu Art. 36 sei <strong>und</strong> deshalb die in Art. 100 geschützten Interessen in Art.<br />

36 nicht aufgezählt zu werden brauchen; vgl. auch die ausführliche Darstellung bei Fezer/Hefermehl , S. 33 Fn.<br />

62.<br />

206 Möschel sieht hier in Art. 30 <strong>und</strong> Art. 36 auch einen „Gleichlauf der Prüfungskriterien“, RIW 1984, 524 (527); a.<br />

A. Fezer, JZ 1994, 317,320<br />

207 Darauf haben insbesondere Fezer/Hefermehl, H/I/Sch/S, S. 84 ff <strong>und</strong> Fezer, Festschrift 25 Jahre BpatG, S. 405,<br />

415 ausdrücklich hingewiesen <strong>und</strong> der Hinweis hat mangels dieses Thema klärende Entscheidungen seitens des<br />

EuGH nach wie vor Gültigkeit.<br />

208 Bevor die Formel des spezifischen Gegenstandes angewandt wurde, nahm der EuGH die Abgrenzung anhand der<br />

Unterscheidung zwischen Bestand <strong>und</strong> Ausübung der gewerblichen Schutzrechte vor; zu dieser Abgrenzung<br />

ausführlich <strong>und</strong> der an dieser Abgrenzung geübten Kritik, vgl. Fezer/Hefermehl, H/I/Sch/S, S. 78 ff; kritisch dazu<br />

auch Beier, GRUR Int. 1989, 603, 609.<br />

209 EuGH Rs 16/74 - Centrafarm/Winthrop - Slg. 1974, 1181 = GRUR Int. 1974, 456; EuGH Rs 102/77 - Hoffmann<br />

La Roche/Centrafarm - Slg. 1978, 1139 ff = GRUR Int. 1978, 291 ff <strong>mit</strong> Berichtigungsbeschluß des EuGH,<br />

GRUR Int. 1978, 478; EuGH Rs 3/78 - Centrafarm/American Home Products - Slg. 1978, 1823, 1841


31<br />

Endabnehmer die Ursprungsidentität des gekennzeichneten Erzeugnisses zu<br />

garantieren 210 . Dieser Ansicht gemäß ist nicht die Ursprungsidentität der Waren<br />

entscheidend, sondern es kommt auf die Ursprungsidentität der Zeichen im Sinne einer<br />

einheitlichen <strong>Marken</strong>inhaberschaft an, <strong>und</strong> die Herkunftsfunktion wird da<strong>mit</strong> lediglich<br />

vorausgesetzt <strong>und</strong> nicht konstituiert 211 . Der Sinngehalt des spezifischen Gegenstandes<br />

wurde in weiteren Entscheidungen des EuGH präzisiert. Von besonderem Interesse ist<br />

für das hier zu behandlende Thema „<strong><strong>Marken</strong>handel</strong>“ die „HAG I“-Entscheidung 212 als<br />

Auftakt einer bemerkenswerten Entwicklungsphase der Rechtsprechung, die über die<br />

„HAG II“-Entscheidung 213 in der „Ideal Standard“-Entscheidung 214 vorläufig ihren<br />

Endpunkt findet. Bevor auf die maßgeblichen Aussagen der Entscheidungen im<br />

einzelnen an gegebener Stelle in dieser Arbeit eingeganen wird 215 , sie hier nur schon<br />

angedeutet, daß diese Entscheidungen Zeugnis einer bemerkenswerten Entwicklung der<br />

Rechtsprechung zugunsten des <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s <strong>mit</strong> nationalen <strong>Marken</strong> gegenüber dem<br />

freien Warenverkehr im Binnenmarkt abgeben..<br />

In jüngster Zeit hat der EuGH <strong>mit</strong> seinen Entscheidungen „Keck <strong>und</strong> Mithourd“ 216 sowie<br />

„Hünerm<strong>und</strong>“ 217 das zwar schon durch die Cassis-Entscheidung eingeschränkte<br />

Maßnahmeverbot des Art. 30 EGV nochmals eingegrenzt, indem er nun Art. 30 EGV auf<br />

diskriminierungsfreie Verkaufsmodalitäten nicht mehr anwendet. Diese neue Tendenz<br />

hat für die vorliegende Untersuchung keine Auswirkungen, da die vorgenommene<br />

Begrenzung nicht nationale, warenbezogene Regelungen wie solche über die<br />

Bezeichnung, Form, Abmessung, Gewicht, Zusammensetzung, Aufmachung,<br />

Etikettierung sowie Verpackung eines Erzeugnisses 218 , zu denen auch die <strong>Marken</strong>rechte<br />

gehören 219 , vom Anwendungsbereich des Art. 30 EGV ausschließt.<br />

Mit der Schaffung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung besteht nunmehr eine<br />

europäische Regelung auf dem Gebiet des <strong>Marken</strong>rechts, die aber die dargestellten<br />

Entscheidungen des EuGH hinsichtlich Art. 30 ff EGV für dieses Rechtsgebiet als<br />

Maßstab nicht obsolet werden läßt, auch wenn sich Art. 30 <strong>und</strong> 36 EGV dem Wortlaut<br />

nach nur an die Mitgliedstaaten <strong>mit</strong> ihren nationalen Regelungen wenden. Die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ist nämlich nicht alleine an Stelle der nationalen<br />

<strong>Marken</strong>gesetze getreten, vielmehr koexistiert sie <strong>mit</strong> den durch die Richtlinie<br />

harmonisierten nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen. Auf diese Weise wird zwar das Problem der<br />

markenrechtlichen Abschottung der nationalen Märkte gemildert, aber die Koexistenz<br />

210 EuGH Rs 102/77 - Hoffmann La Roche/Centrafarm - Slg.1978, 1139 ff = GRUR Int. 1978, 599, 603<br />

211 Vgl. dazu Ebenroth/Parche, GRUR Int. 1989, 738, 744 f; Kraft, GRUR Int. 1975, 283, 289.<br />

212 EuGH, Urt. v. 3.7.1974, Rs. 192/73, Slg. 1974, 731 ff – HAG I = GRUR Int. 1974, 338 ff.<br />

213 EuGH, Urt. v. 17.10.1990, Rs. C - 10/89, Slg. 1990, I-3711 - HAG II = GRUR Int. 1990, 960 ff.<br />

214 EuGH, Urt. v. 22.6.1994, Rs. C-9/93, Slg. 1994, I-2789 = GRUR Int. 1994, 614<br />

215 Siehe unter G. I.<br />

216 EuGH v. 24.11.1993 - Rs. C-267, 268/91 = GRUR Int. 1994, 56 f; dazu Anm. v. Petschke, EuZW 1994, 107 ff.<br />

Berechtigte Kritik aus wirtschaftlich unpraktikabelen Gründen gegenüber dieser Abgrenzung unter Befürwortung<br />

der Einführung einer Spürbarkeitsgrenze im Verbotsbereich des Art. 30 EGV von Fezer, JZ 1994, 317 ff <strong>und</strong><br />

ders., JZ 1994, 623, 624 f.<br />

217 EuGH v. 15.12.1993 - Rs. C-292/92 = GRUR Int. 1994, 170ff<br />

218 So die „Keck“-Entscheidung, GRUR Int. 1994, 56, 57; vgl. auch GRUR Int. 1994, 170, 171 - Hünerm<strong>und</strong><br />

219 Siehe zu dieser Thematik Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, UWG, Einl., Rn. 627; Arndt, JuS 1994, 469


32<br />

<strong>mit</strong> dem nationalen <strong>Marken</strong>recht bedingt, daß die markenrechtlichen Hemmnisse für den<br />

gemeinschaftlichen Binnenmarkt nicht vollständig beseitigt werden können. Um die<br />

Übereinstimmung des Schutzumfanges der europäischen <strong>und</strong> der nationalen <strong>Marken</strong><br />

einigermaßen gewährleisten zu können <strong>und</strong> die schon so schwierige Koexistenz der<br />

beiden <strong>Marken</strong>typen nicht noch mehr zu belasten, ist die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung sowie die Richtlinie auch im Lichte der bislang<br />

ergangenen Entscheidungen zu Art. 30 ff EGV 220 <strong>und</strong> den darin herausgearbeiteten<br />

Gr<strong>und</strong>prinzipien auszulegen 221 , es sei denn, die beiden neuen europäischen<br />

<strong>Marken</strong>regelungen fordern eine modifizierte Interpretation. Einer modifizierten <strong>und</strong><br />

zeitgemäßen Interpretation können die bisherigen europäischen Entscheidungen nicht<br />

entgegenstehen, da der EuGH in den vor Erlaß der Richtlinie <strong>und</strong> der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ergangenen Entscheidungen alleine versuchte, die zum<br />

Zeitpunkt der Rechtsprechung für die noch nicht harmonisierten nationalen<br />

Zeichenrechte bestehenden Schranken inhaltlich abzustecken <strong>und</strong> nicht – seine<br />

Entscheidungsbefugnis achtend – die vorbehaltslose Essenz eines Zeichenrechts<br />

herauszuarbeiten 222 . Mit dem eigenen Hinweis auf die Orientierung am „gegenwärtigen<br />

Stand des Gemeinschaftsrechts“ 223 war sich der EuGH selbst dieser Gegebenheit<br />

unmißverständlich bewußt. Insofern sind die vor Erlaß der Richtlinie <strong>und</strong><br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ergangenen Entscheidungen 224 des EuGH keine<br />

zwingenden Vorgaben, sondern nur, <strong>und</strong> dies ist häufig sehr hilfreich, Anhaltspunkte für<br />

die zeichenrechtliche Auslegung.<br />

4. Auslegungsmethoden für das <strong>Marken</strong>recht<br />

Die Richtlinie war Anlaß für die Neugestaltung des <strong>Marken</strong>rechts 225 . Das vom <strong>deutschen</strong><br />

Gesetzgeber erlassene <strong>Marken</strong>gesetz hat nun nicht mehr nur nationalen, sondern auch<br />

gemeinschaftsrechtlichen Ursprung 226 , den es auch bei der Auslegung zu beachten gilt.<br />

220 Gamm, GRUR 1994, 775, 781, sieht dagegen in der Hag II <strong>und</strong> der Quattro-Entscheidung des EuGH eine<br />

Tendenz, für die Auslegung der Richtlinie weniger die ältere Rechtsprechung zu Art. 30, 36 EGV vom EuGH,<br />

stattdessen dafür mehr den Schutzzweck <strong>und</strong> das Wesen des Immaterialgüterrechts zu berücksichtigen.<br />

221 Der EuGH hat dies hinsichtlich Verordnungen <strong>und</strong> Richtlinien explizit entschieden: Rs. C-47/90, Delhaize, Slg.<br />

1992, I-3669 (I-3711) für Verordnung <strong>und</strong> Rs. C-315/92, Clinique, Slg. 1992, I-317 (I-336) = GRUR Int. 1994,<br />

231 (232), seine Formulierung „die Richtlinie ... im Lichte der Bestimmungen des EWG-Vertrages über den<br />

freien Warenverkehr auszulegen“ deutet das Bewußtsein an, Art. 30 ff EVG vorliegend nicht direkt anwenden zu<br />

können, ihre indirekte Beachtung bei der Auslegung aber dennoch angezeigt ist, um so auch gerade die zur<br />

Verwirklichung des Binnenmarktes getroffenen Gemeinschaftsregelungen an den gemeinschaftsrechtlichen Zielen<br />

messen zu können. Sofern allerdings die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> die Richtlinie die<br />

markenrechtlichen Konfliktfälle nicht gemeinschaftsrechtlich integriert haben, wie dies insbesondere beim<br />

Konflikt zwischen dem freien Warenverkehr <strong>und</strong> der Aufspaltung des Eigentums an einer ursprungsgleichen<br />

nationalen Marke gegeben ist, sind die Art. 30 ff EGV direkt anwendbar, vgl. dazu unter F. III..<br />

222 Vgl. Mertens de Wilmars, GRUR Int. 1976, 93, 94; Fezer/Hefermehl, H/I/Sch/S, S. 77 <strong>und</strong> Beier, GRUR Int.<br />

1989, 603, 610<br />

223 EuGH, Rs. 119/85, GRUR Int. 1976, 402, 410 – Terrapin/Terranova; EuGH, Rs. 144/81, GRUR Int. 1983, 643,<br />

645 – Keurkoop B.V./Nancy Keen Gifts, B.V.<br />

224 Zwischen Entscheidungen, die vor <strong>und</strong> nach 1992 ergangen sind, muß nicht unterschieden werden, da die<br />

Europäische Akte die Art. 30 <strong>und</strong> 36 EGV nicht veränderte, vgl. Beier, GRUR Int. 1989, 603, 607.<br />

225 Siehe hierzu unter B. II. 2..<br />

226 Lutter, JZ 1992, 593, 594; Everling, ZGR 3/1992, 376, 377


33<br />

Als nationales Recht unterliegt das <strong>Marken</strong>gesetz den klassischen nationalen<br />

Auslegungsmethoden 227 . Bedingt durch den durch die Umsetzung der Richtlinie<br />

verursachten europäischen Ursprung des <strong>Marken</strong>gesetzes muß zusätzlich aber noch eine<br />

weitere Auslegungsmethode beachtet werden: die richtlinienkonforme Auslegung.<br />

Dieser besondere Interpretationsmaßstab ist aber nur dann verpflichtend anzuwenden,<br />

soweit das <strong>Marken</strong>gesetz auf einer für die Harmonisierung obligatorischen Vorgabe der<br />

Richtlinie beruht 228 . Der EuGH hat diese Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung<br />

schon in mehreren Entscheidungen, die sich zwar noch nicht <strong>mit</strong> den Vorgaben der hier<br />

einschlägigen Richtlinie befassen, aber auf diese ohne weiteres übertragbar sind,<br />

unterstrichen, ohne allerdings den Begriff der richtlinienkonformen Auslegung selbst zu<br />

verwenden; nach ihm muß das nationale Recht „soweit wie möglich im Lichte des<br />

Wortlauts <strong>und</strong> des Zwecks der Richtlinie ausgelegt werden, um das Ziel derselben zu<br />

erreichen“, er leitet diese Auslegungspflicht aus Art. 5 <strong>und</strong> 189 Abs. 3 EWGV her 229 .<br />

Die richtlinienkonforme Auslegung überlagert so<strong>mit</strong> die herkömmlichen Auslegungsmaßstäbe<br />

230 . Das BVerfG hat diese Auslegungsverpflichtung unter dem Blickwinkel des<br />

Verfassungsrechts akzepiert 231 . Aus alldem ergibt sich folgende entscheidende Konsequenz<br />

für das <strong>Marken</strong>gesetz: Die nach der Umsetzung der Richtlinie im neuen<br />

<strong>Marken</strong>gesetz weiterhin enthaltenen tradierten nationalen Begriffe können durch die<br />

richtlinienkonforme Auslegung eine neue Dimension gegenüber der früher angenommenen<br />

Bedeutung erreichen 232 . Die so vorgenommene Sinndeutung wird aber von<br />

den nationalen Auslegungsregeln begrenzt 233 , so daß den nationalen Begriffen auf diese<br />

Weise keine von Wortlaut <strong>und</strong> Sinn nicht gedeckte Bedeutung zugesprochen werden<br />

darf.<br />

Bezogen auf die vorliegende Untersuchung bedeutet dies, daß jeweils festgestellt werden<br />

muß, ob einer auszulegenden <strong>Marken</strong>rechtsnorm eine obligatotische Harmonisierungsvorgabe<br />

der Richtlinie zugr<strong>und</strong>eliegt oder die Richtlinie den Bereich nur fakulativ oder<br />

auch gar nicht geregelt hat. Wie bereits angeführt 234 , hat die Richtlinie die<br />

227 Vgl. allgemein Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 305 ff<br />

228 Die Ansichten über die rechtliche Begründung für das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung sind in der<br />

Literatur vielfältig; kursorisch zusammengefaßt wird teilweise als rechtliche Gr<strong>und</strong>lage dieses Gebots das<br />

nationale Recht <strong>mit</strong> der Vermutung, daß der nationale Gesetzgeber die Richtlinie korrekt <strong>und</strong> vollständig<br />

verwirklichen wollte, herangezogen, so z.B. Everling, RabelsZ 1986, 224; ders., EuR 1991, 211, 217; Meilicke,<br />

DB 1990, 1178, wobei diese Begründung dann versagt, wenn der Mitgliedstaat seiner Umsetzungspflicht noch<br />

nicht nachgekommen ist, der EuGH aber dennoch eine richtlinienkonforme Auslegung fordert (EuGH Slg. 1982,<br />

53 ff - Becker), zum anderen wird die Auslegungspflicht dem EG-Recht selbst entnommen, vgl. Nettesheim, AöR<br />

119 (1994), 261, 267 f, m.w.N. <strong>und</strong> Sack, GRUR 1995, 81 ebenfalls <strong>mit</strong> zahlreichen Nachweisen.<br />

229 Heute Art. 10 <strong>und</strong> 249 S. 3 EGV, siehe Fn. 15; EuGH Slg. 1984, 1891/1908 - v. Colson; EuGH Slg. 1984, 1921,<br />

1942 - Harz; EuGH Slg. 1987, 3969, 3986 - Kolpinghuis Nijimegen<br />

230 Lutter, JZ 1992, 593, 604; Bach, JZ 1990, 1108, 1111; Jarras, EuR 1991, 211, 218; Everling, ZGR 3/1992, 376,<br />

381 weist zu Recht auf die praktische Handhabung der Auslegungsmethoden, die sich nicht durch eine<br />

schulmäßige aufeinanderfolgende Prüfung auszeichnet <strong>und</strong> zulässig ist, soweit alle notwendigen<br />

Auslegungsmethoden im Ergebnis Berücksichtigung gef<strong>und</strong>en haben.<br />

231 BVerfGE 75, 223, 237 = NJW 1988, 1459. Dagegen sind Di Fabio, NJW 1990, 947, 954 <strong>und</strong> Haneklaus, DVBl.<br />

1993, 129 ff der Ansicht, daß die Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung verfassungsrechtlich nicht zu<br />

legitimieren sei.<br />

232 Auf diesen Umstand weisen auch Nettesheim, AöR 119 (1994), 261, 267 <strong>und</strong> Will, S. 71 ausdrücklich hin.<br />

233 Jarras, EuR 1991, 211, 217; Slg. 1987 3969, 3987,EuGH Rs. 80/86 Urt. v. 8.10.1987 - Kolpinghuis Nijmegen;<br />

a.A. Lutter, JZ 1992, 593, 599.<br />

234 Unter B. II. 3.


34<br />

Voraussetzungen für die Inhaberschaft einer Marke <strong>und</strong> deren Übertragung nicht<br />

geregelt. Der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> wegen Bösgläubigkeit bei der Anmeldung der Marke in<br />

§ 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G beruht dagegen auf der Umsetzung der entsprechenden<br />

Richtlinienoption 235 . Demnach besteht bei diesen Themenbereichen keine obligatorische<br />

Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung.<br />

Soweit aber das nationale <strong>Marken</strong>recht kongruente Normen zur Richtlinie <strong>und</strong> <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

enthält, wie dies z.B. beim Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> wegen Bösglaubigkeit<br />

bei der Anmeldung der Marke der Fall ist 236 , diese aber nicht obligatorisch<br />

richtlinienkonform ausgelegt werden müssen, sollte bedacht werden, daß eine kongruente<br />

Auslegung dieser inhaltlich, teilweise sogar wörtlich, übereinstimmenden<br />

Gesetzesregelungen anstelle einer divergierenden der Verwirklichung des Binnenmarktes<br />

förderlicher ist <strong>und</strong> so der Integrationsprozeß zusätzlich vorangetrieben werden<br />

kann 237 .<br />

Letztendlich ist bei der Auslegung des <strong>Marken</strong>gesetzes generell zu berücksichtigen, daß<br />

<strong>mit</strong> der völligen Neugestaltung des <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>rechts auch ein Neuanfang bei der<br />

Auslegung gemacht werden soll 238 . Die in der Vergangenheit zum alten Warenzeichengesetz<br />

im Schrifttum entwickelte Dogmatik <strong>und</strong> in der Rechtsprechung gefestigte Praxis<br />

kann nur insoweit unterstützend herangezogen werden, als das neue <strong>Marken</strong>gesetz an die<br />

alte Rechtslage anknüpft 239 . Die Schwerpunkte dieser Untersuchung im Bereich des<br />

<strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>rechts - Wegfall der Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb <strong>und</strong><br />

rechtliche Schranken für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> - liegen zumeist auf absolutem<br />

Neuland für dieses Rechtsgebiet, lediglich die freie Übertragbarkeit der Marke ist seit<br />

dem Erstreckungsgesetz legalisiert worden, <strong>und</strong> daher kann das zu er<strong>mit</strong>telnde Ergebnis<br />

nicht anhand eventuell veralteter Rechtsprechung <strong>und</strong> Dogmatik untermauert werden.<br />

5. Zuständigkeit für die Auslegungen<br />

Die oben bereits angesprochene Pflicht zu gemeinschaftsrechtlicher <strong>und</strong> richtlinienkonformer<br />

Auslegung 240 trifft sowohl die Judikative wie die Exekutive 241 . Würde man<br />

die Verwaltung nicht dazu als verpflichtet ansehen, gäbe man ihr einen anderen rechtlichen<br />

Maßstab an die Hand als den Gerichten, <strong>mit</strong> dem offensichtlichen Risiko, die Zahl<br />

der Rechts<strong>mit</strong>telverfahren endlos zu erhöhen 242 .<br />

Auch wenn Exekutive <strong>und</strong> Judikative denselben Auslegungsmaßstab anwenden müssen,<br />

so steht doch nur den Gerichten das Vorabverfahren nach Art. 234 EGV 243 zur<br />

Verfügung, <strong>mit</strong> dem sie sich <strong>mit</strong> Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, soweit<br />

235 Art. 3 Abs. 2 lit. d RL<br />

236 § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G, Art. 3 Abs. 2 lit. d RL, Art. 51 Abs. 1 lit. b GemMVO<br />

237 So auch Rößler, GRUR 1994, 559, 561<br />

238 So ausdrücklich in der Begründung , <strong>Marken</strong>G BT-Drucksache 12/6581 S. 59 angegeben.<br />

239 BT-Drucksache 12/6581 S. 59; Gamm ist der Ansicht, daß trotz der Neugestaltung das <strong>Marken</strong>gesetz an bewährte<br />

Gr<strong>und</strong>sätze anknüpfe <strong>und</strong> auf bisherigen Entwicklungen basiere, vgl. Schaeffer, GRUR 1994, 98.<br />

240 Siehe dazu unter B. IV. 1., 2.<br />

241 Jarras, EuR 1991, 219 Verweis auf dortige EuGH Entscheidung, sofern keine neuere auffindbar<br />

242 Scheunig, EuR 1985, 252 f<br />

243 Früher Art. 177 EWGV, siehe Fn. 15.


35<br />

sie für ihre anhängigen Verfahren von Bedeutung sind, an den EuGH wenden können<br />

bzw. müssen 244 . Nach allgemeiner Ansicht ist aber nur dann eine Vorlage erforderlich,<br />

wenn die einschlägige Auslegungsfrage in der Rechtsprechung oder im Schrifttum<br />

umstritten ist oder wenn das Gericht in einer entscheidungserheblichen Frage von der<br />

Recht-sprechung des EuGH abweichen will 245 Angesichts der noch nicht so lange<br />

zurück-liegenden völligen Neugründung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der<br />

erst-maligen gemeinschaftsrechtlichen Anpassung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte sowie<br />

der dadurch neuentstandenen Interpretationsprobleme werden die Gerichte vorerst den<br />

EuGH sehr häufig anrufen müssen. Die meisten der bisherigen Vorabentscheidungen des<br />

EuGH zum <strong>Marken</strong>recht dienten mangels gemeinschaftsrechtlicher Vereinheitlichung<br />

oder Angleichung der nationalen Gesetze der Überprüfung, ob die Ausübung der<br />

nationalen <strong>Marken</strong>rechte <strong>mit</strong> den Zielen der Gemeinschaft in Einklang standen 246 , ihnen<br />

wird deshalb auch nur ein „vorläufiger Charakter“ zugewiesen 247 , <strong>und</strong> sie können<br />

demnach keine ausreichende Antwort auf die die neuen europabedingten <strong>Marken</strong>rechte<br />

betreffenden Fragen geben.<br />

Der EuGH entscheidet in dem Vorlageverfahren, das als prozessuales Zwischenverfahren<br />

ausgestaltet ist 248 , nur direkt über die Auslegung von gemeinschaftsrechtlichen<br />

Normen, folglich über die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung 249 <strong>und</strong> die Richtlinie, nicht<br />

aber über das <strong>Marken</strong>recht als nationales Gesetz 250 . Soweit das nationale Recht die<br />

Richtlinie kongruent umsetzt, interpretiert der EuGH indirekt dennoch das nationale<br />

Recht, bedingt durch die richtlinienkonforme Auslegungsverpflichtung seitens der inner-<br />

244 Nach Art. 177 EGV sind letztinstanzliche Gerichte zur Vorlage verpflichtet, wobei streitig ist, ob die<br />

Vorlageverpflichtung abstrakt oder konkret zu betrachten ist, d.h. ob nur generell letztinstanzliche Gerichte oder<br />

aber das im tatsächlichen Ausgangsrechtsstreit zuletzt entscheidungsfähige Gericht vorlagepflichtig sein soll. Der<br />

EuGH neigt zur konkreten Theorie (vgl. Rs. 6/64, EuGH 1964, 1253, 1259 f – COSTA/ENEL), auf diese Weise<br />

ist auch die Sicherung der gemeinschaftlichen Rechtseinheit, die das Vorabverfahren bezwecken soll, besser<br />

gewährleistet; so auch Streinz, S. 158. Bezogen auf das <strong>Marken</strong>gesetz muß demnach das BPatG den EuGH<br />

anrufen, wenn es die Rechtsbeschwerde gegen seinen Beschluß nicht ausdrücklich zu lassen will. Die Möglichkeit<br />

einer zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G ändert nichts am letztinstanzlichen<br />

Charakter der Entscheidung des BPatG, vgl. Eichmann, GRUR 1995, 184, 197 Fn. 173 <strong>und</strong> Grabitz/Wohlfahrt,<br />

Art. 177 Rn. 49 ff<br />

245 Vgl. Württenberger, Mitt. 1996, 33, 35; Dausses, JZ 1979, 125, 126; Hopt, ZGR 3/1992, 265, 286 f. Rabe, NJW<br />

1993, 1, 2 ist dagegen der übertriebenen Ansicht, daß der EuGH in seinem Urteil C.I.L.F.I.T.-Urteil (Slg. 1982,<br />

3415 = NJW 1983, 1257) die Vorlagepflicht sehr weit interpretiert hat <strong>und</strong> deshalb schon bei „leisesten Zweifeln“<br />

hinsichtlich Auslegungsfragen des Gemeinschaftsrechts der EuGH angerufen werden müßte.<br />

246 Kunz-Hallstein, Festschrift 100 Jahre <strong>Marken</strong>-Amt, S. 147<br />

247 So Mertens de Wilmars, GRUR Int. 1976, 93, 94<br />

248 Das Vorlageverfahren wird auch als „Dialog“ zwischen den staatlichen Gerichten <strong>und</strong> dem EuGH beschrieben;<br />

vgl. Götz, NJW 1992, 1849, 1854. Die Parteien des Ausgangsverfahrens haben keinen direkten Einfluß auf die<br />

Einleitung <strong>und</strong> den Ablauf des Vorabentscheidungsverfahrens; sie können lediglich in ihren Schriftsätzen das<br />

Vorlageverfahren anregen <strong>und</strong> im Verfahren selbst sich schriftlich bzw. mündlich äußern (Art. 20 Abs. 3<br />

Satzung/EuGH). Legt das Gericht trotz bestehender Pflicht nicht vor, bleibt den Parteien nur die Möglichkeit, das<br />

BVerfG wegen der Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 102 Abs. 2 S. 1 GG<br />

anzurufen.<br />

249 Die Aussage von Viefhues in Nationale Patente <strong>und</strong> <strong>Marken</strong> im europäischen Binnenmarkt, S. 171, daß die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung keine allgemeine Zuständigkeit des EuGH für ihre Auslegung vorsieht, sondern<br />

nur für enumerativ aufgeführte Fälle, ist irreführend. Sie betrachtet nämlich nur die in der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung genannten Rechts<strong>mit</strong>telverfahren <strong>und</strong> übersieht die Möglichkeit des<br />

Vorabentscheidungsverfahrens.<br />

250 Vgl. EuGH , Urt. V. 12.10.1993, Rs. C-37/92, Slg. 1993, I-4947 – Vanacker/Lesage


36<br />

staatlichen Richter; die Richtlinie „überlagert“ insoweit das <strong>Marken</strong>gesetz 251 . Der<br />

B<strong>und</strong>esgerichtshof hat so<strong>mit</strong> im Bereich des die obligatorischen Regeln der Richtlinie<br />

umsetzenden <strong>Marken</strong>gesetzes nicht mehr das „letzte Wort“ 252 .<br />

251<br />

So zu Recht Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 82<br />

252 Kunz-Hallstein, Festschrift 100 Jahre <strong>Marken</strong>-Amt S. 147, 148


37<br />

C. Novitäten des <strong>Marken</strong>rechts<br />

I. Aufgabe des Akzessorietätsprinzips<br />

Das Akzessorietätsprinzip bedeutet im zeichenrechtlichen Sinne die rechtliche Bindung<br />

der Marke an den Geschäftsbetrieb des <strong>Marken</strong>inhabers. Dieses Prinzip ist nicht in die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung aufgenommen worden <strong>und</strong> befindet sich auch nicht<br />

mehr im <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>recht, es wurde im Gr<strong>und</strong>satz vollständig aufgegeben. Die so<br />

erzielte Lösung der Marke von dem Geschäftsbetrieb ist bei der Entwicklung der<br />

Gemeinschaftsmarke kein erkennbar großer Diskussionspunkt gewesen, dagegen war sie<br />

für das deutsche <strong>Marken</strong>recht ein tiefeinschneidendes Ereignis in der mehr als h<strong>und</strong>ertjährigen<br />

markenrechtlichen Tradition.<br />

Die Lösung der Marke von dem Geschäftsbetrieb <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die Verselbständigung der<br />

Marke als immaterielles Vermögensgut ist der rechtliche Gr<strong>und</strong>stein für den heute<br />

möglichen <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> <strong>und</strong> bedarf daher in der vorliegenden Arbeit einer eingehenden<br />

Untersuchung.<br />

1. Stufenweise Lossagung von dem Akzessorietätsprinzip im <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>recht<br />

Die Aufgabe der traditionellen Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb vollzog sich<br />

in mehreren Stufen <strong>und</strong> spiegelt so die Entwicklungsphasen des <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>wesens,<br />

wenn auch oft verzögert, im ökonomischen Fortgang <strong>und</strong> in der Öffentlichkeit<br />

wider. Diese Entwicklung ist für das heutige <strong>Marken</strong>verständnis von besonderem<br />

Interesse <strong>und</strong> ist daher im folgenden ausführlicher darzustellen.<br />

a) Die normative Entwicklung des Akzessorietätsprinzips vom ersten <strong>deutschen</strong><br />

Warenzeichengesetz bis zum Erstreckungsgesetz<br />

Das Bindungsprinzip wurde bereits in dem ersten <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz von 1874 253<br />

festgeschrieben <strong>und</strong> dies in einer besonders strengen Fassung: Es konnten nur Gewerbetreibende,<br />

deren Firma im Handelsregister eingetragen waren, <strong>Marken</strong> anmelden 254 ,<br />

jeder Gewerbetreibende konnte indes beliebig viele Zeichen erwerben. Die Marke wurde<br />

so<strong>mit</strong> nicht nur an den Geschäftsbetrieb, sondern zusätzlich an die Firma, die wiederum<br />

selbst <strong>mit</strong> dem Geschäftsbetrieb verb<strong>und</strong>en war, gekoppelt 255 . Eine ausdrückliche<br />

gesetzliche Regelung, die die Übertragbarkeit der Marke <strong>mit</strong> dem Betrieb für zulässig<br />

erklärte, fehlte allerdings noch 256 .<br />

Die apodiktische Kopplung von Marke <strong>und</strong> Firma wurde durch das zweite deutsche<br />

Zeichengesetz, dem Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen von 1894 257<br />

253 RGBl. 1874, 143; dieses Gesetz wurde erlassen, nachdem zuvor die Handelskammer eine Vielzahl von Petitionen<br />

beim Reichstag eingegeben hatte, Wadle, JuS 1874, 761, 762, ein Anzeichen für das von Anfang <strong>und</strong> bis heute<br />

anhaltende, gegebene Interesse an der Kodifizierung des <strong>Marken</strong>wesens seitens der Praxis. Auf die seit der<br />

Reichsgründung bereits bestehenden einschlägigen Landesrechte kann im Rahmen dieser Arbeit nicht<br />

eingegangen werden, vgl. dazu Kohler, Recht des <strong>Marken</strong>schutzes, S. 54 ff<br />

254 Vgl. § 1 WzSchuG; § 5 WzSchuG bestimmte, daß die Marke von Amts wegen gelöscht werden mußte, wenn die<br />

Firma im Handelregister gelöscht wurde.<br />

255 Vgl. Köhler, Recht des <strong>Marken</strong>schutzes, S. 230<br />

256 Vgl. Kohler, Recht des <strong>Marken</strong>schutzes, S. 230<br />

257 RGBl. 1894, 441 = Bl. f. PMZ 1894/95, 5 ff


38<br />

aufgehoben, nicht tangiert wurde dadurch aber das absolute Bindungsprinzip der Marke<br />

an den Geschäftsbetrieb als solches. Das Zeichenrecht wurde nun auf alle Gewerbetreibenden<br />

ausgedehnt, unabhängig davon, ob ihre Firma im Handelsregister eingetragen<br />

war oder nicht, <strong>und</strong> die strenge Bindung des Warenzeichens an den Geschäftsbetrieb<br />

wurde eindringlich betont: So stellte § 1 dieses WZG das Eintragungserfordernis eines<br />

Geschäftsbetriebes ausdrücklich auf, welches bis zum Inkrafttreten des heutigen<br />

<strong>Marken</strong>gesetzes gefordert wurde <strong>und</strong> auch nicht durch das Erstreckungsgesetz von 1992<br />

aufgehoben wurde. Das <strong>Marken</strong>gesetz von 1894 enthielt erstmals eine Bestimmung für<br />

die Zulässigkeit der Übertragung eines Zeichens, welche, dem absoluten Bindungsprinzip<br />

folgend, nur die Übertragung <strong>mit</strong> dem dazugehörigen Geschäftsbetrieb<br />

gestattete 258 .<br />

Die Änderung des Warenzeichenrechts durch das Warenzeichengesetz von 1936 259 , die<br />

unter besonderer Berücksichtigung von Art. 6 PVÜ erfolgte, berührte das Akzessorietätsprinzip<br />

nicht gr<strong>und</strong>legend, wenn sie auch eine gewisse Auflockerung des<br />

Bindungsprinzips bewirkte. Diese wurde <strong>mit</strong> der rechtlichen Gestattung, nunmehr auch<br />

Warenzeichen nur <strong>mit</strong> ihrem dazugehörigen Teilbetrieb anstelle des gesamten Geschäftsbetriebes<br />

übertragen zu können, erzielt 260 . Als Annex des Akzessorietätsprinzips regelte<br />

das Warenzeichengesetz erstmals ausdrücklich die Unwirksamkeit von Vereinbarungen,<br />

die eine andere Übertragung des Zeichens als in Verbindung <strong>mit</strong> dem dazugehörigen<br />

Geschäftsbetrieb zum Gegenstand hatten 261 <strong>und</strong> setzte da<strong>mit</strong> der bisherigen strengen<br />

ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, die als Folge der Übertragung eines<br />

Zeichens ohne den dazugehörenden Geschäftsbetrieb das Erlöschen des Zeichens ansah,<br />

ein gr<strong>und</strong>sätzliches Ende 262 .<br />

Erst das Erstreckungsgesetz aus dem Jahre 1992 263 hat das strenge Akzessorietätsprinzip<br />

normativ einschneidend angetastet 264 . Auslöser für dieses Gesetz waren nicht<br />

ökonomische Überlegungen, sondern die damaligen politischen Umstände: Mit ihm<br />

wollte der Gesetzgeber allein im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes die<br />

Rechtseinheit im vereinigten Deutschland schaffen. Das Gesetz über Warenkennzeichen<br />

der DDR vom 30.11.1984 265 wich erheblich von dem alten WZG der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland ab. Die gravierendsten Divergenzen im Sinne von wirtschaftlich nachteiligster<br />

Unterschiede bestanden bei der Anmeldung <strong>und</strong> Eintragung sowie bei der<br />

Übertragung der Marke. Nach § 10 WKG war zur Anmeldung <strong>und</strong> Eintragung einer<br />

Marke ein Geschäftsbetrieb nicht erforderlich <strong>und</strong> § 17 gewährte die freie Übertragung<br />

der Marke ohne den dazugehörigen Geschäftsbetrieb 266 . Um wenigstens die großen<br />

258 § 7 Abs. 1 S. 2 WZG von 1894<br />

259 Änderung vom 5.5.1936 RGBl. II S. 134<br />

260 § 8 Abs. 1 WZG in der Fassung vom 5.5.1936<br />

261 § 8 Abs. 1 WZG in der Fassung vom 5.5.1936<br />

262 Dazu ausführlicher unter . I. a) bb), vgl auch Tetzner, S. 41 ff.<br />

263 Erstreckungsgesetz vom 23.4.1992, in Kraft getreten am 1.5.1992, BGBl. 1992 I, 938, - abgekürzt durch ErstrG.<br />

264 Ausführlich hierzu: Kunz-Hallstein, GRUR 1993, 439 ff; Albrecht, GRUR 1992, 660 ff.<br />

265 GBl. I Nr. 33 S. 397, abgekürzt durch WKG<br />

266 Neben den genannten Divergenzen wich das WKG u.a. auch noch <strong>mit</strong> seinem weiten <strong>Marken</strong>begriff, der auch<br />

dreidimensionale <strong>Marken</strong> einschloß (§ 9), seinem fehlenden Benutzungszwang <strong>und</strong> seiner Amtsprüfung auf ältere<br />

<strong>Marken</strong> vom alten WZG ab, vgl. Überblick zur Rechtslage in der früheren DDR bei Knaak, GRUR Int. 1993, 18,


39<br />

Divergenzen zwischen den beiden <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetzen zu beseitigen, lockerte der<br />

Gesetzgeber im Vorgriff auf die ohnehin bevorstehende <strong>Marken</strong>rechtsreform <strong>und</strong> in<br />

zögerlicher, aber durch die europäische Rechtsentwicklung geförderter Erkenntnis der<br />

Antiquiertheit des Akzessorietätsprinzips 267 , das straffe Band zwischen der Marke <strong>und</strong><br />

ihrem Geschäftsbetrieb beträchtlich in einem ersten Schritt durch das Erstreckungsgesetz<br />

268 . Hierfür wurde durch § 47 ErstrG das zuvor in § 2 Abs. 1 S. 3 WZG bestehende<br />

Erfordernis der Angabe des Geschäftsbetriebes bei der Anmeldung des Warenzeichens<br />

aufgehoben, die freie Übertragbarkeit des Zeichens unabhängig vom Geschäftsbetrieb<br />

erstmals eingeführt (§ 8 Abs. 1 S. 1 WZG) <strong>und</strong> konsequenterweise auch der<br />

Löschungsgr<strong>und</strong> des Wegfalls des Geschäftsbetriebes (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 WZG)<br />

gestrichen. Die Gr<strong>und</strong>norm des § 1 Abs. 1 WZG wurde dagegen nicht in die Änderung<br />

durch das Erstreckungsgesetz einbezogen, nach deren Wortlaut nach wie vor der<br />

Anmelder einer Marke einen Geschäftsbetrieb besitzen mußte, wenn er ihn nun auch bei<br />

der Anmeldung nicht mehr ausdrücklich angeben mußte. Auf diese Weise sollte<br />

gewährleistet werden, daß <strong>Marken</strong>anmelder weiterhin wenigstens irgendeinen<br />

Geschäftsbetrieb besaß, auch wenn dieser nicht mehr konkret auf die in der Anmeldung<br />

genannten Waren oder Dienstleistungen ausgerichtet sein mußte 269 .<br />

Insgesamt betrachtet, hat erst das Erstreckungsgesetz das strenge <strong>und</strong> über 100 Jahre im<br />

<strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz manifestierte Prinzip der Akzessorietät der Marke an den<br />

Geschäftsbetrieb in seinen Gr<strong>und</strong>festen stark untergraben <strong>und</strong> auch schon sehr gelockert,<br />

indem dieses Gesetz die Gültigkeit des Bindungsprinzips gerade für die die Rechtspraxis<br />

besonders interessierende Zeichenübertragung beseitigte. Die Gesetzgebung, die naturgemäß<br />

nicht auf jeden Trend <strong>und</strong> jede Veränderung der wirtschaftlichen Gegebenheiten<br />

positivrechtlich reagieren kann <strong>und</strong> dazu auch nicht verpflichtet ist, hat da<strong>mit</strong><br />

letztendlich auf eine schon frühzeitig einsetzende <strong>und</strong> auch langanhaltende Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Veränderung in der Ökonomie auf dem Gebiet des <strong>Marken</strong>wesens reagiert 270 . Zum<br />

völligen Einsturz brachte das Erstreckungsgesetz das traditionelle Prinzip aber noch<br />

nicht, da nach seinen Regelungen der <strong>Marken</strong>anmelder weiterhin einen Geschäftsbetriebe<br />

innehaben mußte 271 . Diesen noch ausführlich aufzuzeigenden endgültigen<br />

Schritt vollzog dann erst das <strong>Marken</strong>gesetz 272 .<br />

19 <strong>und</strong> die ausführliche Bestandsaufnahme für den gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes in der<br />

ehemaligen DDR v. Mühlendahl, GRUR 1990, 719, 721.<br />

267 Vgl. die ausführlichere Darstellung zum Wandel der Ansicht bei Kunz-Hallstein, GRUR 1993, 439, 440.<br />

268 In der Begründung zum ErstrG, BT-Drucks. 12/1399, S. 69 wird ausdrücklich betont, daß nur die unbedingt<br />

erforderlichen Änderungen vorgenommen <strong>und</strong> die weitergehende Umgestaltung dem Entwurf eines <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Marken</strong>gesetzes vorbehalten werden sollte.<br />

269 So die Begründung des ErstrG, BT-Drucks. 12/1399, S. 247.<br />

270 Darauf hat schon Loewenheim, Warenzeichen, S. 259, hingewiesen.<br />

271 Diese Umstände verleiten Albrecht zu der euphorischen Frage, zugleich Überschrift seines Aufsatzes, GRUR<br />

1992, 660 ff, ob das Erstreckungsgesetz der Beginn des warenzeichenrechtlichen Paradieses sei, lassen ihn aber<br />

nach genauer Prüfung der gesetzlichen Veränderung berechtigterweise zur negativen Anwort kommen.<br />

272 Vgl. die ausfürhrliche Darstellung dazu unter C. I. 3..


40<br />

b) Die Entwicklung des Akzessorietätsprinzips in der <strong>deutschen</strong> Rechtsprechung bis<br />

zum Erstreckungsgesetz<br />

Auch wenn bis zum Erstreckungsgesetz das Bindungsprinzip normativ festgeschrieben<br />

war, so konnte sich die Rechtsprechung zuvor nicht völlig der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung verschließen. Sie versuchte, wenn auch oft nur graduell, im Wege der<br />

wirtschaftlichen Betrachtungsweise das Zeichenrecht im Rahmen des Möglichen so<br />

auszulegen, daß die fortentwickelten ökonomischen Gegebenheiten der <strong>Marken</strong>anmelder<br />

<strong>und</strong> -inhaber möglichst <strong>mit</strong>berücksichtigt wurden.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat das Reichsgericht schon früh das Bindungsprinzip nicht streng<br />

formalistisch bei der Anmeldung <strong>und</strong> Eintragung der Marke verstanden. Die Eintragung<br />

der Marke wurde schon vor der Geschäftseröffnung zugelassen, wenn die Eröffnung nur<br />

wirklich beabsichtigt war <strong>und</strong> der Eingetragene die Geschäftsaufnahme auch „in<br />

angemessener Zeit“ realisierte; allein der ernsthafte Wille zur Geschäftseröffnung war<br />

nicht ausreichend gewesen 273 . Der BGH hat diese Rechtsprechung problemlos fortgeführt<br />

274 .<br />

Das Erfordernis des die angemeldeten Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen abdeckenden<br />

Geschäftsbetriebes wurde dagegen von der Rechtsprechung entgegen den ökonomischen<br />

Veränderungen <strong>und</strong> Bedürfnissen fast ein ganzes Jahrh<strong>und</strong>ert lang streng aufrechterhalten.<br />

Für die Eintragung eines Zeichens in die Zeichenrolle war es demnach immerzu<br />

erforderlich, daß der Geschäftsbetrieb, für dessen Waren oder Leistungen das Zeichen<br />

benutzt werden sollte, diese Produkte eigenhändig hervorbrachte <strong>und</strong> er dem einzutragenden<br />

<strong>Marken</strong>inhaber persönlich gehörte. Auch engste finanzielle, wirtschaftliche<br />

<strong>und</strong> organisatorische Verknüpfungen zwischen <strong>Marken</strong>inhaber <strong>und</strong> anderen Unternehmen<br />

konnten nach Ansicht der Rechtsprechung das Erfordernis des eigenen Betriebes<br />

nicht kompensieren 275 . So wurde der Betrieb des Lizenznehmers dem Lizenzgeber selbst<br />

dann nicht zugerechnet, wenn sich der Lizenznehmer ausschließlich <strong>mit</strong> der Herstellung<br />

in Lizenz befaßte 276 . Ebensowenig konnte eine Holdinggesellschaft als<br />

Verwaltungsorgan, aber ohne eigenen Geschäftsbetrieb, unter diesen Voraussetzungen<br />

selbst Zeicheninhaber sein 277 . Mit der „WMF-Mondmännchen“-Entscheidung hat der<br />

BGH dann aber doch diese strenge Eintragungsvoraussetzung zumindest insoweit<br />

erleichtert, als er dem Zeichenanmelder eine angemessene Frist einräumte, um die<br />

angegebenen Waren oder Dienstleistungen in seinen Geschäftsbetrieb aufzunehmen <strong>und</strong><br />

ihm deshalb diesbezüglich auch nicht die Darlegungs- <strong>und</strong> Beweislast auferlegte, da es<br />

dem Anmelder unzumutbar sei, seine geschäftlichen Absichten offenzulegen 278 . Die<br />

273 Vgl. RG 97, 98 (Sojana); RG 101, 372 (Kreuzzeichen); RG, 67, 349<br />

274 BGH, GRUR 1971, 309, 310, vgl. auch Baumbach/Hefermehl, WZG § 1 Rn. 17<br />

275 BGH, GRUR 1965, 86,88; vgl. Baumbach/Hefermehl, WZG § 1 Rn. 78 ff zur damaligen Problematik der<br />

Holdingmarke<br />

276 BGH, GRUR 1955, 598 Matern Werbeidee<br />

277 Vgl. nur BGH, GRUR 1965, 86 Schwarzer Kater <strong>und</strong> Beier, GRUR 1980, 352<br />

278 BGH v. 14. März 1975, GRUR 1975, 487, 488 <strong>mit</strong>. Anm. v. Droste, der die Entscheidung kritisch betrachtet <strong>und</strong><br />

befürchtet, daß diese BGH-Entscheidung zu einer Überfüllung der Zeichenrolle führen könnte. Das<br />

B<strong>und</strong>espatentgericht hat in seinem Beschluß v. 24. Nov. 1982, Mitt. 1983, 116, dagegen die „WMF-<br />

Mondmännchen“-Entscheidung als für das Anmeldeverfahren vor dem Deutschen Patenamt nicht einschlägig<br />

angesehen, da die Entscheidung des BGH in einem Wettbewerbsprozeß vor einem ordentlichen Gericht ergangen<br />

ist <strong>und</strong> deshalb seiner Ansicht nach nicht übertragbar sei; diese Auffassung widerspricht aber dem eindeutigen


41<br />

Befreiung der Darlegungs- <strong>und</strong> Beweislast bestand aber nicht, wenn sich „besondere<br />

Umstände“ abzeichneten, die eine genauere Überprüfung der Warenaufnahmeabsicht<br />

hervorriefen 279 . Hinsichtlich der Fristbegrenzung für die Warenaufnahme legte sich der<br />

BGH in seiner „WMF-Mondmännchen“-Entscheidung nicht fest, deutete aber in<br />

Anlehnung an die Benutzungsschonfrist einen 5-Jahreszeitraum an 280 .<br />

Auch wenn das Erstreckungsgesetz den § 1 WZG dem Wortlaut nach völlig unangetastet<br />

ließ <strong>und</strong> demzufolge Eintragungsvoraussetzung für ein Warenzeichen immer noch ein<br />

vorhandener oder zumindest geplanter Geschäftsbetrieb seitens des <strong>Marken</strong>anmelders<br />

war, so konnten an diese Eintragungsvoraussetzung nicht mehr so strenge Anforderungen<br />

wie früher gestellt werden. Indem das Erstreckungsgesetz von dem Erfordernis<br />

der Angabe des Geschäftsbetriebes bei Anmeldung der Marke Abstand nahm, konnte<br />

auch nicht mehr wie bisher das Erfordernis eines die angemeldeten Waren oder<br />

Dienstleistungen abdeckenden Geschäftsbetriebes konkret nachgeprüft werden. Dieser<br />

Umstand wurde von dem Deutschen Patentamt berücksichtigt <strong>und</strong> legte § 1 WZG nun<br />

dahingehend aus, daß der Anmelder nur noch irgendeinen <strong>und</strong> nicht einen die<br />

angegebenen Waren oder Dienstleistungen abdeckenden Geschäftsbetrieb haben<br />

mußte 281 . Durch diesen Schritt wurde es den Holdinggesellschaften <strong>und</strong> auch den reinen<br />

Lizenzgesellschaften zum ersten Mal ermöglicht, selbst <strong>Marken</strong> anzumelden.<br />

Nicht nur hinsichtlich der Eintragungsvoraussetzungen, sondern auch in bezug auf den<br />

Tatbestand der Übertragung von Warenzeichen lockerte die Rechtsprechung im Laufe<br />

der Zeit unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Gegebenheiten wenigstens graduell<br />

die Bindung des Zeichens an den Geschäftsbetrieb. Das Reichsgericht forderte schon<br />

bevor die Übertragung der Marke <strong>mit</strong> ihrem dazugehörigen Teilbetrieb rechtlich zugelassen<br />

wurde, nicht formal den Übergang des gesamten Betriebes, sondern nur die<br />

Bestandteile des Geschäftsbetriebes, die zur Fortführung der Marke erforderlich waren<br />

<strong>und</strong> nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt wurden 282 . Das Reichsgericht<br />

verlangte für eine wirksame Übertragung des Zeichens zu der ordnungsgemäßen<br />

Übertragung des Geschäftsbetriebes noch dessen ernsthafte Fortsetzung, die bloße<br />

Mitübernahme des Geschäftsbetriebs, um den Voraussetzungen des § 8 WZG zu<br />

genügen, waren nicht ausreichend 283 . Der BGH lockerte, nachdem der zunächst der sub-<br />

Wortlaut der BGH-Entscheidung, der sich nicht nur auf Verletzungsfragen der Marke, sondern auch auf das<br />

Zeicheneintragungsverfahren bezieht.<br />

279 Als „besonderer Umstände“ wurden damals der Verdacht angesehen, daß Hilfswaren oder Hilfsdienstleistungen<br />

angegeben worden seien, für die nach damaliger allgemeiner Ansicht kein Zeichenschutz bestand, vgl. dazu<br />

Schwendy, GRUR 1984, 18ff; Heil/Ströbele, GRUR 1979, 127 ff; Ströbele, GRUR 1981, 771 ff - <strong>mit</strong> Einführung<br />

der Dienstleistungsmarke 1979 in das Warenzeichengesetz wurde diese Abgrenzungsproblematik verstärkt<br />

diskutiert.<br />

280 BGH, GRUR 1975, 487, 488<br />

281 Diese Auslegung entsprach auch dem Willen des Gesetzgebers des Erstreckungsgesetzes, vgl. bereits<br />

diesbezügliche Darstellung unter C. I. 1. a).<br />

282 RG, GRUR 1928, 657, 658 - Weber’s Gewürzkaffee, ebenso dann BGH GRUR 1957, 231, 233 - Pertussin I,<br />

BGH 1973, 363, 364 - Baader, die Übertragung von Patenten, Betriebsgeheimnissen, Rezepten oder sonstigem<br />

know how konnte schon ausreichend sein; Schricker, Festschrift für v. Gamm, S. 289, 291, sah berechtigterweise<br />

in dieser freizügigen Handhabung eine „Verflüchtigung“ des <strong>mit</strong>zuübertragenen Geschäftsbetriebes; ausführlicher<br />

zu dem Tatbestand der Übertragung <strong>und</strong> den Anforderungen seitens der Rechtsprechung, Tetzner S. 7 ff.<br />

283 RG RGZ 147, 332, 339 - Aeskulap; RG GRUR 1943, 131, 133 - Valenciade; RG GRUR 1943, 298, 299 - Orfa


42<br />

jektiven Betrachtungsweise des Reichsgerichts gefolgt war 284 , diesen strengen Ansatz,<br />

indem er für eine wirksame Zeichenübertragung nicht mehr auf die subjektive Willensrichtung<br />

des Erwerbers abstellte, sondern allein nach objektiven Gesichtspunkten<br />

entschied, ob die übertragenen Geschäftsbestandteile es ermöglichten, das <strong>mit</strong> dem<br />

Zeichen verb<strong>und</strong>ene Geschäft fortzuführen 285 . Trotz dieser Lockerung haben viele<br />

<strong>Marken</strong>inhaber, die ihre Marke durch Übertragung erworben haben, ihren angestrebten<br />

Verletzungsprozeß allein deshalb verloren, weil sie die bestrittene Geschäftsübertragung<br />

nicht beweisen konnten, die Übertragung nach § 8 Abs. 1 S. 3 WZG so<strong>mit</strong> unwirksam<br />

war <strong>und</strong> sie keine Rechte aus der Marke geltend machen konnten 286 . Die Rechtsprechung<br />

hat diesen Maßstab auch streng auf die Übertragung gänzlich unbenutzter Warenzeichen<br />

angewandt, da sie in § 8 Abs. 1 WZG eine formale Ordnungsvorschrift sah, die keine<br />

Ausnahmen zuließ 287 .<br />

Eine Teilübertragung des Zeichens hinsichtlich einiger Waren oder Dienstleistungen <strong>mit</strong><br />

dem dazugehörigen Teil des Geschäftsbetriebes ließ die Rechtsprechung nach dem WZG<br />

niemals zu, ihrer Ansicht nach bildete das Warenzeichen von seiner Anmeldung ab eine<br />

unteilbare <strong>und</strong> unveränderliche Einheit 288 .<br />

Eine Entwicklung der Rechtsprechungsansicht hinsichtlich der Rechtsfolgen einer<br />

fehlerhaften Übertragung der Marke kann zwar auch festgestellt werden, letztendlich<br />

wurde aber an dem Akzessorietätsprinzip streng festgehalten. Nach der strengen<br />

Auffassung des Reichsgerichts war bei der Übertragung eines Zeichens ohne den<br />

dazugehörigen Geschäftsbetrieb nicht nur die Übertragung selbst unwirksam, sondern<br />

auch das Warenzeichen verlor seine rechtliche Existenz <strong>und</strong> erlosch; die<br />

Registereintragung hatte danach nur noch formelle Bedeutung 289 . Der BGH hatte sich,<br />

trotz der durch die Gesetzesänderung von 1936 eingefügten ausdrücklichen Regelungen<br />

der Unwirksamkeit von Vereinbarungen, die eine andere Übertragung des Zeichens als<br />

in Verbindung <strong>mit</strong> dem dazugehörigen Geschäftsbetrieb zum Gegenstand haben, erst in<br />

seiner Lockwell-Entscheidung aus dem Jahre 1952 zu der Ansicht durchringen können,<br />

daß im Fall der Leerübertragung nur der Übertragungsvertrag nichtig ist, dagegen das<br />

284 Vgl. BGH, GRUR 1967, 89, 92 - Rose<br />

285 BGH, GRUR 1973, 363 - Baader - m. Anm. v. Heydt, der den kleinen Schritt der Lockerung begrüßt, zumal für<br />

ihn die Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb ein „fossiles, durch die wirtschaftliche Entwicklung<br />

überholtes Relikt aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert“ ist. Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung nicht ausdrücklich von<br />

seinem Entscheidungsweg in der „Rose“-Entscheidung Abstand genommen, aber wie Heydt zu Recht in seiner<br />

Anmerkung ausführt, hat der BGH in der „Baader“-Entscheidung eindeutig von der subjektiven zur objektiven<br />

Betrachtungsweise gewechselt.<br />

286 Vgl. Albrecht, GRUR 1992, 660<br />

287 Vgl. LG Düsseldorf, GRUR 1959, 603 - Acetoyen; Baumbach/Hefermehl, WZG § 8 Rn. 13<br />

288 RG v. 14.12.1942 GRUR 1943, 131, 132 f - Valenciade; BGH, GRUR 1958, 185, 186; BGH, GRUR 1972, 180,<br />

182. In der Literatur wurde dagegen eine solche Teilübertragung schon früh befürwortet, siehe nur Übersicht bei<br />

Tetzner, S. 28 ff, der selbst aber die Teilübertragung auch ablehnt. Das <strong>Marken</strong>gesetz ermöglicht erstmalig die<br />

Teilübertragung der Marke, § 27 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G.<br />

289 St. Rspr. des RG, vgl. RG v. 15.1.1904 RGZ 56, 369, 371 - Venus; RG v. 18.6.1920 RGZ 100, 3, 6 - Antiformin;<br />

RG RGZ 151, 10 - Naftalan. Bedingt durch den 1936 neu in § 8 Abs. 1 eingefügten Satz, daß eine Vereinbarung,<br />

die ohne den dazugehörenden Geschäftsbetrieb erfolgt, unwirksam ist, überlegte das Reichsgericht, ob nicht nur<br />

die Leerübertragung des Zeichens unwirksam sei, der Bestand des Zeichens dagegen unangetastet blieb; diese<br />

Überlegungen führten aber nicht zu der Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, die Frage blieb dahingestellt,<br />

vgl. RG v. 26.3.1935 RGZ 147, 332, 335 - Aeskulap; RG v. 14.12.1942 GRUR 1943, 131, 134 - Valenciade.


43<br />

<strong>Marken</strong>recht materiell beim Veräußerer bleibt 290 . An dieser Rechtsprechung hatte der<br />

BGH dann aber bis zum Erstreckungsgesetz festgehalten 291 . Auch wenn <strong>mit</strong> dem<br />

Erstreckungsgesetz die Übertragung des Zeichens ohne den Geschäftsbetrieb rechtlich<br />

zugelassen wurde, so wurde die Rechtsprechung des BGH bis zum Erstreckungsgesetz<br />

noch nicht ganz obsolet, da der BGH der Regelung des Erstreckungsgesetzes keine<br />

Rückwirkung in dem Sinne zusprach, daß nach dem alten WZG vorgenommene <strong>und</strong><br />

danach unwirksame Leerübertragungen geheilt wären 292 . Seiner Ansicht nach konnte ein<br />

solcher Rückwirkungswille des Gesetzgebers weder aus dem Erstreckungsgesetz noch<br />

aus der amtlichen Begründung zu diesem Gesetz entnommen werden 293 . Der BGH<br />

unterschied bei der Rückwirkungsproblematik nicht zwischen benutzten <strong>und</strong><br />

unbenutzten Zeichen 294 . Allerdings verkannte er auch nicht, daß <strong>mit</strong> der Streichung des<br />

Löschungsgr<strong>und</strong>es des fehlenden Geschäftsbetriebes ( § 11 Abs. 1 Nr. 2 WZG) der<br />

fehlerhaften Leerübertragung eine faktische Heilung zukam. Um aber die nicht<br />

beabsichtigte echte Heilung der unwirksamen Übertragungen zu verhindern, <strong>und</strong> so die<br />

infolge des früheren Eintritts der Löschungsreife entstandenen Zwischenrechte nicht<br />

rechtlos werden zu lassen, behandelte der BGH diese Sachlage parallel dem Fall der<br />

Löschungsreife durch Nichtbenutzung <strong>und</strong> seiner Heilung durch Aufnahme der<br />

Benutzung, indem er der faktischen Heilung des älteren Zeichenrechts gegenüber dem<br />

Zwischenrecht nicht wie sonst Wirkung ex tunc, sondern nur eine ex nunc zusprach 295 .<br />

Der <strong>Marken</strong>inhaber, der sein Zeichen durch eine fehlerhafte Leerübertragung erworben<br />

hatte, konnte dieser rechtlichen Beurteilung dadurch entgehen, indem er die Übertragung<br />

noch einmal <strong>mit</strong> seinem Vertragspartner vornahm 296 .<br />

Als Zwischenergebnis kann hier festgestellt werden, daß der <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> bereits durch<br />

das Erstreckungsgesetz <strong>mit</strong> der Einführung der freien Übertragbarkeit des Warenzeichens<br />

prinzipiell ermöglicht wurde. Allerdings eröffnete dieses Gesetz den Handel<br />

noch nicht für jedermann, sondern bedingt durch das traditionell aufrechterhaltene<br />

Eintragungserfordernis des Geschäftsbetriebes für ein Warenzeichen in § 1 WZG <strong>und</strong><br />

der diesbezüglichen Auslegung seitens der Rechtsprechung wurde die Handelsoption nur<br />

Geschäftsinhabern <strong>und</strong> noch nicht Privatpersonen gewährt. Die teilweise geäußerten<br />

Befürchtungen, daß das Erstreckungsgesetz durch die Loslösung der Marke vom<br />

290 BGH, GRUR 1953, 34 - Lockwell; wie Reichsgericht noch BGH GRUR 1951, 324 - Piekfein.<br />

291 Letzte diesbezügliche Entscheidung stammt aus dem Jahre 1991: BGH, GRUR 1992, 106 - Barbarossa.<br />

292 Zuletzt BGH, WRP 1995, 96, 99 - Neutrex; Gr<strong>und</strong>satzentscheidung BGH, GRUR 1994, 288 - Malibu.<br />

293 BGH, GRUR 1994, 288, 289 - Malibu; Der BGH weist auf den Regelungsgr<strong>und</strong> in der amtlichen Begründung<br />

(GRUR 1992, 760, 794) hin, der in der Zulassung der freien Übertragbarkeit des Zeichens eine Lösung zur<br />

Beseitigung der Diskrepanz zwischen den Regelungen des DDR-Warenkennzeichengesetzes <strong>und</strong> des<br />

Warenzeichengesetzes im Vorgriff auf die ohnehin bevorstehende <strong>Marken</strong>rechtsreform <strong>und</strong> der Herstellung der<br />

<strong>deutschen</strong> Einheit sieht. Die Literatur dagegen befürwortet zum Teil die Rückwirkung, dazu ausführlicher unter C.<br />

I. 1. c).<br />

294 BGH, WRP 1995, 96 ff - NEUTREX = GRUR 1995, 117 ff<br />

295 BGH, GRUR 1994, 288, 289 <strong>und</strong> BGH, GRUR 1983, 764, 767 - Haller II<br />

296 Diese Rückwirkungsproblematik ist <strong>mit</strong> dem Inkrafttreten des <strong>Marken</strong>gesetzes nicht obsolet geworden, da auch<br />

das jetzige <strong>Marken</strong>gesetz keine pauschale Rückwirkung vorsieht <strong>und</strong> die Übergangsregelung § 152 <strong>Marken</strong>G nur<br />

die eingetragenen Zeichen unter den Schutz des neuen <strong>Marken</strong>gesetzes stellt, die auch nach dem alten<br />

Warenzeichengesetz geschützt waren.


44<br />

Geschäftsbetrieb der mißbräuchlichen <strong>Marken</strong>übertragung Vorschub leisten würde,<br />

wurden vom Gesetzgeber nicht geteilt 297<br />

c) Das Akzessorietätsprinzip im <strong>deutschen</strong> Schrifttum<br />

Das deutsche Schrifttum hat sich <strong>mit</strong> dem Akzessorietätsprinzip im Zeichenrecht<br />

verhältnismäßig wenig befaßt, obwohl insbesondere die Übertragung des Warenzeichens<br />

ohne den dazugehörenden Geschäftsbetrieb in der Rechtstatsächlichkeit trotz der <strong>mit</strong> ihr<br />

verb<strong>und</strong>enen rechtlichen Risiken immer häufiger praktiziert wurde 298 . Erstmals wurde<br />

der Gr<strong>und</strong>satz der Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb hinsichtlich des Teilaspekts<br />

der freien Übertragung kritisch auf der Warenzeichentagung des Grünen Vereins<br />

im Jahre 1929 diskutiert. Auch wenn am Ende dieser Tagung an dem Gr<strong>und</strong>satz der<br />

Untrennbarkeit der Marke vom Geschäftsbetrieb festgehalten wurde - für das Ergebnis<br />

war letztendlich die Stellungnahme der Vertreter der <strong>deutschen</strong> Industrie<br />

entscheidend 299 - , so erkannten schon damals einige Autoren die Kluft zwischen der<br />

gesetzlichen Zeichenregelung <strong>und</strong> den zu jener Zeit herrschenden wirtschaftlichen<br />

Gegebenheiten <strong>und</strong> folgerten daraus die Notwendigkeit, die Selbständigkeit der Marke<br />

gegenüber dem Geschäftsbetrieb zumindest betreffend ihre freie Übertragbarkeit<br />

rechtlich anzuerkennen 300 .<br />

Die zweite diesbezügliche Diskussionswelle fand in Deutschland dann 1949 anläßlich<br />

der Vorbereitungen für den Kongreß der IHK in Quebec, der die Frage der Einführung<br />

der freien Übertragbarkeit der Marke in Art. 6 quater der PVÜ auf der Tagesordnung<br />

hatte 301 , statt. Wiederum befürworteten einige die Freigabe der Übertragbarkeit 302 ,<br />

manche jedoch <strong>mit</strong> der Einschränkung, daß nur unbenutzte Zeichen völlig frei<br />

übertragen werden können sollten 303 . Am Ende der Diskussion entschied sich aber die<br />

Deutsche Landesgruppe der Internationalen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz,<br />

<strong>mit</strong> dem hier besonders interessierenden Argument der Degradierung der Marke zum<br />

bloßen Handelsobjekt, wiederum für den Fortbestand des strengen Akzessorietätsprinzips<br />

<strong>und</strong> nicht für seine Aufgabe 304 .<br />

297 So schon die Regierungsbegründung zum Erstreckungsgesetz, BT-Drucks. 12/1399, 69.<br />

298 Nur Tetzner hat das Problem der Leerübertragung in seiner Dissertation aus dem Jahre 1962 ausführlich<br />

behandelt, ohne jedoch das Akzessorietätsprinzip in Frage zu stellen.<br />

299 Vgl. dazu das ausführliche Protokoll über die Tagung in GRUR 1929, 751-800<br />

300 Besonders hervorzuheben ist hier Jsay, GRUR 1929, 23 ff, der in seinem für die damalige Zeit sehr modernen<br />

Bericht ganz deutlich die Entwicklung der Marke <strong>und</strong> der Wirtschaft herausarbeitete <strong>und</strong> die gesetzliche<br />

Anerkennung der freien Übertragbarkeit der Marke, ausgenommen der Firmenmarke, forderte; der Aufsatz von<br />

Isay löste ein erhebliches Echo aus, vgl. Baum, GRUR 1929, 275 ff; Reimer, GRUR 1931, 11 ff; Thoens, GRUR<br />

1935, 343 ff; Bussmann, GRUR 1949, 170 ff.<br />

301 Mit Beschluß vom 18.2.1949 wurde diese Frage unter Stimmenthaltung Deutschlands positiv beantwortet. Vgl.<br />

dazu Röttger GRUR 1949, 390 ff, der damals aus seiner Sicht auf die Gefahr hinweist, die Überlegungen<br />

hinsichtlich der Änderungen des Art. 6 quater PVÜ <strong>mit</strong> der Problematik des Akessorietätsprinzips im <strong>deutschen</strong><br />

Warenzeichenrecht zu verbinden.<br />

302 E. Reimer, GRUR 1949, 181 ff, von der Werth, GRUR 1949, 320 f<br />

303 So Bußmann, GRUR 1949, 170, 179f<br />

304 Vgl. hierzu insbesondere den Bericht von Harmsen <strong>mit</strong> dem Vorwort von Lutz, der die Gefahr des <strong><strong>Marken</strong>handel</strong><br />

besonders betont, in Sonderdruck aus Mitteilungen des <strong>Marken</strong>verbandes, Wiesbaden 1949; siehe aber auch<br />

Schwartz, MA 1955, 147 ff <strong>mit</strong> seinem guten Überblick der pro <strong>und</strong> contra- Argumente für die freie<br />

Übertragbarkeit, Friedrich, MA 1956, 89 ff.


45<br />

Nach diesen zwei Diskussionswellen rückt die Thematik des Akzessorietätsprinzips <strong>mit</strong><br />

den Vorarbeiten <strong>und</strong> den Reformüberlegungen zur Harmonisierung der europäischen<br />

<strong>Marken</strong>rechte wieder stärker ins Rampenlicht. Bemerkenswerterweise wurde dieses<br />

Thema hinsichtlich der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der Richtlinie kaum<br />

problematisiert. Von Anfang an stand eigentlich fest, daß die Gemeinschaftsmarke sowie<br />

die nationale Marke frei übertragen werden sollte, um so den wirtschaftlichen Belangen<br />

gerecht zu werden 305 . Die letztendlich verwirklichte völlige Loslösung der Marke von<br />

dem Geschäftsbetrieb fiel aus deutscher Sicht anfangs nicht so leicht, denn zunächst<br />

wurde noch die zwar später nicht mehr verlangte Angabe eines Geschäftsbetriebs bei der<br />

Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke gefordert, um so die Übereinstimmung der<br />

Warenverzeichnisse bei der Anmeldung <strong>mit</strong> dem Umfang der Geschäftstätigkeit des<br />

Anmelders überprüfen zu können 306 . Betreffend die deutsche Marke kostete es auch<br />

große Mühe sich von dem traditionellen Bindungsprinzip umfassend loszusagen.<br />

Obschon die Literatur sehr früh die freie Übertragbarkeit für die deutsche Marke<br />

befürwortete, wollte sie noch lange Zeit die Marke gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>mit</strong> dem Geschäftsbetrieb<br />

verb<strong>und</strong>en sehen <strong>und</strong> forderte deshalb bei Anmeldung einer Marke die Angabe<br />

eines Geschäftsbetriebes <strong>und</strong> die Aufrechterhaltung der Zulassung der Löschungsklage<br />

bei späterem Wegfall des Geschäftsbetriebes 307 . Angeregt durch die zunehmende<br />

wirtschaftliche Unternehmensverflechtung <strong>und</strong> der da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>enen vermehrten<br />

Bildung von Holdinggesellschaften sprach sich das Schrifttum allerdings fast einstimmig<br />

im Gegensatz zur ständigen Rechtsprechung für die Eintragbarkeit von <strong>Marken</strong> auf den<br />

Namen der Konzernspitze aus, indem es den damals von § 1 WZG für die Eintragbarkeit<br />

eines Zeichens geforderten <strong>und</strong> von ihm auch gutgeheißenen Geschäftsbetrieb weit<br />

auslegte <strong>und</strong> der Holding als Verwaltungsgesellschaft die produzierenden Betriebe ihrer<br />

Tochterunternehmen zurechtnete 308 . Erst nachdem sich evident herauskristallisierte, daß<br />

die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> die Angleichungsrichtlinie die Bindung der<br />

Marke an den Geschäftsbetrieb nicht vorsehen werden, zeigte sich auch aus deutscher<br />

Sicht die überwiegende Bereitschaft, den althergebrachten <strong>und</strong> sich über 100 Jahre fest<br />

etablierten Bindungsgr<strong>und</strong>satz aufzugeben 309 . Dementsprechend konnte das Erstrekkungsgesetz<br />

aus dem Jahre 1992 <strong>mit</strong> seiner teilweisen Preisgabe des<br />

Akzessorietätsprinzips 310 die gr<strong>und</strong>sätzliche Diskussion über die Thematik des<br />

Bindungsprinzips der Marke im <strong>deutschen</strong> Warenzeichengesetz nicht sehr beleben, da zu<br />

diesem Zeitpunkt bereits die schon diskutierte <strong>und</strong> zwischenzeitlich auch zumeist<br />

akzeptierte gemeinschaftsrechtliche Loslösung der Marke von dem Geschäftsbetrieb<br />

seitens der Richtlinie <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verorndung eindeutig feststand, so<br />

daß die durch das Erstreckungsgesetz zugelassene freie Übertragbarkeit der Marke nur<br />

305 Denkschrift, GRUR 1976, 481, 497; aber auch schon 1960 sprach sich die Deutsche Vereinigung für<br />

Gewerblichen Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht in ihren „Gr<strong>und</strong>sätzen für die Schaffung einer EWG-Marke“ für die<br />

freie Übertragbarkeit aus, GRUR 1960, 359 f<br />

306 Denkschrift Nr. 82, GRUR 1976, 481, 491, die Denkschrift entstand unter deutscher Federführung <strong>und</strong> spiegelt<br />

daher auch das deutsche Verständnis wider.<br />

307 Droste/Reimer, GRUR 1976, 636, 639<br />

308 Vgl. hierzu nur Beier, GRUR 1980, 352 ff, der sich für diesen Fragenkompelx besonders eingesetzt hat.<br />

309 Vgl. Kunz-Hallstein, GRUR 1993, 439, 440; Schricker, Festschrift für v. Gamm, S. 289, 291<br />

310 Vgl. dazu obige Darstellung unter C. I. 1. a).


46<br />

als Übergangsstufe zum Endstadium der Auflösung der Bindung der Marke an den<br />

Geschäftsbetrieb überhaupt gesehen wurde. Mangels besonderer Übergangsvorschriften<br />

wurde dagegen die Problematik der eventuellen Rückwirkung des Erstreckungsgesetzes<br />

<strong>und</strong> die da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>ene Heilung der nach dem alten WZG unwirksamen<br />

Leerübertragungen ausführlicher erörtert. So wurde einmal die faktische Heilung der<br />

nach dem alten Warenzeichengesetz löschungsfähigen Zeichen mangels vorhandenem<br />

Geschäftsbetrieb vertreten, da <strong>mit</strong> der Streichung der Löschungsklage wegen fehlendem<br />

Geschäftsbetrieb auch die Einrede der diesbezüglichen Löschungsreife entfallen wäre;<br />

die echte Heilung wurde demgegenüber von den Befürwortern der faktischen Heilung<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich abgelehnt <strong>mit</strong> dem Hinweis auf den auch noch nach dem Erstreckungsgesetz<br />

möglichen Einwand der fehlenden Aktivlegitimation hinsichtlich eines nach dem<br />

alten Recht nicht wirksam übertragenen <strong>Marken</strong>rechts <strong>und</strong> der daher lediglich formell<br />

legitimierten Zeicheninhaberposition, wenn auch die Möglichkeit der Gefahr des<br />

Leerlaufs dieses Einwandes durch die durchführbare Ersetzung der unrechtmäßigen<br />

Übertragung durch eine rechtmäßige nach dem neuen Recht gesehen wurde 311 . Zum<br />

anderen wurde aber auch für die echte Heilung aller bis zum Inkrafttreten des<br />

Erstreckungsgesetzes vorgenommener unwirksamen Leerübertragungen plädiert unter<br />

Berücksichtigung <strong>und</strong> Abwägung der staatsrechtlichen Gr<strong>und</strong>sätze, der Belange der<br />

Vertragsparteien <strong>und</strong> auch der Drittinteressen 312 . Auch <strong>mit</strong> dem Inkrafttreten des<br />

<strong>Marken</strong>gesetzes <strong>und</strong> der endgültigen Loslösung der Marke ist diese Rückwirkungs- <strong>und</strong><br />

Heilungsproblematik nicht beseitigt, da auch das neue <strong>Marken</strong>recht keine speziellen<br />

Regelungen für diesen Fragenkomplex enthält; insbesondere die Übergangsvorschrift §<br />

152 <strong>Marken</strong>G ist hier nicht einschlägig, da sie sich auf nach dem alten Warenzeichengesetz<br />

geschützte <strong>Marken</strong> bezieht <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> nicht auf fehlerhaft eingetragene<br />

oder übertragene Zeichen.<br />

2. Konatation des Bindungsprinzips<br />

Das anfänglich im <strong>deutschen</strong> Warenzeichenrecht traditionell felsenfest verankerte<br />

Bindungsprinzip der Marke an den Geschäftsbetrieb wurde folglich, wenn auch nicht<br />

parallel zur Entwicklung der wirtschaftlichen Realität, durch die Rechtsprechung <strong>und</strong><br />

den Gesetzgeber etappenweise gelichtet. Um die einzelnen Schritte der Abkehr vom<br />

Bindungsprinzip besser nachvollziehen zu können, erscheint es sinnvoll, den ursprünglichen<br />

Zweck der Bindung der <strong>Marken</strong> an den Geschäftsbetrieb aufzuzeigen, wenn auch<br />

nicht ausführlich, aber doch in ausreichenden Zügen. Im Anschluß daran soll dann der<br />

Frage der wirtschaftlichen Notwendigkeit der Aufgabe des Bindungsprinzips nachgegangen<br />

werden.<br />

311 So Kunz-Hallstein, GRUR 1993, 439, 447 f; die echte Heilung auch ablehnend, allerdings aus allgemeinen<br />

staatsrechtlichen Gr<strong>und</strong>sätzen, Albrecht, GRUR 1990, 660, 662 f. Ebenso entschied die Rechtsprechung, vgl. dazu<br />

obige Darstellung unter C. I. 1. b).<br />

312 So Sefzig, der seine Ansicht ausführlich <strong>und</strong> überzeugend darlegt, GRUR 1993, 711ff, <strong>mit</strong> Korrektur GRUR<br />

1994, 94.


47<br />

a) Der ursprüngliche Zweck der Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb<br />

Der ursprüngliche Zweck des Bindungsprinzips erhellt sich einmal aus der historischen<br />

Perspektive 313 , zum anderen trägt die Auseinandersetzung <strong>mit</strong> den dem Bindungsprinzip<br />

zugr<strong>und</strong>eliegenden rechtsdogmatischen <strong>und</strong> -politischen Leitgedanken zu seinem Verständnis<br />

bei.<br />

Die Aufnahme <strong>und</strong> entschiedene Akzentuierung des Bindungsprinzips war zunächst<br />

ganz maßgeblich <strong>und</strong> aus heutiger Sicht auch sehr nachhaltig historisch geprägt. Das<br />

erste deutsche kodifizierte Warenzeichengesetz aus dem Jahre 1874 ließ sich von dem<br />

<strong>Marken</strong>wesen der Zunftwirtschaft <strong>mit</strong> seinen Schau- <strong>und</strong> Meisterzeichen beeinflussen,<br />

obwohl das Zunftwesen selbst in dieser Zeit immer mehr an Bedeutung verlor 314 <strong>und</strong><br />

sich eine Verschiebung bzw. tiefgreifende Umwandlung in den Bereichen Produktion<br />

<strong>und</strong> Warenabsatz anbahnte <strong>und</strong> abzeichnete, deren Entwicklung allerdings noch nicht<br />

richtig abgeschätzt <strong>und</strong> demzufolge auch nicht berücksichtigt werden konnte 315 .<br />

Insbesondere die Meisterzeichen als besondere Individualzeichen der Handwerker <strong>mit</strong><br />

ihrer primären Funktion des Herkunftshinweises, die sich im Laufe der Zunftzeit immer<br />

stärker durchsetzten <strong>und</strong> auch nach dem Niedergang des Zunftwesens weiter benutzt<br />

wurden, waren prägend <strong>und</strong> der Gr<strong>und</strong>stein für den zeichenrechtlichen Schutz der<br />

Herkunftsfunktion <strong>und</strong> das daran gekoppelte Bindungsprinzip der Marke an den<br />

Geschäftsbetrieb 316 .<br />

Zu der historischen Prägung kam noch die anfänglich voreingenommene Haltung des<br />

Gesetzgebers gegenüber einem Warenzeichenrecht 317 , die er auch selbst in der amtlichen<br />

Begründung eingestand, indem er angab, daß „der Meinungs- <strong>und</strong> Interessenkampf seit<br />

geraumer Zeit zugunsten des Zeichenschutzes entschieden sei“ <strong>und</strong> „die Bedürfnisse des<br />

gewerblichen Verkehrs anzuerkennen seien“ 318 . Der Gesetzgeber sah einen über<br />

nominative Bezeichnungen, d.h. die Kennzeichnung <strong>mit</strong> Namen oder Firma, hinausgehenden<br />

Schutz als Eingriff in die Gewerbefreiheit <strong>und</strong> unterstellte auch, daß die<br />

Verbraucher auf phantastische Zeichen keinen Wert legen würden 319 . Außerdem war für<br />

ihn die nominative Marke der einfachste <strong>und</strong> zugleich natürlichste Weg, um auf die<br />

Herkunft der Ware hinzuweisen 320 . Letztendlich hat er sich doch dazu durchringen<br />

können, wenn auch nicht reine Phantasiemarken zu schützen, so aber doch Wort- <strong>und</strong><br />

Bildzeichen als Kombination zuzulassen. Zu den gr<strong>und</strong>sätzlichen Bedenken kamen auch<br />

313 Der historische Rückblick muß sich hier auf die <strong>deutschen</strong> Zeichenrechte ab dem Jahre 1874 beschränken, eine<br />

weitergehende Darstellung würde den Rahmen der Arbeit sprengen; vgl. die prägnante <strong>und</strong> konzentrierte<br />

Darstellung der Geschichte des <strong>Marken</strong>wesens <strong>und</strong> des <strong>Marken</strong>rechts bei Schluep S. 33 ff.<br />

314 Vgl. ausführlich zum <strong>Marken</strong>wesen der Zunftwirtschaft Leitherer, MA 1956, 685 ff<br />

315 Insbesondere die <strong>mit</strong> der Industrialisierung aufkommende Werbung als Instrument der Absatzförderung <strong>und</strong> ihre<br />

Entwicklung konnte zum Zeitpunkt des Erlasses des Warenzeichengesetzes noch nicht abgesehen werden, dazu<br />

Wadle, Bd. I S. 23, Schönfeld, S. 41.<br />

316 Dazu ausführlich, Schönfeld, S. 39 ff; Wadle, Bd. I, S. 21; Leitherer, S. 20 ff; Heydt, Festschrift für Hefermehl<br />

zum 65. Geburtstag, S. 59, 67; Miosga, GRUR 1967, 9 ff<br />

317 Wadle, JuS 1976, 761, 762<br />

318 Mot. Der Vorlage im BR, Verh. D. BR Session 1874 Dr. Nr. 117, 7, 8<br />

319 Wadle, Bd. I, S. 248<br />

320 Wadle, JuS 1976, 761, 762, schon vor Erlaß des Warenzeichengesetzes von 1874 war die nominative Marke<br />

durch § 287 des Reichstrafgesetzbuches 1871 zumindest strafrechtlich vor Nachahmung geschützt; diese<br />

Vorschrift erwies sich aber als nicht sehr effektiv, vgl. Henning-Bodewig/Kur Bd. I S. 213.


48<br />

noch logistische, indem die Schwierigkeiten <strong>und</strong> Kosten für die notwendigen<br />

Formalitäten als unüberwindbar angesehen wurden 321 .<br />

Die rechtsdogmatischen Motive für das Bindungsprinzip waren wiederum stark von<br />

diesem historisch geprägten <strong>Marken</strong>verständnis bestimmt. Als wichtigstes Argument<br />

wurde in diesem Zusammenhang das Wesen der Marke als Herkunftsangabe gesehen.<br />

Aus dieser wesensmäßigen <strong>Marken</strong>funktion wurde gefolgert, daß ein Zeichen seine<br />

immanente Funktion als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen ohne die feste<br />

Bindung an den Geschäftsbetrieb nicht erzielen könne. Schon in der Begründung zu dem<br />

Warenzeichengesetz von 1894 wurde aus der Zweckbestimmung der Marke ihr<br />

notwendiges Veräußerungsverbot abgeleitet 322 . Wenn auch schon in den zwanziger<br />

Jahren ein Bedeutungswandel der Marke im Wirtschaftsgeschehen erkannt <strong>und</strong> der da<strong>mit</strong><br />

verb<strong>und</strong>ene wirtschaftliche Funktionswandel des Zeichens gesehen wurde, führte dies<br />

nicht gleich zur Preisgabe des Dogmas Akzessorietätsprinzip, sondern dauerte vielmehr<br />

über ein halbes Jahrh<strong>und</strong>ert 323 .<br />

Als rechtspolitisches Motiv für das Bindungsprinzip wurde primär die Verhinderung von<br />

Irreführung der Verbraucher angesehen, was letztlich einen wettbewerbsrechtlichen<br />

Aspekt i.S.v: § 3 UWG darstellt 324 . Der Konsument sollte vor Täuschungen geschützt<br />

werden, die daraus resultieren würden, daß wenn ein Zeichen ohne den Geschäftsbetrieb<br />

oder wenigstens den Betriebsteil, der für die Warenherstellung oder Dienstleistungsausführung<br />

zuständig ist, übertragen wird, nicht seinen Erwartungen entsprochen würde,<br />

die Ware oder Dienstleistung stamme aus demselben Unternehmen <strong>mit</strong> der konstanten<br />

<strong>und</strong> bekannten Qualität der Erzeugnisse 325 . Diese in den Anfängen des Warenzeichenrechts<br />

sicherlich zu Recht unterstellten Verbrauchererwartungen haben sich im Laufe der<br />

Zeit gewandelt, so daß sie heute kein überzeugendes Argument mehr für das<br />

rechtspolitische Motiv abgeben 326 . Eng verb<strong>und</strong>en <strong>mit</strong> diesem Motiv war die<br />

Bestrebung, den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> zu unterbinden <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> die Marke nicht zum Handelsobjekt<br />

zu degradieren 327 .<br />

An diesen ursprünglich so<strong>mit</strong> erklärbaren <strong>und</strong> auch teilweise berechtigten Intentionen<br />

des Akzessorietätsprinzips im Zeichenrecht <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> an dem Prinzip selbst wurde trotz<br />

der Weiterentwicklung <strong>und</strong> der Veränderung des Wirtschaftslebens von dem Gesetz-<br />

321 Wadle, JuS 1976, 761, 763, vgl. auch das Gutachten des BR-Ausschusses f. Handel <strong>und</strong> Verkehr v. 24.12.1871,<br />

Verh. des BR des Dt. Reiches, Session 1871, Nr. 189 S. 7. Das Problem der Formalität wurde zunächst dann so<br />

gelöst, daß die Eintragung der Zeichen beim jeweiligen für die Firma zuständigen Registergericht vorgenommen<br />

wurde. Erst <strong>mit</strong> dem Warenzeichengesetz von 1894 wurde eine Zentralregistrierung eingeführt <strong>und</strong> war dann auch<br />

durchführbar.<br />

322 Vgl. Bl. f. PMZ 1894/95 , 22, 23<br />

323 Siehe dazu die obige ausführliche Darstellung unter C. I. 1..<br />

324 So auch Traub, Festschrift für Trinkner, S. 431<br />

325 So kategorisch die Rechtsprechung: RG 146, 325, 331 - Fratelli; BGH GRUR 1967, 89, 92 - Rose; BGH GRUR<br />

1973, 363, 365 - Baader; vgl. auch Baumbach/Hefermehl, WZG, § 8 Rn. 2; Busse/Starck, WZG, § 8 Rn. 1;<br />

Schwartz, MA 1955, 147, 152 f.<br />

326 Vgl. Henning-Bodewig/Kur, Bd. II, S. 313 ff<br />

327 Aus der Rspr. RG v. 16.1.1904, RGZ 56, 369, 371; BGH, GRUR 1951, 234 - Piekfein; BGH, GRUR 1953, 34 -<br />

Lockwell; aus der Lit. vgl. Baumbach/Hefermehl, WZG, § 8 Rn. 2, Busse/Starcke, WZG, § 8 Rn. 1; Bußmann,<br />

GRUR 1949, 170, 179; Isay, GRUR 1929, 23, 35, Sack, GRUR 1972, 445, 446.


49<br />

geber bis zum Erlaß des Erstreckungsgesetzes streng festgehalten 328 . Die Bindung der<br />

Marke wurde nicht nur als tragender Pfeiler des Warenzeichengesetzes, sondern<br />

darüberhinaus auch von der Rechtsprechung als Teil des ordre public angesehen. Diesen<br />

Standpunkt manifestierte die Rechtsprechung in ihren Entscheidungen sogar noch zu der<br />

Zeit, als bereits der Vorschlag für die Gemeinschaftsmarke von 1984 vorlag <strong>und</strong> die<br />

Richtlinie erlassen war <strong>und</strong> sich die Abkopplung der Marke vom Geschäftsbetrieb<br />

abzeichnete 329 .<br />

b) Wirtschaftliche Notwendigkeit der Aufgabe des Bindungsprinzips<br />

Die folgende genauere Betrachtung der zuvor nur angedeuteten wirtschaftlichen<br />

Entwicklung der Rechtstatsächlichkeit seit der ersten Normierung des Bindungsprinzips<br />

im Zeichenrecht von 1874 bis zur heutigen Zeit verdeutlicht <strong>und</strong> erklärt die<br />

zwischenzeitlich opportune wirtschaftliche Unumgänglichkeit des Verzichts auf das<br />

Bindungsprinzip in den gegenwärtigen gemeinschaftsrechtlichen <strong>Marken</strong>gesetzen.<br />

Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert setzte auch in Deutschland der zuvor in England <strong>mit</strong> der technischen<br />

Revolution begonnene Industrialisierungsprozeß ein. Die anhaltende technischwirtschaftliche<br />

Entwicklung des Produktionsprozesses von einer vorwiegend zunftgeb<strong>und</strong>enen,<br />

handwerklichen Tätigkeit zur Maschinenarbeit ließ Fabriken entstehen;<br />

innerhalb von wenigen Jahren war das Produktionswesen vollends verändert, <strong>und</strong> die<br />

Produktion konnte so gesteigert werden, wie es bis dahin nicht vorstellbar war. Infolge<br />

der Massenproduktion mußte die Infrastruktur für neue Absatzwege <strong>und</strong> -märkte<br />

ausgebaut werden. Es entstand ein immer dichter werdendes Geflecht von Produktions<strong>und</strong><br />

Handelsbetrieben, das einen flächendeckenden Absatz der hergestellten Waren<br />

ermöglichte. Gleichzeitig bedingte das Zusammenspiel von Produktion <strong>und</strong> Handel eine<br />

bisdahin unbekannte Distanz zwischen Hersteller <strong>und</strong> Endabnehmer: Der Hersteller<br />

verkaufte nicht mehr an den Handel, sondern verkaufte vielmehr seine Produkte durch<br />

den Handel 330 ; zur Überbrückung der neuen Kluft zwischen Hersteller <strong>und</strong> Verbraucher<br />

wurden die Produkte gezielt gekennzeichnet, um so zunächst die Ware aus der<br />

Anony<strong>mit</strong>ät der Massenproduktion hervorzuheben <strong>und</strong> die Herkunftsbestimmung der<br />

einzelnen Waren für die Verbraucher zu ermöglichen sowie auf die Qualität der Ware<br />

hinzuweisen <strong>und</strong> sich für sie zu verbürgen 331 . Mit der durchdachten Anbringung von<br />

<strong>Marken</strong> wurde auch schon Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts die Werbung <strong>mit</strong> der Marke als<br />

neue steuerbare <strong>und</strong> effiziente Warenabsatzmethode entdeckt <strong>und</strong> verlieh dem Zeichen<br />

in Form der Werbefunktion eine weitere wirtschaftliche Funktion 332 . Ungeachtet dieser<br />

er<strong>mit</strong>telten Werbungsmöglichkeit stand der Hersteller der Produkte zunächst weiterhin<br />

im Vordergr<strong>und</strong> für die Verbraucher, so daß diese Entwicklungsphase noch kein<br />

beachtliches wirtschaftliches Bedürfnis der Abkopplung der Marke von dem<br />

Geschäftsbetrieb hervorrief.<br />

328 Dazu ausführlich unter C. I. 1. b), c).<br />

329 Vgl. BGHZ 100, 26, 29 - Litaflex; BGH, GRUR 1989, 422, 423 - Flash <strong>und</strong> zuletzt BGH, GRUR 1992, 106,<br />

107;auf diesen Umstand weist auch Traub, Festschrift für Trinkner, S. 431, 432 hin.<br />

330 Vgl. Laumer, S. 13 hinsichtlich der einzelnen Gründe für die Einschaltung des Handels.<br />

331 Wadle, Bd. I S. 37; Zeug, S. 10<br />

332 Wadle, Bd. I S. 37


50<br />

Der Industrialisierungsprozeß verlief nicht immer kontinuierlich, er wurde durch<br />

Wirtschaftskrisen, Inflationen <strong>und</strong> die beiden Weltkriege erheblich beeinträchtigt. Die<br />

wirtschaftliche Konzentrations- <strong>und</strong> Rationalisierungsbewegung der zwanziger Jahre <strong>und</strong><br />

da<strong>mit</strong> die internationale Verflechtung in der Wirtschaft wurden durch die Weltwirtschaftskrise<br />

von 1929 bis 1933 <strong>und</strong> die Entflechtungsmaßnahmen der Allierten nach<br />

dem 2. Weltkrieg gestoppt <strong>und</strong> aufgelöst. In den fünfziger Jahren wurde Deutschland<br />

gezielt in eine liberale <strong>und</strong> multilaterale Weltwirtschaft integriert 333 , <strong>mit</strong> der Folge, daß<br />

zunächst die Handelsverflechtungen <strong>mit</strong> Westeuropa zurückgingen, aber schon während<br />

der sechziger Jahre stiegen sie immens <strong>und</strong> heute nehmen die EU-Länder den größten<br />

Anteil am b<strong>und</strong>es<strong>deutschen</strong> Außenhandel ein; aber nicht nur Deutschland, auch die<br />

anderen Mitgliedstaaten betreiben <strong>mit</strong> ihren europäischen Partnern regen Handel 334 .<br />

Durch die geplante Einführung des Euro in mehreren Mitgliedstaaten der EU zum 1.<br />

Januar 1999 werden letzthin immer mehr europäische Unternehmen zur gemeinschaftlichen<br />

Fusion veranlaßt 335 ; aber schon seit Mitte der achtziger Jahre kommt es durch den<br />

Internationalisierungsprozeß der Wirtschaft zu einer starken Zunahme der Unternehmensfusionen,<br />

die im Laufe der Zeit immer stärkere globale Dimensionen<br />

annehmen 336 . Das so<strong>mit</strong> bestehende <strong>und</strong> sich kontinuierlich weiterentwickelnde enge<br />

wirtschaftliche Zusammenwirken im europäischen Binnenmarkt zeigt zunächst<br />

anschaulich den tatsächlichen Bedarf für die Schaffung eines europäischen <strong>Marken</strong>rechts<br />

neben der rechtlichen Verpflichtung zur Verwirklichung der Zielsetzung des EG-<br />

Vertrages.<br />

Die Bedürfnisse des modernen Wirtschaftslebens wurden bei der Errichtung eines<br />

europäischen <strong>Marken</strong>rechts stark berücksichtigt <strong>und</strong> sind der Hauptgr<strong>und</strong> der gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Nichtaufnahme des Akzessorietätsprinzips, wenn auch dies gleichzeitig der<br />

internationalen Entwicklung im Bereich der Zeichenrechte entsprach 337 . Denn in der<br />

Rechtspraxis wurde besonders in Deutschland vor Inkrafttreten des Erstreckungsgesetzes<br />

unter bewußter Inkaufnahme des unternehmerischen Risikos des öfteren die Marke allein<br />

oder zusammen <strong>mit</strong> einer reinen pro-forma-Geschäftsübertragung erworben <strong>und</strong> so<strong>mit</strong><br />

bewußt gegen das damalige deutsche Zeichenrecht verstoßen. Motive für diesen<br />

gesetzwidrigen <strong>und</strong> deshalb risikoreichen Zeichenkauf waren zumeist die Attraktivität<br />

<strong>und</strong> Bekanntheit der Marke, aber auch eine unbenutzte Marke, die ebensowenig<br />

unabhängig veräußert werden durfte, konnte Kaufgegenstand sein, um so erheblichen<br />

Zeit- <strong>und</strong> Arbeitsaufwand bei der <strong>Marken</strong>planung <strong>und</strong> -anmeldung zu sparen. Dieser<br />

Rechtstatsächlichkeit wäre auf den ersten Blick schon alleine <strong>mit</strong> der Normierung der<br />

freien Übertragbarkeit der Marke genüge getan worden, dennoch ragt der europäische<br />

Gesetzgeber <strong>mit</strong> der Abkopplung der Marke vom Geschäftsbetrieb auch im<br />

333 Vgl. zu den Gründen der Wiedereingliederung, Buchheim, Wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Integration, S. 345, 349.<br />

334<br />

Vgl. Bähr, Wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Integration, S. 241, 245; in der hohen Konzentration der<br />

Handelsbeziehungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft <strong>und</strong> der dadurch bedingt niedrigen Handelsrate<br />

<strong>mit</strong> dem außereuropäischen Wirtschaftsräumen wird z.T. angesichts der Globalisierung der Märkte als nicht<br />

unproblematisch angesehen, vgl. nur Bähr, a.o.O., S. 256.<br />

335 Vgl. Bericht in der FAZ vom 9.1.1997, S. 11.<br />

336 Vgl. Nahrendorf/Schäfer, S. 370 - 372 <strong>mit</strong> Fusionsbeispielen aus der letzten Zeit.<br />

337 Vgl. Beier, GRUR Int. 1976, 363, 371, Denkschrift, GRUR Int. 76, 481, 487; Kommission Erläuterungen zu Art.<br />

16 VOV 1980, GRUR Int. 81, 86, 90


51<br />

Eintragungsstadium nicht über das angemessene Ziel hinaus, vielmehr hat er die<br />

gegenwärtigen <strong>und</strong> zukünftigen wirtschaftlichen Gegebenheiten dadurch prägnant<br />

realisiert. Die durch den zunehmenden internationalen <strong>und</strong> europäischen Verflechtungsprozeß<br />

in der Wirtschaft <strong>und</strong> den dadurch wachsenden Wettbewerbsdruck verursachte<br />

Entwicklung der Informationstechnologie <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> dem Medium Werbung sowie der<br />

Ubiquität der weltweit hergestellten Produkte haben letztendlich dazu geführt, daß die<br />

Werbung zum vorrangigsten Wirtschaftsfaktor vorgerückt ist 338 <strong>und</strong> die Marke vom<br />

ursprünglichen Kennzeichen<strong>mit</strong>tel zum Informationsträger für die Verbraucher sich<br />

gewandelt hat. Infolgedessen ist die Kreation der Marke für ein Produkt eine komplexe<br />

<strong>und</strong> spezielle Aufgabe, die von Anfang an optimal gelöst sein muß, da eine<br />

<strong>Marken</strong>entscheidung nur einmal für den gesamten Lebenszyklus eines Produktes<br />

getroffen wird 339 . Die Entwicklung einer Marke kann daher zunehmend nicht mehr von<br />

den Unternehmen, zumindest von kleinen <strong>und</strong> <strong>mit</strong>tleren, selbst bewältigt werden; sie<br />

bedürfen der Hilfe individueller <strong>Marken</strong>kreateure, die nicht nur ein überzeugendes <strong>und</strong><br />

durchschlagendes Zeichen schöpfen müssen, sondern auch eines, das sich aus der<br />

Vielzahl der bestehenden absetzt <strong>und</strong> nicht in Kollision <strong>mit</strong> ihnen geraten kann. Wenn<br />

auch die Entwicklung von <strong>Marken</strong> häufig von Werbeagenturen <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> von<br />

Unternehmen vorgenommen wird, so lassen sich aber auch einzelne kreative <strong>Marken</strong>schöpfer<br />

finden. Auch sie hat der europäische Gesetzgeber vorausschauend berücksichtigt,<br />

indem er die <strong>Marken</strong>eintragung nicht an die Voraussetzung eines<br />

Geschäftsbetriebes, der bei dieser Personengruppe meist nicht existent sein wird,<br />

geknüpft hat.<br />

Die gesetzliche Loslösung der Marke von dem Geschäftsbetrieb, die anschließend näher<br />

dargestellt wird, ist demzufolge eine logische <strong>und</strong> konsequente Umsetzung der<br />

wirtschaftlichen Entwicklung der Rechtstatsächlichkeit auf dem Gebiet des Zeichenwesens.<br />

3. Abkehr vom Bindungsprinzip im <strong>Marken</strong>gesetz<br />

Die eingetragene Marke ist nach dem jetzigen <strong>Marken</strong>gesetz nahezu vollständig von dem<br />

Geschäftsbetrieb losgelöst. An ganz wenigen Stellen sind noch Spuren von dem<br />

traditionellen Bindungsprinzip der Marke zu erkennen, die aber die Haupttendenz des<br />

<strong>Marken</strong>gesetzes nicht erschüttern können.<br />

Die Abkehr von dem Akzessorietätsprinzip zeigt sich schon gleich am Anfang des<br />

<strong>Marken</strong>gesetzes. Das als Marke schutzfähige Zeichen wird in § 3 <strong>Marken</strong>G zwar als<br />

Unterscheidungskennzeichen für Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen eines Unternehmens von<br />

einem anderen Unternehmen umschrieben. Aber im Gegensatz zu § 1 WZG wird die<br />

Marke in § 3 <strong>Marken</strong>G nicht mehr in den un<strong>mit</strong>telbaren Zusammenhang <strong>mit</strong> einem<br />

bestimmten oder irgendeinen Geschäftsbetrieb des <strong>Marken</strong>inhabers gestellt: So<br />

verwendet § 3 <strong>Marken</strong>G das Possessivpronomen „sein“, an dem über h<strong>und</strong>ert Jahre in §<br />

338 Mertens de Wilmars, GRUR Int. 1976, 93<br />

339 Vgl. Ebenroth/Parche, GRUR Int. 1989, 738, 741 m.w.N.


52<br />

1 WZG festgehaltenen wurde 340 , nicht mehr in Zusammenhang <strong>mit</strong> dem Unternehmen<br />

<strong>und</strong> den Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen, sondern fordert lediglich die Marke für Waren <strong>und</strong><br />

Dienstleistungen eines Unternehmens 341 . Auch die von § 1 WZG abweichende<br />

Formulierung, daß das Zeichen nur für die Unterscheidung geeignet sein muß, <strong>und</strong> der<br />

Zeichenanmelder sich nicht mehr der Marke bedienen wollen muß, verdeutlicht die<br />

Abkopplung der Marke von einem Unternehmen des <strong>Marken</strong>inhabers 342 . Die<br />

abweichende Formulierung des § 3 <strong>Marken</strong>G im Vergleich zu § 1 WZG resultiert einmal<br />

aus der Umsetzung der Richtlinie 343 , aber sie wurde auch bewußt vom Gesetzgeber<br />

gewählt, um so den Verzicht auf das Vorhandensein eines Geschäftsbetriebes bei der<br />

Eintragung einer Marke deutlich herauszustellen.<br />

Die Regelung der potentiellen Inhaber von eingetragenen <strong>Marken</strong> § 7 <strong>Marken</strong>G fordert<br />

von den künftigen <strong>Marken</strong>rechtsinhabern keine Unternehmereigenschaft, nach ihr kann<br />

jede Privatperson als Zeicheninhaber eingetragen werden 344 . Auch die Anmeldungsvoraussetzungen<br />

beschränken sich auf die Angabe des Anmelders <strong>und</strong> das Waren- bzw.<br />

Dienstleistungsverzeichnis 345 . Demnach stellen auch diese Vorschriften keine Verbindung<br />

der Marke zu einem Geschäftsbetrieb her.<br />

Der Erwerb einer eingetragenen Marke <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die Rechtsentstehung einer<br />

eingetragenen Marke ist nach dem <strong>Marken</strong>gesetz nun vom Vorliegen eines Geschäftsbetriebes<br />

des <strong>Marken</strong>inhabers unabhängig, <strong>und</strong> das Akzessorietätsprinzip ist in diesem<br />

Stadium vollständig obsolet geworden 346 .<br />

Entsprechend den Eintragungsvoraussetzungen hat der nachträgliche Untergang eines<br />

bei der <strong>Marken</strong>eintragung doch, obwohl nicht geforderten, vorhandenen Geschäftsbetriebs<br />

auf den Rechtsbestand des eingetragenen Zeichens, entgegen den früheren<br />

warenzeichenrechtlichen Regelungen, keine gr<strong>und</strong>sätzlichen Auswirkungen. Letztendlich<br />

spielt für den Bestand einer eingetragenen Marke aber die Akzessorietät der<br />

Marke <strong>mit</strong> einem Unternehmen doch weiterhin eine gewisse Rolle, da die Marke<br />

spätestens nach der 5 jährigen Benutzungsschonfrist für ihre Rechtserhaltung als Unterscheidungskennzeichen<br />

für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens genutzt<br />

werden muß 347 . Diese Akzessorietät hat aber nicht mehr den strengen Charakter, den sie<br />

im alten Warenzeichengesetz innehatte, denn nach dem <strong>Marken</strong>gesetz ist es für den<br />

340 In § 1 WZG hieß es: Wer sich in seinem Geschäftsbetrieb zur Unterscheidung seiner Waren von den Waren<br />

anderer eines Warenzeichens bedienen will, ....<br />

341 Der in § 1WZG verwendete Begriff „Geschäftsbetrieb“ wird in § 3 <strong>Marken</strong>G durch den Ausdruck<br />

„Unternehmen“ ersetzt, diese Differenzierung ist vorliegend unerheblich, kann aber bei anderen Normen<br />

maßgeblich sein, siehe dazu Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn. 82 ff.<br />

342 Die weite Formulierung „geeignet“ steht zunächst gr<strong>und</strong>sätzlich nicht Unterscheidungszeichen entgegen, die von<br />

vorneherein nicht zur Benutzung als Kennzeichen bestimmt sind, Stichwort „Defensivmarke“, aus diesem Gr<strong>und</strong>e<br />

hat sich auch gegen diese Fassung Heydt, MA 1974, 312, 320, gewendet.<br />

343 Zur Umsetzungspflicht siehe unter B. II. 2.<br />

344 Ausführlich zur <strong>Marken</strong>inhaberschaft unter D. I. 2. b).<br />

345 Vgl. die Darstellung des Registrierungsverfahrens unter D. III. 2..<br />

346 Dieser Tatsache stehen einige Stimmen in der Literatur kritisch entgegen <strong>und</strong> fordern gar die Rückkehr zu dem<br />

Eintragungserfordernis des Geschäftsbetriebes, so explizit Tilmann, ZHR 158 (1994), 371, 388.<br />

347 Fezer, Festschrift für Vieregge, S. 229, 236, bezeichnet diese Rudimente des Akzessorietätsprinzips trefflich als<br />

„rechtliche Konnexität zwischen Marke <strong>und</strong> Unternehmen“.


53<br />

Bestand der Marke nicht erforderlich, daß das Zeichen im Unternehmen des<br />

<strong>Marken</strong>inhabers verwendet wird, ausreichend ist es vielmehr gemäß § 26 Abs. 2<br />

<strong>Marken</strong>G, wenn es <strong>mit</strong> Zustimmung des Rechtsinhabers in irgendeinem Unternehmen<br />

gebraucht wird. Diese Regelung folgt in logischer Konsequenz aus den<br />

Eintragungsvoraussetzungen für eine Marke, die gerade nicht die Unternehmenseigenschaft<br />

für die <strong>Marken</strong>rechtsfähigkeit des Rechtsinhabers fordern.<br />

Auch hinsichtlich der Rechtsübertragung ist das Akzessorietätsprinzip gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

aufgegeben, die Marke kann gemäß § 27 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G völlig selbständig veräußert<br />

werden. Spuren des traditionellen Bindungsprinzips sind hier allerdings noch erkennbar.<br />

Denn nach § 27 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G besteht die Vermutung, daß die Marke, sofern sie zu<br />

einem Geschäftsbetrieb gehört, im Zweifel bei der Übertragung oder dem Übergang des<br />

Geschäftsbetriebs oder des Teils des Geschäftsbetriebs, zu dem die Marke gehört, <strong>mit</strong><br />

übergeht. Über diese Vermutungsregel kann aber keineswegs das im alten Warenzeichengesetz<br />

etablierte Akzessorietätsprinzip im neuen <strong>Marken</strong>gesetz als wieder<br />

manifestiert <strong>und</strong> die Loslösung der Marke von dem Geschäftsbetrieb als nur eine in<br />

engen Grenzen gebilligte Ausnahme angesehen werden, dafür ist an zu vielen Stellen im<br />

Gesetzestext des <strong>Marken</strong>rechts, wie bereits aufgezeigt, die gewollte Abkopplung der<br />

Marke von dem Unternehmen des <strong>Marken</strong>inhabers deutlich zu erkennen. Die<br />

Vermutungsregel zeigt vielmehr auch wiederum, daß der Gesetzgeber nun auch<br />

<strong>Marken</strong>inhabern ohne Unternehmen <strong>Marken</strong> zugesteht 348 .<br />

Um der aus systematischen Gründen später dargestellten Untersuchung der<br />

markenrechtlichen Schranken für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> nicht allzusehr vorzugreifen,<br />

sei an dieser Stelle nur der Hinweis gegeben, daß auch über die Schranke des § 50 Abs.<br />

1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G, auch wenn in der Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz diese Schranke als<br />

geeignetes Korrektiv zum Wegfall des Erfordernisses eines Geschäftsbetriebes angesehen<br />

wird 349 , das traditionelle Akzessorietätsprinzip nicht hierüber in das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

transportiert werden kann 350 .<br />

Die weitreichende Loslösung der Marke von einem Geschäftsbetrieb nach dem <strong>Marken</strong>gesetz<br />

erstreckt sich aber mangels einer generellen Rückwirkungsregelung im <strong>Marken</strong>gesetz<br />

nur auf nach dem 1. Jan.1995 angemeldete <strong>Marken</strong> oder entsprechend der<br />

Übergangsregelung § 156 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G auf vor dem 1. Jan. 1995 angemeldete, aber<br />

noch nicht nach dem Warenzeichengesetz eingetragene <strong>Marken</strong>. Dementsprechend<br />

erfahren die nach dem Warenzeichengesetz aufgr<strong>und</strong> eines fehlenden Geschäftsbetriebes<br />

fehlerhaft eingetragenen Zeichen keine rückwirkende Heilung 351 .<br />

a) Bindungsprinzip der Marke an den Geschäftsbetrieb nach der Richtlinie überhaupt<br />

möglich?<br />

Interessant ist nach der Feststellung der nahezu vollständigen Aufgabe des<br />

Akzessorietätsprinzips im <strong>Marken</strong>gesetz die Frage, ob die Richtlinie dem <strong>deutschen</strong><br />

348 So auch Fezer , Festschrift für Vieregge, S. 229, 235.<br />

349 Begründung zum <strong>Marken</strong>G, BT-Drucks. 12/6581, S. 95 f.<br />

350 Ausführliche Darstellgung dazu unter F. II. 8.<br />

351 Zu dieser Problematik bereits unter C. I. 1. b).


54<br />

Gesetzgeber unter Beachtung ihrer Umsetzungspflicht gestattet hätte, an dem<br />

traditionellen Bindungsprinzip bei der Neugestaltung des Zeichenrechts festzuhalten.<br />

Die Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz sieht den Gesetzgeber in der Nichtregelung in der<br />

Richtlinie der Fragen nach den Voraussetzungen für die Inhaberschaft, insbesondere, ob<br />

der Inhaber einen Geschäftsbetrieb haben muß, <strong>und</strong> der Übertragung des <strong>Marken</strong>rechts<br />

bei der Beantwortung <strong>und</strong> Ausgestaltung dieser Punkte folgerichtig frei 352 . Infolgedessen<br />

könnte das traditionelle Bindungsprinzip in diesen Bereichen wieder in das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

integriert werden 353 . Gr<strong>und</strong>sätzlich ist diese Sichtweise auch richtig 354 , da nur für<br />

die obligatorischen Regelungen der Richtlinie eine Umsetzungspflicht für die<br />

Mitgliedstaaten besteht. Aber hinsichtlich der obligatorischen Regelungen in der<br />

Richtlinie, besonders hervorgehoben sei hier die Norm der geschützten Zeichenformen<br />

(Art. 2 RL), die der <strong>Marken</strong>lizenz (Art. 8 RL) <strong>und</strong> die Regelung der absoluten Schutzhindernisse<br />

(Art. 3 RL), die keinen Ansatz zur Verbindung der Marke <strong>mit</strong> einem<br />

Geschäftsbetrieb aufweisen <strong>und</strong> dem Ziel der Richtlinie, für den Erwerb <strong>und</strong> die<br />

Aufrechterhaltung einer eingetragenen Marke, in allen Mitgliedstaaten gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

gleiche Bedingungen zu schaffen 355 , erscheint es richtiger, wie es auch der deutsche<br />

Gesetzgeber in seiner momentanen Umsetzung verwirklicht, auch im Hinblick auf die<br />

bereits vor der Harmonisierung in den meisten Mitgliedstaaten bestandene Trennung der<br />

Marke von dem Geschäftsbetrieb 356 , auch die Abkopplung der Marke von einem<br />

Geschäftsbereich in den nicht explizit geregelten Fragenkomplexen zu verfolgen. Würde<br />

der Gesetzgeber jedoch diese Ausführung später wieder revidieren, so würde er über eine<br />

Hintertür das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz im Vergleich zu den <strong>Marken</strong>rechtsordnungen der<br />

anderen Mitgliedstaaten erheblich für potentielle <strong>Marken</strong>inhaber einengen <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die<br />

deutsche Marke beträchtlich in ihrer Attraktivität schwächen 357 . Als weiteres Argument<br />

kommt hinzu, daß die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung auch den Weg der strikten<br />

Trennung der Marke von dem Geschäftsbetrieb eingeschlagen hat, insbesondere setzt sie<br />

für die <strong>Marken</strong>inhaberschaft keinen Geschäftsbetrieb voraus <strong>und</strong> gewährt die freie<br />

Übertragbarkeit der Marke 358 , <strong>und</strong> das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz zu den obligatorischen<br />

<strong>und</strong> fakultativen Regelungen der Richtlinie auch soweit wie möglich die materiellen<br />

Vorschriften der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung übernehmen will 359 .<br />

352 Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz, BT-Drucks. 12/6581 S. 53; in Anbetracht der obligatorisch geregelten<br />

<strong>Marken</strong>lizenz <strong>mit</strong> dinglichem Charakter in der Richtlinie könnte der Schluß gezogen werden, daß die Richtlinie<br />

auch von der freien Übertragbarkeit ausgeht, auch wenn sie dies nicht explizit normiert, so Kunz-Hallstein, GRUR<br />

Int. 1992, 81, 91; Gamm, Festschrift GRUR Bd. II, S. 801, 805. Diese Folgerung ist aber wohl nicht zwingend.<br />

353 So auch Schweer, S. 105; Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 81, 85 <strong>und</strong> Meister, MA 1993, 214 hinsichtlich der<br />

<strong>Marken</strong>inhaberschaft.<br />

354 Die Richtlinie selbst führt unter beispielhafter Benennung der <strong>Marken</strong>inhaberschaft in ihrem Erwägungsgr<strong>und</strong> 7,<br />

GRUR Int. 1989, 294, aus, daß soweit keine Angleichungsbestimmungen bestehen, die Mitgliedstaaten in ihrer<br />

Gesetzgebung hinsichtlich der Bedingungen des Erwerbs oder der Aufrechterhaltung der Marke ungeb<strong>und</strong>en sind.<br />

355 Vgl. Erwägungsgr<strong>und</strong> 7 der Richtlinie, GRUR Int. 1989, 294<br />

356 Fezer, Festschrift für Vieregg, S. 229, 230, 235<br />

357<br />

Die heutige markenrechtliche Regelung entspricht auch dem Wunsch der Mehrheit der befaßten<br />

Wirtschaftskreise, vgl. Meister, MA 1993, 214.<br />

358 Dazu ausführlich unter C. I. 4..<br />

359 Vgl. die Begründung zum <strong>Marken</strong>G, BT-Drucks. 12/6581 S.56


55<br />

4. Abkehr vom Bindungsprinzip in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>-verordnung<br />

Unter dem Gesichtspunkt des Bindungsprinzips stimmt die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

nahezu vollständig <strong>mit</strong> dem <strong>Marken</strong>gesetz überein. Dies erklärt sich aus dem<br />

Umstand des zweigleisigen Verfahrens auf der europäischen Ebene <strong>mit</strong> der zur<br />

Angleichung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte entwickelten Richtlinie <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung,<br />

die sich in vielen Regelungspunkten entsprechen, sowie dem<br />

Bestreben des <strong>Marken</strong>gesetzes neben der Umsetzung der Richtlinie auch soweit wie<br />

möglich die materiellen Vorschriften der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>mit</strong> zu<br />

übernehmen 360 .<br />

Für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung als rechtliche Neukonstruktion ist die<br />

Thematik des Bindungsprinzips nicht so gravierend <strong>und</strong> einschneidend wie für das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz, das jahrzehntelang das Bindungsprinzip als Gr<strong>und</strong>f<strong>und</strong>ament fest<br />

verankert enthielt, dementsprechend war sie bei der Entwicklung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

kein erkennbar großer Diskussionspunkt. Mit dem Bewußtsein, ein<br />

modernes <strong>Marken</strong>recht für die Europäische Gemeinschaft errichten zu wollen, stand von<br />

Beginn an der Überlegungen für die Konstruktion der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich fest, daß die Marke vom Geschäftsbetrieb gelöst werden soll 361 . Allerdings<br />

wurde kurzfristig die schnell wieder fallengelassene Überlegung angestellt, ob bei<br />

Antragstellung die Angabe eines Geschäftsbetriebes gefordert werden soll 362 . Nach der<br />

heutigen Ausgestaltung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ist die Gemeinschaftsmarke<br />

weder bei ihrer Eintragung noch bei ihrem Fortbestehen oder Übergang von<br />

einem bestimmten oder auch nur irgendeinem Geschäftsbetrieb abhängig, <strong>und</strong> das<br />

Akzessorietätsprinzip hat da<strong>mit</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich keinen Einzug in die gemeinschaftsrechtliche<br />

<strong>Marken</strong>verordnung gehalten.<br />

Wie die Marke nach dem <strong>Marken</strong>gesetz, so wird auch die Gemeinschaftsmarke in Art. 4<br />

GemMVO als ein zur Unterscheidung von Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen eines Unternehmens<br />

von einem anderen Unternehmen geeignetes Zeichen umschrieben. Das<br />

Erfordernis eines un<strong>mit</strong>telbaren Zusammenhangs <strong>mit</strong> einem bestimmten oder irgendeinem<br />

Geschäftsbetrieb des <strong>Marken</strong>inhabers kann dieser abstrakten Formulierung nicht<br />

entnommen werden. Über die Regelung der möglichen <strong>Marken</strong>inhaber wird auch keine<br />

Verbindung der Gemeinschaftsmarke <strong>mit</strong> einem Geschäftsbetrieb hergestellt. Nach Art.<br />

5 GemMVO kann jede Privatperson Inhaber einer Gemeinschaftsmarke werden, eine<br />

spezielle Unternehmereigenschaft wird von den natürlichen Personen nicht gefordert.<br />

Auch die Anmeldevoraussetzungen erfordern keine Angabe eines Geschäftsbetriebes, es<br />

müssen lediglich Angaben gemacht werden, die eine Identitätsfeststellung des<br />

Anmelders ermöglichen 363 . Indem der Erwerb einer Gemeinschaftsmarke nicht an das<br />

Vorhandensein eines Geschäftsbetriebes des <strong>Marken</strong>inhabers gekoppelt wurde, hat das<br />

Akzessorietätsprinzip in dem Eintragungsstadium keinen Eingang gef<strong>und</strong>en.<br />

360 Vgl. die Begründung zum <strong>Marken</strong>G, BT-Drucks. 12/6581 S. 56<br />

361 Vgl. Schönfeld, S. 50<br />

362 So die Denkschrift, GRUR 1976, 481, 491, vgl. dazu auch Heydt, GRUR Int. 1978, 2, 4.<br />

363 Art. 25 GemMVO, Art. 1 Regel 1a) Durchführungsverordnung zur GemMVO


56<br />

Im Stadium des Rechtsbestandes der Gemeinschaftsmarke sind Ansätze des Akzessorietätsprinzips,<br />

wenn auch in moderater Form, erkennbar. Zunächst ist zwar der Fortbestand<br />

der Marke von der Existenz eines Geschäftsbetriebes unabhängig - der nachträgliche<br />

Untergang eines bei der <strong>Marken</strong>eintragung vorhandenen, obwohl nicht erforderlichen,<br />

Geschäftsbetriebes, hat für den Bestand der Gemeinschaftsmarke keine Konsequenz -,<br />

aber nach Ablauf der 5 jährigen Benutzungsschonfrist tritt eine Bindung der Marke zum<br />

Geschäftsbetrieb in der Weise ein, daß das Zeichen für seine Rechtserhaltung als Unterscheidungskennzeichen<br />

für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens genutzt<br />

werden muß 364 . Die Bindung ist allerdings eine ziemlich lockere, da es für den<br />

Rechtserhalt der Marke ausreichend ist, wenn sie <strong>mit</strong> Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers<br />

in irgendeinem Unternehmen benutzt wird, eine Benutzung im Unternehmen des<br />

<strong>Marken</strong>inhabers wird nicht gefordert 365 .<br />

Die Rechtsübertragung der Gemeinschaftsmarke ist gr<strong>und</strong>sätzlich auch nicht an einen<br />

Geschäftsbetrieb gekoppelt, sie kann nach Art. 17 Abs. 1 GemMVO selbständig für alle<br />

oder einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, veräußert<br />

werden. Lediglich die in Art. 17 Abs. 2 GemMVO enthaltene Regelung weist wieder<br />

einen Ansatz zur Verbindung der Marke <strong>mit</strong> dem Geschäftsbetrieb auf, indem sie<br />

bestimmt, daß bei der Übertragung des Unternehmens in seiner Gesamtheit die Gemeinschaftsmarke<br />

<strong>mit</strong> übergeht, sofern keine anderweitigen ausdrücklichen Vereinbarungen<br />

getroffen wurden.<br />

Auch die markenrechtlichen Schranken für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong>, die aus systematischen<br />

Gründen erst an späterer Stelle der Arbeit ausführlich untersucht werden,<br />

enthalten das Akzessorietätsprinzip nicht.<br />

a) Gewerbliche Betätigung erforderlich?<br />

Auch wenn die Abkopplung der Marke von dem Geschäftsbetrieb sowohl in dem<br />

<strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz wie in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, wie gerade oben<br />

dargestellt, offensichtlich ist, wird durch eine extensive Auslegung der die eintragungsfähigen<br />

Zeichenformen umschreibenden Normen 366 teilweise versucht, das Erfordernis<br />

einer gewerblichen Betätigung des Anmelders für die <strong>Marken</strong>eintragung dennoch zu<br />

rechtfertigen. Die Basis für diese Ansicht wird in der identischen Formulierung vom<br />

<strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung „... soweit solche Zeichen<br />

geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer<br />

Unternehmen zu unterscheiden.“ gesehen <strong>und</strong> daraus der Schluß hergeleitet, daß die<br />

Marke zur Kennzeichnung einer unternehmerischen Leistung des <strong>Marken</strong>inhabers<br />

bestimmt sein muß 367 .<br />

Wenngleich diese Auslegung sich im Rahmen des Wortlautes der Gesetzesnormen<br />

befindet, so deckt sie sich hinsichtlich der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung aber nicht<br />

<strong>mit</strong> dem ausdrücklichen Willen des europäischen Gesetzgebers. Dieser fordert lediglich<br />

364 Art. 15 Abs. 1 GemMVO<br />

365 Art. 15 Abs. 3 GemMVO<br />

366 § 3 <strong>Marken</strong>G, Art. 4 GemMVO<br />

367 Vgl. Schönfeld, S. 52


57<br />

die Erfüllung der ausdrücklich genannten Eintragungsvoraussetzungen <strong>und</strong> versagt sich<br />

weitere durch Auslegung kreierte Bedingungen für die Eintragung, so insbesondere das<br />

Erfordernis eines Unternehmens seitens des Antragsstellers einer Gemeinschaftsmarke<br />

368 . Folglich widerspricht auch die abgeschwächte Interpretation zugunsten eines<br />

Erfordernisses einer lediglich gewerblichen Tätigkeit den Vorstellungen des europäischen<br />

Gesetzgebers.<br />

Die Richtlinie schweigt zum Eintragungserfordernis des Geschäftsbetriebes <strong>und</strong> überläßt<br />

so den Mitgliedstaaten die Gestaltung der Bestimmungen für den Erwerbstatbestand der<br />

Marke 369 , so daß die Wortauslegung für das <strong>Marken</strong>gesetz nach der Richtlinie zulässig<br />

wäre. Aber in der Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz wird deutlich dargelegt, daß in<br />

Abkehr zum alten Warenzeichenrecht der Anmelder oder Inhaber einer Marke nach dem<br />

<strong>Marken</strong>gesetz keinen Geschäftsbetrieb wie in der Rechtsordnung vieler anderer Mitgliedstaaten<br />

der EU haben muß 370 . Folglich widerspricht die Wortlautinterpretation - aus<br />

den gleichen für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung oben dargestellten Gründen -<br />

auch dem hier bedingt durch die mangelnde Regelung der Richtlinie, allein maßgebenden<br />

Willen des nationalen Gesetzgebers.<br />

Der klar formulierte Wille der Gesetzgeber verfolgt da<strong>mit</strong> konsequent die Abkehr des<br />

Bindungsprinzips der Marke von dem Geschäftsbetrieb. Die <strong>mit</strong> der Wortlautinterpretation<br />

angestrebte Einschränkung, um auf diesem Wege zumindest teilweise<br />

einen eventuellen mißbräuchlichen <strong>Marken</strong>erwerb <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>en den<br />

befürchteten Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> zu verhindern 371 , stellt keinen überzeugenden<br />

Lösungsansatz dar, da sie zunächst aufgr<strong>und</strong> der leichten Umgehungsmöglichkeit durch<br />

den einfachen <strong>und</strong> kostengünstigen Erwerb eines Gewerbescheines keine große Hürde<br />

für eine angestrebte <strong>Marken</strong>anmeldung wäre 372 , <strong>und</strong> zudem bedarf es, wie noch in dieser<br />

Arbeit ausführlich dargelegt wird 373 , aufgr<strong>und</strong> der markenrechtlichen Regelungen auch<br />

dieser Einengung nicht. Die <strong>Marken</strong>ämter sind auch tatsächlich gar nicht in der Lage, die<br />

gewerbliche Betätigung der Zeichenanmelder zu überprüfen, da eine Anmeldung einer<br />

Marke lediglich die Angaben enthalten muß, die es erlauben, die Identität des Anmelders<br />

festzustellen <strong>und</strong> keine Daten hinsichtlich einer gewerblichen Tätigkeit oder eines<br />

Geschäftsbetriebs gefordert werden 374 . Desweiteren ist keine plausibele Rechtfertigung<br />

zu erkennen, warum ein irgendwie gewerblich Tätiger oder Unternehmer eine Marke<br />

368 So die Kommission ausdrücklich in ihren Erläuterungen zu Art. 4 des Verordnungsvorschlages von 1980, GRUR<br />

Int. 1981, 86, 87.<br />

369 Vgl. Erwägungsgr<strong>und</strong> 7 der Richtlinie, GRUR Int. 1989, 294, <strong>mit</strong> dem deutlichen Hinweis auf die<br />

<strong>Marken</strong>inhaberschaft.<br />

370 Begründung zum <strong>Marken</strong>G, BT-Drucks. 12/6581 S. 69<br />

371 Vgl. Mitscherlich, GRUR 1980, 638, 639; Meister, MA 1990, 525, 533. Aus diesem Beweggr<strong>und</strong> schlug auch<br />

der Fachausschuß der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht 1981 die<br />

Ergänzung des Art. 4 VOV 1980 dahingehend vor, die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke davon abhängig zu<br />

machen, daß der Anmelder die Gemeinschaftsmarke für Waren oder Dienstleistungen seines eigenen<br />

Unternehmens, eines Lizenznehmers oder eines wirtschaftlich verb<strong>und</strong>enen Unternehmens im geschäftlichen<br />

Verkehr benutzen müsse, vgl. GRUR 1982, 87, 89, diese Anregung wurde aber konsequenterweise von der<br />

GemMVO nicht übernommen.<br />

372 So auch Meister, MA 1993, 214, 215<br />

373 Unter F.<br />

374 § 32 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G, §§ 3, 5 <strong>Marken</strong>V; Art. 26 GemMVO, Regel 1 Abs. 1 a) DurchführungsVO zur GemMVO.


58<br />

eingetragen bekommen soll, wenn er sie lediglich zu veräußern oder in Lizenz zu geben<br />

beabsichtigt <strong>und</strong> warum dies nicht auch einer Privatperson zugestanden werden soll 375 .<br />

II. Geschützte Funktionen der Marke<br />

Da sich das deutsche markenrechtliche Schrifttum schon in der Vergangenheit sehr<br />

intensiv <strong>mit</strong> den Funktionen der Marke beschäftigt hat <strong>und</strong> die klassische Funktionslehre<br />

hervorbrachte, der sich die Rechtsprechung uneingeschränkt angeschlossen hat 376 ,<br />

erscheint eine erneute Auseinandersetzung <strong>mit</strong> den <strong>Marken</strong>funktionen vorliegend<br />

zunächst als entbehrlich, wenn nicht gar überflüssig. Die meisten der zahlreichen<br />

Publikationen beziehen sich aber auf das alte Warenzeichengesetz 377 , <strong>und</strong> durch die<br />

europäische Angleichung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte <strong>und</strong> der dadurch bedingten<br />

richtlinienkonformen Auslegung 378 kann für das neue <strong>Marken</strong>gesetz nicht einfach auf die<br />

etablierte Doktrin des Warenzeichengesetzes zurückgegriffen werden, so daß eine<br />

abermalige Untersuchung der Funktionen der Marke hinsichtlich des <strong>Marken</strong>gesetzes<br />

doch berechtigt <strong>und</strong> erforderlich ist. Dasselbe gilt insbesondere für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung,<br />

da ihr als vollständig neu konzipiertem europäischem<br />

<strong>Marken</strong>recht nicht einfach ungeprüft die für <strong>und</strong> anhand des <strong>deutschen</strong> Zeichenrechts<br />

entwickelte Funktionslehre übergestülpt werden darf.<br />

Im folgenden soll untersucht werden, inwieweit die klassische Funktionslehre auf die<br />

neuen <strong>Marken</strong>gesetze übertragbar ist; dafür bedarf es zunächst eines kursorischen<br />

Überblicks über diese Lehre.<br />

1. Die klassische Funktionslehre<br />

Mit Hilfe dieser Funktionslehre wird zunächst untersucht, welche Aufgaben <strong>und</strong> Wert<br />

der Marke unter wirtschaftlichem Aspekt zukommen, um dann anschließend die Frage<br />

beantworten zu können, welche der wirtschaftlichen Funktionen zeichenrechtlich<br />

geschützt sind. Der zweistufige Prüfungsaufbau zielt darauf ab, den rechtlichen<br />

Schutzumfang der Marke <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> zugleich den Umfang des subjektiven Rechts an der<br />

Marke abzustecken 379 .<br />

Die klassische Funktionslehre geht von den Unterscheidungs-, Herkunfts-, Qualitäts<strong>und</strong><br />

Werbefunktionen als wichtigsten wirtschaftlichen Funktionen der Marke aus 380 .<br />

Diese Funktionen können nicht isoliert einer Marke zugesprochen werden, vielmehr<br />

375 In diesem Sinne auch Schönfeld, S. 53<br />

376 BGHZ 60, 185 ff - Cinzano = GRUR 1973, 468 ff; BGHZ60, 159 ff- Smarty = GRUR 1973, 316 ff; BGH GRUR<br />

1988, 213 - Griffband; BGH GRUR 1983, 764, 766 - Haller II; BGH GRUR 1987, 525, 526 - Litaflex<br />

377 Hier nur eine kleinere Auswahl aus der umfangreichen Literatur zur Funktionslehre: Schluep, S. 60 ff; Schreiner,<br />

S. 423 ff; Loewenheim, Warenzeichen, S. 219 ff; Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 5 ff, 227 ff; Vanzetti, GRUR<br />

Int. 1965, .128 ff, 185 ff; Sack, GRUR 1972, 402 ff, 445 ff, Beier/Krieger, GRUR Int. 1976, 125 ff<br />

378 Ausführlich zu dieser Auslegungsmethode unter B. V. 4.<br />

379 Vanzetti, GRUR Int. 1965, 128 ff, hat als erster diesen Aufbau klar herausgearbeitet.<br />

380 So die h.M.; über das Bestehen dieser wirtschaftlichen Funktionen besteht weitgehend Einvernehmen, vgl.<br />

Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 227; Differenzen kommen dagegen teilweise bei den Begriffsbestimmungen der<br />

Funktionen vor, vgl. dazu Sack, GRUR 1972, 402, 403.


59<br />

spielen sie meist zusammen, wenn auch ihr Kräfteverhältnis im Einzelfall unterschiedlich<br />

sein kann 381 .<br />

a) Unterscheidungsfunktion<br />

Aufgabe der Marke ist nach der Unterscheidungsfunktion, die gekennzeichneten<br />

Produkte von anderen, ähnlichen oder gleichartigen Waren, gleich ob von fremder<br />

Herkunft oder auch von verschiedenen Waren des eigenen Sortiments 382 , zu<br />

differenzieren, um durch diese Individualisierung der Ware den Verbrauchern zu<br />

ermöglichen, ein bestimmtes Produkt aus dem umfassenden Warenangebot zu<br />

identifizieren <strong>und</strong> wiederzufinden 383 . Die Marke fungiert da<strong>mit</strong> als Produkt- <strong>und</strong><br />

<strong>Marken</strong>differenzierungsinstrument <strong>und</strong> ermöglicht, ein homogenes Produkt in ein<br />

Produkt eigener Art zu modifizieren <strong>und</strong> aus der Anony<strong>mit</strong>ät hervorzuheben 384 . Für den<br />

Verbraucher stellt sie in dem mannigfaltigen Sortiment eine Orientierungshilfe beim<br />

Einkauf dar; <strong>und</strong> aus Sicht des rechtlich berechtigten <strong>Marken</strong>verwenders bietet sie die<br />

Möglichkeit, seine Produkte aus dem anonymen Konkurrenzangebot herauszustellen 385 .<br />

Genauer betrachtet soll die Unterscheidungsfunktion zweierlei besagen: Einmal<br />

dahingehend, daß allesamt <strong>mit</strong> dem Zeichen markierten Waren sich von nicht oder<br />

anders gekennzeichneten Produkten unterscheiden, zum anderen, daß alle gleich<br />

markierten Waren auch Übereinstimmungen aufweisen, wobei die Unterscheidungsfunktion<br />

selbst nicht offenbart, welche Gemeinsamkeiten bestehen; die Konkretisierung<br />

dieser allgemeinen Aussagen soll von der Herkunftsfunktion <strong>und</strong> der Qualitätsfunktion<br />

übernommen werden 386 . Diese Aussage ist in vielen Fällen zutreffend, aber sie ist<br />

keinesfalls allumfassend. So besteht die Möglichkeit gleiche Waren <strong>mit</strong> verschiedenen<br />

<strong>Marken</strong> zu vertreiben (sog. zweigleisiger Vertrieb) <strong>und</strong> <strong>mit</strong> demselben Warenzeichen<br />

zwar Waren gleicher Gattung aber <strong>mit</strong> veränderter Qualität <strong>und</strong> aus anderer Herkunftsstätte,<br />

nach Zulassung der freien Übertragbarkeit des Zeichens durch das Erstreckungsgesetz<br />

zu kennzeichen 387 .<br />

Bei der Kreation von <strong>Marken</strong> muß folglich besonderes Augenmerk auf die konstitutive<br />

Unterscheidungsfunktion des Zeichens gelenkt werden, um einen prägnanten <strong>und</strong><br />

verständlichen Produktnamen zu schaffen.<br />

Die Unterscheidungsfunktion, die auch als die Gr<strong>und</strong>funktion der Marke bezeichnet<br />

wird 388 , sah die klassische Funktionslehre in § 1 des alten Warenzeichengesetzes als<br />

381 Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 9; Will, S. 49; Schreiner, S. 421, <strong>mit</strong> dem zutreffenden Hinweis auf die<br />

Gefahr, die in der isolierten Betrachtung der einzelnen Funktionen <strong>und</strong> dem daraus resultierenden verzerrten,<br />

realitätsfremden Bild der Marke liegen kann.<br />

382 Vgl. BGH, GRUR 1979, 707, 708 - Haller I<br />

383 Vgl. Schweer, S. 31; hinsichtlich der Aufgabe der Marke wird die Unterscheidungsfunktion auch als<br />

Individualisierungsfunktion oder Identifikationsfunktion bezeichnet.<br />

384 Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, § 5, 4.3.,S. 241<br />

385 Vgl. Will, S. 50<br />

386 Vgl. Loewenheim, Warenzeichen, S. 226; Schluep, 68 f; Vanzetti, GRUR Int. 1965, 128, 133 f; Riehle, S. 107.<br />

387 So auch Sack, GRUR 1972, 402, 404, der aber die Aussage unberechtigterweise vollständig ablehnt.<br />

388 Vgl. Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 14; Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 6; Sack, GRUR 1972, 402, 404;<br />

Vanzetti, GRUR Int. 1965, 128, 132 f.


60<br />

verankert an <strong>und</strong> sprach ihr unbedenklich umfassenden rechtlichen Schutz zu 389 .<br />

Letztendlich ergibt sich der rechtliche Schutz dieser Funktion schon notwendigerweise<br />

aus dem Wesen der Marke: Denn ein Zeichen, das außerstande ist, Produkte aus dem<br />

anonymen Konkurrenzangebot zu differenzieren, entspricht nicht dem vorgegebenen<br />

Schutzobjekt des Zeichenrechts <strong>und</strong> würde dem Charakter der Marke als<br />

Differenzierungs<strong>mit</strong>tel zuwiderlaufen 390 .<br />

b) Herkunftsfunktion<br />

Die Herkunftsfunktion des Kennzeichens ist für die klassische Funktionslehre die<br />

zentrale Funktion 391 , welche die Unterscheidungsfunktion konkretisiert 392 , <strong>und</strong> besagt,<br />

daß gleich gekennzeichnete Produkte aus dem gleichen Unternehmen stammen 393 .<br />

Danach dient die Marke als Herkunftsangabe <strong>und</strong> versichert den Konsumenten eine<br />

gleichbleibende Produktionsstätte <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die Identität des Warenursprungs 394 .<br />

Die Kennzeichenmodalitäten haben sich im Laufe der Zeit gewandelt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> auch<br />

das Verständnis der Herkunftsfunktion. Zu Beginn der zeichenrechtlichen Normierung<br />

überwogen die Haus- <strong>und</strong> Firmenmarken, <strong>mit</strong> denen alle Waren eines bestimmten<br />

Unternehmens gekennzeichnet wurden; die Marke wies auf den Unternehmer oder das<br />

Unternehmen des Zeicheninhabers ausdrücklich hin <strong>und</strong> war da<strong>mit</strong> eine tatsächliche <strong>und</strong><br />

konkrete Herkunftsangabe 395 . Die Haus- <strong>und</strong> Firmenmarken wurden allmählich von den<br />

Produktmarken zurückgedrängt <strong>und</strong> sind heute weitgehend von ihnen verdrängt 396 . Mit<br />

den Produktmarken werden einzelne Waren eines Unternehmens gekennzeichnet, um sie<br />

von den Produkten anderer Unternehmen, aber auch von den eigenen Erzeugnissen zu<br />

unterscheiden 397 . Als Produktmarken wurden <strong>und</strong> werden meistens Phantasiemarken<br />

verwendet 398 , die keinen Hinweis mehr auf eine konkrete Herkunftsstätte enthalten.<br />

Diese Kennzeichnungstendenz stand <strong>und</strong> steht auch weiterhin nicht im Gegensatz zu den<br />

Interessen der Verbraucher, die sich aufgr<strong>und</strong> der zunehmenden <strong>und</strong> immer<br />

unübersichtlich werdenden Unternehmenszusammenschlüsse <strong>und</strong> Unternehmensbeziehungen<br />

weniger um die konkrete Herkunft <strong>und</strong> gar die namentliche Kenntnis des<br />

Herstellers kümmern, als immer mehr das Augenmerk auf die Eigenschaften des<br />

389 Vgl. Schluep, S. 68 ff; Loewenheim, S. 226; Sack, GRUR 1972, 402, 405<br />

390 Vgl. Schreiner, S. 424; Schönfeld, S. 214, bezweifelt den rechtlichen Schutz der Unterscheidungsfunktion, da die<br />

Unterscheidungskraft im Vorfeld der Eintragung des Zeichens geprüft wird <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> Entstehungsvoraussetzung<br />

für die Marke selbst ist <strong>und</strong> übersieht dabei, daß ein positiv gegebenes Eintragungserfordernis nicht automatisch<br />

dessen rechtlichen Schutz ausschließt.<br />

391 Beier/Krieger, GRUR Int. 1976, 125 ff; Heydt, GRUR Int. 1976, 339 ff<br />

392 Vgl. Riehle, S. 107; a.A. Sack, GRUR 1972, 402, 406<br />

393 Vgl Beier/Krieger, GRUR Int. 1976, 125, 126; BGHZ 8, 206 - Kabelkennfaden; BGHZ 52, 344; siehe auch<br />

Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 15<br />

394 So schon RG, GRUR 1924, 85, 87 - Sacherin; fortführend BGH, BGHZ 8, 202, 206 -Kabelkennfaden.<br />

395<br />

Dieser Umstand ist historisch in den anfänglich gesetzlich zulässigen Kennzeichen begründet, vgl.<br />

Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 11.<br />

396 Ausnahme bildet hier die Automobilbranche, vgl. Loewenheim, Warenzeichen, S. 227.<br />

397 Vgl. Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 11<br />

398 Indem das <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung nun auch Zahlen <strong>und</strong> Buchstaben sowie<br />

Farbkombinationen als <strong>Marken</strong> zuläßt, siehe dazu die ausführliche Darstellung unter D. II., erweitern sich die<br />

Möglichkeiten für Phantasiezeichen erheblich.


61<br />

Produkts richten 399 . Auch wenn das ursprüngliche Verständnis der Herkunftsfunktion der<br />

Marke da<strong>mit</strong> unterminiert war, so wurde von der Herkunftsfunktion nicht abgelassen; sie<br />

wurde vielmehr in einem weiteren Sinne verstanden: Nicht mehr der Hinweis auf ein<br />

konkretes Unternehmen war ihr immanent, sondern die Aussage dahingehend, daß die<br />

gleich gekennzeichneten Produkte zwar aus einer gleichbleibenden Herkunftsstätte<br />

stammen, die Herkunftsstätte aber namentlich nicht bei den Verbrauchern bekannt sein<br />

mußte <strong>und</strong> sie auch nicht notwendigerweise aus einem einzelnes Unternehmen bestehen<br />

mußte, es vielmehr ausreichend war, wenn eine Gruppe von rechtlich oder wirtschaftlich<br />

verb<strong>und</strong>enen Unternehmen als Herkunftsstätte agierte <strong>und</strong> aus Sicht des Verkehrs der<br />

Zeicheninhaber auf die Produktion <strong>und</strong> den Absatz Einfluß üben konnte 400 . Die so weit<br />

verstandene Herkunftsfunktion sieht letztendlich das Zeichen als einen Hinweis auf eine<br />

anonyme betriebliche Quelle an, verb<strong>und</strong>en <strong>mit</strong> der Schlußziehung der Verbraucher aus<br />

dem Umstand der Gleichmäßigkeit der Herkunftsstätte, daß der <strong>Marken</strong>inhaber hinter<br />

seinen Gütern steht <strong>und</strong> sich zu diesen auch bekennt 401 . Diese Auslegung der<br />

Herkunftsfunktion legt ihr Schwergewicht auf das Verantwortungsbewußtsein des<br />

Zeicheninhabers für die <strong>mit</strong> seiner Marke gekennzeichneten Erzeugnisse <strong>und</strong> rückt sehr<br />

weit von dem ursprünglichen Verständnis der Herkunftsfunktion als konkreter<br />

Herkunftsangabe ab. Nach diesem Verständnis kann die Herkunftsfunktion auch<br />

zutreffend als „Produktverantwortung des <strong>Marken</strong>inhabers“ verstanden werden 402 .<br />

Gegen das weite Verständnis der Herkunftsfunktion im Sinne der klassischen<br />

Funktionstheorie wendete sich schon früh die Kritik 403 . Ihr Haupteinwand ging dahin,<br />

daß die Marke bedingt durch die vielen Phantasiezeichen, nicht mehr als<br />

Herkunftshinweis verstanden werden kann <strong>und</strong> daher die weite Interpretation der<br />

Herkunftsfunktion <strong>mit</strong> den tatsächlichen Funktionen der <strong>Marken</strong> in der gegenwärtigen<br />

Wirtschaftsrealität nicht sachlich kongruiert 404 . Ferner wurden als Kritikpunkte gegen<br />

die Überbewertung der Herkunftsfunktion die legalen Umgehungsmöglichkeiten des<br />

Bindungsprinzips der Marke an den Geschäftsbetrieb durch z.B. gemeinschaftliche<br />

399 Vgl. Schönfeld, S. 47; Krüger-Nieland, GRUR 1980, 425, 428; Oppenhoff, GRUR Int. 1973, 433, 435; Heydt,<br />

Festschrift für Hefermehl, 1971, S. 59 ff.<br />

400 Loewenheim, Festschrift GRUR Bd. II, S. 1051, 1055; ders., Warenzeichen, S. 227; Beier/Krieger, GRUR Int.<br />

1976, 125, 127; Sack, GRUR 1972, 405, 406, für den sich die abstrakte Herkunftsfunktion letztendlich aus der<br />

Natur der Sache ergibt, da jede Ware selbstverständlich aus irgendeinem bestimmten Betrieb stammt; Henning-<br />

Bodewig/Kur, Bd. I, S. 105; BGH, GRUR 1962, 537, 539 - Radkappe; BGH, GRUR 1966, 45, 46 - <strong>Marken</strong>benzin<br />

401 Vgl. BGH, GRUR 1966, 45, 46 - <strong>Marken</strong>benzin; Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl., Rn. 16; Henning-<br />

Bodewig/Kur, Bd. I, S. 233 f; dieser weitverstandenen Interpretation steht auch nicht die freie Übertragbarkeit der<br />

Marke entgegen, a. A. Tilmann, GRUR 1977, 446, 452.<br />

402 So wörtlich Fezer, <strong>Marken</strong>G, Einl. Rn. 30, allerdings bezogen auf das neue <strong>Marken</strong>gesetz.<br />

403 Einer der ersten Kritiker war Isay, GRUR 1929, 23, 26 ff<br />

404 So Balz, RabelsZ 1981, 316, 322; Krüger-Nieland, GRUR 1980, 425, 428; Oppenhoff, GRUR Int. 1973, 433;<br />

dabei sprechen die Kritiker der Marke meist die Herkunftsfunktion nicht gänzlich ab, sondern sie wenden sich<br />

dagegen, daß die Marke eine richtige Herkunftsangabe ist, vgl. diesbezüglich Heydt, GRUR Int. 1976, 339, 343<br />

<strong>mit</strong> seiner zutreffenden Unterscheidung zwischen Herkunftshinweis <strong>und</strong> Herkunftsunterscheidung; ferner schon<br />

früher gegen den alleinigen rechtlichen Schutz der Herkunftsfunktion, Kraft, GRUR 1969, 120, 125 ff, Miosga,<br />

MA 1963, 1963, 39, 47 ff <strong>und</strong> ders., MA 1963, 507, 518 ff.


62<br />

<strong>Marken</strong>benutzung <strong>und</strong> Leerübertragung vor der Einführung der freien Übertragbarkeit<br />

der Marke angeführt 405 .<br />

Die herrschende Lehre hat sich durch diese Kritik nicht in ihrem Verständnis der<br />

Funktionslehre zur Zeit des Warenzeichengesetzes beeinträchtigen lassen 406 , auch <strong>mit</strong><br />

Einführung der freien Übertragbarkeit der Marke durch das Erstreckungsgesetz ist sie<br />

nicht von ihrem Standpunkt abgerückt 407 . Für sie stand der rechtliche Schutz der für sie<br />

zentralen, alles überragenden Herkunftsfunktion stets im Mittelpunkt des<br />

Zeichenschutzes 408 <strong>und</strong> ergab sich für sie un<strong>mit</strong>telbar aus dem Warenzeichengesetz 409 .<br />

Der gesetzliche Gr<strong>und</strong>stein der Herkunftsfunktion wurde in dem in § 1 WZG<br />

festgeschriebenen Bindungsprinzip der Marke an den Geschäftsbetrieb gesehen. Ein<br />

weitere gesetzliche Verankerung wurde in den dem <strong>Marken</strong>inhaber zugesprochenen<br />

Abwehrrechten hinsichtlich der Irreführung der kommerziellen Herkunft ( §§ 24, 25, 31<br />

WZG) gesehen 410 .<br />

c) Qualitätsfunktion<br />

Bedingt durch die Herkunftsfunktion der Marke <strong>und</strong> der da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>enen Gewähr der<br />

stets gleichen Produktionsstätte der Ware folgert der Verbraucher eine gleichbleibende<br />

Qualität der unter derselben Marke gekennzeichneten Ware. Diese Qualitätsfunktion 411<br />

ist für den Verbraucher von besonderer Bedeutung, wenn nicht gar die wichtigste<br />

Funktion der Marke 412 ; denn sie ermöglicht ihm auf gemachte Erfahrungen bei früheren<br />

Einkäufen zurückzugreifen <strong>und</strong> bei positiven Erfahrungen <strong>und</strong> in Erwartung <strong>und</strong><br />

Vertrauen auf eine gleichbleibende Qualität erneut das gleiche Produkt zu erwerben 413 .<br />

Aber auch für den <strong>Marken</strong>inhaber ist die Qualitätsfunktion von Bedeutung, da die<br />

Produktqualität ein wesentlicher Faktor für den Ruf seiner Marke haben kann 414 .<br />

405 Vgl. Tilmann, ZHR 158 (1994), 371, 382 f, der die Herkunftsfunktion allerdings einseitig unter dem Blickwinkel<br />

des Verbraucherschutzes abklopft; Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 232; für Kunz-Hallstein, GRUR 1993, 439,<br />

448 ist nach Einführung der freien Übertragbarkeit der Marke durch das Erstreckungsgesetz die<br />

Herkunftsfunktion nicht mehr zu gewährleisten.<br />

406 Vgl. nur Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 231 f zur Gegenantwort der herrschenden Lehre auf ihre Kritikpunkte.<br />

407 Vgl. beispielsweise Gamm, GRUR 1994, 775, 777.<br />

408 Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird die klassische Funktionslehre auch als die Lehre von der Herkunftsfunktion bezeichnet.<br />

Häufig findet man auch die Formulierung, daß die Herkunftsfunktion die einzig geschützte Funktion nach dem<br />

Warenzeichengesetz ist; dies bedeutet aber nicht die Ablehnung des Schutzes der Unterscheidungsfunktion,<br />

vielmehr werden diese beiden Funktionen durch die Konkretisierungskomponente der Herkunftsfunktion als<br />

Einheit angesehen.<br />

409 BGH, GRUR 1953, 34 - Lockwell; BGH, GRUR 1964, 454, 455 - Palmolive; BGH, GRUR 1971, 573, 54 -<br />

Nocado; BGH, GRUR Int. 1973, 562, 563 - Cinzano; kritisch demgegenüber Sack, GRUR 1972, 402, 405 ff.<br />

410 Vgl. nur Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 229.<br />

411 Für den Begriff der Qualitätsfunktion werden in der Literatur auch die Ausdrücke Garantie-, Güte- <strong>und</strong><br />

Vertrauensfunktion synonym verwendet.<br />

412 Vgl. Sack, GRUR 1972, 445; Riehle, S. 124; Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 235, für sie kann die<br />

Qualitätsfunktion gar die rechtspolitische Basis für die Rechtszuweisung an den <strong>Marken</strong>inhaber sein. Dagegen<br />

bezweifeln Beier/Krieger, GRUR Int. 1976, 125, 126 die vorherrschende Relevanz der Qualitätsfunktion für die<br />

Verbraucher.<br />

413 So auch Schönfeld, S. 153 <strong>und</strong> Schweer, S. 33<br />

414 Vgl. Schluep, S. 77; Sack, GRUR 1972, 445, 449; Ruijsenaars, GRUR Int. 1988, 385, 386; Riehle, S. 120


63<br />

Das Vertrauen der Verbraucher in die Qualitätsstabilität <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die Qualitätsfunktion<br />

wurde im Warenzeichengesetz nach der Funktionslehre nicht rechtlich geschützt 415 . Der<br />

<strong>Marken</strong>inhaber wurde demnach nicht durch das Zeichenrecht zur gleichbleibenden<br />

Produktqualität verpflichtet, <strong>und</strong> die Verbraucher hatten entsprechend keine markenrechtlich<br />

sanktionierte Garantie für eine konstante Güte. Auch wenn das Warenzeichengesetz<br />

dem <strong>Marken</strong>inhaber keinen rechtlichen Zwang zur gleichbleibenden Qualität<br />

auferlegte, war <strong>und</strong> ist die dem <strong>Marken</strong>inhaber entgegengebrachte Zuversicht in die<br />

gleichbleibende Produktqualität seitens der Konsumenten dennoch nicht unrealistisch, da<br />

allein aus wirtschaftlicher Sicht der Hersteller auch ohne rechtliche Verpflichtung dazu<br />

meist daran interessiert ist, das einmal erreichte Qualitätsniveau wenigstens zu halten<br />

oder gar zu verbessern, um die Stärke <strong>und</strong> den Ruf seines Zeichens nicht zu gefährden<br />

<strong>und</strong> folglich Absatzeinbußen zu erleiden 416 . Diese wirtschaftlichen Überlegungen<br />

strahlen letztendlich in das Zeichenrecht soweit hinein, daß man das Qualitätsvertrauen<br />

der Konsumenten, wenn auch nicht explizit, so aber doch <strong>mit</strong>telbar durch das<br />

Warenzeichengesetz als geschützt ansehen konnte 417 . Aus diesem Gr<strong>und</strong> sah auch die<br />

h.M. die Qualitätsfunktion zwar nicht als selbständige Funktion der Marke an, aber doch<br />

als aus der Herkunftsfunktion abgeleitete, die die Herkunftsfunktion wiederum<br />

konkretisierte 418 . Gegen diese Einstufung der Über- <strong>und</strong> Unterordnung von Herkunfts<strong>und</strong><br />

Qualitätsfunktion wandten sich Stimmen in der Literatur; sie sahen darin einen nicht<br />

aus dem Zeichenrecht zu rechtfertigenden Formalismus, der realitätsfremd sei, da die<br />

meisten Verbraucher von der Marke direkt auf die Qualität schließen, <strong>und</strong> das<br />

eigentliche Ziel des Zeichenschutzes in dem Schutz der Qualitätsfunktion gesehen<br />

wurde 419 . Die Diskrepanz dieser Ansichten resultiert aus den verschiedenen<br />

Betrachtungsweisen: Die Funktionslehre nähert sich der Problematik aus der Sicht der<br />

Verbraucher, ihre Kritiker betrachten sie in Bezug auf den <strong>Marken</strong>inhaber selbst.<br />

d) Werbefunktion<br />

Die gemeinhin durch die Werbung entstehende Verbindung zwischen dem Produkt <strong>und</strong><br />

der Marke wird nicht unter die Werbefunktion subsumiert 420 , vielmehr wird die Werbefunktion<br />

in dem Sinne begriffen, daß auf die Werbekraft der Marke abgestellt wird 421 ,<br />

die die Konsumenten anzuziehen vermag 422 . Ursächlich für die Werbekraft der Marke<br />

415 Vgl. Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 22, Beier, GRUR Int. 1976, 125, 127; Beier/Krieger, GRUR Int.<br />

1976, 125, 127; Loewenheim, Warenzeichen, S. 228; Schluep, S. 71; BGHZ 60, 185 - Cinzano = GRUR Int. 1973,<br />

562; BGHZ 82, 152, 157 ff - Öffnungshinweis.<br />

416 Vgl. Riehle, <strong>Marken</strong>recht <strong>und</strong> Parallelimport, S. 110, 124; Beier/Krieger, GRUR Int.1976, 125, 127; Schweer, S.<br />

33<br />

417 Die oft angeführten Fälle für den selbständigen rechtlichen Schutz der Qualitätsfunktion, wie z.B. die<br />

Veränderung einer Originalware des <strong>Marken</strong>inhabers nach ihrem Inverkehrbringen seitens eines Dritten, belegen<br />

dies nicht schlüssig, da diese Beispiele letztendlich wieder auf den rechtlichen Schutz der Herkunftsfunktion<br />

zurückgeführt werden können, vgl. Beier, Funktionen, S. 233 f.<br />

418 Beier in <strong>Marken</strong>rechtliche Abhandlung, Funktionen, S. 225, 233; Beier/Krieger, GRUR Int. 1976, 125, 127; RGZ<br />

161, 29, 37; BGHZ 60, 185 - Cinzano<br />

419 So Riehle, S. S. 125; Loewenheim, Warenzeichen, S. 242 f.<br />

420 Dieser Umstand ist vielmehr der Unterscheidungsfunktion zuzurechnen.<br />

421 Vgl. Isay, GRUR 1929, 23, 25<br />

422 Vgl. Schweer, S. 34; Will, S. 58


64<br />

sind verschiedene Komponenten, die alternativ oder kumulativ vorliegen können: Einmal<br />

kann sie schon von Anfang an in der Eigenart des Zeichens liegen, die allein <strong>mit</strong><br />

ihrem Ideen- <strong>und</strong> Bildgehalt, <strong>mit</strong>hin durch ihre originelle Gestaltung oder Aussagekraft<br />

<strong>und</strong> den da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>enen Assoziationen anziehend auf die Verbraucher wirkt 423 , ein<br />

Umstand, der für den hier besonders interessierten Handel <strong>mit</strong> nicht benutzten <strong>Marken</strong><br />

von großer Bedeutung ist, da er den Bedarf für professionelle <strong>und</strong> individuelle <strong>Marken</strong>kreationen<br />

veranschaulicht <strong>und</strong> den Marktwert einer gut gestalteten <strong>und</strong> dadurch verheißungsvoll<br />

auf die Konsumenten wirkenden, wenn auch zuvor noch nicht benutzten<br />

Marke erklärt, indem die <strong>mit</strong> solch gekennzeichneten <strong>Marken</strong> zum wirtschaftlichen<br />

Vorteil der Unternehmen nicht unbedingt des gemeinhin üblich immensen<br />

Werbeaufwandes bedürfen. Starke Assoziationswirkungen gehen auch von solchen<br />

<strong>Marken</strong> aus, die eine Vorstellungsverknüpfung zu irgendeinem bekannten Ereignis oder<br />

einer bekannten Person, heute zumeist aus Film <strong>und</strong> Fernsehen, hervorbringen; folglich<br />

ist die Eintragung sogenannter „characters“ als Marke von großem Interesse,<br />

insbesonders auch unter dem Gesichtspunkt der späteren Vermarktung 424 . Zum anderen<br />

kann die Werbekraft aus intensiver Werbung für die Marke resultieren, derweil die<br />

Werbung informativ <strong>und</strong>/oder suggestiv ausgerichtet sein kann, <strong>und</strong> zuletzt kann sie aus<br />

den guten Erfahrungen, die die Verbraucher <strong>mit</strong> der Qualität des <strong>mit</strong> dem Zeichen<br />

versehenen Produktes gemacht haben, folgen 425 . Das Zeichen kann so<strong>mit</strong> eine<br />

Attraktionskraft auf die Konsumenten ausüben, die weitgehend unabhängig, abgesehen<br />

von der Qualitätsassoziation, von der Beschaffenheit der Produkte ist 426 <strong>und</strong> vornehmlich<br />

im Eigenwert des Zeichens selbst liegt 427 .<br />

Die Werbefunktion ist für den <strong>Marken</strong>inhaber die wirtschaftlich gr<strong>und</strong>legendste<br />

Funktion des Zeichens, denn die Marke ist Voraussetzung für die Werbung 428 , die eines<br />

der wichtigsten Akquisitionsinstrumente der Absatzförderung darstellt. Im Laufe der<br />

Zeit hat sich die Werbung bis heute dahingehend gewandelt, daß das suggestive Element<br />

immer mehr in den Vordergr<strong>und</strong> drängt <strong>und</strong> der Imagebildung für das Produkt weitaus<br />

mehr Bedeutung zugemessen wird 429 . Kausal für diese Tendenz ist das ständig<br />

zunehmende Güterangebot <strong>und</strong> die dadurch bedingte verfeinerte Produktdifferenzierung,<br />

die wiederum zu nur geringen Unterschieden zwischen den gattungsgleichen Produkten<br />

verschiedener Hersteller führt <strong>und</strong> den Qualitätsvergleich für die Verbraucher erheblich<br />

benachteiligt <strong>mit</strong> der Folge, daß die Konsumenten für die gezielt von den Unternehmen<br />

eingesetzte <strong>und</strong> über das Zeichen ver<strong>mit</strong>telte imaginäre <strong>und</strong> psychische Beeinflussung<br />

empfänglich werden 430 .<br />

423 So schon Isay, GRUR 1929, 23, 26, auch Riehle, S. 112 <strong>und</strong> Loewenheim, S. 232, 63<br />

424 Als Beispiel sei hier aus jüngster Zeit der Disney-Film „Die Dalmatiner“ genannt, dazu auch Loewenheim, S. 232<br />

f <strong>und</strong> Riehle, S. 112; auch Isay, GRUR 1929, 23, 26, hat auf diese Art der Attraktionskraft schon hingewiesen.<br />

425 Vgl. die umfassende Darstellung von Isay, GRUR 1929, 23, 26f <strong>und</strong> Sack, GRUR 1976, 445, 449.<br />

426 Schluep, S. 76 f; Riehle, S. 111; Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 13<br />

427 Ausführlich zum Eigenwert der Marke, siehe Schluep, S. 345 ff.<br />

428 Vgl. Isay, GRUR 1929, 23 ff; Sack, GRUR 1972, 445, 449f; Oppenhoff, GRUR Int. 1973, 433, 435; allgemein<br />

zur Werbung als wichtiger Marketingfaktor, Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, § 8 1.2.1., S. 531 ff.<br />

429 Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wird die Werbefunktion auch öfter als Suggestivfunktion bezeichnet, vgl. Riehle, S. 111.<br />

430 Vgl. Bökel, Mitt. 1984, 166, 167 f; Riehle, S. 117; Loewenheim, Warenzeichenrecht, S. 232 <strong>und</strong> 63 ff


65<br />

Die Marke verselbständigt sich da<strong>mit</strong> in dem Sinne immer mehr, daß sie fast nicht mehr<br />

den Hersteller kennzeichnet <strong>und</strong> sich auch nicht mehr primär an den Produkteigenschaften<br />

orientiert, sondern sie die subjektiven Empfindungen der Konsumenten in<br />

den Vordergr<strong>und</strong> stellt, um so ein bestimmtes Lebensgefühl, ein Image aufzubauen <strong>und</strong><br />

zu ver<strong>mit</strong>teln 431 . Die Marke als Imageträger, umgeben von einer Prestigeaura, versucht<br />

so verstärkt, das gekennzeichnete Produkt von den anderen ubuquitären Waren<br />

abzuheben. Die ständig wachsende Bedeutung der Werbefunktion impliziert für die<br />

Herkunfts- <strong>und</strong> Qualitätsfunktion wirtschaftlich gesehen ihre Aushöhlung <strong>und</strong><br />

Verdrängung, auf diese Weise lockert sich die Bindung zwischen der Marke <strong>und</strong> Ware,<br />

die Marke entfaltet sich zum selbständigen Vermögensgegenstand <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> zum<br />

lukrativen Handelsobjekt 432 .<br />

Im Hinblick auf die Komponenten der Werbekraft <strong>und</strong> der Marke als Voraussetzung der<br />

Werbung stellt die Werbefunktion eine wesensimmanente Funktion der Marke dar 433 .<br />

Die Funktionslehre sah dennoch die Werbefunktion nach dem Warenzeichengesetz nicht<br />

als selbständig rechtlich geschützt an, sondern lediglich <strong>mit</strong>telbar - wie die<br />

Qualitätsfunktion - im Rahmen der Herkunfts- <strong>und</strong> Unterscheidungsfunktion, da das<br />

Warenzeichengesetz nur den Verwertungsbesitzstand des Zeichens garantierte <strong>und</strong> nicht<br />

gleichzeitig den Leistungsschutz für die unternehmerische Werbeinvestition<br />

<strong>mit</strong>umfaßte 434 . Gegen diese Ansicht wandten sich immer wieder Stimmen in der<br />

Literatur 435 . Auch wenn die Werbekraft nach der h.M. keinen zeichenrechtlichen Schutz<br />

erfuhr, so wurde sie doch von der Rechtsprechung über das allgemeine Deliktsrecht <strong>und</strong><br />

das Wettbewerbsrecht geschützt 436 .<br />

e) Kommunikationsfunktion<br />

Der klassischen Funktionslehre wird seit einiger Zeit in der Literatur die Kommunikationsfunktion<br />

entgegengesetzt, um so die wirtschaftliche Bedeutung der Marke besser<br />

erfassen zu können. Aus der Sicht der Kommunikationsfunktion beruht die Funktions-<br />

431 So auch Will, S. 60; Loewenheim, Warenzeichenrecht, S. 232 f<br />

432 In diesem Sinne auch Loewenheim, Warenzeichenrecht, S. 232<br />

433 A.A. Schweer, S. 35<br />

434 Vgl. Riehle, S. 127 ff; Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 23; Fezer, MA 1986, 26, 33; auch die das<br />

Werbehinweisrecht betreffende Entscheidungen, BGH, GRUR 1987, 707 - Ankündigungsrecht I - <strong>und</strong> BGH,<br />

GRUR 1987, 823 - Ankündigungsrecht II - anerkennen nicht den rechtlichen Schutz der Werbefunktion, sie gehen<br />

vielmehr den komplizierten Lösungsweg über die Herkunftsfunktion; Kraft, GRUR 1989, 82, sprach sich im<br />

Zusammenhang <strong>mit</strong> dem Werbehinweisrecht dagegen aus zeitgemäßen Überlegungen für den rechtlichen Schutz<br />

der Werbefunktion aus; siehe auch Loewenheim, Warenzeichenrecht, S. 251 ff <strong>mit</strong> zahlreichen diesbezüglichen<br />

Rechtsprechungsangaben.<br />

435 So schon Isay, GRUR 1929, 23 ff, später dann Oppenhoff, GRUR Int. 1973, 433, 436; Heydt, GRUR Int. 1976,<br />

339; Vierheilig, GRUR 1977, 704, 711; ders., GRUR Int. 1982, 506, 509; Kraft, GRUR 1989, 79, 82; Sack nach<br />

Bericht von Bodewig, GRUR Int. 1986, 33, 34;Kouker, WRP 1994, 445, 447; Troller, GRUR Int. 1980, 723,724,<br />

der Wesen <strong>und</strong> Funktionen der Marke dem Rechtsdenken unzutreffend als zwingend vorgegeben sieht <strong>und</strong><br />

dementsprechend auch den rechtlichen Schutzumfang der Funktionen, dabei aber gerade die Frage verkennt,<br />

welche der wirtschaftlich zweifellos gegebenen <strong>Marken</strong>funktionen auch rechtlichen Schutz genießen sollen,<br />

generell gegen den zeichenrechtlichen Schutz der Werbefunktion, Loewenheim, Warenzeichenrecht, S. 263 ff,<br />

zusammenfassend S. 289.<br />

436 Vgl. den Überblick bei Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 23; § 31 Rn. 190 ff hinsichtlich des Deliktsrechts<br />

<strong>und</strong> Baumbach/Hefermehl, UWG, Einl. Rn. 163, §1 Rn. 483; sowie Fezer, MA 1986, 26 ff betreffend das<br />

Wettbwerbsrecht.


66<br />

lehre auf einem, aus der heutigen Zeit heraus betrachteten, nicht mehr entsprechenden<br />

<strong>Marken</strong>verständnis, das auch <strong>mit</strong> der Aufteilung in einzelne Funktionen <strong>und</strong> deren<br />

Betrachtung nur ein verzerrtes <strong>Marken</strong>bild wiederzugeben vermag <strong>und</strong> nicht die<br />

Komplexität der Marke, wie es die Kommunikationsfunktion <strong>mit</strong> ihrer ganzheitlichen<br />

Betrachtungsweise arrangiert 437 .<br />

Die Kommunikationsfunktion versteht die Marke als Bedeutungsträger von bestimmten<br />

Informationen, die sie in kodierter Form als Signal überbringt 438 . Die Marke stellt demnach<br />

einen Informationskanal zwischen der Angebots- <strong>und</strong> Nachfragerseite dar; welche<br />

Informationen hierüber ver<strong>mit</strong>telt werden sollen - ob lediglich Angaben zur Unterscheidung<br />

oder Herkunftsstätte oder Qualitätsaussagen bzw. Werbe- <strong>und</strong> Imagebotschaften<br />

- entscheidet die Anbieterseite innerhalb des ihr als zweckdienlich<br />

erscheinenden Marketing-Mix 439 . Dieses Verständnis der Marke resultiert aus einer<br />

betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise, für die die Marke primär ein Instrument der<br />

Werbung <strong>und</strong> Teil des Produktmarketings ist <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> den absatzwirtschaftlichen<br />

Aspekt in den Vordergr<strong>und</strong> stellt 440 .<br />

Der ganzheitliche Aspekt der Kommunikationsfunktion erscheint angesichts der<br />

heutigen wirtschaftlichen Aufgabe der Marke als Marketinginstrument für sich gesehen<br />

stichhaltig <strong>und</strong> plausibel. Daraus darf aber nicht vorschnell der Schluß gefolgert werden,<br />

daß die gr<strong>und</strong>sätzlich modernen <strong>Marken</strong>gesetze nun diese ökonomische Relevanz der<br />

Kommunikationsfunktion vollständig in ihren Schutzbereich integriert haben. Für einen<br />

solch umfassenden Schutz müßten die <strong>Marken</strong>gesetze den <strong>Marken</strong>inhabern auch ein<br />

ausschließliches Recht an objektiven Informationen über ihre Produkte zuweisen, was<br />

aber die <strong>Marken</strong>gesetze nicht vermögen <strong>und</strong> auch gar nicht erstreben wollen <strong>und</strong><br />

können 441 , da die Informationsver<strong>mit</strong>tlung als solche Allgemeingut ist. Sie schützen<br />

zwar die <strong>Marken</strong>inhaber vor Störungen innerhalb des Kommunikationsprozesses <strong>mit</strong> den<br />

Verbrauchern, aber sie verhindern nur mißbräuchliche Eingriffe Dritter <strong>und</strong> nicht<br />

allgemeine <strong>und</strong> objektive Produktinformationen, wie sie beispielsweise von<br />

Verbraucherzentralen gegeben werden 442 . Zur Bestimmung des zeichenrechtlichen<br />

Schutzbereiches der Kommunikationsfunktion bedarf es vielmehr der Aufschlüsselung<br />

in ihre einzelnen Aussagekomponenten <strong>und</strong> -facetten, aus denen sich die Kommunikationsfunktion<br />

zusammensetzt, die letztendlich auf die klassische Funktionsaufteilung der<br />

traditionellen Funktionslehre hinausläuft. Die Kommunikationsfunktion erscheint daher<br />

nicht der Funktionslehre überlegen <strong>und</strong> stellt dementsprechend zum Abstecken der<br />

markenrechtlichen Schutzgrenzen keine dem Schema der Funktionslehre vorzuziehende<br />

Alternative dar. Infolgedessen erscheint auch die zusätzliche Untersuchung der neuen<br />

<strong>Marken</strong>gesetze auf die Kommunikationsfunktion neben den klassischen Funktionen<br />

437 Vgl. Schönfeld, S. 155<br />

438 Vgl. Zeug, S. 11; Lehmann, GRUR Int. 1986, 6, 14 f, der die betriebswirtschaftliche Informationsökonomie<br />

ausdrücklich in seine Überlegungen <strong>mit</strong>einbezieht.<br />

439 Vgl. Lehmann, GRUR Int. 1986, 6, 14; ders., GRUR 1984, 313, 316<br />

440 Vgl. Schreiner, S. 451; Hätty, S. 8 ff; Will, S. 62; Schönfeld, S. 155<br />

441 So auch Lehmann/Schönfeld, GRUR 1994, 481, 488; Will, S. 62<br />

442 Vgl. den eindeutigen Wortlaut von § 14 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 9 Abs. 1 GemMVO, dazu Will, S. 62.


67<br />

wenig aufschlußreich, so daß dieser Analyse im folgenden auch nicht näher<br />

nachgegangen wird 443 .<br />

2. Rechtlicher Schutz der wirtschaftlichen Funktionen vom EuGH vorgegeben?<br />

Der Überlegungsansatz der Übertragbarkeit der traditionellen Funktionslehre auf die<br />

europäischen <strong>Marken</strong>rechte wäre hinfällig, wenn der EuGH im Wege seiner Rechtsprechung<br />

bereits verbindliche Vorgaben für den rechtlichen Schutzumfang der<br />

wirtschaftlichen Funktionen der Marke entwickelt hätte <strong>und</strong> diese verbindlich wären 444 .<br />

Der EuGH hat sich vor Inkrafttreten der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der<br />

Richtlinie sowie der entsprechend der Richtlinie umgesetzten nationalen <strong>Marken</strong>gesetze<br />

in zahlreichen Entscheidungen bemüht, den durch die nationalen <strong>Marken</strong>schutzrechte<br />

<strong>und</strong> ihre territorialen Geltungsbereiche bedingten Konflikt <strong>mit</strong> den beiden Gemeinschaftszielen,<br />

dem Gr<strong>und</strong>satz des freien Warenverkehrs <strong>und</strong> des unverfälschten<br />

Wettbewerbs, soweit wie zum damaligen Zeitpunkt möglich, zu entspannen. Hierfür<br />

lotete der EuGH den gemeinschaftsrechtlich gebotenen <strong>und</strong> zulässigen Rahmen zur<br />

Begrenzung der nationalen Ausübung der gewerblichen Schutzrechte aus, indem er die<br />

gemeinschaftlichen Grenzen der gewerblichen Schutzrechte inhaltlich dahingehend<br />

konkretisierte, daß nach Art. 36 EWGV 445 nur solche den elementaren Gr<strong>und</strong>satz des<br />

freien Warenverkehrs einschränkenden Ausübungen ausnahmsweise gerechtfertigt<br />

waren, soweit sie den spezifischen Gegenstand des <strong>Marken</strong>gesetzes ausmachten; den<br />

spezifischen Gegenstand eines Zeichenrechts hat er dahingehend umschrieben, daß<br />

seinem Inhaber das ausschließliche Recht verliehen wird, das Warenzeichen beim<br />

erstmaligen Inverkehrbringen eines Erzeugnisses zu benutzen, <strong>und</strong> daß er dadurch vor<br />

Konkurrenten geschützt wird, die die Stellung <strong>und</strong> den Ruf des Warenzeichens durch<br />

den Vertrieb widerrechtlich <strong>mit</strong> diesem Zeichen versehener Erzeugnisse zu mißbrauchen<br />

suchen 446 . Um den Inhaltsbereich des spezifischen Gegenstandes genauer zu bestimmen,<br />

stützt sich der EuGH auf die Hauptfunktion der Marke, die er darin sieht, dem<br />

Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität des gekennzeichneten<br />

Erzeugnisses zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Erzeugnisse ohne<br />

Verwechslungsgefahr von Erzeugnissen anderer Herkunft zu unterscheiden; diese<br />

Herkunftsgarantie beinhaltet für den EuGH auch, daß die Konsumenten sicher sein<br />

dürfen, daß an einer ihnen angebotenen, <strong>mit</strong> der Marke versehenen Ware nicht auf einer<br />

früheren Vermarktungsstufe ohne Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers ein Eingriff<br />

vorgenommen worden sei, der den Originalzustand der Ware beeinträchtigt habe 447 .<br />

Indem der EuGH das Zeichenrecht als wesentlichen Bestandteil des Systems eines<br />

unverfälschten Wettbewerbs sieht, konkludiert er ferner für die Unternehmen die<br />

443 Gleicher Ansicht, Will, S. 63.<br />

444 So auch Schönfeld, S. 210<br />

445 Heute Art. 30 EGV, siehe Fn. 15.<br />

446 EuGH, Rs 102/77, Slg. 1978, 1139 Rn. 7 = GRUR Int. 1978, 291 - Hoffmann-La Roche;EuGH, Rs. 1/81, Slg.<br />

1981, 2913, Rn. 7 = GRUR Int. 1982, 187 - Pfister; EuGH, Rs. C-10/89, Slg. 1990, I-3711, Rn. 14 = GRUR Int.<br />

1990, 960 – HAG II, vgl. Ebenroth/Parche, GRUR Int. 89, 738, 742 Fn. 31; siehe dazu auch die Darstellung unter<br />

B. V. 1..<br />

447 EuGH, Rs. 102/77, Slg. 1978, 1139 = GRUR 1978, 599 Rn. 7 - Hoffmann- La Roche; EuGH, Rs. C-10/89, Slg.<br />

1990, I-3711 = GRUR Int. 1990, 960, Rn. 8 - HAG II;EuGH, Rs. 1/81, Slg. 1981, 2913, Rn. 8 - Pfizer


68<br />

systemimmanente Notwendigkeit, die Verbraucher durch die Qualität ihrer Erzeugnisse<br />

oder Dienstleistungen an sich zu binden, was nur möglich sei, wenn es Kennzeichen<br />

gebe, <strong>mit</strong> deren Hilfe sich diese Erzeugnisse <strong>und</strong> Dienstleistungen identifizieren ließen;<br />

da<strong>mit</strong> das Kennzeichen diese Aufgabe erfüllen könne, müsse es die Gewähr dafür bieten,<br />

daß alle Erzeugnisse, die <strong>mit</strong> ihm versehen seien, unter der Kontrolle eines einzigen<br />

Unternehmens hergestellt worden seien, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht<br />

werden könne 448 .<br />

Der EuGH hat sich da<strong>mit</strong> für den markenrechtlichen Schutz der Herkunfts- <strong>und</strong> der<br />

Qualitätsfunktion ausgesprochen, wobei nicht klar ersichtlich ist, ob die<br />

Qualitätsfunktion selbständigen Schutz genießen soll oder ob sie entsprechend dem<br />

Verständnis der Funktionslehre nur im Rahmen der Herkunftsfunktion geschützt wird.<br />

Im Gegensatz zur Funktionslehre, die den rechtlichen Aspekt der Qualitätsfunktion aus<br />

dem Blickwinkel der Verbraucher betrachtet, wendet sich der Gerichtshof dieser<br />

Thematik aus der Perspektive des <strong>Marken</strong>inhabers zu <strong>und</strong> kommt so zu einer<br />

realitätsnahen Interpretation der rechtlichen Aufgaben des <strong>Marken</strong>rechts. Im Zusammenspiel<br />

<strong>mit</strong> der Qualitätsfunktion ist die Auslegung der Herkunftsfunktion der Marke durch<br />

den EuGH dessenungeachtet inhaltlich nahezu identisch <strong>mit</strong> der zuletzt von der<br />

Funktionslehre propagierten: Beide verstehen die Herkunftsfunktion als Produktverantwortung<br />

des <strong>Marken</strong>inhabers 449 .<br />

Die Konkretisierung des spezifischen Gegenstandes <strong>mit</strong> Hilfe der Herkunftsfunktion<br />

seitens des EuGH vor Erlaß der gemeinschaftsrechtlichen <strong>Marken</strong>normen darf aber nicht<br />

als Übernahme der klassische Funktionslehre verstanden werden 450 , da zum einem die<br />

Basis für die Inhaltsbestimmung des spezifischen Gegenstandes nicht, auch nicht einmal<br />

andeutungsweise, aus den Entscheidungen des EuGH zu entnehmen ist 451 <strong>und</strong> zum<br />

anderen der EuGH vor Vereinheitlichung der <strong>Marken</strong>rechte nicht berechtigt war, eine<br />

gemeinschaftsrechtlich verbindliche Wesensbestimmung der <strong>Marken</strong>rechte vorzunehmen<br />

452 . Die Kompetenz zur Inhaltskonkretisierung der gewerblichen Schutzrechte<br />

lag vielmehr zum damaligen Zeitpunkt gr<strong>und</strong>sätzlich bei den Mitgliedstaaten, der EuGH<br />

konnte lediglich überprüfen, ob die Ausübung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte im<br />

innergemeinschaftlichen Warenverkehr gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft<br />

verstießen oder ob sie eine nicht gerechtfertigte oder willkürliche Handelsschranke im<br />

Sinne von Art. 36 S. 2 EWVG 453 darstellten 454 , <strong>und</strong> demnach oblag es ihm nicht, durch<br />

448 EuGH, Rs. C-10/89, Slg. 1990, I-3711= GRUR Int. 1990, 960, Rn. 13 - HAG II; EuGH, Rs. C-9/93, Slg. 1994, I-<br />

2789 = GRUR Int. 1994, 614, Rn.37 - Ideal Standard<br />

449 So auch Fezer, Festschrift Gaedertz, S. 153, 169 ff, ders., <strong>Marken</strong>G, § 24, Rn. 84<br />

450 Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, Einl. Rn. 38; auch Generalanwalt Jacob hat in seinen Schlußanträgen zur Rechtssache Hag<br />

II ausgeführt, daß die Lehre von der Herkunftsfunktion „kein legitimer Sproß des Gemeinschaftsrechts“ sei,<br />

GRUR Int. 1990, 962, 967; a.A. Loewenheim, Festschrift GRUR Bd. II, S. 1051, 1054.<br />

451 Vgl. Schönfeld, S. 212<br />

452 Vgl. dazu die ausführliche Darstellung inklusive der früher <strong>und</strong> aus heutiger Sicht als überholt anzusehenden<br />

Gegenmeinung, die in Art. 36 EGV die Gr<strong>und</strong>lage zur Bestimmung gemeinschaftsrechtlicher Schutzinhalte von<br />

<strong>Marken</strong>rechten sah, von Fezer/Hefermehl, H/I/Sch/S, S. 44 f <strong>und</strong> 144 f; ferner Beier, GRUR Int. 1989, 603, 610;<br />

Mertens de Willmars, GRUR Int. 1976, 93, 94<br />

453 Heute Art. 30 S. 2 EGV, siehe Fn. 15.<br />

454 Vgl. dazu nur die ausführlichen Erläuterungen von Fezer/Hefermehl, H/I/Sch/S, S. 56 ff.


69<br />

seine Rechtsprechung verbindliche Vorgaben für eine Funktionslehre für das<br />

europäische <strong>Marken</strong>recht aufzustellen 455 .<br />

Obgleich der fehlenden Verbindlichkeit ist diese Rechtsprechung aber auch nach der<br />

Harmonisierung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte <strong>und</strong> dem Erlaß der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

weiterhin von Interesse, da insbesondere die Richtlinie, aber auch<br />

tendenziell die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, als Umsetzung der markenrechtlichen<br />

Rechtsprechung des EuGH zu Art. 30, 36 EWGV 456 konzipiert wurde 457 <strong>und</strong> sie insofern<br />

bei der Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen <strong>Marken</strong>regelungen inzident behilflich<br />

sein kann. Diesen Überlegungsansatz bestätigt inzwischen der EuGH selbst: In seinen<br />

ersten Entscheidungen zu der Richtlinie führt er seine rechtlichen Erwägungen<br />

hinsichtlich der <strong>Marken</strong>funktionen kontinuierlich fort, indem er explizit auf seine<br />

diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungen vor der Harmonisierung verweist<br />

<strong>und</strong> selbst seine früheren Formulierungen wörtlich übernimmt. Die oben ausführlich<br />

dargestellten Gr<strong>und</strong>sätze zur Inhaltsbestimmung des spezifischen Gegenstandes des<br />

<strong>Marken</strong>rechts wurden alle genau wiedergegeben 458 , insofern erübrigt sich da<strong>mit</strong> die<br />

dogmatisch korrekte <strong>und</strong> konsequente Einteilung der markenrechtlichen Rechtsprechung<br />

vor <strong>und</strong> nach der Harmonisierung. Die funktionsbestimmenden Rechtsgr<strong>und</strong>sätze sind<br />

nun nach der Harmonisierung über die richtlinienkonforme Auslegung verbindlich beim<br />

<strong>Marken</strong>gesetz zu beachten, aber auch bei der Auslegung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

sind sie zu berücksichtigen, um so den angestrebten Gleichlauf der beiden<br />

europäisch geprägten <strong>Marken</strong>rechte erzielen zu können.<br />

Aus den nun rechtsverbindlichen Vorgaben für die Funktionsbestimmung der<br />

<strong>Marken</strong>rechte <strong>und</strong> der fortwährenden Hervorhebung der Herkunftsfunktion als Hauptfunktion<br />

des <strong>Marken</strong>schutzes, darf auch gegenwärtig nicht von der Übernahme der<br />

Funktionslehre seitens des EuGH ausgegangen werden. Zwar entfällt durch die<br />

Harmonisierung das oben angeführte kompetenzrechtliche Argument für die Funktionsbestimmung,<br />

aber bedeutend ist nunmehr, daß der EuGH sich in seinen Entscheidungen<br />

jeweils nur <strong>mit</strong> Teilgebieten des <strong>Marken</strong>rechts <strong>und</strong> nicht <strong>mit</strong> der umfassenden<br />

<strong>Marken</strong>rechtsmaterie im Ganzen befaßt - auch die tangierten Teilgebiete, zusammengefaßt<br />

betrachtet, behandeln noch lange nicht das <strong>Marken</strong>recht abschließend - <strong>und</strong> auf<br />

diesem Wege nicht zu einer für eine Funktionslehre erforderlichen allgemeingültigen<br />

<strong>und</strong> ganzheitlichen Aussage gelangt 459 .<br />

455 Der EuGH hat selbst die Vorläufigkeit seiner Rechtsprechung diesbezüglich betont, so beispielsweise in der<br />

Sirena-Entscheidung, Rs 40 /70, Slg. 1971, 69, 81 = GRUR Int. 1971, 279, 280; vgl. auch Kunz-Hallstein, GRUR<br />

Int. 1992, 81, 90; ders., GRUR Int. 1990, 775, der immer ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen hat; in<br />

diesem Sinne auch Mertens de Wilmars, GRUR Int. 1976, 93, 94 f.<br />

456 Heute Art. 28, 30 EGV, siehe Fn. 15.<br />

457 Vgl. Sack, GRUR 1997, 1, 2; ders., RIW 1994, 897, 901.<br />

458 EuGH, Rs. C-427/93, C-429/93, C-436/93; Slg. 1996, I- 3457, Rn. 43, 44,47 - Bristol-Myers Squibb; EuGH, Rs.<br />

C-71/94, C-72/94, C-73/94, Slg. 1996, I-3603, Rn. 30, 33, 34 - Eurim-Pharm; EuGH, Rs. C-232/94, Slg. 1996, I-<br />

3671, Rn. 16, 17, 20 - MPA Pharma; insofern bestätigt sich die Mutmaßung von Gamm, GRUR 1994, 775, 781,<br />

nicht, die von einer Auslegung der Richtlinie weniger anhand der älteren Rechtsprechung zu Art. 30, 36 EGV<br />

dafür unter stärkerer Beachtung des Schutzzweckes <strong>und</strong> Wesens des Immaterialgüterrechts ausging.<br />

459 So auch Fezer, <strong>Marken</strong>G, Einl. 38


70<br />

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der EuGH keine verbindlichen Vorgaben für den<br />

rechtlichen Schutzumfang bestimmter wirtschaftlicher <strong>Marken</strong>funktionen beim<br />

Harmonisierungsprozeß der <strong>Marken</strong>rechte selbst aufstellen konnte, er nun aber nach<br />

erfolgter Harmonisierung solche Direktiven aussprechen kann <strong>und</strong> er dies inzwischen,<br />

wenn auch nicht abschließend für alle wirtschaftlichen <strong>Marken</strong>funktionen, für die<br />

Herkunftsfunktion <strong>und</strong> die Qualitätsfunktion realisiert hat, wenngleich er die Frage des<br />

Verhältnisses dieser beiden Funktionen zueinander noch nicht ausdrücklich geklärt hat.<br />

Indes hält der EuGH aber an der Vorrangstellung der Herkunftsfunktion als<br />

Hauptfunktion des <strong>Marken</strong>schutzes weiter fest 460 .<br />

3. Übertragung der traditionellen Funktionslehre auf die neuen <strong>Marken</strong>rechte<br />

Die obige Prüfung hat ergeben, daß der EuGH inzwischen berechtigt ist, rechtliche<br />

Direktiven für die Funktionslehre aufzustellen <strong>und</strong> solche auch schon einzeln unter<br />

besonderer Betonung der Herkunftsfunktion ausgesprochen hat. Wenn er auch die<br />

Herkunftsfunktion besonders hervorhebt, so darf der EuGH, wie bereits oben angemerkt,<br />

nicht vorschnell als Vertreter der traditionellen Funktionslehre angesehen werden, wenn<br />

auch die bisherige gemeinschaftsrechtliche Rechtsprechung gr<strong>und</strong>sätzlich nicht den<br />

Überlegungsansatz der Übertragung der traditionellen Funktionslehre auf die neuen<br />

<strong>Marken</strong>gesetze versperrt. Um die Frage der Übertragbarkeit der traditionellen<br />

Funktionslehre verläßlich beantworten zu können, sind die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung,<br />

die Richtlinie <strong>und</strong> das <strong>Marken</strong>gesetz wiederum auf den rechtlichen<br />

Schutz hinsichtlich der Unterscheidungs-, Herkunfts-, Qualitäts- <strong>und</strong> Werbefunktion<br />

unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH zu überprüfen.<br />

a) Unterscheidungsfunktion<br />

Die Unterscheidungsfunktion als Gr<strong>und</strong>funktion einer Marke findet sich in den neuen<br />

<strong>Marken</strong>regelungen wieder 461 . So bestimmen Art. 4, 7 Abs. 1 lit. b GemMVO, Art. 2, 3<br />

Abs. 1 lit. b RL <strong>und</strong> § 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G die Marke als ein Zeichen, das geeignet ist,<br />

Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen<br />

zu unterscheiden. Weist ein Zeichen keine Unterscheidungskraft auf, ist es nach Art. 6<br />

Abs. 1 lit. b) GemMVO, nach Art. 3 Abs. 1 lit. b) RL <strong>und</strong> § 8 Abs. 2 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G<br />

aufgr<strong>und</strong> des Vorliegens eines absoluten Eintragungshindernisses nicht eintragungsfähig.<br />

Sofern es dennoch eingetragen ist, kann das Zeichen aufgr<strong>und</strong> des absoluten<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es gemäß Art. 51 Abs. 1 lit. a i.m.V. Art. 7 Abs. 1 lit. b GemMVO,<br />

Art. 3 Abs. 1 lit. b RL <strong>und</strong> § 50 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 <strong>Marken</strong>G 462 gelöscht werden.<br />

Die rechtliche Manifestierung der Unterscheidungsfunktion wird nicht von der Aufgabe<br />

des Prinzips der Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb tangiert 463 . Als<br />

460 A.A. Will, S. 55 <strong>und</strong> Tilmann, ZHR 158 (1994) S. 371, 383.<br />

461 So auch Meyer, GRUR Int. 1996, 592, 598, Schönfeld, S. 213 f.<br />

462 § 50 Abs. 1 Nr. 1 ist bei fehlender konkreter Unterscheidungskraft einschlägig <strong>und</strong> § 50 Abs. 1 Nr. 3 bei<br />

abstrakter Unterscheidungskraft, vgl. dazu Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 50, Rn. 10.<br />

463 So auch Hackbarth, S. 93, vgl. auch AIPPI Jahrbuch 1976, 174, 179.


71<br />

wesensimmanentes Merkmal der Marke wird die Unterscheidungsfunktion automatisch<br />

durch die markenrechtlichen Regelungen rechtlich geschützt.<br />

b) Herkunftsfunktion<br />

Mit der vollständigen Loslösung der Marke von dem Geschäftsbetrieb in den<br />

europäischen <strong>Marken</strong>regelungen scheint dem F<strong>und</strong>ament der Herkunftsfunktion,<br />

welches gerade in der unauflöslichen Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb<br />

gesehen wurde 464 , auf den ersten Blick der Boden entzogen. Der EuGH sieht in diesem<br />

Umstand keinen Anlaß, den rechtlichen Schutz der Herkunftsfunktion in den<br />

<strong>Marken</strong>gesetzen zu verneinen; für ihn besteht nach wie vor die Hauptfunktion der Marke<br />

in der Herkunftsgarantie, die dem Konsumenten die Ursprungsidentität des<br />

gekennzeichneten Erzeugnisses ohne Verwechslungsgefahr von den Erzeugnissen<br />

anderer Herkunft zu unterscheiden ermöglicht <strong>und</strong> zudem ihm den Originalzustand der<br />

ihm angebotenen, <strong>mit</strong> der Marke versehenen Waren attestiert 465 . Dieser Auffassung kann<br />

vorbehaltlich der Einstufung der Herkunftsfunktion als Hauptfunktion 466 - was noch zu<br />

zeigen sein wird - auch nach einem detaillierten Betrachten der neuen markenrechtlichen<br />

Harmonisierungsregelungen zugestimmt werden.<br />

Obschon die Marke nicht mehr an den Geschäftsbetrieb geb<strong>und</strong>en ist, so liegt weiterhin<br />

ihr rechtlich maßgeblicher Unterscheidungsgr<strong>und</strong> primär in der kommerziellen Herkunft<br />

<strong>und</strong> nicht in bestimmten Qualitätsmerkmalen, wenn auch die Verbraucher aus der<br />

gleichbleibenden Herkunftsstätte auf eine gleichbleibende Produktqualität schließen 467 .<br />

Die rechtliche Zulassung der freien Übertragbarkeit der eingetragenen Marke ohne den<br />

dazugehörigen Geschäftsbetrieb gemäß Art. 17 GemMVO <strong>und</strong> § 27 <strong>Marken</strong>G scheint<br />

diese Aussage einstweilen zu konterkarieren. Eine solche Situation wäre gegeben, ginge<br />

man hier von dem ursprünglichen, aber schon länger überholten Verständnis der<br />

Herkunftsfunktion als tatsächliche <strong>und</strong> konkrete Herkunftsangabe aus; aber nicht bei<br />

einer wie hier propagierten sehr weiten Auslegung des Begriffs der Herkunftsfunktion.<br />

Der Hinweis auf die kommerzielle Herkunft umfaßt demnach, bedingt durch die freie<br />

Übertragungsmöglichkeit, lediglich die Aussage über den jeweiligen <strong>Marken</strong>inhaber <strong>und</strong><br />

nicht notwendigerweise über ein bestimmtes konstantbleibendes Unternehmen,<br />

letztendlich ist dies nichts weiter als ein Hinweis auf eine anonyme Quelle, die auch<br />

ohne weiteres wechseln kann; dieses ausgedehnte Verständnis der Herkunftsfunktion ist<br />

nicht widersinnig, es ist eher rational, den jeweiligen <strong>Marken</strong>inhaber als die<br />

464 Insbesondere für Vanzetti war dies die unerläßliche Voraussetzung, GRUR Int. 1965, 128 ff, 185 ff; vgl. auch<br />

Toni, GRUR Int. 1990, 929, 935; BGH, GRUR 1987, 525 - Litaflex ( Bindungsprinzip als „ordre public“ des<br />

Warenzeichengesetzes), zuletzt BGH, GRUR 1992, 106 – Barbarossa.<br />

465 EuGH, Rs. C-427/93, C-429/93, C-436/93, Slg. 1996, I-3457, GRUR Int. 1996, 114 Rn. 47, Bristol-Myers<br />

Squibb; EuGH, Rs. C-71/94, C-72/94, C-73/94, Slg. 1996, I-3603, GRUR Int. 1996, 50, Rn. 34, Eurim-Pharma;<br />

EuGH, Rs. C-232/94, Slg. 1996, I-3671, GRUR Int. 1996, 1151, Rn. 20, MPA Pharma<br />

466 Die Denkschrift zur Gemeinschaftsmarke sah wirtschaftlich wie rechtlich auch in der Herkunftsfunktion die<br />

Gr<strong>und</strong>funktion der Marke, aus der alle anderen wirtschaftlichen Funktionen abzuleiten seien, GRUR Int. 1976,<br />

481, 489.<br />

467 Art. 4 GemMVO, Art. 2 RL <strong>und</strong> § 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G stellen allein auf den Unterscheidungsgr<strong>und</strong> der<br />

kommerziellen Herkunft ab, vgl. auch Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 244 <strong>mit</strong> dem treffenden Hinweis in Fn. 98,<br />

daß bei primären Qualitätsangaben als Unterscheidungsgr<strong>und</strong> die Marke sich zum „Gütezeichen“ wandeln würde.<br />

Diese Schlußfolgerung eliminiert aber keineswegs die markenrechtliche Anerkennung der Qualitätsfunktion.


72<br />

verantwortliche Quelle des markierten Produktes anzusehen, wenngleich Wechsel,<br />

betreffend die Inhaberschaft oder Produktionsstätte, möglich sind 468 . Denn es ist primär<br />

der jeweilige <strong>Marken</strong>inhaber, den die wirtschaftlichen Konsequenzen einer<br />

Verschlechterung des <strong>mit</strong> der Marke verb<strong>und</strong>enen Goodwill tangieren <strong>und</strong> der deshalb<br />

bestrebt ist, möglichen Beeinträchtigungen des Goodwill, impliziert die Produktqualitätsverschlechterungen,<br />

entgegenzuwirken 469 . Dieses Verhalten erklärt sich nicht<br />

aus einer gesetzlichen Pflicht, sondern allein aus der wirtschaftlichen Vernunft des<br />

<strong>Marken</strong>inhabers, die sowohl dem originären <strong>Marken</strong>inhaber, als auch uneingeschränkt<br />

den späteren <strong>Marken</strong>erwerbern gegeben ist 470 . So<strong>mit</strong> ist gegenwärtig aus moderner <strong>und</strong><br />

realitätsnaher Sichtweise die Herkunftsfunktion als Produktverantwortung des<br />

<strong>Marken</strong>inhabers zu verstehen 471 .<br />

Diese Argumentation wird auch nicht folgewidrig, wenn es sich bei dem <strong>Marken</strong>inhaber<br />

zulässigerweise lediglich um eine Privatperson handelt, die keinen Geschäftsbetrieb<br />

innehat. Die Marke wird von diesem Personenkreis nicht um ihrer selbst willen<br />

eingetragen, sondern als zukünftiges Hinweiszeichen auf irgendein Unternehmen, so daß<br />

die inaktive <strong>Marken</strong>aussage als Hinweis auf die kommerzielle Herkunft im Sinne der<br />

Produktverantwortung nach der Übertragung der Marke auf einen Geschäftsmann <strong>und</strong><br />

ihre Benutzung aktiviert wird. An eine solche Aktivierung könnte auch im Falle der<br />

Lizenzierung der Marke an Unternehmen gedacht werden. Im Gegensatz zur<br />

<strong>Marken</strong>übertragung wechselt bei der Lizenzierung der originäre <strong>Marken</strong>inhaber nicht, so<br />

daß es zweifelhaft erscheint, die lizenzierte Marke als Hinweis auf den<br />

Produktverantwortlichen verstehen zu können. Die neuen <strong>Marken</strong>regelungen gestatten<br />

nun wortgleich in Art. 22 Abs. GemMVO, Art. 8 Abs. RL <strong>und</strong> § 30 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G die<br />

ausschließliche Lizenz, die dem Lizenznehmer das alleinige Benutzungsrecht der Marke<br />

gewährt, <strong>und</strong> die Teillizenz sowohl hinsichtlich der <strong>Marken</strong>kategorien sowie der<br />

Gebiete. Auf den ersten Blick scheint der <strong>Marken</strong>inhaber sich in der ersten Alternative<br />

jeglichen Einflusses <strong>und</strong> in der zweiten zumindest anteiligen Einflusses auf die<br />

Produktqualität <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> auf den Goodwill seiner Marke zu entziehen, aber genauer<br />

betrachtet, stimmt dies keineswegs. Die wörtlich übereinstimmenden <strong>Marken</strong>gesetze,<br />

Art. 22 Abs. 2 GemMVO, Art. 8 Abs. 2 RL <strong>und</strong> § 30 Abs. 2 Nr. 5 erlauben dem<br />

<strong>Marken</strong>inhaber, dem Lizenznehmer gegenüber die Rechte aus der Marke geltend zu<br />

machen, wenn letzterer die Bestimmungen des Lizenzvertrages hinsichtlich der<br />

Produktqualität nicht einhält <strong>und</strong> räumen ihm so eine Kontrollmöglichkeit für die <strong>mit</strong><br />

468 So auch Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 245 <strong>und</strong> Hackbarth, S. 95 f; ähnlich, aber dennoch einschränkender<br />

<strong>und</strong> nicht die zulässige Möglichkeit des <strong>Marken</strong>inhabers als Privatperson berücksichtigt, Llewelyn, GRUR Int.<br />

1992, 97, 106, er sieht die Marke als Hinweis auf eine unternehmerische Quelle an.<br />

469 Vgl. Hackbarth, S. 96, der diese Überlegung <strong>mit</strong> den Erkenntnissen aus dem französischen <strong>Marken</strong>recht, welches<br />

seit jeher die freie Übertragbarkeit anerkennt, untermauert; <strong>und</strong> Henning/Bodewig/Kur, Bd. I; S. 245 <strong>mit</strong> dem<br />

zutreffenden Hinweis auf die bereits unter dem WZG anerkannte Handelsmarke; ihr Aussageinhalt besteht<br />

lediglich darin, daß der <strong>Marken</strong>inhaber darüber entscheidet, welche der aus den wechselnden <strong>und</strong><br />

unterschiedlichen Betrieben stammenden Produkte <strong>mit</strong> der Marke gekennzeichnet werden <strong>und</strong> er folglich die<br />

verantwortliche Quelle der markierten Produkte ist.<br />

470 Vgl. Schönfeld, S. 216<br />

471 So auch Fezer, Festschrift für Gaedertz, S. 153, 169 ff; ders., <strong>Marken</strong>G, Einl. Rn. 30; v. Gamm, GRUR 1994,<br />

775, 777, sieht dagegen die Herkunftsfunktion im <strong>Marken</strong>gesetz allein im klassischen Sinne als Hinweis auf die<br />

betriebliche Herkunft an.


73<br />

seiner Marke gekennzeichneten Produkte ein. Daß der <strong>Marken</strong>inhaber aber selbst nicht<br />

markenrechtlich zur Qualitätskontrolle bei Lizenzvergabe verplichtet ist, beinträchtigt<br />

nicht die Aussage, daß auch eine lizenzierte Marke als Hinweis auf den<br />

Produktverantwortlichen verstanden werden kann, da auch der originäre <strong>Marken</strong>inhaber<br />

nicht zur Beibehaltung seiner einmal eingeführten Qualität verpflichtet ist <strong>und</strong><br />

dementsprechend für die Lizenz nichts anderes hinsichtlich des Qualitätsstandards gelten<br />

kann.<br />

Zusammenfassend ist festzustellen, daß die neuen <strong>Marken</strong>gesetze einheitich die<br />

Herkunftsfunktion rechtlich schützen 472 , wenn auch <strong>mit</strong> einem modernen Verständnis im<br />

Sinne einer Produktverantwortung des <strong>Marken</strong>inhabers. Auch die Begründungen zu den<br />

hier untersuchten <strong>Marken</strong>regelungen gehen von dem rechtlichen Schutz der<br />

Herkunftsfunktion aus, allerdings zutreffend nicht mehr von ihrem alleinigen Schutz,<br />

was sich in der folgenden Darstellung zeigen wird 473 .<br />

c) Qualitätsfunktion<br />

Der EuGH hat die rechtliche Anerkennung der Qualitätsfunktion in den harmonisierten<br />

<strong>Marken</strong>gesetzen formuliert 474 , allerdings ist nicht ersichtlich, ob sie nach ihm nur im<br />

Rahmen der Herkunftsfunktion rechtliche Absicherung erfährt, ähnlich dem Verständnis<br />

der Funktionslehre zum damaligen Warenzeichenrecht, oder ob sie un<strong>mit</strong>telbaren <strong>und</strong><br />

selbständigen Schutz in den <strong>Marken</strong>gesetzen genießt. Diese offene Frage kann anhand<br />

der <strong>Marken</strong>gesetze geklärt werden.<br />

Bereits bei der Herkunftsfunktion wurde auf die Art. 22 Abs. 2 GemMVO, Art. 8 Abs. 2<br />

RL <strong>und</strong> § 30 Abs. 2 Nr. 5 <strong>Marken</strong>G hingewiesen, die dem <strong>Marken</strong>inhaber die<br />

Möglichkeit zum Eingriff gegenüber dem Lizenznehmer geben, sobald die Qualität der<br />

Produkte nicht den Bestimmungen des Lizenzvertrages entspricht. Die explizite Bezugnahme<br />

auf die Qualitätsabweichung in diesen Bestimmungen zeigt deutlich, daß die<br />

gemeinschaftsrechtlichen <strong>Marken</strong>gesetze die Qualitätsfunktion der Marke schützen<br />

wollen, <strong>und</strong> sie wird in diesen Regelungen nicht von der Interaktion <strong>mit</strong> der<br />

Herkunftsfunktion abhängig gemacht, so daß hier die Qualitätsfunktion selbständigen<br />

rechtlichen Schutz genießt 475 . Ihre rechtliche Konsolidierung besteht aber nur zugunsten<br />

der <strong>Marken</strong>inhaber, die Verbraucher erhalten hierüber keinen rechtlichen Gewährsanspruch.<br />

472 So Kraft, MA 1991, 52, 53, Llewelyn, GRUR Int. 1992, 97, 105 f <strong>und</strong> Klaka, GRUR 1994, 321 für die Richtlinie,<br />

Gamm, GRUR 1994, 775, 778 für das <strong>Marken</strong>gesetz, Hackbarth, S. 95 für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung;<br />

a.A. Meyer, GRUR Int. 1996, 592, 598; Kunz-Hallstein, Festschrift 100 Jahre <strong>Marken</strong>Amt, S. 147 ff; Tilmann,<br />

ZHR 158 (1994), 387, für ihn ist die freie Übertragbarkeit der Marke der „Todesstoß“ für die Herkunftsfunktion;<br />

ders., GRUR 1977, 446, 452 hinsichtlich der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung.<br />

473<br />

474<br />

Begründung, BT-Drucks. 12/6581, S. 81 f; besonders deutlich schon Begründung zum Diskussionsentwurf des<br />

<strong>Marken</strong>gesetzes vom 23. Februar 1993, S. 26 (zitiert nach Kunz-Hallstein, Festschrift <strong>Marken</strong>amt, S. 158, Fn. 41);<br />

Erwägungsgr<strong>und</strong> 9 der RL, GRUR Int. 1989, 294; Erwägungsgr<strong>und</strong> 5 in GemMVO.<br />

EuGH, Rs. C-427/93, C-428/93, C-436/93, Slg. 1996, I-3457 = GRUR Int.1996, 1144, Rn. 43 - Bristol-Myers-<br />

Sqibb; EuGH, Rs. C-72/94, C-73/94, C-74/94, Slg. 1996, I-3603 = GRUR Int. 1996, 1150, Rn. 30 - Eurim-<br />

Pharma; EuGH, Rs. 232/94, Slg. 1996, I-3671 = GRUR Int. 1996, 1151, Rn. 16 - MPA Pharma.<br />

475<br />

Für § 30 Abs. 2 Nr. 5 <strong>Marken</strong>G betont dies auch die Begründung BT-Drucks. 12/6581, S. 86; a.A. Meyer, GRUR<br />

Int. 1996, 592, 598.


74<br />

Auch in Art. 13 Abs. 2 GemMVO, Art. 7 Abs. 2 RL <strong>und</strong> § 24 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G kommt<br />

der Schutz der Qualitätsfunktion deutlich zum Ausdruck. Nach diesen Normen ist das<br />

ausschließliche Recht des <strong>Marken</strong>inhabers ausnahmsweise trotz früheren Inverkehrbringens<br />

der Marke nicht erschöpft, wenn „der Zustand der Waren nach ihrem<br />

Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist“. Auch wenn hier nicht ausdrücklich<br />

von der Qualität gesprochen wird, so kann diese Formulierung zweifelsohne nur in<br />

Richtung der Qualitätssicherung der Marke ausgelegt werden. Besondere<br />

Wechselbeziehungen zur Herkunftsfunktion werden auch in diesen Normen nicht<br />

gefordert, so daß der Qualitätsfunktion wiederum autonomer <strong>Marken</strong>schutz zuteil<br />

wird 476 , abermals lediglich zugunsten des <strong>Marken</strong>inhabers. Da<strong>mit</strong> erübrigt sich der<br />

frühere oft mühsame Weg, die Fälle der Produktveränderungen nach Inverkehrbringen<br />

über die Herkunftsfunktion zu lösen 477 .<br />

Die angeführten Beispiele für den selbständigen Schutz der Qualitätsfunktion<br />

demonstrieren eine wesentliche markenrechtliche Neuerung: Die Blickrichtung auf den<br />

Schutz der Qualitätsfunktion geht nun vom <strong>Marken</strong>inhaber aus <strong>und</strong> ist nicht mehr, wie es<br />

die Funktionslehre tat, auf die Interessen der Verbrauchern ausgerichtet. Da<strong>mit</strong> wurde<br />

der frühere Ansatz überw<strong>und</strong>en, daß ein rechtlich selbständiger Schutz dieser Funktion<br />

eine für den <strong>Marken</strong>inhaber unzumutbare Verpflichtung zur Gewährleistung gleichbleibender<br />

Produktqualität gegenüber den Verbrauchern bedeuten würde. Mit dem<br />

jetzigen Ausgangspunkt wird dem <strong>Marken</strong>inhaber auch keine entsprechende<br />

Gewährleistungspflicht auferlegt, vielmehr steht es nur dem <strong>Marken</strong>inhaber selbst zu,<br />

gegen Qualitätsverschlechterungen vorzugehen, die Verbraucher haben diesbezüglich<br />

keinen eigenen Anspruch. Auch die zum Schutz vor Irreführung der maßgeblichen<br />

Verkehrskreise formulierten Regelungen Art. 50 Abs. 1 lit. c GemMVO, Art. 12 Abs. 2<br />

lit. b RL <strong>und</strong> § 49 Abs. 2 Nr. 2 <strong>Marken</strong>G über u.a. die Beschaffenheit von Waren oder<br />

Dienstleistungen geben den Verbrauchern keine Anspruchsgr<strong>und</strong>lage gegen Qualitätsabweichungen.<br />

Zwar kann der Antrag auf Verfall aus diesem Gr<strong>und</strong> gemäß Art. 55 Abs.<br />

1 lit. a GemMVO von jeder natürlichen oder juristischen Person sowie Verbraucherinteressenverbänden<br />

vor dem <strong>Marken</strong>amt <strong>und</strong> nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 53 Abs. 1<br />

<strong>Marken</strong>G von jeder Person 478 vor den ordentlichen Gerichten oder fakultativ vor dem<br />

Patentamt 479 gestellt werden, <strong>und</strong> insofern sind auch die Interessen der Verbraucher<br />

ansatzweise geschützt, aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit <strong>und</strong> im Vergleich <strong>mit</strong><br />

den anderen Verfallsgründen, die alle absolute Eintragungshindernisse darstellen, <strong>mit</strong> der<br />

Folge, eine als verfallen erklärte Marke nicht wieder erneut eintragen lassen zu können,<br />

kann der Schutz vor der Irreführung gerade nicht die Qualitätsabweichung umfassen, da<br />

die Qualitätsabweichung keine konstante <strong>und</strong> starre Komponente, wie es die anderen<br />

476<br />

477<br />

So auch die Begründung BT-Drucks. 12/6581, S. 82<br />

Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 22; Beier, GRUR Int. 1968, 8, 14; ders., GRUR Int. 1978, 263 ff<br />

478<br />

Die im Allgemeininteresse stehende Popularklage bedarf keines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses seitens des<br />

Klägers, näher dazu <strong>und</strong> zu den Grenzen der Aktivlegitimation Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 55 Rn. 4.<br />

479<br />

Auch wenn sich die Antragsberechtigten vor dem Patentamt nicht direkt aus § 53 <strong>Marken</strong>G ergeben, so sind sie<br />

doch <strong>mit</strong> denen , die nach § 55 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G zur Erhebung der Löschungsklage vor den ordentlichen<br />

Gerichten befugt sind, identisch, vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 53, Rn. 3.


75<br />

Verfallsgründe sind, sondern eine Variable ist <strong>und</strong> ein Zurückkommen auf das<br />

ursprüngliche Qualitätsniveau jederzeit möglich ist 480 .<br />

Diese Ausrichtung des markenrechtlichen Schutzes der Qualitätsfunktion favorisiert die<br />

Belange des <strong>Marken</strong>inhabers <strong>und</strong> stellt die Verbraucherinteressen hintenan.<br />

d) Werbefunktion<br />

Zum zeichenrechtlichen Schutz der Werbefunktion hat sich der EuGH bislang noch nicht<br />

explizit geäußert, gleichwohl sind in seinen jüngsten Entscheidungen zum <strong>Marken</strong>recht<br />

indirekte Ansätze der Anerkennung des markenrechtlichen Schutzes der Werbefunktion<br />

erkennbar 481 . Anhand der europäischen <strong>Marken</strong>gesetze läßt sich nicht nur deutlich <strong>und</strong><br />

anschaulich die Richtigkeit dieses Ansatzes belegen, vielmehr zeigt sich, daß die<br />

Werbefunktion der Marke nun eigenständig im Zeichenrecht geschützt ist.<br />

Die markenrechtlichen Normen Art. 9 Abs. 2 lit. d GemMVO, Art. 5 Abs. 3 lit. d RL<br />

<strong>und</strong> § 14 Abs. 3 Nr. 5 <strong>Marken</strong>G weisen wortgleich ausdrücklich dem <strong>Marken</strong>inhaber als<br />

ausschließliches Recht zu, die Marke in der Werbung zu benutzen 482 . Explizit auf die<br />

Wertschätzung der Marke stellen ab Art. 8 Abs. 5, Art. 9 Abs. 1 lit. c GemMVO <strong>und</strong> Art.<br />

4 Abs. 4 lit. a, Art. 5 Abs. 3 RL sowie deren entsprechende Umsetzungen in § 9 Abs. 1<br />

Nr. 3 <strong>und</strong> § 14 Abs. 2 Nr. 3 <strong>Marken</strong>G. Da<strong>mit</strong> wird die Attraktionskraft der Marke <strong>und</strong><br />

demzufolge der Werbewert der Marke aktiv in den europäischen <strong>Marken</strong>schutz<br />

einbezogen <strong>und</strong> genießt auch selbständigen Schutz 483 . Folglich findet die hinter der<br />

Marke stehende unternehmerische Leistung nunmehr auch markenrechtlichen Schutz,<br />

eine methodische Konsequenz der Ausformung der Marke als ein selbständiges<br />

wirtschaftliches Vermögensgut <strong>und</strong> zugleich die rechtliche Anerkennung des<br />

wirtschaftlichen Wandels der Marke, die immer häufiger lediglich ein bestimmtes Image<br />

ver<strong>mit</strong>telt <strong>und</strong> symbolisiert <strong>und</strong> ihre Herkunftsangabe dementsprechend zurückdrängt<br />

oder gar ganz verdrängt 484 .<br />

Die markenrechtliche Absicherung der Werbefunktion war wirtschaftlich hinsichtlich<br />

der zunehmenden Praxis, sich den Werbewert fremder <strong>Marken</strong> zunutze zu machen,<br />

geboten <strong>und</strong> unterstreicht die Tendenz der gemeinschaftsrechtlichen <strong>Marken</strong>gesetze<br />

primär in der Verfolgung der Interessen der <strong>Marken</strong>inhaber an einem unbehinderten <strong>und</strong><br />

effizienten <strong>Marken</strong>gebrauch <strong>und</strong> ebensolcher <strong>Marken</strong>verwertung zu stehen 485 .<br />

480<br />

481<br />

Vgl. dazu ausführlich Schönfeld, S. 77 ff.<br />

So in EuGH, GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 75, 79 – Bristol-Myers-Squibb; EuGH, GRUR Int. 1996, 1150 Rn. 65,<br />

70 – Eurim-Pharm; EuGH, GRUR Int. 1996, 1151 Rn. 46, 47 – MPA Pharm.<br />

482<br />

Da<strong>mit</strong> findet das Werbehinweisrecht des <strong>Marken</strong>inhabers erstmalig eine deutliche Rechtsgr<strong>und</strong>lage im <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> die früher oft mühsam wirkende rechtliche Abgrenzung <strong>mit</strong> der Herkunftsfunktion wird<br />

hierdurch obsolet; infolgedessen sind die Entscheidungen des BGH, GRUR 1987, 707 - Ankündigungsrecht I;<br />

GRUR 1987, 823 - Ankündigungsrecht II überholt, vgl. zu der alten Problematik des Werbehinweisrechts, Müller,<br />

GRUR 1991, 274.<br />

483<br />

So auch Kraft, MA 1991, 52, 53 für die Richtlinie <strong>und</strong> das <strong>Marken</strong>gesetz.<br />

484<br />

Vgl. Loewenheim, Warenzeichenrecht, S. 234; Kraft, MA 1991, 52, 53<br />

485<br />

Vgl. Kur, GRUR Int. 1990, 1, 4; Kraft, MA 1991, 52, 53


76<br />

e) Zusammenfassung<br />

Die obigen Ausführungen zeigen, daß die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, die Richtlinie<br />

sowie das <strong>Marken</strong>gesetz übereinstimmend zwar die Herkunftsfunktion (weiterhin)<br />

rechtlich schützen, aber gleichzeitig genießen auch die anderen wirtschaftlichen<br />

Funktionen der Marke markenrechtlichen Schutz. Die traditionelle Funktionslehre <strong>mit</strong><br />

ihrem Dogma des ausschließlichen zeichenrechtlichen Schutzes der Herkunftsfunktion<br />

kann folglich nicht geradewegs auf das neue <strong>Marken</strong>gesetz übertragen werden <strong>und</strong> schon<br />

gar nicht auf die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> die Richtlinie angewandt<br />

werden, aber sie muß aus diesem Gr<strong>und</strong> auch nicht gleich ganz über Bord geworfen<br />

werden. Ihr theoretischer Ausgangspunkt von den Unterscheidungs-, Herkunfts-,<br />

Qualitäts- <strong>und</strong> Werbefunktionen als den wichtigsten wirtschaftlichen Funktionen ist auch<br />

gegenwärtig noch aktuell <strong>und</strong> vermag ebenfalls bei den harmonisierten <strong>Marken</strong>gesetzen<br />

den rechtlichen Schutzumfang der Marke abzustecken <strong>und</strong> zu lösen, infolgedessen kann<br />

das Gerüst der traditionellen Funktionslehre gr<strong>und</strong>sätzlich übernommen werden. Da<br />

sämtliche wirtschaftlichen Funktionen nun markenrechtlich geschützt werden <strong>und</strong> heute<br />

folglich die Grenzen des <strong>Marken</strong>schutzes nicht mehr alleine an der Herkunftsfunktion<br />

deduziert werden, kann die Funktionslehre aber nur <strong>mit</strong> einem neuen <strong>und</strong> modernen<br />

Verständnis fortgeführt werden. Die Modifizierung liegt einmal in dem umfassenden<br />

rechtlichen Schutz der ökonomischen Funktionen der Marke <strong>und</strong> zum anderen in der<br />

Gleichwertigkeit dieses Funktionenschutzes.<br />

Zur Betonung dieses neuen Ansatzes <strong>und</strong> zur Vermeidung der Verwechslung <strong>mit</strong> dem<br />

alten Aussagegehalt sollte von der modernen oder modifizierten Funktionslehre<br />

gesprochen werden.<br />

Dieser hier vertretenen Ansicht stehen einige Stimmen in der Literatur entgegen, sie<br />

lehnen eine Fortführung der Funktionslehre, auch in der modifizierten Form,<br />

vollkommen ab 486 . Diese Ablehnung rührt nach ihrer Sicht prinzipiell aus der<br />

Schwächung des rechtlichen Schutzes der Herkunftsfunktion nach den europäischen<br />

<strong>Marken</strong>rechten oder nach mancher Auffassung aus der vollständigen Aufgabe dieses<br />

Schutzes <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> dem Wegfall des Dogmas der traditionellen Funktionslehre. In<br />

Ermangelung von ersatzfähigen <strong>und</strong> funktionalen Abgrenzungskriterien für den <strong>Marken</strong>schutz<br />

diskreditiert sich diese Sichtweise aber schon selbst. Die modifizierte Funktionslehre<br />

behauptet sich daher als das passende <strong>und</strong> zweckdienliche Abgrenzungsinstrument<br />

für den <strong>Marken</strong>schutz.<br />

Ebenso geht die hier vertretene Ansicht nicht ganz konform <strong>mit</strong> der Rechtsprechung des<br />

EuGH 487 . Zwar wird vorliegend auch der markenrechtliche Schutz der Herkunftsfunktion<br />

bejaht, aber die Interpretation des EuGH <strong>mit</strong> ihrer beharrlichen Betonung <strong>und</strong><br />

ihrem starken Nachdruck auf dem Schutz der Herkunftsfunktion auch noch der<br />

Harmonisierung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte durch die Richtlinie läßt die Beachtung der<br />

486<br />

487<br />

So z.B. Schweer, S. 36 ff, 100, 106; Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 82, 90; Meyer, GRUR Int. 1996, 592, 599,<br />

der die Grenzen des <strong>Marken</strong>schutzes allein <strong>mit</strong> dem vom EuGH herausgearbeiteten Kriterium des spezifischen<br />

Gegenstandes abstecken will, dabei aber völlig übersieht, daß der EuGH das Kriterium des spezifischen<br />

Gegenstandes <strong>mit</strong> den Funktionen konkretisiert.<br />

Vgl. dazu die obige Darstellung unter C. II. 2.


77<br />

nunmehr in den neuen gemeinschaftsrechtlichen <strong>Marken</strong>regelungen Niederschlag<br />

gef<strong>und</strong>enen wirtschaftlichen <strong>und</strong> tatsächlichen Gegebenheiten vermissen <strong>und</strong> verkennt<br />

den jetzigen zeitgemäßen Gleichklang des markenrechtlichen Schutzes der wirtschaftlichen<br />

<strong>Marken</strong>funktionen.<br />

III. Normzweck des <strong>Marken</strong>rechts<br />

Der Normzweck des <strong>Marken</strong>gesetzes <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ist<br />

richtungsweisend für die Auslegung der Zeichenrechte selbst <strong>und</strong> auch gleichzeitig<br />

maßgebend bei der Auslegung der ergänzend anwendbaren Kennzeichenschutzregeln 488 .<br />

Von besonderem Interesse ist vorliegend, wie sich die markenrechtlichen Schutzzwecke<br />

gegenüber dem Handel <strong>mit</strong> eingetragenen <strong>Marken</strong> darstellen.<br />

1. Zuordnung der <strong>Marken</strong>rechte zum Immaterialgüterrecht<br />

Anfänglich wurde das <strong>Marken</strong>recht in Deutschland dem Persönlichkeitsrecht<br />

zugerechnet. Diese rechtsdogmatische Einordnung geht auf Kohler zurück, der die<br />

Marke als „Unterfall des Rechts am eigenen Namen“ ansah <strong>und</strong> sie deshalb bei den<br />

Persönlichkeitsrechten einstufte 489 . Zunächst fand diese Theorie in der Literatur große<br />

Anerkennung 490 <strong>und</strong> wurde auch vom Reichsgericht geteilt 491 . Doch schon wenig später<br />

wurde die Einstufung als Persönlichkeitsrecht heftig <strong>mit</strong> dem elementaren Einwand<br />

kritisiert, daß die Marke entschieden kein personengeb<strong>und</strong>enes Recht sein kann, da das<br />

Zeichen, wenn auch nach den alten Warenzeichengesetzen lange Zeit nicht ohne<br />

Geschäftsbetrieb 492 , immer schon übertragen werden konnte 493 . Die dann aufgr<strong>und</strong><br />

dieses entschlüsselten Defizits vorgenommene Klassifizierung des <strong>Marken</strong>rechts als<br />

Immaterialgüterrecht konnte sich als herrschende Meinung durchsetzen 494 .<br />

Die Einordnung des <strong>Marken</strong>rechts zum Immaterialgüterrecht ist auch für das heutige<br />

harmonisierte <strong>Marken</strong>recht zweifellos aktuell. Überholt scheint aber hinsichtlich des<br />

reformierten <strong>Marken</strong>gesetzes die an dieser Einordnung geübte Kritik <strong>und</strong> die daraus<br />

abgeleitete Sonderstellung des <strong>Marken</strong>rechts innerhalb der Immaterialgüterrechte; das<br />

<strong>Marken</strong>recht muß kontemporär <strong>mit</strong> den übrigen Immaterialgüterrechten vielmehr<br />

gleichgestellt werden. Die Kritik setzte an dem Überlegungspunkt an, ob die Marke<br />

überhaupt ein selbständiges Rechtsgut sei, <strong>und</strong> infolgedessen konnte das den übrigen<br />

488<br />

489<br />

Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, Vorb. § 1, Rn. 2<br />

Kohler, Das Recht des <strong>Marken</strong>schutzes, Würzburg 1884, S. 5, 73 ff; dazu auch Götting, Festschrift für Beier zum<br />

70. Geburtstag, S. 233 ff.<br />

490<br />

Vgl. die Angaben bei Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 222 Fn. 6<br />

491<br />

RG 69, 403<br />

492<br />

Ausführliche Darstellung der Lossagung von dem Akzessorietätsprinzip im <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>recht unter C. I. 3.<br />

493<br />

Vgl. die F<strong>und</strong>stellennachweise bei Vanzetti, GRUR Int. 1965, 185, 189, Fn. 79<br />

494<br />

Siehe nur die Angaben bei Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl., Rn 27; die gr<strong>und</strong>sätzliche Zuordnung des<br />

Zeichenrechts zu den Immaterialgüterrechten <strong>und</strong> als Bestandteil des Wettbewerbsrechts, da<strong>mit</strong> folglich zu dem<br />

Privatrecht, steht der noch aufzuzeigenden Charakterisierung der Zeicheneintragung als Verwaltungsakt, vgl. die<br />

Darstellung unter D. I. a), nicht entgegen, da innerhalb eines Rechtsgebiets zwar einzelne Normen auch<br />

verschiedenen Rechtsgebieten angehören können <strong>und</strong> vorliegend das <strong>Marken</strong>recht aber primär privatrechtliche<br />

Regelungen hinsichtlich der Abwehransprüche <strong>und</strong> Benutzungsbefugnisse aus bereits entstandenem Zeichenrecht<br />

enthält <strong>und</strong> lediglich die markenrechtlichen Normen öffentlich-rechtlich sind, die das Patentamt eigens<br />

berechtigen <strong>und</strong> verpflichten, wie beispielsweise bei der Eintragung der Marke, dazu Jackermeier, S. 5 f.


78<br />

Immaterialgüterrechten immanente Leistungsschutzprinzip für eine geistige Schöpfung,<br />

wie es dem Rechtsschutz für Urheber-, Patent- <strong>und</strong> Musterrechte eigen ist, ihrer Ansicht<br />

nach nicht auf die Marke übertragen werden 495 .<br />

Mit der nunmehr streng verfolgten Abkopplung der Marke von dem Geschäftsbetrieb im<br />

heutigen <strong>Marken</strong>gesetz verliert das Argument der Kritiker seine Basis. Indem die<br />

wirtschaftliche Qualitäts- <strong>und</strong> Werbefunktion der Marke nunmehr markenrechtlichen<br />

Schutz erfahren, wurde die Marke als eigenständiger Wirtschaftswert anerkannt <strong>und</strong> als<br />

selbständiges Vermögensgut konzipiert 496 . Das <strong>Marken</strong>gesetz regelt dementsprechend<br />

ausdrücklich die Verwertungsrechte der Marke 497 <strong>und</strong> knüpft diese Verwertungsrechte<br />

auch nicht mehr wie früher an die gleichzeitige Verwertung des Unternehmens, sondern<br />

gestattet ohne Vorbenutzungszwang der Marke ihre direkte <strong>und</strong> unabhängige<br />

Verwertung. Der Einordnung des <strong>Marken</strong>gesetzes als gleichwertiges Immaterialgüterrecht<br />

schadet es nicht, daß die Marke hinsichtlich ihres Bestandes nach einer<br />

fünfjährigen Benutzungsschonfrist einem markenrechtlichen Benutzungszwang unterstellt<br />

ist <strong>und</strong> bei Nichtbenutzung auf Antrag eines Dritten gelöscht werden kann, da aus<br />

der Eigenschaft als Immaterialgüterrecht nicht gleichzeitig folgt, daß das Recht an der<br />

Marke unbeschränkt ist 498 .<br />

Die dogmatischen Zweifel hinsichtlich der Einordnung des <strong>deutschen</strong> Zeichenrechts als<br />

Immaterialgüterrecht wurden nicht direkt auf die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

transformiert. Allerdings sah auch der EuGH anfänglich die Marke nicht als gleichwertiges<br />

Immaterialgut im Vergleich zu den Patenten an, für ihn war sie zunächst ein<br />

Immaterialgut minderer Schutzwürdigkeit 499 . Eine Änderung seiner sich über fast zwei<br />

Jahrzehnte haltenden Ansicht bewirkte erst der Schlußantrag des Generalanwalts Jacobs<br />

zu der über diesen Punkt hinaus für das <strong>Marken</strong>recht entscheidenden <strong>und</strong> richtungsweisenden<br />

HAG II- Entscheidung 500 , in dem sich der Generalanwalt deutlich für die<br />

Gleichwertigkeit der Marke im Verhältnis zu den anderen Immaterialgütern aussprach<br />

<strong>und</strong> den EuGH <strong>mit</strong> seinem prof<strong>und</strong>en Plädoyer überzeugen konnte 501 .<br />

2. Schutzgegenstand der <strong>Marken</strong>rechte<br />

Nach dem alten Warenzeichenrecht wurde als zeichenrechtlicher Schutzgegenstand,<br />

bedingt durch den vornehmlichen Schutz der Herkunftsfunktion <strong>und</strong> der traditionellen<br />

rechtlichen Akzessorietät der Marke an den Geschäftsbetrieb, nicht das Warenzeichen<br />

als solches, sondern als Verbindung von Zeichen <strong>und</strong> Ware <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> als Symbol für die<br />

unternehmerische Leistung zumeist angesehen, indessen das so verstandene immaterielle<br />

495 Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 223<br />

496 Allein schon die Überschrift der Verwertungsvorschriften in Abschnitt 5 des <strong>Marken</strong>gesetzes „<strong>Marken</strong> als<br />

Gegenstand des Vermögens“ zeigt diesen Ansatz deutlich.<br />

497 § 27 <strong>Marken</strong>G: Rechtsübertragung, § 29 <strong>Marken</strong>G: Verwertungsrechte in der Zwangsvollstreckung <strong>und</strong> im<br />

501<br />

Konkurs, § 30 <strong>Marken</strong>G: Lizenzen.<br />

498 Schluep, S. 350<br />

499 So zuerst in EuGH, Urteil vom 18.2.1971 - Rs. 40/70, Slg. 1971, 69 ff = GRUR Int. 1971, 279 ff - Sirena; diese<br />

Wertung bezog sich zwar auf nationale <strong>Marken</strong>rechte, spiegelt aber die damalige Haltung des EuGH<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich gegenüber <strong>Marken</strong> wider <strong>und</strong> kann folglich auch auf die Gemeinschaftsmarke transformiert werden.<br />

500 EuGH, Urteil vom 17.10.1990 - Rs. C-10/89, GRUR Int. 1990, 960 ff - HAG II<br />

Dazu ausführlich Fezer, Festschrift für Gaedertz, S. 155 ff.


79<br />

Schutzgut nicht uneingeschränkt zeichenrechtlich abgesichert war, sondern nur insoweit,<br />

als ihr Herkunftshinweis tangiert wurde 502 . Dagegen umfaßte das damalige Kennzeichenrecht<br />

nicht auch den Schutz einer Leistung des Zeicheninhabers, die in der<br />

Auswahl des Zeichens <strong>und</strong> in dessen imaginären Sinn- <strong>und</strong> Aussagegehalt liegt; der<br />

Kennzeichenschutz wurde streng von dem urheber- <strong>und</strong> geschmachmusterrechtlichen<br />

Schutz von Geistes- <strong>und</strong> Kunstwerken getrennt 503 . Wenn auch das Warenzeichengesetz<br />

zuletzt die freie Übertragung des eingetragenen Zeichens gestattete <strong>und</strong> in<br />

Rechtsfortbildung die schuldrechtliche Lizenzierung des Zeichens zugelassen wurde 504<br />

<strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die Gr<strong>und</strong>bausteine für einen zulässigen Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> gelegt wurden,<br />

so war aber die Eintragung einer Marke nach wie vor an das Vorhandensein eines<br />

Geschäftsbetriebes gekoppelt, der Handel <strong>mit</strong> neueingetragenen Zeichen da<strong>mit</strong> nur für<br />

Gewerbetreibende offen <strong>und</strong> der traditionelle Schutzgegenstand des Warenzeichenrechts<br />

gewahrt; die schöpferische Leistung des Zeichenanmelders wurde folglich noch nicht<br />

geschützt.<br />

Neben dem eingeschränkten warenzeichenrechtlichen Schutz der Marke als ein<br />

Herkunftszeichen, erfuhr die Marke aber noch außerzeichenrechtlichen Schutz; <strong>mit</strong> Hilfe<br />

des Wettbewerbsrechts wurde die für den Zeicheninhaber so wirtschaftlich bedeutende<br />

Werbefunktion der Marke <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die Marke als eine Unternehmensleistung von der<br />

Rechtsprechung rechtlich geschützt 505 . Auf diesem Weg konnte das reformbedürftige<br />

Warenzeichenrecht wenigstens teilweise kompensiert werden 506 . Die schöpferische<br />

Leistung des Zeichenanmelders konnte hierüber aber nicht geschützt werden, da dieser<br />

Schutzgegenstand außerhalb eines Wettbewerbsverhältnisses liegt <strong>und</strong> folglich nicht von<br />

dem Wettbewerbsrecht tangiert wird.<br />

Das reformierte <strong>Marken</strong>gesetz hat seinen Schutzbereich gegenüber dem alten<br />

Warenzeichengesetz erheblich ausgeweitet. Wie oben ausgeführt 507 , wird die Herkunftsfunktion<br />

der Marke weiterhin geschützt, <strong>und</strong> dementsprechend ist die Marke als<br />

Herkunftshinweis rechtlich gesichert, aber daneben genießen nun auch die<br />

wirtschaftlichen Qualitäts- <strong>und</strong> Werbefunktionen markenrechtlichen Schutz. Insbesondere<br />

<strong>mit</strong> der Integration des Schutzes der Werbefunktion wird nunmehr einmal die<br />

Marke als Unternehmensleistung auch zeichenrechtlich anerkannt <strong>und</strong> wird nicht mehr<br />

allein über das Wettbewerbsrecht in dieser Hinsicht geschützt; zum anderen ermöglicht<br />

sie in Verbindung <strong>mit</strong> der Aufgabe des Bindungsprinzips <strong>und</strong> der freien Übertragbarkeit<br />

der Marke erstmalig die rechtliche Absicherung der schöpferischen Leistung eines<br />

<strong>Marken</strong>inhabers, die in der Auswahl <strong>und</strong> Gestaltung des Zeichens liegt 508 . Denn indem<br />

das <strong>Marken</strong>gesetz die <strong>Marken</strong>eintragung nicht mehr an das Vorliegen eines<br />

502 Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. 27; Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 225; vgl. auch die differenzierte<br />

Darstellung der einzelnen Ansichten von Schluep S. 328 ff <strong>mit</strong> m.w.N..<br />

503 Vgl. Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 35; Klaka, GRUR 1994, 321, 322<br />

504 Zur Lizenz, Baumbach/Hefermehl, WZG, § 8 Anh.<br />

505 Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, Einl., Rn.28, § 14 Rn. 410 ff; Fezer GRUR 86, 485 ff<br />

506 Zutreffend kategorisiert Fezer, <strong>Marken</strong>G, Einl., Rn. 28, das Wettbewerbsrecht gegenüber dem tradierten<br />

Warenzeichengesetz in diesem Fall als „Vorreiterrolle“ <strong>und</strong> „Jungbrunnen des Immaterialgüterrechts“.<br />

507 Unter C. II. 3. b)<br />

508 Dieser zeichenrechtliche Normzweck war aus früherer dogmatischer Sicht kaum denkbar, vgl. dazu Riehle, 128ff.


80<br />

Geschäftsbetriebes knüpft, Privatpersonen sich folglich auch Zeichen eintragen lassen<br />

können 509 <strong>und</strong> die Verwertungsmöglichkeiten der freien Übertragung oder Lizenzierbarkeit<br />

nicht an eine innerhalb der fünfjährigen Benutzungsschonfrist vorherige eigene<br />

kennzeichenmäßige Benutzung der eingetragenen Marke geb<strong>und</strong>en sind, wird auch die<br />

Realisierung des Marktwerts einer gut gestalteten, eingetragenen, noch nicht benutzten<br />

<strong>und</strong> nicht umworbenen Marke für den Zeichenkreateur möglich, <strong>und</strong> allein die<br />

schöpferische Leistung kann entgeltlich honoriert werden. Indem das neue <strong>Marken</strong>gesetz<br />

ideenreichen Zeichenkreateuren es ermöglicht, sich <strong>Marken</strong> für einen späteren <strong><strong>Marken</strong>handel</strong><br />

eintragen zu lassen, stellt es sich als ein modernes <strong>und</strong> realitätsnahes Zeichenrecht<br />

dar, denn ein wirtschaftlicher Bedarf an bereits sicher eingetragenen <strong>Marken</strong><br />

besteht besonders in kleinen Unternehmen, die zumeist nicht das vielschichtige Knowhow<br />

<strong>und</strong> Gespür für die Entwicklung eines <strong>Marken</strong>namens haben <strong>und</strong> sich zudem oft zu<br />

spät <strong>mit</strong> der Kennzeichnung ihrer geplanten Produkte oder Dienstleistungen beschäftigen<br />

<strong>und</strong> demzufolge potentielle K<strong>und</strong>en für das Geschäft <strong>mit</strong> bereits eingetragenen <strong>Marken</strong><br />

sind.<br />

Das <strong>Marken</strong>gesetz schützt die schöpferische Leistung aber nicht bedingungslos,<br />

vielmehr werden dem gr<strong>und</strong>sätzlich möglichen Handel <strong>mit</strong> eingetragenen <strong>Marken</strong><br />

berechtigte Schranken, wie später ausführlich aufzuzeigen sein wird, gesetzt.<br />

Der Normzweck der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ist <strong>mit</strong> dem des <strong>Marken</strong>gesetzes<br />

hinsichtlich der eingetragenen <strong>Marken</strong> identisch, dies rührt aus der parallelen Gestaltung<br />

der die nationalen Zeichenrechte zur Umsetzung verpflichtenden Richtlinie <strong>und</strong> der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung. Wie das <strong>Marken</strong>gesetz auf der nationalen Ebene,<br />

schützt auch die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung die wirtschaftlichen Funktionen der<br />

Marke umfassend auf der europäischen Ebene. So<strong>mit</strong> wird die Gemeinschaftsmarke als<br />

Herkunftszeichen geschützt, zugleich aber auch durch die markenrechtliche Verankerung<br />

der Werbefunktion einmal als eine anzuerkennende Unternehmensleistung <strong>und</strong> zum<br />

anderen als schöpferische Leistung. Ebenso wie das <strong>Marken</strong>gesetz setzt auch die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung dem Handel <strong>mit</strong> eingetragenen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong><br />

berechtigte Schranken, wie später wiederum ausführlich darzustellen sein wird.<br />

3. Interessen im <strong>Marken</strong>recht<br />

Neben dem Schutzgegenstand der <strong>Marken</strong>rechte sind auch die zeichenrechtlich<br />

geschützten Interessen 510 für die Auslegung von Bedeutung. Um die geschützten<br />

Interessen er<strong>mit</strong>teln zu können, ist im Vorfeld zu klären, welche Interessen <strong>und</strong><br />

Interessengruppen am <strong>Marken</strong>wesen <strong>und</strong> seiner Normierung in den <strong>Marken</strong>rechten<br />

tatsächlich tangiert werden, folglich wird, wie in den meisten Stellungnahmen zur<br />

Interessenproblematik 511 zwischen geschützten <strong>und</strong> faktischen Interessen unterschieden.<br />

509 Ausführlicher zur <strong>Marken</strong>inhaberschaft unter D. I. 2.b)<br />

510<br />

Vgl. zum Begriff des Interesses im allgemeinen die Darstellung von Jackermeier, S. 17 f, Kraft,<br />

Interessenabwägung <strong>und</strong> gute Sitten im Wettbewerbsrecht, S. 9 ff.<br />

511 Vgl. nur Jackermeier, S. 16, Fn. 74 m.w.N.


81<br />

a) Die faktischen Interessen im <strong>Marken</strong>recht<br />

Die Marke ist als Kennzeichen für Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen ein Marketing-<br />

Instrument im Rahmen der Absatzpolitik eines Unternehmens 512 , das <strong>mit</strong> der Benutzung<br />

der Marke am Wettbewerbsgeschehen als eine neben weiteren involvierten Beteiligungsgruppen<br />

<strong>mit</strong>wirkt. Aus diesem Umstand erschließen sich schon die wesentlichsten<br />

faktischen Interessengruppen für das Zeichenrecht: So stehen auf der Anbieterseite<br />

einmal der <strong>Marken</strong>inhaber einer eingetragenen Marke selbst sowie seine Konkurrenten<br />

<strong>und</strong> auf der Nachfrageseite die Verbraucher oder Abnehmer. Außerhalb des Wettbewerbsverhältnisses<br />

bestehen noch als weitere Interessengruppen die <strong>Marken</strong>inhaber,<br />

solange sie ihre eingetragenen <strong>Marken</strong> nicht zur Kennzeichnung selbst benutzen oder sie<br />

einem Dritten zum Gebrauch überlassen sowie der Staat selbst.<br />

Das Interesse der produzierenden oder dienstleistenden Unternehmer an der Marke als<br />

Kennzeichnung ist primär auf die Maximierung des Unternehmesgewinns gerichtet;<br />

demnach ist für diese Unternehmer, grob skizziert, sehr wesentlich, ein ausschließliches<br />

Recht an ihrem Zeichen <strong>mit</strong> entsprechenden Abwehrrechten zugesprochen zu bekommen,<br />

das ihnen den alleinigen Gebrauch <strong>und</strong> die umfassende Verfügbarkeit der Marke<br />

gestattet sowie die freizügige Eintragbarkeit sämtlich vorstellbarer Zeichen als Marke<br />

<strong>und</strong> die Marke vor jeglicher Verwechslung <strong>und</strong> Nachahmung weitreichend geschützt zu<br />

wissen 513 .<br />

Das Unternehmerinteresse aus der Sicht als Konkurrent im Wettbewerb richtet sich<br />

zudem noch, aber gleichzeitig auch konträr hinsichtlich des Interesses an einem<br />

umfassenden <strong>Marken</strong>schutz vor Verwechslung <strong>und</strong> Nachahmung für die eigene<br />

eingetragene Marke darauf, daß die Monopolstellung bereits eingetragener Zeichen nicht<br />

zu exzessiv gehandhabt wird, um so für sich selbst noch attraktive <strong>Marken</strong> eintragen<br />

lassen zu können.<br />

Die Verbraucher sind dagegen zuerst an einer für sie optimalen Bedürfnisbefriedigung<br />

interessiert; für sie ist entscheidend, daß die Marke für sie einen konstanten <strong>und</strong><br />

verläßlichen Orientierungspunkt bei ihren Kaufentscheidungen darstellt, der sie insbesondere<br />

nicht über die Herkunft <strong>und</strong> die Qualität zu täuschen vermag 514 .<br />

Die außerhalb des Wettbewerbsverhältnisses bestehende <strong>und</strong> vorliegend besonders<br />

interessierende Interessengruppe der Zeichenkreateure sieht ihre Aufgabe in der Kreation<br />

von originellen, aussagekräftigen <strong>und</strong> einprägsamen <strong>Marken</strong>, die sie später an<br />

Interessenten veräußern oder in sonstiger Weise vermarkten will. Ihr Interesse<br />

hinsichtlich des <strong>Marken</strong>wesens ist da<strong>mit</strong> primär auf Anerkennung <strong>und</strong> Schutz ihrer<br />

schöpferischen Leistung gerichtet 515 .<br />

Zuletzt sei noch auf das Interesse des Staates 516 an dem <strong>Marken</strong>wesen hingewiesen, das<br />

ungeachtet der gr<strong>und</strong>sätzlichen Kennzeichnungsfreiheit insbesondere von dem Prinzip<br />

512 Vgl. nur Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, §10, 2.3.2.2., S. 895<br />

513 Vgl. dazu ausführlicher Schluep, S. 110 f<br />

514 Schricker, GRUR 1980, 462, 468; Jackermeier, S. 21 f.<br />

515 So auch Schluep, S. 113<br />

516 Anstelle des Staatsinteresses wird in der Literatur auch vom Interesse der Allgemeinheit gesprochen, was zu<br />

Abgrenzungsschwierigkeiten <strong>mit</strong> den Interessen der Verbraucher führen kann, vgl. dazu nur Jackermeier, S. 22 f.


82<br />

der Wahrung des lauteren Wettbewerbs geleitet wird. Mit der Ausgestaltung des<br />

Zeichenrechts versucht der Staat, die Interessen der beteiligten Marktteilnehmer zu<br />

berücksichtigen <strong>und</strong> auszugleichen sowie der Wettbewerbsverfälschung <strong>und</strong> möglichen<br />

Mißachtung des freien Wettbewerbs durch einen entsprechenden Kennzeichengebrauch<br />

entgegenzutreten 517 .<br />

b) Die rechtlich geschützten Interessen im <strong>Marken</strong>recht<br />

Aus den faktischen Interessen ergibt sich nicht zwangsläufig, welche Interessen auch<br />

rechtlichen Schutz genießen, dies bestimmt vielmehr zunächst der Gesetzgeber <strong>und</strong> im<br />

Wege der Auslegung der entsprechenden Normen, insbesondere solcher, die unbestimmte,<br />

wertausfüllungsbedürftige Begriffe enthalten <strong>und</strong> erst durch eine Interessenabwägung<br />

im Einzelfall Konturen erhalten 518 , auch der Richter oder die Literatur 519 .<br />

Global gesehen stehen heute in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> dem <strong>Marken</strong>gesetz<br />

offenk<strong>und</strong>ig, bedingt durch die Aufgabe des Akzessorietätsprinzips <strong>und</strong> der Ausgestaltung<br />

der Marke als selbständiger Vermögensgegenstand <strong>mit</strong>tels ihrer freien<br />

Übertragbarkeit <strong>und</strong> Lizenzierbarkeit, die Interessen der <strong>Marken</strong>inhaber an einem<br />

ungestörten <strong>und</strong> effizienten <strong>Marken</strong>gebrauch im Vordergr<strong>und</strong> 520 . Zur dezidierten Beantwortung<br />

der Frage, inwieweit die einzelnen faktischen Interessen markenrechtlich<br />

geschützt sind, bedarf es einer eingehenden Betrachtung der einschlägigen zeichenrechtlichen<br />

Regelungen.<br />

Für die vorliegende Untersuchung ist vornehmlich die Frage des Schutzes der faktischen<br />

Interessen der Zeichenkreateure von besonderer Bedeutung 521 . Wie bereits oben festgestellt<br />

522 , wird durch den zeichenrechtlichen Schutz der Werbefunktion <strong>und</strong> der Aufgabe<br />

des Bindungsprinzips sowie die freie Übertragbarkeit erstmalig die schöpferische<br />

Leistung des <strong>Marken</strong>inhabers, die in der Auswahl <strong>und</strong> Gestaltung des Zeichens liegt,<br />

zeichenrechtlich abgesichert. Da<strong>mit</strong> finden erstmals die Interessen der Zeichenkreateure<br />

im Zeichenrecht gr<strong>und</strong>sätzliche Berücksichtigung.<br />

4. <strong>Marken</strong>rechte im Normenkontext<br />

a) <strong>Marken</strong>gesetz im Normenkontext<br />

Die aus heutiger Sicht so selbstverständliche Einordnung des <strong>Marken</strong>gesetzes in den<br />

Bereich des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb konnte zu den Anfangszeiten des<br />

ersten <strong>Marken</strong>schutzgesetzes von 1874 nicht nachvollzogen werden, erst im Laufe der<br />

Zeit konnte sie sich durchsetzen. So sah das RG zunächst das Zeichenrecht von 1874 als<br />

abschließendes Sonderschutzgesetz vor Irreführungen an <strong>und</strong> lehnte deshalb einen<br />

ergänzenden deliktsrechtlichen Schutz gegen unlauteren Wettbewerb ab, <strong>mit</strong> der Folge,<br />

517 Siehe dazu nur die ausführliche Darstellung von Schluep, S. 112.<br />

518 Auf diesen Umstand weist insbesondere Gamm, Festschrift für Piper, S. 537, 538 hin.<br />

519 Vgl. dazu umfassend Schluep, S. 115 ff.<br />

520 Vgl. Kur, GRUR Int. 1990, 1, 4; Tilmann, ZHR 158 (1994), S. 371, 378<br />

521 Auf die übrigen faktischen Interessen kann in dieser Arbeit nicht umfassend eingegangen werden, da dies ihren<br />

Rahmen sprengen würde.<br />

522 Zum markenrechtlichen Schutz der Werbefunktion siehe unter C. II. 3. d)


83<br />

daß einer eingetragenen Marke selbst dann Vorrang vor einer im Verkehr durchgesetzten<br />

Kennzeichnung gewährt wurde, wenn die Eintragung gerade im Hinblick auf letztere<br />

vorgenommen worden war; diesen Standpunkt kritisierte die Literatur heftig 523 . Das<br />

Reichsgericht änderte nach Erlaß des zweiten Warenzeichengesetzes von 1894 <strong>und</strong> nach<br />

Einführung der Generalklausel im UWG von 1909 seine strenge Einstellung vollkommen<br />

<strong>und</strong> sah nun sogar das Wettbewerbsrecht als Recht höherer Ordnung an 524 , dem<br />

sich das WZG unterzuordnen habe; es schützte das nicht eingetragene, sich aber im<br />

Verkehr durchgesetzte Kennzeichen zuerst <strong>mit</strong> Hilfe des Arglisteinwandes gegen<br />

nachträglich eingetragene Zeichen <strong>und</strong> erkannte später sogar an, daß ein solches Zeichen<br />

schutzwürdiger als ein eingetragenes, aber nicht benutztes sei 525 . Das Überwinden der<br />

Ansicht des hierarchischen Aufbaus des Wettbewerbsrechts <strong>und</strong> der heutigen allgemeinen<br />

Auffassung der Gleichwertigkeit von UWG <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>gesetz geht auf Ulmer<br />

zurück, der als erster die gedankliche Synthese dieser beiden Gesetze ausführlich in<br />

seiner Habilitationsschrift aufzeigte <strong>und</strong> dogmatisch begründete. 526 . - Mit Aufgabe der<br />

Einordnung des Zeichenrechts als abschließendes Sonderschutzgesetz wurde der<br />

zusätzliche Weg für den Schutz von <strong>Marken</strong> über die Regelungen des gewerblichen<br />

Rechtsschutzes, des Namens- <strong>und</strong> Firmenrechts sowie des allgemeinen Deliktsrechts<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich frei gemacht, wenngleich da<strong>mit</strong> noch nichts Genaues über die Reichweite<br />

des außerkennzeichenrechtlichen <strong>Marken</strong>schutzes gesagt ist.<br />

In § 2 <strong>Marken</strong>G regelt das heutige <strong>Marken</strong>gesetz zum ersten Mal selbst seinen nicht<br />

abschließenden Charakter, indem es explizit auch die Anwendung anderer Vorschriften<br />

zum Schutz der seinerseits geschützten Kennzeichen gestattet. Mit dieser Regelung<br />

wurde folglich kein Novum eingeführt, der deutsche Gesetzgeber wollte <strong>mit</strong> ihr lediglich<br />

den auch schon zum Geltungszeitpunkt des Warenzeichengesetzes unstrittigen Normenkontextzusammenhang<br />

für das <strong>Marken</strong>gesetz klarstellen 527 . § 2 <strong>Marken</strong>G entspricht auch<br />

der Vorgabe der Richtlinie, die den Mitgliedstaaten ausdrücklich gestattet, auch andere<br />

Vorschriften als die des <strong>Marken</strong>gesetzes für den <strong>Marken</strong>schutz zu nutzen 528 . Das<br />

Tolerieren ergänzender Kennzeichenschutzregelungen seitens der Richtlinie spiegelt die<br />

Neuorientierung des EuGH hinsichtlich der Wertigkeit der Marke als nunmehr gleichberechtiges<br />

Schutzobjekt im Vergleich zu den anderen Immaterialgütern des geistigen<br />

Eigentums wider 529 .<br />

Der Formulierung des § 2 <strong>Marken</strong>G ist nicht explizit zu entnehmen, ob der Gesetzgeber<br />

die Anwendung anderer Vorschriften zum Schutze der Kennzeichen nur zur Ergänzung<br />

der zeichenrechtlichen Normen <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> zur Ausfüllung eventuell bestehender Rechts-<br />

523 RG, Urt. v. 21.12.1880, RGZ 3, 67, 69 - Apollinarisbrunnen; RGZ 18, 93, 95 ff – Reiner Kakao<br />

524 RG, Urt. v. 4.11.1919, RGZ 97, 90, 93 - Pecose<br />

525 RG, Urt. v. 21.6.1907, RGZ 66, 236 - Sansibar <strong>und</strong> RG, Urt. v. 2.3.1923, RGZ 106, 250, 253 - Ernst Reuter<br />

hinsichtlich des Arglisteinwandes sowie RG, Urt. v. 18.6.1920, RGZ 100, 3 - Antiformin; RG, Urt. v. 19.6.1925,<br />

RGZ 111, 192, 197 - Goldina bezüglich nicht benutzter Zeichen<br />

526 Ulmer, Warenzeichen <strong>und</strong> unlauterer Wettbewerb in ihrer Fortbildung durch die Rechtsprechung<br />

527 So namentlich die Begründung zum <strong>Marken</strong>G, BT-Drucks. 12/6581, S. 64.<br />

528 Erwägungsgr<strong>und</strong> 6 der Richtlinie, GRUR Int. 1989, 294, die Richtlinie nennt selbst die Vorschriften gegen den<br />

unlauteren Wettbewerb, über die zivilrechtliche Haftung oder den Verbraucherschutz.<br />

529 Siehe zum Gang der Neuorientierung die obige Ausführung unter C. III. 1..


84<br />

lücken im Zeichenrecht verstanden haben wollte oder ob die Anwendung vielmehr<br />

gleichberechtigt neben dem <strong>Marken</strong>gesetz erfolgen kann 530 . Zunächst ist unabhängig<br />

davon, welche der beiden Alternativen beabsichtigt ist, von übergeordneter Bedeutung,<br />

daß der Schutzbereich des <strong>Marken</strong>gesetzes durch die Anwendung außerkennzeichenrechtlicher<br />

Normen nicht untergraben <strong>und</strong> ausgehöhlt werden darf. Diese<br />

Einschränkung ist insbesondere für das neue <strong>Marken</strong>gesetz notwendig, um die<br />

Umsetzung der obligatorischen Vorgaben der Richtlinie in das <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> die<br />

da<strong>mit</strong> korrespondiere Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nicht zu unterwandern.<br />

Aber auch wenn lediglich eine auf einer fakulativen Vorgabe der Richtlinie<br />

basierende Bestimmung des <strong>Marken</strong>gesetzes betroffen ist, gebietet die Bestrebung nach<br />

einem Gleichklang zwischen nationalem <strong>und</strong> europäischem <strong>Marken</strong>recht jene<br />

Restriktion. Die konsequente Fortführung dieses Gr<strong>und</strong>prinzips führt dazu, daß, um<br />

nicht leichtfertig Gefahr einer Verletzung des Gr<strong>und</strong>prinzips zu laufen, die Anwendung<br />

der außerkennzeichenrechtlichen Vorschriften lediglich in der Form der Ergänzung zum<br />

<strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> nicht als gleichberechtigte <strong>und</strong> parallellaufende Anspruchsnormen zu<br />

verstehen 531 . Dieses, europarechtlich bedingte <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> zwingende, Argument für die<br />

ergänzende Anwendung findet sich auch auf der nationalen Ebene wieder. Denn die<br />

Befürwortung der ergänzenden Anwendung bewahrt eher die Achtung der Kodifizierung<br />

des <strong>Marken</strong>gesetzes, als es die parallel <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> auch primär mögliche Anwendung der<br />

außerkennzeichenrechtlichen Normen vermag <strong>und</strong> verhindert so eine Konterkarrierung<br />

des <strong>Marken</strong>gesetzes <strong>und</strong> des Willens des <strong>deutschen</strong> Gesetzgebers. Gleichzeitig gibt<br />

dieser Weg aber auch ausreichend Möglichkeit, zeichenbedingte Probleme, die <strong>mit</strong> dem<br />

<strong>Marken</strong>gesetz nicht hinlänglich geklärt werden können, zufriedenstellend zu lösen.<br />

Auch wenn nach der hier vertretenen Ansicht die Anwendung der außerkennzeichenrechtlichen<br />

Normen lediglich ergänzend in Betracht kommt, so darf die<br />

vorliegende Untersuchung für eine umfassende Bearbeitung den Blick nicht nur auf das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz focussieren. Gerade die Thematik des <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s <strong>mit</strong> seinen<br />

Schranken beschwört die Durchleuchtung der ergänzenden Kennzeichennormen,<br />

insbesondere des Wettbewerbsrechts, auf eventuelle zusätzliche Schranken für den<br />

Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong>.<br />

530 Der Gesetzesbegründung ist auch kein eindeutiger Hinweis zu entnehmen, BT-Drucks. 12/6581, S. 64.<br />

531 In diesem Sinne auch die ersten BGH-Entscheidungen zu dieser Problematik, vgl. BGH, GRUR 1999, 161 – Mac<br />

Dog, für die Regelung zum Schutz bekannter <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> BGH, GRUR 1999, 252 – Warsteiner II,, für die<br />

Regelung geographischer Angaben; indirekt auch BGH, GRUR 2000, 1032, 1034 – EQUI 2000 <strong>und</strong> BGH,<br />

GRUR 2001, 242, 244 – Classe E bzgl. § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G; a.A. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 2 Rn. 2. So auch<br />

schon die allgemeine Meinung zum Zeitpunkt der Gültigkeit des alten Warenzeichengesetzes, siehe nur<br />

Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 55 ff <strong>und</strong> § 31 Rn. 182 ff; sowie Baumbach/Hefermehl, UWG, § 1 Rn.<br />

483; a.A. Fezer, Festschrift GRUR Bd. II, S. 939, 952 ff; ders., GRUR 1985, 485 ff.. Allerdings sei hier nicht<br />

verschwiegen, daß der BGH in einigen früheren Entscheidungen inkonsequenterweise vor abschließender Prüfung<br />

der zeichenrechtlichen Ansprüche die Prüfung außerkennzeichenrechtlicher Normen, insbesondere § 1 UWG,<br />

anstrebte, so in BGH, GRUR 1963, 423 – coffeinfrei; BGH, GRUR 1965, 601, 605 – roter Punkt; BGH, GRUR<br />

1966, 30, 32 – Konservenzeichen I; dagegen Kritik im Schrifttum, siehe nur Pluta, S. 112 m.w.N. <strong>und</strong> Sambuc, S.<br />

219, der diese Inkonsequenz <strong>mit</strong> Erwägungen der Arbeitsökonomie leichthin erklärt. Kur, GRUR 1990, 1, 15,<br />

weist zu Recht ausdrücklich daraufhin, daß das Wettbewerbsrecht nur einen Auffangtatbestand darstellt <strong>und</strong> nicht<br />

„als bequeme Ausrede“ benutzt werden darf, um die Prüfung des Zeichenrechts zu umgehen.


85<br />

b) <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung im Normenkontext<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung muß auch in den Bereich des Rechts gegen den<br />

unlauteren Wettbewerb auf der Gemeinschaftsebene eingeordnet werden, da sie ein<br />

wesentlicher Beitrag zur Errichtung eines unverfälschten Wettbewerbs innerhalb des<br />

Gemeinsamen Marktes ist 532 . Die auf nationaler Ebene in Deutschland anfänglich<br />

angestellten dogmatischen Überlegungen hinsichtlich des Verhältnisses des Zeichenrechts<br />

zum Wettbewerbsrecht sind gegenwärtig, schon mangels eines gemeinschaftsrechtlichen<br />

Wettbewerbsrechts, auf die europäische Ebene nicht übertragbar, aber auch<br />

wenn ein solches einmal norminiert wird, würde die Gefahr einer Übertragung dieser<br />

inzwischen antiquierten Ansicht wohl nicht bestehen, da der EuGH zwischenzeitlich die<br />

Gleichwertigkeit der Marke als Immaterialgüterrecht im europäischen Recht des<br />

geistigen Eigentums anerkannt hat <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> den Gr<strong>und</strong>stein für die Gleichrangigkeit<br />

von Zeichenrecht <strong>und</strong> Wettbewerbsrecht auch auf der europäischen Ebene gelegt hat.<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung enthält keine so eindeutige <strong>und</strong> konzentrierte<br />

Regelung für die Anwendbarkeit ergänzender Kennzeichenschutzrechte wie das<br />

deutsche <strong>Marken</strong>gesetz, sie weist aber an verschiedenen Stellen auf das auf die<br />

Gemeinschaftsmarke zusätzlich anwendbare Recht außerhalb der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

ausdrücklich hin. Diese Hinweise stehen nicht im Gegensatz zu dem weiter<br />

oben dargestellten Autonomieprinzip der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung 533 . Die<br />

Autonomie der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ist so zu verstehen, daß das<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>recht gr<strong>und</strong>sätzlich den Schutz der Gemeinschaftsmarke selbst<br />

gewährleistet, aber dessenungeachtet ergänzend auch eigenständig anweist, welche<br />

nationalen Rechtsvorschriften zusätzlich auf die Gemeinschaftsmarke anwendbar sind 534 .<br />

Im Hinblick auf die angestrebte Einheitlichkeit des <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>systems <strong>und</strong><br />

den Vorrang der Gemeinschaftsmarke dürfen die nationalen Regelungen allerdings nur<br />

subsidiär geltend gemacht werden 535 .<br />

Von besonderer Bedeutung ist vorliegend der Verweis von Art. 14 Abs. 2 GemMVO,<br />

daß Klagen, betreffend eine Gemeinschaftsmarke, auch auf innerstaatliche Rechtsvorschriften<br />

gestützt werden können <strong>und</strong> indes die Normen des unlauteren Wettbewerbs <strong>und</strong><br />

über die zivilrechtliche Haftung ausdrücklich hervorgehoben werden. Dieser Umstand ist<br />

bei der Prüfung der Schranken für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> zu berücksichtigen;<br />

besonderes Augenmerk wird darauf zu richten sein, in welchem Umfang die<br />

Anwendbarkeit der nationalen Normen genau zulässig ist, namentlich ist zu klären, ob<br />

sich nur der <strong>Marken</strong>inhaber einer Gemeinschaftsmarke auf die nationalen außerkennzeichenrechtlichen<br />

Normen berufen darf oder ob auch nationale <strong>Marken</strong>inhaber diese<br />

gegenüber einer Gemeinschaftmarke geltend machen dürfen 536 , der Wortlaut der<br />

Verweisung in Art. 14 Abs. 2 GemMVO gibt auf diese Frage keine eindeutige Antwort.<br />

532 Vgl. Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 483; so auch EuGH, Rs. C-10/89, Slg. 1990, I-3711 = GRUR Int. 1990,<br />

960 - HAG II.<br />

533 Siehe diesbezüglich unter B. I. 3. b)<br />

534 Vgl. dazu die ausführliche Darstellung von Ingerl, S. 37 ff.<br />

535 So andeutungsweise der Erwägungsgr<strong>und</strong> 1 der GemMVO, Abl. EG Nr. L 11, S. 1, wenn er auch nicht explizit<br />

die Subsidarität der nationalen Rechtsvorschriften ausspricht.<br />

536 Ausführlich dazu unter F. II. 13.


86<br />

Indem die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung nur auf nationale Normen verweist <strong>und</strong><br />

nicht auch auf europäische, impliziert sie die Frage, ob die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

auf der europäischen Ebene als ein abschließendes Sondergesetz betrachtet<br />

werden muß. Im Hinblick auf das als ergänzendes europäisches Kennzeichenschutzgesetz<br />

bisher nur in Betracht kommende, aber gegenwärtig noch nicht normierte,<br />

gemeinschaftliche Wettbewerbsrecht, kann diese Frage hier offenbleiben.


87<br />

D. Eintragung <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>begriff<br />

I. Das Recht auf die Marke<br />

1. Rechtsanspruch auf die Eintragung der Marke<br />

a) Nach dem <strong>Marken</strong>gesetz<br />

Das <strong>Marken</strong>gesetz besagt in § 33 Abs. 2, daß dem Eintragungsantrag auf eine Marke<br />

stattzugeben ist, sofern die Anmeldungserfordernisse vorliegen 537 <strong>und</strong> absolute<br />

Eintragungshindernisse der Eintragung nicht entgegenstehen. Aus dieser Formulierung<br />

kann ein Rechtsanspruch auf die Eintragung der Marke gelesen werden, der sich<br />

zugleich auch aus der heutigen rechtlichen Natur der <strong>Marken</strong>eintragung in das<br />

Zeichenregister erklären läßt.<br />

Bis zur gegenwärtigen rechtlichen Qualifikation der Eintragung hat sich ein interessanter<br />

Entwicklungsprozeß vollzogen. Zu Anfang der markenrechtlichen Gesetzesgeschichte<br />

wurde die Eintragung als eine rein zivilrechtliche angesehen, da die Warenzeichen<br />

zunächst in das der Rechtssicherheit <strong>und</strong> der leichteren Beweisbarkeit an Erwerb <strong>und</strong><br />

Begründung von Rechten dienende Handelsregister eingetragen wurden 538 . Auch<br />

nachdem später die Warenzeichenrolle beim Patentamt eingerichtet wurde 539 <strong>und</strong> da<strong>mit</strong><br />

ein neues patentamtliches Register entstand, wurde zunächst an der zivilrechtlichen<br />

Betrachtungsweise <strong>und</strong> Einordnung der Eintragung festgehalten 540 . Mit der Entwicklung<br />

des Verwaltungsrechts entwickelte sich auch die Anschauung der rechtlichen Natur von<br />

<strong>Marken</strong>eintragungen. Nachdem dann auch noch höchstrichterlich entschieden worden<br />

war, daß das Patentamt eine besondere Verwaltungsbehörde ist 541 , wurde die<br />

Warenzeicheneintragung nicht mehr als zivilrechtlicher Akt eingestuft, sondern wurde<br />

nun rechtlich vorschriftsmäßig als Verwaltungsakt qualifiziert 542 .<br />

Diese rechtliche Qualifizierung der Zeicheneintragung als Verwaltungsakt trifft auch auf<br />

die <strong>Marken</strong>eintragung nach dem neuen <strong>Marken</strong>gesetz zu, da der verfahrensrechtliche<br />

Weg der Eintragung gegenüber dem alten Warenzeichengesetz gr<strong>und</strong>sätzlich nicht<br />

537 Die Anmeldung gilt als zurückgenommen, wenn die Eintragungsgebühr nicht <strong>mit</strong> der Anmeldung oder in der<br />

einmonatigen Nachzahlungsfrist bezahlt wird (§§ 32 Abs. 4, 36 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G).<br />

538 Jackermeier, S. 4<br />

539 Dies geschah durch das „Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnung „ vom 12.5.1894, RGBl. S. 441= Bl. f. PMZ<br />

1894/95 S. 5<br />

540 Jackermeier, S.4, Pietzcker, GRUR 1973, 561.<br />

541 BVerwG v. 13.6.1959, GRUR 1959, 435<br />

542 Vgl. v. Gamm, Einf. Rn. 101 <strong>und</strong> Jackermeier, S. 5, <strong>mit</strong> dem ausführlichem Hinweis, daß diese Einstufung dem §<br />

35 VwVfG entspricht <strong>und</strong> insbesondere auch das Tatbestandsmerkmal „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“<br />

von den Eintragungsnormen des Zeichenrechts erfüllt werden, auch wenn das <strong>Marken</strong>gesetz gr<strong>und</strong>sätzlich als Teil<br />

des Wettbewerbsrechts kategorisiert wird <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> dem Privatrecht zuzuordnen ist, da einzelne Regelungen<br />

innerhalb eines Gesetzes auch verschiedenen Rechtsgebieten angehören können, siehe dazu auch Darstellung in<br />

Kapitel 2 Fn. 492.


88<br />

<strong>und</strong> so<strong>mit</strong> folglich auch nicht die Rechtsnatur der <strong>Marken</strong>-<br />

verändert wurde 543<br />

registrierung 544 .<br />

Die Charakterisierung der <strong>Marken</strong>eintragung als Verwaltungsakt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> des<br />

gesamten Eintragungsverfahrens als verwaltungsrechtliches Verfahren bedingt, daß das<br />

Patentamt nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, die verfahrensrechtlichen<br />

<strong>und</strong> materiellen Voraussetzungen für die Eintragung der angemeldeten Marke zu<br />

prüfen 545 . Das <strong>Marken</strong>gesetz hat das Prüfungsverfahren nunmehr selbst geregelt <strong>und</strong> von<br />

der im alten Warenzeichenrecht häufig angewandten Verweisungstechnik in das<br />

Patentgesetz Abstand genommen. Auch wenn diese spezielleren markenrechtlichen<br />

Verfahrensregeln das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht verdrängen, so müssen<br />

dennoch die allgemeinen rechtsstaatlichen Gr<strong>und</strong>sätze für die Art <strong>und</strong> Weise des<br />

Verwaltungshandelns, insbesondere der Gr<strong>und</strong>satz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung,<br />

beachtet werden. Der Gr<strong>und</strong>satz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bindet das<br />

Patentamt als Verwaltungsbehörde an das bestehende <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> untersagt ihm,<br />

Maßnahmen zu treffen, die diesem Gesetz widersprechen würden 546 . Mit der<br />

zwingenden Eintragungsbestimmung des § 33 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G, sofern die<br />

Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sind <strong>und</strong> Eintragungshindernisse nicht entgegenstehen,<br />

gewährt das <strong>Marken</strong>gesetz dem Patentamt bei der Entscheidungsfindung für die<br />

angemeldete <strong>Marken</strong>eintragung keinen Spielraum <strong>und</strong> stellt die Entscheidung folglich<br />

nicht in das Ermessen des Patentamts 547 . Daß es sich bei den Eintragungsvoraussetzungen<br />

bzw. den Eintragungshindernissen teilweise um unbestimmte Rechtsbegriffe<br />

handelt, ändert nichts an der auf der Rechtsfolgenseite bestehenden Eintragungspflicht<br />

<strong>und</strong> so<strong>mit</strong> an dem markenrechtlich gegebenen Rechtsanspruch auf die<br />

<strong>Marken</strong>eintragung. Bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des <strong>Marken</strong>gesetzes<br />

sind allerdings neben den bereits oben dargestellten Interpretationskriterien 548<br />

auch der verwaltungsrechtliche Gesichtspunkt der <strong>Marken</strong>eintragung <strong>und</strong> das<br />

Eintragungsmonopol des Patentamtes <strong>mit</strong>zuberücksichtigen. Sie bewirken eine enge<br />

Auslegung der Eintragungshindernisse, um so möglichst viele gewünschte Eintragungen<br />

zulassen zu können 549 . Dieser Aspekt ist auch bei Löschung der Eintragung in<br />

umgekehrter Weise zu berücksichtigen, da<strong>mit</strong> die Löschungsgründe nicht überdehnt<br />

werden - ein wichtiger Gesichtspunkt für die im Laufe der Arbeit zu untersuchenden<br />

markenrechtlichen Schranken für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>.<br />

543 Daß das ursprünglich vor der Eintragung angesiedelte Widerspruchsverfahren jetzt dem Eintragungsverfahren<br />

nachgeschaltet ist, hat auf die Beurteilung der Rechtsnatur der Registrierung keine Auswirkung; entscheidend ist<br />

die weiterhin bestehende registerrechtliche Verfahrenszuständigkeit des Patentamts.<br />

544 Der verwaltungsrechtliche Aspekt des Zeichenrechts wird nach wie vor nur sehr wenig im Schrifttum beachtet<br />

<strong>und</strong> behandelt, insofern ist die diesbezügliche Feststellung von Jackermeier, S. 6 Fn. 19 aus dem Jahre 1981<br />

immer noch aktuell. Nun aber offenk<strong>und</strong>ig, BPatG, v. 14.8.1991,GRUR Int. 1992, 62 – VITTEL.<br />

545 v. Gamm, Kommentar WZG Einf. Rn. 102 <strong>und</strong> vgl. BPatGE 4, 182/187 „colorclip“<br />

546 Maurer, § 6 Rn 1ff<br />

547 Diese Tatsache hindert das Patentamt aber nicht, von seiner früheren Amtspraxis abzuweichen, vgl. v. Gamm,<br />

WZG, § 1 Rn. 18 <strong>mit</strong> Rechtssprechungsnachweisen.<br />

548 Vgl. die Darstellung unter B. V. 4.<br />

549 Dieser Umstand wurde bisher in Deutschland nicht immer ausreichend berücksichtigt, so z.B. bei der Auslegung<br />

des allgemeinen Freihaltebedürfnisses; wie hier auch Kunz-Hallstein, vgl. GRUR Int. 1992, 81, 85


89<br />

Entsprechend der verwaltungsrechtlichen Konzeption der <strong>Marken</strong>eintragung kommt es<br />

für die Entstehung des eingetragenen <strong>Marken</strong>rechts nur auf den formalen Akt der<br />

Eintragung an, gleich ob deren Voraussetzungen erfüllt waren oder nicht, <strong>und</strong> bedingt,<br />

daß die Rechte der Eintragung bis zur Löschung des Zeichens fortbestehen 550 . Die<br />

Eintragung nach dem <strong>Marken</strong>gesetz ist deshalb kein zusätzliches <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> gleichwertiges<br />

Tatbestandsmerkmal zur Verwirklichung der markenrechtlichen Rechte, die<br />

geforderten Tatbestandsmerkmale für die Registrierung sind demnach als Voraussetzungen<br />

der Eintragung untergeordnet 551 . Dieser Umstand läßt die häufig verwendete<br />

Formulierung vom konstitutiven Charakter der Zeicheneintragung 552 leicht mißverstehen,<br />

da sie folglich abweichend von dem sonst allgemein zivilrechtlichen<br />

Verständis 553 verwendet wird.<br />

b) Nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

Nach Art. 45 GemMVO wird die Gemeinschaftsmarke eingetragen, wenn die<br />

Anmeldungsvoraussetzungen erfüllt sind 554 <strong>und</strong> kein Widerspruch innerhalb der<br />

dreimonatigen Frist erhoben oder ein rechtskräftiger Widerspruch zurückgewiesen<br />

wurde 555 . Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung drückt <strong>mit</strong> ihrer Formulierung, daß die<br />

Marke bei erfüllten Voraussetzungen eingetragen wird, zwar nicht so plastisch den<br />

Rechtsanspruch auf die Eintragung der Gemeinschaftsmarke aus, wie es die Fassung des<br />

<strong>Marken</strong>gesetzes in § 33 Abs. 2 <strong>mit</strong> der Aussage, dem Eintragungsantrag auf eine Marke<br />

ist stattzugeben, dartut, steht aber auch nicht der Bejahung des Rechtsanspruchs auf die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>eintragung entgegen. Die Annahme dieses Rechtsanspruchs wird<br />

von der rechtlichen Qualifizierung der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke bestätigt.<br />

Im europäischen Recht wird, wie im <strong>deutschen</strong> Recht auch, zwischen öffentlichen <strong>und</strong><br />

privaten Normen unterschieden; die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung gehört<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich dem gemeinschaftsrechtlichen Privatrecht an 556 . Die rechtliche<br />

Qualifizierung der Eintragung der Gemeinschaftsmarke als Verwaltungsakt wird nicht<br />

durch diese generelle Zuordnung versperrt, da die einzelnen Regelungen innerhalb eines<br />

Gesetzes auch verschiedenen Rechtsgebieten angehören können 557 . Für sie ist vielmehr<br />

550 Vgl. Jackermeier, S. 7<br />

551 Vgl. dazu ausführlich Jackermeier, S. 162 ff<br />

552 Vgl. z.B. Baumbach/Hefermehl, WZG, § 3 Anm. 6; Busse, Anm. 1 b); Pietzcker, GRUR 73, 561<br />

553 Nach der konstitutiven Eintragung im tradtionellen Sinne stehen die einzelnen Tatbestandsmerkmale zur<br />

Verwirklichung der Rechte gleichberechtigt nebeneinander; so entsteht z.B. ein Recht an einem Gr<strong>und</strong>stück nur<br />

durch Auflassung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>bucheintragung, fehlt dagegen die Auflassung so ist die Eintragung nicht wirksam;<br />

vgl. Bengel/Simmerding, S. 140.<br />

554 Wie das <strong>Marken</strong>gesetz gemäß §§ 32 Abs. 4, 36 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G sieht auch die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

bei nicht fristgerechter Zahlung der Eintragungsgebühr die Anmeldung als zurückgenommen an (Art. 45 S. 2<br />

GemMVO i.V.m. Regel 9 Abs. 1 lit. b <strong>und</strong> Abs. 2 GemMDV).<br />

555 Mit dem vor die Eintragung gezogenen Widerspruchsverfahren geht die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung den<br />

alten Eintragungsweg des früheren Warenzeichengesetzes, von dem das <strong>Marken</strong>gesetz Abstand genommen <strong>und</strong><br />

den Widerspruch nun der Eintragung nachgeschaltet hat.<br />

556 Das europäische Privatrecht wird am Ende dieses Jahrh<strong>und</strong>erts nun endlich zunehmend ausgeformt, dazu<br />

ausführlich Bleckmann, Europarecht, Rn. 1324 ff m.v. Literaturnachweisen.<br />

557 Vgl. Fn. 541 <strong>mit</strong> Literaturangaben


90<br />

die Einordnung des für die Eintragung zuständige europäische <strong>Marken</strong>amtes<br />

<strong>mit</strong>maßgebend.<br />

Das für die Erteilung der Gemeinschaftsmarke zuständige Amt ist im institutionellen<br />

Rahmen des EG-Vertrages auf der Rechtsgr<strong>und</strong>lage des Art. 235 EWGV 558 errichtet<br />

worden <strong>und</strong> als rechtsfähige Organisationseinheit <strong>mit</strong> eigener Rechtspersönlichkeit (Art.<br />

111 GemMVO) sowie als weitgehend selbständige Verwaltungsbehörde der<br />

Gemeinschaft gestaltet worden 559 . Die Aufgabe des <strong>Marken</strong>amtes liegt in dem direkten<br />

Vollzug 560 des europäischen <strong>Marken</strong>rechts 561 ; das Amt entscheidet aufgr<strong>und</strong> der<br />

detaillierten Vorschriften der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung 562 über die begehrte<br />

<strong>Marken</strong>-eintragung gegenüber dem Antragsteller. So<strong>mit</strong> erläßt das <strong>Marken</strong>amt als<br />

europäische Verwaltungsbehörde auf der Rechtsgr<strong>und</strong>lage der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung als europäischem besonderen Verwaltungsrecht, in<br />

konkreten Einzelfällen gegenüber Marktbürgern Entscheidungen 563 , die als das parallele<br />

Instrument zum Verwaltungsakt des <strong>deutschen</strong> Rechts qualifiziert werden können 564 .<br />

Entsprechend der rechtlichen Qualifizierung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>eintragung als<br />

Verwaltungsakt ist das <strong>Marken</strong>amt nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die<br />

verfahrensrechtlichen <strong>und</strong> materiellen Voraussetzungen für die Eintragung der<br />

angemeldeten Marke zu prüfen. Das die <strong>Marken</strong>registrierung betreffende Prüfungsverfahren<br />

ist ausführlich in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung geregelt, zusätzlich<br />

müssen bei diesem Verfahren aber auch noch die vom EuGH entwickelten allgemeinen<br />

Gr<strong>und</strong>sätze für die Verwaltungstätigkeit 565 berücksichtigt werden, insbesondere der<br />

558 Heute Art. 308 EGV, siehe Fn. 15.<br />

559 Hilf S. 162, siehe auch die ausführliche Darstellung hinsichtlich der Zuständigkeit der Gemeinschaft zur<br />

Schaffung eines europäischen <strong>Marken</strong>systems, insbesondere zur Erforderlichkeit <strong>und</strong> Geeignetheit eines<br />

<strong>Marken</strong>amtes auf der Rechtsgr<strong>und</strong>lage des Art. 235 EGV in dem Arbeitsdokument III/D/1294/79 der<br />

Kommission, veröffentlicht in GRUR Int. 1980, 33 ff <strong>und</strong> GRUR Int. 1980, 96 ff. Früher wurde die Frage der<br />

Erweiterung von den in dem EG-Vertrag festgelegten Organisationsstrukturen überwiegend verneint, vgl.<br />

Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht S. 1162 m.w.N..<br />

560 Der direkte Vollzug des Gemeinschaftsrechts <strong>mit</strong>tels einer europäischen Verwaltungsbehörde ist nicht die Regel,<br />

primär sind die Mitgliedstaaten für den Vollzug zuständig, da der EG-Vertrag nicht festlegt, wer gr<strong>und</strong>sätzlich zur<br />

verwaltungsmäßigen Durchführung des Gemeinschaftsrechts zuständig ist <strong>und</strong> deshalb das Prinzip der begrenzten<br />

Ermächtigung gilt, vgl. Grabitz Art. 189 Rn. 18. Bedingt durch diesen Umstand hat die Gemeinschaft bis heute im<br />

Bereich des direkten Vollzugs noch keine allgemein geltenden Verwaltungsvorschriften erlassen, in der Literatur<br />

wird dieser Themenbereich aber in den letzten Jahren ausführlich diskutiert, vgl. Bleckmann, DÖV 1993, 837 ff;<br />

Häberle, EuGRZ 1991, 261 ff sowie ausführlich Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 193 ff<br />

561 Die Gemeinschaftsmarke kann gemäß Art. 25 Abs. 1 lit. b GemMVO zwar auch bei dem zentralen <strong>Marken</strong>amt<br />

eines Mitgliedstaates angemeldet werden, dies hat aber keine Auswirkungen auf den direkten Vollzug, da die<br />

<strong>mit</strong>gliedstaatlichen <strong>Marken</strong>ämter nur Amtshilfe leisten, indem sie die <strong>Marken</strong>anmeldung entgegennehmen <strong>und</strong> sie<br />

innerhalb von zwei Wochen an das europäische <strong>Marken</strong>amt weiterleiten.<br />

562 Dem Meroni-Urteil, EuGH v. 13.6.1956, Rs. 9/56 <strong>und</strong> 10/56 - Slg. 1958, 9, 44, 51, 81, 85, in dem der EuGH der<br />

Delegation von hoheitlichen Entscheidungsbefugnissen auf neugegründete Einrichtungen der Gemeinschaft<br />

mehrere Grenzen gesteckt hat, entsprechend, weist die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung dem <strong>Marken</strong>amt nur<br />

genau umgrenzte Ausführungsbefugnisse zu, siehe dazu Arbeitsdokument, GRUR Int. 1980, 96, 98 f.<br />

563 Vgl. Arbeitsdokument der Kommission, GRUR INT. 1980, 96, 98<br />

564 Die Lehre vom Verwaltungsakt ist inzwischen vom EuGH umfassend für das europäische Recht entwickelt<br />

worden, vgl. Bleckmann, S. 216 <strong>mit</strong> zahlreichen Nachweisen der Rechtsprechung des EuGH.<br />

565 Auch wenn bis heute noch keine europäischen allgemeinen Verwaltungsvorschriften erlassen werden konnten<br />

(vgl. Fn. 558), so hat doch der EuGH im Laufe der Zeit allgemeine Gr<strong>und</strong>sätze für die Verwaltungstätigkeit der<br />

Gemeinschaft entwickelt, vgl. Beutler, S. 229.


91<br />

Gr<strong>und</strong>satz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 566 . Unter besonderer Beachtung der<br />

verfahrensrechtlichen Prägung der <strong>Marken</strong>eintragung ist Art. 45 GemMVO so zu<br />

interpretieren, daß dem <strong>Marken</strong>amt bei seiner Entscheidungsfindung hinsichtlich der<br />

Eintragung kein Ermessensspielraum eingeräumt ist, sobald die Eintragungsvoraussetzungen<br />

erfüllt sind. Da<strong>mit</strong> ist aber selbstverständlich nicht die Auslegung der<br />

unbestimmten Rechtsbegriffe ausgeschlossen; vielmehr sind, wie bei der Auslegung des<br />

<strong>Marken</strong>gesetzes, auch bei der Interpretation der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung der<br />

verwaltungsrechtliche Aspekt sowie das Eintragungsmonopol des <strong>Marken</strong>amtes neben<br />

den allgemeinen Auslegungsmethoden 567 besonders zu beachten, die beide letztendlich<br />

eine enge Auslegung der Eintragungshindernisse hervorrufen, um so möglichst viele<br />

Anmeldungen von gewünschten <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> positiv bescheiden zu können.<br />

Entsprechend der rechtlichen Qualifizierung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>eintragung als<br />

Verwaltungsakt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> kongruent <strong>mit</strong> der Eintragung nach dem <strong>Marken</strong>gesetz, ist für<br />

die Entstehung der eingetragenen Gemeinschaftsmarke nur der formale Akt der<br />

Eintragung von Bedeutung, vorbehaltlos dem Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen,<br />

die demnach für die Registrierung der tatsächlichen Eintragung<br />

untergeordnet sind <strong>und</strong> die Eintragung kein zusätzliches <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> gleichwertiges<br />

Tatbestandsmerkmal zur Verwirklichung der gemeinschaftsrechtlichen Rechte bildet,<br />

folglich bestehen die Rechte der Eintragung auch bis zur Löschung der Marke fort.<br />

2. <strong>Marken</strong>inhaberschaft<br />

Der obigen Konstatierung eines gr<strong>und</strong>sätzlich bestehenden Rechtsanspruchs auf die<br />

begehrte <strong>Marken</strong>eintragung sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene<br />

schließt sich die Frage an, welchen Personen oder Personengruppen die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> das <strong>Marken</strong>gesetz diesen Rechtsanspruch zuerkennen.<br />

a) Nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

Art. 5 GemMVO gewährt natürlichen <strong>und</strong> juristischen Personen, einschließlich<br />

Körperschaften des öffentlichen Rechts als potentiellen Inhabern von <strong>Gemeinschaftsmarken</strong><br />

einen Rechtsanspruch auf die begehrte <strong>Marken</strong>eintragung, soweit sie entweder<br />

Angehörige der Mitgliedstaaten ( Art. 5 Abs. 1 lit. a GemMVO 568 ) oder Angehörige<br />

anderer Verbandsländer der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen<br />

Eigentums (Art. 5 Abs. 1 lit. b GemMVO) sind. Angehörige sonstiger Drittstaaten<br />

können auch <strong>Marken</strong>inhaber werden, wenn sie entweder ihren Wohnsitz, Sitz oder eine<br />

tatsächliche <strong>und</strong> nicht nur zum Schein bestehende gewerbliche oder Handelsniederlassung<br />

im Gebiet der Gemeinschaft oder eines Verbandslands der PVÜ haben<br />

(Art. 5 Abs. 1 lit. c GemMVO) oder, sofern sie Art. 5 Abs. 1 lit. c GemMVO nicht<br />

566 Dieser Gr<strong>und</strong>satz nimmt auf der europäischen Ebene eine besondere Stellung ein, der EuGH hat ihn schon sehr<br />

früh anerkannt, EuGH, Rs. 42 <strong>und</strong> 49/59, SNUPAT, Slg. 1961, 109, 172 <strong>und</strong> Rs. 14/61, Hoogovens, Slg. 1962,<br />

511, 553, vgl. dazu Pernice in Grabitz, Art. 164 Rn. 88 <strong>und</strong> ausführlich Lecheler, S. 56 ff, 82.<br />

567 Vgl. dazu die obige Darstellung unter B. V. 1.<br />

568 Nach Art. 5 Abs. 2 GemMVO werden Staatenlose <strong>und</strong> Flüchtlinge den Staatsangehörigen des Staates<br />

gleichbehandelt, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.


92<br />

erfüllen, ihre Heimatstaaten das Gegenseitigkeitsprinzip anerkennen (Art. 5 Abs. 1 lit. d<br />

<strong>und</strong> Abs. 3 GemMVO) 569 .<br />

Indem Art. 3 GemMVO Gesellschaften <strong>und</strong> andere juristische Einheiten, die nach dem<br />

für sie anwendbaren nationalen Recht, die Fähigkeit haben, im eigenen Namen Träger<br />

von Rechten <strong>und</strong> Pflichten jeder Art zu sein, Verträge abschließen oder andere<br />

Rechtshandlungen vornehmen zu können <strong>und</strong> ihnen Prozeßfähigkeit zugesprochen wird,<br />

<strong>mit</strong> den juristischen Personen gleichstellt, wird der Kreis der in Art. 5 GemMVO explizit<br />

genannten möglichen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber um eine variabele Menge, bedingt<br />

durch die Ausgestaltung der nationalen Rechte erweitert. Mittels dieser Konstruktion<br />

werden zur Eingrenzung der zulässigen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber die sonst anzuwendenden<br />

gemeinschaftskonformen Auslegungsmethoden verdrängt, <strong>und</strong> allein die<br />

nationalen Rechte bestimmen, welche Gruppierungen zusätzlich Inhaber einer Gemeinschaftsmarke<br />

werden können. Dieses Gefüge birgt die Gefahr, das gr<strong>und</strong>sätzlich auf die<br />

einheitliche Handhabung bedachte <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>recht in puncto <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaberschaft<br />

<strong>mit</strong> divergierenden Ergebnissen für die nationalen juristischen<br />

Einheiten zu inkommodieren. Welche rechtlichen Vereinigungen nach dem <strong>deutschen</strong><br />

Recht die von der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung geforderten Voraussetzungen<br />

erfüllen, wird im nächsten Abschnitt <strong>mit</strong>untersucht.<br />

Entsprechend der Nichtaufnahme des Akzessorietätsprinzips in die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

koppelt auch die Regelung der Inhaberschaft einer Gemeinschaftsmarke<br />

den Rechtsanspruch auf eine <strong>Marken</strong>eintragung nicht an das<br />

Vorhandensein eines Geschäftsbetriebes 570 .<br />

b) Nach dem <strong>Marken</strong>gesetz<br />

Die Richtlinie gibt den nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen weder obligatorische noch fakultative<br />

Vorgaben für die Regelung der <strong>Marken</strong>inhaberschaft 571 , infolgedessen hätte der deutsche<br />

Gesetzgeber die <strong>Marken</strong>inhaberfähigkeit weiterhin in Fortführung der <strong>deutschen</strong><br />

Zeichenrechtstradition die Inhaberschaft einer Marke an das Vorhandensein eines<br />

Geschäftsbetriebes koppeln können, was er aber in konsequenter Umsetzung der<br />

Aufgabe des Akzessorietätsprinzips nicht realisierte 572 .<br />

Inhaber von eingetragenen <strong>und</strong> angemeldeten <strong>Marken</strong> können nach § 7 <strong>Marken</strong>G<br />

natürliche (Nr. 1) 573 <strong>und</strong> juristische Personen (Nr. 2), einschließlich der des öffentlichen<br />

569 Sinn <strong>und</strong> Zweck dieser Vorschrift ist die Verwirklichung des Gr<strong>und</strong>satzes der freien Akzessibilität; vgl.<br />

Denkschrift GRUR Int, 1976, 481, 488; Kommission, Erläuterungen zu Art. 4 VOE 1980, GRUR Int. 1981, 86,<br />

87<br />

570 Der Fachausschuß für Wettbewerbs- <strong>und</strong> Warenzeichenrecht sprach sich dagegen Ende 1981 noch für eine solche<br />

Koppelung positiv aus, um seiner Ansicht nach auf diese Weise den möglichen mißbräuchlichen <strong>Marken</strong>erwerb<br />

<strong>und</strong> insbesondere den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> ausschließen zu können, GRUR 1992, 87, 88 f.<br />

571 Vgl. dazu die obige Ausführung unter B. II. 3.<br />

572 Dazu ausführlicher unter C. I. 3. a)<br />

573 Nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 <strong>Marken</strong>G wird eine Marke wegen Verfalls gelöscht, „wenn der Inhaber der Marke nicht<br />

mehr die in § 7 genannten Voraussetzungen erfüllt“. Da § 27 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G die Übertragung <strong>und</strong> Vererbung<br />

der Marke gestattet, kann der Tod einer natürlichen Person trotz der weiten Formulierung des § 49 Abs. 2 Nr. 3<br />

<strong>Marken</strong>G kein Löschungsgr<strong>und</strong> sein; vgl. Gamm, WRP 1993, 793, 795, der deshalb folgerichtig die weite<br />

Formulierung kritisiert.


93<br />

Rechts, auch wenn sie nicht extra genannt werden 574 , sein. Desweiteren läßt § 7 Nr. 3<br />

<strong>Marken</strong>G auch Personengesellschaften als <strong>Marken</strong>inhaber zu, sofern sie <strong>mit</strong> der<br />

Fähigkeit ausgestattet sind, Rechte zu erwerben <strong>und</strong> Verbindlichkeiten einzugehen. Das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz bestimmt so<strong>mit</strong> nicht abschließend, welche rechtlichen Zusammenschlüsse<br />

als eintragungsfähig anzusehen sind; es verweist vielmehr indirekt, wie die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, auf die für die Personengesellschaften einschlägigen<br />

Normen, jedoch sind die gestellten Anforderungen für die Bejahung der <strong>Marken</strong>inhaberfähigkeit<br />

von Gesellschaften auf deutscher <strong>und</strong> europäischer Ebene nicht ganz<br />

identisch. Während das <strong>Marken</strong>gesetz nur die Rechtsfähigkeit fordert, verlangt die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung zusätzlich noch die Prozeßfähigkeit der Gesellschaft.<br />

Diese Verweisungstechnik ist Ausdruck einer modernen <strong>Marken</strong>regulierung, indem sie<br />

die Möglichkeit konstituiert, außerhalb des Zeichenrechts erfolgende Gesetzesentwicklungen<br />

<strong>und</strong> neue Auslegungstendenzen der einschlägigen Normen in der Rechtslehre<br />

automatisch berücksichtigen zu können, ohne zuvor die <strong>Marken</strong>rechte erst aufwendig<br />

anpassen zu müssen.<br />

Die vom <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung aufgestellten<br />

Voraussetzungen erfüllen die offene Handelsgesellschaft <strong>und</strong> die Kommanditgesellschaft,<br />

ihnen werden vom Handelsrecht die geforderten Fähigkeiten zugesprochen<br />

575 . Das neue Partnerschaftsgesellschaftsgesetz 576 hat die Partnerschaft, die<br />

ansonsten eng an die BGB-Gesellschaft angelehnt ist 577 , hinsichtlich der Rechts- <strong>und</strong><br />

Prozeßfähigkeit gleich der offenen Handelsgesellschaft ausgestattet 578 . So<strong>mit</strong> steht der<br />

Eintragung dieser Personengesellschaften nach dem <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz wie nach<br />

der europäischen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung als <strong>Marken</strong>inhaber nichts entgegen.<br />

Problematisch ist die Beantwortung der Frage, ob die beliebte <strong>und</strong> häufig praktizierte<br />

BGB-Gesellschaft 579 als <strong>Marken</strong>inhaber unter einem Gesamtnamen eingetragen werden<br />

kann. Davon zu unterscheiden ist die Variante, daß die einzelnen Gesellschafter der GbR<br />

sich zusammen als Inhaber einer Marke eintragen lassen. Das <strong>Marken</strong>gesetz beschränkt<br />

574 Vgl. BT-Drucks. 12/6581 S. 69<br />

575 Vgl. § 124 Abs. 1 HGB für die offene Handelsgesellschaft <strong>und</strong> § 161 Abs. 2 iVm § 124 Abs. 1 HGB für die<br />

Kommanditgesellschaft<br />

576 Gesetz vom 25. Juli 1994, BGBl. I S. 1744, in Kraft getreten am 1. Juli 1995. Mit der Partnerschaft will der<br />

Gesetzgeber den Angehörigen Freier Berufe, insbesondere größeren Zusammenschlüssen freier Berufe, eine<br />

„besondere, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Gesellschaftsform zur gemeinsamen Berufausübung zur<br />

Verfügung gestellt werden“, so BT-Drucks. 12/6152, S. 1. Designer, vorliegend <strong>Marken</strong>designer, könnten auch<br />

die Rechtsform der Partnerschaft wählen, strittig, vgl. Michalski/Römermann, § 1 Rn. 89; Meilicke/Graf v.<br />

Westphalen/Hoffmann/Lenz § 1 Rn. 67, 75. Allerdings konkurriert in der Praxis die Partnerschaft <strong>mit</strong> anderen<br />

rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten für die Angehörigen freier Berufe, bei Rechtsanwälten insbesondere die erst<br />

kürzlich vom BGH , BGHZ 124, 224, zugelassene Anwalts-GmbH; aus diesem Gr<strong>und</strong>e steht die Literatur auch<br />

mehrheitlich dem Partnerschaftsgesellschaftsrecht kritisch gegenüber, so beispielsweise K. Schmidt, NJW 1995, 1<br />

ff; Soliropoulos, ZIP 1995, 1879; Mahnke, WM 1996, 1029; weitere Literaturangaben bei Meilicke/Graf v.<br />

Westphalen/Hoffmann/Lenz, § 1.<br />

577 Vgl. § 1 Abs. 4 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG)<br />

578 Vgl. § 7 Abs. 2PartGG, der besagt, daß § 124 HGB entsprechend anzuwenden ist.<br />

579 So sind heute noch sehr viele Rechtsanwaltssocietäten in der Gesellschaftsform der GbR organisiert <strong>und</strong> haben<br />

sich nicht in eine Partnerschaft nach dem PartGG umgeformt, vgl. ZIP 1996 Nr. 154, nach Angaben von Seifert,<br />

Referent im B<strong>und</strong>esministerium der Justiz, wurden innerhalb eines knappen Jahres seit Inkrafttreten des<br />

Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes ungefähr 250 Partnergesellschaften angemeldet, davon 25 % von<br />

Rechtsanwälten


94<br />

die Anzahl der Personen nicht, die sich zusammen als Inhaber einer Marke eintragen<br />

lassen können 580 <strong>und</strong> ermöglicht so<strong>mit</strong> eine kumulative <strong>Marken</strong>inhaberschaft 581 . Die Eintragung<br />

der einzelnen Gesellschafter hat zum Nachteil, daß bei jedem Gesellschafterwechsel<br />

oder Ein- <strong>und</strong> Austritt das <strong>Marken</strong>register zur Aktualisierung der<br />

berechtigten <strong>Marken</strong>inhaber berichtigt werden muß 582 , was bei Eintragung der Marke<br />

unter dem Namen der BGB-Gesellschaft entfiele.<br />

Entscheidend für die Eintragungsfähigkeit der BGB-Gesellschaft unter ihrem eigenen<br />

Namen ist, ob ihr Rechts- <strong>und</strong> Prozeßfähigkeit zugesprochen werden kann. Eine klare<br />

Norm, wonach die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts rechts- <strong>und</strong> prozeßfähig ist, wie<br />

sie für die OHG <strong>und</strong> KG besteht, fehlt im BGB; erschwerend kommt hinzu, daß der<br />

Gesetzgeber sich nicht eindeutig für ein Zuordnungskonzept hinsichtlich des<br />

Gesamthandsvermögens ausgesprochen hat 583 . Die dadurch bedingte <strong>und</strong> schon 100<br />

Jahre währende Diskussion über die Rechtsnatur der BGB-Gesellschaft - die durch das<br />

Umwandlungsgesetz wieder verstärkt angefacht wurde -, hat verschiedene<br />

Gesamthandstheorien hervorgebracht 584 , die alle untersuchen, ob die Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts als Gesamthand ein geb<strong>und</strong>enes Sondervermögen der Gesamthänder<br />

oder ein Rechtssubjekt darstellt. Die wohl noch herrschende Meinung - Vertreter der<br />

traditionellen Gesamthandslehre 585 - geht davon aus, daß die BGB-Gesellschaft keine<br />

Rechtspersönlichkeit besitzt, für sie sind vielmehr die Gesamthänder die Rechtsträger<br />

<strong>und</strong> das Gesamthandvermögen - hier interessierend die Marke als Vermögensgegenstand<br />

- steht ihnen nur als geb<strong>und</strong>enes Sondervermögen zu. Nach dieser Doktrin ist mangels<br />

zugesprochener Rechtsträgerschaft die BGB-Gesellschaft als <strong>Marken</strong>inhaberin in das<br />

<strong>Marken</strong>register auf deutscher <strong>und</strong> europäischer Ebene selbst nicht eintragbar.<br />

Seit den 70er Jahren vertreten aber immer mehr Autoren eine neue Gesamthandslehre,<br />

<strong>mit</strong> der sie einer Gesamthandsgesellschaft gr<strong>und</strong>sätzlich die Anerkennung der<br />

Rechtsfähigkeit zusprechen 586 . Danach kann die Gesamthand innerhalb ihres Gesellschaftszweckes<br />

selbständig im Rechtsverkehr handeln <strong>und</strong> so Trägerin von Rechten <strong>und</strong><br />

Pflichten sein. Auch in der Rechtsprechung, die bisher von der traditionellen<br />

580 Vgl. BT-Drucks. 12/6581 S. 69; § 5 Abs. 3 <strong>Marken</strong>V<br />

581 Auch gemäß Art. 16 Abs. 3 GemMVO <strong>und</strong> Regel 1 Abs. 4, 75 GemMVO DV ist die gemeinsame Inhaberschaft<br />

einer Gemeinschaftsmarke mehrerer Personen zulässig.<br />

582 Die <strong>Marken</strong>registerberichtigung muß nicht sofort vorgenommen werden, sie hat auf den materiellen Aspekt der<br />

Marke keinen Einfluß; die Berichtigung ist aber dann erforderlich, wenn aus der Marke Rechte gegenüber Dritten<br />

verfahrensrechtlich geltend gemacht werden sollen; vgl. § 28 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art.17 Abs. 6 GemMVO.<br />

583<br />

Die mangelnde Klarheit der BGB-Gesellschaft als Gesamthandsgesellschaft erklärt sich auch aus der<br />

Entstehungsgeschichte der §§ 705 ff BGB; die zweite Kommission hat hinsichtlich der Regelungen der BGB-<br />

Gesellschaft auch zum Ausdruck gebracht, daß sie „zu der wissenschaftlichen Streitfrage über das Wesen der<br />

gesamten Hand nicht Stellung nehmen sollte“, Protokoll II, S. 430 <strong>und</strong> Mugdan II, S. 990, vgl. dazu auch<br />

Breuninger, S. 4 ff;<br />

584 Auf die einzelnen Gesamthandstheorien kann in der vorliegenden Untersuchung nicht im einzelnen eingegangen<br />

werden, dies würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Vgl. hierzu K. Schmidt, JZ 1985, 909; MüKo-Reuter vor §<br />

21 Rn 9; weitere ausführliche Literaturangaben hinsichtlich der Diskussion bei K. Schmidt, GesR, § 8 III.<br />

585 So Seibert, JZ 1996, 785; siehe ferner die ausführlichen Literaturangaben bei Breuninger, S. 7 Fn. 36.<br />

586 Flume hat durch seine gr<strong>und</strong>legenden Überlegungen in BGB AT 1/1 Personengesellschaften § 5, S. 68 ff den<br />

Anstoß zu diesem Meinungsumschwung gegeben, vgl. K. Schmidt, GesR § 8 III; die umfangreichen<br />

Literaturnachweise bei Wiedemann, WM Sonderbeilage 1994 Nr. 4, S. 3 sowie Zöllner <strong>mit</strong> weiteren zahlreichen<br />

Literaturangaben , Festschrift für Gernhuber, 1993, S. 563 Fn. 3.


95<br />

Gesamthandslehre ausging, lassen sich nun Ansätze finden, die zu der neuen Gesamthandslehre<br />

tendieren, auch wenn der BGH bis jetzt noch nicht explizit die Rechtssubjektivität<br />

einer Gesamthand anerkannt hat 587 .<br />

Die Bejahung der gr<strong>und</strong>sätzlichen Rechtsfähigkeit einer Gesamthandsgesellschaft<br />

bedeutet nicht gleichzeitig, daß auch jeder Gesamthand nach dem geltenden Recht die<br />

Trägerschaft zugeteilt wird 588 . Bezogen auf die BGB-Gesellschaft ist festzustellen, daß<br />

die für sie einschlägigen Vorschriften im BGB ihr nicht eindeutig die Eigenständigkeit<br />

zusprechen, daß ihnen gleichzeitig aber auch nicht die vollständige Versagung der<br />

Fähigkeit zur Verselbständigung der BGB-Gesellschaft zum Rechtssubjekt zu entnehmen<br />

ist, im Gegenteil lassen sich auch Ansatzpunkte für die Verselbständigung<br />

benennen 589 . Die neue Theorie von der Gesamthand als Rechtsträger kann so<strong>mit</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

auf die BGB-Gesellschaft angewandt werden, sie steht nicht vollständig im<br />

Widerspruch zu den theoretischen Ausgangspunkten des Gesetzgebers, auch wenn dieser<br />

sich eher von der traditionellen Gesamthandslehre hat leiten lassen 590 . Auch das neue<br />

Umwandlungsgesetz unterstreicht die Anerkennung dieser Doktrin, indem es in § 191<br />

Abs. 2 Nr. 1 ausdrücklich die BGB-Gesellschaft als Rechtsform eines Gesellschaftsformwechels<br />

zuläßt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die Rechtsträgerschaft voraussetzt 591 .<br />

In der Rechtspraxis werden im Rahmen der einheitlich geregelten Rechtsform der<br />

Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sehr viele verschiedene Erscheinungsformen der<br />

BGB-Gesellschaft verwendet 592 <strong>und</strong> haben entsprechend unterschiedliche Rechtsprobleme,<br />

so daß die neue Lehre der Gesamthand als Rechtsträger keine allumfassende<br />

Lösung für die im Zusammenhang <strong>mit</strong> der Rechtseinheit BGB-Gesellschaft auftretenden<br />

vielfältigen Probleme sein kann 593 . Durch Klassifikation der verschiedenen<br />

Erscheinungsformen der BGB-Gesellschaft in mehrere Strukturtypen, kann aber<br />

zumindest für die gesonderten Typengruppen eine bezogen auf die neue Doktrin<br />

verallgemeinerungsfähige Anwort für einzelne rechtliche Aspekte gef<strong>und</strong>en werden. Die<br />

Einteilung wird zumeist alternativ an drei Kriterien vorgenommen: Einmal anhand des<br />

Zeitfaktors, ob es sich um eine Gelegenheits- oder Dauergesellschaft handelt, zum<br />

anderen <strong>mit</strong>tels des Außenhandels in Außen- <strong>und</strong> Innengesellschaften, desweiteren ob<br />

Gesellschaftsvermögen vorhanden ist oder nicht <strong>und</strong> schließlich unter dem Gesichts-<br />

587 Siehe BGH, WM 1990, 586; BGH, WM 1990, 1113; BGH, ZIP 1992, 114; so auch Breuninger, S. 10; vgl. aber<br />

auch Zöllner, Festschrift für Gernhuber, S. 564 Fn. 4 <strong>mit</strong> dem berechtigten Hinweis auf die hier bestehende<br />

Einordnungsschwierigkeit der Tendenzausrichtung des BGH.<br />

588 Vgl. K. Schmidt, GesR § 8 III, der diesen Ansatz als positivistische Methode bezeichnenderweise qualifiziert.<br />

589 Vgl. dazu ausführlich Schmidt, GesR § 8 III 4. <strong>und</strong> § 58 IV 2.; ders., JZ 1985, 909, 910 <strong>und</strong> hinsichtlich den<br />

Verselbständigungsansätzen Wiedemann, Festschrift für Kellermann, S. 529, 532.<br />

590 Vgl. Breuninger, S. 11f, der deutlich aufzeigt, daß die Opponenten der neueren Theorie nicht das geltende Recht<br />

für ihre Ablehnung wirksam heranziehen können; Lindacher, JuS 1981, 431, 434 <strong>und</strong> auch K. Schmidt § 58 IV 2..<br />

591 Vgl. dazu ausführlich Timm, NJW 1995, 3209 ff; ders., ZGR 1996, 247; a.A. Kraft/Kreutz, S. 88; Zöllner,<br />

Festschrift für Gernhuber, S. 563, 566.<br />

592 Vgl. MünchKomm/Ulmer, vor § 705 Rn. 23 ff; Soergel/Hadding, vor § 705 Rn. 41 ff; Staudinger/Kreßler,<br />

Vorbem. zu § 705 Rn. 139 ff<br />

593 So auch Breuninger, S. 15; K. Schmidt, GesR § 8 III 3. <strong>und</strong> § 58 IV 3.; sowie ders. ausführlicher dazu in:<br />

Gutachten <strong>und</strong> Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. III, S. 468 ff. Aber nicht alle Vertreter der<br />

neuen Lehre der Gesamthand betrachten diese Erscheinungsvielfalt kritisch genug <strong>und</strong> unterscheiden deshalb<br />

nicht einzelne Typen der BGB-Gesellschaft bei Anwendung ihrer Doktrin, so z.B. Lindacher, JuS 1982, 431, 433.


96<br />

punkt, ob es sich um eine schlicht zivilistische oder unternehmenstragende Gesellschaft,<br />

die zumeist Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft genannt wird, handelt 594 . Für den<br />

vorliegend zu untersuchenden <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> ist der letzte Unterscheidungsansatz, der<br />

auf Karsten Schmidt zurückgeht 595 , von besonderem Interesse <strong>und</strong> wird dementsprechend<br />

hier näher betrachtet.<br />

Als Abgrenzungskriterien der Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft zur schlicht<br />

zivilistischen Gesellschaft werden die Unternehmerträgerschaft <strong>und</strong> der handelsrechtliche<br />

Unternehmerbegriff herangezogen sowie der Kaufmannsbegriff, da vollkaufmännische<br />

Personenhandelsgesellschaften dem handelsrechtlichen Formzwang ausgesetzt<br />

sind 596 . Folglich sind nichtgewerbliche, insbesondere freiberufliche <strong>und</strong><br />

künsterlische Unternehmen sowie Dienstleistungsbetriebe unter die Gruppe der<br />

Mitunternehmer-BGB-Gesellschaften zu subsumieren 597 . Demnach fallen unter die<br />

Kategorie der Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft auch Anwaltssocietäten <strong>und</strong> Werbeagenturen,<br />

sofern sie nicht in einer anderen Gesellschaftsform als der BGB-Gesellschaft<br />

konstruiert sind; diese haben, insbesondere, wenn sie Gesellschaften <strong>mit</strong> zahlreichen<br />

Mitgliedern sind, als potentielle <strong>Marken</strong>händler ein Interesse an der <strong>Marken</strong>eintragung<br />

unter dem Namen ihrer Gesellschaft.<br />

Karsten Schmidt folgend wird hier eine im de lege lata-Rahmen befindliche Sonderbehandlung<br />

der Mituntermehmer-BGB-Gesellschaft, soweit sie rechtlich unerläßlich<br />

erscheint, befürwortet, um so der die Gesellschaft prägenden Unternehmerträgerschaft<br />

Rechnung zu tragen 598 . Für jeden Unternehmensträger, so auch selbstredend für die<br />

erwerbstätige Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft, ist hinsichtlich seiner Geschäfte die<br />

Rechtsfähigkeit in der Rechtspraxis bedeutungsvoll <strong>und</strong> auch erforderlich, demnach muß<br />

zumindest der Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft die Rechtsträgerschaft zugesprochen<br />

werden 599 .<br />

Der Prozeßführungsmöglichkeit der BGB-Gesellschaft steht die h.M. aus Gründen der<br />

Rechtssicherheit <strong>und</strong> entsprechend der von ihr vertretenen traditionellen Gesamthandslehre<br />

negativ gegenüber 600 . Soweit aber die Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft<br />

anerkannt wird, ist die Versagung der Prozeßfähigkeit inkonsequent; vielmehr sollte die<br />

594 Vgl. Kraft/Kreutz C., S. 82; Heller, S. 10, 29<br />

595 K. Schmidt,. GesR § 58 II Nr. 4.; ders. in Gutachten, S. 415, 449 ff ; ders., JZ 1985, 909, 910 ff. Der BGH, NJW<br />

1992, 1615, 1616 hat die Formulierung der Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft inzwischen übernommen,<br />

ablehnend diesem Unterscheidungsmerkmal gegenüber Breuninger, S. 120 ff, der die Einteilung in Anlehnung an<br />

Johns Habilitationsschrift „Strukturelemente der Rechtsperson“ <strong>mit</strong> den Elementen der Handlungsorganisation,<br />

Haftungsverband <strong>und</strong> Identitätsausstattung vornimmt, S. 18 ff.<br />

596 Vgl. K. Schmidt, GesR § 58 II 4.<br />

597 Vgl. K. Schmidt, GesR § 58 II 4 <strong>und</strong> § 58 III 4. <strong>mit</strong> zahlreichen Beispielen.<br />

598 K. Schmidt, GesR § 58 II 4., § 58 III 4. <strong>und</strong> § 58 V<br />

599 Anderen Ansatz für die Rechtsfähigkeit von BGB-Gesellschaften verfolgt Breuninger, S. 45 ff: Er macht die<br />

Rechtsfähigkeit von der selbständigen Identitätsausstattung der BGB-Gesellschaft abhängig. Dieser Blickwinkel<br />

führt wohl zumeist zum gleichen Ergebnis, da die Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft immer einen Namen führen<br />

wird.<br />

600 Stein-Jonas/Bork, § 50 Rn. 17; Baumbach/Hartmann, § 50 Rn. 12; Zöllner/Vollkammer, § 50 Rn. 26;<br />

Müko/Ulmer, § 718 Rn. 42, 43. Die Anerkennung der Rechts- <strong>und</strong> Parteifähigkeit von BGB-Gesellschaften für<br />

Rechtsstreitigkeiten über Gr<strong>und</strong>erwerbssteuer, BFH ,NJW 1987, 1719 <strong>und</strong> 1720 läßt auf den ersten Blick eine<br />

Trendwende vermuten, ist aber nicht verallgemeinerungsfähig, da sie explizit auf der Besonderheit des<br />

Steuerrechts beruht.


97<br />

materiell-rechtliche Einordnung <strong>mit</strong> der verfahrensrechtlichen abgestimmt werden 601 .<br />

Demnach ist für die Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft auch die Prozeßfähigkeit zu<br />

bejahen, diese Sonderbehandlung läßt sich nicht nur <strong>mit</strong> der Konkordanz von Rechts<strong>und</strong><br />

Prozeßfähigkeit begründen, sondern kann auch wiederum als notwendige Konsequenz<br />

aus der Unternehmensträgerschaft der Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft angesehen<br />

werden 602 .<br />

Nach der hier vertretenen Ansicht sind die für die <strong>Marken</strong>inhaberschaft geforderten<br />

materiellen Voraussetzungen des <strong>Marken</strong>gesetzes <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

zumindest für die Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft gegeben 603 . Durch die<br />

Befürwortung der Adaption von Rechts- <strong>und</strong> Prozeßfähigkeit ergibt sich der positive<br />

Nebeneffekt, daß unter dem materiell-rechtlichen Aspekt die potentielle <strong>Marken</strong>inhaberschaft<br />

für die BGB-Gesellschaft auf deutscher <strong>und</strong> europäischer Basis einheitlich<br />

beantwortet werden kann, auch wenn die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung zu der<br />

Rechtsfähigkeit, <strong>mit</strong> der sich das <strong>Marken</strong>gesetz begnügt, noch die Prozeßfähigkeit für<br />

die <strong>Marken</strong>inhaberschaft als Voraussetzung fordert.<br />

Formell rechtlich werden von dem <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

sowie von der <strong>Marken</strong>V <strong>und</strong> der DurchführungsV der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

für die Eintragung einer BGB-Gesellschafter als <strong>Marken</strong>inhaber<br />

keine Voraussetzungen gestellt. Auch wenn in den einschlägigen <strong>Marken</strong>gesetzen keine<br />

bestimmten Anforderungen für eine solche Eintragung aufgeführt werden, so besteht<br />

doch ein Benennnungsproblem hinsichtlich der BGB-Gesellschaft bei der Eintragung.<br />

Zwar wird die Namensführung der BGB-Gesellschaft allgemein für zulässig erachtet 604 ,<br />

umstritten ist aber, bedingt durch die mangelnde gesetzliche Regelung, in welchen<br />

Grenzen sie erfolgen darf. Üblicherweise wird der Name einer BGB-Gesellschaft aus<br />

den Namen der Gesellschafter oder dem Gegenstand der Gesellschaft entwickelt, aber<br />

auch andere Bezeichnungen sind denkbar. Nach der h.M. darf aber die Geschäftsbezeichnung<br />

nicht „firmenähnlich“ sein, danach sind Namen, die auch von einem<br />

Vollkaufmann als Firma geführt werden können, als Bezeichnung für eine BGB-<br />

Gesellschaft unzulässig 605 , gleichgültig ob sie <strong>mit</strong> oder ohne Zusatz „Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts“ geführt werden 606 . Gegen diese allzustrenge Einstellung wenden<br />

sich überzeugend einige Vertreter der Literatur; für sie ist die Geschäftsbezeichnung der<br />

BGB-Gesellschaft die „Firma des kleinen Mannes“, die um so mehr zulässig sein muß,<br />

601 So auch Müko/Lindacher ZPO § 50 Rn. 26 <strong>und</strong> 27; Lindacher, JuS 1982, 592, 593 <strong>mit</strong> der stichhaltigen<br />

Ausführung, daß §§ 50, 736 ZPO diesem Ansatz nicht entgegenstehen; so auch Wiedemann, WM Sonderbeilage<br />

Nr. 4 1994, 3, 10; a.A. Heller, S. 244.<br />

602 So K. Schmidt, GesR § 58 II 4. <strong>und</strong> § 58 V 1.<br />

603 In der Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz, BT-Drucks. 12/6581, S. 69 wird dagegen die <strong>Marken</strong>inhaberfähigkeit von<br />

Gesellschaften bürgerlichen Rechts kategorisch verneint.<br />

604 Der Gesamtname unterliegt auch dem Namensschutz gemäß § 12 BGB <strong>und</strong> § 5 <strong>Marken</strong>G, vgl. Soergel/Hadding<br />

§ 705 Rn. 69, wo allerdings noch auf § 16 UWG hingewiesen wird, § 5 <strong>Marken</strong>G ist aber heute anstelle von § 16<br />

UWG getreten; die GemMVO enthält keine § 5 <strong>Marken</strong>G entsprechende Regelung, da sie nur <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> nicht,<br />

wie das <strong>Marken</strong>G, auch den geschäftlichen Bezeichnungen Schutz gewährt.<br />

605 § 37 HGB wird hier als Maßstab entsprechend herangezogen, vgl. BGH, BB 1957, 9; OLG Karlsruhe, BB 1985,<br />

2196; Bokelmann, Rn. 27; Koch, NJW 1989, 2662, 2671; Ruban, Festschrift für Döllerer, S. 515; Hüffer in<br />

Großkomm, z. HGB § 37 Rn 8 ff; Soergel-Hadding, Nachträge zur 11. Aufl., Stand 1988, § 705 Rn. 68<br />

606 Zwernemann, BB 1987, 774, 778


98<br />

soweit sich der Unternehmer an die strengen Gr<strong>und</strong>sätze des Firmenrechts hält <strong>und</strong><br />

folglich nicht über Art <strong>und</strong> Umfang seines Unternehmens täuscht 607 . Insbesondere für<br />

die Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft, im Hinblick auf ihre förderste Eigenschaft der<br />

Trägerschaft eines Unternehmens, scheint eine eigene Namensführung<br />

selbstverständlich 608 . Inzwischen findet diese Gegenansicht zur h.M. auch in der<br />

Gerichtspraxis vereinzelt Zustimmung 609 .<br />

Auch wenn, gleich welcher Ansicht man folgt, die Namensführung einer BGB-<br />

Gesellschaft generell möglich ist, so bedeutet dies noch nicht selbstredend, daß die<br />

Gesellschaft auch <strong>mit</strong> ihrem rechtmäßig verwendeten Namen in das <strong>Marken</strong>register<br />

eingetragen werden kann. Gr<strong>und</strong>sätzlich würde es der Bejahung der Rechts- <strong>und</strong><br />

Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft entsprechen, wenn die Gesellschaft hinsichtlich<br />

ihrer <strong>Marken</strong> ins <strong>Marken</strong>register eingetragen werden könnte. Da aber die Geschäftsbezeichnung<br />

für die BGB-Gesellschaft gesetzlich nicht geregelt ist, fehlt demgemäß<br />

auch ein dem Handelsregister zumindest entsprechender Publizitätskatalog, dem der<br />

jeweilige Gesellschafterbestand entnommen werden kann. Diese Tatsache könnte trotz<br />

der fehlenden Anforderungen an die Eintragung einer BGB-Gesellschaft im <strong>Marken</strong>recht<br />

gegen eine Eintragung der BGB-Gesellschaft unter ihrem eigenen Namen in das<br />

<strong>Marken</strong>register sprechen. Die Gewichtigkeit der fehlenden Publizität des Gesellschaftsnamens<br />

ist abhängig von der Funktion des <strong>Marken</strong>registers. Die Gründe für eine<br />

eventuell zu fordernde Publizität können unterschiedlich motiviert sein, so kann einmal<br />

der Publizitätszweck darin liegen, Klarheit <strong>und</strong> Übersichtlichkeit der Haftungs- <strong>und</strong><br />

Vertretungsverhältnisse zugunsten eines Gläubigerschutzes zu gewinnen, 610 , zum<br />

anderen kann auch nur ein Spiegel von privaten Rechten verb<strong>und</strong>en, aber nicht<br />

notwendigerweise, <strong>mit</strong> einer Warnfunktion gewollt sein 611 .<br />

Die Destination des nationalen wie europäischen <strong>Marken</strong>registers liegt übereinstimmend<br />

vornehmlich darin, Auskunft über Bestehen <strong>und</strong> Umfang von Zeichenrechten zu geben.<br />

Diese Informationen sind aber nicht allumfassend. Denn auch wenn eine Gemeinschaftsmarke<br />

nur durch Registereintragung erworben werden kann <strong>und</strong> diese Eintragung<br />

konstitutiv wirkt, der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber durch sie ein ausschließliches Recht<br />

zur Benutzung der Marke gegenüber Dritten erhält, so führt die Registrierung zunächst<br />

nur zu einem Anscheinsrecht in dem Sinne, daß der eingetragene <strong>Marken</strong>inhaber nur so<br />

lange als sachlich Berechtigter gilt, bis ein prioritätsälterer <strong>Marken</strong>inhaber sein<br />

Zeichenrecht nachgewiesen <strong>und</strong> verfahrensrechtlich durchgesetzt hat 612 . Diese Aussage<br />

ist unterschiedslos auf die Eintragung der Marke nach dem <strong>Marken</strong>gesetz zu über-<br />

607 Allen voran K. Schmidt, HandelsR, § 12 I 2. B; ders., DB 1987, 1181 f; ders.; GesR, § 60 I 3.; Breuninger, S. 21;<br />

Müko-Lieb/Krebs, HandelsR, § 37 Rn. 6; Capelle/Canaris, § 11 III; Ullmann, NJW 1994, 1255, 1257, 1258;<br />

dagegen ablehnend noch Wessels, DB 1987, 1673. Die Täuschung kann häufig schon <strong>mit</strong> einem auf die<br />

Rechtsform der BGB-Gesellschaft hinweisenden Zusatz verhindert werden, vgl. Müko-Ulmer, § 705 Rn. 225 ff.<br />

608 So auch K. Schmidt, GesR § 60 I 3 für den eine Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft niemals namenlos<br />

vorkommen kann.<br />

609 So z.B. OLG Stuttgart, NJW 1987, 1709, dazu die eingehende Besprechung von Bokelmann, NJW 1987, 1683 f.<br />

610 So bei den Personenhandelsgesellschaften ,vgl. Reuter, JZ 1986, 72,73.<br />

611 Das Gr<strong>und</strong>buch intendiert die Warnfunktion, vgl. Kollhosser, JA 1984, 558; Raiser, AcP 194 (1994), 495.<br />

612 Vgl. Baumbach/Hefermehl, WZG, § 3 Rn. 7, wenn auch für das eingetragene Warenzeichen, so doch auf die<br />

registrierte Gemeinschaftsmarke kongruent übertragbar.


99<br />

tragen 613 . Hinsichtlich des nationalen <strong>Marken</strong>registers kommt noch hinzu, daß eine<br />

Marke nach dem <strong>Marken</strong>gesetz auch durch Benutzung unabhängig von Förmlichkeiten<br />

erworben werden kann. Insgesamt gesehen kann sich der Rechtsverkehr nicht vollständig<br />

<strong>und</strong> ausschließlich auf die <strong>Marken</strong>register verlassen. Das europäische wie nationale<br />

<strong>Marken</strong>recht berücksichtigt im Hinblick auf die inhaltlichen Bestimmungen der<br />

Normvorschriften vornehmlich die Interessen der <strong>Marken</strong>inhaber, indem es ihnen die<br />

Möglichkeit der ungehinderten Verwertung des Rechts an der Marke <strong>mit</strong>tels zugestandener<br />

freien Übertragbarkeit <strong>und</strong> ausdrücklicher Gestattung der Warenzeichenlizenz<br />

einräumt 614 . Die Verbraucherinteressen werden dagegen nur indirekt einbezogen, die<br />

Konsumenten werden zwar vor irreführender Verwendung der Marke geschützt, aber<br />

eigene markenrechtliche Ansprüche werden ihnen gegenüber den <strong>Marken</strong>inhaber nicht<br />

gewährt, auch die Möglichkeit einer Popularklage auf Löschung einer Marke 615 kann die<br />

markeninhaberfre<strong>und</strong>liche Ausrichtung nicht kompensieren, da sie die Position der<br />

Verbraucher gegenüber den <strong>Marken</strong>inhabern nicht ausnehmend begünstigt 616 . Folglich<br />

ist die Tendenz des Publikumszwecks im <strong>Marken</strong>register offensichtlich. Durch die<br />

zumeist nur <strong>mit</strong>telbare Beachtung der Interessen der Verbraucher kann die Funktion des<br />

Registers nicht maßgeblich im Gläubigerschutz gesehen werden. Die Aufgabe besteht<br />

vordringlich darin, eingetragene <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> ihre Inhaber widerzuspiegeln <strong>und</strong> eine<br />

begrenzte 617 Warnfunktion für Neueintragungen auszuüben. Zur Erfüllung dieser<br />

Ambition bedarf es keiner allzustrengen Anforderungen an die Publizität der BGB-<br />

Gesellschaft für die Eintragung derselben als <strong>Marken</strong>inhaber. Eine Prüfung auf das<br />

Vorhandensein <strong>und</strong> die eigene Identität der Gesellschaft anhand eines vorgelegten<br />

Gesellschaftsvertrages, in dem der Gesellschaftsname aufgeführt ist, sollte als Anforderung<br />

genügen, nicht erforderlich erscheint dagegen eine außerhalb des Registers<br />

erfolgte Registrierung zur Überprüfung der Existenz der einzutragenden BGB-<br />

Gesellschaft als Rechtssubjekt 618 .<br />

Im Ergebnis nach der hier vertretenen Ansicht hat so<strong>mit</strong> die BGB-Gesellschaft in der<br />

Form einer Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft bei ausreichender Identifikationsmöglichkeit<br />

die Rechts- <strong>und</strong> Prozeßfähigkeit inne, <strong>und</strong> dieser Typus der Gesamthand<br />

kann als <strong>Marken</strong>inhaber unter ihrem eigenen Namen selbständig, sowohl nach dem<br />

<strong>Marken</strong>gesetz als auch nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, eintragen werden 619 .<br />

613 Nach § 28 <strong>Marken</strong>G begründet die Eintragung zunächst die Rechtsinhaberschaft (Legitimationswirkung der<br />

Eintragung), vgl. BT-Drucks. 65/81, S. 84<br />

614 Vgl. Kur, GRUR Int. 1990, 1, 4; Henning-Bodewig/Kur, Bd. I S. 218, 219; Balz, RabelsZ 1981, 316, 325;<br />

615 §§ 53, 54 <strong>Marken</strong>G, Art. 55 Abs. 1 lit. a GemMVO<br />

616 Siehe dazu auch die Darstellung unter C. II. 3. c); vgl. auch Henning-Bodewig/Kur, Bd. I S. 210 <strong>und</strong> S. 270 ff,<br />

<strong>mit</strong> der Forderung die Verbraucherinteressen verstärkt im <strong>Marken</strong>recht zu berücksichtigen.<br />

617 Begrenzt ist die Warnfunktion schon deshalb, weil eingetragene Zeichen auch löschungsreif sein können <strong>und</strong><br />

deshalb einer Neueintragung nicht im Weg stehen.<br />

618 K. Schmidt, GesR § 60 IV 1. sieht die fehlende Registerpublizität hinsichtlich der Mitunternehmer-BGB-<br />

Gesellschaft durch die aus der Teilnahme am Rechts- <strong>und</strong> Prozeßverkehr als Unternehmen resultierende<br />

„natürliche“ Publizität kompensiert.<br />

619 Generell gegen die Fähigkeit von BGB-Gesellschaften zur <strong>Marken</strong>inhaberschaft ist Meister, MA 1990, 525, 534,<br />

insbesondere im Hinblick auf die <strong>Marken</strong>piraterie; wie hier Fezer, Festschrift für Boujong, S. 123, 129, 130<br />

allerdings ohne Unterscheidung zwischen den einzelnen Typen der BGB-Gesellschaften, für ihn stellt die<br />

Ablehung der <strong>Marken</strong>rechtsfähigkeit einer BGB-Gesellschaft gar einen „Anachronismus“ dar, insbesondere im<br />

Hinblick auf die zunehmende Anerkennung der Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft in Deutschland wie auch


100<br />

Insbesondere die am <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> potentiell interessierten Werbeagenturen <strong>und</strong><br />

Anwaltssocietäten können sich, vorausgesetzt sie werden in der Form einer GbR geführt,<br />

folglich <strong>mit</strong> ihrem Geschäftsnamen selbst als <strong>Marken</strong>inhaber eintragen lassen <strong>und</strong><br />

müssen nicht alle ihre Gesellschafter einzelnen als Inhaber der Marke registrieren lassen.<br />

Dieses Ergebnis kann nicht auf die beiden anderen Gesamthandsgemeinschaften, die<br />

Erbengemeinschaft <strong>und</strong> die Gütergemeinschaft übertragen werden. Zumeist wird es<br />

schon an der Subsumtion unter die Form der Mitunternehmer-BGB-Gesellschaft fehlen,<br />

die eine Sonderbehandlung bei der <strong>Marken</strong>eintragung berechtigt, aber auch wenn diese<br />

Voraussetzung ausnahmsweise erfüllt sein sollte, so mangelt es doch diesen<br />

Gütergemeinschaften an einem eigenen Namen, unter dem sie als <strong>Marken</strong>inhaber<br />

eingetragen werden könnten. Demnach müssen hier alle Gesamthandsgesellschafter<br />

kumulativ als <strong>Marken</strong>inhaber in das Register eingetragen werden. Der durch die<br />

Eintragung unter dem eigenen Gesellschaftsnamen gewonnene Vorteil, bei Gesellschafterwechsel<br />

oder Gesellschaftereintritt <strong>und</strong> -austritt nicht das <strong>Marken</strong>register<br />

korrigieren zu müssen, hätte für diese beiden Gesamthandsgemeinschaften allgemein<br />

keine große Bedeutung, da bei ihr die Gesellschafter von Beginn der Gesellschaft bis zu<br />

ihrer Auflösung zumeist dieselben sind, denn auch wenn ein Gesellschafterwechsel oder<br />

-austritt gr<strong>und</strong>sätzlich bei der Erbengemeinschaft möglich ist, kommt in Relation zu<br />

anderen BGB-Gesellschaften ein Gesellschafterwechsel oder -austritt bei ihr nur selten<br />

in der Rechtspraxis vor.<br />

Zuletzt ist noch daraufhinzuweisen, daß die <strong>Marken</strong>inhaberschaft nach dem <strong>Marken</strong>gesetz<br />

nicht reserviert ist für deutsche Staatsangehörige oder nach <strong>deutschen</strong> Recht<br />

gegründete juristische Personen oder Personengesellschaften, auch Ausländer können als<br />

<strong>Marken</strong>inhaber eingetragen werden. Das im alten Warenzeichengesetz die <strong>Marken</strong>inhaberschaft<br />

für Ausländer regelnde Prinzip der Gegenseitigkeit 620 wurde in das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

nicht übernommen, da die Zahl der der Pariser Verbandsübereinkunft angehörenden<br />

Staaten sehr beträchtlich gestiegen ist <strong>und</strong> auch inzwischen <strong>mit</strong> zahlreichen<br />

weiteren Staaten Gegenseitigkeitsabkommen eingegangen worden sind, <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die<br />

Fälle, in denen die gewünschte <strong>Marken</strong>anmeldung nach dem Gegenseitigkeitsprinzip<br />

zurückzuweisen wäre, selten vorzukommen schien <strong>und</strong> der zur Filterung aufwendige<br />

Prüfungsweg angesichts des Ergebnisses als zu aufwendig <strong>und</strong> nicht mehr gerechtfertigt<br />

angesehen wurde 621 .<br />

II. <strong>Marken</strong>begriff<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, die Richtlinie <strong>und</strong> das <strong>Marken</strong>gesetz regeln<br />

jeweils gesetzlich den <strong>Marken</strong>begriff, allerdings enthält keine dieser Regelungen für den<br />

Begriff „Marke“ eine konkrete Definition, da trotz intensiver Bemühungen <strong>und</strong><br />

angesichts der europäischen Tendenz zur Anerkennung der Rechtspersönlichkeiten der Personengesellschaften<br />

<strong>und</strong> der Obliegenheit einer Rechtsvereinheitlichung; ders., <strong>Marken</strong>G, § 7 Rn. 35-38; vgl. auch Ahrens, Festschrift<br />

für Nirk, S. 1, 9, der rechtspolitisch die <strong>Marken</strong>fähigkeit der BGB-Gesellschaft als logische Konsequenz der<br />

gesellschaftsrechtlichen Entwicklung sieht.<br />

620 § 35 WZG; das Prinzip der Gegenseitigkeit wurde in die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung aufgenommen, vgl.<br />

obige Darstellung unter D. I. 2. a).<br />

621 Vgl. BT-Drucks. 12/6581 S. 69


101<br />

erheblicher Vorarbeiten der Internationalen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz<br />

(AIPPI) eine einheitliche internationale <strong>Marken</strong>definition nicht gef<strong>und</strong>en werden<br />

konnte 622 . Sie umschreiben die schutzfähigen Kennzeichen lediglich nach ihren Aufgaben<br />

<strong>und</strong> Zweckrichtungen. Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> Richtlinie<br />

stimmen in ihren einschlägigen Ausführungen wörtlich überein, das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

weicht dagegen in seiner <strong>Marken</strong>begriffserläuterung geringfügig von den europäischen<br />

Normen ab.<br />

1. Erweiterter Begriff der Marke<br />

a) Der Begriff der „Gemeinschaftsmarke“ in der Gemeinschafts-markenverordnung<br />

Der neubegründete Begriff der „Gemeinschaftsmarke“ umfaßt nach Art. 1 Abs. 1<br />

GemMVO nur eingetragene <strong>Marken</strong> für Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen; nicht impliziert<br />

sind durch Benutzung erworbene <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> auch andere geschäftliche Kennzeichen<br />

sowie durch Notorietät im Sinne von Art. 6 bis PVÜ erworbene <strong>Marken</strong>. Die<br />

Beschränkung auf eintragbare <strong>Marken</strong>, <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>en der Verzicht auf ein<br />

umfassendes Schutzsystem für alle geschäftlichen Kennzeichen, wurde zugunsten der<br />

durch den großräumigen Anwendungsbereich der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung in<br />

der EU ansonsten in Gefahr gesehenen Rechtssicherheit vorgenommen 623 . Die in Art. 4<br />

GemMVO lediglich umschreibende Gemeinschaftsmarke wird durch Nennung der unterschiedlichsten<br />

Formen - wie Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Form oder Aufmachung<br />

der Ware - ansatzweise konkretisiert. Jene Aufzählung ist aber nicht enumerativ <strong>und</strong><br />

kann dementsprechend auch keine abschließende Gr<strong>und</strong>lage für eine Definition der<br />

Marke bilden, sie demonstriert dafür anschaulich die Bandbreite der möglichen <strong>Marken</strong>formen<br />

<strong>und</strong> gibt einige Eckpfeiler für die Eingrenzung des <strong>Marken</strong>begriffs. Die nur<br />

beispielhafte <strong>Marken</strong>formenauflistung läßt auch die Kombination der einzelnen <strong>Marken</strong>formen<br />

zu <strong>und</strong> schließt innovative, bislang nicht gebräuchliche <strong>und</strong> daher ungewohnte<br />

oder vollständig neue Formen von vorneherein nicht aus 624 . Die Entwicklungsmöglichkeiten<br />

neuer <strong>Marken</strong>formen ist aber an das Erfordernis der graphischen<br />

Darstellbarkeit gekoppelt, neue <strong>Marken</strong>formen sind nur soweit eintragbar, als sie auch<br />

die nach der derzeitigen Eintragungstechnik bedingten graphischen Darstellungsanforderungen<br />

erfüllen 625 . Als innovative, aber derzeit angesichts der noch statischen<br />

Eintragungspraxis in das Register für <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> nicht eintragbare<br />

<strong>Marken</strong>form sei beispielhaft auf das Hologramm als bewegliches Zeichen verwiesen, an<br />

dessen Eintragung auch ein praktischer Bedarf besteht 626 . Mangels gesetzlicher<br />

622 Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1990, 747, 750; vgl. auch Beier, GRUR Int. 1963, 83 ff<br />

623 Vgl. Ingerl, S. 29<br />

624 Den Gemeinsamen Erklärungen des Rats <strong>und</strong> der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist auch zu<br />

entnehmen, daß durch die Formulierung des Art. 4 GemMVO ein weiter <strong>und</strong> offener <strong>Marken</strong>begriff beabsichtigt<br />

ist, vgl. Protokoll des Rates anläßlich der Annahme der GemMVO vom 20.12.1993, Abschn. B 4 (zu Art. 4), Abl.<br />

HABM 5/96, 612. Siehe auch Ingerl/Rohnke, NJW 1994, 1247, 1249 hinsichtlich des <strong>Marken</strong>G.<br />

625 A.A. Fezer, WRP 1999, 575, 578, seiner Ansicht nach kann aus verfassungsrechtlichen Gründen die Eintragung<br />

eines Zeichens nicht allein deshalb versagt werden, weil das Zeichen nach dem gegenwärtigen Stand der Technik<br />

nicht graphisch darstellbar ist.<br />

626 Sofern die Aussage aufgestellt wird, daß das Zeichenrecht bewegte <strong>Marken</strong> nicht schützt, so Meyer für den<br />

Schutz der Richtlinie, GRUR Int. 1996, 594, ist dies nicht ganz richtig, da der Schutz solcher <strong>Marken</strong> nicht


102<br />

Definition der Gemeinschaftsmarke muß folglich der beabsichtigte <strong>Marken</strong>begriff im<br />

Wege der Auslegung selbständig herausgearbeitet werden, ohne dabei auf ein<br />

traditionelles nationales <strong>Marken</strong>verständnis zurückzugreifen, solange es keine Gr<strong>und</strong>lage<br />

in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung findet.<br />

Nach Art. 4 GemMVO können <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> alle Zeichen sein, die geeignet<br />

sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer<br />

Unternehmen zu unterscheiden, sofern sie sich graphisch darstellen lassen. Diese<br />

abstrakte <strong>Marken</strong>umschreibung skizziert die Gemeinschaftsmarke als ein<br />

Unterscheidungszeichen für Unternehmensprodukte. Entsprechend ihren wirtschaftlichen,<br />

allumfassend auch rechtlich geschützten Funktionen, kann die Marke nicht nur<br />

reduziert auf ein ordnendes Unterscheidungszeichen im Sinne eines Barcodes verstanden<br />

werden, vielmehr muß sie vorliegend als Kommunikations- <strong>und</strong> Orientierungsinstrument<br />

im Marktwettbewerb <strong>mit</strong> einer immanenten <strong>und</strong> sinnlich wahrnehmbaren Aussageeinheit<br />

begriffen werden 627 .<br />

Die Aussageeinheit bedingt, daß das Zeichen eine gewisse Einheitlichkeit aufweisen<br />

muß, die aber nicht <strong>mit</strong> einer einfachen Strukturierung gleichgesetzt werden darf <strong>und</strong><br />

deshalb auch bei einem aus mehreren Teilen bestehenden Zeichen solange gegeben ist,<br />

wie es seinen geschlossenen Gesamteindruck bewahrt; die Geschlossenheit des Zeichens<br />

wird nicht durch eine Wahrnehmung in mehreren Schritten, wie sie bei umlaufenden<br />

Aufdrucken auf Waren beispielsweise erforderlich ist, aufgehoben 628 . Von der<br />

geforderten Einheitlichkeit kann dagegen bei längeren Texten oder Bilderfolgen nicht<br />

mehr ausgegangen werden, wenn auch die Grenzziehung zum zulässigen Werbeslogan 629<br />

schwierig sein kann 630 . Das Erfordernis der Einheitlichkeit dringt jedoch nicht auf eine<br />

flächenmäßige Begrenzung des Zeichens, so daß auch ein sich wiederholendes Zeichen<br />

in Form eines Musters diese Zeichenanforderung erfüllen kann, sofern das einzelne<br />

Musterelement selbst erfaßbar ist 631 . Ebensowenig wird die eintragungsfähige<br />

Gemeinschaftsmarke auf die zweidimensionale Ebene begrenzt, was sich in der in Art. 4<br />

GemMVO aufgelisteten <strong>Marken</strong>form, der Form oder Aufmachung der Ware, deutlich<br />

zeigt. Die dreidimensionalen <strong>Marken</strong>formen dürfen allerdings nicht allein durch das<br />

Wesen der Ware bedingt sein, so muß das die Ware markierende Zeichen sich noch<br />

generell abgelehnt wird, sondern die gegenwärtigen Eintragungsmethoden ihren Schutz momentan nur verhindern<br />

<strong>und</strong> sobald die Eintragung einer beweglichen <strong>Marken</strong> technisch möglich ist, sie auch zeichenrechtlich geschützt<br />

wird.<br />

627 Ingerl, S. 53 f <strong>und</strong> Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn. 11-14 für das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

628 Vgl. Ingerl, S. 54 <strong>und</strong> Althammer, <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn. 12 <strong>und</strong> Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn. 216; ders., Festschrift für<br />

Piper, S. 525, 533 bezüglich des <strong>Marken</strong>gesetzes.<br />

629 Die Eintragungsfähigkeit von Werbeslogans wird nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ziemlich großzügig<br />

gehandthabt, dagegen hält die deutsche Rechtsprechung immer noch unberechtigterweise an ihren strengen<br />

Voraussetzungen fest <strong>und</strong> sieht einen Werbeslogan nur dann als eintragungsfähig an, wenn der Slogan einen<br />

schutzbegründenden Bestandteil aufweist, vgl. Grabrücker, GRUR 1998, 625, 633 ff m.z.N., Bender, <strong>Marken</strong>R<br />

1999, 117, 123 Fn. 65; Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 8 Rn. 94 ff; zur <strong>Marken</strong>fähigkeit von Werbeslogans ausführlich,<br />

Erdmann, GRUR 1996, 550, 553 f; vgl. auch Traub, GRUR 1973, 186, 187 ff, zur Rechtslage nach dem<br />

Warenzeichengesetz.<br />

630 Ingerl, S. 54<br />

631 Diese einschränkende Anforderung stellte dagegen das alte WZG an das Warenzeichen, vgl. nur Busse/Starck<br />

WZG § 1, RN. 30; Ingerl, S. 54 zur Gemeinschaftsmarke; Kur, Festschrift 100 Jahre <strong>Marken</strong>-Amt, S. 174, 185<br />

Fn. 45 zum heutigen <strong>Marken</strong>gesetz.


103<br />

derart von der Ware oder der Verpackung abheben, daß es als selbständiges Element<br />

hervortritt. Dieses, schon allein aus dem Wesen der Marke als Unterscheidungskennzeichen<br />

abzuleitende, Erfordernis wurde nicht in die Umschreibung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>fähigkeit<br />

eines Zeichens in Art. 4 GemMVO aufgenommen, dafür ist es<br />

explizit in den absoluten Eintragungshindernissen normiert 632 . Diese rechtliche<br />

Plazierung birgt keine Besonderheit, da die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung nur<br />

eingetragene <strong>Marken</strong> umfaßt <strong>und</strong> nicht auch solche, die durch Benutzung erworbenen<br />

werden könnten.<br />

Nach Art. 4 GemMVO muß ein eintragbares Zeichen zudem geeignet sein, ein<br />

Unternehmensprodukt von Unternehmensprodukten anderer im Verkehr zu unterscheiden.<br />

Dieses Kriterium der Unterscheidungskraft wird im Rahmen von Art. 4<br />

GemMVO allerdings nur abstrakt geprüft, der konkrete <strong>und</strong> beabsichtigte Einsatz des<br />

Zeichens sowie die Existenz bereits bestehender gleicher oder ähnlicher Unterscheidungszeichen<br />

werden hier nicht berücksichtigt, so daß danach nur solche Zeichen<br />

nicht eintragbar sind, denen jegliche Unterscheidungskraft fehlt, gleich welche Ware<br />

oder Dienstleistung sie kennzeichnen sollen 633 , <strong>und</strong> ist demzufolge ein sehr schemenhafter<br />

Prüfstein. Die konkrete Unterscheidungskraft bleibt nicht ungeprüft, ihr wird aber<br />

erst in einer zweiten Stufe im Rahmen der Prüfung auf absolute Eintragungshindernisse<br />

634 nachgegangen. Diese gestaffelte Prüfung der Unterscheidungskraft<br />

unterstreicht <strong>und</strong> respektiert das vom Gesetzgeber gewollte weite Verständnis des<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>begriffs 635 . Eine Kontrolle auf bereits existente identische oder<br />

ähnliche Zeichen wird von Amts wegen in einem dritten Prüfungsabschnitt durchgeführt,<br />

ein positives Ergebnis tangiert aber nicht gr<strong>und</strong>sätzlich die Eintragbarkeit des<br />

gewünschten Zeichens 636 .<br />

Der bis hierhin sehr weit zu verstehende <strong>Marken</strong>begriff erfährt durch die von Art. 4<br />

GemMVO geforderte graphische Darstellbarkeit des Zeichens eine Einschränkung.<br />

Diese Restriktion darf allerdings nicht zu eng ausgelegt <strong>und</strong> gehandhabt werden, um den<br />

<strong>Marken</strong>begriff faktisch nicht doch erheblich einzuengen. Die Aufzählung der<br />

verschiedensten <strong>Marken</strong>formen <strong>mit</strong> der Spannbreite von Abbildungen bis zu dreidimensionalen<br />

Gestaltungen wiederum veranschaulicht, daß über das Erfordernis der<br />

graphischen Darstellbarkeit der Schutz nicht nur auf zweidimensionale Darstellungen im<br />

Register beschränkt werden soll. Die graphische Darstellbarkeit darf dementsprechend<br />

prinzipiell nur dann versagt werden, wenn das beabsichtigte Zeichen nicht konkret genug<br />

hinsichtlich seiner sinnlich wahrnehmbaren Aussageeinheit wiedergegeben werden kann;<br />

aktuelle technische Unmöglichkeit der Darstellbarkeit im Zeichenregister beim<br />

632 Art. 7 Abs. 1 lit. e GemMVO<br />

633 Vgl. Ingerl, S. 55 <strong>und</strong> Fezer, Festschrift für Piper, S. 525, 527 f für das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

634 Art. 7 Abs. 1 lit. b GemMVO<br />

635 Eisenführ in Festschrift 100 Jahre <strong>Marken</strong>-Amt, S. 69, 71 steht dieser Prüfungsweise, wenn auch bezogen auf das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz, das aber die identischen Prüfungsschritte vorschreibt, kritisch gegenüber <strong>und</strong> sieht sie als<br />

überflüssige Doppelprüfung an, übersieht dabei aber, daß bei direkter Prüfung der konkreten<br />

Unterscheidungskraft der beabsichtigt weit konzipierte <strong>Marken</strong>begriff von vorneherein erheblich eingeengt<br />

würde.<br />

636 Art. 39 i.V.m. Art. 8 GemMVO, es handelt sich hier um ein relatives Eintragungshindernis, das erst auf<br />

Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke seine Eintragungssperre entfalten kann.


104<br />

Harmonisierungsamt berechtigen zwar eine momentane Versagung der Eintragbarkeit,<br />

schließen aber eine zukünftige nach Verbesserung der Eintragungsmöglichkeiten nicht<br />

aus. Solange aber technisch die Eintragung generell möglich ist, können nicht<br />

ungewöhnliche Darstellungsarten, bedingt durch innovative <strong>Marken</strong>formen, abgelehnt<br />

werden, um so alleine Verfahrensschwierigkeiten zu vermeiden 637 . - Die Prämisse der<br />

graphischen Darstellbarkeit <strong>und</strong> die gegenwärtig angewandte statische Eintragungstechnik<br />

stehen der Eintragbarkeit bewegter Zeichen, gedacht ist wiederum beispielhaft<br />

an ein Hologramm, momentan noch entgegen. Duftmarken können dagegen auch schon<br />

unter diesen Bedingungen eintragen werden, da sie <strong>mit</strong> Hilfe von chemischen Formeln<br />

<strong>und</strong> genauen Mengenangaben der einzelnen beigefügten Substanzen exakt beschrieben<br />

werden können 638 . Auch Tastmarken sind heute schon eintragbar, sie sind kleine,<br />

komprimierte dreidimensionale Gestaltungen <strong>und</strong> dementsprechend darstellbar, lediglich<br />

kann die Größe einer Tastmarke es erforderlich machen, die Darstellung in einem etwas<br />

vergrößerten Raster wiederzugeben, um so die speziellen Strukturen des Zeichens<br />

präzise erkennen zu können 639 . Die Darstellung von Hörmarken bereitet auch keine<br />

Schwierigkeit: Sie kann entweder durch Notenschrift oder Sonogramm vorgenommen<br />

werden 640 .<br />

Insgesamt gesehen ist der neue <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>begriff sehr weit konzipiert, <strong>mit</strong><br />

seiner Normierung ist ein flexibles Markierungsinstrument geschaffen worden, das im<br />

Trend der neueren internationalen Entwicklung auf dem <strong>Marken</strong>rechtsgebiet liegt <strong>und</strong><br />

den heutigen wirtschaftlichen Interessen <strong>und</strong> Bedürfnissen entspricht. Besonders durch<br />

den nicht statisch, sondern offen für neue <strong>Marken</strong>formen <strong>und</strong> entsprechend der Technik<br />

hinsichtlich der graphischen Darstellbarkeit der Marke entwicklungsfähig verstandenen,<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>begriff ist ein modernes Kennzeichen geschaffen worden, das sich<br />

automatisch den veränderten wirtschaftlichen <strong>und</strong> technischen Gegebenheiten anpassen<br />

kann. Der <strong>Marken</strong>gestaltung wird ein großer Spielraum gegeben, einfallsreiche <strong>und</strong><br />

erfinderische Zeichenkreateure sind nicht an traditionelle <strong>Marken</strong>formen geb<strong>und</strong>en.<br />

So vorteilhaft <strong>und</strong> begrüßenswert der weite <strong>Marken</strong>begriff einerseits ist, darf aber auch<br />

auf der anderen Seite nicht übersehen werden, daß er <strong>mit</strong> seinen unscharfen Grenzen für<br />

die Handhabung der absoluten wie auch der relativen Schutzhindernisse sowie für den<br />

Schutzumfang eingetragener <strong>Marken</strong> vielschichtige <strong>und</strong> diffizile Schwierigkeiten auslöst,<br />

deren umfassende Lösung noch lange dauern wird.<br />

637 So auch Ingerl, S. 57; ausführlich zu den innovativen <strong>Marken</strong>formen Fezer, WRP 1999, 575 ff.<br />

638 A. A. Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1990, 747, 751 <strong>und</strong> Droste/Reimer, GRUR 1974, 636, 639, ihre Ansicht nach<br />

besteht auch kein praktisches Bedürfnis für Duftmarken; kritisch gegenüber den Geruchsmarken, Viefhues,<br />

<strong>Marken</strong>R 1999, 249 ff. Erste eingetragene Duft-Gemeinschaftsmarke: „The smell of fresh cut grass“, <strong>Marken</strong>R<br />

1999, 142, diese Duftmarke wurde allerdings nicht <strong>mit</strong> Hilfe einer chemischen Formel dargestellt, sie wurde<br />

lediglich <strong>mit</strong> Worten beschrieben, überraschenderweise war dies nach Ansicht der 2. Beschwerdekammer des<br />

Harmonisierungsamtes ausreichend.<br />

639 So auch Ingerl/Rohnke, NJW 1994, 1247, 1249<br />

640 Allerdings kann die Überprüfung des Sonogramms oder der Notenschrift in der Praxis Probleme für die Prüfer<br />

bereiten, hier auch weist zu Recht insbesondere Fuchs-Wissemann hin, vgl. <strong>Marken</strong>R 1999, 183, 187.


105<br />

b) Der Begriff der „Marke“ nach der <strong>Marken</strong>richtlinie<br />

Die Richtlinie bestimmt in Art. 1 übereinstimmend <strong>mit</strong> der Gemeinschaftsmarke, daß sie<br />

nur eingetragene oder angemeldete <strong>Marken</strong> umfaßt. Sie verwehrt aber den einzelnen<br />

Mitgliedstaaten nicht, lediglich durch Benutzung erworbene <strong>Marken</strong> selbst unter<br />

markenrechtlichen Schutz zu stellen 641 .<br />

Der <strong>Marken</strong>begriff wird von der Richtlinie in Art. 2 wortidentisch wie von der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung in ihrem Art. 4 umschrieben <strong>und</strong> enthält daher auch<br />

hier keine Legaldefinition. Da für die Richtlinie die gleichen Auslegungsmaßstäbe wie<br />

für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung gelten 642 , kann vorliegend für die Interpretation<br />

des <strong>Marken</strong>begriffes der Richtlinie auf die entsprechenden Ausführungen zum <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>begriff<br />

verwiesen werden 643 . Abweichend von der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung beinhaltet die Richtlinie keine Regelung über eine<br />

Amtsrecherchenpflicht nach bereits existenten, <strong>mit</strong> dem angemeldeten Zeichen<br />

identischen oder ähnlichen <strong>Marken</strong> für die nationalen <strong>Marken</strong>ämter, die Mitgliedstaaten<br />

sind in der Ausgestaltung des <strong>Marken</strong>eintragungsverfahrens frei 644 .<br />

Der weite <strong>Marken</strong>begriff der Richtlinie ist als Gr<strong>und</strong>bedingung für den einheitlichen<br />

Erwerb einer eingetragenen Marke in allen Mitgliedstaaten für diese eine obligatorische<br />

Regelung 645 , ein wichtiger, bei der Auslegung des nationalen <strong>Marken</strong>begriffes hinsichtlich<br />

der eintragbaren Zeichen zu beachtender Aspekt.<br />

c) Der Begriff der „Marke“ nach dem <strong>Marken</strong>gesetz<br />

In das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz wird erstmals der umfassende Begriff „Marke“ 646 eingeführt,<br />

der nun einheitlich für alle Kategorien von <strong>Marken</strong>, welche Warenmarken,<br />

Dienstleistungsmarken <strong>und</strong> Kollektivmarken sind, gilt. Der neue <strong>Marken</strong>begriff nach<br />

§ 3 <strong>Marken</strong>G umfaßt die identischen <strong>Marken</strong>begriffe für angemeldete <strong>und</strong> eingetragene<br />

Zeichen der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der Richtlinie, zusätzlich beinhaltet er<br />

noch durch Benutzung erworbene <strong>Marken</strong> sowie die im Sinne des Artikels 6bis der<br />

Pariser Verbandsübereinkunft notorisch bekannte <strong>Marken</strong> 647 .<br />

Eine Definition für den Begriff „Marke“ enthält auch das <strong>Marken</strong>gesetz nicht. In § 1<br />

Nr. 1 <strong>Marken</strong>G wird die Marke lediglich als schutzfähiges Kennzeichen genannt. Das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz hat die obligatorische Regelung des <strong>Marken</strong>begriffs der Richtlinie in<br />

§ 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G umgesetzt. Die Formulierung der Richtlinie wurde weitgehend<br />

641 Richtlinie, Erwägungsgr<strong>und</strong> 7, GRUR Int. 1989, 294<br />

642 Siehe diesbezüglich unter B. V. 2.<br />

643 Unter D. II. 1. a)<br />

644 Erwägungsgr<strong>und</strong> 2 <strong>und</strong> 5 der Richtlinie, GRUR Int. 1989, 294<br />

645 Vgl. Richtlinie, Erwägungsgr<strong>und</strong> 7, GRUR Int. 1989, 294<br />

646 In der zeichenrechtlichen Literatur wurden die Ausdrücke Warenzeichen, Marke <strong>und</strong> Zeichen schon früher<br />

synonym verwendet, vgl. Storkemann/Klock, WZG, § 1 Rn. 2; auf internationaler Ebene wurde überwiegend die<br />

„Marke“ als Oberbegriff für die verschiedenen Zeichenformen gebraucht, vgl. Medcalf, Vergleichende Studie des<br />

Begriffs der Marke in den einzelnen Ländern, GRUR Int. 1961, 461 ff; Beier, Studien zur Vereinheitlichung des<br />

<strong>Marken</strong>rechts (23 B), 1. Begriff der Marke, GRUR Int. 1963, 83.<br />

647 BT-Drucks. 12/6581 S. 64. Der im alten Warenzeichenrecht unter § 25 WZG verwendete Begriff „Ausstattung“<br />

wird so<strong>mit</strong> auch unter den Begriff der „Marke“ subsumiert, den Begriff der Ausstattung gibt das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

auf, BT-Drucks. S. 65.


106<br />

wörtlich übernommen; bei der Aufzählung möglicher <strong>Marken</strong>formen wurden zusätzlich<br />

die Beispiele der Hörmarken, der dreidimensionalen Gestaltungen, der Verpackung <strong>und</strong><br />

der Farben <strong>und</strong> Farbzusammenstellungen aufgenommen. Da die Auflistung der <strong>Marken</strong>formen<br />

in der Richtlinie nicht enumerativ gestaltet ist, spricht nichts gegen die<br />

Ausweitung der <strong>Marken</strong>formbeispiele. Entsprechend der Aufzählung der <strong>Marken</strong>formen<br />

in der Richtlinie kann die im <strong>Marken</strong>gesetz, auch wenn sie im Vergleich umfangreicher<br />

als die der Richtlinie ist, keine abschließende Regelung sein 648 . Infolgedessen sind in<br />

Koordination <strong>mit</strong> der Richtlinie <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung auch Mischformen<br />

aus den genannten Formen möglich, <strong>und</strong> auch völlig neue Zeichenarten sind<br />

nicht von vorneherein ausgeschlossen 649 . Die explizite Nennung der Hörmarken <strong>und</strong> der<br />

dreidimensionalen Gestaltungen verdeutlicht den nun beabsichtigten weiten <strong>Marken</strong>begriff<br />

<strong>und</strong> zeigt demonstrativ, daß das frühere enge <strong>Marken</strong>verständnis nach dem alten<br />

Warenzeichengesetz nicht mehr gilt 650 .<br />

Abweichend von der Richtlinie wurde das Kriterium der graphischen Darstellbarkeit für<br />

die Eintragbarkeit von Zeichen nicht in die Umschreibung des <strong>Marken</strong>begriffs in § 3<br />

Abs. 1 <strong>Marken</strong>G aufgenommen. Dafür wurde es in § 8 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G, der sich nur auf<br />

eintragbare <strong>Marken</strong> bezieht, als absolutes Schutzhindernis aufgeführt. Gr<strong>und</strong> für diese<br />

Gestaltung ist der vom <strong>deutschen</strong> Gesetzgeber gewollte Geltungsbereich für eintragbare<br />

<strong>und</strong> nicht eintragbare, so<strong>mit</strong> durch Benutzung erworbene <strong>Marken</strong> des § 3 Abs. 1<br />

<strong>Marken</strong>G 651 . Mit dieser Abweichung von der Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber<br />

aber nicht gegen die obligatorische Vorgabe der Richtlinie verstoßen. Nach Art. 249 S. 3<br />

EGV sind Richtlinien nämlich nur hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich.<br />

Mit welcher Form <strong>und</strong> <strong>mit</strong> welchen Mitteln dann diese Zielsetzung erreicht wird, bleibt<br />

den Mitgliedstaaten überlassen 652 . Die vom <strong>deutschen</strong> Gesetzgeber gewählte Gestaltung<br />

erreicht ohne weiteres das von der Richtlinie vorgegebene obligatorische Ziel der<br />

Nichteintragbarkeit von graphisch nicht darstellbaren Zeichenformen 653 .<br />

Fast wortgleich hat der deutsche Gesetzgeber seinem <strong>Marken</strong>begriff in § 3 Abs. 2<br />

<strong>Marken</strong>G dagegen die in der Richtlinie als absolutes Eintragungshindernis ausgeformten<br />

Eliminierungsgründe für Warenformen hinzugefügt. Diese Konstruktion ermöglicht<br />

648 Begründung zum <strong>Marken</strong>G spricht auch nur von Regelbeispielen, BT-Drucksache 12/6581, S. 65<br />

649 Vgl. oben unter <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> Richtlinie , Ingerl/Rohnke NJW 1994, 1247, 1249 für das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz.<br />

650 Begründung BT-Drucksache 12/6581, S. 65. Die Rechtsprechung hat den alten Warenzeichenbegriff immer<br />

dahin ausgelegt, daß Hörzeichen <strong>und</strong> dreidimensionale <strong>Marken</strong> nicht eintragbar seien, der BGH vertrat sogar<br />

seine enge Auffassung noch in der Phase, als sich schon die Tendenz zu einem weiteren <strong>Marken</strong>begriff konkret in<br />

den Entwürfen der Richtlinie <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung abzeichneten, BGH GRUR 1988, 306 -<br />

„Hörzeichen“; gegen diese enge Auslegung schon früh die Literatur, so z.B. Tetzner GRUR 1951, 66;<br />

Storkemann/Klock WZG § 1 Rn. 43; vgl. ferner Beier, GRUR 1967, 628, 633, der sich schon damals für eine<br />

Erweiterung des eintragbaren <strong>Marken</strong>begriffes im heutigen Sinne ausgesprochen hat <strong>und</strong> seine Auffassung später<br />

nochmals betont hat, ders., GRUR Int. 1973, 407, 411 f, <strong>mit</strong> der treffenden Herausstellung des Vorteils des weiten<br />

<strong>Marken</strong>begriffs für die Allgemeinheit, die Mitbewerber <strong>und</strong> die Neuanmelder durch Verstärkung der<br />

Rechtssicherheit. Bezüglich der graphischen Darstellbarkeit von Hörmarken siehe die Mitteilung Nr. 16/94 des<br />

Präsidenten des Deutschen Patentamts, BlPMZ 1996, 392. Ausführlich zu den Hörmarken, Becker, WRP 2000,<br />

56 ff.<br />

651 Begründung BT-Drucksache 12/6581, S. 65<br />

652 Dazu ausführlicher unter B. II. 2.<br />

653 Kritisch gegenüber dieser Gestaltung Fezer, Festschrift für Piper, S. 525, 527.


107<br />

neben der Einschränkung der eintragbaren Marke gleichzeitig auch die der unter § 3<br />

Abs. 1 <strong>Marken</strong>G fallenden, nur durch Benutzung erworbenen Marke 654 . Auch diese<br />

Abweichung von der Richtlinie ist insgesamt zulässig, da sie einmal die für die<br />

eintragbaren Zeichen vorgegebene Zielsetzung der Richtlinie ebenso auf diesem Weg<br />

erreicht <strong>und</strong> zum anderen, betreffend die nicht eingetragenen <strong>Marken</strong>, der Gesetzgeber in<br />

seiner Gestaltungsfreiheit von der Richtlinie nicht eingeschränkt wird 655 .<br />

Für die vorliegende Untersuchung ist nur der <strong>Marken</strong>begriff für eintragbare Zeichen von<br />

Interesse. Da er von der Richtlinie obligatorisch vorgegeben wurde <strong>und</strong> folglich richtlinienkonform<br />

ausgelegt werden muß, kann hier auf die entsprechenden Ausführungen<br />

zur Auslegung des <strong>Marken</strong>begriffes der Richtlinie <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> inzident auf die Ausführungen<br />

zum <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>begriff, der wiederum <strong>mit</strong> dem der Richtlinie übereinstimmt,<br />

verwiesen werden 656 . Ausdrücklich hervorgehoben sei hier nochmal, daß die<br />

Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung des <strong>Marken</strong>begriffs für eintragbare Zeichen<br />

es verbietet, für die Auslegung auf die traditionellen Auslegungskriterien der Rechtsprechung<br />

für eintragbare <strong>Marken</strong> nach dem alten Warenzeichengesetz ohne weiteres<br />

zurückzugreifen, auch wenn der Begriff der „Marke“ u.a. die früher verwendeten<br />

Begriffe „Warenzeichen <strong>und</strong> Dienstleistungsmarke“ ersetzt <strong>und</strong> einschließt 657 .<br />

d) Für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> interessante <strong>Marken</strong>formen<br />

Nachdem die voranstehenden Ausführungen gezeigt haben, daß der <strong>Marken</strong>begriff für<br />

eintragbare Zeichen auf der gemeinschaftlichen sowie auf der nationalen Ebene sehr weit<br />

zu verstehen ist, sollen im folgenden einige für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> auf den ersten<br />

Blick besonders interessante <strong>Marken</strong>formen auf ihre Eintragbarkeit hin näher geprüft<br />

werden.<br />

Für den von der vorliegenden Arbeit untersuchten Typus von <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> ist<br />

charakteristisch, die Kreation <strong>und</strong> Eintragung von <strong>Marken</strong> zu betreiben, ohne die<br />

<strong>Marken</strong>schöpfung auf ein spezielles, bereits konzipiertes oder wenigstens in der Planung<br />

befindliches Unternehmensprodukt konkret zuzuschneiden. Dies bedeutet jedoch nicht,<br />

daß der Zeichenkreateur sich von jeglicher Vorstellung einer bestimmten Waren- oder<br />

Dienstleistungsgruppe, für die die Marke Kennzeichen werden soll, frei macht, vielmehr<br />

bezieht er in seine Überlegungen für ein neues <strong>Marken</strong>design das zukünftige Unternehmensprodukt<br />

abstrakt oder zumindest den anzusprechenden Unternehmensbereich<br />

<strong>mit</strong> ein. Im Hinblick auf diese meist unpräzise <strong>und</strong> mehr rasterhafte Vorstellung der<br />

Produktpalette bieten sich allgemeingültige <strong>und</strong> dennoch phantasievolle <strong>Marken</strong>kreationen<br />

ohne spezifischen Aussagegehalt zur Eintragung an. Dementsprechend<br />

kommen Buchstaben, Zahlen <strong>und</strong> Farben oder Farbzusammenstellungen als für die<br />

Vermarktung fungibele <strong>Marken</strong>formen vorzugsweise in Betracht.<br />

654 Ausführlich zur dreidimensionalen Marke, Eichmann, GRUR 1995, 184 ff.<br />

655 Die Richtlinie hat ausdrücklich die Regelung für nicht eingetragene Zeichen den Mitgliedstaaten fakulativ<br />

überlassen, vgl. Erwägungsgr<strong>und</strong> 4, GRUR Int. 1989, 294.<br />

656 Siehe unter D. II. 1. b) <strong>und</strong> a)<br />

657 In der Begründung zum <strong>Marken</strong>G wird ausdrücklich von einer völligen Neugestaltung des <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Marken</strong>rechts <strong>und</strong> einem Neuanfang bei der Auslegung gesprochen, BT-Drucksache 12/6581, S. 59.


108<br />

Buchstaben <strong>und</strong> Zahlen können unproblematisch unter den weiten <strong>Marken</strong>begriff der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, der Richtlinie <strong>und</strong> des <strong>Marken</strong>gesetzes subsumiert<br />

werden 658 ; daraus folgt aber nicht gleichzeitig die Bejahung ihrer Eintragbarkeit. Erst die<br />

Überprüfung auf absolute Eintragungshindernisse 659 gibt Antwort darauf, ob das Zeichen<br />

in konkreter Ausgestaltung eingetragen werden darf oder nicht. Für die Prüfung der<br />

Eintragbarkeit von Buchstaben <strong>und</strong> Zahlen kommen vorwiegend die absoluten<br />

Schutzhindernisse der konkreten Unterscheidungskraft 660 <strong>und</strong> des Freihaltebedürfnisses<br />

661 in Betracht. Die Unterscheidungskraft wird nach der Auffassung aller<br />

beteiligten Verkehrskreise abgewogen, während für das Freihaltebedürfnis, welches<br />

Angaben zum Zwecke der Beschreibung von Waren dem Verkehr zum freien Gebrauch<br />

erhalten soll, nur die berechtigten Interessen der Mitbewerber entscheidend sind; wenn<br />

auch beide Schutzhindernisse da<strong>mit</strong> einen eigenen Betrachtungswinkel haben, stehen sie<br />

doch insofern in einer gewissen Wechselwirkung, als bei Verneinung des Freihaltebedürfnisses<br />

nicht gleichzeitig die Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu hoch<br />

angesetzt werden dürfen 662 . Wann diese Eintragungshindernisse letztendlich zu bejahen<br />

sind, kann nicht schematisch beantwortet werden, da sie konkret im Zusammenhang <strong>mit</strong><br />

den für das Zeichen angemeldeten Waren oder Dienstleistungen geprüft werden müssen<br />

<strong>und</strong> das Ergebnis folglich einzelfallabhängig ist. Besonders umfangreiche Waren- oder<br />

Dienstleistungsverzeichnisse erschweren die Ergebnisfindung.<br />

Beispielhaft sollen hier nur die Extremfälle, in denen lediglich einzelne Zahlen oder<br />

einzelne Buchstaben in standardisierter Schriftform <strong>und</strong> ohne jegliche Detailanreicherung<br />

als Marke angemeldet werden, auf die genannten Schutzhindernisse hin beleuchtet<br />

werden. Die <strong>Marken</strong>fähigkeit von einzelnen Zahlen <strong>und</strong> Buchstaben ist gegeben, auch<br />

wenn übereinstimmend in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, der Richtlinie <strong>und</strong> dem<br />

<strong>Marken</strong>gesetz lediglich ihre plurale Form als markenfähiges Zeichen aufgeführt wird, da<br />

sie auch einzeln, abstrakt <strong>und</strong> ohne Berücksichtigung des konkret zu kennzeichnenden<br />

Unternehmensproduktes, geeignet sind, als Unterscheidungszeichen zu fungieren. Die<br />

Verwendung der pluralen Form bedingt sich allein aus der gesamten Normformulierung<br />

<strong>und</strong> schließt nicht einzelne Zahlen <strong>und</strong> Buchstaben vom <strong>Marken</strong>schutz von vorneherein<br />

aus. Die Eintragungshindernisse müssen für die Zahlen <strong>und</strong> die Buchstaben getrennt<br />

658 In Art. 4 GemMVO, Art. 2 RL <strong>und</strong> § 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G werden diese beiden <strong>Marken</strong>formen als markenfähige<br />

Zeichen explizit aufgeführt. Nach dem alten Warenzeichengesetz waren Buchstaben <strong>und</strong> Zahlen nicht<br />

eintragungsfähig (§ 4 Abs. 2 Ziff. 2 WZG), vgl. hierzu Krings, WRP 1999, 50 f <strong>mit</strong> zahlreichen Beispielen aus der<br />

Rechtsprechung.<br />

659 Art. 7 GemMVO, Art. 3 RL <strong>und</strong> § 8 <strong>Marken</strong>G<br />

660 Art. 7 Abs. 1 lit. b GemMVO, Art. 3 Abs. 1 lit. b RL <strong>und</strong> § 8 Abs. 2 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G<br />

661 Art. 7 Abs. 1 lit. c <strong>und</strong> d GemMVO, Art. 3 Abs. 1 lit. c <strong>und</strong> d RL <strong>und</strong> § 8 Abs. 2 Nr. 2 <strong>und</strong> 3 <strong>Marken</strong>G; Beschluß<br />

des BGH v. 20.7.1996, BlPMZ 1996, 498 - „MEGA“ zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 <strong>Marken</strong>G<br />

662 So BPatG, Beschl. vom 7.5.1996, Mitt. 1997, 70 für das <strong>Marken</strong>G, diese Ausführungen sind bedenkenlos auf die<br />

entsprechenden Schutzhindernisse der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der Richtline übertragbar, auch<br />

wenn § 8 Abs. 1 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G von „jeglicher Unterscheidungskraft“ <strong>und</strong> die GemMVO in Art. 7 Abs. 1 lit b<br />

<strong>und</strong> die Richtlinie in Art. 3 Abs. 1 lit. b nur von „Unterscheidungskraft“ sprechen, stimmen diese<br />

Schutzhindernisse inhaltlich überein, der deutsche Gesetzgeber wollte <strong>mit</strong> seiner Formulierung nur erhellen, daß<br />

auch nur eine geringe Unterscheidungskraft zur Überwindung dieses Eintragungshindernisses ausreichend ist, vgl.<br />

BT-Drucksache 12/6581, S. 70. Ausführlich zum Freihaltebedürfnis nach dem <strong>Marken</strong>geesetz, Sambuc, GRUR<br />

1997, 403 ff.


109<br />

begutachtet werden. Bei den Zahlen springt der Hindernisgr<strong>und</strong> der Mengenangabe 663<br />

sofort ins Auge. Letztendlich eignet sich aber jede Zahl schon wesensmäßig, als<br />

Mengenangabe zu dienen; diese allgemeine Subsumtion würde aber die generelle<br />

Befürwortung der <strong>Marken</strong>fähigkeit der Zahlen konterkarrieren, deshalb darf nicht<br />

generell in der Zahl als solche schon ein Eintragungshindernis gesehen werden, vielmehr<br />

muß die angemeldete Zahl oder Zahlenkombination unter Beachtung der tatsächlichen<br />

Eignungsbeziehung zur Ware konkret auf das Freihaltebedürfnis hin geprüft werden 664 .<br />

Sofern in der angemeldeten Zahl in Bezug auf die angegebene Ware dann keine<br />

beschreibende Angabe gesehen werden kann, ist weiter zu prüfen, ob nicht, insbesondere<br />

bei einer standardisierten Wiedergabe des Zahlenkennzeichens, seine Eintragung wegen<br />

mangelnder konkreter Unterscheidungs-kraft versagt werden muß. Das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

fordert zwar nicht von der Gestaltung der Marke nach dem Gesamteindruck eine<br />

künstlerische Eigenart im Sinne einer schöpferischen Originalität für ihre Eintragbarkeit,<br />

wie es das Urheberrecht für seine Schutzobjekte verlangt 665 , aber hinsichtlich des<br />

Wesens der Marke als Unterscheidungs-zeichen muß das Zeichen zumindest eine<br />

gewisse Originalität aufweisen, da<strong>mit</strong> es vom Verkehr auch als Identifikationszeichen<br />

angesehen wird 666 . Die Ausgestaltung des Zahlenzeichens <strong>mit</strong> lediglich einer Standardschrift,<br />

vermag diese geforderte Originalität nicht zu erfüllen, ihr fehlt jeglicher<br />

Phantasiegehalt. Für die Bejahung der Eintragbarkeit einer einzelnen Zahl als Marke<br />

müßte die Zahl nach dem hier vertretenen Verständnis immerhin ein wenig graphisch<br />

individuell gestaltet sein, sei es in der Form oder in der Farbe 667 , eine, wie früher unter<br />

Zugr<strong>und</strong>elegen des alten Warenzeichengesetzes von der Rechtsprechung 668 geforderte<br />

totale graphische Verfremdung der Zahl bis zu ihrer Unkenntlichkeit für den angesprochenen<br />

Geschäftsverkehr darf aber nicht gefordert werden, da dies die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

<strong>Marken</strong>fähigkeit der Zahlen negieren würde 669 .<br />

663 Art. 7 Abs. 1 lit. c GemMVO, Art. 3 Abs. 1 lit. c RL <strong>und</strong> § 8 Abs. 2 Nr. 2 <strong>Marken</strong>G<br />

664 Vgl. BGH, Beschl. v. 9.2.1995, Mitt. 1996, 184, 185 f - quattro II; BPatG, Beschl. v. 5.2.1997, GRUR 1998, 52 ff<br />

- Fünfer, nicht rechtskräftig; BGH, GRUR 1995, 732 ff - Füllkörper; ferner BT-Drucks. 12/6581 S. 70; Eisenführ,<br />

Festschrift 100 Jahre <strong>Marken</strong>-Amt, S. 69, 73; v. Gamm, WRP 1993, 793, 796 <strong>und</strong> ders., GRUR 1994, 775, 780<br />

665 So § 2 Urhebergesetz, siehe dazu nur Fromm/Nordemann, Urheberrecht, § 2 <strong>und</strong> Schack, S. 79 ff.<br />

666 So auch Eisenführ, Festschrift Gewerblicher Rechtsschutz, Bd. II, S. 765, 776; dieser Vorbehalt widerspricht<br />

nicht der Rechtsprechung des EuGH, der schon in seiner quattro-Entscheidung vom 30.11.93, Rs. C 317/91,<br />

EuZW 1994, 27 m. Anm. v. Fritzsche, WiB 1994, 83 f, die Befürwortung einer großzügigen Tendenz hinsichtlich<br />

der Bejahung der Unterscheidungskraft erkennen ließ; vgl. auch Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 8 Rn. 56 ff.<br />

667 Diese Eintragungsanforderung gilt nach §§ 4 Nr. 2, 8 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G nicht für im Verkehr bereits durch<br />

Benutzung durchgesetzte Zeichen, entsprechende Normen befinden sich nicht in der Richtlinie <strong>und</strong> der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, da ihre Regelungsbereiche nicht durch Benutzung erworbene <strong>Marken</strong><br />

enthalten. Eine andere Frage ist, welcher Schutzumfang diesen eingetragenen Zeichen zukommt, dazu Albrecht,<br />

C., MA 1986, 281 ff <strong>und</strong> Albrecht, F., GRUR 1996, 246 ff.<br />

668 BGH, GRUR 1982, 373 - Zahl 17; hinsichtlich ausgeschriebener Zahlwörter hat sich die Eintragungspraxis schon<br />

vor Inkrafttreten des <strong>Marken</strong>gesetzes unter Berücksichtigung der Richtlinie gelockert, so in BGH, GRUR 1993,<br />

825 - DOS, allerdings wurde diese Entwicklung wieder von BGH, GRUR 1993, 742 - UHQ, gedrosselt, vgl.<br />

Harte-Bavedamm, WRP 1996, 534, 535.<br />

669 Ein Ausschluß hier von Einzelbuchstaben <strong>und</strong> -ziffern sowie der Kombinationen aus zwei Buchstaben oder<br />

Ziffern, wie es die Regel 8.3 der Prüfungsrichtlinie des europäischen <strong>Marken</strong>amts vom 26.3.1996, Beschl. Nr.<br />

EX-96-2 des Präsidenten des Amtes, gr<strong>und</strong>sätzlich vorsieht, ist nicht gebührend, da durch die pauschale<br />

Prüfungsvorgabe einigen schutzfähigen Zeichen ihr Zeichenschutz zu unrecht versagt wird.; vgl. dazu Albrecht,<br />

MA 1996, 276, 278. In diesem Sinne hat die Beschwerdekammer des europäischen <strong>Marken</strong>amtes nun explizit<br />

entschieden <strong>mit</strong> dem Hinweis, daß die Prüfungsrichtlinien keine bindenden Vorschriften sind, GRUR Int. 1998,<br />

613 f. Die deutsche Prüfungsrichtlinie für <strong>Marken</strong>anmeldungen, BlPMZ 1995, 378, 384, 386 ist diesbezüglich


110<br />

Die Prüfung eines einzelnen angemeldeten Buchstabens auf seine Eintragbarkeit als<br />

Zeichen richtet zunächst ihr Augenmerk auf den formbeschreibenden Gebrauch des<br />

gewünschten Buchstabens hinsichtlich der angegebenen Ware, da manche Buchstaben<br />

im Zusammenhang <strong>mit</strong> bestimmten Waren deren Gestalt wiedergeben können 670 .<br />

Desweitern ist nachzuprüfen, ob der Buchstabe nicht als verkehrsübliche Abkürzung für<br />

die vorgesehene Warengruppe verwendet wird 671 . Insoweit der einzelne Buchstabe nicht<br />

als beschreibende Angabe einzuordnen ist, muß er noch auf seine Originalität hin<br />

untersucht werden. Denn auch für ihn gilt das eben für einzelne Zahlen Gesagte: Allein<br />

seine Ausführung in standardisierter Druckschrift ist nicht ausreichend, um den<br />

geforderten Phantasiegehalt zu erfüllen. Wiederum ist eine gewisse graphische<br />

Darstellung für die Bewilligung seiner Eintragbarkeit vonnöten 672 .<br />

Dieser strenge Maßstab für die Eintragbarkeit ist nicht bei der Kombination zweier<br />

Buchstaben oder eines Buchstabens <strong>und</strong> einer Zahl anzusetzen. Die reine Buchstabenkombination<br />

kann vom Verkehr als Monogramm <strong>und</strong> in entsprechender kennzeichnender<br />

Verwendungsweise als Unterscheidungszeichen <strong>mit</strong> gewisser Aussage von Anfang<br />

an verstanden werden. Auch die Kombination eines Buchstabens <strong>und</strong> einer Zahl weist,<br />

solange sie keinerlei beschreibende Bezugnahme auf die bezeichneten Produkte<br />

enthält 673 , eine gewisse Originalität auf <strong>und</strong> kann, vom Verkehr für sich genommen,<br />

auch als Unterscheidungszeichen verstanden werden 674 .<br />

Neben den Zahlen- <strong>und</strong> Buchstabenmarken mutet auch eine eingetragene abstrakte<br />

Farbmarke, losgelöst von jeglicher bildlich zweidimensionalen oder dreidimensionalen<br />

Gestaltung, wegen ihrer vielfältigen Verwendbarkeit, besonders als erfolgversprechendes<br />

Handelsobjekt an. Die <strong>Marken</strong>fähigkeit <strong>und</strong> insbesondere die Eintragungsfähigkeit der<br />

Farbmarke ist eine umstrittene Thematik im neuen europäischen <strong>und</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>recht<br />

675 . Bedingt durch die Vorlaufzeit für die Bearbeitung der <strong>Marken</strong>anmeldungen<br />

beim europäischen <strong>und</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>amt mußten sich in jüngster Zeit nun auch die<br />

<strong>deutschen</strong> Gerichte bzw. die Beschwerdekammern des europäischen <strong>Marken</strong>amtes <strong>mit</strong><br />

sublimer, wenn sie auch für einzelne Buchstaben <strong>und</strong> Zahlen das Vorliegen eines Schutzhindernisses, zumeist das<br />

des Freihaltebedürfnisses, für wahrscheinlicher als für zusammengesetzte Buchstaben- <strong>und</strong> Zahlenzeichen hält, so<br />

macht sie das Endergebnis aber dennoch von der Einzelfallprüfung abhängig; in diesem Sinne auch BPatG,<br />

GRUR 1999, 330 – CT.<br />

670 Als Beispiel sei hier nur auf BGH, NJW 1995, 1219, 1220 - U-KEY verwiesen.<br />

671 Vgl. die einleuchtenden Beispiele, „D“ für Diesel <strong>und</strong> „i“ für injektion, von Winkler, MA 1996, 516, 517.<br />

672 In diesem Sinne BPatG, BPatGE 39, 29 = GRUR 1998, 710ff – Buchstabe K (Rechtsbeschwerde zugelassen <strong>und</strong><br />

eingelegt – I ZB 4/98), BPatGE 38, 116 – Buchstabe L (Rechtsbeschwerde zugelassen, aber nicht eingelegt),<br />

BPatGE 39, 140 – Buchstabe M (Rechtsbeschwerde zugelassen, nicht eingelegt); abweichend BPatG, Mitt. 1998,<br />

232 – Buchstabe M, hier wurde eine graphische Ausgestaltung nicht gefordert.<br />

673 Die beschreibende Bezugnahme kann insbesondere in Fachabkürzungen liegen, die allerdings keine erhebliche<br />

Vieldeutigkeit aufweisen dürfen, vgl. Beschl. V. 4.8.1997, 30 W (pat) 137/95 – „RISC 86“. Ebenso eindeutige<br />

Fachbezeichnung „V8“, vgl. Winkler, MA 1996, 516, 517; siehe hierzu auch Teplitzky, WRP 1999, 461, der sich<br />

ausführlich <strong>mit</strong> den Kombinationen von Buchstaben <strong>und</strong> Zahlen im Kraftfahrzeugbau <strong>und</strong> deren Eintragbarkeit<br />

als <strong>Marken</strong> beschäftigt, allgemein zum Schutz von Buchstaben, Krings, WRP 1999, 50 ff.<br />

674 So auch BGH, GRUR 1995, 808, 810; BPatG, GRUR 1998, 404 – A 3<br />

675 Wenngleich das Thema des Farbenschutzes im <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>recht nicht neu ist, es wurde schon zu Zeiten<br />

des Warenzeichengesetzes im Zusammenhang <strong>mit</strong> dem Ausstattungsschutz nach § 25 WZG ausführlich erörtert,<br />

vgl. Beier, <strong>Marken</strong>rechtliche Abhandlungen, S. 335 m.w.N. = GRUR 1980, 600; Heydt <strong>mit</strong> seiner Anmerkung<br />

zum Maggi-Urteil, BGH, GRUR 1969, 378. Siehe dazu auch Baumbach/Hefermehl, WZG, § 25 Rn. 53 ff m.w.N.<br />

<strong>und</strong> Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 8 vor Rn. 89 m.w.N..


111<br />

dieser Thematik desöfteren auseinandersetzen 676 . Vorliegend kann auf die umfangreiche<br />

Problematik der Farbmarke nur kursorisch eingegangen werden, zumal noch zahlreiche<br />

Fragen hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit offen sind.<br />

Im Gegensatz zur <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der Richtlinie hat das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

Farben <strong>und</strong> Farbzusammenstellungen in seine Auflistung der markenfähigen<br />

Zeichen aufgenommen 677 . Auf diesem Wege wollte der deutsche Gesetzgeber nach<br />

eigenen Bek<strong>und</strong>ungen ihre <strong>Marken</strong>fähigkeit klarstellen 678 ; dieser an sich deutlichen<br />

Aussage kann aber, insbesondere <strong>mit</strong> Rücksicht auf den europäisch geprägten <strong>Marken</strong>begriff,<br />

nicht ungeprüft <strong>und</strong> bedenkenlos gefolgt werden.<br />

In der fehlenden Nennung von Farben <strong>und</strong> Farbzusammenstellungen in den nicht<br />

enumerativen Regelbeispielen der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der Richtlinie<br />

kann kein primäres Indiz für deren Ablehnung als markenfähiges Zeichen gesehen<br />

werden, da beide europäischen Regelungen den <strong>Marken</strong>begriff sehr weit verstehen. Die<br />

Frage nach der <strong>Marken</strong>- <strong>und</strong> Eintragungsfähigkeit einer Farbmarke auf europäischer<br />

Ebene kann nur <strong>mit</strong>tels der genauen Prüfung der einzelnen geforderten Voraussetzungen<br />

für den gemeinschaftsrechtlichen <strong>Marken</strong>begriff, wie: abstrakte Unterscheidungskraft,<br />

graphische Darstellbarkeit <strong>und</strong> Einheitlichkeit des Zeichens sowie der absoluten<br />

Eintragungshindernisse beantwortet werden. Die gef<strong>und</strong>ene Antwort wird gleichzeitig<br />

auch Auskunft darüber geben - bedingt durch die Pflicht zur richtlinienkonformen<br />

Auslegung des <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>begriffs -, wie die Formulierung im <strong>deutschen</strong> Gesetz<br />

verstanden werden darf.<br />

Das Erfordernis der abstrakten Unterscheidungskraft wird von einem abstrakten<br />

Farbzeichen erfüllt. So ermöglicht die Verwendung einer Farbe oder Farbkombination<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich das Produkt eines Unternehmens von einem anderen zu unterscheiden.<br />

Wenn sich aber die angemeldete Farbe aus dem Wesen der zu kennzeichenden Ware<br />

ergibt, muß ihre konkrete Unterscheidungskraft verneint <strong>und</strong> ihr die Schutzfähigkeit<br />

versagt werden 679 . Die notwendige graphische Darstellung des abstrakten Farbzeichens<br />

kann <strong>mit</strong> Hilfe der Einreichung eines Farbmusters unter Angabe der RAL-Nummer vorgenommen<br />

werden 680 . Problematisch wird dagegen die Erfüllung des Erfordernisses der<br />

676 Vgl. diesbezüglich Bender, <strong>Marken</strong>R 1999, 117, 119 f; Grabzucker, GRUR 1998, 625 f, Fuchs-Wissemann,<br />

<strong>Marken</strong>R 1999, 183, 186.<br />

677 § 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G<br />

678 Vgl. Begründung, BT-Drucks. 12/6581, S. 65<br />

679 Beispielhaft sei hier die Anmeldung einer grünen Farbe für Kunstrasen genannt, einschlägige Normen für das<br />

Eintragungshindernis der konkreten Unterscheidungskraft: Art. 7 Abs. 1 lit. b GemMVO, Art. 3 Abs. 1 lit. b RL<br />

<strong>und</strong> § 8 Abs. 2 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G. Die Schutzausschließungsgründe Art. 7 Abs. 1 lit. e GemMVO, Art. 3 Abs. 1 lit. e<br />

RL <strong>und</strong> § 3 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G sind bei der Anmeldung einer abstrakten Farbe nicht einschlägig, da sie sich<br />

lediglich auf dreidimensionale Formgebungen von Waren beziehen; dazu ausführlich Wittenzellner, Festschrift für<br />

Beier, S. 333, 336; Eichmann, GRUR 1995, 184, 188; anderen Prüfungsansatz verfolgt Fezer; <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn.<br />

265, 211 über das Wesenskriterium der Selbständigkeit der Marke.<br />

680 Die deutsche <strong>Marken</strong>V regelt nicht explizit die Anforderungen der graphischen Darstellung einer Farbmarke,<br />

entsprechend gilt die Auffangregelung § 12 <strong>Marken</strong>V für sonstige <strong>Marken</strong>formen; die graphische Darstellung von<br />

abstrakten Farbmarken wurde zunächst in mehreren Entscheidungen des BPatG verneint, so beispielsweise in<br />

GRUR 1996, 881 – Farbmarke, BPatGE 39, 145 – Schwarz/Zink-Gelb; BpatGE 39, 192 – grün/gelb, inzwischen<br />

hat der BGH in seiner Gr<strong>und</strong>satzentscheidung, <strong>Marken</strong>R 1999, 64 – Farbmarke gelb/schwarz, zu recht<br />

entschieden, daß <strong>mit</strong> Hilfe von genauen Farbangaben nach einem Farbbezeichnungssystem, wie beispielsweise


112<br />

Einheitlichkeit des Zeichens, wenn nicht nur eine bestimmte zu kennzeichende Ware<br />

angegeben wird, über die das Zeichen dann seine konkrete Ausgestaltung erfährt 681 . Die<br />

Anmeldung einer Farbmarke bzw. Farbkombinationsmarke <strong>mit</strong> entsprechenden Farbmustern<br />

<strong>und</strong> Angaben der RAL-Nummern, aber ohne Nennung ihrer konkreten<br />

Ausgestaltung oder Benutzungsform, läßt auf den ersten Blick eine solche Geschlossenheit<br />

vermissen, da es den gewünschten Farbzeichen an jeglicher Kontur mangelt, ihre<br />

Umrisse vielmehr ins Unendliche gehen. Dieser Blickwinkel ist allerdings zu stark von<br />

dem traditionellen <strong>deutschen</strong> Verständnis der flächenmäßigen Begrenzung eines<br />

Zeichens geprägt. Ein eher der europäischen Sichtweise entgegenkommender <strong>und</strong> den<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich weit zu verstehenden <strong>Marken</strong>begriff beachtender Ansatz legt den Schwerpunkt<br />

seiner Betrachtung nicht auf die Konturenlosigkeit der Farbmarke, sondern sieht in<br />

der Auswahl <strong>und</strong> Festlegung der Farbe bzw. Farben bei Kombinationen als Marke die<br />

geforderte Geschlossenheit als gegeben an. Da<strong>mit</strong> sind Farben <strong>und</strong> Farbkombinationen<br />

nach Art. 4 GemMVO <strong>und</strong> Art. 2 RL markenfähig 682 . Bedingt durch die Pflicht zur<br />

richtlinienkonformen Auslegung des <strong>Marken</strong>begriffs nach § 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G muß<br />

folglich auch die <strong>Marken</strong>fähigkeit von Farben <strong>und</strong> Farbkombinationen in Deutschland<br />

bejaht werden 683 .<br />

Ein weitaus größeres Problem als die <strong>Marken</strong>fähigkeit von Farben <strong>und</strong><br />

Farbkombinationen stellt ihre Eintragbarkeit dar 684 . Entsprechend den obigen Ausführungen<br />

zu den Zahlen <strong>und</strong> Buchstaben als registerrechtliche Marke muß auch bei den<br />

Farben <strong>und</strong> Farbkombinationen unter dem Prüfungspunkt der konkreten Unterscheidungskraft<br />

als absolutes Schutzhindernis (Art. 7 Abs. 1 lit. b GemMVO <strong>und</strong> § 8<br />

Abs. 2 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G) eine gewisse Originalität des Farbzeichens bzw. des Farbkombinationszeichens<br />

im Hinblick auf die angemeldeten Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />

gefordert werden. Denn erst eine gewisse Originalität des Zeichens ermöglicht es dem<br />

Verkehr, das Zeichen als unternehmerisches Identifikationszeichen anzusehen 685 . Keine<br />

ausreichende Originalität liegt zweifelsohne in der Anmeldung von einzelnen Gr<strong>und</strong>farben<br />

686 , so daß sie gr<strong>und</strong>sätzlich nicht eintragungsfähig sind 687 . Abgesehen von den<br />

das RAL-Farbsystem, ausreichend graphisch dargestellt werden kann, vgl. hierzu ausführlich Fezer, <strong>Marken</strong>R<br />

1999, 73, 76 f <strong>und</strong> ders., <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn. 267 a ff.<br />

681 Ein solcher Sachverhalt ist oft gerade in den Entscheidungen gegeben, die bevorzugt als Beispiel für die<br />

Eintragung von abstrakten Farbmarken angeführt werden, so weist beispielsweise Wittenzellner, Festschrift für<br />

Beier zum 70. Geburtstag, S. 333, 338 Fn. 31 auf die Entscheidung des Court of Appeal for the Federal Circuit,<br />

GRUR Int. 1987, 116 ff – Rose, hin, die sich konkret auf Fiberglashaus-Isolierung bezieht.<br />

682 So nun auch die Dritte Beschwerdekammer des europäischen <strong>Marken</strong>amtes, GRUR Int. 1998, 612 – Orange;<br />

<strong>Marken</strong>R 1999, 108 ff – LIGHT GREEN<br />

683 Diese Auslegungspflicht wird explizit in der Gr<strong>und</strong>satzentscheidung des BGH zur <strong>Marken</strong>fähigkeit von Farben<br />

<strong>und</strong> Farbkombinationen beachtet, <strong>Marken</strong>R 1999, 64 ff – Farbmarke gelb/schwarz; zuvor wurde sie vom BPatG<br />

mehrfach mißachtet, indem das BPatG § 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G restriktiv auslegte <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>fähigkeit Farben <strong>und</strong><br />

Farbkombinationen nur in konkreter Aufmachung in Anlehnung an das traditionelle Verständnis des<br />

Ausstattungsschutes nach § 25 WZG zusprach, vgl. BPatG, GRUR 1996, 881 f – Farbmarke gelb/schwarz;<br />

BPatGE, 39, 145 ff – Schwarz/Zink-Gelb; BPatGE 39, 247 ff – grau/magenta.<br />

684 Vgl. dazu ausführlich Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 8 Rn. 90 a ff.<br />

685 Das europäische sowie das deutsche <strong>Marken</strong>amt gehen dagegen vom Gr<strong>und</strong>satz aus, daß Farbmarken für den<br />

Verkehr keine herkunftshinweisende Funktion haben, vgl. HABM, <strong>Marken</strong>R 1999, 108, 110 – LIGHT GREEN,<br />

BPatG, <strong>Marken</strong>R 1999, 32, 35 – ARAL -Blau, dagegen zu Recht Fezer, <strong>Marken</strong>R 1999, 73, 79. Eine<br />

Entscheidung des BGH liegt bislang noch nicht vor.<br />

686 So auch Fezer, <strong>Marken</strong>R 1999, 73, 78; a.A. Jaeger-Lenz, WRP 1999, 290, 298


113<br />

Fällen der Gr<strong>und</strong>farben ist die Grenzziehung hinsichtlich einer ausreichenden<br />

Originalität eine diffizile Angelegenheit. Bei Farbkombinationszeichen könnte in der<br />

genauen Angabe der Farbrelationen der einzelnen Farben zueinander in der Farbkombination<br />

eine ausreichende Originalität gesehen werden, da an die Originalität im<br />

Zeichenrecht – wie bereits bei der Eintragungsfähigkeit von Zahlen <strong>und</strong> Buchstaben<br />

dargelegt – keine so hohen Anforderungen wie im Urheberrecht gestellt werden dürfen.<br />

Eine dedailierte Betrachtung, welche Anforderungen an ein Farb- bzw. Farbkombinationszeichen<br />

für ihre Eintragbarkeit genau zu stellen sind, kann im Rahmen dieser<br />

Arbeit nicht vorgenommen werden, da sie den Rahmen sprengen würde.<br />

Neben dem absoluten Schutzhindernis der konkreten Unterscheidungskraft ist bei den<br />

Farb- <strong>und</strong> Farbkombinationsmarken auch das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses<br />

gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. d GemMVO <strong>und</strong> § 8 Abs. 3 Nr. 3 <strong>Marken</strong>G<br />

besonders zu beachten 688 .<br />

Am Rande sei noch daraufhingewiesen, daß nach der Eintragung von abstrakten Farb<strong>und</strong><br />

Farbkombinationsmarken die Schwierigkeiten bei Farbmarken keineswegs überw<strong>und</strong>en<br />

wären, vielmehr fangen sie dann bei der Schutzbereichsbestimmung der<br />

eingetragenen Farbmarke erst richtig an.<br />

Neben den bisher dargestellten Zeichen ist auch die Eintragung von Bildern <strong>und</strong> Namen<br />

urheberrechtlich gemeinfreier Werke, wie beispielsweise „Max <strong>und</strong> Moritz“ für einen<br />

zukünftigen <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> von großem Interesse, da diese Zeichen schon ohne jeglichen<br />

Werbeaufwand einen hohen Wiedererkennungs- <strong>und</strong> auch Assoziationswert besitzen.<br />

Die nach Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist eintretende Gemeinfreiheit der<br />

Werke schließt die <strong>Marken</strong>fähigkeit dieser Werke nicht automatisch aus, da das<br />

Urheberrecht zu dem <strong>Marken</strong>gesetz kein lex specalis ist, <strong>und</strong> dementsprechend müssen<br />

die Werksnamen lediglich die allgemeinen Eintragungsvoraussetzungen erfüllen 689 .<br />

Namen <strong>und</strong> Abbildungen berühmter Persönlichkeiten aus der Welt der Literatur, des<br />

Films, des Sports <strong>und</strong> der Wissenschaft bilden vordergründig ebenfalls begehrte <strong>Marken</strong><br />

für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>. Sie sind gr<strong>und</strong>sätzlich markenfähig, unabhängig davon, ob sie<br />

vom Namensträger selbst oder einem Dritten angemeldet werden 690 . Ihre Eintragung<br />

kann allerdings versagt werden, wenn sie zur Täuschung des Publikums geeignet sind,<br />

sofern zwischen dem Namensträger <strong>und</strong> den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen<br />

keine sachliche Beziehung besteht; die Zustimmung des Namensträgers kann dieses<br />

687 Beim Vorliegen von Verkehrsdurchsetzung nach Art. 7 Abs. 1 lit. b GemMvO <strong>und</strong> § 8 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G sind aber<br />

auch Gr<strong>und</strong>farben als <strong>Marken</strong> eintragbar.<br />

688 So auch HABM, <strong>Marken</strong>R 1999, 108, 111 – LIGHT GREEN, BPatG, <strong>Marken</strong>R 1999, 32 – ARAL-Blau<br />

689<br />

Wenn auch der Gemeingebrauch die Eintragbarkeit nicht tangiert hat, so kann er aber das<br />

Ausschließlichkeitsrecht des <strong>Marken</strong>inhabers beschränken, vgl. dazu <strong>und</strong> zur Eintragbarkeit gemeinfreier Werke<br />

selbst die ausführlichen Darstellungen von Nordemann, WRP 1997, 389 ff <strong>und</strong> Osenberg, GRUR 1996, 101 ff.<br />

A.A. BPatG, GRUR 1998, 1021 – Mona Lisa, nach ihm sind Abbildungen allgemein bekannter Kunstwerke, die<br />

häufig <strong>und</strong> vielfältig als Werbemotive <strong>und</strong> Hervorhebungs<strong>mit</strong>tel eingesetzt werden, wegen fehlender<br />

Unterscheidungskraft <strong>und</strong> als übliche Zeichen i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 3 <strong>Marken</strong>G von der Eintragung<br />

ausgeschlossen.<br />

690 § 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G, Art. 2 Rl <strong>und</strong> Art. 4 GemMVO führen die Personennamen <strong>und</strong> Abbildungen als<br />

markenfähige Zeichen explizit auf.


114<br />

absolute Eintragungshindernis nicht automatisch beseitigen 691 . Falls die Marke zwar<br />

unter Verneinung der Täuschungsgefahr für das Publikum, aber entgegen dem Willen<br />

des betroffenen Namensträgers eingetragen wird, gewährt diesem das Namensrecht<br />

gemäß § 12 BGB <strong>und</strong> das allgemeine Persönlichkeitsrecht Schutz gegen die unzulässige<br />

kommerzielle Ausnutzung seines Namens <strong>und</strong> seiner Abbildungen 692 . Schon diese<br />

außerzeichenrechtlichen Schutzrechte des Betroffenen veranschaulichen, daß die<br />

Anmeldung fremder Namen als Handelsobjekt für ein späteres <strong>Marken</strong>geschäft wenig<br />

geeignet ist.<br />

2. Benutzungswille als Eintragungsvoraussetzung?<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> die Richtlinie sowie das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

fordern keine Abgabe einer Erklärung über eine Benutzungsabsicht von dem <strong>Marken</strong>anmelder,<br />

noch nehmen sie an irgendeiner Stelle explizit Stellung zum Erfordernis des<br />

Benutzungswillens für die Eintragung einer Marke 693 , lediglich in ihrer <strong>Marken</strong>begriffsregelung<br />

fordern alle drei übereinstimmend, daß das Zeichen geeignet sein muß,<br />

Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen eines Unternehmens von einem anderen zu unterscheiden<br />

694 .<br />

Nach der wörtlichen Auslegung beinhaltet das Erfordernis der Eignung des Zeichens<br />

lediglich das Vorhandensein zweckentsprechender Eigenschaften des Zeichens zur<br />

Unterscheidung, <strong>und</strong> dieser rein objektive Aspekt wird nicht von einer subjektiven<br />

Komponente in Form des Benutzungswillens ergänzt. Dieses Ergebnis kann<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>mit</strong> dem Verzicht auf das Akzessorietätsprinzip von der Marke an den<br />

Geschäftsbetrieb untermauert werden, dennoch entspricht diese Interpretation nicht dem<br />

Charakteristikum der Marke <strong>und</strong> dem Normzweck der <strong>Marken</strong>gesetze. Auch wenn, wie<br />

bereits oben ausgeführt, die <strong>Marken</strong>gesetze nun erstmalig den Schutz der schöpferischen<br />

Leistung eines Zeichenkreateurs <strong>mit</strong>umfassen, so erfordert das Wesen der Marke als<br />

Orientierungs- <strong>und</strong> Kommunikationsinstrument <strong>mit</strong>tels der teleologischen Auslegungsmethode<br />

das Erfordernis der Eignung des Zeichens dahingehend einengend zu deuten,<br />

daß nur solche <strong>Marken</strong> eingetragen werden dürfen, die zu ihrer objektiven Tauglichkeit<br />

als Unterscheidungskennzeichen auch später einmal als solches tatsächlich verwendet<br />

691 § 8 Abs. 2 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G, Art. 3 Abs. 1 lit.g RL <strong>und</strong> Art. 7 Abs. 1 lit. g GemMVO; dazu ausführlicher Fezer,<br />

<strong>Marken</strong>G, § 8 Rn. 330 f <strong>und</strong> Altmann, <strong>Marken</strong>G, § 8 Rn. 195 <strong>mit</strong> zahlreichen Beispielen.<br />

692 Vgl. Jonas, GRUR Int. 1995, 232, 236. Gegenüber <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> kann der deutsche Namensschutz<br />

gemäß § 12 BGB als ergänzendes Kennzeichenschutzrecht geltend gemacht werden, das allgemeine<br />

Persönlichkeitsrecht ist dagegen als Gemeinschaftsgr<strong>und</strong>recht bereits allgemein anerkannt (EuGH, Rs 29/69, Slg.<br />

69, 49 – Stauder) <strong>und</strong> ist so<strong>mit</strong> der Maßstab für die Gemeinschaftsmarke. Daß das europäische allgemeine<br />

Persönlichkeitsrecht noch keine konkrete Ausgestaltung durch richterliche Rechtsfortbildung <strong>und</strong> mangels<br />

europäischen Gr<strong>und</strong>rechtskatalogs erfahren hat, insbesondere hinsichtlich des Rechts am eigenen Bild ist nicht<br />

entscheidend, ausschlaggebend ist vielmehr das dem Gr<strong>und</strong>recht zugr<strong>und</strong>eliegende Prinzip, das im Einzelfall<br />

durch die Rechtsprechung dann konkretisiert wird, vgl. Groeben/Bengt Beutler, Bd. I, Art. F EUV, Rn. 55, Meyer,<br />

DVBl 1970. 614, 615.<br />

693 Auch in den Erwägungsgründen zur <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> zur Richtlinie sowie in der<br />

Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz wird nichts zu diesem Punkt dargetan.<br />

694 Art. 4 GemMVO, Art. 2 RL <strong>und</strong> § 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G


115<br />

werden sollen. Demnach ist für die <strong>Marken</strong>eintragung ein Benutzungswille des<br />

künftigen <strong>Marken</strong>inhabers Voraussetzung 695 .<br />

Das Erfordernis des Benutzungswillens muß aber für sich weit verstanden werden, es<br />

darf nicht auf den individuellen Benutzungswillen des <strong>Marken</strong>inhabers eingeschränkt<br />

werden, da diese Forderung dem Verzicht auf das Akzessorietätsprinzip widersprechen<br />

würde. Dementsprechend <strong>und</strong> <strong>mit</strong> der Normierung der Zurechnung der Drittbenutzung<br />

696 , ist vielmehr ein genereller Benutzungswille des <strong>Marken</strong>inhabers ausreichend,<br />

das eingetragene Zeichen allgemein einer Benutzung als Identifizierungszeichen<br />

für Unternehmensprodukte im Geschäftsverkehr zuzuleiten, unabhängig von der<br />

eigentlichen Person des Benutzers 697 .<br />

Das Erfordernis des Benutzungswillens wird von den vorliegend besonders interessierenden<br />

Personen, die sich allein <strong>Marken</strong> zum späteren Handel <strong>mit</strong> ihnen eintragen<br />

lassen, sicherlich erfüllt, sie wollen zwar die Marke von vorneherein nicht selbst<br />

benutzen, streben dafür aber eine Benutzung durch Dritte an, um so ihre eingetragene<br />

Marke gewinnbringend vermarkten zu können.<br />

Die Subjektivität des gesetzlichen Erfordernisses des Benutzungswillens erschwert<br />

allerdings ihre Nachprüfbarkeit, wenn sie diese nicht gar <strong>und</strong>urchführbar macht, da der<br />

Benutzungswille einen inneren, durch bloßen Willensentschluß jederzeit abänderbaren<br />

Vorgang darstellt. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e muß <strong>und</strong> wird der Benutzungswille des<br />

<strong>Marken</strong>anmelders vermutet; diese Vermutung kann aber durch besondere Indizien<br />

widerlegt werden 698 .<br />

Mit der Forderung eines Benutzungswillens verliert, trotz der Aufgabe des<br />

Akzessorietätsprinzips, die aus deutscher Sicht traditionelle Unterscheidung von<br />

Defensiv- <strong>und</strong> Vorratszeichen nicht ihre Bedeutung 699 .<br />

III. Registrierungsverfahren von <strong>Marken</strong><br />

Die Harmonisierung der nationalen Verfahrensrechte sah die Richtlinie nicht als<br />

notwendig an <strong>und</strong> überließ dementsprechend die Regelung der Verfahrensbestimmungen<br />

den Mitgliedstaaten 700 . Der deutsche Gesetzgeber entschied sich dennoch zu einer<br />

großen Warenzeichengesetzreform <strong>und</strong> setzte nicht nur die von der Richtlinie<br />

geforderten Regelungen um, sondern reformierte auch das zeichenrechtliche Registerverfahren,<br />

das nun vom Patentwesen gelöst ist <strong>und</strong> selbständig im <strong>Marken</strong>gesetz geregelt<br />

695 So auch Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn. 77, vgl. auch Heydt, GRUR Int. 78, 2, 5, <strong>mit</strong> seinem damaligen guten<br />

Vorschlag die Formulierung „geeignet“ durch „dazu bestimmt“ zu ersetzen, durch dessen Umsetzung der<br />

Benutzungswille als Schutzvoraussetzung einer Marke offensichtlicher geworden wäre; a.A. Schönfeld, S. 54.<br />

696 Art. GemMVO, Art. RL <strong>und</strong> § 26 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G<br />

697 So auch Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn. 78; auch BGH, GRUR 2001, 242, 244 – Classe E<br />

698 Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn. 79-80; so auch die st. Rspr. des BGH zum Warenzeichenrecht hinsichtlich der<br />

Vermutung, z.B. GRUR 1971, 409, 410 - Stallmeister, <strong>und</strong> hinsichtlich der Widerlegung, GRUR 1988, 820 -„Oil<br />

of ...“, GRUR 1964, 454, 456 – Palmolive; inzwischen hat der BGH zum <strong>Marken</strong>gesetz ausdrücklich auf die<br />

Widerlegbarkeit der Vermutung hingwiesen, BGH, GRUR 2001, 242, 245 – Classe E.<br />

699 A.A. Schönfeld, S. 54; zur Unterscheidung allgemein siehe Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn. 23, 24 <strong>und</strong> 172 ff, 184 ff;<br />

Baumbach/Hefermehl, WZG § 1 Rn. 44 ff.<br />

700 Erwägungsgr<strong>und</strong> 3 <strong>und</strong> 5 der Richtlinie, GRUR Int. 1989, 294


116<br />

wurde, dabei orientierte sich der deutsche Gesetzgeber zwar an dem damaligen Stand<br />

der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnungsvorschläge, übernahm diese aber nicht vollständig,<br />

sondern griff auf bewährte Verfahrensregeln des früheren Warenzeichenrechts<br />

zurück 701 . Infolgedessen differieren die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz in zahlreichen Verfahrensfragen <strong>und</strong> machen getrennte Ausführungen der<br />

beiden Registrierungsverfahren erforderlich.<br />

1. Gemeinschaftsmarke<br />

a) Eintragungsverfahren<br />

Die Gemeinschaftsmarke kann wahlweise direkt bei der offiziell als „Harmonisierungsamt<br />

für den Binnenmarkt (<strong>Marken</strong>, Muster <strong>und</strong> Modelle)“ benannten Behörde (nachfolgend<br />

kurz als <strong>Marken</strong>amt bezeichnet) in Alicante, in Spanien, oder über die<br />

nationalen <strong>Marken</strong>behörden angemeldet werden 702 . Sofern der Anmelder dem<br />

<strong>Marken</strong>amt die Orginalschriftstücke für die Anmeldung zukommen lassen will, ist der<br />

Weg über die nationalen <strong>Marken</strong>ämter vorteilhaft zur Vermeidung der eventuellen<br />

Verzögerung auf dem internationalen Postweg; gleichzeitig birgt dieser Anmeldungsweg<br />

aber das Risiko der rechtzeitigen Weiterleitung der Unterlagen an das <strong>Marken</strong>amt für<br />

den Anmelder; denn geht die Anmeldung nicht innerhalb eines Monats beim <strong>Marken</strong>amt<br />

ein, gilt die Anmeldung als zurückgenommen <strong>und</strong> ist unwiederbringlich verloren 703 .<br />

Die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke kann vom zukünftigen <strong>Marken</strong>inhaber gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

selbst vorgenommen werden, lediglich Anmelder <strong>mit</strong> Sitz außerhalb der EU<br />

müssen für das weitere Verfahren einen zugelassenen Vertreter bestellen (Art. 88 Abs. 1<br />

<strong>und</strong> 2 GemMVO, Regel 75-78 GemMDV).<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung kann in jeder Amtssprache der EU erfolgen (Art.<br />

115 Abs. 1 GemMVO), allerdings muß der Anmelder zusätzlich eine der fünf<br />

festgelegten Sprachen des <strong>Marken</strong>amtes, Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch <strong>und</strong><br />

Spanisch als maßgebende Sprache für das weitere Eintragungsverfahren angeben (Art.<br />

115 Abs. 3 GemMVO) 704 . Die für den Anmelder günstige Sprachenregelung ist <strong>mit</strong><br />

einem enormen bürokratischen Aufwand hinsichtlich der Übersetzungsarbeiten 705<br />

verb<strong>und</strong>en, da die Anmeldung in jede andere Amtssprache der EU, derzeit insgesamt 11,<br />

übersetzt <strong>und</strong> veröffentlicht werden muß (Art. 116 Abs. 1 GemMVO). Dies wiederum<br />

701 Vgl. BT-Drucks. 12/6581, S. 59<br />

702 Art. 25 Abs. 1 GemMVO; § 125 a <strong>Marken</strong>G, vgl. dazu die Mitteilung Nr. 2/96 des Präsidenten des DPA vom<br />

05.01.1996, Bl. PMZ 1996, 37, <strong>mit</strong> dem Hinweis, daß das Deutsche Patentamt „bis auf weiteres“ keine Gebühren<br />

für die Weiterleitung, zu denen es nach Art. 25 Abs. 2 S. 2 GemMVO berechtigt wäre, erheben wird.<br />

703 Art. 25 Abs. 3 GemMVO; das <strong>Marken</strong>amt stellt gebührenfreie Formblätter für die Anmeldung, Regel 83 Abs. 1<br />

lit. a GemDVO; die Anmeldung kann aber auch durch Fernkopierer, Fernschreiber, Telegramm oder elektronische<br />

Mittel über<strong>mit</strong>telt werden, siehe diesbezüglich Regel 79-82 GemMDV. Nach dem GemVOE 1978 <strong>und</strong> 1980 war<br />

dagegen die Anmeldung nur beim <strong>Marken</strong>amt in Alicante selbst zulässig; Mitscherlich, GRUR 1980, 638, 639<br />

sprach sich schon damals für die sinnvolle zweigleisige Anmeldungsmöglichkeit aus.<br />

704 Vgl. dazu ausführlicher Over, WRP 1996, 274, 275 <strong>und</strong> Lindner/Schrell, WRP 1996, 94, 96.<br />

705 Diese Arbeiten werden für das <strong>Marken</strong>amt von einer weiteren europäischen Behörde, der sogenannten<br />

Übersetzungszentrale in Luxemburg, durchgeführt.


117<br />

beeinträchtigt die Höhe der Anmeldegebühren (Art. 139 Abs. 2 GemMVO) <strong>und</strong><br />

verzögert die Veröffentlichung der Anmeldung 706 .<br />

Die inhaltlichen Mindestanforderungen an die Anmeldungsunterlagen sind in Art. 26<br />

GemMVO <strong>und</strong> Regel 1-3 GemMDV normiert. Vorliegend besonders beachtlich ist die<br />

Tatsache, daß nicht die Angabe eines Geschäftsbetriebes verlangt wird, sondern die<br />

Angaben zur Identitätsfeststellung des Anmelders genügen 707 . Die Durchführungsverordnung<br />

zur <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung unterscheidet nicht explizit wie die<br />

<strong>Marken</strong>verordnung nach einzelnen <strong>Marken</strong>arten, sie formuliert ihre Anforderungen<br />

allgemein <strong>und</strong> gibt keine speziellen Vorgaben, beispielsweise für eine Hörmarke.<br />

Entsprechend dem Verzicht auf das Akzessorietätsprinzip wird konsequenterweise die<br />

Angabe eines Geschäftsbetriebes nicht gefordert 708 . Interessant für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong><br />

ist, daß die Anzahl der eintragbaren Waren- <strong>und</strong> Dienstleistungsklassen für eine<br />

Gemeinschaftsmarke nicht begrenzt ist <strong>und</strong> so die Marke als fungibeles Handelsobjekt<br />

ausgestattet werden kann 709 . Die Bestimmung des Anmeldetages der Gemeinschaftsmarke<br />

ist, in Abweichung vom <strong>Marken</strong>gesetz, von dem Zeitpunkt der Zahlung der<br />

Anmeldegebühr abhängig. Wird die Gebühr innerhalb einer Frist von einem Monat nach<br />

Einreichung der Anmeldung entrichtet, so ist Anmeldetag der Tag der Unterlageneingabe<br />

(Art. 27 GemMVO), die Anmeldung erhält dagegen nicht mehr den Anmeldetag<br />

der Antragseinreichung, wenn nach der Monatsfrist gezahlt wurde, dann ist der spätere<br />

Zahltag maßgebend (Art. 27, 36 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 <strong>und</strong> Abs. 3 GemMVO). Der<br />

Zeitpunkt der Zahlung gegebenenfalls anstehender Klassengebühren hat hingegen auch<br />

im <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>recht für den Anmeldetag keine Bedeutung, allerdings müssen<br />

diese Gebühren auch innerhalb der gesetzten Frist gezahlt werden, da ansonsten die<br />

Anmeldung als unwiederbringlich zurückgenommen gilt (Art. 36 Abs. 1 lit. c <strong>und</strong> Abs. 5<br />

GemMVO, Regel 4 lit. b GemMDV).<br />

Nach Prüfung der formellen Anmeldungserfordernisse prüft das <strong>Marken</strong>amt von Amts<br />

wegen, ob der Marke absolute Eintragungshindernisse entgegenstehen 710 . Zusätzlich<br />

wird, entgegen dem <strong>deutschen</strong> markenrechtlichen Verfahren, eine Amtsrecherche nach<br />

älteren gemäß Art. 8 GemMVO möglicherweise der angemeldeten Marke entgegenstehenden<br />

registrierten <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> <strong>und</strong> laufenden <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>-<br />

706 Vgl. zu dieser Problematik Over, WRP 1996, 274, 275; Lindner/Schrell, WRP 1996, 94, 97; Dreyer, MA 1994,<br />

83.<br />

707 Art. 26 Abs. 1 lit. a GemMVO <strong>und</strong> Regel 1 Abs. 1 lit. b GemDVO; die in Art. 25 Abs. 1 lit a. GemVOE 1978<br />

<strong>und</strong> Art. 24 Abs. 1 lit. a GemVOE 1980 identisch verwendete Formulierung „Angaben zur Person des<br />

Anmelders“ rief noch Zweifel hervor, ob sie nicht doch noch Angaben über einen Geschäftsbetrieb des<br />

Anmelders forderte, vgl. Mitscherlich, GRUR 1980, 638, 639.<br />

708 Die Denkschrift dagegen sprach sich noch für die Angabe des Geschäftsbetriebes des Anmelders aus, GRUR Int.<br />

1976, 481, 491.<br />

709 Allerdings muß der Anmelder eine Klassengebühr ab der vierten Klasse für jede Klasse, für die Waren oder<br />

Dienstleistungen eingetragen werden sollen, zahlen, so Regel 4 lit.b GemMDV.<br />

710 Art. 38 GemMVO <strong>und</strong> Regel 11 GemMDV; insbesondere ist hier auf Art. 38 Abs. 2 GemMVO hinzuweisen,<br />

dem sogenannten Disclaimer, der die Eintragung manch angemeldeter <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> ermöglicht, die ohne<br />

diese Regelung zurückgewiesen werden müßten, eine entsprechende Normierung enthält das <strong>Marken</strong>gesetz nicht,<br />

vgl. dazu Heil, Festschrift für Oppenhoff, S. 127, 142 f.


118<br />

anmeldungen durchgeführt 711 . Tangierte nationale <strong>Marken</strong> können dagegen nur von den<br />

nationalen <strong>Marken</strong>behörden recherchiert werden. Diese Rechercheberichte über<strong>mit</strong>telt<br />

das <strong>Marken</strong>amt dem <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmelder, der daraufhin binnen Monatsfrist<br />

überlegen kann, ob er seine Anmeldung aufrechterhalten oder zurückziehen will. Nach<br />

Ablauf der Monatsfrist <strong>und</strong> negativer Prüfung der absoluten Eintragungshindernisse 712<br />

wird dann die Gemeinschaftsmarke veröffentlicht, gleichzeitig unterrichtet das <strong>Marken</strong>amt<br />

die Inhaber älterer <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> oder -anmeldungen aus ihrem<br />

Recherchebericht von der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke<br />

(Art. 39 Abs. 6 GemMVO).<br />

Die auf den ersten Blick so vorteilhafte Amtsrecherche für den <strong>Marken</strong>anmelder <strong>und</strong><br />

da<strong>mit</strong> eventuell verb<strong>und</strong>en die Assoziation der einfachen <strong>und</strong> risikolosen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung,<br />

erspart aber nicht vollständig die vom Anmelder selbst durchzuführende<br />

oder zumindest zu veranlassende Vorabrecherche, da die Amtsrecherche weder<br />

auf europäischer noch auf nationaler Ebene vollständig <strong>und</strong> allumfassend durchgeführt<br />

wird. Die zur Amtsprüfung nicht verpflichteten nationalen <strong>Marken</strong>behörden führen ihre<br />

Nachforschungen, die dann auch nur die eingetragenen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> die gegenwärtigen<br />

<strong>Marken</strong>anmeldungen berücksichtigen <strong>und</strong> nicht auch die durch Benutzung entstandenen<br />

<strong>Marken</strong> sowie die geschäftlichen Bezeichnungen, freiwillig aus; gegen eine solche<br />

Prüfung haben sich schon Deutschland, Italien <strong>und</strong> Frankreich explizit ausgesprochen.<br />

Die dagegen obligatorische europäische <strong>Marken</strong>recherche kann auch nicht jede ältere<br />

irgendwie kollisionsverdächtige Gemeinschaftsmarke auflisten, sondern muß sich zur<br />

Funktionstüchtigkeit des <strong>Marken</strong>amtes auf ersichtliche Fälle im Sinne von identischen<br />

oder nahezu identischen Bezeichnungen beschränken. Da<strong>mit</strong> fehlen einige kollisionsträchtige<br />

<strong>Marken</strong>rechte in den Rechercheberichten, <strong>und</strong> der Auflistung der entgegenstehenden<br />

älteren <strong>Marken</strong> kommt für den Anmelder lediglich eine gewisse Indikationsfunktion<br />

zu 713 , zumal die erfaßten <strong>Marken</strong> auch nicht direkt zu einer Eintragungsverweigerung<br />

der angemeldeten Gemeinschaftsmarke führen.<br />

Mit der Veröffentlichung der Anmeldung beginnt eine dreimonatige Widerspruchsfrist<br />

(Art. 42 GemMVO). Erst nach Ablauf dieser Frist oder erfolgreich abgeschlossenem<br />

Widerspruchsverfahren 714 (Art. 43 GemMVO, Regel 15-22 GemMDV) wird die<br />

Gemeinschaftsmarke endgültig in das Register für <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> eingetragen<br />

<strong>und</strong> die Eintragung im <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>blatt veröffentlicht. Die Dauer des Eintragungsverfahrens<br />

ist demnach abhängig von der Anzahl der im Einzelfall eingelegten<br />

Widersprüche. Hinsichtlich des hohen Potentials an kollisionsverdächtigen <strong>Marken</strong><br />

besteht die Gefahr zahlreicher Widersprüche, die, bedingt durch das vorgeschaltete<br />

711 Art. 39 GemMVO; die Amtsrecherche war in GemVOE 1980 noch nicht enthalten, die Denkschrift, GRUR Int.<br />

1976, 481, 489, sprach sich für sie aus.<br />

712 Bei Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses besteht die Möglichkeit, die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung<br />

in nationale Anmeldungen umzuwandeln, Art. 108 Abs. 1 lit. a GemMVO, vgl. dazu Ingerl, S. 120 f.<br />

713 So auch Over, WRP 1996, 274, 276.<br />

714 Art. 43 GemMVO <strong>und</strong> Regel 15-22 GemMDV normieren das Widerspruchsverfahren; sofern die gewünschte<br />

Gemeinschaftsmarke nach dem Widerspruch zurückgewiesen werden muß, besteht für den Anmelder der<br />

Gemeinschaftsmarke die Möglichkeit, die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung in jeweils nationale<br />

<strong>Marken</strong>anmeldungen unter Wahrung der Priorität der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung umzuwandeln, Art. 8<br />

Abs. 3 GeMVO


119<br />

Widerspruchsverfahren, den Eintragungsprozeß langwierig <strong>und</strong> kostspielig werden<br />

lassen können, auch wenn durch die Kostenregelung in Art. 81 Abs. 1 GemMVO, die<br />

dem Unterlegenen des Widerspruchsverfahrens alle Kosten, auch die des Gegners<br />

inklusive dessen Anwaltskosten auferlegt, das Einlegen von Widersprüchen aus rein<br />

blockadetechnischen Gründen wohl nicht zu befürchten ist 715 . Die Möglichkeit, auf<br />

Antrag des Anmelders das Eintragungsverfahren zu beschleunigen, sieht die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

nicht vor 716 .<br />

Insgesamt betrachtet ist das oft besonders langwierige, arbeitsintensive <strong>und</strong> kostspielige<br />

Eintragungsverfahren der Gemeinschaftsmarke 717 für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> interessant <strong>und</strong><br />

überdies attraktiv, indem fertig eingetragene <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> zum Verkauf oder<br />

zur Lizenzierung angeboten werden können, kann sich ein Unternehmen die oftmals<br />

zeitraubende <strong>und</strong> unwirtschaftliche Planungs- <strong>und</strong> Entwicklungsphase einer eigenen<br />

Marke ersparen <strong>und</strong> stattdessen auf eine vollkommene Marke zurückgreifen. Das<br />

Argument der Rationalisierung zugunsten der Unternehmen ist für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong><br />

ein anziehendes Vermarktungsinstrument für sein Handelsobjekt Gemeinschaftsmarke.<br />

b) Gebühren- <strong>und</strong> Kostenfaktoren<br />

Die in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung vorgesehenen Gebühren für das<br />

Eintragungsverfahren einer Gemeinschaftsmarke werden in der Durchführungsverordnung<br />

näher bestimmt <strong>und</strong> ihre Höhe sowie die Zahlungsmodalitäten in der<br />

Gebührenverordnung 718 festgelegt. Entsprechend Art. 26 Abs. 2 GemMVO <strong>und</strong> der<br />

Regel 4 GemMDV sind für die Anmeldung eine Gr<strong>und</strong>gebühr <strong>und</strong> ab der vierten Klasse<br />

eine Klassengebühr für jede weitere in Anspruch genommene Klasse zu entrichten. Die<br />

Anmeldungsgebühr für eine Gemeinschaftsmarke beträgt nach Art. 1 Nr. 1 GebührenV<br />

975 EUR, <strong>und</strong> die Klassengebühr beläuft sich auf 200 EUR. Die nach erfolgreich<br />

durchlaufenem Anmeldungsverfahren fällige Eintragungsgebühr setzt sich gemäß Regel<br />

23 GemMDV wiederum aus einer Gr<strong>und</strong>gebühr sowie einer Klassengebühr ab der<br />

vierten Klasse für jede zusätzlich gewünschte Klasse zusammen. Die Höhe der<br />

Eintragungsgebühr beträgt nach Art. 1 Nr. 7 GebührenV 1100 EUR, die der Klassengebühr<br />

nach Art. 1 Nr. 8 GebührenV 200 EUR. Für eine endgültig eingetragene<br />

Gemeinschaftsmarke muß der <strong>Marken</strong>inhaber insgesamt mindestens 2075 EUR<br />

aufwenden; will er dagegen die Marke im Hinblick auf eine umfangreiche Einsetzbarkeit<br />

<strong>und</strong> Verwertbarkeit für mehr als drei Klassen eingetragen haben, erhöhen sich seine<br />

Ausgaben dementsprechend.<br />

715 Ausführlicher dazu Over, WRP 1996, 274, 276; a.A. Lindner/Schrell, WRP 1996, 94, 98, im Hinblick auf den<br />

<strong>Marken</strong>anmelder <strong>und</strong> die für ihn schwierige Abschätzung des Widerspruchsausgangs <strong>und</strong> dem daraus<br />

resultierenden Kostenrisiko.<br />

716 Dagegen eröffnet § 38 <strong>Marken</strong>G den Weg einer beschleunigten Prüfung gegen eine zusätzliche Gebühr.<br />

717 Da<strong>mit</strong> steht die Rechtstatsächlichkeit konträr zu den oben dargestellten <strong>und</strong> vom europäischen Gesetzgeber<br />

angestrebten Zielen für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, siehe Darstellung unter ergänzen; Heil, MA 1986,<br />

56 ff, erkannte schon früh diese Divergenz.<br />

718 Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 über die an das Harmonisierungsamt für<br />

den Binnenmarkt (<strong>Marken</strong>, Muster, Modelle) zu entrichtenden Gebühren, ABl. EG Nr. L 303 vom 15. Dezember<br />

1995, S. 33 (nachfolgend Gebührenverordnung genannt <strong>und</strong> GebührenV abgekürzt), Inkraftgetreten am<br />

22.Dezember 1995 (Art. 11 GebührenV)


120<br />

Die Kosten für eine registrierte Gemeinschaftsmarke sind da<strong>mit</strong> zwar beträchtlich, aber<br />

angesichts der <strong>mit</strong> einer <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>eintragung erzielten Schutzwirkung für<br />

den gesamten Binnenmarkt ist sie, im Vergleich zu den Eintragungskosten für eine EUweiten<br />

<strong>Marken</strong>schutz auf der Basis nach dem Madrider <strong>Marken</strong>abkommen oder dem<br />

Madrider Protokoll, günstig 719 . Auch die sonstigen Auslagen im Zusammenhang <strong>mit</strong><br />

dem Eintragungsverfahren sind überschaubar. So bedarf es gr<strong>und</strong>sätzlich für die<br />

Anmeldung der Gemeinschaftsmarke keines Amtsvertreters <strong>und</strong> sofern sich der<br />

Anmelder doch fachmännischer Unterstützung eines Rechts- oder Patentanwalts<br />

bedienen will, muß er nur einen einzigen bestellen <strong>und</strong> nicht einen für jeden<br />

Mitgliedstaat.<br />

Die befürchteten <strong>Marken</strong>eintragungen von Privatpersonen für einen späteren mißbräuchlichen<br />

Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> werden schon allein unter dem finanziellen<br />

Gesichtspunkt von der Höhe der fälligen Gebühren begrenzt. 720<br />

2. Deutsche Marke<br />

a) Eintragungsverfahren<br />

Die Anmeldung der Marke ist beim Deutschen Patentamt in München oder über die<br />

Dienststelle in Berlin einzureichen 721 .<br />

Für das Anmeldeverfahren muß ein zugelassener Vertreter nicht bestellt werden, lediglich<br />

der Inhaber einer eingetragenen oder angemeldeten Marke, der im Inland weder<br />

einen Wohnsitz oder Sitz noch eine Niederlassung hat, muß für weitere Verfahren, wie<br />

z.B. das Widerspruchsverfahren vor dem Patentamt, einen in Deutschland zugelassenen<br />

Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Vertreter bestellen (§ 96 <strong>Marken</strong>G, §76, 77<br />

<strong>Marken</strong>VO).<br />

Die Anmeldeerfordernisse ergeben sich aus § 32 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> §§ 2-14<br />

<strong>Marken</strong>VO 722 . Entgegen der früheren warenzeichenrechtlichen Regelung ist das<br />

Erfordernis der schriftlichen Anmeldung nicht mehr enthalten, in § 2 <strong>Marken</strong>VO wird<br />

lediglich fixiert, daß die Anmeldung auf dem amtlichen Formblatt erfolgen soll. Da<strong>mit</strong><br />

sind die markenrechtlichen Regelungen flexibel hinsichtlich neuer technische Entwicklungen,<br />

<strong>und</strong> die Anmeldung könnte später auch <strong>mit</strong>tels elektronischer Datenüber<strong>mit</strong>tlung<br />

eingereicht werden, ohne daß das Gesetz geändert werden bräuchte 723 . Entsprechend<br />

dem durch das Erstreckungsgesetz eingeführten Verzicht auf die Angabe eines<br />

Geschäftsbetriebes bei der Anmeldung fordert auch das <strong>Marken</strong>gesetz keine solche<br />

Angabe, da<strong>mit</strong> verfolgt das <strong>Marken</strong>gesetz geradlinig die vollständige Aufgabe des<br />

Akzessorietätsprinzips auch auf der formellen Ebene <strong>und</strong> schränkt, wie des öfteren von<br />

719 Vgl. dazu die ausführliche Darstellung bei Over, WRP 1996, 273, 277.<br />

720 In diesem Sinne auch Heil, Festschrift für Oppenhoff, S. 127, 141.<br />

721 § 32 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G, siehe für die Erfassung der Anmeldung im einzelnen, Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 32 Rn. 9.<br />

722 Siehe auch die Richtlinie für die Prüfung von <strong>Marken</strong>anmeldungen vom 27.Okt.1995, BlPMZ 1995, 378 ff, die<br />

ihrer Vorbemerkung zufolge veröffentlicht wird, um über die Arbeitsweise des Patentamts zu informieren <strong>und</strong> den<br />

<strong>Marken</strong>anmeldern zu helfen, sich auf die Praxis des Patentamts einzustellen.<br />

723 Dreiss, Mitt. 1995, 1, 12; v. Trentini, Mitt. 1995, 42 ff zur Einführung neuer Informationstechnik im<br />

<strong>Marken</strong>bereich des Deutschen Patentamtes.


121<br />

der Literatur gefordert wurde, den Kreis der potentiellen <strong>Marken</strong>inhaber auch nicht<br />

durch verfahrensrechtliche Bestimmungen ein 724 . Im Vergleich zu der Durchführungsverordnung<br />

zu der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung regelt die <strong>Marken</strong>verordnung die<br />

erforderlichen Angaben zur <strong>Marken</strong>form sehr ausführlich nach den jeweiligen <strong>Marken</strong>typen,<br />

so stellt sie in § 11 <strong>Marken</strong>VO u.a. auch genaue Anforderungen an die Angaben<br />

für eine Hörmarke, enthält allerdings für die umstrittenen Farbmarken <strong>und</strong> die ausgefalleneren<br />

Geruchs- <strong>und</strong> Geschmacksmarken auch keine spezielle Regelungen, sondern<br />

subsumiert diese <strong>Marken</strong>typen unter die in § 12 <strong>Marken</strong>VO für sonstige <strong>Marken</strong>formen<br />

geregelten Angabeerfordernisse <strong>und</strong> zeigt da<strong>mit</strong>, daß sie neue <strong>Marken</strong>formen nicht von<br />

vorneherein ausschließt, vielmehr <strong>mit</strong> ihrer Auffangregelung diesbezüglich flexibel <strong>und</strong><br />

aufgeschlossen ist. Entsprechend der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ist die Anzahl<br />

der eintragbaren Waren- <strong>und</strong> Dienstleistungsklassen für eine Marke nicht begrenzt 725 .<br />

Das <strong>Marken</strong>gesetz enthält erstmalig in § 33 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G eine zeichenrechtliche<br />

Regelung für die Bestimmung des Anmeldetages, die sich jedoch von der gemeinschaftsrechtlichen<br />

Norm unterscheidet, indem die Bestimmung nur von dem Eingang der<br />

vollständigen Anmeldungsunterlagen <strong>und</strong> nicht von dem Zeitpunkt der Zahlung der<br />

Anmeldegebühr abhängig ist. Sofern die Anmeldegebühr auch nicht nach Aufforderung<br />

des Patentamts innerhalb der gesetzten Frist beglichen wird, gilt die Anmeldung aber als<br />

zurückgenommen, das Unterbleiben der Zahlung der eventuell erforderlichen Klassengebühren<br />

löst dagegen diese Konsequenz nicht aus (§ 36 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G).<br />

Nach positiv abgeschlossener Prüfung der formellen Anmeldungserfordernisse prüft das<br />

Patentamt die angemeldete Marke von Amts wegen auf entgegenstehende Eintragungshindernisse.<br />

Parallel zu dieser Prüfung stellt es keinen Recherchebericht hinsichtlich<br />

älterer, der Eintragung entgegenstehender Rechte, auf, auch die frühere fakulativ<br />

geregelte sog. Abgrenzungshilfe des § 5 Abs. 3 WZG wurde ersatzlos gestrichen. In<br />

diesem Punkt unterscheiden sich also das <strong>Marken</strong>gesetz von der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

deutlich. Sofern keine absoluten Schutzhindernisse der Eintragung<br />

entgegenstehen, wird die Marke sofort in das Register eingetragen <strong>und</strong> die Eintragung in<br />

dem <strong>Marken</strong>blatt veröffentlicht 726 . Das früher der Eintragung vorgeschaltete Widerspruchsverfahren<br />

ist nun nachgeschaltet. Die dreimonatige Widerspruchsfrist beginnt <strong>mit</strong><br />

der Veröffentlichung der <strong>Marken</strong>eintragung (§ 42 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G). Bei erfolgreichem<br />

Widerspruch wird die bereits eingetragene Marke dann gelöscht. Dieser Verfahrensweg<br />

hat für den Anmelder den Vorteil einer allgemeinen Verfahrensbeschleunigung, die<br />

Marke wird schneller umfassend geschützt 727 . Der Gesetzgeber hat sich für diese<br />

724<br />

725<br />

Besonders Tilmann, ZHR 156 (1994), 371, 388 hat sich für die Einschränkung offen ausgesprochen. Siehe auch<br />

die obige Darstellung dazu unter C. I. 3..<br />

Nach Art. 14 Abs. 3 <strong>Marken</strong>V sollen die Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen vom <strong>Marken</strong>anmelder in der Reihenfolge<br />

der Klasseneinteilungen geordnet werden; von der in Erwägung gezogenen Änderung des § 14 Abs. 3 <strong>Marken</strong>V<br />

seitens des Präsidenten des Patentamtes dahingehend, dem Anmelder zwingend die Klassifizierung der Waren<br />

oder Dienstleistungen aufzuerlegen, wurde Abstand genommen, siehe dazu die berechtigten Argumente gegen<br />

den Änderungsvorschlag der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht,<br />

vorgetragen von Gloy/Loschelder, GRUR 1996, 261 f.<br />

726<br />

§ 41 <strong>Marken</strong>G; §§ 17-21 <strong>Marken</strong>VO regeln die Einzelheiten über den Inhalt des Registers <strong>und</strong> die<br />

Veröffentlichung.<br />

727<br />

Zwar war schon nach § 6a WZG eine beschleunigte Eintragung im Eilverfahren <strong>mit</strong> nachgeschaltetem<br />

Widerspruchsverfahren möglich, doch mußte der Anmelder für dieses Verfahren ein berechtigtes Interesse an der<br />

beschleunigten Eintragung glaubhaft machen <strong>und</strong> eine Beschleunigungsgebühr bezahlen, vgl. nur


122<br />

Systematik aus Effektivitäts- <strong>und</strong> Kostengründen entschieden, da erfahrungsgemäß<br />

gegen zwei Drittel der angemeldeten <strong>Marken</strong> kein Widerspruch erhoben wird <strong>und</strong> demnach<br />

das frühere Verfahren <strong>mit</strong> Anmeldungs- <strong>und</strong> Eintragungsveröffentlichung zu<br />

unnötiger Doppelarbeit <strong>und</strong> erheblichen Kosten führte 728 .<br />

Wenn auch <strong>mit</strong> dem nachgeschalteten Widerspruchsverfahren der Eintragungsprozeß für<br />

eine Marke verkürzt wurde <strong>und</strong> zudem das <strong>Marken</strong>gesetz noch die Möglichkeit einer<br />

beschleunigten Prüfung vorsieht, so ist eine bereits fertig eingetragene Marke dennoch<br />

weiterhin für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> interessant. Denn unabhängig von der Rationalisierung<br />

des Eintragungsverfahrens erübrigt das Angebot von eingetragenen <strong>Marken</strong> zur Verwertung<br />

den interessierten Unternehmen die aufwendige Planungs- <strong>und</strong> Entwicklungsphase<br />

der Marke <strong>und</strong> erzielt hierdurch eine Attraktivität als Handelsobjekt.<br />

b) Gebühren- <strong>und</strong> Kostenfaktoren<br />

Nach § 32 Abs. 4 <strong>Marken</strong>G ist <strong>mit</strong> der Anmeldung eine Gebühr nach dem Tarif zu<br />

zahlen. Entsprechend der europäischen Anmeldegebühr setzt sich die deutsche auch aus<br />

einer Gr<strong>und</strong>gebühr <strong>und</strong> einer Klassengebühr zusammen, sofern eine Marke für mehr als<br />

drei Klassen eingetragen werden soll. Abweichend von der gemeinschaftrechtlichen<br />

Regelung fordert das <strong>Marken</strong>gesetz keine gesonderte Eintragungsgebühr mehr für die<br />

Registrierung der Marke, diese ist vielmehr in der Anmeldungsgebühr bereits enthalten.<br />

Diese Konzeption ist neben dem nachgeschalteten Widerspruchsverfahren einmal ein<br />

Beitrag zur Beschleunigung des Anmelde- <strong>und</strong> Eintragungsverfahrens, <strong>und</strong> zum anderen<br />

führt sie, unterstützt von dem Ausschluß eines Rückforderungsanspruchs auf einen Teil<br />

der Gebühr bei Nichteintragung der Anmeldung, zu erheblicher Arbeitsaufwandersparnis<br />

für das Patentamt 729 .<br />

Die Höhe <strong>und</strong> die Zahlungsmodalitäten der vom <strong>Marken</strong>gesetz geforderten Gebühren für<br />

das Eintragungsverfahren einer Marke werden von dem Patentgebührengesetz 730 <strong>und</strong> der<br />

Verordnung über die Zahlung der Gebühren des Deutschen Patentamts <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>espatentgerichts<br />

731 bestimmt. Die Anmeldegebühr beträgt nach Nr. 131 100 PatGebG-<br />

Verz. zu § 1 PatGebG 575 DM <strong>und</strong> die Klassengebühr nach Nr. 131 250 PatGebG-Verz.<br />

zu § 1 PatGebG 290 DM. Die gemäß § 7 PatGebG für Anmelder aus den neuen B<strong>und</strong>esländern<br />

gewährten günstigeren Anmelde- <strong>und</strong> Klassengebühren gelten ab dem 1. Januar<br />

1998 nicht mehr, von diesem Zeitpunkt an werden die Gebühren einheitlich erhoben.<br />

728<br />

729<br />

Baumbach/Hefermehl, WZG, § 6a, Rn. 1-3. Auch das <strong>Marken</strong>G sieht trotz des nachgeschalteten<br />

Widerspruchsverfahrens noch die Möglichkeit eines beschleunigten Prüfungsverfahrens auf Antrag <strong>und</strong> Zahlung<br />

einer besonderen Gebühr vor, § 38 <strong>Marken</strong>G, ein Nachweis eines berechtigten Interesses wird allerdings nicht<br />

mehr gefordert. Ausführlich zum nachgeschalteten Widerspruchsverfahren, Winkler, GRUR 1994, 569 ff, Berlit,<br />

WiB 1995, 49, 53 ff; entgegen der positiven Einstellung der h.M. zur Nachschaltung des Widerspruchsverfahrens<br />

dagegen kritisch Over, MA 1993, 500 ff.<br />

Vgl. BT-Drucks. 12/6581, S. 57 <strong>mit</strong> dem Hinweis, daß das neue System die Transparenz in bezug auf eventuell<br />

eingelegte Widersprüche nicht beeinträchtigt, so regelt § 18 Nr. 22, 23 <strong>Marken</strong>VO die notwendigen<br />

Registereintragungen hinsichtlich eingelegter Widersprüche <strong>und</strong> § 30 <strong>Marken</strong>VO die erneute Veröffentlichung<br />

der durch einen erfolgreichen Widerspruch geänderten Marke.<br />

Diese Regelung wurde als „Gaedertz-Vorschlag“ bekannt, vgl. dazu Droste, GRUR 1977, 411, 412.<br />

730<br />

BGBl. 1976 I, S. 2188, zul. geändert durch das Haushaltssanierungsgesetz 1999, BGBl. 1999 I, S. 2534,<br />

abgekürzt PatGebG.<br />

731<br />

BGBl. 1991 I, S. 2021


123<br />

Die Kosten für eine eingetragene Marke <strong>mit</strong> mindestens 575 DM sind im Vergleich zu<br />

der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>eintragung de facto erheblich niedriger; indem der Vergleich<br />

aber nicht nur die Höhe der Gebühren einbeziehen darf, vielmehr auch das Schutzgebiet<br />

der eingetragenen <strong>Marken</strong> <strong>mit</strong> in seine Kostenanalyse aufnehmen muß, relativieren sich<br />

die Kosten merklich <strong>und</strong> können, insgesamt betrachtet, die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke<br />

als die kostengünstigere hervortreten lassen, das Interesse des <strong>Marken</strong>inhabers<br />

über das nationale Schutzgebiet vorausgesetzt.<br />

Der finanzielle Gesichtspunkt bietet auf der <strong>deutschen</strong> Ebene entgegen der europäischen<br />

wohl kein beträchtliches Hemmnis für die befürchteten rein spekulativen <strong>Marken</strong>eintragungen<br />

von Privatpersonen für einen späteren <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> diesbezüglich<br />

keine faktische Beschränkung.


124<br />

E. Verwertungsmöglichkeiten<br />

Als Folge des Prinzips der freien Übertragbarkeit <strong>und</strong> des Prinzips der Nichtakzessorietät<br />

der Marke sehen die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

umfassende Verwertungsmöglichkeiten für die <strong>Marken</strong> vor 732 . Vorliegend<br />

interessiert zunächst insbesondere die Ausgestaltung der rechtsgeschäftlichen Übertragungsmöglichkeit,<br />

da sie gerade für private Zeichenkreateure die unkomplizierteste<br />

<strong>und</strong> daher die überwiegend praktizierte Verwertungsart sein dürfte.<br />

I. Die Übertragung der Gemeinschaftsmarke<br />

Das bereits dargestellte Prinzip der freien Übertragung, das während der langen<br />

Entwicklungsphase der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung keinen großen Diskussions<strong>und</strong><br />

Streitpunkt abgab, ist der Gr<strong>und</strong>stein für die Verwertungsmöglichkeit der Übertragung<br />

der Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> ermöglicht durch die zulässig rechtliche Trennung<br />

der Gemeinschaftsmarke vom Geschäftsbetrieb überhaupt erst den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>. In<br />

Art. 17 GemMVO hat das Prinzip der freien Übertragung letztendlich gegenwärtig seine<br />

gemeinschaftsrechtliche Ausgestaltung erfahren, diese wird im folgenden näher erörtert.<br />

1. Gegenstand der Übertragung<br />

Gemäß Art. 17 Abs. 1 GemMVO kann Gegenstand einer Rechtsübertragung allein die<br />

Gemeinschaftsmarke selbst ohne dazugehöriges Unternehmen sein. Das in Art. 1 Abs. 2<br />

GemMVO verankerte Einheitsprinzip bedingt, daß die Gemeinschaftsmarke nur einheitlich<br />

für ihren gesamten europäischen Schutzbereich übertragen werden kann <strong>und</strong> nicht<br />

für einzelne Teilgebiete verwertbar ist. Davon zu unterscheiden ist die zugelassene Aufteilung<br />

der Gemeinschaftsmarke in ihre <strong>Marken</strong>kategoriebereiche <strong>und</strong> deren separate<br />

Übertragung, sie berührt das Prinzip der Einheitlichkeit nicht, da nicht der territoriale<br />

Schutzbereich tangiert wird, sondern nur der sachliche, auf den sich aber das<br />

Eintragungsprinzip nicht erstreckt 733 .<br />

Die gr<strong>und</strong>sätzliche Nichtakzessorietät der Gemeinschaftsmarke von einem Unternehmen<br />

bei der Rechtsübertragung wird durch die gesetzliche Vermutung nach Art. 17 Abs. 2<br />

GemMVO durchbrochen, daß eine Übertragung eines Unternehmens in seiner Gesamtheit<br />

auch die Gemeinschaftsmarke erfaßt; Voraussetzung für diese Vermutung, die auch<br />

widerlegt werden kann, ist die Identität von Unternehmens- <strong>und</strong> <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber<br />

734 . Diese Vermutungsregel kann nicht analog auf eine Teilbereichsübertragung<br />

eines Unternehmens angewandt werden 735 . Eine solche Auslegung verbietet<br />

einmal die Formulierung von Art. 17 Abs. 2 GemMVO selbst, die explizit „die<br />

Übertragung eines Unternehmens in seiner Gesamtheit“ aufgenommen hat <strong>und</strong> zum<br />

anderen darf der in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung herrschende Gr<strong>und</strong>satz der<br />

732<br />

733<br />

Über Art. 24 GemMVO <strong>und</strong> § 31 <strong>Marken</strong>G können die Anmeldungen einer Marke ebenso Objekte für die<br />

Verwertungsarten wie die eingetragene Marke selbst sein. Zur Vereinfachung wird im folgenden aber nur von der<br />

Marke bzw. der Gemeinschaftsmarke gesprochen, wenngleich die nachstehenden Ausführungen auch für die<br />

<strong>Marken</strong>anmeldung entsprechend gelten.<br />

Art. 17 Abs. 1 GemMVO; vgl. auch die ausführliche Darstellung zum Einheitsprinzip unter B. I. 3. a).<br />

734<br />

Vgl. Kommission, Erläuterungen zu Art. 17 VOV 1980, GRUR Int. 1981, 86, 90<br />

735<br />

So wiederum die Kommission, Erläuterungen zu Art. 17 VOV 1980, GRUR Int. 1981, 86, 90.


125<br />

Nichtakzessorietät der Gemeinschaftsmarke vom Geschäftsbetrieb nicht über die Auslegung<br />

nivelliert werden.<br />

2. Rechtsgeschäftlliche Übertragung<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung regelt nur die Zulässigkeit <strong>und</strong> den Umfang der<br />

Übertragungsmöglichkeit für die Gemeinschaftsmarke, hingegen enthält sie keine<br />

bestimmten Regelungen für die vertragliche Ausgestaltung der Übertragung. Mangels<br />

bislang noch nicht verabschiedeter allgemeiner, vor die Klammer der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

gezogener, europäischer Normen für Rechtsgeschäfte setzt die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung die Gemeinschaftsmarke <strong>mit</strong> den nationalen <strong>Marken</strong><br />

über Art. 16 GemMVO gleich <strong>und</strong> bestimmt das nationale Recht eines Mitgliedstaates,<br />

in dem der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber zum Zeitpunkt der Vornahme des<br />

Rechtsgeschäfts seinen Wohnsitz, Sitz oder eine Niederlassung hat, für die rechtsgeschäftliche<br />

Übertragung als einschlägig 736 . Für den Fall, daß der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber<br />

solcherlei Bezug nicht aufweisen kann, erklärt Art. 16 Abs. 2 GemMVO<br />

das nationale Recht des Mitgliedstaates, in dem das europäische <strong>Marken</strong>amt seinen Sitz<br />

hat, folglich das spanische Recht, für maßgebend.<br />

Unabhängig von den Voraussetzungen des einschlägigen nationalen Rechtsgeschäftsnormen<br />

für die rechtsgeschäftliche Übertragung einer Marke fordert die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

diesbezüglich die Schriftform <strong>und</strong> die Unterschrift der Vertragsparteien;<br />

bei Nichteinhaltung dieses Formerfordernisses ist die Übertragung nichtig, es<br />

sei denn, daß die Übertragung auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht, Art. 17 Abs.<br />

3 GemMVO.<br />

Das in Deutschland zu beachtende Abstraktionsprinzip löst die Frage aus, ob das<br />

Verpflichtungs- <strong>und</strong> Verfügungsgeschäft jeweils der Schriftform bedürfen. Die in Art.<br />

17 Abs. 3 GemMVO verwendete Formulierung der „rechtsgeschäftlichen Übertragung“<br />

gibt darauf keine eindeutige Antwort. Für die meisten anderen Mitgliedstaaten ist dies<br />

irrelevant, da sie das Abstraktionsprinzip nicht kennen 737 . Aus diesem Umstand darf aber<br />

nicht vorschnell geschlossen werden, daß bei rechtlicher Unterscheidung von<br />

Verpflichtungs- <strong>und</strong> Verfügungsgeschäft dann beide Rechtsgeschäfte formbedürftig<br />

seien 738 . Beachtenswert ist dagegen, daß in Art. 17 Abs. 2 GemMVO im Gegensatz zu<br />

Art. 17 Abs. 3 GemMVO zwischen Verfügungs- <strong>und</strong> Verpflichtungsgeschäft<br />

differenziert wird. Im Umkehrschluß kann daraus gefolgert werden, daß das Schrifterfordernis<br />

nicht zwingend für das Verpflichtungsgeschäft gilt, sondern nur für das<br />

Verfügungsgeschäft 739 . Diese Interpretation achtet den Gesetzeszweck des Formerfordernisses,<br />

der nach Ansicht der Kommission in der Rechtsicherheit liegt 740 , denn das<br />

Verfügungsgeschäft informiert zuverlässig über die tatsächliche Übertragung, wohin-<br />

736<br />

737<br />

Diese Verweisungstechnik verstößt nicht gegen das Prinzip der Autonomie der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung,<br />

siehe diesbezüglich unter B. I. 3. b), sie erspart komplizierte Er<strong>mit</strong>tlungen nach den einschlägigen<br />

nationalen Rechtsvorschriften über das Internationale Privatrecht, so auch Schönfeld, S. 60.<br />

Vgl. Begründung zum ErstrG, GRUR 1992, 760, 795<br />

738<br />

Dagegen für die Schriftform von Verpflichtungs- <strong>und</strong> Verfügungsgeschäft v. Mühlendahl, MA 1992, 590, 591.<br />

739<br />

Ebenso Ingerl, S. 110; Fezer, <strong>Marken</strong>G, Einl. Rn. 117.<br />

740<br />

Kommission, Erläuterungen zu Art. 17 VOV 1980, GRUR Int. 1981, 86, 90


126<br />

gegen das zugr<strong>und</strong>eliegende Kausalgeschäft lediglich die Verpflichtung zur Übertragung<br />

anzeigt 741 .<br />

3. Formalitäten <strong>und</strong> Gebühren<br />

Der Rechtsübergang wird auf Antrag eines Beteiligten gemäß Art. 17 Abs. 5 GemMVO<br />

in das Register eingetragen <strong>und</strong> veröffentlicht. Der Registrierung kommt nur<br />

deklaratorische Wirkung zu, sie ist keine Wirksamskeitsvoraussetzung für den Rechtsübergang<br />

742 . Allerdings ist sie im Hinblick auf zwei Punkte unabdingbar erforderlich:<br />

Einmal ist der gutgläubige Erwerb bis zur Eintragung des Rechtsübergangs der Gemeinschaftsmarke<br />

nach Art. 23 Abs. 1 GemMVO möglich, es sei denn, der Dritte hat<br />

Kenntnis von der noch nicht registrierten Veräußerung 743 <strong>und</strong> zum anderen kann nur der<br />

eingetragene Rechtsnachfolger nach Art. 17 Abs. 6 GemMVO seine Rechte gegenüber<br />

Dritten geltend machen. Mit Art. 17 Abs. 6 GemMVO wurde die aus dem alten<br />

Warenzeichengesetz bekannte mißliche Konstellation in die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

transformiert, die sich dadurch auszeichnet, daß vor der Umschreibung der<br />

Rechtsinhaberschaft der materielle Rechtsnachfolger mangels formeller Berechtigung<br />

seine Rechte gegenüber Dritten nicht geltend machen kann <strong>und</strong> der noch formell<br />

ausgewiesene Inhaber materiell-rechtlich nicht zur Geltendmachung der Rechte aus der<br />

Marke berechtigt ist. Von dieser Konzeption wird lediglich in Art. 17 Abs. 7 GemMVO<br />

gegenüber dem <strong>Marken</strong>amt eine Ausnahme gemacht, indem dem Rechtsnachfolger<br />

gestattet wird, bereits ab Eingang des Umschreibungsantrages fristwahrende Erklärungen<br />

abzugeben 744 .<br />

Die inhaltlichen Anforderungen an den Umschreibungsantrag werden in Regel 31<br />

GemMDV näher bestimmt, sofern nur bestimmte <strong>Marken</strong>kategorien übertragen werden,<br />

ist zusätzlich Regel 32 GemMDV zu beachten.<br />

Der Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs gilt erst als gestellt, wenn die<br />

diesbezügliche Gebühr bezahlt worden ist (Regel 31 Abs. 4 GemMDV i.V.m. Art. 140<br />

Abs. 2 Nr. 4 GemMVO); sie beträgt nach Art. 1 Nr. 22 GebührenV generell 200 EUR,<br />

unabhängig, ob es sich um die Übertragung der gesamten Gemeinschaftsmarke handelt<br />

oder nur gewisse <strong>Marken</strong>kategorien übertragen werden. Werden jedoch mehrere Anträge<br />

in einem gemeinsamen Antrag oder gleichzeitig gestellt, so schreibt Art. 1 Nr. 22<br />

GebührenV die Höchstgrenze für die zu entrichtende Gebühr von 1000 EUR vor.<br />

4. Ablehnung der Eintragung des Rechtsübergangs<br />

Nach Art. 17 Abs. 4 GemMVO wird die Eintragung des Rechtsübergangs zurückgewiesen,<br />

wenn der Übergang der Marke an einen anderen Inhaber offensichtlich<br />

geeignet ist, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geo-<br />

741<br />

742<br />

Vgl. Schönfeld, S. 62<br />

Vgl. Ingerl, S. 110; Schönfeld, S. 63<br />

743<br />

Art. 23 Abs. 1 GemMVO erstreckt den gutgläubigen Erwerb zudem noch auf dingliche Rechte <strong>und</strong> die Lizenz an<br />

einer Gemeinschaftsmarke. Das <strong>Marken</strong>gesetz enthält keine solche Regelung.<br />

744<br />

Unter die fristwahrenden Erklärungen sollte auch die Widerspruchseinlegung subsumiert werden, vgl. Schönfeld,<br />

S. 72; Ingerl, S. 110.


127<br />

graphische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen ist,<br />

irrezuführen <strong>und</strong> diese Irreführung nicht durch Einschränkung des Waren- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsverzeichnisses beseitigt wird. Entscheidend nach dem Wortlaut ist so<strong>mit</strong>,<br />

daß der Rechtsübergang kausal für die Irreführung ist. In Ansehung des Verfallsgr<strong>und</strong>es<br />

in Art. 50 Abs. 1 lit. c GemMVO, wonach die Gemeinschaftsmarke für verfallen erklärt<br />

wird, wenn die konkrete Benutzung der Gemeinschaftsmarke die Eignung einer Irreführung<br />

bedingt, kann die Eintragung über Art. 17 Abs. 4 GemMVO nur dann abgelehnt<br />

werden, wenn die Rechtsübertragung, für sich unabhängig möglich denkbarer<br />

Benutzungsarten, die Irreführungseignung herbeiführt; folgerichtigerweise muß sich die<br />

Irreführung aus dem Inhalt der Marke selbst ergeben <strong>und</strong> ihre Aussage muß für jede<br />

vorstellbare Art der Benutzung unrichtig sein 745 . Die Bejahung der Irreführung dürfte<br />

nur in sehr seltenen Fällen möglich sein, zumal, wie bei der erstmaligen Eintragung der<br />

Gemeinschaftsmarke, auch hier der Verhältnismäßigkeitsgr<strong>und</strong>satz beachtet <strong>und</strong> folglich<br />

die Ablehnung der Umschreibung als Ausnahme sehr streng gehandhabt werden muß 746 .<br />

Die eingeschränkte Reichweite von Art. 17 Abs. 4 GemMVO auf die Inhaltsprüfung der<br />

Gemeinschaftsmarke korrespondiert auch <strong>mit</strong> der Überprüfungsmöglichkeit des<br />

<strong>Marken</strong>amts im Entscheidungszeitpunkt, indem zumeist für das <strong>Marken</strong>amt anhand der<br />

ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen noch gar nicht absehbar ist, in welcher Weise<br />

<strong>und</strong> von welchem Unternehmen die Marke tatsächlich verwendet werden soll.<br />

Die Ablehnung der Umschreibung auf den Rechtsnachfolger hat für den Bestand der<br />

Rechtsübertragung selbst gr<strong>und</strong>sätzlich keine Auswirkungen, da der Registrierung keine<br />

konstitutive Wirkung zukommt 747 , es sei denn die Vertragsparteien haben die Bedingung<br />

der erfolgreichen Umschreibung an die Verfügung gekoppelt. Für den Rechtsnachfolger<br />

bringt die Umschreibungsablehnung dennoch erhebliche negative Folgen, indem sie ihm<br />

die Geltendmachung seiner Rechte aus der Gemeinschaftsmarke verwehrt <strong>und</strong> den<br />

gutgläubigen Dritterwerb weiterhin ermöglicht 748 .<br />

II. Übertragung einer <strong>deutschen</strong> Marke<br />

Wie bereits dargestellt wurde, enthält die Richtlinie keinerlei Vorgaben hinsichtlich der<br />

freien Übertragbarkeit der Marke. Dennoch kann <strong>und</strong> wird hier vorausgesetzt, daß die<br />

nationalen <strong>Marken</strong>gesetze nach der Richtlinie freie diesbezügliche Regelungen enthalten<br />

dürfen 749 .<br />

745<br />

746<br />

Dazu ausführlich Schönfeld, S. 66 ff; Schweikert, Mitt. 1990, 1 ff.<br />

Siehe dazu obige Ausführung unter D. I. 1. b); so auch Schönfeld, S. 67; Heil, Festschrift für Oppenhoff, S. 127,<br />

141, weist zu Recht auf die die Prüfung auslösende <strong>und</strong> vielfach durch das negative Ergebnis überflüssige<br />

zeitliche Verzögerung der Umschreibung hin; die Kommission, Erläuterungen zu Art. 17 VOV 1980, GRUR Int.<br />

1981, 86, 90, sieht dagegen hierin kein Verfahrenserschwernis.<br />

747<br />

So ausdrücklich die Kommission, Erläuterung zur Art. 17 VOV 1980, GRUR 1981, 86, 90; die Denkschrift<br />

propagierte dagegen noch die Unwirksamkeit der Übertragung als Rechtsfolge in dieser Situation, GRUR Int.<br />

1976, 481, 497.<br />

748<br />

Art. 17 Abs. 6 <strong>und</strong> Art. 23 Abs. 1 GemMVO<br />

749<br />

Siehe dazu die Darstellung unter B.II.3.


128<br />

1. Gegenstand der Übertragung<br />

Als konsequente Folge des allgemein im <strong>Marken</strong>gesetz geltenden Nichtakzessorietätsprinzips<br />

hat der deutsche Gesetzgeber die freie Übertragbarkeit der Marke in<br />

§ 27 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G aufgenommen. Gegenstände der Übertragung können alle drei<br />

<strong>Marken</strong>-kategorien des § 4 Nr. 1-3 <strong>Marken</strong>G sein, die eingetragene Marke, die durch<br />

Benutzung <strong>und</strong> Erwerb von Verkehrsgeltung entstandene Marke <strong>und</strong> die durch<br />

notorische Bekanntheit entstandene Marke. Die freie Veräußerungsmöglichkeit für die<br />

Marke, unabhängig von einem dazugehörenden Geschäftsbetrieb, ist aber, für sich<br />

gesehen, keine neue Errungenschaft des <strong>Marken</strong>gesetzes. Diese, von der Wirtschaft<br />

lange herbeigesehnte, aber vom alten Warenzeichengesetz fast ein Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

fortwährend abgelehnte Verwertungsmöglichkeit ermöglichte erstmals das Erstreckungsgesetz<br />

für die deutsche Marke; im Unterschied zum heutigen <strong>Marken</strong>gesetz war nach<br />

dem Erstreckungsgesetz bei der Eintragung einer Marke aber noch erforderlich, daß der<br />

<strong>Marken</strong>anmelder einen Geschäftsbetrieb innehaben mußte, wenn auch nur irgendeinen<br />

<strong>und</strong> nicht mehr einen, die angemeldeten <strong>Marken</strong>kategorien abdeckenden 750 . Betrachtet<br />

man dagegen die Eintragungs- <strong>und</strong> Veräußerungsvoraussetzungen zusammen, so<br />

eröffnet das gegenwärtige <strong>Marken</strong>gesetz erstmalig Privatleuten gr<strong>und</strong>sätzlich die Möglichkeit<br />

zum <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>.<br />

Entsprechend der Gemeinschaftsmarke ist nun auch die Übertragung der <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Marken</strong> für nur einen Teil der eingetragenen Waren oder Dienstleistungen erstmalig<br />

gestattet 751 . Diese Option bricht den alten Gr<strong>und</strong>satz der Unteilbarkeit des Warenzeichens<br />

nach dem Warenzeichengesetz, nachdem eine solche Teilübertragung generell<br />

unzulässig war 752 . Die Teilbarkeit eines Zeichens hat für seine Verwertung große<br />

Vorteile, indem auf den <strong>Marken</strong>erwerber jeweils nur die ihn interessierenden <strong>Marken</strong>kategorien<br />

übertragen <strong>und</strong> die restlichen für die Marke registrierten Waren- oder Dienstleistungskategorien<br />

anderweitig verwertet werden können, kann der Wert einer Marke<br />

intensiv <strong>und</strong> erschöpfend ausgenutzt werden.<br />

Das <strong>Marken</strong>gesetz enthält wie die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung eine Vermutungsregel<br />

in § 27 Abs. 2 dahingehend, daß die Übertragung eines Geschäftsbetriebs auch im<br />

Zweifel die dazugehörige Marke erfaßt 753 . Im Gegensatz zur <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

bezieht sich diese gesetzliche Vermutung auch auf die Übertragung lediglich<br />

eines Teils des Geschäftsbetriebes, worin ein Relikt des traditionellen Akzessorietätsprinzips<br />

des alten Warenzeichengesetzes gesehen werden kann.<br />

2. Rechtsgeschäftliche Übertragung<br />

Das <strong>Marken</strong>gesetz regelt wie die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung nur die Zulässigkeit<br />

<strong>und</strong> den Umfang der Übertragung der Marke <strong>und</strong> enthält keine detaillierten Vorschriften<br />

zum Übertragungsvorgang. Folglich muß für die rechtsgeschäftliche Übertragung auf die<br />

750 Dazu ausführlich unter C. I. 1. a)<br />

751 Hiervon zu unterscheiden ist die Teilung der Marke ohne Rechtsübergang, die das <strong>Marken</strong>gesetz im Gegensatz<br />

zur <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung erstmalig in § 46 <strong>Marken</strong>G zuläßt, dazu ausführlich Klaka, GRUR 1995,<br />

713 ff.<br />

752<br />

Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 27 Rn. 23 <strong>mit</strong> Beispiel für ausnahmsweise zugelassenen Teilübertragungen.<br />

753 Ausführlicher zu § 27 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G Wagner, WiB 1996, 838 f.


129<br />

allgemeinen Vorschriften des BGB zurückgegriffen werden. Unter Beachtung des<br />

Abstraktionsprinzips ist zwischen dem Verfügungsgeschäft zur Übertragung des<br />

<strong>Marken</strong>rechts <strong>und</strong> dem zugr<strong>und</strong>eliegenden Verpflichtungsgeschäft zu unterscheiden. Für<br />

die dingliche Übertragung des <strong>Marken</strong>rechts gelten über § 413 BGB die Abtretungsnormen<br />

§§ 398 ff. Der die Übertragung der Marke bewirkende Abtretungsvertrag ist<br />

formfrei, unabhängig davon, ob das Verpflichtungsgeschäft formbedürftig ist oder<br />

nicht 754 . Das schuldrechtliche Rechtsgeschäft für die <strong>Marken</strong>übertragung wird,<br />

insbesondere für den hier interessierenden <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>, zumeist ein Kaufvertrag in der<br />

Form eines Rechtskaufs nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB sein 755 , der, ohne das Abstraktionsprinzip<br />

zu umgehen, die Bedingung der Gültigkeit der Verpflichtung an die Verfügung<br />

beinhalten darf 756 .<br />

Den gutgläubige Erwerb einer Marke sieht das <strong>Marken</strong>gesetz entgegen der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

nicht ausdrücklich vor, aber auch die Registrierung einer<br />

Marke schafft keine Rechtsscheinsbedingung für einen solchen Erwerb; ebenso ist ein<br />

Gutglaubenserwerb auch über die einschlägigen zivilrechtlichen Erwerbsnormen für das<br />

<strong>Marken</strong>recht der §§ 398 ff BGB nicht möglich.<br />

3. Formalitäten <strong>und</strong> Gebühren<br />

Der Rechtsübergang einer eingetragenen Marke wird auf Antrag eines Beteiligten nach §<br />

27 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G in das Register eingetragen, wenn er dem Patentamt nachgewiesen<br />

worden ist.<br />

In § 31 <strong>Marken</strong>VO werden die inhaltlichen Anforderungen an den Antrag <strong>und</strong> die<br />

Nachweisführung ausführlich dargetan, § 32 <strong>Marken</strong>VO ist zusätzlich zu beachten, wenn<br />

die Marke nur teilweise übertragen wird. Zusätzlich konkretisiert die Umschreibungsrichtlinie<br />

die Anforderungen an die Beweisführung 757 .<br />

Die Umschreibung einer Gesamtübertragung einer Marke erfolgt gebührenfrei, die einer<br />

Teilübertragung löst dagegen eine Gebühr aus 758 . Diese beträgt nach § 27 Abs. 4<br />

<strong>Marken</strong>G i.V.m. Nr. 133 400 des Gebührenverzeichnisses zum PatGebG DM 600,00 759<br />

<strong>und</strong> ist <strong>mit</strong> dem Antrag auf Eintragung zu entrichten. Wird die Gebühr nicht gezahlt, so<br />

754 Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung fordert dagegen diesbezüglich die Schriftform, Art. 17 Abs. 3 GemMVO,<br />

dazu oben unter E. I. 2.<br />

755 Hinsichtlich weiterer möglicher Verpflichtungsgeschäfte, vgl. Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 27 Rn. 8;<br />

756 Die Bedingung muß allerdings ausdrücklich im Kaufvertrag aufgenommen werden, sie darf nicht konkludent<br />

hergeleitet werden, vgl. dazu ausführlicher Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 27 Rn. 14.<br />

757 Umschreibungsrichtlinie, neugefaßt am 28.10.1996, in Kraft getreten am 15.11. 1996, BlPMZ 1996, 42 ff; dazu<br />

die Mitteilung Nr. 22/96 des Präsidenten des Deutschen Patentamtes, BlPMZ 1996, 426.<br />

758 Die Umschreibungsgebühr für eine Gesamtübertragung soll bereits in den Eintragungsgebühren <strong>mit</strong>enthalten<br />

sein, die Teilübertragung löst dagegen einen erheblich umfangreicheren Prüfungsaufwand für das Deutsche<br />

Patentamt aus <strong>und</strong> erfordert daher eine zusätzliche Umschreibungsgebühr, so Begründung zum <strong>Marken</strong>G,<br />

12/6581, S. 84<br />

759 Die Neufassung des § 27 Abs. 4 <strong>Marken</strong>G durch Art. 1 Nr. 1 des <strong>Marken</strong>rechtsänderungsgesetzes von 1996 hat<br />

§ 32 Abs. 3 S. 1 <strong>Marken</strong>VO obsolet werden lassen.


130<br />

gilt der Antrag lediglich als nicht gestellt <strong>und</strong> wird nicht als Verzicht auf die Eintragung<br />

des abgetrennten Teils der Marke behandelt 760<br />

Im Gegensatz zur <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung enthält das <strong>Marken</strong>gesetz keine<br />

entsprechende Regelung, daß der Rechtsnachfolger seine Rechte aus der Marke gegenüber<br />

Dritten nur geltend machen kann, wenn die Umschreibung der Marke auf ihn<br />

erfolgt ist <strong>und</strong> hat da<strong>mit</strong> die entsprechend lautende Bestimmung von § 8 Abs. 2 des alten<br />

Warenzeichengesetzes nicht mehr übernommen. Stattdessen gestattet es über § 28 Abs. 2<br />

<strong>Marken</strong>G nun dem <strong>Marken</strong>erwerber, seine Rechte aus der Marke bereits dann geltend zu<br />

machen, wenn er den Umschreibungsantrag beim Patentamt gestellt hat 761 . Zudem hat<br />

das <strong>Marken</strong>gesetz in § 28 Abs. 1 die widerlegbare Vermutung der Rechtsinhaberschaft<br />

für den im Register Eingetragenen aufgenommen 762 . Mit diesen Regelungen ist das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz den zu Zeiten des Warenzeichengesetzes zutagegetretenen Unzulänglichkeiten,<br />

wenn materiell <strong>und</strong> formell Berechtigter bei der Rechtsübertragung eine Zeitlang<br />

auseinanderfielen, nachgekommen.<br />

4. Ablehnung der Eintagung des Rechtübergangs<br />

Der Umschreibungsantrag kann von dem Patentamt nicht wegen Irreführungseignung<br />

der Rechtsübertragung der Marke zurückgewiesen werden. Eine dementsprechende<br />

Regelung, wie sie die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung in Art. 17 Abs. 4 enthält, sah<br />

zwar der letzte Diskussionsentwurf für das <strong>Marken</strong>gesetz vor 763 , wurde dann aber doch<br />

nicht in das gegenwärtige <strong>Marken</strong>gesetz übernommen. Diese Nichtaufnahme ist zu<br />

befürworten, da – wie schon oben bei der Übertragung der Gemeinschaftsmarke,<br />

angedeutet – die Prüfung des Rechtsübergangs auf Irreführung in dem Umschreibungsverfahren<br />

durch das Patentamt einmal vom Prüfungsansatz selbst nur wenig<br />

erfolgversprechend wäre, denn der Inhalt einer Marke, unabhängig von ihrer Benutzung,<br />

wird nur in sehr seltenen Fällen für sich allein durch die Rechtsübertragung schon<br />

irreführend sein, <strong>und</strong> zum anderen wäre eine solche Ergebnisfeststellung von dem<br />

Patentamt <strong>mit</strong> den ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen zumeist sehr zweifelhaft<br />

<strong>und</strong> bedenklich 764 .<br />

Der zweckmäßige Verzicht auf die Prüfung der Irreführungseignung der Marke im<br />

registerrechtlichen Verfahren wird durch den Verfallsgr<strong>und</strong> gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 2<br />

<strong>Marken</strong>G effizient <strong>und</strong> sinnvoll kompensiert. Denn dieser Verfallsgr<strong>und</strong> prüft auch die<br />

Irreführungseignung einer eingetragenen Marke, aber er setzt die Prüfung nicht abstrakt<br />

760 § 27 Abs. 4 S. 2 <strong>Marken</strong>G; die Unterstellung des Verzichts erfolgt dagegen bei der Teilung der Marke ohne<br />

gleichzeitige Rechtsübertragung, § 46 Abs. 3 S. 3 <strong>Marken</strong>G. § 28 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G gilt auch bei gesetzlicher<br />

Gesamtrechtsnachfolge, BPatG, GRUR 1999, 349 – Umschreibungsantrag.<br />

761 Diese Form der Aktivlegitimation hat die Rechtsprechung dem Rechtsnachfolger allerdings auch zuletzt unter<br />

Geltung des alten Warenzeichengesetzes <strong>und</strong> entgegen dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 WZG zugestanden, BPatG,<br />

GRUR 1992, 442 – FENDOROL; BPatG, GRUR 1992, 609 – DIBEN; vgl. auch Althammer, <strong>Marken</strong>G, § 28 Rn.<br />

2.<br />

762 Diese Vermutungsregel ist eine Beweisregel, vgl. BGH, WRP 1998, 600 – Sam; dazu ausführlich Fezer,<br />

<strong>Marken</strong>G, § 28 Rn. 7, 8; Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 28 Rn. 5 <strong>und</strong> 7.<br />

763 Diskussionentwurf, GRUR 1993, 599, 606; vgl. Droste/Reimer, GRUR 1974, 636, 645.<br />

764 So auch Klaka, GRUR 1995, 713, 719, Althammer, <strong>Marken</strong>G, § 27 Rn. 7; a.A. Henning-Bodewig/Kur, Bd. II, S.<br />

314.


131<br />

an dem Inhalt der Marke <strong>und</strong> ihrem Rechtsübergang an, sondern bezieht die konkrete<br />

Benutzung der Marke in seine Betrachtung <strong>mit</strong> ein <strong>und</strong> ermöglicht so ein sachgemäßes<br />

Ergebnis.<br />

III. Lizenzierung der Marke<br />

Alternativ zur rechtsgeschäftlichen Veräußerung der Marke kann der <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> auch<br />

in Form der <strong>Marken</strong>lizenzierung betrieben werden. Diese Verwertungsart bietet sich<br />

insbesondere für schon bekannte <strong>Marken</strong> an, um deren bestehenden good will<br />

wirtschaftlich umfassend <strong>und</strong> langfristig auszunutzen 765 ; für die Verwertung der<br />

vorliegend interessierenden neukreierten <strong>Marken</strong> von Privatpersonen spielt sie dagegen<br />

nur eine zweitrangige Rolle. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird die Lizenz von <strong>Marken</strong> auch nur<br />

kursorisch dargestellt, wenngleich nicht verschwiegen werden soll, daß sie ein<br />

komplexes Rechtsinstitut ist, das zahlreiche Fragen aufwirft 766 .<br />

Sowohl die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung in Art. 22 wie auch das <strong>Marken</strong>gesetz in §<br />

30 regeln die Zulässigkeit <strong>und</strong> den Umfang einer Lizenz für die Gemeinschaftsmarke<br />

bzw. die deutsche Marke <strong>und</strong> bestimmen zusätzlich, welche Verstöße gegen die<br />

vertragliche Lizenzvereinbarung vom <strong>Marken</strong>inhaber gegen den Lizenznehmer <strong>mit</strong> einer<br />

<strong>Marken</strong>verletzungsklage geltend gemacht werden dürfen. Entsprechend ihren Übertragungsregelungen<br />

enthalten beide zeichenrechtliche Lizenznormierungen keine<br />

ausdrücklichen Regelungen für die gesamte vertragliche Ausgestaltung der Lizenz, so<br />

daß auch hier auf die einschlägigen nationalen Zivilrechtsnormen zurückgegriffen<br />

werden muß 767 .<br />

Übereinstimmend gewähren die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

die Möglichkeiten, die Lizenz ausschließlich oder nicht ausschließlich, für die<br />

gesamte Marke oder für Teilbereiche von ihr <strong>und</strong> für das gesamte Schutzgebiet oder nur<br />

für Teilgebiete auszugestalten 768 . Für das deutsche Zeichenrecht ist die markenrechtliche<br />

Lizenzregelung ein Novum, das als Folge der zwingenden Vorgabe des Art. 8 der Richtlinie<br />

hervorgegangen ist. Das alte Warenzeichengesetz enthielt keine diesbezügliche<br />

Regelung, dennoch wurde die Lizenzerteilung für Warenzeichen seit jeher von der<br />

herrschenden Meinung anerkannt, allerdings bedingt durch das damalig festverankerte<br />

Akzessorietätsprinzip, nur in der Form der schuldrechtlichen Lizenz 769 . Gegenwärtig ist<br />

765 Neben dem finanziellen Motiv können auch Bestrebungen zur weiteren Schutzbereichsausdehnung maßgebend<br />

sein, vgl. Bericht von Jonas, GRUR Int. 1995, 232 ff; Ruijsenaars, GRUR Int. 1988, 385, 386 <strong>mit</strong> zusätzlichem<br />

Hinweis auf die für die bekannte Marke sich aus dieser Vermarktungsart ergebenden Gefahren.<br />

766 Ein dedailliertes Eingehen auf die Lizenzproblematik würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Ausführliche<br />

Abhandlungen zu dieser Thematik bei Schönfeld, S. 84 ff; Bühler, S. 170 ff; allgemein zum Lizenzvertrag,<br />

Stumpf/Groß, Der Lizenzvertrag, 1998.<br />

767 Art. 16 Abs. 1 GemMVO bestimmt für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>lizenz, welches nationale Recht anwendbar ist,<br />

vgl. dazu die ausführlichere Darstellung unter E. I. 2.; vgl. Jonas, GRUR Int. 1995, 232, 234, hinsichtlich der<br />

anwendbaren <strong>deutschen</strong> Normen.<br />

768 Art. 22 Abs. 1 GemMVO, § 30 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G; die Teilgebietslizenz für eine Gemeinschaftsmarke stellt eine<br />

Ausnahme des in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung herrschenden Gr<strong>und</strong>satzes der Einheitlichkeit dar, vgl.<br />

Darstellung zum Prinzip der Einheitlichkeit unter B. I. 3. a); teilweise abweichend regeln die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> das <strong>Marken</strong>gesetz dagegen die verfahrensrechtlichen Befugnisse des Lizenznehmers, vgl.<br />

dazu Ingerl, S. 111 f.<br />

769 Vgl. diesbezüglich nur Baumbach/Hefermehl, WZG, Anh. zu § 8.


132<br />

die rechtliche Ausgestaltung der Lizenz, ob in dinglicher oder in schuldrechtlicher Form,<br />

weder in § 30 <strong>Marken</strong>G noch in Art. 22 GemMVO vorgegeben <strong>und</strong> geregelt. Beide<br />

Normen verbinden keine bestimmten Rechtsfolgen an eine spezielle Art eines<br />

Lizenzvertrages, sie gehen respektive von der Vertragfreiheit der Parteien aus 770 .<br />

Folglich obliegt es den Parteien die rechtliche Ausgestaltung der Lizenz zu bestimmen<br />

<strong>und</strong> festzulegen 771 .<br />

Für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> ist von besonderer Bedeutung die verfahrensrechtliche Lizenzregelung<br />

des <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> des europäischen <strong>Marken</strong>rechts im Hinblick auf die<br />

ausschließliche Lizenz 772 . Denn dem Lizenznehmer einer ausschließlichen Lizenz<br />

werden nach § 30 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 22 Abs. 3 GemMVO nicht von vorneherein<br />

die prozessualen Rechte eines <strong>Marken</strong>inhabers zugestanden, da der Lizenzgeber auch bei<br />

der ausschließlichen Lizenz Rechtsinhaber der Marke bleibt. So bestimmt § 30 Abs. 3<br />

<strong>Marken</strong>G, daß ein Lizenznehmer nur <strong>mit</strong> Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers Klage wegen<br />

Verletzung der lizenzierten Marke erheben kann 773 . Da in dieser Bestimmung nicht<br />

zwischen ausschließlicher <strong>und</strong> einfacher Lizenz differenziert wird, der Gesetzgeber aber<br />

in § 30 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G gleichwohl diese zwei Arten von Lizenzvertrag unterscheidet,<br />

ist davon auszugehen, daß auch der Lizenznehmer einer ausschließlichen Lizenz gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

der Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers bedarf 774 . Auch nach Art. 22 Abs. 3 S. 1<br />

GemMVO kann ein Lizenznehmer gr<strong>und</strong>sätzlich nur <strong>mit</strong> Zustimmung des<br />

<strong>Marken</strong>inhabers <strong>Marken</strong>verletzungsklage erheben. Abweichend zum <strong>Marken</strong>gesetz kann<br />

aber der Lizenznehmer einer ausschließlichen Lizenz gemäß Art. 22 Abs. 3 S. 2<br />

GemMVO dann ohne Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers Klage erheben, wenn der<br />

Inhaber der Gemeinschaftsmarke nach Aufforderung nicht selber innerhalb einer angemessenen<br />

Frist die Verletzungsklage erhoben hat. Wie das <strong>Marken</strong>gesetz gewährt die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung da<strong>mit</strong> dem Lizenznehmer einer ausschließlichen<br />

Lizenz nicht von vorneherein ein direktes Klagerecht 775 . Sowohl die deutsche wie auch<br />

die gemeinschaftsrechtliche prozessuale Regelung für den Lizenznehmer kann im<br />

770 So auch Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 30 Rn. 7; a.A. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 30 Rn. 8, nach ihm gehen die<br />

zeichenrechtlichen Regelungen, § 30 <strong>Marken</strong>G, Art. 8 RL <strong>und</strong> Art. 22 GemMVO, von einer dinglichen<br />

<strong>Marken</strong>lizenz aus.<br />

771 § 30 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 22 Abs. 2 GemMVO ermöglichen die Geltendmachung von markenrechtlichen<br />

Ansprüchen neben den vertraglichen Ansprüchen.<br />

772 Die ausschließliche Lizenz zeichnet sich dadurch aus, daß nur der Lizenznehmer die Marke in der lizenzierten<br />

Weise benutzen darf, vgl. Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 30 Rn. 10<br />

773 § 30 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G wird von der <strong>deutschen</strong> Rechtsprechung auch schon auf außergerichtliches Vorgehen des<br />

Lizenznehmers angewandt,vgl. OLG München, NJW-RR 1997, 1266 – 1860 München sowie OLG München,<br />

Mitt. 1997, 123 – Fan-Artikel.<br />

774 So ausdrücklich die Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz, vgl. BT-Drucks. 12/6581, S. 85. In diesem Sinne auch<br />

Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 30 Rn. 40; Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 30 Rn. 31, wenngleich seiner Ansicht nach § 30<br />

<strong>Marken</strong>G von einer dinglichen <strong>Marken</strong>lizenz ausgeht, so daß eigentlich die Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers<br />

überflüssig erscheint, Fezers Ansicht nach beabsichtigt aber das Zustimmungserfordernis die Schutzinteressen<br />

zwischen Lizenzgeber <strong>und</strong> Lizenznehmer im Interesse des <strong>Marken</strong>inhabers abzustimmen, vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G,<br />

§ 30 Rn. 31; Lehmann/Schönfeld, GRUR 1994, 481, 483.<br />

775<br />

Die nicht vollständige Übereinstimmung der Regelung des <strong>Marken</strong>gesetzes <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

hinsichtlich der Regelung des Klagerechts des Lizenznehmers erklärt sich durch die fehlende<br />

obligatorische Vorgabe der Verfahrensausgestaltung in der Richtlinie für die nationalen <strong>Marken</strong>gesetze.


133<br />

Lizenzvertrag abbedungen werden 776 . Sofern der Lizenzvertrag keine ausdrückliche<br />

Regelung hinsichtlich der Klagebefugnis des Lizenznehmers enthält, kann die<br />

Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers unter Umständen auch konkludent im Lizenzvertrag<br />

enthalten sein 777 . Hinsichtlich der prozessualen Regelungen verbietet sich aber die allgemeine<br />

Auslegung, daß die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz stets auch die<br />

Zustimmung stillschweigend enthält 778 . Angesichts der <strong>deutschen</strong> prozessualen Lizenzregelung<br />

in § 30 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G muß ein Lizenznehmer einer ausschließlichen Lizenz<br />

an einer <strong>deutschen</strong> Marke darauf bedacht sein, bei den Vertragsverhandlungen die<br />

Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers <strong>mit</strong> zu regeln, um nicht jeweils bei einem aktuellen<br />

Verletzungsfall der Marke von der Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers hinsichtlich seiner<br />

Verteidigungsmöglichkeiten abhängig zu sein. Die vertragliche Regelung der Zustimmung<br />

des <strong>Marken</strong>inhabers ist auch bei einer ausschließlichen Lizenz an einer Gemeinschaftsmarke<br />

sinnvoll, um nicht jedesmal den Inhaber der Gemeinschaftsmarke zur<br />

Klageerhebung auffordern zu müssen, um nach Ablauf einer angemessenen Frist dann<br />

selbst handeln zu können. Insgesamt gesehen stellt die prozessuale Lizenzregelung<br />

sowohl auf der gemeinschaftsrechtlichen wie auch auf der <strong>deutschen</strong> Ebene für den<br />

<strong><strong>Marken</strong>handel</strong> eine Hürde dar, wenngleich sie für den <strong>deutschen</strong> <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> mangels<br />

der Fristsetzung zur Klageerhebung zugunsten des Lizenznehmers eine höhere ist, die<br />

aber vertraglich in beiden Fällen ausgeräumt werden kann.<br />

Die Schriftform wird weder von der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, wenngleich sie<br />

sie für die rechtsgeschäftliche Übertragung fordert, noch von dem <strong>Marken</strong>gesetz für die<br />

Lizenzerteilung verlangt 779 . Allerdings konnte im Einzelfall die inhaltliche Gestaltung<br />

des Lizenzvertrags in der Vergangenheit ein Formerfordernis auslösen, insbesondere ist<br />

hier an § 34 a.F. GWB zu denken 780 . Seit dem 1.1.1999 ist dieses Schriftformgebot aber<br />

ersatzlos <strong>und</strong> ohne Übergangsvorschriften gestrichen worden 781 . Der Wegfall des Formerfordernisses<br />

hat keine Rückwirkung <strong>mit</strong> der Folge, daß vor dem 1.1.1999 geschlossene<br />

Verträge die Bestimmung des § 34 a.F. GWB zwingend beachten müssen 782 . Desweiteren<br />

muß sowohl der Lizenzvertrag für eine deutsche Marke wie für eine<br />

Gemeinschaftsmarke in den Grenzen des Art. 82 EGV gehalten werden <strong>und</strong> darf folglich<br />

nicht wettbewerbsverfälschende Tendenzen zur Beeinträchtigung <strong>und</strong> Behinderung des<br />

776 Die Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz formuliert dies explizit, vgl. BT-Drucks. 12/6581, S. 85; für die<br />

Gemeinschaftsmarke bestimmt Art. 22 Abs. 3 S. 1 GemMVO klar, daß „ unbeschadet der Bestimmungen des<br />

Lizenzvertrages“ es der Zustimmung des <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhabers bedarf <strong>und</strong> folglich die Zustimmung<br />

auch generell im Lizenzvertrag gegeben werden kann, vgl. v. Mühlendahl/Ohlgart, § 9 Rn. 40.<br />

777 Die Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers muß sich aus dem Gesamtzusammenhang des Lizenzvertrages ergeben,<br />

dies kann beispielsweise bei einer ausschließlichen Lizenz an einer <strong>deutschen</strong> Marke durch einen ausländischen<br />

Lizenzgeber gegeben sein, vgl. Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 30 Rn. 40.<br />

778 Vgl. Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 30 Rn. 40; v. Mühlendahl/Ohlgart, § 9 Rn. 41<br />

779 Ebensowenig verlangen gegenwärtig beide Zeichenrechte eine Qualtitätkontrolle seitens des Lizenzgebers, die<br />

Denkschrift sah dagegen eine solche Kontrolle für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>lizenz als unbedingt erforderlich an,<br />

GRUR Int. 1978, 452, 454, ausführlich zu diesem Streitpunkt Schönfeld, S. 85 f <strong>und</strong> Kur, GRUR Int. 1990, 1,4 f.<br />

780 Dazu ausführlich Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 3 Rn. 17.<br />

781 Siehe Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fasssung der Bekanntmachung vom 26.8.1998<br />

(BGBl. I S. 2546).<br />

782 Vgl. OLG Saarbrücken, NJWE-WettbR 2000, 77.


134<br />

Handels zwischen den Mitgliedstaaten der EU aufweisen 783 . Allein nach Art. 22 Abs. 5<br />

GemMVO besteht die Eintragungsmöglichkeit für die Erteilung oder Weiterübertragung<br />

einer Lizenz im Register, diese Registrierung ist analog der Eintragung des rechtsgeschäftlichen<br />

<strong>Marken</strong>überganges lediglich deklaratorisch 784 , wenngleich sie gemäß Art.<br />

23 Abs. 1 <strong>und</strong> Abs. 2 GemMVO unabdingbare Voraussetzung für die Geltendmachung<br />

der Rechte aus der Gemeinschaftsmarke gegenüber Dritten <strong>und</strong> zum Schutz vor<br />

gutgläubigem lastenfreien Dritterwerb für den Lizenznehmer ist. Mit dem Registrierungsantrag<br />

ist nach Art. 140 Abs. 2 Nr. 5 GemMVO i.V.m. Regel 33 Abs. 1 GemMDV<br />

<strong>und</strong> Art. 1 Nr. 23 GebührenVO eine Gebühr in Höhe von 200 EUR je Eintragung, bei<br />

mehreren Anträgen in einem Antrag aber nicht mehr als insgesamt 1000 EUR zu<br />

entrichten.<br />

IV. Weitere Verwertungsmöglichkeiten<br />

Die oben aufgezeigten Verwertungsarten der rechtsgeschäftlichen <strong>Marken</strong>übertragung<br />

<strong>und</strong> <strong>Marken</strong>lizenzierung sind für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> nicht die einzig durchführbaren<br />

Verwertungsmöglichkeiten, auch wenn sie die in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> dem <strong>Marken</strong>gesetz diesbezüglich alleinig ausdrücklich normierten sind. Den beiden<br />

Zeichengesetzen ist nämlich ein Typenzwang für die konkrete Gestaltung der <strong>Marken</strong>verwertungsarten<br />

fremd, sie basieren vielmehr im Rahmen des Möglichen betreffend das<br />

Wesen der Marke auf dem Gr<strong>und</strong>satz der Privatautonomie. Die Aufgabe des Akzessorietätsprinzips<br />

ermöglicht gegenwärtig eine Vielzahl von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten<br />

für die <strong>Marken</strong>verwertung 785 .<br />

Aus der Menge der möglichen privatautonomen Rechtsgestaltungen kann für den<br />

<strong><strong>Marken</strong>handel</strong> insbesondere das Franchising als zulässige Verwertungsart für eine Marke<br />

von besonderem Interesse sein 786 . Dieser Vertragstypus ermöglicht dem <strong>Marken</strong>inhaber,<br />

eine für seine Marke eigens ausgedachte <strong>und</strong> auf sie zugeschnittene Marketingkonzeption<br />

zusammen <strong>mit</strong> der Marke als Einheit, als sogenanntes Franchise-Paket,<br />

wirtschaftlich zu verwerten 787 . Der <strong>Marken</strong>inhaber als Franchisegeber räumt dem<br />

Franchisenehmer die Benutzung seiner Marke unter gleichzeitiger Ausführung <strong>und</strong><br />

Beachtung ihres dazugehörigen Marketing- <strong>und</strong>/oder Organisationskonzepts für die<br />

vereinbarte Vertragsdauer ein, der Franchisenehmer erhält folglich nur schuldrechtliche<br />

Ansprüche auf die Benutzung der Marke, die <strong>Marken</strong>inhaberschaft ändert sich nicht. Für<br />

diesen Vertragsmodus enthält weder die deutsche noch die europäische Gesetzgebung<br />

783 Insbesondere die ausschließliche Lizenz auf der Gemeinschaftsebene erfährt durch Art. 81, 82 EGV (früher Art.<br />

85, 86 EWGV, siehe Fn. 15) Einschränkungen, dazu näher Schönfeld, S. 102 f . Zu den kartellrechtlichen<br />

Schranken von <strong>Marken</strong>lizenzenen auch Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 30 Rn. 54.<br />

784 Der Antrag auf Registrierung der Lizenzerteilung löst dagegen keine Überprüfung auf Irreführungseignung, wie<br />

beim entsprechenden Antrag auf Eintragung der rechtsgeschäftlichen Übertragung, aus.<br />

785 Dagegen waren die Gestaltungsmöglichkeiten nach der Rechtslage des Warenzeichengesetzes durch die damalige<br />

feste Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb sehr eingeschränkt, vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 27 Rn. 41, § 3 Rn.<br />

52 ff..<br />

786<br />

Als weitere zulässige Verwertungsarten sind auch u.a. das <strong>Marken</strong>leasing, die <strong>Marken</strong>pacht <strong>und</strong> der<br />

<strong>Marken</strong>nießbrauch denkbar,vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 27 Rn. 50 ff.<br />

787 Vgl. Wang, S. 335, 351 f. Zu den wirtschaftlichen Vorteilen für den Franchisegeber im einzelnen siehe Skaupy,<br />

Franchising, S. 52 ff. Das Franchising erfreut sich seit Anfang der 90er Jahre immer größerer Beliebheit, vgl.<br />

Haager, WiB 1996, 377.


135<br />

bislang spezielle Vorschriften, auch die Definition des Franchising bereitet, bedingt<br />

durch die Vielzahl der ihr zugr<strong>und</strong>eliegenden, verschiedenartigen möglichen Sachverhalte<br />

erhebliche Probleme 788 . Demzufolge ist auch die rechtliche Einordnung des Franchisevertrages<br />

selbst sehr umstritten. Die Bestimmung der Rechtsnatur des Franchisevertrages<br />

hat zunächst für die Eintragung einer Marke zur späteren Verwendung für ein<br />

angestrebtes Franchising keine zeichenrechtliche Bedeutung 789 , hingegen kann sie für<br />

die Verwertung der Marke im Franchising eventuell die Beachtung entsprechender<br />

Formerfordernisse hervorrufen.<br />

Die Charakterisierung des Franchisevertrages ist gegenwärtig zumeist geprägt von der<br />

Mischvertragsbetrachtung 790 , wenngleich die vertraglichen Elemente unterschiedlich<br />

gewichtet <strong>und</strong> gewertet werden. Grob skizziert sieht eine Meinung die Elemente des<br />

Geschäftsbesorgungsvertrages als überwiegend maßgebend an 791 , während die andere<br />

ihren Schwerpunkt auf die lizenzvertraglichen Elemente legt 792 . Die Schwierigkeit, eine<br />

befriedigende <strong>und</strong> allgemein gültige Lösung für die Einordnung des Franchisesystems zu<br />

finden, resuliert nicht nur aus der mannigfachen tatsächlichen Gestaltungsmöglichkeit<br />

des Franchisevertrages, sondern auch aus der Kombination der vereinbarten Leistungen<br />

verschiedener schuldrechtlicher Vertragstypen im Franchise-Paket. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

können auf die einzelnen Leistungen die ihnen entsprechenden Vertragsregeln<br />

angewandt werden, solange es sich um eine isoliert beantwortbare Frage handelt, die<br />

nicht so eng <strong>mit</strong> dem wirtschaftlichen Gesamtsinn des Vertrages verb<strong>und</strong>en ist, daß eine<br />

Gesamtbetrachtung des Inbegriffs der Vereinbarung nicht unbedingt erforderlich <strong>und</strong><br />

dementsprechend eine spezielle Regelung für den Franchisevertrag nicht er<strong>mit</strong>telt<br />

werden muß 793 . Eine solch geschlossene Fragestellung ist die hier allein interessierende<br />

Nutzungsübertragung der Marke im Franchising. So<strong>mit</strong> kann sie als unproblematische<br />

markenrechtliche Lizenzerteilung in Form der einfachen Lizenz angesehen werden 794 .<br />

Da<strong>mit</strong> kann hinsichtlich der zeichenrechtlichen Voraussetzungen <strong>und</strong> Formalitäten für<br />

die Lizenzierung auf die obige Darstellung verwiesen werden 795 , <strong>und</strong> es muß nicht näher<br />

auf die umfangreiche <strong>und</strong> komplexe Problematik der Charakterisierung des Franchisevertrages<br />

eingegangen werden 796 .<br />

788 Vgl. Bericht von Loewenheim, GRUR Int. 1994, 156, 157; gegenwärtig wird zumeist von Literatur <strong>und</strong><br />

Rechtsprechung auf die Definition des Europäischen Verhaltenskodex verwiesen (Nachweis nach Skaupy, NJW<br />

1992, 1785, 1786 Fn. 3: Informationsschrift des DFV zum Thema Franchising, S. 2) vgl. Ullmann, NJW 1994,<br />

1255, EuGH, Slg. 1986, 353 – Pronuptia de Paris<br />

789 Vgl. Fezer, GRUR Int. 1996, 445, 447<br />

790 Vgl. die ausführliche Darstellung von Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, S. 39 ff.<br />

791 Insbesondere für das Produkt-Franchising, Skaupy, DB 1982, 2446, 2448; Köhler, ZHR 146 (1982), S. 580 ff;;<br />

Mack, Neuere Vertragssysteme, S. 33, 84; generell gegen diese Einordnung Martinek, Franchising, S. 293 ff;<br />

ders., ZIP 1988, 1362,1374.<br />

792 Insbesondere für das Dienstleistungs-Franchising, Forkel, ZHR 153 (1989), S. 511, 525 ff; Loewenheim,<br />

Warenzeichenrecht, S. 99 ff, 388 ff; Skaupy, NJW 1992, 1785, 1788 f; Ullmann, CR 1991, 193, 194; kritisch<br />

demgegenüber Martinek, Moderene Vertragsypen, Bd. II, S. 45 ff.<br />

793 Die drei klassischen Theorien zur Behandlung gemischter Verträge werden heute als überholt angesehen, so daß<br />

die obige Rechtsanwendung möglich ist, vgl. Martinek, Franchising, S. 298.<br />

794 In diesem Sinne auch Bühler, S. 23; Kur, GRUR Int. 1990, 1.<br />

795 Siehe unter E. III.<br />

796 Die Problematik wird aber umgehend spruchreif, sobald der Franchisenehmer gegen die Lizenzerteilung, die<br />

einen wesentlichen Bestandteil des Franchisevertrages ist, verstößt, denn die Sanktion gegen diese


136<br />

Die Franchiseverträge sind an sich nach deutschem Recht nicht formbedürftig 797 . Die<br />

Schriftform für einen Franchisevertrag kann sich aber aus § 4 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG<br />

ergeben, sofern der Franchisenehmer in den Schutzbereich des Verbraucherkreditgesetzes<br />

fällt <strong>und</strong> der Franchisevertrag eine Bezugspflicht des Franchisenehmers<br />

enthält 798 . Insbesondere im Hinblick auf die Verwertung der Gemeinschaftsmarke im<br />

Franchising, aber auch betreffend die nationale Marke, ist hier noch auf die Bedeutung<br />

des EG-Kartellrechts, Art. 81 ff EGV, das auch gr<strong>und</strong>sätzlich für die dem Franchisevertrag<br />

typische vertikale wie für die horizontale Wettbewerbsbeschränkung gilt 799 <strong>und</strong><br />

die Gruppenfreistellungsverordnung für Franchiseverträge 800 hinzuweisen. Die<br />

Franchise-Gruppenfreistellungsverordnung bestimmt, unter welchen Voraussetzungen<br />

wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen im Franchisevertrag vom Verbot des Art. 81<br />

Abs. 1 EGV generell freigestellt sind, <strong>mit</strong> der Folge, daß der Franchisevertrag keiner<br />

Einzelfallfreistellung nach Art. 81 Abs. 3 EGV mehr bedarf. Die durch die Verordnung<br />

gewährte Freistellung ist sehr großzügig angelegt <strong>und</strong> spiegelt die wettbewerbspolitisch<br />

motivierte positive Gr<strong>und</strong>einstellung der Kommission gegenüber dem Franchising<br />

wieder 801 .<br />

V. Verwertungsmodalitäten <strong>und</strong> <strong><strong>Marken</strong>handel</strong><br />

Die aufgezeigten zeichenrechtlich normierten Modalitäten der <strong>Marken</strong>verwertung auf<br />

europäischer <strong>und</strong> deutscher Ebene, die rechtsgeschäftliche Übertragung <strong>und</strong> die Lizenzvergabe<br />

<strong>mit</strong> ihren entsprechenden Voraussetzungen, konstituieren keinesfalls ein<br />

Erschwernis für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong>, eher begünstigen sie ihn; insbesondere die<br />

Loslösung der Marke von einem Geschäftsbetrieb erzielt die nunmehr gegebene<br />

umfassende Nutzbarmachung der Marke für den <strong>Marken</strong>inhaber. Auch die niedrigen<br />

Gebühren für die Umschreibung der Rechtsinhaberschaft im Register kommen dem<br />

<strong><strong>Marken</strong>handel</strong> un<strong>mit</strong>telbar entgegen. Diese Ausgestaltung der Zeichenrechte<br />

berücksichtigt die schon länger in der wirtschaftlichen Praxis beobachtete Dynamik des<br />

<strong>Marken</strong>wesens <strong>und</strong> spiegelt ihren progressiven <strong>und</strong> praxisorientierten Ansatz wider.<br />

Die Aufgabe des Akzessorietätsprinzips <strong>und</strong> die ausdrückliche Anerkennung der freien<br />

Übertragungs- <strong>und</strong> Lizenzierungsmöglichkeiten für den <strong>Marken</strong>inhaber belegen die<br />

Akzeptanz des europäischen <strong>und</strong> <strong>deutschen</strong> Gesetzgebers, die Marke als immaterielles<br />

Pflichtverletzung kann nicht selbständig festgestellt werden, weil ihre angemessene Konkretisierung vielmehr nur<br />

aus der Warte der kompletten Franchisevereinbarung getroffen werden kann, ein näheres Eingehen auf diese<br />

Materie würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.<br />

797 Nach Art. 16 GemMVO ist das deutsche Recht für Franchiseverträge, betreffend eine Gemeinschaftsmarke,<br />

einschlägig, sofern der Inhaber der Gemeinschaftsmarke seinen Wohnsitz, Sitz oder Niederlassung in Deutschland<br />

hat. Bei Verträgen, die vor dem 1.1.1999 geschlossen wurden, ist jedoch das Schriftformerfordernis nach § 34 a.F.<br />

GWB zu beachten, siehe dazu Fn. 782 <strong>und</strong> die diesbezüglichen Ausführungen; ausführlich zum<br />

Schriftformerfordernis nach § 34 a.F. GWB Skaupy, Franchising, S. 129 f; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd.<br />

II, S. 89.<br />

798 So die weitverbreitete Meinung BGH, NJW 1995, 722 – „Ceiling Doctor“; Böhner, NJW 1992, 3135 ff; Bülow,<br />

VerbrKrG, § 2 Rn. 22; Ullmann, CR 1991, 193, 196; a.A. Martinek, ZIP 1987, 1440, 1443 ff; ders., ZIP 1988,<br />

1362, 1376; ders., Moderne Vertragstypen, Bd. II, S. 97 ff.<br />

799 Siehe Nachweise bei Martinek, Franchising, S. 199 Fn. 81<br />

800 Gruppenfreisellungsverordnung Nr. 4097/88 vom 30.11.1988, Inkraftgetreten am 1.2.1989, Abl.EG Nr. L 359/46<br />

801 Siehe hierzu die sehr ausführliche Darstellung von Weltrich, Franchising im EG-Kartellrecht, S. 121 ff sowie<br />

Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. II, S. 199 ff.


137<br />

Vermögensgut anzusehen <strong>und</strong> sie dementsprechend zu normieren 802 , gleichzeitig zeigen<br />

sie, daß sowohl die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung wie das <strong>Marken</strong>gesetz die<br />

Interessen des <strong>Marken</strong>inhabers besonders in den Vordergr<strong>und</strong> stellen 803 .<br />

802 Demgemäß lauten auch die Überschriften in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> im <strong>Marken</strong>gesetz „Die<br />

Gemeinschaftsmarke als Gegenstand des Vermögens“ bzw. „<strong>Marken</strong> als Gegenstand des Vermögens“.<br />

803 Vgl. Tilmann, ZHR 158 (1994), S. 371, 378; Kur, GRUR Int. 1990, 1, 4.


138<br />

F. Rechtliche Schranken für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong><br />

Die bisherige Darstellung hat gezeigt, daß nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> dem <strong>Marken</strong>gesetz sich nicht nur Geschäftsleute sondern auch Privatpersonen,<br />

bedingt durch die vollständige Aufgabe des Akzessorietätsprinzips der Marke an einen<br />

Geschäftsbetrieb, eine Marke eintragen lassen können <strong>und</strong> der spätere <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> in<br />

Form von <strong>Marken</strong>übertragung oder -lizenzierung auch für die letztgenannte Personengruppe<br />

in konsequenter Fortführung der Qualifizierung der Marke als nun rechtlich<br />

selbständiges Vermögensgut gr<strong>und</strong>sätzlich rechtlich zulässig ist. Dieser Umstand hat<br />

Stimmen in der Literatur laut werden lassen, die eine Verstopfung der Zeichenregister<br />

durch Anmeldungen von Privatpersonen, <strong>mit</strong> dem alleinigen Ziel, ihre erworbenen<br />

Formalpositionen sich später von denjenigen, die die blockierte Marke dringend<br />

benötigen, horrend bezahlen zu lassen, befürchten <strong>und</strong> ihren Argwohn hierüber <strong>mit</strong> den<br />

Schlagworten „Spekulationsmarken“ <strong>und</strong> „Hausfrauenmarken“ bezeichnen 804 . Diese<br />

Befürchtungen sind zu einseitig, auch wenn sie ansatzweise zutreffen können, sie<br />

übersehen aber, daß es auch einen Bedarf für „fertig eingetragene“ <strong>Marken</strong> gibt, da<br />

insbesondere kleinere Unternehmen sich oft sehr spät um die Kennzeichnung ihrer<br />

Produkte oder Dienstleistungen <strong>und</strong> deren rechtlichen Schutz kümmern <strong>und</strong> dementsprechend<br />

der Erwerb einer bereits eingetragenen Marke für sie die ideale Lösung darstellt.<br />

Als indirekte Schranke für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> erwiesen sich in der obigen<br />

Darstellung 805 schon die anfallenden Eintragungskosten für eine Marke <strong>und</strong> speziell für<br />

eine Gemeinschaftsmarke inklusive dem Kostenrisiko für eine Ablehnung der Eintragung,<br />

das um so größer wird, wenn die Anmeldung von einer Privatperson im Sinne<br />

eines markenrechtlich unerfahrenen Laien vorgenommen wird, der die Anspruchsvoraussetzungen<br />

für eine <strong>Marken</strong>eintragung nur sehr schwer im Vorfeld revidieren kann.<br />

Im folgenden soll nun geprüft werden, welche Schranken dem gr<strong>und</strong>sätzlich zulässigen<br />

Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> rechtlich gesetzt werden.<br />

I. Benutzungszwang für eine eingetragene Marke<br />

Sowohl die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung als auch die Richtlinie <strong>und</strong> nach deren<br />

obligatorischer Umsetzung auch das <strong>Marken</strong>gesetz sehen einen Benutzungszwang für<br />

eingetragene <strong>Marken</strong> vor, nach dem <strong>mit</strong> der ernsthafte Benutzung der Marke innerhalb<br />

eines Zeitraumes von 5 Jahren ab Registrierung des Zeichens begonnen werden muß,<br />

ausgenommen, es liegen berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vor 806 . Die<br />

<strong>Marken</strong>benutzung muß nicht unbedingt von dem <strong>Marken</strong>inhaber selbst vorgenommen<br />

werden, vielmehr ist auch die Benutzung eines Dritten <strong>mit</strong> Zustimmung des Inhabers<br />

804 So insbesondere Füllkrug, GRUR 1994, 679 ff <strong>und</strong> ders., WRP 1995, 378 ff <strong>und</strong> Meister, WRP 1995, 1005,<br />

1008.<br />

805 Siehe unter D. III. 1. b) <strong>und</strong> 2. b)<br />

806 Art. 15 Abs. 1 GemMVO, Art. 10 Abs. 1 RL, § 25 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G; nach diesen Bestimmungen darf ferner,<br />

wenn auch vorliegend nicht von eigenem Interesse, die einmal aufgenommene ernsthafte Benutzung nicht für<br />

einen ununterbrochenen Zeitraum von 5 Jahren ausgesetzt werden. Im Fall der <strong>Marken</strong>eintragung für einen<br />

späteren <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> lassen sich allgemein keine berechtigen Gründe für die Nichtbenutzung anführen. Die<br />

Denkschrift hat die Notwendigkeit des Benutzungszwangs für die Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> die nationalen<br />

<strong>Marken</strong> ausdrücklich betont, GRUR Int. 1976, 481, 495.


139<br />

jeweils ausreichend 807 . Die vorliegenden Regelungen des Benutzungszwangs stimmen<br />

nicht nur inhaltlich, sondern auch wörtlich überein, desweiteren liegt ihr Normzweck<br />

einheitlich in der Verhinderung der Geltendmachung bloß formaler <strong>und</strong> nicht benutzter<br />

Zeichenrechte, um so eine Verbesserung der Eintragungschancen für neue <strong>Marken</strong> zu<br />

erreichen <strong>und</strong> sind ein Korrektiv zur großzügigen Eintragungspraxis 808 . Dieser Umstand,<br />

in Verbindung <strong>mit</strong> der, bedingt durch die obligatorische Richtlinienvorgabe,<br />

notwendigen richtlinienkonformen Auslegung der markengesetzlichen Benutzungszwangsregel<br />

<strong>und</strong> den Bemühungen um einen Gleichlauf der Interpretation von <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> Richtlinie, erübrigt hier eine getrennte Betrachtung der<br />

gemeinschaftsrechtlichen <strong>und</strong> <strong>deutschen</strong> Normen. Aufschlußreich für die Auslegung ist<br />

die Tatsache, daß der Ausgestaltung des Benutzungszwangs auf europäischer Ebene die<br />

diesbezüglichen <strong>deutschen</strong> Regelungen Vorbild waren <strong>und</strong> daher viele Parallelen zur<br />

Normierung des Benutzungszwanges nach dem alten Warenzeichengesetz haben 809 , was<br />

aber nicht, angesichts der Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung, dazu<br />

verleiten darf, das tradtionelle deutsche Verständnis des Benutzungszwangs ungeprüft zu<br />

übernehmen. Maßgebend für die Interpretation ist vordringlich der europäische Aspekt,<br />

<strong>mit</strong>tels des Benutzungszwangs die Konflikte zwischen <strong>Marken</strong>, insbesondere durch die<br />

Koexistenz von <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> <strong>und</strong> zahlreichen nationalen <strong>Marken</strong>, zu verringern<br />

<strong>und</strong> da<strong>mit</strong> den freien Warenverkehr möglichst wenig zu behindern. Infolgedessen sind<br />

die Vorschriften des Benutzungszwangs zielbewußt eng zu analysieren 810 .<br />

Nach Ablauf der Benutzungsschonfrist <strong>und</strong> Nichtbenutzung der Marke besteht nach der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, der Richtlinie <strong>und</strong> dem <strong>Marken</strong>gesetz übereinstimmend<br />

ein Verfallsgr<strong>und</strong> für die entsprechende Marke, der die Löschungsreife, nicht<br />

aber unwillkürlich die Nichtigkeit begründet 811 <strong>und</strong> dementsprechend nur auf Antrag, der<br />

allerdings von jeder Person gestellt werden kann, die Löschung des betreffenden<br />

Zeichens auslöst 812 . Die Löschung der Marke ist da<strong>mit</strong> abhängig von privater Initiative<br />

<strong>und</strong> wird nicht von Amts wegen vorgenommen. Aufgr<strong>und</strong> der guten Erfahrungen <strong>mit</strong><br />

diesem Verfahrensweg in der <strong>deutschen</strong> Praxis wurde das Schema in die Gemeinschafts-<br />

807 Art. 15 Abs. 3 GemMVO, Art. 10 Abs. 3 RL, § 26 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G.<br />

808 Vgl. BT-Drucks.12/6581, S. 82; 8.Erwägungsgr<strong>und</strong> der Richtlinie, GRUR Int. 1989, 294; Gamm, Festschrift<br />

GRUR Bd. II, S. 801, 802 f, Meyer, GRUR Int. 1996, 592, 597; Heil, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 371, 381;<br />

Sack, Festschrift für Piper, S. 603, 607; Fezer, <strong>Marken</strong>G, Vorb § 25, Rn. 2; ders., MA 1984, 76, 77 umschreibt<br />

den Zweck plastisch dahingehend, daß nur „lebende <strong>Marken</strong>“ markenrechtlichen Schutz verdienen <strong>und</strong> „tote<br />

Marke <strong>mit</strong> dem Bann des Benutzungszwangs belegt werden“.<br />

809 Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, Vorb § 25, Rn. 4; Heil, Festschrift für Oppenhoff, S. 127, 138<br />

810 Vgl. 8 Erwägungsgr<strong>und</strong> der Richtlinie, GRUR Int. 1989, 294; Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 487; Heil,<br />

Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 371, 383; Althammer, § 26 Rn. 2; ausführlich hierzu, Hackbarth, S. 30 ff.<br />

811 Art. 50 Abs. 1 lit. a GemMVO, Art. 12 RL <strong>und</strong> § 49 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G in obligatorischer Umsetzung des Art. 12<br />

RL; einhellig besteht nach diesen Regelungen die Möglichkeit, durch Aufnahme der Benutzung die<br />

Löschungsreife zu heilen, ausführlich dazu v. Mühlendahl, Festschrift für Vieregge, S. 641 ff; vgl. auch<br />

Hackbarth, S. 48 ff, Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 49 Rn. 20 ff; Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 49 Rn. 13 ff; Althammer, § 49<br />

Rn. 3.<br />

812 Der Löschungsantrag für eine Gemeinschaftsmarke kann beim <strong>Marken</strong>amt oder <strong>mit</strong> einer Widerklage im<br />

Verletzungsverfahren gestellt werden, Art. 50 Abs. 1 lit. a, 55 Abs. 1 lit. a GemMVO, der für eine deutsche Marke<br />

wahlweise beim Patentamt oder in Form einer Klage vor dem ordentlichen Gericht, §§ 49 Abs. 1, 53 Abs. 1<br />

i.V.m. 55 Abs. 2 Nr.1 <strong>Marken</strong>G, Art. 12 RL.


140<br />

markenverordnung <strong>und</strong> die Richtlinie kopiert 813 . Die Nichtbenutzung kann aber auch als<br />

Einrede im Widerspruchs- oder Verletzungsverfahren geltend gemacht werden 814 .<br />

1. Art <strong>und</strong> Umfang der Benutzung<br />

Die Regelungen des Benutzungszwangs 815 geben, analog dem alten Warenzeichengesetz<br />

816 , keine hinreichende Definition für die geforderte Benutzung, sondern<br />

bestimmen lediglich, daß die Marke für die Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen, für die sie<br />

eingetragen ist, ernsthaft benutzt werden muß. Diese Aussage ist als Abgrenzung zur<br />

bloßen Scheinbenutzung aufzufassen, um nur den hinreichend gebrauchten <strong>Marken</strong><br />

Zeichenschutz zu gewähren <strong>und</strong> die, zwar formal zulässig registrierten, aber unzureichend<br />

benutzten <strong>Marken</strong> von diesem Schutz auszuschließen 817 . Die genaue Begriffsbestimmung<br />

für Art <strong>und</strong> Umfang der Benutzungshandlungen ist der Rechtsprechung <strong>und</strong><br />

Literatur überlassen 818 . Entgegen der Gesetzesbegründung zum <strong>Marken</strong>gesetz, die in der<br />

Umschreibung des Begriffs der <strong>Marken</strong>benutzung in § 26 <strong>Marken</strong>G eine für das ganze<br />

<strong>Marken</strong>gesetz allgemeingültige sieht 819 , hat sich inzwischen die schlüssige Einsicht in<br />

Deutschland durchgesetzt, daß der Begriff der Benutzung hinsichtlich des Benutzungszwangs<br />

eigenständig ausgelegt werden muß <strong>und</strong> folglich zwischen der rechtserhaltenden<br />

Benutzung durch den <strong>Marken</strong>inhaber <strong>und</strong> der rechtsverletzenden Benutzung durch unberechtigte<br />

Dritte unterschieden werden muß 820 . Diese Differenzierung ist auch für die<br />

Richtlinie <strong>und</strong> die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung verbindlich. Der hier allein interessierende<br />

Begriff der rechtserhaltenden Benutzung muß also die Erfordernisse der für<br />

die Bewahrung des eingetragenen <strong>Marken</strong>rechts erforderlichen <strong>und</strong> hinreichenden<br />

Benutzungshandlungen beinhalten; diese Erfordernisse sind anhand der rechtlich<br />

geschützten Funktionen der Marke <strong>und</strong> dem Normzweck des Benutzungszwangs heraus-<br />

813 Vgl. Droste/Reimer, GRUR 1974, 636, 637; Winter, GRUR 1977, 467, 468; Heil, GRUR 1974, 59<br />

814 §§ 43 Abs. 1, 51 Abs. 4 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G, Art. 43 Abs. 2 <strong>und</strong> Art. 56 Abs. 2 GemMVO; die Möglichkeit für den<br />

Inhaber der älteren Marke berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung der Marke schon im Widerspruchsverfahren<br />

vorbringen zu können, ist für das deutsche Zeichenrecht im Vergleich zum alten Warenzeichengesetz (§ 5 Abs. 7<br />

WZG) neu. Näher hierzu Ingerl, S. 101 ff hinsichtlich der Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> Winkler, GRUR 1994, 569 ff<br />

für das <strong>Marken</strong>gesetz. Ausführlich zum Einwand der Nichtbenutzung im Verletzungsprozeß, Ressler, GRUR<br />

1995, 530 ff.<br />

815 Art. 15 Abs. 1 GemMVO, Art. 10 Abs. 1 RL <strong>und</strong> § 26 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G<br />

816 Vgl. den Bericht der <strong>deutschen</strong> Landesgruppe von Bökel/Fritze, GRUR Int. 1988, 45, 50 betreffend die für die<br />

Aufrechterhaltung eingetragener <strong>Marken</strong> geforderten Bedingungen der Benutzung nach dem Warenzeichengesetz.<br />

817 Vgl. dazu Gamm, Festschrift GRUR Bd. II, S. 801, 809 f <strong>und</strong> 815 f; Heydt, GRUR Int. 1973, 540, 542; Meyer,<br />

GRUR Int. 1996, 592, 604; BT-Drucks. 12/6581, S. 83; Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 31 ff; Althammer, § 26 Rn. 22<br />

ff. Auf die von der <strong>deutschen</strong> Rechtsprechung zur Ernsthaftigkeit der Benutzung nach Rechtslage des<br />

Warenzeichengesetzes entwickelten Gr<strong>und</strong>sätze über Art, Umfang <strong>und</strong> Dauer der Benutzung kann auch weiterhin<br />

zurückgegriffen werden, da auch die obligatorische Richtlinienvorgabe entsprechend dem Verständis der<br />

ernsthaften Benutzung nach dem Warenzeichengesetz die fehlende Ernsthaftigkeit als negative Abgrenzungskriterium<br />

zur objektiv unzureichend erscheinenden Benutzung sieht, dazu Gamm, Festschrift Gewerblicher<br />

Rechtschutz, Bd. II, S. 801, 810. Dagegen darf nicht auf die frühere Rechtsprechung für die Konkretisierung der<br />

Benutzungshandlungen selbst zurückgegriffen werden, dazu oben mehr.<br />

818 Die Anregung des Fachausschusses für Wettbewerbs- <strong>und</strong> Warenzeichenrecht, vgl. Bericht von Droste/Reimer,<br />

GRUR 1974, 636, 642, die möglichen Benutzungsformen präzise zu formulieren wurde zugunsten einer<br />

flexibleren Regelungen nicht aufgenommen.<br />

819 BT-Drucks. 12/6581, S. 83<br />

820 Vgl. Gamm, Festschrift GRUR Bd. II, S. 801, 808; Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26, Rn. 2 f; Althammer, § 26, Rn. 7; auch<br />

die Gerichte verwenden die Unterscheidung der rechtserhaltenden Benutzung; BGH, GRUR 1995, 583, 584 -<br />

MONTANA <strong>und</strong> BPatG, Mitt. 1996, 169 - RODI/CODI ALIMENTATION, Mitt. 1996, 214 - Karolus Magnus.


141<br />

zuarbeiten 821 . Indem gegenwärtig die wirtschaftlichen Funktionen markenrechtlich<br />

sowohl im <strong>Marken</strong>gesetz wie in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung umfassend<br />

geschützt werden <strong>und</strong> nicht mehr nur allein die Herkunftsfunktion, wie früher nach dem<br />

alten Warenzeichengesetz 822 , kann eine funktionsgerechte Benutzungshandlung in unterschiedlichster<br />

Ausgestaltung vorgenommen werden <strong>und</strong> beispielsweise nun auch in der<br />

Verwendung der Marke in Geschäftspapieren <strong>und</strong> in der Werbung gesehen werden 823 .<br />

Entsprechend der von den Regeln des Benutzungszwangs geforderten Voraussetzung,<br />

daß die Benutzung der Marke für die Waren oder Dienstleistungen erfolgen muß, für die<br />

die Marke im Register eingetragen ist, müssen alle verschiedenen Verwendungsarten<br />

jeweils einen konkreten Produktbezug aufweisen 824 . Diese Forderung ist der Gegenpol<br />

zum weiten, lediglich auf die abstrakte Eignung des Zeichens zur Unterscheidung von<br />

Unternehmensprodukten abstellenden <strong>Marken</strong>begriff <strong>und</strong> ermöglicht, die großzügige<br />

<strong>und</strong> auch begrüßenswerte Eintragungspraxis der <strong>Marken</strong>ämter, praxis- <strong>und</strong> wettbewerbsorientiert,<br />

wenn notwendig zu korrigieren, <strong>und</strong>, entsprechend dem Normzweck des<br />

Benutzungszwangs, nur die registrierten <strong>und</strong> auch tatsächlich im Geschäftsverkehr<br />

benutzten <strong>Marken</strong> zu schützen 825 . Gleichzeitig wird so die häufig befürchtete Verstopfung<br />

des <strong>Marken</strong>registers verhindert.<br />

Die Notwendigkeit des konkreten Produktbezugs als Gr<strong>und</strong>voraussetzung der Benutzungshandlung<br />

in Sinne des Benutzungszwangs ist für die <strong>Marken</strong>, die sich, allein im<br />

Hinblick auf ihre spätere Vermarktung, ein Zeichenkreateur eintragen läßt, von entscheidender<br />

Bedeutung. Denn sie werden zunächst für rein fiktive Waren oder Dienstleistungen<br />

kreiert <strong>und</strong> beziehen sich noch nicht auf ein konkretes Objekt oder eine<br />

geplante Tätigkeit. Auch wenn die Marke nur für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung<br />

eingetragen wurde, ändert dies nichts an der vorerst nur rein imaginären<br />

Beziehung der Marke zu dem Produkt. Die erforderliche konkrete, wenn auch nicht<br />

unbedingt körperliche, Verbindung zwischen der Marke <strong>und</strong> dem zu kennzeichnendem<br />

Produkt kann frühestens nach erfolgreicher Verwertung der Marke an einen Unternehmer<br />

hergestellt werden. Der Vermarktungsprozeß einer Marke alleine seitens des<br />

Zeichenkreateurs kann demzufolge mangels konkretem Produktbezug keine<br />

ausreichende Benutzungsform der Marke darstellen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist auch das<br />

immer beliebter werdende Anbieten einer Marke zur Vermarktung im Internet, teilweise<br />

821 Vgl. Gamm, Festschrift GRUR Bd. II, S. 801, 809; ders., GRUR 1977, 517, 521; Heil, Festschrift 25 Jahre<br />

BPatG, S. 371, 381; die so entwickelten Erfordernisse sind keine starren Richtwerte, letztendlich entscheidend<br />

sind die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zusammenhänge <strong>und</strong> Erfordernisse, so schon zutreffend der BGH<br />

nach der Rechtslage nach dem WZG, siehe dazu nur Gamm, GRUR 1980, 390, 391.<br />

822 Siehe dazu die obige ausführliche Darstellung unter C. II. 3.<br />

823 So ausdrücklich BT-Drucks. 12/6581, S. 83 <strong>mit</strong> dem Hinweis, daß die strenge deutsche Rechtsprechung<br />

hinsichtlich der funktionsgerechten Benutzungshandlung da<strong>mit</strong> obsolet geworden ist, erstmals so OLG München,<br />

Mitt. 1997, 30 – ALISEO, a.A. BPatG, BPatGE 36, 226, 229 – Estavital; dazu ausführlicher König, Mitt. 1997, 18<br />

ff; vgl. auch Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 26 ff sowohl für Rechtslage nach dem Warenzeichengesetz als auch für<br />

die jetzige Rechtslage nach dem neuen <strong>Marken</strong>gesetz; zur früheren Rechtsprechung siehe auch Gamm, GRUR<br />

1980, 390, 391 ff.<br />

824 Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 9<br />

825<br />

Ausnahmsweise kann auch eine Benutzung einer Marke außerhalb des geschäftlichen Verkehrs als<br />

rechtserhaltende Handlung angesehen werden, dazu Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 14


142<br />

sogar unter dem <strong>mit</strong> dem <strong>Marken</strong>namen identischen Domain-Namen, nicht hinreichend<br />

für eine rechtserhaltende Benutzung.<br />

2. Benutzungsgebiet<br />

Die deutsche Marke muß, entsprechend dem Geltungsbereich des <strong>Marken</strong>gesetzes <strong>und</strong><br />

da<strong>mit</strong> dem nationalen Zeichenschutz, der auch nach der Harmonisierung des <strong>Marken</strong>gesetzes<br />

ein territorial begrenzter ist, zur Rechtserhaltung ihrer Schutzrechte im Inland<br />

benutzt werden 826 . Nicht erforderlich ist allerdings eine Benutzung im gesamten B<strong>und</strong>esgebiet,<br />

vielmehr genügt auch ein örtlich begrenzter Gebrauch, vorausgesetzt, die Benutzungshandlung<br />

erfüllt die Voraussetzungen einer ernsthaften Benutzung; unerheblich für<br />

das Ergebnis ist gr<strong>und</strong>sätzlich auch, wo die Ware produziert <strong>und</strong> gekennzeichnet<br />

wurde 827 .<br />

Entsprechend der nationalen Anforderung einer Inlandsbenutzung, fordert die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

für die rechtserhaltende Benutzung den Gebrauch der<br />

Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft 828 . Angesichts der angestrebten Attraktivität<br />

der Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> der Koexistenz von <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong><br />

den nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen ist die Frage nach den Anforderungen an die räumliche<br />

Ausdehnung der Benutzung umstritten 829 . Die ursprüngliche gemeinschaftsrechtliche<br />

Forderung einer Benutzung in mindestens drei Mitgliedstaaten wurde verworfen, <strong>und</strong><br />

laut der gemeinsamen Protokollerklärung von Rat <strong>und</strong> Kommission soll nun schon eine<br />

ernsthafte Benutzung in einem einzigen Mitgliedsstaat ausreichen 830 , wo<strong>mit</strong> aber noch<br />

nicht eindeutig <strong>und</strong> hinreichend die räumliche Ausdehnung bestimmt ist. Letztendlich<br />

826 Dies besagt auch § 26 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G ausdrücklich <strong>und</strong> setzt da<strong>mit</strong> die Vorgabe der Richtlinie aus Art. 10 Abs.<br />

1 <strong>und</strong> Art. 12 Abs. 1 RL, die die Benutzung „in dem betreffenden Mitgliedstaat“ verlangt, um. Die teilweise<br />

gegebene Begründung der Notwendigkeit der Inlandsbenutzung <strong>mit</strong> dem Territorialitätsprinzip ist ungenau <strong>und</strong><br />

mißverständlich, denn die territoriale Begrenzung des nationalen <strong>Marken</strong>schutzes rechtfertigt lediglich die<br />

geforderte Inlandsbenutzung, erzwingt sie aber nicht; ausführlich dazu Sack, Festschrift für Piper, S. 603 ff. Die<br />

von Kunz-Hallstein, GRUR Int. 1992, 81, 82, bek<strong>und</strong>ete Schwächung des Territorialitätsprinzips betrifft nicht den<br />

Geltungsbereich des <strong>Marken</strong>gesetzes, sondern bezieht sich lediglich auf die Gestaltungskompetenz der nationalen<br />

Gesetzgeber.<br />

827 Vgl. Althammer, § 26 Rn. 65; Ausnahme § 26 Abs. 4 <strong>Marken</strong>G, der in Umsetzung der obligatorischen<br />

Richtlinienvorgabe des Art. 10 Abs. 2 lit. b RL bestimmt, daß bei ausschließlich für den Export bestimmten<br />

Waren auch das Anbringen der Marke auf der Ware oder deren Verpackung im Inland als Benutzung im Inland<br />

gilt, dazu Ubertazzi, GRUR Int. 1995, 474, 475. Wenn auch § 26 Abs. 4 <strong>Marken</strong>G sich ausdrücklich lediglich nur<br />

auf Warenmarken bezieht, so ist diese Norm auch auf Dienstleistungsmarken entsprechend anzuwenden, siehe<br />

dazu Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 66.<br />

828 So wörtlich in Art. 15 Abs. 1 GemMVO.<br />

829 Ausgenommen von dieser Frage ist selbstredend die alleinige Benutzung der Gemeinschaftsmarke in Drittländern,<br />

die keine hinlängliche rechtserhaltende Benutzungshandlung sein kann, ebenso analog der nationalen<br />

Benutzung ist der Produktion- <strong>und</strong> Kennzeichnungsort der Ware unerheblich, Ausnahme Art. 15 Abs. 2 lit. b<br />

GemMVO, wenn in der Gemeinschaft auf ausschließlich für den Export bestimmten Waren oder deren<br />

Aufmachung die Gemeinschaftsmarke angebracht wird, vgl. Ubertazzi, GRUR Int. 1995, 474, 476 <strong>und</strong><br />

ausführlich Sack, Festschrift für Piper, S. 603 ff.<br />

830 Der Vorentwurf 1964 enthielt die Forderung nach der Benutzung in mindestens drei Mitgliedstaaten wörtlich,<br />

gegen diesen strengen Gr<strong>und</strong>gedanken sprach sich die Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 495, aus, <strong>mit</strong> dem<br />

berechtigten Argument der auf diese Weise mißachteten Zielsetzung des gemeinsamen Binnenmarktes <strong>und</strong> der<br />

Überwindung der nationalen Grenzen, dazu <strong>und</strong> zur weiteren Entstehungsgeschichte ausführlich Hackbarth,<br />

S. 111 f; Protokollerklärung abgedruckt in ECTA LAW BOOK 3/1994, Nr.9.


143<br />

wird es Aufgabe der Rechtsprechung sein, den für die Aufrechterhaltung des <strong>Marken</strong>rechts<br />

erforderlichen Umfang der Benutzung im Einzelfall festzulegen 831 .<br />

Seitens der Rechtsprechung können naturgemäß erst im jetzigen Jahre 2001 für diesen<br />

Problemkreis Lösungen konstruiert werden, da zu diesem Zeitpunkt erstmalig die 5 jährige<br />

Benutzungsschonfrist für eine Gemeinschaftsmarke abgelaufen ist <strong>und</strong> die Nichtbenutzung<br />

geltend gemacht werden kann. In der Literatur, die sich allerdings noch nicht<br />

sehr intensiv <strong>und</strong> umfangreich <strong>mit</strong> dieser Thematik befaßt hat, wurden dagegen schon<br />

früher diesbezüglich verschiedene Lösungsansätze angeboten: So wird einmal für die<br />

rechtserhaltende Benutzung der Gebrauch einer Gemeinschaftsmarke in mindestens zwei<br />

Mitgliedstaaten im Hinblick auf das Koexistenzprinzip für notwendig angesehen 832 .<br />

Diese Forderung berücksichtigt zwar die flächenmäßig differierenden <strong>und</strong> auch eigenständigen<br />

Schutzbereiche der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der nationalen<br />

<strong>Marken</strong>gesetze, dennoch kann dieser Vorschlag nicht befürwortet werden, da auch er,<br />

wie schon die Forderung einer Benutzung in mindestens drei Mitgliedstaaten, die<br />

Zielsetzung des gemeinsamen Binnenmarktes <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

übergeht <strong>und</strong> die nationalen Grenzen faktisch aufrechterhält 833 . Auch die von Rat <strong>und</strong><br />

Kommission vertretene Maxime, die ernsthafte Benutzung in einem Mitgliedstaat ausreichen<br />

zu lassen, vermag nicht zu überzeugen. Sie respektiert zwar den Binnenmarkt<br />

insofern, indem sie die Benutzung in einem Mitgliedstaat als Benutzung im Gemeinsamen<br />

Markt gleichsetzt, letztendlich aber hält sie doch an den nationalen Grenzen als<br />

Maßstab fest <strong>und</strong> erzielt da<strong>mit</strong> aufgr<strong>und</strong> der starken Unterschiede in der flächenmäßigen<br />

Größe der Mitgliedstaaten stark abweichende <strong>und</strong> ungerechte Ergebnisse 834 . Eine andere<br />

Meinung konkretisiert dagegen das erforderliche Benutzungsgebiet selbst nicht, sondern<br />

sieht in dem Kriterium der Ernsthaftigkeit der Benutzung den geeigneten Lösungsansatz<br />

835 . Dieser Ausgangspunkt achtet die Zielsetzung des Binnenmarktes <strong>und</strong> der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> ist ein effektiver Prüfstein, über den der tatsächliche<br />

Gebrauch der Gemeinschaftsmarke aber auch der zukünftig angestrebte <strong>mit</strong> in die<br />

Abwägung einbezogen werden kann. Dies ermöglicht eine einzelfallgerechte Lösung,<br />

weil sie nicht von starren Erfordernissen ausgeht. Die Anforderungen an die Ernsthaftigkeit<br />

der Benutzung in bezug auf die räumliche Expansion des Gebrauchs der<br />

Gemeinschaftsmarke müssen das Spannungsfeld zwischen dem Koexistenzprinzip der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> den nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen <strong>und</strong> der Attraktivität<br />

der Gemeinschaftsmarke zufriedenstellend ausgleichen. Demgemäß darf der<br />

Maßstab an die territoriale Ausdehnung der Benutzung nicht zu rigoros angelegt werden,<br />

wie ansonsten der Gr<strong>und</strong>satz des Benutzungszwangs hinsichtlich der Benutzungs-<br />

831 So schon die Denkschrift, GRUR Int. 1976, 481, 496. Heydt, GRUR Int. 1977, 47, 54, sieht hierin die Gefahr<br />

einer Rechtsunsicherheit.<br />

832 So Heil, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 371, 392, 396; Schwanhäuser, WRP 1984, 1, 3; Heydt, GRUR Int. 1978,<br />

2, 7.<br />

833 So auch Ubertazzi, GRUR Int. 1995, 474, 477<br />

834 Beachtenswert ist, daß die Kommission auf die Unzulänglichkeit der nationalen Grenzen als Maßstab <strong>mit</strong> dem<br />

expliziten Hinweis auf die flächenmäßige Differenz der einzelnen Mitgliedstaaten selbst schon in der Begründung<br />

zum Vorschlag der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung von 1980 hingewiesen hat, GRUR Int. 1981, 86, 89;<br />

unverständlicherweise hat sie dann trotzdem diesen Maßstab gewählt; vgl. auch Ubertazzi, GRUR Int. 1995, 474,<br />

477.<br />

835 So Martino, WPR 1978, 92, 97; Hackbarth, S. 113 ff; Harte-Bavedamm/v. Bomhard, WRP 1996, 534, 537.


144<br />

handlungen gehandhabt wird, da der <strong>mit</strong> der strengen Anwendung des Benutzungszwangs<br />

beabsichtigte Normzweck, die Verhinderung der Geltendmachung bloß<br />

formaler Zeichenrechte <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die Begrenzung der potentiellen Konfliktmarken,<br />

gerade nicht erreicht wird. Denn nach Art. 108 Abs. 2 lit. a GemMVO ist die Möglichkeit<br />

vorgesehen, eine wegen Nichtbenutzung für verfallen erklärte Gemeinschaftsmarke<br />

- unter Wahrung der Priorität der Gemeinschaftsmarke - in eine nationale Marke<br />

umzuwandeln, sofern die Benutzungsvoraussetzungen der nationalen <strong>Marken</strong>gesetze<br />

erfüllt sind. Diese Herabstufungsmöglichkeit reinigt zwar das europäische <strong>Marken</strong>register,<br />

aber sie beseitigt nicht gleichzeitig die potentiellen Konfliktmarken für Neueintragungen<br />

von <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>, da auch die eingetragenen nationalen <strong>Marken</strong><br />

relative Eintragungshindernisse für angemeldete <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> darstellen 836 . Die<br />

Mindestforderungen an die räumliche Ausdehnung dürfen aber auf der anderen Seite<br />

auch nicht zu gering sein, um auf diese Weise den eigenständigen Schutzbereichen der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der nationalen <strong>Marken</strong>gesetze noch gerecht zu<br />

werden. So<strong>mit</strong> stellt ein nur lokaler oder regionaler Gebrauch der Gemeinschaftsmarke<br />

keine ausreichende Benutzung dar, es sei denn, es bestehen offensichtliche Bestrebungen,<br />

auf dem europäischen Markt zu expandieren.<br />

Insgesamt gesehen dürfen die Anforderung an die räumliche Ausdehnung der Benutzung<br />

für eine befriedende Lösung nicht statisch eingegrenzt werden, vielmehr muß im Wege<br />

der Einzelfallprüfung ein Ausgleich zwischen den kontroversen Prinzipien der<br />

Koexistenz wie der Attraktivität der Gemeinschaftsmarke gef<strong>und</strong>en werden, wobei<br />

letztgenanntem im momentanen Anfangsstadium der Vorzug gegeben werden sollte.<br />

3. Lockerung des Benutzungszwangs<br />

Für die rechtserhaltende Benutzung müssen die Gemeinschaftsmarke sowie die deutsche<br />

Marke gr<strong>und</strong>sätzlich in ihrer eingetragenen Form eingesetzt werden. Dieser Gr<strong>und</strong>satz<br />

wird von den markenrechtlichen Bestimmungen allerdings nicht apodiktisch verfolgt,<br />

vielmehr gestatten die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, die Richtlinie sowie das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Benutzung in abgewandelter<br />

Form 837 . Die Regelung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der Richtlinie stimmen<br />

diesbezüglich wörtlich überein, sie lassen als rechtserhaltende Benutzung auch die<br />

Benutzung einer Form zu, die von der Eintragung „nur in Bestandteilen abweicht, ohne<br />

daß dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflußt“ wird 838 . Wenn auch diese<br />

Regelung der Richtlinie für die nationalen <strong>Marken</strong>gesetze obligatorisch ist, so hat der<br />

deutsche Gesetzgeber sich in diesem Fall - entgegen seiner sonst zumeist wörtlichen<br />

Übernahme der Richtlinienvorgaben - im Rahmen des Zulässigen für eine differenzierte<br />

Umsetzung entschieden 839 . Die Anerkennung der abweichenden Benutzung wurde<br />

dahingehend formuliert, daß als Benutzung einer eingetragenen Marke auch die Benut-<br />

836 Art. 8 Abs. 2 lit. a, ii) GemMVO<br />

837 Art 15 Abs. 2 lit. a GemMVO, Art. 10 Abs. 2 lit. a RL <strong>und</strong> § 25 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G; davon zu unterscheiden ist die<br />

veränderte Benutzung hinsichtlich des eingetragenen Waren- oder Dienstleistungsverzeichnisses, siehe dazu<br />

ausführlich, Winkler, GRUR 1990, 73 ff.<br />

838 Art 15 Abs. 2 lit. a GemMVO, Art. 10 Abs. 2 lit. a RL<br />

839 Vgl. zur Umsetzungsplicht umfassend oben unter B. II. 2.


145<br />

zung einer Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, anerkannt wird,<br />

„soweit die Abweichung den kennzeichenden Charakter der Marke nicht verändert“ 840 .<br />

Die vorliegend bestehende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung der markengesetzlichen<br />

Norm läßt diese Formulierungsunterschiede in den Hintergr<strong>und</strong> rücken,<br />

ausschlaggebend ist zunächst die Auslegung der Richtliniennorm, wobei das für die<br />

Richtlinie gef<strong>und</strong>en Ergebnis zugleich dann auf die wortgleiche Regelung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

infolge ihrer kongruenten Auslegungsmethoden übertragen<br />

werden kann.<br />

Die in der <strong>deutschen</strong> Fassung der Richtlinie gewählte Formulierung, daß die Abweichung<br />

nicht die Unterscheidungskraft der eingetragenen Marke beeinflussen darf, folgt<br />

aus der Anlehnung dieser Bestimmung an die des Art. 5 C Abs. 2 PVÜ <strong>mit</strong> der<br />

entsprechenden schon dort mißverständlichen, <strong>deutschen</strong> Übersetzung „Unterscheidungskraft“<br />

<strong>und</strong> darf trotz des identischen Wortlauts vorliegend nicht <strong>mit</strong> der Unterscheidungskraft<br />

i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. b, Abs. 3 RL verwechselt <strong>und</strong> gleichgesetzt<br />

werden 841 . Der Maßstab für die Prüfung der Unterscheidungskraft im Rahmen des<br />

Benutzungszwangs ist strittig. Zum einen soll er anhand des Schutzbereichs der<br />

eingetragenen Marke bestimmt werden 842 ; dieses Abgrenzungskriterium ist aber nicht<br />

sehr förderlich, da jede abweichende Benutzung jederzeit auch Konsequenzen für den<br />

Schutzumfang haben kann 843 . Die andere Version prüft, ob der Verkehr die abweichend<br />

benutzte Marke auch bei Wahrnehmung der Unterschiede <strong>mit</strong> dem eingetragenen<br />

Zeichen gleichsetzt, ohne daß er deswegen von „ein <strong>und</strong> demselben Zeichen“ ausgehen<br />

muß 844 . Dieser Prüfungsansatz berücksichtigt ausgleichend die Verkehrsinteressen an der<br />

Maßgeblichkeit der <strong>Marken</strong>eintragung <strong>und</strong> die Interessen der <strong>Marken</strong>inhaber an einer<br />

anpassungsfähig <strong>Marken</strong>verwendung 845 <strong>und</strong> wird infolgedessen hier favorisiert.<br />

840 Der Begriff „kennzeichender Charakter“ wurde anstelle des vorgegebenen Begriffs „Unterscheidungskraft“ der<br />

Richtlinie gewählt, weil der in der <strong>deutschen</strong> Übersetzung der Richtlinie verwendete Begriff „Unterscheidungskraft“<br />

mißverständlich sei <strong>und</strong> der beabsichtigte Regelungsgehalt treffender <strong>mit</strong> der gewählten Formulierung<br />

wiedergegeben werde, so die Begründung zum <strong>Marken</strong>G, BT-Drucks. 12/6581, S. 83.<br />

841 Vgl. Gamm, GRUR 1990, 313, 325; sowie Ingerl, S. 104; Heil, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 371, 389;<br />

ausführlich Hackbarth, S. 213 entsprechend für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung hinsichtlich der Eintragungsvoraussetzung<br />

der Unterscheidungskraft i.S.v. Art. 7 Abs. 1 lit. b, Abs. 3 GemMVO.<br />

842 So die sog. „Schutzbereichstheorie“, vertreten von Kraft, GRUR 1968, 123; ders. GRUR Int. 1983, 531; Schulze<br />

zur Wiesche, GRUR 1970, 166; ders. GRUR 1978, 645; Krings, GRUR 1980, 422; so auch noch BPatG, GRUR<br />

1995, 588 – Jeanette/Annette<br />

843 Ebenso Hackbarth, S. 214; Ingerl, S. 104 f; Fezer, MA 1984, 76, 83; ausführlich zur Kritik, Fezer,<br />

Benutzungszwang, S. 120 ff.<br />

844 So BGH, GRUR 1995, 583, 584 – MONTANA; ebenso BPatG, GRUR 1995, 590 - Manhattan; diese Ansicht<br />

wird als „Identitätstheorie“ bezeichnet, Fezer, Benutzungszwang, S. 124; ders., BB 1975, 436; ders., MA 1984,<br />

76, 83 f, ders. <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 92, 98, der diese Theorie eingehend begründet; Schwanhäuser, GRUR 1982,<br />

197, 200; Heil, Festschrift 25 Jahre BpatG, S. 371, 389; Hackbarth, S. 214. Die gegen diesen Maßstab<br />

eingewandte Kritik, die Prüfung anhand der Verkehrsauffassung sei gehaltlos, da der Verkehr zumeist lediglich<br />

die benutzte Form kennen würde, die Feststellung aber gerade auch die Kenntnis des Verkehrs der eingetragenen<br />

Form notwendig sei, so Kraft, GRUR Int. 1983, 531, 535, ist allerdings nicht berechtigt, sie verkennt, daß der<br />

Prüfstein der Unterscheidungskraft ein Rechtsbegriff ist <strong>und</strong> dementsprechend die Frage dahingehende zu stellen<br />

ist, wie die Verkehrsauffassung entscheiden würde, wenn ihr beide Formen bekannt wären, so auch Schulze zur<br />

Wiesche, GRUR 1978, 645; Hackbarth, S. 211; ebenso ist der im <strong>Marken</strong>gesetz verwendete Begriff<br />

„kennzeichender Charakter“ ein Rechtsbegriff, Althammer, § 26 Rn. 54; a.A. Giefers, Festschrift für Vieregge, S.<br />

267, 281.<br />

845 So auch Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 92


146<br />

Die Beschränkung der Richtlinie die Abweichung „nur in Bestandteilen“ zuzulassen 846 ,<br />

die wortgleich in Art. 15 Abs. 2 lit. a GemMVO enthalten ist, darf nicht rein wörtlich<br />

verstanden werden, da sonst widersprüchliche Ergebnisse erzielt würden, indem, die<br />

ganze Marke betreffende, aber für sich gesehen geringfügige Änderungen am Erscheinungsbild<br />

der Marke, wie beispielsweise in der Schriftart oder in der Farbnuancierung,<br />

nicht mehr unter die rechtserhaltende Benutzung subsumiert werden könnten, dagegen<br />

aber einschneidendere Änderungen, die sich nur auf einzelne Elemente erstrecken, noch<br />

hierunter subsumiert werden könnten. Folglich muß die Formulierung dahingehend<br />

teleologisch ausgelegt werden, daß die <strong>Marken</strong>benutzung nicht nur in einzelnen Teilen<br />

abschweifen darf, sondern auch das gesamte Erscheinungsbild der Marke differieren<br />

kann 847 . Da<strong>mit</strong> muß die entsprechend deutsche Umsetzung, die die Abweichung nicht<br />

explizit auf Bestandteile beschränkt hat, auch nicht über die richtlinienkonforme<br />

Auslegung restriktiv interpretiert werden.<br />

Die Richtlinie berücksichtigt nicht die Motive für die Abwandlung der Marke <strong>und</strong><br />

fordert für die Anerkennung der abweichenden Benutzung dementsprechend nicht<br />

zusätzlich noch, daß die abweichende Benutzung der Marke verkehrsüblich oder durch<br />

vernünftige wirtschaftliche Gründe geboten ist 848 . Dieses Erfordernis stellte dagegen die<br />

frühere deutsche Rechtsprechung nach der Rechtslage des Warenzeichengesetzes auf 849 ,<br />

die nun aber durch die vorliegend bestehende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung<br />

obsolet geworden ist.<br />

Zusammenfassend kann als Auslegungsergebnis der Richtliniennorm <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> zugleich,<br />

wie bereits angedeutet, als verbindliches Ergebnis für die Regelung der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> des <strong>Marken</strong>gesetzes festgehalten werden, daß eine<br />

abweichende Benutzung solange als rechtserhaltende Benutzung der eingetragenen<br />

Marke angesehen wird, als die Abweichung vom Verkehr auch bei Wahrnehmung der<br />

Unterschiede <strong>mit</strong> dem eingetragenen Zeichen identifiziert <strong>und</strong> gleichgesetzt wird, ohne<br />

daß die Abwandlung zugleich auch verkehrsüblich oder durch den praktischen Gebrauch<br />

geboten sein muß.<br />

Die Anerkennung abgewandelter Benutzungsformen als rechtserhaltende Benutzung<br />

widerspricht auf den ersten Blick der angestrebten Devise, den Benutzungszwang eng zu<br />

handhaben, um so das Streben des Benutzungszwangs, eine Verbesserung der Eintragungschancen<br />

für neue <strong>Marken</strong> zu erreichen, wirksam realisieren zu können. Aber nicht<br />

nur vom wirtschaftlichen Standpunkt aus, für den die Nichtanerkennung unerheblicher<br />

Abweichungen unvertretbar wäre, sondern gerade auch für die Achtung <strong>und</strong> Verwirklichung<br />

des Normzwecks des Benutzungszwangs ist dieses Tribut förderlich, da auf<br />

846 Art. 10 Abs. 2 lit. a RL<br />

847 So auch Ingerl, S. 105; in § 26 Abs. 3 S. 1 <strong>Marken</strong>G wurde diese Einschränkung nicht aufgenommen, angesichts<br />

der hier vertreten Interpretation ist diese Diskrepanz ohne Bedeutung <strong>und</strong> die Umsetzung nicht feherhaft.<br />

848 Ebenso Ingerl, S. 105; Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 97 <strong>und</strong> BPatG, GRUR 1995, 588 – Jeanette/Annette, bestätigt<br />

durch BPatG, Mitt. 1996, 214 - Karolus Magnus; a.A. Hackbarth, S. 214 ff, Gamm, Festschrift Gewerblicher<br />

Rechtsschutz, Bd. I, S. 801, 811; ders., GRUR 1990, 313, 325, ders., GRUR 1994, 775, 780<br />

849 Siehe Baumbach/Hefermehl, WZG, § 5 Rn. 23 f <strong>und</strong> § 31 Rn. 35 m.w.N; Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 100 ff.


147<br />

diesem Weg die <strong>Marken</strong>register nicht <strong>mit</strong> zahlreichen zusätzlichen Eintragungen gering<br />

abweichender <strong>Marken</strong>formen belastet werden 850 .<br />

Abweichend von der Regelung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der Richtlinienvorgabe,<br />

ergänzte der deutsche Gesetzgeber die Umsetzung der Billigungsregelung<br />

abgewandelter Benutzungsformen in § 26 Abs. 3 S. 2 <strong>Marken</strong>G dahingehend, daß abgewandelte<br />

Benutzungsformen auch dann als rechtserhaltende Benutzung der eingetragenen<br />

Marke anzusehen sind, wenn die Marke in der Form, in der sie benutzt wird,<br />

ebenfalls eingetragen ist 851 . Dieser Zusatz verstößt nicht gegen die <strong>mit</strong>gliedstaatliche<br />

Umsetzungspflicht, da ihm lediglich eine klarstellende Aufgabe zukommt, die rechtserhaltende<br />

Benutzung für jede eingetragene <strong>Marken</strong>variante festzustellen, ihr da<strong>mit</strong> rechtliche<br />

Wirkung zukommt, <strong>und</strong> er nicht die Richtlinienvorgabe der Anerkennung abgewandelter<br />

Benutzungsformen beschneidet 852 . Der deutsche Gesetzgeber hat <strong>mit</strong> dieser<br />

Ergänzung gezielt eine entscheidende Wende im <strong>deutschen</strong> Zeichenrecht herbeigeführt.<br />

Denn die frühere strenge Rechtsprechung von BGH <strong>und</strong> BPatG, die Benutzungsform<br />

einer Marke bei Eintragung dieser <strong>Marken</strong>form lediglich dieser <strong>und</strong> nicht auch den<br />

übrigen eingetragenen <strong>Marken</strong>abwandlungen zuzurechnen, kann danach nicht mehr<br />

fortgesetzt werden 853 . Für die <strong>Marken</strong>inhaber bringt dies eine erhebliche Verbesserung<br />

zu früher, indem sie nicht mehr die für sie so elementare <strong>und</strong> den Wert der Marke<br />

<strong>mit</strong>entscheidende Priorität der ursprünglichen Marke verlieren können, wenn sie sich<br />

ihre aktuell benutzte <strong>Marken</strong>abwandlung eintragen lassen <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> letztendlich den<br />

Gr<strong>und</strong>satz des Benutzungszwangs – die Marke ist in der eingetragenen Form<br />

rechtserhaltend zu benutzen – korrekt umsetzen 854 . Zudem entspricht diese Regelung der<br />

Rechtstatsächlichkeit, denn die Benutzung einer Marke erfolgt im Verkehr nicht bewußt<br />

für eine konkrete Zeicheneintragung 855 .<br />

Diese Ergänzung sowie die rechtliche Anerkennung der abgewandelten Benutzungsformen<br />

einer eingetragenen Marke respektieren rechtlich die wirtschaftliche Bedeutung<br />

der Priorität der Marke wie auch der gestalterischen Anpassungsmöglichkeiten der<br />

850 Gerade in Deutschland wurde durch die strenge Rechtsprechung hinsichtlich der Anerkennung abgewandelter<br />

Benutzungsformen die Eintragung solcher <strong>Marken</strong>formenvarianten forciert, diese Praxis soll nun in Deutschland<br />

obsolet werden, so die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 12/6581, S. 83; ebenso Hackbarth, S. 213 hinsichtlich<br />

der Gemeinschaftsmarke. Dennoch wird teilweise Skepsis hinsichtlich einer tatsächlich großzügigen Handhabung<br />

seitens der Rechtsprechung geäußert <strong>und</strong> zur zusätzlichen Anmeldung geraten, so Ingerl, WiB 1994, 109, 112.<br />

851 Mit dieser Ergänzung hat der deutsche Gesetzgeber, ungeachtet der vorliegenden Pflicht zur richtlinienkonformen<br />

Auslegung, offenk<strong>und</strong>ig der früheren <strong>deutschen</strong> sehr strengen Rechtsprechung den Boden entzogen, indem nun<br />

abweichende <strong>Marken</strong> durch die Verwendung lediglich eines Zeichens rechtserhaltend benutzt werden können <strong>und</strong><br />

das früher von der Rechtsprechung vertretene Regel/Ausnahme-Verhältnis, das Abweichungen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

unzulässig seien, umgekehrt, vgl. dazu Giefers, Festschrift für Vieregge, S. 267, 279.<br />

852 Vgl. Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz, BT-Drucks. 12/6581, S. 83. Die frühere strenge Rechtsprechung von BGH<br />

<strong>und</strong> BPatG, die Benutzungsform einer Marke bei Eintragung diese <strong>Marken</strong>form lediglich dieser <strong>und</strong> nicht auch<br />

den übrigen eingetragenen <strong>Marken</strong>abwandlungen zuzurechnen, kann demnach nicht fortgesetzt werden, vgl.<br />

Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 120, 121.<br />

853 Vgl. Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz, BT-Drucks. 12/6581, S. 83; Giefers, Festschrift für Vieregge, S. 267, 279;<br />

Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 121; zur neueren Entscheidungspraxis nach dem <strong>Marken</strong>G siehe Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26<br />

Rn. 122 a ff.<br />

854 Eine andere Frage ist, welcher Schutzumfang der ursprünglichen Marke nach der Eintragung der Abwandlung<br />

zukommt, vgl. dazu den guten Lösungsvorschlag von Schulz, MA 1986, 146, 153.<br />

855 Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 26 Rn. 120; ders., Benutzungszwang, S. 127.


148<br />

einmal eingetragenen Marke für den <strong>Marken</strong>inhaber; das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz hat<br />

da<strong>mit</strong> einmal mehr wieder die Interessen des <strong>Marken</strong>inhabers deutlich berücksichtigt.<br />

Wenn auch die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung keine entsprechende klarstellende<br />

Regelung enthält, daß abgewandelte Benutzungsformen auch dann als rechtserhaltende<br />

Benutzung der eingetragenen Marke anzusehen sind, wenn verschiedene <strong>Marken</strong>varianten<br />

eingetragen sind, so ist eine der <strong>deutschen</strong> Vorgabe entsprechende Handhabung<br />

zu befürworten. Denn dieselben Argumente, Rechtstatsächlichkeit <strong>und</strong> Verhinderung<br />

der Benachteiligung der dem Gr<strong>und</strong>satz des Benutzungszwangs entsprechend<br />

Handelnden, <strong>mit</strong> denen die Aufnahme der <strong>deutschen</strong> Ergänzung gutgeheißen wurde,<br />

sprechen auch für die gemeinschaftliche Anwendung.<br />

4. Benutzungsschonfrist <strong>und</strong> Vermarktung<br />

Entscheidend für die <strong>Marken</strong>vermarktung ist die Frage, ob die Benutzungsschonfrist bei<br />

Veräußerung der Marke für den neuen <strong>Marken</strong>inhaber erneut zu laufen beginnt. Denn<br />

wenn für den Rechtsnachfolger eine eigene Benutzungschonfrist anfangen würde, würde<br />

der Marktwert einer ausschließlich für den Verkauf kreierten <strong>und</strong> folglich unbenutzten<br />

Marke innerhalb der fünfjährigen Benutzungsschonfrist des Zeichenkreateurs konstant<br />

bleiben, falls dagegen die Fristberechnung nicht erneut aufgenommen wird <strong>und</strong> der<br />

<strong>Marken</strong>erwerber vielmehr in die Rechtsposition des Veräußerers eintreten muß, würde<br />

der Marktwert entsprechend dem Fristlauf gr<strong>und</strong>sätzlich kontinuierlich für den<br />

Zeichenkreateur abnehmen.<br />

In Ansehung des Wortlauts der einschlägigen Vorschriften für die Benutzungsschonfrist<br />

856 könnte man die Ansicht vertreten, daß jeder neue Inhaber einer Gemeinschaftsmarke<br />

oder einer <strong>deutschen</strong> Marke eine fünfjährige Benutzungsschonfrist geltend<br />

machen kann. Diese Interpretation würde dem Normzweck des Benutzungszwangs, der<br />

Verhinderung der Geltendmachung bloß formaler Zeichenrechte, entgegenstehen <strong>und</strong> die<br />

Umgehung dieser Bestrebungen unbillig begünstigen. Dementsprechend müssen unter<br />

Berücksichtigung des Zwecks des Benutzungszwangs die Regeln der Benutzungsschonfrist<br />

dahingehend ausgelegt werden, daß der Rechtsnachfolger sich nicht auf eine<br />

eigene Benutzungsschonfrist berufen kann, er sich vielmehr die schon abgelaufene<br />

Benutzungsfrist seines Rechtsvorgängers anrechnen lassen muß. Dieses Ergebnis wird<br />

durch die allgemeine Wirkung der Rechtsübergangs untermauert, die darin besteht, daß<br />

der Rechtsnachfolger das <strong>Marken</strong>recht lediglich <strong>mit</strong> dem Schutzinhalt des Rechtsvorgängers<br />

zum Zeitpunkt der Übertragung erwirbt <strong>und</strong> sonst keine weiteren Rechte 857 .<br />

Danach muß den Zeichenkreateuren, die sich die <strong>Marken</strong> ausschließlich zur zulässigen<br />

Veräußerung eintragen lassen, daran gelegen sein, zur Gewinnmaximierung so schnell<br />

wie möglich ihre Zeichen an interessierte Unternehmen zu verkaufen. Die Anrechnung<br />

der abgelaufenen Benutzungsfrist für den Rechtsnachfolger stellt für „Laienzeichenkreateure“<br />

ein tatsächliches Hemmnis für zahllose <strong>Marken</strong>eintragungen ihrerseits dar, da<br />

856 Art. 15 Abs. 1 GemMVO, Art. 10 Abs. 1 RL <strong>und</strong> § 25 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G<br />

857 So im Ergebnis auch Hackbarth, 187 ff, allerdings nur für die Benutzungsschonfrist nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung,<br />

unter Heranziehung französischen Rechtsprechung <strong>und</strong> Literatur, vgl. ferner Fezer, <strong>Marken</strong>G,<br />

§ 27 Rn. 21; Althammer, § 26 Rn. 77


149<br />

ihnen zumeist die notwendige Infrastruktur für eine gezielte <strong>und</strong> zeitige Vermarktung<br />

ihrer Zeichen fehlt, um deren Marktwert wenigstens annäherend ausschöpfen zu können.<br />

5. Wiederholungsmarken<br />

Im engen Zusammenhang <strong>mit</strong> dem Benutzungszwang steht die Frage, auf die die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, die Richtlinie <strong>und</strong> das <strong>Marken</strong>gesetz selbst keine<br />

Antwort geben, ob die Eintragung von Wiederholungszeichen markenrechtlich zulässig<br />

ist. Unter Wiederholungszeichen wird hier zunächst die erneute Eintragung einer bereits<br />

eingetragenen Marke <strong>mit</strong> dem identischen Waren- oder Dienstleistungsverzeichnis für<br />

denselben <strong>Marken</strong>inhaber, auf der gleichen nationalen oder gemeinschaftlichen Ebene,<br />

wie zuvor verstanden 858 , die identischen Zeichen unterscheiden sich lediglich in ihrer<br />

Priorität. Gerade für den hier zu untersuchenden Themenbereich des <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s ist<br />

die erneute Eintragung der Zeichenkreation interessant, wenn innerhalb der fünfjährigen<br />

Benutzungsschonfrist die Vermarktung noch nicht erfolgreich verwirklicht werden<br />

konnte.<br />

Die Problematik der Wiederholungszeichen steht im Spannungsfeld zwischen dem<br />

Bestreben, den Benutzungszwang streng <strong>und</strong> konsequent anzuwenden <strong>und</strong> dem Gr<strong>und</strong>satz<br />

der Selbständigkeit der einzelnen Zeichenrechte <strong>und</strong> ihrer Unabhängigkeit voneinander.<br />

Denn <strong>mit</strong> einer erneuten Eintragung könnte einerseits der Benutzungszwang <strong>mit</strong><br />

seiner fünfjährigen Benutzungsschonfrist umgangen <strong>und</strong> ausgehebelt werden, andererseits<br />

besteht aber der Gr<strong>und</strong>satz, daß jede eingetragene Marke rechtlich selbständig ist<br />

<strong>und</strong> so<strong>mit</strong> eine eigene <strong>und</strong> von vorherigen Eintragungen unabhängige Benutzungsfrist<br />

innehat 859 .<br />

Eine höchstrichterliche Entscheidung ist bislang zu dieser Problematik noch nicht<br />

ergangen 860 , indessen versucht die Literatur, den Konflikt auf unterschiedliche Weise zu<br />

lösen 861 . Folgende Lösungsmodelle sind bislang aufgezeichnet worden: Zum einen wird<br />

der Schwerpunkt auf den Benutzungszwang gelegt <strong>und</strong> die passende Lösung in der<br />

Addition der Benutzungsschonfristen von Erst- <strong>und</strong> Wiederholungszeichen <strong>mit</strong> einer<br />

858 Teilweise wird diese Art von Zeichen auch unter dem Oberbegriff der „Mehrfacheintragung“ behandelt, so Fezer,<br />

Benutzungszwang, S. 137 ff. Problematisch ist die Grenzziehung zwischen Wiederholungsmarke <strong>und</strong> Neueintragung<br />

bei geringfügiger Veränderung des bereits eingetragenen Zeichens oder des dazu angegebenen Warenoder<br />

Dienstleistungsverzeichnisses, in Anbetracht des weiten <strong>Marken</strong>begriffes <strong>und</strong> der großzügigen Eintragungspraxis<br />

<strong>und</strong> der deshalb erforderlichen engen Auslegung des relativen Eintragungshindernisses verwechslungsfähiger<br />

älterer entgegenstehender <strong>Marken</strong>, siehe dazu Heil, Festschrift für Oppenhoff, S. 127, 132 ff, können<br />

demgemäß auch nur ganz geringe Abweichungen von der Ersteintragung für die Bejahung einer Wiederholungsmarke<br />

sprechen, a.A. Fischötter/Rheineck, GRUR 1980, 379, 386. Schwendemann, S. 18 ff <strong>und</strong> Hackbarth,<br />

S. 201 f, sie grenzen Wiederholungsmarke <strong>und</strong> Neueintragung entsprechend den Gr<strong>und</strong>sätzen der rechtserhaltenden<br />

Benutzung ab, Wiederholungszeichen sind danach solche Zeichen, die in ihrer Form als Benutzung des<br />

Erstzeichens gewertet werden könnten.<br />

859 Vgl. Fezer, Benutzungszwang, S. 137 f<br />

860 In der NEUTREX-Entscheidung, GRUR 1995, 117, 121, hat der BGH lediglich darauf hingewiesen, daß eine<br />

generalisierende Betrachtung diesbezüglich nicht angebracht sei; aus der Zamek II-Entscheidung, GRUR 1971,<br />

309, wird derweil gefolgert, daß der BGH bei Wiederholgungszeichen zu einer Addition der<br />

Nichtbenutzungszeiten tendiert, vgl. dazu Ingerl, Mitt. 1997, 391 <strong>und</strong> Fischötter/Rheineck, GRUR 1980, 379,<br />

382.<br />

861 Auf alle Lösungsvorschläge im einzelnen kann vorliegend nicht eingegangen werden, dies würde den Rahmen<br />

der Arbeit sprengen, siehe diesbezüglich Schwendemann, S. 21 ff <strong>und</strong> Fischötter/Rheineck, GRUR 1980, 379 ff.


150<br />

fünfjährigen Sperrfrist nach Ablauf der Benutzungsfrist des Erstzeichens gesehen 862 .<br />

Dieser Lösungsweg wird <strong>mit</strong> dem Argument belegt, daß nach Ablauf der Benutzungsschonfrist<br />

das eingetragene Zeichen für beliebige Dritte gemeinhin verwendbar sein<br />

muß 863 . Da<strong>mit</strong> wird aber der Normzweck des Benutzungszwangs überspannt <strong>und</strong> der<br />

Gr<strong>und</strong>satz der Selbständigkeit der einzelnen eingetragenen Zeichenrechte mißachtet,<br />

denn der Benutzungszwang bezweckt allein die Abwendung der Geltendmachung bloß<br />

formaler <strong>und</strong> nicht benutzter Zeichenrechte <strong>und</strong> dadurch die Prävention der Verstopfung<br />

der <strong>Marken</strong>register für Neueintragungen, nicht dagegen, Dritten die unterschiedslose<br />

Partizipation an einfallsreichen, aussagekräftigen <strong>und</strong> phantasievollen, wenn auch unbenutzten<br />

Zeichenkreationen zu ermöglichen 864 . Dem Benutzungszwang kann nicht<br />

entnommen werden, daß dem ursprünglichen <strong>Marken</strong>inhaber nach Ablauf der Benutzungsschonfrist<br />

die erneute Eintragung erst einmal generell zu versagen <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> eine<br />

Sperrfrist für eine erneute Eintragung berechtigt wäre. Denn der Benutzungszwang<br />

innerhalb der fünfjährigen Benutzungsfrist ist für den <strong>Marken</strong>inhaber keine Rechtspflicht<br />

<strong>mit</strong> irreparablen Folgen, sondern lediglich eine Obliegenheit, wenn auch die Nichtbenutzung<br />

der Marke für den <strong>Marken</strong>inhaber rechtliche Nachteile <strong>mit</strong>sichbringen<br />

kann 865 . – Ein anderes Lösungsmodell will dem <strong>Marken</strong>anmelder einer Wiederholungsmarke<br />

das Rechtsschutzbedürfnis absprechen 866 . Wiederum steht der Benutzungszwang<br />

überwiegend im Blickfeld, <strong>und</strong> der Gr<strong>und</strong>satz der Selbständigkeit der Marke wird<br />

vollständig außeracht gelassen. Mit der neuen Eintragung erhält der <strong>Marken</strong>inhaber aber<br />

gerade eine eigene <strong>und</strong> selbständige Benutzungsfrist für das Zeichen, die unabhängig<br />

von der Voreintragung zu laufen beginnt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> eine verbesserte Rechtsposition, die<br />

eine Verneinung des erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses unmöglich macht 867 . - Ein<br />

weiterer Lösungsansatz geht von der Prämisse aus, daß ein Wiederholungszeichen <strong>mit</strong><br />

Rücksicht auf den Benutzungszwang erst dann fragwürdig ist, wenn es vor Ablauf der<br />

ersten Benutzungsfrist angemeldet wird. Diese Anmeldung wird dann als rechtsmißbräuchlich<br />

angesehen, indessen der Einwand des Rechtsmißbrauchs nur im Verletzungsprozeß<br />

geltend gemacht werden soll 868 . Dieser Ansatz respektiert zwar die<br />

862 So Hackbarth, S. 195 ff, ebenso Fischötter/Rheineck, GRUR 1980, 379, 386 f, allerdings ohne exakte zeitliche<br />

Festlegung für die Sperrfrist.<br />

863 So insbesondere Hackbarth, S. 195<br />

864 In diesem Sinne schon Heydt, GRUR 1975, 439, 440 <strong>und</strong> Harmsen, GRUR 1980, 401, 403. Diese Aussage<br />

konterkariert nicht den Schutz der Anmelder neuer <strong>Marken</strong>, welchen das <strong>Marken</strong>gesetz gr<strong>und</strong>sätzlich auch<br />

gewährt, vgl. Kunz-Hallstein, GRUR 1996, 7, da die Gestaltungsfreiheit <strong>und</strong> Schöpferkraft der zukünftigen<br />

<strong>Marken</strong>inhaber auf diese Weise nicht eingeschränkt wird.<br />

865 Vgl. Fezer, Benutzungszwang, S. 22 f; ders., MA 1984, 76, 77; Gamm, GRUR 1977, 517, 518<br />

866 So Schwendemann, S. 23 f <strong>und</strong> Hackbarth, S. 198; Fischötter/Rheineck, GRUR 1980, 379, 388; Gamm, GRUR<br />

1977, 517, 521 f. Wenn auch ein <strong>Marken</strong>anmelder generell ein Recht auf die Eintragung seines gewünschten<br />

Zeichens hat, dazu oben unter D. I., so setzt der Eintragungsanspruch aber immer das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses<br />

voraus, vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 25 Rn. 20; Baumbach/Hefermehl, WZG, § 2 Rn. 12<br />

867 Vgl. Fezer, Benutzungszwang, S. 139 f; ders., <strong>Marken</strong>G, § 25 Rn. 19 f; Miosga, Benutzungszwang, S. 56 f; <strong>und</strong><br />

die Rechtsprechung OLG Frankfurt GRUR 1992, 445, 446 – Wiederholungszeichen; a.A. Mitscherlich,<br />

Festschrift für Wendel, S. 83.<br />

868 So Busse, WZG, § 5 Rn. 61, § 24 Rn. 19; Baumbach/Hefermehl, WZG, § 5 Rn. 53; Heydt, Festschrift für<br />

Hefermehl, S. 61 f; alle bezogen auf die Rechtslage des alten Warenzeichengesetzes, die Lösungsansätze nach<br />

dieser Rechtslage sind aber ohne weiteres auf die neuen markenrechtlichen Regelungen auf der <strong>deutschen</strong> wie<br />

auch auf der europäischen Ebene übertragbar, da sich hinsichtlich des Normzweckes des Benutzungszwangs<br />

nichts geändert hat. So auch Althammer, § 26 Rn. 81 für das neue <strong>Marken</strong>gesetz.


151<br />

Selbständigkeit der einzelnen <strong>Marken</strong>, wird aber dem Aspekt des Benutzungszwangs<br />

nicht hinreichend gerecht, indem er nach Ablauf der Benutzungsschonfrist die völlig<br />

unproblematische Verlängerung dieser Frist ermöglicht <strong>und</strong> die fünfjährige Benutzungsschonfrist<br />

letztendlich faktisch aufhebt.<br />

Eine ausbalancierte Lösung verlangt bei wiederholter Anmeldung einer Marke den<br />

konkreten Nachweis eines Benutzungswillens, die bloße Behauptung des Benutzungswillens<br />

soll nicht ausreichend sein 869 . Dieser Ansatz bietet einen angemessenen <strong>und</strong><br />

zweckdienlichen Ausgleich zwischen den beiden Polen im Spannungsfeld, indem der<br />

Gr<strong>und</strong>satz der Selbständigkeit der <strong>Marken</strong> ausreichend beachtet wird <strong>und</strong> ebenso der<br />

Benutzungszwang nicht faktisch liquidiert, sondern sinn- <strong>und</strong> zweckmäßig umgesetzt<br />

wird. Kritisch betrachtet werden muß dagegen der unterbreitete Zeitpunkt, den konkreten<br />

Nachweis des Benutzungswillens schon im Anmeldungs- <strong>und</strong> Eintragungsstadium zu<br />

prüfen 870 . Das <strong>Marken</strong>gesetz sieht für das Anmeldungs- <strong>und</strong> Eintragungsverfahren keine<br />

Amtsrecherche seitens des Deutschen Patentamts vor 871 . Würde man die Prüfung des<br />

konkreten Nachweises eines Benutzungswillens schon in diesem Stadium fordern, so<br />

müßte das Amt unter Berücksichtigung der bereits registrierten <strong>Marken</strong> zunächst jede<br />

Anmeldung dahingehend prüfen, ob sie nicht ein bereits eingetragenes Zeichen beinhaltet,<br />

um dann den erforderlichen konkreten Nachweis des Benutzungswillens für das<br />

angemeldete Zeichen einfordern zu können. Da<strong>mit</strong> würde man aber das Amt unberechtigterweise<br />

zu einer Amtsrecherche verpflichten. Demnach ist auch bei einer<br />

Wiederholungsmarke gr<strong>und</strong>sätzlich der Benutzungswille im Eintragungsverfahren wie<br />

bei den Ersteintragungen zu vermuten 872 , der konkrete Nachweis des erforderlichen<br />

Benutzungswillens hinsichtlich einer <strong>deutschen</strong> Wiederholungsmarke kann erst im<br />

Löschungsverfahren gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G, auf Parteiinitiative hin oder als<br />

Einwand des Rechtsmißbrauchs, im Verletzungsprozeß berücksichtigt werden.<br />

Dagegen kann der Nachweis des Benutzungswillens für eine wiederholte <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>eintragung<br />

schon im Anmeldungs- <strong>und</strong> Eintragungsverfahren verlangt<br />

werden. Denn das europäische <strong>Marken</strong>amt führt im Registrierungsverfahren obligatorisch<br />

eine Amtsrecherche nach älteren, gemäß Art. 8 GemMVO möglicherweise der<br />

angemeldeten Marke entgegenstehenden, registrierten <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> durch <strong>und</strong><br />

kann so<strong>mit</strong> ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu diesem Zeitpunkt schon den<br />

wiederholten Eintragungsversuch feststellen.<br />

Die an den Nachweis des Benutzungswillens zu stellenden Anforderungen sind zugunsten<br />

des Benutzungszwangs streng dahingehend zu formulieren, daß den Angaben konkret<br />

die zukünftige Verwendung entnommen werden können muß. Bezogen auf den<br />

<strong><strong>Marken</strong>handel</strong> ist da<strong>mit</strong> eine allgemeine Mitteilung, die Marke weiterhin vermarkten zu<br />

wollen, nicht ausreichend, vielmehr ist eine Darstellung erforderlich, die tatsächliche<br />

869 So Fezer, Benutzungszwang, S. 140 f; ders., <strong>Marken</strong>G, § 25 Rn. 21; a.A. Fischötter/Rheineck, GRUR 1980, 379,<br />

385<br />

870 So aber Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 25 Rn. 21<br />

871 Siehe dazu bereits unter D. III. 2. a)<br />

872 Es sei denn, die Anmeldung beinhaltet für das Deutschen Patentamt offenk<strong>und</strong>ig ein bereits eingetragenes<br />

Zeichen, sei es aus Kenntnis des Sachbearbeiters oder von Informationen Dritter.


152<br />

Vermarktungsbemühungen <strong>und</strong> -verhandlungen <strong>mit</strong> nachgewiesenen Interessenten<br />

aufzeigt. Soweit der Benutzungswille einer Wiederholungsmarke erst im Prozeß<br />

nachgewiesen werden muß, ist diesbezüglich eine Beweislastumkehr zu fordern, um<br />

nicht den Nachweis dieses subjektiven Tatbestandsmerkmals von vorneherein zu<br />

vereiteln, da letztendlich nur der <strong>Marken</strong>inhaber diese Tatsache belegen kann 873 .<br />

Zusammenfassend kann so<strong>mit</strong> festgestellt werden, daß die Eintragung von Wiederholungsmarken<br />

auf deutscher wie auf gemeinschaftlicher Ebene gr<strong>und</strong>sätzlich zulässig<br />

ist. Noch nicht beantwortet ist da<strong>mit</strong>, ob das herausgearbeitete Ergebnis auch dann<br />

anzuwenden ist, wenn die erneute Eintragung nicht auf gleicher Ebene stattfindet,<br />

sondern die Gemeinschaftsmarke als nationale Marke <strong>und</strong> umgekehrt angemeldet <strong>und</strong><br />

eingetragen werden soll. Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung bestimmt in Art. 108<br />

Abs. 2 lit. a, daß die Gemeinschaftsmarke <strong>mit</strong> der Priorität ihrer Anmeldung in eine<br />

entsprechende nationale Marke umgewandelt werden kann, falls die Gemeinschaftsmarke<br />

selbst wegen Nichtbenutzung für verfallen erklärt worden ist, vorausgesetzt,<br />

die Gemeinschaftsmarke wurde bereits in dem Mitgliedstaat, für den die Umwandlung<br />

beantragt wird, auch entsprechend den nationalen markenrechtlichen Anforderungen<br />

ernsthaft benutzt. Diese Vorschrift regelt da<strong>mit</strong> ausschließlich den Prioritätsrang<br />

der nationalen Marke <strong>und</strong> ihr kann nichts zur oben aufgeworfenen Frage entnommen<br />

werden 874 . Andere konkrete Normen zu diesem Fragenkomplex lassen sich weder in<br />

der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung noch in der Richtlinie <strong>und</strong> dem <strong>Marken</strong>gesetz<br />

finden. Bedingt durch das Koexistenzprinzip zwischen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> den nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen sowie dem Gr<strong>und</strong>satz der Selbständigkeit der<br />

<strong>Marken</strong>, sind die Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> die nationale Marke gr<strong>und</strong>sätzlich eigenständige<br />

Kennzeichen <strong>mit</strong> territorial differierenden Schutzumfängen 875 . Dennoch weisen<br />

beide <strong>Marken</strong>typen Berührungspunkte auf, so kann die Gemeinschaftsmarke einer<br />

prioritätsjüngeren, verwechslungsfähigen nationalen Marke <strong>und</strong> auch umgekehrt, die<br />

nationale Marke einer prioritätsjüngeren verwechslungsfähigen Gemeinschaftsmarke<br />

entgegengehalten werden 876 . Insofern können die Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> die nationalen<br />

<strong>Marken</strong> doch nicht als vollständig unabhängig voneinander gesehen werden;<br />

würde man dies tun <strong>und</strong> dementsprechend das Wechseln von Gemeinschaftsmarke zur<br />

nationalen Marke <strong>und</strong> umgekehrt nicht als Wiederholungseintragung qualifizieren,<br />

könnte ein <strong>Marken</strong>inhaber seine Zeichenkreation durch ständiges Hin<strong>und</strong>herpendeln<br />

zwischen gemeinschaftlicher <strong>und</strong> nationaler Ebene dem Benutzungszwang <strong>und</strong> den<br />

strengen Anforderungen an eine wiederholte Eintragung stets entziehen. Diese Möglichkeit<br />

würde die Koexistenz von <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> nationalen<br />

<strong>Marken</strong>gesetzen erheblichen belasten. Daher muß auch die erneute Eintragung einer<br />

873 So auch Schulz, MA 1986, 146, 149; BGH, GRUR 1971, 309, 311 – Zamek II; a.A. OLG München, WRP 1985,<br />

515<br />

874 A.A. Hackbarth, S. 204<br />

875 Für Heil, Festschrift 25 Jahre BpatG, S. 371, 388, ist eine Gemeinschaftsmarke gegenüber einer nationalen Marke<br />

daher verständlicherweise ein „aliud“; seiner darauf aufbauenden Ansicht, daß demzufolge die erneute Eintragung<br />

einer nationalen Marke als Gemeinschaftsmarke nicht als Wiederholungseintragung anzusehen ist, kann vorliegend<br />

aber nicht gefolgt werden, Begründung siehe oben.<br />

876 § 125 b Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G für die Gemeinschaftsmarke gegenüber der <strong>deutschen</strong> Marke <strong>und</strong><br />

Art. 8 Abs. 1, Abs. 2 lit. a, ii) GemMVO für nationale <strong>Marken</strong> gegenüber der Gemeinschaftsmarke.


153<br />

Gemeinschaftsmarke als nationale Marke <strong>und</strong> umgekehrt als Wiederholungseintragung<br />

eingestuft <strong>und</strong> die oben herausgearbeiteten Gr<strong>und</strong>sätze für Wiederholungskennzeichen<br />

müssen folglich auch hier angewandt werden 877 . Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht<br />

den ökonomischen Bedürfnissen, so wird beispielsweise einer nationalen Marke, die auf<br />

nationaler Ebene aus Rentabilitätsgründen nicht benutzt wurde, aber auf Gemeinschaftsebene,<br />

insgesamt gesehen, wirtschaftliche Aussichten hat, nicht der Weg zur erneuten<br />

Anmeldung als Gemeinschaftsmarke versperrt, es werden lediglich berechtigterweise<br />

strengere Anforderungen an den Nachweis des Benutzungswillens gestellt.<br />

Bei der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke, die zuvor als nationale Marke registriert<br />

war, ist zu beachten, daß das europäische <strong>Marken</strong>amt <strong>mit</strong> seiner Amtsrecherche, die sich<br />

nur auf bereits eingetragene <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> bezieht, nicht die wiederholte Eintragung<br />

dieser Konstellation feststellen kann. Die der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>eintragung<br />

entgegenstehenden nationalen <strong>Marken</strong> werden nur von einigen nationalen <strong>Marken</strong>ämtern<br />

für das europäische <strong>Marken</strong>amt recherchiert 878 . Folglich kann bei dieser Konstellation<br />

nicht immer die Wiederholung schon im Eintragungsverfahren festgestellt werden, so<br />

daß der Nachweis des erforderlichen Benutzungswillens dann erst im Löschungsprozeß<br />

gemäß Art. 51 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 7 Abs. 1 lit. a GemMVO auf Parteiinitiative hin<br />

oder als Einwand des Rechtsmißbrauchs im Verletzungsprozeß geführt werden muß.<br />

6. Folgen des Benutzungszwangs für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong><br />

Das Rechtsinstitut des Benutzungszwangs ist nach den obigen Ausführungen insgesamt<br />

gesehen ein geeignetes Korrektiv für den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> 879 . Diese Einschätzung wird<br />

weder von der zeichenrechtlichen Anerkennung der von der Eintragung abweichenden<br />

Benutzungsformen als rechtserhaltende Benutzung, noch von der Möglichkeit der<br />

wiederholten <strong>Marken</strong>eintragung unterminiert. Die Billigung der abgewandelten Benutzungsformen<br />

erlaubt zwar dem <strong>Marken</strong>inhaber eine gewisse Flexibilität zugunsten seiner<br />

<strong>Marken</strong>verwertung, aber dieser Spielraum ist begrenzt <strong>und</strong> kann nicht zur Folge haben,<br />

den Regelungen des Benutzungszwangs insgesamt ihre Regulativfunktion hinsichtlich<br />

des <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s abzusprechen. Gleiches gilt entsprechend für das Zulassen wiederholter<br />

<strong>Marken</strong>eintragungen, da die im Zusammenhang <strong>mit</strong> dem Wiederholungszeichen<br />

zu fordernde strenge Voraussetzung des konkreten Nachweises des Benutzungswillens<br />

gerade für <strong>Marken</strong>inhaber, die die Verwertung ihrer Marke nicht ernsthaft betreiben <strong>und</strong><br />

demzufolge ihren Benutzungswillen nicht ausreichend beweisen können, ein erhebliches<br />

Hindernis darstellt.<br />

Maßgeblich <strong>und</strong> entscheidend den Benutzungszwang als wirksame Schranke für den<br />

<strong><strong>Marken</strong>handel</strong> zu klassifizieren, ist weiterhin die Tatsache, daß ein <strong>Marken</strong>händler durch<br />

die Regelungen des Benutzungszwangs gezwungen wird, innerhalb der fünfjährigen<br />

877 Im Ergebnis ebenso, allerdings <strong>mit</strong> einer anderen Begründung, Hackbarth, S. 205 f; a.A. Ingerl, S. 104, Heil,<br />

Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 371, 388.<br />

878 Vgl. dazu Darstellung unter D. III. 1. a)<br />

879 Gleicher Ansicht, Schönfeld, S. 81, Hackbarth, S. 178, wenn auch beide ohne Begründung, <strong>und</strong> die Denkschrift,<br />

GRUR Int. 1976, 481, 498, wenn sie auch noch von der Angabe eines Geschäftsbetriebes im Anmeldeverfahren<br />

<strong>und</strong> da<strong>mit</strong> der Überprüfbarkeit des Benutzungswillens ausging. So auch schon die Begründung zu § 47 ErstrG,<br />

GRUR 1992, 794.


154<br />

Benutzungsschonfrist seine geschäftlichen Transaktionen vorzunehmen, um nicht Gefahr<br />

einer Löschung wegen Nichtbenutzung zu laufen. Die auf den ersten Blick als eine<br />

großzügige <strong>und</strong> für die Vermarktung lang bemessen erscheinende Fünf-Jahres-Frist ist<br />

für einen laienhaften <strong>Marken</strong>händler aufgr<strong>und</strong> seiner fehlenden Infrastruktur hinsichtlich<br />

der potentiellen <strong>Marken</strong>erwerber oder Lizenznehmer für eine effektive Verwertung des<br />

eingetragenen Zeichens keineswegs eine lange <strong>und</strong> ausreichende. Viele der befürchteten<br />

„Hausfrauenmarken“ 880 werden sicherlich schon infolge dieser zeitlichen Beschränkung<br />

im Vorfeld von einer Anmeldung <strong>und</strong> Eintragung abgehalten, falls aber doch nicht, so<br />

können die nicht fristgerecht benutzten <strong>Marken</strong> problemlos von einem an der eingetragenen<br />

Marke interessierten Dritten auf Antrag gelöscht werden, um sie sich dann<br />

selbst eintragen zu lassen.<br />

Der Effekt des Benutzungszwangs <strong>mit</strong> seiner fünfjährigen Benutzungsschonfrist als<br />

tatsächliche <strong>und</strong> praktische Schranke für den Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong> zu fungieren, wird<br />

durch die bei der Anmeldung <strong>und</strong> Eintragung anfallenden Kosten 881 noch verstärkt, so<br />

daß letztendlich die Kombination von Benutzungszwang <strong>und</strong> aufzuwendenden Anmeldungs-<br />

<strong>und</strong> Eintragungskosten ein wirksames Hindernis gegenüber dem ungewünschten<br />

<strong><strong>Marken</strong>handel</strong> darstellt, der nur passiv <strong>und</strong> nicht strategisch ausgerichtet betrieben<br />

werden soll.<br />

II. Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> wegen bösgläubiger Anmeldung gemäß Art. 51 Abs. 2 lit. b<br />

GemMVO <strong>und</strong> § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G<br />

Diese beiden Normierungen werden in der Literatur im Zusammenhang <strong>mit</strong> der vorliegend<br />

zu untersuchenden Thematik des <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s schnell <strong>und</strong> plakativ als dessen<br />

zeichenrechtliches Korrektiv zu seiner Eingrenzung <strong>und</strong> Verhinderung angeführt.<br />

Konkret auf diese Schrankenregelungen im einzelnen eingehende Auseinandersetzungen<br />

finden sich bis jetzt noch sehr wenige im Schrifttum, was gerade für das deutsche<br />

Schrifttum um so erstaunlicher ist, als der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> wegen bösgläubiger<br />

Anmeldung aus deutscher Sicht eine völlig neue Regelung im <strong>Marken</strong>gesetz ist <strong>und</strong> es<br />

auch keine nur ansatzweise vergleichbare Regelung im früheren Warenzeichengesetz<br />

gab. Die deutsche Rechtsprechung hat sich bislang auch noch nicht intensiv <strong>mit</strong> diesem<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> beschäftigen müssen, das gleiche gilt für das Deutsche Patent- <strong>und</strong><br />

<strong>Marken</strong>amt. Desgleichen sind hinsichtlich des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

bis dato soweit ersichtlich, ebenfalls noch keine einschlägigen<br />

Entscheidungen beim europäischen <strong>Marken</strong>amt oder einem Gericht ergangen. Diese<br />

Gegebenheiten sind um so mehr für die vorliegende Untersuchung ein Anlaß, den Sinngehalt<br />

<strong>und</strong> die Reichweite des neuen Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es wegen bösgläubiger Anmeldung<br />

herauszuarbeiten.<br />

1. Gr<strong>und</strong>sätzliches zum Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> wegen bösgläubiger Anmeldung<br />

Der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> wegen bösgläubiger Anmeldung gemäß Art. 51 Abs. 2 lit. b<br />

GemMVO <strong>und</strong> der nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G bestimmen identisch, daß auf An-<br />

880 Anlehnend an Füllkrug, GRUR 1994, 679.<br />

881 Vgl. dazu die ausführliche Darstellung unter D. III. 1. b) <strong>und</strong> 2. b)


155<br />

trag die Gemeinschaftsmarke bzw. die Eintragung einer <strong>deutschen</strong> Marke für nichtig<br />

erklärt wird, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war. Ihre<br />

materielle Konfor<strong>mit</strong>ät 882 kommt nicht von ungefähr. Mit dem Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der<br />

bösgläubigen Anmeldung hat der deutsche Gesetzgeber die Option des Art. 3 Abs. 2 lit.<br />

a der Richtlinie umgesetzt <strong>und</strong> dabei deren Wortlaut bewußt übernommen, um auf diese<br />

Weise die Verknüpfung zur Richtlinie herzustellen 883 . Die zusätzliche Vorgabe dieser<br />

Richtlinienoption, die bösgläubige Anmeldung auch als Eintragungshindernis auszugestalten,<br />

wurde dagegen nicht umgesetzt. Da<strong>mit</strong> wurde der Konzeption der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung,<br />

die auch die bösgläubige Anmeldung nur als Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> nicht auch als Eintragunghindernis aufgenommen hat, entsprochen <strong>und</strong> der<br />

vom <strong>deutschen</strong> Gesetzgeber generell angestrebte Einklang <strong>mit</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

auch in diesem Punkt zwischen nationalem <strong>und</strong> gemeinschaftsrechtlichem<br />

Zeichenrecht vollbracht 884 . Für diese Ausgestaltung spricht auch die erforderliche<br />

Verfahrensökonomie beim europäischen <strong>Marken</strong>amt <strong>und</strong> Deutschen Patent- <strong>und</strong><br />

<strong>Marken</strong>amt, die einen gewissen Formalismus im Anmeldungs- <strong>und</strong> Eintragungsverfahren<br />

verlangt <strong>und</strong> eine umfangreiche <strong>und</strong> zeitaufwendige Prüfung der Bösgläubigkeit<br />

nicht zuläßt.<br />

Die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> die Richtlinie sowie das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

verwenden den Begriff der Bösgläubigkeit auch in den Bestimmungen hinsichtlich der<br />

Verwirkung von markenrechtlichen Ansprüchen 885 . Sie definieren oder konkretisieren<br />

diesen Begriff jedoch an keiner Stelle im Gesetzestext näher, auch die Gesetzesmaterialien<br />

<strong>und</strong> die Gesetzesbegründungen enthalten keine umfassende Definition. Die<br />

Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz weist lediglich daraufhin, daß der Begriff der<br />

„Bösgläubigkeit“ von der Richtlinienoption beabsichtigt übernommen <strong>und</strong> nicht ein<br />

anderer, äquivalenter, Begriff wie beispielsweise „sittenwidrige“ oder „rechtsmißbräuchliche“<br />

Anmeldung, gewählt wurde. In den veröffentlichten Materialien <strong>und</strong><br />

Stellungnahmen zur <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>-verordnung wird überraschenderweise der<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> wegen bösgläubiger Anmeldung überhaupt nicht erwähnt, dies ist um<br />

so verw<strong>und</strong>erlicher, als dieser Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> erstmals in den<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnungvorschlag von 1988 aufgenommen wurde 886 . Da<strong>mit</strong> ist<br />

es der Rechtsprechung <strong>und</strong> der Literatur überlassen, den Begriff der bösgläubigen<br />

Anmeldung auszulegen.<br />

Für den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung des <strong>Marken</strong>gesetzes besteht<br />

durch die Umsetzung lediglich einer Option der Richtlinie keine Verpflichtung zur<br />

richtlinienkonformen Auslegung. Indem das <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

die bösgläubige Anmeldung lediglich als Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> nicht<br />

882 Verfahrensrechtlich gehen beide Vorschriften dagegen nicht ganz konform, nach Art. 51 Abs. 2 lit. b GemMVO<br />

kann der Antrag auf Löschung beim <strong>Marken</strong>amt <strong>und</strong> auf Widerklage im Verletzungsprozeß gestellt werden, § 50<br />

Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G sieht nur die Möglichkeit des Löschungsantrags beim Deutschen Patent- <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>amt<br />

vor, dazu ausführlicher unter F. II. 12..<br />

883 So ausdrücklich die Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz, BT-Drucks. 12/6581, S. 96.<br />

884 Vgl. die Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz, BT-Drucks. 12/6581, S. 59.<br />

885 Art. 53 Abs. 1 GemMVO, Art. 9 Abs. 1 RL <strong>und</strong> § 21 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G<br />

886 Siehe dazu die Darstellung unter B. I. 1..


156<br />

auch als absolutes Schutzhindernis übereinstimmend norminiert haben, ist eine<br />

europäisch ausgerichtete Interpretation auch der <strong>deutschen</strong> Regelung anzustreben, um so<br />

den gewünschten Gleichklang <strong>mit</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung zu erzielen <strong>und</strong><br />

den Harmonisierungsgedanken zu fördern 887 . So<strong>mit</strong> dürfen nicht leichtfertig<br />

Rückschlüsse aus dem im <strong>deutschen</strong> Zivilrecht wohlbekannten Bösgläubigkeitsbegriff<br />

für die anstehende Interpretation gezogen werden 888 . Der Terminus der Bösgläubigkeit<br />

stellt demzufolge einen autonomen Begriff des <strong>Marken</strong>rechts dar 889 <strong>und</strong> muß unter<br />

diesem Blickwinkel ausgelegt werden. Die Bestrebungen die deutsche <strong>und</strong> die gemeinschaftsrechtliche<br />

Regelung konkrugent, ermöglicht vorliegend eine gemeinsame Betrachtung<br />

<strong>und</strong> Untersuchung beider Regeln <strong>und</strong> macht eine getrennte Darstellung nicht<br />

erforderlich.<br />

Die Auslegung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>s der bösgläubigen Anmeldung gestaltet sich<br />

besonders schwierig, da der Begriff der „Bösgläubigkeit“ ein unbestimmter <strong>und</strong><br />

indifferenter Rechtsbegriff ist <strong>und</strong> zudem dem Wortlaut dieses Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es kein<br />

konkreter Bezugspunkt für die Bösgläubigkeit entnommen werden kann 890 . Seine<br />

Interpretation bedarf daher der besonderen Beachtung der dem <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung innewohnenden Prinzipien <strong>und</strong> der Abwägung der<br />

tangierten Interessengruppen. Nicht zulässig ist es, <strong>mit</strong>tels der Interpretation ungewünschte<br />

rechtliche Folgen der modernen <strong>Marken</strong>rechte zu umgehen oder gar zu<br />

korrigieren, um so insbesondere auf der nationalen Ebene Ergebnisse im Bereich des<br />

traditionellen <strong>Marken</strong>verständnisses zu erlangen. Eine befriedigende Auslegung des<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>s der bösgläubigen Anmeldung kann angesichts des indifferenten<br />

Rechtsbegriffs der „Bösgläubigkeit“, letztendlich nur <strong>mit</strong> Hilfe von Fallbeispielen<br />

bewerkstelligt werden, um der Spannbreite dieses globalen Begriffes gerecht zu werden<br />

<strong>und</strong> auch eine annähernde Einzelfallgerechtigkeit zu gewinnen. Bevor versucht werden<br />

soll, eine solche Auslegung vorzunehmen, muß noch, zur Eingrenzung des Anwendungsbereichs<br />

des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>s der bösgläubigen Anmeldung, auf den kennzeichenrechtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>satz der Nachahmungsfreiheit eingegangen werden.<br />

2. Gr<strong>und</strong>satz der Nachahmungsfreiheit im <strong>Marken</strong>recht<br />

Der kennzeichenrechtliche Gr<strong>und</strong>satz der Nachahmungsfreiheit besagt, daß außerhalb<br />

der markenrechtlich geschützten Bereiche Kennzeichen nachgeahmt werden dürfen 891 .<br />

Danach ist es zunächst generell erlaubt, sich ein vorbenutztes Zeichen, das nicht als<br />

887 Dazu diesbezüglich schon unter B. V. 4..<br />

888 Wenngleich das BGB den Begriff der Bösgläubigkeit meidet <strong>und</strong> dafür „nicht im guten Glauben“ verwendet,<br />

aber letztendlich ist es üblich, beim Fehlen des guten Glaubens von Bösgläubigkeit zu sprechen, vgl. dazu Helm,<br />

GRUR 1996, 593, 594, <strong>mit</strong> ausführlicher Darstellung der einschlägigen Zivilnormen.<br />

889 Vgl. Helm, GRUR 1996, 593, 594; Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 50 Rn. 22<br />

890 In § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 51 Abs. 2 lit. b GemMVO heißt es wortgleich, daß die Marke für nichtig<br />

erklärt wird, „wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war“.<br />

891 Vgl. Baumbach/Hefermehl, UWG, § 1, Rn. 439, 495; Gloy/Jacobs/Hasselblatt, Hdb. WettbwerbsR, § 46 Rn. 58;<br />

Starck, DZWir 1996, 313, 316; st. Rspr.: BGH, GRUR 1961, 413 – Dolex; BGH, GRUR 1984, 210 –<br />

AROSTAR; OLG München, WRP 1996, 1056, 1057 – DOYUM, m. Anm. von Berlit, WiB 1996, 1128, 1129;<br />

OLG Karlsruhe, GRUR 1997, 373, 375; so schon RG, RGZ 132, 374 – Manon <strong>und</strong> RGZ 162, 347 -<br />

Lavendelwasserflasche.


157<br />

Marke entweder durch Eintragung oder Verkehrsgeltung 892 geschützt ist, auch selbst für<br />

gleiche oder gleichartige Produkte, für welche der Vorbenutzer das Zeichen verwendet,<br />

eintragen zu lassen, <strong>mit</strong> der Folge, daß der Vorbenutzer dieses Zeichens sich dann nicht<br />

gegen die Eintragung <strong>mit</strong> dem Einwand eines Vor- oder Weiterbenutzungsrechts wenden<br />

kann; die nicht geschützte Bezeichnung muß gr<strong>und</strong>sätzlich dem formalen Zeichenrecht<br />

weichen 893 . Der Gr<strong>und</strong>satz der Nachahmungsfreiheit umfaßt aber auch die prinzipielle<br />

Möglichkeit für einen Dritten, sich ein zwar bereits markenrechtlich für einen fremden<br />

<strong>Marken</strong>inhaber geschütztes Zeichenrecht identisch oder verwechslungsfähig eintragen zu<br />

lassen, wenn die erneute Eintragung den Schutzbereich des Vorbildzeichens nicht<br />

berührt 894 . Der Gr<strong>und</strong>satz der Nachahmungsfreiheit für <strong>Marken</strong>zeichen fängt folglich<br />

ebenda an, wo der Kennzeichenschutz endet. Mit der Einführung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>s<br />

der bösgläubigen Anmeldung wurde dieser, aus deutscher Sicht tradierte <strong>und</strong> für den<br />

wirtschaftlichen Fortschritt auch notwendige Gr<strong>und</strong>satz keinesfalls aufgehoben <strong>und</strong> auch<br />

nicht für die gemeinschaftliche Ebene versagt. Demzufolge kann die Anmeldung einer<br />

Nachahmung eines fremden, vorbenutzten <strong>Marken</strong>zeichens ihre Bösgläubigkeit gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

alleine noch nicht begründen.<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz der Nachahmungsfreiheit für eine Marke genießt aber selbstredend keine<br />

uneingeschränkte Geltung, vielmehr muß er sich vorbehaltlos in die allgemeinen, auch<br />

für ihn geltenden <strong>und</strong> ihm übergeordneten Prinzipien der Rechtsordnung einfügen, seine<br />

Grenzen <strong>und</strong> Einschränkungen findet er folglich zumindest in dem allgemeinen Rechtsgr<strong>und</strong>satz<br />

des Rechtsmißbrauchs, die allerdings zugleich unter Beachtung der Schutzbereichsgrenzen<br />

der Zeichengesetze vorzunehmen sind, um diese nicht über die Hintertür<br />

ad absurdum zu führen.<br />

3. Einschränkungen des Gr<strong>und</strong>satzes der Nachahmungsfreiheit<br />

Die Grenzen des Gr<strong>und</strong>satzes der Nachahmungsfreiheit wurden vor der Reform des<br />

<strong>Marken</strong>gesetzes von den <strong>deutschen</strong> Gerichten in ständiger Rechtsprechung allein anhand<br />

des allgemeinen Rechtsmißbrauchsgedankens, der auch im Zeichenrecht gilt, herausgearbeitet.<br />

Bezogen auf das Zeichenrecht handelte danach rechtsmißbräuchlich, wer sein<br />

formales <strong>Marken</strong>recht, ohne sachlich gerechtfertigten Gr<strong>und</strong> zur Erreichung eines<br />

verwerflichen Zwecks, anmeldete <strong>und</strong> ausnutzte 895 . Der Einwand eines solchen<br />

Rechtsmißbrauchs fand seine rechtliche Gr<strong>und</strong>lage einmal in § 1 UWG, wenn ein Wettbewerbsverhältnis<br />

hinsichtlich eines Mitbewerbers vorlag 896 oder sofern ein Wettbewerbsverhältnis<br />

nicht bejaht werden konnte, in § 826 BGB 897 . Die meisten gerichtlichen<br />

892 <strong>Marken</strong>schutz durch Verkehrsgeltung ist nach dem <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz möglich, § 4 Nr. 2 <strong>Marken</strong>G; die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung kennt nur den <strong>Marken</strong>schutz kraft Eintragung.<br />

893 Vgl. OLG Karlsruhe, GRUR 1997, 373, 374; OLG München, WRP 1996, 1056, 1057<br />

894 Vgl. dazu §§ 9 Abs. 1, 14 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G, Art. 8 Abs. 1 <strong>und</strong> Art. 9 Abs. 1 GemMVO<br />

895 Jordan, Festschrift für Piper, S. 563, 565; Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 46; Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 50 Rn.<br />

23 <strong>mit</strong> vielen Rechtsprechungsnachweisen; a.A. Emmerich, 2. Kap. § 9 8. B); Nordemann, Tz. 409, für sie stellt<br />

dies die Schaffung nicht zu rechtfertigender zusätzlicher Ausschließlichkeitsrechte dar.<br />

896 Deutsch, Festschrift für Gaedertz, S. 99, 106 ff präferierte angesichts der Problematik <strong>mit</strong> dem Tatbestandsmerkmal<br />

des Wettbewerbsverhältnisses § 823 BGB als alleinige <strong>und</strong> umfassende Rechtsgr<strong>und</strong>lage für den<br />

außerkennzeichenrechtlichen Schutz<br />

897 Einen historischen Überblick über die angewandten Anspruchsgr<strong>und</strong>lagen auf entsprechende Vorbenutzungssachverhalte<br />

gibt Klaka, Festschrift für Gamm, 1990, S. 271, 274 ff.


158<br />

Entscheidungen wurden auf die Rechtsgr<strong>und</strong>lage des § 1 UWG gestützt, denn im Laufe<br />

der Zeit wurde das Erfordernis des konkreten Wettbewerbsverhältnisses zwischen zwei<br />

Unternehmen vom BGH immer großzügiger gehandhabt, daß letztendlich zur Bejahung<br />

dieser Tatbestandsvoraussetzung die bloß objektiv bestehende Möglichkeit einer Lizenzierung<br />

der tangierten Marke als ausreichend angesehen wurde 898 . Diese Tendenz bewirkte,<br />

daß das Schrifttum den Rechtsmißbrauch eines formal geschützten <strong>Marken</strong>rechts<br />

vornehmlich aus dem Blickwinkel des Wettbewerbsrechts diskutierte, <strong>mit</strong> der Folge, daß<br />

der außerkennzeichenrechtliche Schutz oftmals <strong>mit</strong> dem wettbewerbsrechtlichen vom<br />

Schrifttum identisch gesetzt wurde. Die Konzentration auf das Wettbewerbsrecht <strong>und</strong><br />

da<strong>mit</strong> die Vernachlässigung der alternativen Rechtsgr<strong>und</strong>lage des Rechtsmißbrauchseinwandes<br />

von § 826 BGB, dessen Tatbestand im übrigen weitgehend <strong>mit</strong> § 1 UWG<br />

übereinstimmt, ist nicht nur als Reaktion auf die höchstrichterlichen Entscheidungen<br />

verständlich, sondern auch naheliegend, da die einschlägigen Problemfälle zumeist Sachverhalte<br />

im tatsächlichen wirtschaftlichen Wettbewerb darstellten.<br />

Zur Konkretisierung des globalen <strong>und</strong> unbestimmten Einwands des Rechtsmißbrauchs<br />

eines formal geschützten <strong>Marken</strong>rechts wurden die Entscheidungen der Rechtsprechung<br />

in Fallgruppen von der Literatur klassifiziert, die im Folgenden kursorisch dargestellt<br />

werden. Entsprechend der hier untersuchten Thematik berücksichtigt diese Darstellung<br />

ausschließlich die Nachahmung fremder Kennzeichen zur Anmeldung <strong>und</strong> vernachlässigt<br />

die Nachahmung im Sinne der Verwertbarkeit des fremden Kennzeichens in der<br />

Werbung.<br />

a) Ausbeutung des guten Rufs<br />

Die Nachahmung eines fremden <strong>Marken</strong>rechts wurde in dieser Systemkategorie als<br />

rechtswidrig einmal angesehen, wenn der Verkehr <strong>mit</strong> dem i<strong>mit</strong>ierten Zeichen über die<br />

betriebliche Herkunft eines Produkts, <strong>mit</strong> der er eine besondere Gütevorstellung verband,<br />

irregeführt wurde <strong>und</strong> diese Täuschung vermieden hätte werden können 899 . Das Vorbildzeichen<br />

mußte nicht eine berühmte Marke sein 900 , ausreichend war, wenn das Zeichen<br />

innerhalb der beteiligten Verkehrskreise einen gewissen Grad von Bekanntheit erlangt<br />

898 So in BGH, GRUR 1994, 808 – <strong>Marken</strong>verunglimpfung I <strong>und</strong> BGH, GRUR 1995, 57 – <strong>Marken</strong>verunglimpfung<br />

II, Schultze/Schwenn, WRP 1997, 536, 539, verwenden bezeichnenderweise den Ausdruck „Verwertungswettbewerb“;<br />

zu der Entwicklung der Auslegung des konkreten Wettbewerbsverhältnisses im einzelnen siehe<br />

Nägele, WRP 1996, 997, 999 ff. Die Ausweitung dieses Tatbestandsmerkmals wurde in der Literatur heftig<br />

kritisiert, so beispielsweise Mergel, GRUR 1986, 646, 649 ff; Kroitzsch, GRUR 1986, 579, 581ff; Grunewald,<br />

NJW 1987, 105, 106 f; dagegen Sack, Festschrift für v. Gamm, 1990, 161 ff 181, <strong>mit</strong> seiner extremen Ansicht,<br />

daß für einen umfassenden Schutz der Lauterkeit des Wettbewerbs nicht ein irgendwie geartetes Wettbewerbsverhältnis<br />

zu fordern, sondern vielmehr auf den Schutzzweck von § 1 UWG abzustellen sei; für die weite<br />

Auslegung auch Bork, GRUR 1989, 725, 731.<br />

899 RG, GRUR 1939, 627 – eloxieren-aloxieren; BGH, GRUR 1963, 423, 429 – coffeinfrei; BGH, GRUR 1966, 30,<br />

33 – Konservenzeichen I m. Anm. von Heydt; BGH, GRUR 1985, 550, 552 f – Dimple; BGH, GRUR 1991, 465,<br />

466 – Salomon, m. Anm. von Rohnke; BGH, MD 1994, 511, 518<br />

900 Die berühmte Marke wurde unabhängig von Schutz der bekannten Marke vor der Rufausbeutung gegen ihre<br />

Verwässerung geschützt, Anspruchsgr<strong>und</strong>lage war § 823 BGB, entgegen dem Rufausbeutungsschutz reicht beim<br />

Verwässerungsschutz schon die bloße Benutzung des berühmten Vorbildzeichens, <strong>und</strong> es bedarf keiner weiteren<br />

besonderen wettbewerblichen Umstände; aus diesem Gr<strong>und</strong>e ist der Verwässerungsschutz keine Fallgruppe zum<br />

Einwand des Rechtsmißbrauchs im engeren Sinne, zum Verwässerungsschutz ausführlicher, Ernst-Moll GRUR<br />

1993, 8 ff, Loewenheim, MA 1991, 238 ff; Bork, GRUR 1989, 725 ff.


159<br />

hatte 901 . Entscheidend war hier die Bejahung eines Imagetransfers, die von der Art der<br />

unter dem Vorbildzeichen vertriebenen Produkte, deren Qualität <strong>und</strong> Prestige einerseits<br />

<strong>und</strong> von den <strong>mit</strong> dem Nachbild zu kennzeichenden beabsichtigten Waren oder Dienstleistungen<br />

andererseits abhängig war 902 . Das zwar gerade <strong>und</strong> auch nach h.M. ausschließlich<br />

die Herkunftsfunktion schützende Warenzeichengesetz konnte in diesem Fall<br />

selbst eingetragenen <strong>Marken</strong> nicht weiterhelfen, denn wenn das Zeichen für andere Produktgruppen<br />

als sein Vorbild eingetragen war, bestand aufgr<strong>und</strong> des von der Rechtsprechung<br />

verlangten starren Erfordernisses der Gleichartigkeit der Produkte für die Verwechslungsgefahr<br />

kein entsprechendes relatives Eintragungshindernis, selbst dann nicht,<br />

wenn dem Zeichen große Bekanntheit <strong>und</strong> ein besonderer Ruf zukam 903 . Die Nachahmung<br />

wurde zum anderen als rechtswidrige Rufausbeutung auch dann angesehen,<br />

wenn sie zwar keine Herkunftstäuschung selbst auslöste, wenn sie sich aber gezielt an<br />

die Vorgabe des bekannten fremden Zeichenrechts anlehnte <strong>und</strong> besondere Umstände<br />

festgestellt werden konnten, die die Verwerflichkeit der Anlehnung rechtfertigten 904 .<br />

Den Fällen der Ausnutzung des Rufs eines Vorbildkennzeichens war da<strong>mit</strong> wesentlich,<br />

daß der gute Ruf eines Vorbildzeichen durch die Nachahmung in seinem Prestigewert<br />

beeinträchtigt wurde, indessen eine solche Beeinträchtigung nur möglich war, wenn der<br />

gewisse Ruf auch Werbewirkung auf das i<strong>mit</strong>ierte Zeichen ausstrahlte 905 . Sofern dies<br />

gegeben war, nutzte der Nachahmer das Prestige <strong>und</strong> den Bekanntheitsgrad des Vorbildzeichens<br />

unberechtigt aus, indem er sich den für die Erzielung des guten Rufs notwendigen<br />

intensiven zeitlichen <strong>und</strong> vorallem finanziellen Einsatz 906 , den der Vorbenutzer<br />

aufgebracht hatte, ersparte 907 .<br />

901 Die Begriffe der Bekanntheit <strong>und</strong> des guten Rufs wurden von der Rechtsprechung meist synonym verwandt, die<br />

Dimple-Entscheidung, GRUR 1985, 550, 552, hat die Relation der beiden Begriffe dahingehend konkretisiert, daß<br />

der Bekanntheitsgrad nicht unbedingt entscheidend sei; letztendlich setzt der gute Ruf eine gewisse Bekanntheit<br />

im Verkehr voraus, erschöpft sich aber nicht in ihr, vgl. Schweer, S. 113, Rohnke, GRUR 1991, 284, 286 f.<br />

902 Dazu ausführlicher Schultze/Schwenn, WRP 1997, 536, 537.<br />

903 Siehe dazu Keller, S. 14; Fezer, Festschrift GRUR Bd. II, S. 939, 953<br />

904 So beispielsweise in den Fällen von <strong>Marken</strong>diskriminierung durch Scherzartikel <strong>und</strong> daraus resultierenden<br />

Beeinträchtigung des Werbewerts, vgl. BGH, NJW 1995, 871, 872 – <strong>Marken</strong>verunglimpfung II; BGH, GRUR<br />

1994, 732, 734 – Mc Laren m.w.N.; entgegengesetzt noch BGH, GRUR 1986, 759 – BMW, indem er den<br />

Schwerpunkt auf die Verzerrung des Vorbildzeichens legte <strong>und</strong> nicht die Werbekraft des Vorbildzeichens als<br />

getrübt ansah, dagegen zu Recht Bollack/Friehe, GRUR 1986, 762; Ruijsenaars, GRUR Int. 1988, 385, 391; Kur,<br />

GRUR 1990, 1, 5. Die Rechtsprechung sah die Anlehnung als solche berechtigerweise nicht direkt als<br />

rechtsmißbräuchlich an, da sonst die damals gesetzten Grenzen des Tatbestands der Verwechslungsgefahr unterlaufen<br />

würden; zudem ist die Inspiration durch bereits Geschaffenes, so auch durch vorhandene Kennzeichen, nur<br />

etwas Natürliches <strong>und</strong> kann alleine noch nicht verwerflich sein, dazu Fezer, Festschrift GRUR Bd. II, S. 939<br />

treffend: “Die Idee des Fortschritts ist Innovation <strong>und</strong> I<strong>mit</strong>ation zu gleichen Stücken eigen“.<br />

905 Die Ausstrahlung wurde bejaht, wenn der Inhaber des Vorbildzeichens seine Marke auch für Warengebiete des<br />

Nachahmers wirtschaftlich hätte verwerten können, vgl. BGH, GRUR 1991, 465, 466 – Salomon; BGH, GRUR<br />

1985, 550, 552 – Dimple; BGH, GRUR 1985, 876, 878 - Rolex .<br />

906 Insbesondere wurden so die immensen Kosten für die Einführungswerbung umgangen, vgl. dazu ausführlicher<br />

Schaeffer, GRUR 1988, 509, 513.<br />

907 Kritisch gegenüber dieser Sichtweise, Sambuc, GRUR 1983, 533, 538, er richtet den Blick auf den Vorbenutzer<br />

<strong>und</strong> nicht auf den Nachahmer <strong>mit</strong> der Folge, daß für ihn so manche sanktionierte Nachahmung für den<br />

Vorbenutzer den zeichenrechtlich unzulässigen Schutz der Alleinstellung seines <strong>Marken</strong>zeichens bringt, ferner<br />

untergräbt seiner Ansicht nach die Anerkennung diese Fallgruppe den Schutz gegen die Verwässerungsgefahr.<br />

Diese Ansicht verkennt aber den materiellen Wert für den Vorbenutzer <strong>und</strong> seine finanziellen Aufwendungen zur<br />

Erreichung dieses Werbewerts des Zeichens. Ausführlich zu dieser Fallgruppe, vgl. Schaeffer, GRUR 1988, 509<br />

ff.


160<br />

b) Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes<br />

Innerhalb dieser Fallgruppe wurde die Nachahmung eines fremden <strong>Marken</strong>zeichens dann<br />

als rechtsmißbräuchlich angesehen, wenn <strong>mit</strong>tels seiner eingetragenen Marke der Nachahmer<br />

ohne sachlich gerechtfertigten Gr<strong>und</strong> beabsichtigte, dem Vorbenutzer die weitere<br />

Benutzung seines für ihn nicht eingetragenen Vorbildzeichens, an dem er aber bereits<br />

einen schutzwürdigen Besitzstand erworben hatte, zu erschweren oder zu stören 908 . Ein<br />

schutzwürdiger Besitzstand des Vorbenutzers wurde dann angenommen, wenn er das<br />

Zeichen länger andauernd ohne rechtliche Einwände benutzt <strong>und</strong> dadurch eine<br />

wirtschaftlich bedeutsame Position im Wettbewerb erreicht hatte, die für ihn einen<br />

gewissen Marktwert verkörperte <strong>und</strong> ihm nicht ohne merklichen Verlust entzogen<br />

werden konnte 909 . Die Kenntnis der Vorbenutzung allein war noch nicht ausreichend für<br />

den Rechtsmißbrauchseinwand, hinzukommen mußte noch die Behinderungsabsicht<br />

seitens des Nachahmers gegenüber dem Vorbenutzer, die allerdings nicht alleiniges<br />

Motiv für die Nachahmung sein mußte, sondern auch ein lediglich wesentliches sein<br />

konnte 910 .<br />

Die Nachahmung eines im Ausland benutzten Kennzeichens konnte auch in den Bereich<br />

dieser Systemeinheit fallen, wenn der im Inland bestehende schutzwürdige Besitzstand<br />

des ausländischen Kennzeichens gestört werden sollte 911 . Wenn dagegen eine ausländische<br />

Marke nur im Ausland <strong>und</strong> noch nicht im Inland benutzt wurde, ihre<br />

Benutzung aber im Inland bevorstand <strong>und</strong> durch das Nachahmungszeichen verhindert<br />

werden sollte, wurde, vorausgesetzt es handelte sich um eine Marke <strong>mit</strong> Weltgeltung, ihr<br />

Werbewert auch als schützenswerter Besitzstand angesehen 912 .<br />

c) Erschwernis des Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsverhaltens<br />

Entgegen der gerade dargestellten Fallgruppe hat die Rechtsprechung aber auch schon<br />

frühzeitig Fälle der Nachahmung eines fremden <strong>Marken</strong>zeichens als rechtsmißbräuchlich<br />

angesehen, wenn an dem Vorbildzeichen noch kein schutzwürdiger Besitzstand erlangt<br />

wurde, entscheidend <strong>und</strong> ausreichend für die mißbräuchliche Qualifizierung war allein,<br />

daß der Nachahmer <strong>mit</strong> seiner <strong>Marken</strong>anmeldung vorwiegend den Zweck verfolgte, den<br />

908 BGH, GRUR 1967, 490, 492 – Pudelzeichen; BGH, GRUR 1995, 117, 121 – NEUTREX; OLG München, WRP<br />

1996, 1056, 1058; die erstmalig als Nachahmungszeichen qualifizierte Eintragung kann ausnahmsweise doch<br />

durch Wahrung bestehender Rechte des Anmelders gegenüber dem Vorbenutzer gerechtfertigt sein, vgl. BGH,<br />

GRUR 1984, 210, 211 - AROSTAR<br />

909 BGH, GRUR 1957, 25, 28 - Hausbücherei<br />

910 BGH, GRUR Int. 1980, 173, 174- Martin; BGH, GRUR 1987, 292, 294; BGH, GRUR 1986, 74, 76 – Shamrock<br />

III; KG, WRP 1995, 727, 729 – Analgin<br />

911 BGH, GRUR 1967, 298, 301 – Modess; BGH, GRUR 1966, 427, 431 – Prince Albert; OLG Hamburg, GRUR<br />

1995, 816, 817 – Xtension, m. Anm. von Berlit, WiB 1996, 227; generell kann das Bestehen eines ausländischen<br />

Kennzeichens nicht die inländische Anmeldung <strong>und</strong> Eintragung eines Zeichens verhindern, sonst würde nämlich<br />

das System des internationalen Zeichenschutzes <strong>mit</strong> seiner territorialen Begrenzung unterlaufen <strong>und</strong> auf eine<br />

supraterritoriale Erstreckung des einzelnen Zeichenschutzes hinauslaufen, so schon BGH, GRUR 1969, 607, 609;<br />

Ausnahme hier die Gemeinschaftsmarke, deren Eintragung die nationalen <strong>Marken</strong> der Mitgliedstaaten<br />

entgegenstehen können, Art. 4 Abs. 2 lit. a, ii) GemMVO .<br />

912 Vgl. BGH, GRUR 1967, 298, 301 – Modess, BGH sah in dem hier eigentlich naheliegenden Art. 6 bis PVÜ<br />

keine Anspruchsgr<strong>und</strong>lage, da er das Nortorietätserfordernis im Inland erst bei einem Bekanntheitsgrad, der über<br />

das üblicherweise für die Erlangung von Verkehrsgeltung geforderte Maß deutlich hinausging, als erfüllt ansah;<br />

kritisch dieser Auffassung gegenüber, Kur, GRUR 1994, 330, 336 f; OLG Hamburg, GRUR 1995, 816, 817 –<br />

Xtension.


161<br />

Vorbenutzer an dem weiteren oder zukünftigen Gebrauch seines Zeichens zu behindern<br />

<strong>und</strong> da<strong>mit</strong> seinen formalen zeichenrechtlichen Schutz zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfs<br />

einsetzen wollte 913 . Indem der schutzwürdige Besitzstand nicht unbedingt<br />

als unerläßliche Voraussetzung des Rechtsmißbrauchseinwands angesehen wurde, wurde<br />

der weiten Formation des Rechtsgr<strong>und</strong>satzes des Rechtsmißbrauchs entsprochen <strong>und</strong><br />

ermöglichte die Umstände des Einzelfalls <strong>und</strong> die tangierten Interessen angemessen<br />

abzuwägen 914 .<br />

Diese Systemgruppe fand auch auf Nachahmungen ausländischer Kennzeichen Anwendung,<br />

entscheidend war auch hier die zu mißbilligende <strong>und</strong> dem Zeichengesetz zuwiderlaufende<br />

Zielsetzung der planmäßigen Absatzbehinderung hinsichtlich der inländischen<br />

Vorbildzeichenverwendung; eine derartige Behinderungsabsicht wurde in dem Bestreben<br />

des Nachahmers gesehen, den ausländischen Vorbenutzer zu zwingen, nur den Nachahmer<br />

zu beliefern oder ihm eine Lizenz zu erteilen 915 .<br />

Eine solche, dem Gr<strong>und</strong>gedanken des Zeichenrechts fremde <strong>und</strong> widersprechende Zielsetzung<br />

konnte nicht nur in der Anmeldung <strong>und</strong> Eintragung eines nachgeahmten Vorbildmarkenzeichens<br />

liegen, sondern auch in dem intendierten Erwerb einer eingetragenen<br />

Marke, um auf diesem Weg die Behinderung eines Konkurrenten zu erreichen 916 .<br />

Eine ursprünglich zeichenrechtlich zweckbestimmte <strong>und</strong> ordnungsgemäß eingetragene<br />

Marke konnte da<strong>mit</strong> auch zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt<br />

werden <strong>und</strong> verdiente durch Mißbrauch einer formalrechtlichen Gestaltungsmöglichkeit<br />

dann keinen markenrechtlichen Schutz mehr 917 .<br />

Ein Vorwurf des Mißbrauch einer formalrechtlichen Gestaltungsmöglichkeit konnte<br />

dagegen nicht erhoben werden, wenn auch erst nach langem Ablauf der Benutzungsschonfrist<br />

die Benutzung ohne vorherige Löschungsandrohung aufgenommen wurde, um<br />

dadurch die Löschungsreife durch Heilung zu beseitigen; die eventuell <strong>mit</strong> der Benutzungsaufnahme<br />

verb<strong>und</strong>ene Nebenabsicht, den Konkurrenten dadurch zu beeinträchtigen,<br />

war unschädlich, da die unter Umständen tatsächlich eintretende Behinderung der<br />

Konkurrenz lediglich als rechtmäßige Folge der Prioritätserhaltung angesehen wurde 918 .<br />

4. Verfahrensrechtliche Aspekte hinsichtlich der Einschränkung des Gr<strong>und</strong>satzes der<br />

Nachahmungsfreiheit<br />

Das Vorliegen des Rechtsmißbrauchs eines formal geschützten <strong>Marken</strong>rechts nach der<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lage des § 1 UWG bzw. § 826 BGB war im gerichtlichen Streitverfahren<br />

von Amts wegen zu berücksichtigen 919 . Die verfahrensrechtlichen Auswirkungen bei<br />

913<br />

BGH, WRP 1995, 96, 101 – NEUTREX; BGH, GRUR 1967, 304, 305 – Siroset; vgl. auch<br />

Baumbach/Hefermehl, WZG, Einl. Rn. 50 ff.<br />

914 Vgl. OLG Hamburg, GRUR 1995, 816, 817 – Xtension; OLG Hamburg, GRUR 1990, 53, 54 – Burggraf/Mury<br />

915 BGH, GRUR 1967, 304, 306 – Siroset; BGH, GRUR 1969, 607, 609 – Recrin; BGH, GRUR 1970, 528, 530 –<br />

Migrol; BGH, GRUR 1980, 110, 111 – TORCH; BGH, GRUR Int. 1980, 173, 174 - Martinso auch OLG<br />

Karlsruhe, GRUR 1997, 373, 374 – NeutralRed.<br />

916 Vgl. BGH, WPR 1995, 96, 101 - NEUTREX<br />

917 Vgl. dazu Kiethe/Groschke, WRP 1997, 269, 270.<br />

918 Vgl. BGH, GRUR 1985, 926, 928 - topfitz/topfit; in diesem Fall ist dann aber die Ernsthaftigkeit der Benutzung<br />

genau zu prüfen.<br />

919 Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 50 Rn. 23


162<br />

Bejahung des Rechtsmißbrauchs hingen von den Umständen des Einzelfalls ab. Sofern<br />

bereits die Anmeldung des vorbenutzten Zeichens als rechtsmißbräuchlich anzusehen<br />

war, bestand ein Löschungsanspruch für den Vorbenutzer, wenn aber nur die Geltendmachung<br />

der formalen Rechte aus der Anmeldung als rechtsmißbräuchlich gewertet<br />

wurden, wurde nur eine exceptio doli gegenüber dem Vorgehen aus dem Zeichen<br />

zugunsten des Vorbenutzers gewährt 920 .<br />

Eine zeitliche Begrenzung hinsichtlich der Geltendmachung der aufgeführten Fallgruppen<br />

bestand nicht <strong>und</strong> wurde auch nicht von der Rechtsprechung gefordert, da der<br />

Zeichenschutz im Gegensatz zu den anderen Immaterialgüterrechten, letztendlich durch<br />

die immerwiederkehrende Verlängerungsmöglichkeit benutzter <strong>Marken</strong> nicht befristet ist<br />

<strong>und</strong> die Schutzvoraussetzungen der Fallgruppen bereits wesensimmanente zeitliche<br />

Grenzen beinhalten, <strong>mit</strong> anderen Worten können die Fallgruppen solange geltend<br />

gemacht werden, wie ihre Voraussetzungen gegeben sind 921 .<br />

An die aus der Natur der Sache heraus schwierige Nachweisbarkeit der subjektiven Voraussetzung<br />

der Behinderungsabsicht wurden berechtigterweise nicht zu strenge <strong>und</strong><br />

überspitzte Anforderungen gestellt. Unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung wurde<br />

bei positiver Kenntnis des Nachahmers von der Benutzung oder der Benutzungsabsicht<br />

des Vorbildzeichens <strong>und</strong> einem bestehenden Wettbewerbsverhältnis zwischen Nachahmer<br />

<strong>und</strong> Vorbenutzer von dem Vorliegen einer Behinderungsabsicht ausgegangen,<br />

sofern gestalterische Ausweichmöglichkeiten, bezogen auf das i<strong>mit</strong>ierte Zeichen, für den<br />

Nachahmer bestanden 922 <strong>und</strong> ein zeichenrechtlicher Rechtfertigungsgr<strong>und</strong> für die<br />

behindernde Eintragung nicht gegeben war 923 . Ein weiteres offenk<strong>und</strong>iges Indiz für eine<br />

Behinderungsabsicht wurde in der Existenz zahlreicher nachgeahmter <strong>Marken</strong>anmeldungen<br />

<strong>und</strong> –eintragungen dritter Vorbenutzer zugunsten des Nachahmers gesehen<br />

924 . Letzten Endes wurde der Beweis der Behinderungsabsicht praxisnah dem<br />

gesamten sich objektiv darbietenden Sachverhalt entnommen 925<br />

5. Die Einschränkung des Gr<strong>und</strong>satzes der Nachahmungsfreiheit summarisch betrachtet<br />

Die systematische Gliederung in die aufgezeigten Fallgruppen beruht auf keiner dogmatischen<br />

Methode, sie ist nur ein geeigneter Versuch, die Vielzahl der verschiedenen<br />

Sachverhalte in der Rechtsprechung zu veranschaulichen <strong>und</strong> greifbar zu machen <strong>und</strong><br />

auf diese Weise eine pragmatische Ordnung in die Mannigfaltigkeit der möglichen<br />

920 Siehe BGH, GRUR 1984, 210, 211 - AROSTAR<br />

921 Dazu Erdmann, Festschrift für Vieregge, S. 197, 213 <strong>mit</strong> beispielsweise dem berechtigten Hinweis, daß der gute<br />

Ruf einer Marke nicht <strong>mit</strong> einer einmaligen Investition beständig begründet <strong>und</strong> aufrechterhalten werden kann, es<br />

dafür vielmehr immer wieder neuer Investitionen bedarf, vgl. auch Kur, GRUR 1991, 1, 12 f.<br />

922 Nicht erforderlich hier die Möglichkeit einer völlig anderen Gestaltung, vgl. OLG München, GRUR 1993, 915,<br />

917 – Verbandsmarke.<br />

923 BGH, GRUR 1986, 74, 77 – Shamrock III; OLG München, WRP 1996, 1056, 1058 f; Kiethe/Groeschke, WRP<br />

1997, 269, 272 empfehlen daher den betroffenen Vorbenutzer dem Nachahmer <strong>mit</strong> einer außergerichtlichen<br />

Abmahnung von der Beanstandung der Kennzeichennähe in Kenntnis zu setzen <strong>und</strong> deutlich die möglichen<br />

Gestaltung- <strong>und</strong> Ausweichmöglichkeiten aufzuzeigen.<br />

924 BGH, GRUR 1980, 110, 112 - TORCH<br />

925 So auch Gaedertz in Anm. zu Shamrock III, GRUR 1986, 78, 79, skeptisch gegenüber der Nachweisbarkeit der<br />

Behinderungsabsicht dagegen Tilmann, ZHR 158 (1994), 371, 388.


163<br />

Rechtsmißbrauchsfälle zu bringen 926 . Zugleich darf aber auch nicht übersehen werden,<br />

daß ein Sachverhalt verschiedene Fallgruppen gleichzeitig tangieren kann 927 . Die<br />

Rechtspraxis erhält dadurch einen gewissen Orientierungsmaßstab für die Bewertung<br />

einschlägiger Sachverhalte, obschon diesen Anhaltspunkten keine Vollständigkeit zukommen<br />

kann <strong>und</strong> das rechtliche Ergebnis letztendlich immer eine, nach umfassender<br />

Gesamtwürdigung aller konkreten Umstände berücksichtigende, Einzelfallentscheidung<br />

ist.<br />

Insgesamt betrachtet wurde der Gr<strong>und</strong>satz der Nachahmungsfreiheit von der Rechtsprechung<br />

erheblich eingegrenzt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> der Kennzeichenschutz <strong>mit</strong>tels außerkennzeichenrechtlicher<br />

Normen großzügig ergänzt. Mit der Schutzgewährung für vorbenutzte,<br />

aber nicht eingetragene <strong>und</strong> zudem noch unterhalb des Bekanntheitsgrades der<br />

Verkehrsgeltung liegende inländische oder ausländische Zeichen hat die Rechtsprechung<br />

nicht nur den Kennzeichenschutz erheblich ausgedehnt, sondern zugleich auch über<br />

Gr<strong>und</strong>sätze des Zeichenrechts, dem damals geltenden Warenzeichenrecht immanent,<br />

Prioritätsvorrang <strong>und</strong> Territorialprinzip, hinweggesehen. Eine Aushöhlung des sondergesetzlichen<br />

Zeichenschutzes bedeutete dies aber nicht, da für die Bewilligung des<br />

außerkennzeichenrechtlichen Schutzes stets eine wettbewerblich unlautere Vorgehensweise<br />

seitens des Nachahmers vorausgesetzt wurde <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> der wettbewerbsrechtliche<br />

Gesichtspunkt im Vordergr<strong>und</strong> stand, den aber gerade das damalige Warenzeichengesetz<br />

hingegen vollständig vernachlässigte. Der ergänzende Kennzeichenschutz war da<strong>mit</strong> ein<br />

geeignetes Korrektiv für das traditionelle Warenzeichengesetz, das im Laufe der Zeit<br />

Rechtslücken hinsichtlich des tatsächlichen Geschehens im wirtschaftlichen<br />

Zeichenwesens aufwies, unter ausgleichender Beachtung der Interessen der <strong>Marken</strong>inhaber<br />

an dem Werbewert ihrer Kennzeichen <strong>und</strong> den Interessen der Neuanmelder an<br />

dem unproblematischen Zugang zum <strong>Marken</strong>schutz <strong>und</strong> Wahrung des wettbewerbsrechtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>satzes, nachdem ein Unternehmer seine Besitzstände im Wettbewerb<br />

<strong>mit</strong> den Mitteln des Wettbewerbs zu erhalten <strong>und</strong> zu verteidigen hat 928 .<br />

6. Die Auslegung der Nichtigkeitgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung<br />

Es ist davon auszugehen, daß <strong>mit</strong> dem Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung<br />

sowohl im <strong>Marken</strong>gesetz wie auch in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung der<br />

allgemeine Rechtsmißbrauchsgedanke bezogen auf die Marke <strong>und</strong> die Gemeinschaftsmarke<br />

rechtlich verankert werden sollte. Diesen Ausgangspunkt bestätigt die Begründung<br />

zum <strong>Marken</strong>gesetz, indem sie explizit darauf hinweist, daß anstelle des Begriffs<br />

der Bösgläubigkeit, der aus bereits dargelegten Gründen aus der Richtlinie übernommen<br />

wurde 929 , auch die Formulierung „sittenwidrige“ oder „rechtsmißbräuchliche“<br />

Anmeldung hätte gewählt werden können 930 . Den zu der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

veröffentlichten Materialien <strong>und</strong> Stellungnahmen ist nichts entsprechendes zu<br />

926<br />

Ebenso Mayer-Maly, AcP 194, 1994, 105, 132 ff; a.A. <strong>mit</strong> gr<strong>und</strong>sätzlicher Kritik gegenüber der<br />

Fallgruppenbildung Weber, AcP 192, 1992, 516, 535 ff.<br />

927 Vgl. Sack, GRUR 1995, 81, 82<br />

928 Vgl. Bork, GRUR 1989, 725, 731<br />

929 Siehe unter F. II.1<br />

930 BT-Drucks. 12/6581, S. 96


164<br />

entnehmen, allerdings enthalten sie diesbezüglich auch keine gegenteilige oder andersgerichtete<br />

Aussage, die den Ausgangspunkt widerlegen würde.<br />

Mit der rechtlichen Verankerung des allgemeinen Rechtsmißbrauchsgedankens im<br />

<strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung wurde der Gr<strong>und</strong>satz der<br />

Nachahmungsfreiheit nicht aufgegeben, da weder das <strong>Marken</strong>gesetz noch die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

lediglich vorbenutzten Zeichen zeichenrechtlichen Schutz<br />

gewähren.<br />

Dementsprechend kann der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung allgemein<br />

dahingehend ausgelegt werden, daß ein Anmelder bei der Anmeldung einer Marke bzw.<br />

einer Gemeinschaftsmarke dann bösgläubig ist, wenn er die <strong>Marken</strong>eintragung nach § 4<br />

Nr. 1 <strong>Marken</strong>G bzw. Art. 4 GemMVO in der Absicht eines verwerflichen Zwecks <strong>und</strong><br />

ohne sachlich gerechtfertigten Gr<strong>und</strong> erreicht 931 . Mit dieser allgemeinen Definition ist<br />

selbstredend noch keine umfassende <strong>und</strong> befriedigende Aussage für die Auslegung des<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung getroffen.<br />

Die bislang wenigen ergangenen den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung<br />

tangierenden Entscheidungen 932 können noch keine befriedigende Antwort auf die<br />

Auslegungsfrage hinsichtlich des indifferenten Rechtsbegriffs der bösgläubigen Anmeldung<br />

geben. Anhand dieser Entscheidungen lassen sich auch noch keine konkreten Fallgruppen<br />

für den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung ableiten.<br />

Vorliegend soll nun ein Standard für die Handhabung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der<br />

bösgläubigen Anmeldung durch Formierung von theoretischen Fallgruppen herausgearbeitet<br />

werden. Es sind verschiedene Fallgruppen denkbar 933 .<br />

Auch die Übertragung der zur Zeit des Warenzeichengesetzes herausgebildeten <strong>und</strong> oben<br />

bereits aufgezeigten Fallgruppen 934 für den Rechtsmißbrauch eines eingetragenen<br />

Zeichens anhand des ergänzenden Kennzeichenschutzes wäre vorstellbar 935 . Dieser<br />

Überle-gungsansatz ist, anläßlich der Feststellung, daß die Rechtsmißbrauchsfälle über<br />

den ergänzenden Kennzeichenschutz als Korrektiv des damals geltenden traditionellen<br />

Warenzeichengesetzes hinsichtlich des zwischenzeitlich tatsächlichen Wettbewerbsgeschehens<br />

<strong>und</strong> der da<strong>mit</strong> verb<strong>und</strong>enen Notwendigkeit der Schließung einiger Rechtslücken<br />

im <strong>Marken</strong>schutz anzusehen sind <strong>und</strong> dem Bestreben des gegenwärtigen <strong>Marken</strong>gesetzes<br />

<strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung als moderne Zeichengesetze, die<br />

Vielfalt des tatsächlichen Wettbewerbsgesehens im Zusammenhang <strong>mit</strong> einer Marke<br />

umfassend einheitlich <strong>und</strong> zentral zu regeln, naheliegend. Zudem negiert <strong>und</strong> übersieht<br />

dieser Ansatz auch nicht die Bestrebungen, den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen<br />

Anmeldung nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>mit</strong> dem wortgleichen des<br />

<strong>Marken</strong>gesetzes im Gleichklang auszulegen <strong>und</strong> ist da<strong>mit</strong> kein Versuch, die deutsche<br />

931 Vgl. auch Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 50 Rn. 23<br />

932 OLG München, NJW-WettR 1997, 40 – TubRobinson; OLG Frankfurt, GRUR 1998, 704 – Classe E; LG<br />

Frankfurt, MA 1996, 439 – E-Klasse<br />

933 Entsprechend uneinheitlich ist auch die Gruppierung in der bislang hierzu erschienenen Literatur.<br />

934 Siehe dazu unter F. II. 3.<br />

935 Der BGH hat sich zwischenzeitlich ausdrücklich für die Heranziehung dieser Gr<strong>und</strong>sätze ausgesprochen, GRUR<br />

2000, 1032, 1034 – EQUI 2000.


165<br />

Rechtsprechung problemlos fortzuführen, vielmehr kann hierin eine praktische <strong>und</strong><br />

eingängige Hilfestellung für die notwendige Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs<br />

der bösgläubigen Anmeldung gesehen werden.<br />

Die Übertragung der bekannten Fallgruppen ist aber letztendlich nur möglich, wenn die<br />

Fallgruppen nicht den Prinzipien des <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> europäischen <strong>Marken</strong>rechts widersprechen.<br />

Überdies darf nicht übersehen werden, daß die jetzige rechtliche Integration des<br />

allgemeinen Rechtsmißbrauchsgedanken in das <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

selbst auch neue Falleinheiten herbeiführen kann.<br />

a) Fallgruppe des fehlenden Geschäftsbetriebes<br />

Diese Fallgruppe ist für den hier zu untersuchenden <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> von besonderem<br />

Interesse. Denn einige Vertreter in der <strong>deutschen</strong> Literatur versuchen, <strong>mit</strong>tels dieser für<br />

das Zeichenwesen neuen Fallgruppe das traditionelle Akzessorietätsprinzip wieder in das<br />

harmonisierte <strong>Marken</strong>gesetz zu integrieren <strong>und</strong> auf diese Weise den von ihnen mißbilligten<br />

<strong><strong>Marken</strong>handel</strong> zumindest von Privatpersonen untersagen zu können. Sie bejahen<br />

deshalb schon dann eine bösgläubige <strong>Marken</strong>anmeldung im Sinne von § 50 Abs. 1<br />

Nr. 4 <strong>Marken</strong>G, wenn der <strong>Marken</strong>inhaber selbst keinen konkreten oder konkretisierbaren<br />

Marktbezug im Zeitpunkt der Anmeldung hat, beispielsweise in Form einer Unternehmensbeteiligung<br />

oder bei Lizenzierung der Marke durch Qualitätskontrolle <strong>und</strong><br />

dennoch sein Recht aus der erworbenen Formalposition geltend macht 936 .<br />

Indem die Richtlinie den nationalen Gesetzgebern in der Ausgestaltung der<br />

Anforderungen an die <strong>Marken</strong>inhaberschaft keine Pflichten auferlegt hat 937 <strong>und</strong> der<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G auf<br />

der Option des Art. 3 Abs. 2 lit. a der Richtlinie basiert <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> nicht zwingend<br />

richtlinienkonform ausgelegt werden muß, wäre diese Auslegung aus europäischer Sicht<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nicht zu beanstanden. Dennoch kann ihr vorliegend nicht zugestimmt<br />

werden, entscheidende Argumente fordern vielmehr ihre uneingeschränkte Ablehnung.<br />

Die bisherigen Erörterungen haben gezeigt, daß das <strong>Marken</strong>gesetz in Umsetzung der<br />

Richtlinie das Prinzip der Nichtakzessorietät der Marke normiert hat 938 . Der deutsche<br />

Gesetzgeber hat sich bewußt <strong>und</strong> konsequent für die weitgehende Aufgabe des Akzessorietätsprinzips<br />

bei der Neunormierung des <strong>Marken</strong>gesetzes entschlosssen, um auf diese<br />

Weise <strong>mit</strong> den <strong>Marken</strong>rechtsordnungen der anderen Mitgliedstaaten, von denen schon<br />

vor der Harmonisierung die meisten eine Trennung der Marke von dem Geschäftsbetrieb<br />

festgesetzt hatten, gleichzuziehen <strong>und</strong> parallel dazu, soweit wie möglich, <strong>mit</strong> den materiellen<br />

Vorschriften der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, die auch keine Akzessorietät<br />

der Gemeinschaftsmarke <strong>mit</strong> einem Geschäftsbetrieb aufweist, konform zu gehen. Daher<br />

hat der deutsche Gesetzgeber, insbesondere beim Erwerb des <strong>Marken</strong>schutzes durch<br />

Eintragung, auf das Vorhandensein eines Geschäftsbetriebes seitens des <strong>Marken</strong>an-<br />

936 So Füllkrug, GRUR 1994, 679, 688; ders., WRP 1995, 366; Meister, WRP 1995, 366<br />

937 Siehe dazu die obige Ausführung unter C. I. 3. a)<br />

938 Siehe diesbezüglich unter C. I. 3.


166<br />

melders verzichtet 939 , so daß nun auch Privatpersonen, Werbeagenturen, Rechtsanwälte<br />

<strong>und</strong> Unternehmensberatungen als Zeichenkreateure <strong>Marken</strong> anmelden können. Demnach<br />

ist auch das vorgebrachte Argument von Füllkrug für die Auslegung, der Wegfall der<br />

Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb sei im <strong>Marken</strong>gesetz auf eine nur<br />

formalrechtliche Erleichterung zurückzuführen 940 , nicht zutreffend <strong>und</strong> verkennt die<br />

angestrebte Reichweite der Aufgabe des Akzessorietätsprinzips seitens des <strong>deutschen</strong><br />

Gesetzgebers.<br />

Auch die Begründung zum <strong>Marken</strong>gesetz, die in dem Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen<br />

Anmeldung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G ein geeignetes Korrektiv zum<br />

Wegfall des Erfordernisses eines Geschäftsbetriebs als Eintragungsvoraussetzung<br />

sieht 941 , kann diese Auslegung, wie es ihre Verfechter propagieren 942 , nicht rechtfertigen.<br />

Denn der deutsche Gesetzgeber wollte <strong>mit</strong> dieser Aussage nicht über den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

der bösgläubigen Anmeldung seine gesetzliche Konstruktion der Loslösung der<br />

Marke von dem Geschäftsbetrieb widerrufen, sondern nur den Hinweis da<strong>mit</strong> geben, daß<br />

bei bestimmten Fallkonstellationen, die zwar im Zusammenhang <strong>mit</strong> der Aufgabe des<br />

Akzessorietätsprinzips bei der <strong>Marken</strong>anmeldung <strong>und</strong> -eintragung stehen können, aber<br />

nicht alleine durch sie bedingt werden, sondern zusätzlicher Umstände bedürfen – dazu<br />

im Anschluß ausführlich -, dieser Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> eine konstruktive <strong>und</strong> durchgreifende<br />

Korrekturmöglichkeit bietet.<br />

Das zentrale Argument gegen diese Auslegung liegt da<strong>mit</strong> im Willen des <strong>deutschen</strong><br />

Gesetzgebers, die Loslösung der Marke von dem Geschäftsbetrieb konsequent zu befolgen.<br />

Die angefochtene Auslegung berücksichtigt diesen Umstand nicht hinreichend <strong>und</strong><br />

kann ihn auch nicht <strong>mit</strong> der Darlegung des dem Besitzstand stellenweise im <strong>Marken</strong>gesetz<br />

gewährten Vorzuges vor der aus der Registereintragung folgenden Formalposition<br />

entkräften 943 . Auch ihre Einschränkung dahingehend, die Bösgläubigkeit nur bei<br />

Geltendmachung des formal erworbenen Rechts zu bejahen 944 , kann den falschen Ansatz<br />

der Auslegung nicht korrigieren.<br />

Die Auslegung konterkariert ferner die Regelung des Benutzungszwangs, durch die, wie<br />

oben ausgeführt 945 , die eingetragene Marke schon vor ihrer Benutzung innerhalb der<br />

fünfjährigen Benutzungsschonfrist uneingeschränkten Schutz genießt, unabhängig davon,<br />

ob schon ein Bezug zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb hergestellt wurde <strong>und</strong><br />

die Benutzung der Marke nicht unbedingt seitens des <strong>Marken</strong>inhabers selbst erfolgen<br />

muß, vielmehr auch die Benutzung eines Dritten <strong>mit</strong> Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers<br />

ausreichend ist 946 .<br />

939 Dazu insbesondere die ausdrückliche Erklärung in BT-Drucks. 12/6581, S. 56<br />

940 Füllkrug, GRUR 1994, 679, 685<br />

941 BT-Drucks. 12/6581, S. 96<br />

942 So insbesondere Füllkrug, GRUR 1994, 679, 685; ders., WRP 1995, 378.<br />

943 Dies versucht aber Füllkrug, GRUR 1994, 679, 683 ff.<br />

944 So aber wiederum Füllkrug, WRP 1995, 379, 380; ders., GRUR 1994, 679, 685.<br />

945 Unter F. I. 1.<br />

946 So auch Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 50 Rn. 30; a.A. Füllkrug, GRUR 1994, 679, 688, für ihn setzt die Gewährung der<br />

Benutzungsschonfrist Schutzwürdigkeit der eingetragenen Marke voraus, die für ihn nur dann gegeben ist, wenn<br />

zum Zeitpunkt des <strong>Marken</strong>erwerbs bereits ein konkreter oder konkretisierbarer Bezug einmal der Marke zu der zu


167<br />

Das Nichtvorhandensein eines Geschäftsbetriebes oder einer adäquaten Unternehmensbeteiligung<br />

berechtigt also nicht allein, die Bösgläubigkeit einer <strong>Marken</strong>anmeldung zu<br />

bejahen. Auch die potentielle Gefahr des Einsatzes für mißbräuchliche Zwecke, die<br />

<strong>Marken</strong>anmeldungen ohne entsprechenden Geschäftsbetrieb zwar einerseits inhärent sein<br />

kann, die aber andererseits auch nicht generell gegeben ist, kann die Bejahung der<br />

bösgläubigen Anmeldung von vorneherein keineswegs rechtfertigen 947 .<br />

Hinsichtlich des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

sind bisher noch nicht entsprechende Auslegungsüberlegungen<br />

angestellt worden. Sie würden aber ebenso wie auf deutscher Ebene gegen das<br />

gemeinschaftsrechtliche Prinzip der Nichtakzessorietät <strong>und</strong> den Willen des europäischen<br />

Gesetzgebers verstoßen 948 .<br />

b) Fallgruppe der wettbewerbswidrigen Behinderung<br />

Zusammenfassend werden unter diese Fallgruppe zumeist die zur Zeit des<br />

Warenzeichengesetzes anhand der außerkennzeichenrechtlichen Normen herausgearbeiteten<br />

Rechtsmißbrauchsfallgruppen für Zeichen subsumiert 949 . Dieser Ansatz ist – wie<br />

bereits erwähnt 950 - gr<strong>und</strong>sätzlich nicht falsch, bedarf aber der genaueren Untersuchung<br />

im Hinblick auf die rechtliche Integration des Rechtsmißbrauchs in das deutsche <strong>und</strong><br />

europäische <strong>Marken</strong>recht.<br />

aa) Rufausbeutung<br />

Der Rufausbeutungsschutz ist nunmehr sowohl in die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

als auch in das <strong>Marken</strong>gesetz einbezogen worden. Seine markenrechtliche Ausformung<br />

findet sich einmal als relatives Eintragungshindernis in Art. 8 Abs. 5 GemMVO <strong>und</strong> § 9<br />

Abs. 1 Nr. 3 <strong>Marken</strong>G wieder, das nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung gemäß<br />

Art. 52 Abs. 1 lit a auf Antrag beim <strong>Marken</strong>amt oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren<br />

bzw. nach Art. 8 Abs. 5 im Widerspruchsverfahren <strong>und</strong> gemäß dem <strong>Marken</strong>gesetz<br />

lediglich über die Löschungsklage nach § 51 Abs. 1 geltend gemacht werden<br />

kann 951 , zum anderen als Anspruchsgr<strong>und</strong>lage für einen Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruch<br />

in § 14 Abs. 2 Nr. 3 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 9 Abs. 1 lit. c GemMVO.<br />

Mit dieser selbständigen Ausgestaltung erübrigt sich die Einbeziehung der Fallgruppe<br />

der Rufausbeutung in den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung. Auf den<br />

nach den Zeichengesetzen gewährten Schutzumfang der Rufausbeutung <strong>und</strong> seine eventuellen<br />

Differenzen zum wettbewerbsrechtlichen Schutzumfang kann an dieser Stelle<br />

kennzeichnenden Ware <strong>und</strong> zum anderen des <strong>Marken</strong>inhabers zur Ware besteht, da<strong>mit</strong> argumentiert Füllkrug<br />

wiederum fälschlicherweise <strong>mit</strong> dem Akzessorietätsprinzip.<br />

947 So schon die Begründung zum ErstrG, BT-Drucks. 12/1399, S. 69; auch Helm, GRUR 1996, 593, 596<br />

948 Ebenso Schönfeld, S. 51 f; Ingerl, S. 44 <strong>und</strong> Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 50 Rn. 30<br />

949 Siehe ihre Darstellung unter F. II. 3<br />

950 Vgl. Fn. F. II. 6<br />

951 Vgl. Kur, GRUR 1994, 330, 334 hinsichtlich der berechtigten Abweichung im verfahrensrechtlichen Bereich vom<br />

prinzipiell angestrebten Gleichlauf zwischen <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung.


168<br />

nicht eingegangen werden, da dies ein eigenständiges <strong>und</strong> umfangreiches Themengebiet<br />

ist <strong>und</strong> den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen würde 952 .<br />

bb) Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes<br />

Eine ausdrückliche Regelung entsprechend der Fallgruppe der Rufausbeutung findet sich<br />

in den neuen <strong>Marken</strong>gesetzen für diese Fallgruppe nicht, insofern könnte sie in dem<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung integriert sein.<br />

Der Besitzstandsschutz einer nicht eingetragenen, aber vorbenutzten Marke unterhalb<br />

der Verkehrsgeltung ist dem neuen <strong>Marken</strong>gesetz wie dem alten Warenzeichengesetz,<br />

für sich gesehen, fremd, denn <strong>Marken</strong>schutz genießen generell nur eingetragene oder <strong>mit</strong><br />

Verkehrsgeltung benutzte <strong>Marken</strong> 953 . Entsprechendes gilt für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung,<br />

sie erstreckt ihren <strong>Marken</strong>schutz aber nur auf eingetragene Zeichen<br />

<strong>und</strong> berücksichtigt noch nicht einmal benutzte <strong>Marken</strong>, wenn sie Verkehrsgeltung<br />

erlangt haben 954 . Die Fallgruppe der Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes bezieht<br />

sich aber nicht auf den Schutz des Besitzstandes allein, sondern erfaßt ihn nur in<br />

zwingender Kombination <strong>mit</strong> einer gegebenen Behinderungsabsicht seitens des Nachahmers<br />

955 ; diese Verknüpfung will da<strong>mit</strong> nicht die wirtschaftlichen Funktionen der<br />

benutzten Marke unter dem, den Zeichengesetzen immanenten Gr<strong>und</strong>satz des Vorrangs<br />

der Priorität, <strong>und</strong> dem der Gemeinschaftsmarke eigenen Eintragungsprinzip schützen,<br />

sondern vornehmlich die wettbewerbswidrige Verhaltensweise <strong>und</strong> Intention des Nachahmers,<br />

die in der unberechtigten Ausnutzung der bereits in diesem Stadium erlangten<br />

wirtschaftlichen Werbefunktion der nachgeahmten Marke zum Nachteil des Vorbenutzers<br />

besteht, unterbinden. Das gegenwärtige <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

wollen als moderne Zeichenrechte nicht mehr nur die Kennzeichen<br />

als Herkunftszeichen schützen, sie versuchen vielmehr, die aktuelle Vielfalt des tatsächlichen<br />

Wettbewerbsgeschehens im Zusammenhang <strong>mit</strong> einer Marke möglichst einheitlich<br />

<strong>und</strong> zentral im Zeichenrecht zu regulieren; <strong>und</strong> so<strong>mit</strong> ist für diese<br />

fortschrittlichen Zeichenrechte auch die Regelung eines dem Wesen nach wettbewerbsrechtlichen<br />

Sachverhalts im un<strong>mit</strong>telbaren Zusammenhang <strong>mit</strong> einer Marke nicht<br />

abwegig. Der gemeinsamen Aufnahme von zeichen- <strong>und</strong> wettbewerbsrechtlichen Tatbeständen<br />

in die <strong>Marken</strong>gesetze stehen hier keine rechtssystematischen Bedenken<br />

entgegen 956 . Den Zeichenrechten obliegt vornehmlich die Aufgabe, die Entstehung von<br />

952 Vgl. zu dieser Thematik: Brandner, Festschrift für Vieregge, S. 81 ff; Schultze/Schwenn, WRP 1997, 536 ff;<br />

Raßmann, GRUR 1997, 580 ff; Boes/Deutsch, GRUR 1996, 168 ff; Rößler, GRUR 1994, 559 ff; Piper, GRUR<br />

1996, 429 ff; Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 14 Rn. 410 ff; Althammer, § 14 Rn. 4 ff; Baumbach/Hefermehl, UWG, § 1 Rn.<br />

564 ff; manche Stimmen in der Literatur sehen in der Einbeziehung des Rufausbeutungsschutzes in das Zeichenrecht<br />

eine systemwidrige Vermengung von markenrechtlichen <strong>und</strong> wettbewerbsrechtlichen Tatbeständen, so v.<br />

Gamm, Festschrift für Piper, S. 537 ff; ders., GRUR 1994, 775, 777; ders., WRP 1993, 793, 797; Kraft, GRUR<br />

1991, 339, 342; Meister, WRP 1995, 366, 370; Deutsch, GRUR 1995, 319, 320.<br />

953 § 4 Nr. 1 <strong>und</strong> 2 <strong>Marken</strong>G, der Vollständigkeit halber sei noch auf den besonderen <strong>Marken</strong>schutz der notorisch<br />

bekannten <strong>Marken</strong>, für den eine ausländische Benutzung der notorisch bekannten Marke ausreichend ist, hingewiesen,<br />

§ 4 Nr. 3 <strong>Marken</strong>G.<br />

954 Art. 6 GemMVO<br />

955 Vgl. auch die obige Darstellung dazu unter F. II. 3. b)<br />

956 Wie hier Henning-Bodewig/Kur, Bd. I, S. 272; gegen eine Vermengung von wettbewerbsrechtlichen <strong>und</strong><br />

markenrechtlichen Tatbeständen,v. Gamm, Festschrift für Piper, S. 537 ff; ders., GRUR 1994, 775, 777; ders.,


169<br />

<strong>Marken</strong>rechten zu ermöglichen <strong>und</strong> zu regeln sowie ihren Bestand durch Zuweisung<br />

ausschließlicher Rechte an der Marke zu schützen. In welchem Umfang sie den Schutz<br />

gewähren sollen, steht im Ermessen des Gesetzgebers. Das gegenwärtige <strong>Marken</strong>gesetz<br />

<strong>und</strong> die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung haben, unter Anerkennung der nationalen <strong>und</strong><br />

internationalen Belange der Wirtschaft, die Marke als ein selbständiges, möglichst ungehindert<br />

verwertbares Vermögensgut ausgestaltet <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> insbesondere die Interessen<br />

des <strong>Marken</strong>inhabers verstärkt berücksichtigt. Diese zeichenrechtlich geprägte Ausrichtung<br />

auf eine Stärkung der Rechtsposition des <strong>Marken</strong>inhabers, insbesondere seiner<br />

formellen Registerposition durch die erleichterten Eintragungsvoraussetzungen <strong>mit</strong> dem<br />

weiten <strong>Marken</strong>begriff <strong>und</strong> der Aufgabe des Akzessorietätsprinzips, verwehrt aber nicht<br />

die gleichzeitige Berücksichtigung von Interessen der Allgemeinheit, die auf den<br />

lauteren Einsatz der Marke gerichtet sind. Denn die <strong>Marken</strong>gesetze werden, wie bereits<br />

dargestellt 957 , in den Bereich des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb eingeordnet,<br />

sie sind insbesondere dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb gleichwertig, <strong>und</strong><br />

können so<strong>mit</strong> als nicht abschließende Sondergesetze für Zeichen auch die wettbewerblichen<br />

Komponenten im un<strong>mit</strong>telbaren Zusammenhang <strong>mit</strong> der Marke einbeziehen.<br />

Die Verweisung auf die zulässige Anwendung außerkennzeichenrechtlicher Normen im<br />

<strong>Marken</strong>gesetz wie in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung 958 erfordert keine andere<br />

rechtliche Würdigung, da ihr lediglich klarstellende Funktion in dem Sinne zukommt,<br />

daß die Zeichengesetze keine abschließenden Sondergesetze sind <strong>und</strong> nichts über den<br />

wettbewerbsrechtlichen Aspekt aussagen.<br />

Folglich verstößt die Fallgruppe der Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes nicht<br />

gegen Prinzipien des <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> europäischen <strong>Marken</strong>rechts <strong>und</strong> kann da<strong>mit</strong> als Fallgruppe<br />

für die Auslegung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es herangezogenen werden.<br />

Der oben skizzierte Teilbereich der Fallgruppe des schutzwürdigen Besitzstandes, die<br />

Nachahmung eines im Ausland benutzten Kennzeichens 959 , kann auch unter den<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung subsumiert werden. Dem <strong>deutschen</strong><br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> steht nicht die Tatsache entgegen, daß der deutsche Gesetzgeber nicht,<br />

die diesen Teilbereich ausdrücklich regelnde Option in Art. 4 Abs. 4 lit. g der Richtlinie,<br />

umgesetzt hat, es ist vielmehr davon auszugehen, daß er seine Umsetzung als überflüssig<br />

angesehen hat, da die Nachahmung eines im Ausland benutzten Kennzeichens auch<br />

ohneweiteres unter dem allgemeinen Löschungsgr<strong>und</strong> der Bösgläubigkeit erfaßt werden<br />

kann 960 . Auch hinsichtlich der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung stehen der Berücksichtigung<br />

von I<strong>mit</strong>ation außerhalb der Gemeinschaft benutzter Kennzeichen keine<br />

Anhaltspunkte entgegen.<br />

Für die konkreten Anforderungen an den schutzwürdigen Besitzstand einer in<br />

Deutschland vorbenutzten Marke hinsichtlich des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen<br />

WRP 1993, 793, 797; Kraft, GRUR 1991, 339, 342; Meister, WRP 1995, 366, 370; Deutsch, GRUR 1995, 319,<br />

320.<br />

957 Siehe dazu oben unter C. III. 1.<br />

958 Siehe dazu auch die obigen Darstellungen unter C. III. 4. a) <strong>und</strong> b)<br />

959 Unter F. II. 3. b)<br />

960 So auch Sack, GRUR 1995, 81.


170<br />

Anmeldung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G, kann gr<strong>und</strong>sätzlich auf die aufgestellten<br />

Maßstäbe in der einschlägigen Rechtsprechung auf der Gr<strong>und</strong>lage des außerkennzeichenrechtlichen<br />

Schutzes verwiesen werden, entsprechendes gilt gr<strong>und</strong>sätzlich für die<br />

im Ausland vorbenutzten Kennzeichen 961 . Die für die im Ausland benutzten <strong>Marken</strong><br />

geltenden Anforderungen können indes nicht ohneweiteres auf eine vorbenutzte Gemeinschaftsmarke<br />

übertragen werden. Vielmehr erfordert die Koexistenz der Gemeinschaftsmarke<br />

<strong>mit</strong> den nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen einen immanenten Anspruch an die Vorbenutzung<br />

der Gemeinschaftsmarke 962 . Die Voraussetzungen für einen schutzwürdigen<br />

Besitzstand zugunsten einer Gemeinschaftsmarke müssen an die Eigenart der Gemeinschaftsmarke,<br />

ein Kennzeichen für den gesamten Binnenmarkt zu sein, angepaßt werden.<br />

Neben der gr<strong>und</strong>sätzlichen Forderung der länger andauernden, ohne rechtliche Einwände<br />

gebliebenen Benutzung, ist noch deren gemeinschaftsweite Ausdehnung zu verlangen.<br />

Korrespondierend <strong>mit</strong> den angestellten Überlegungen zu den Anforderungen an die<br />

rechtserhaltende Benutzung einer Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft 963 darf das<br />

Kriterium der Gemeinschaftsweite aber nicht statisch dahingehend verstanden werden,<br />

daß die in Frage stehende Marke mindestens in einer bestimmten Anzahl von Mitgliedstaaten<br />

benutzt werden muß, vielmehr ist auch hier im Wege der Einzelfallprüfung der<br />

gemeinschaftliche Bezug zu prüfen; abweichend von den obigen Erwägungen können<br />

hier allerdings nicht die angestrebten Benutzungsabsichten <strong>mit</strong>berücksichtigt werden,<br />

denn würden diese zukünftigen Tendenzen beachtet, könnte das Voraussetzungselement<br />

der rechtlichen Nichtbeanstandung nur unzulänglich beantwortet werden.<br />

Hinsichtlich des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung nach Art. 51 Abs. 1<br />

lit. b GemMVO können die gleichen Anforderungen an den schutzwürdigen Besitzstand<br />

einer Gemeinschaftsmarke wie die für die deutsche Marke formulierten gestellt werden,<br />

derweil hier allerdings die Unterfallgruppe der im Ausland vorbenutzten <strong>Marken</strong> auf<br />

eine Vorbenutzung in Drittstaaten entsprechend übertragen werden muß. Zudem erfährt<br />

die Vorbenutzung nationaler <strong>Marken</strong> in den einzelnen Mitgliedstaaten durch das<br />

Koexistenzprinzip von der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> den nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen<br />

einen eigenen Maßstab 964 . Mit Rücksicht auf das Attraktivitätsprinzip der<br />

Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> analog den an die nationalen <strong>Marken</strong> zur Verhinderung der<br />

Eintragung einer Gemeinschaftsmarke gestellten Voraussetzungen gemäß Art. 7 Abs. 4<br />

GemMVO sind die Anforderungen an den schutzwürdigen Besitzstand von nationalen<br />

<strong>Marken</strong> in dieser Situation dahingehend zu verschärfen, daß die länger fortwährende<br />

Benutzung mehr als nur örtlich gegeben sein muß.<br />

961 Siehe dazu die Darstellung unter F. II. 3. b)<br />

962 Gemäß Art. 8 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 GemMVO kann eine nationale Marke die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke<br />

verhindern.<br />

963 Unter F. I. 2.<br />

964 Nach § 125 b Nr. 1 <strong>Marken</strong>G stellen angemeldete oder eingetragene <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> <strong>mit</strong> älterem Zeitrang<br />

für deutsche <strong>Marken</strong> ein relatives Schutzhindernis dar.


171<br />

cc) Erschwernis des Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsverhaltens<br />

Diese Fallgruppe ist, wie die der Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes, nicht<br />

ausdrücklich in dem <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung geregelt,<br />

da<strong>mit</strong> könnte auch sie unter den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung fallen.<br />

Die Fallgruppe der Erschwernis des Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsverhaltens bekämpft<br />

vornehmlich die zweckfremde Einsetzung des formalen zeichenrechtlichen Schutzes als<br />

Mittel des Wettbewerbskampfes, ohne gleichzeitig an dem vorbenutzten Zeichen einen<br />

schutzwürdigen Besitzstand zu verlangen. Abweichend von der Fallgruppe der Störung<br />

eines schutzwürdigen Besitzstandes konzentriert sie sich vornehmlich auf die unlautere<br />

Verhaltensweise des Nachahmers; die die Nachahmung motivierende Erwartung des sich<br />

zukünftig entwickelnden wirtschaftlichen Potentials des Vorbildzeichens findet Eingang<br />

in die geforderte Behinderungsabsicht.<br />

Die weitgehende Ausklammerung des zeichenrechtlichen Aspekts durch diese<br />

Fallgruppe schließt gr<strong>und</strong>sätzlich die Befürwortung ihrerseits als Konkretisierungsvariante<br />

für die Auslegung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung nicht<br />

aus. Die vorstehenden Ausführungen haben gerade gezeigt 965 , daß die Zeichenrechte<br />

wettbewerbliche Tatbestände integrieren dürfen <strong>und</strong> das gegenwärtige <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong><br />

die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung dies als modern ausgestaltete Zeichenrechte auch<br />

umgesetzt haben.<br />

Da<strong>mit</strong> kann die wettbewerblich ausgeprägte Fallgruppe der Erschwernis des Markt- <strong>und</strong><br />

Wettbewerbsverhaltens als Auslegungsmaßstab für den <strong>deutschen</strong> wie für den gemeinschaftsrechtlichen<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung gr<strong>und</strong>sätzlich herangezogen<br />

werden.<br />

Prinzipiell fällt unter diese Fallgruppe auch der Rechtsmißbrauch einer nationalen<br />

Formalposition gegenüber im Ausland benutzten Zeichen 966 <strong>und</strong> auf die<br />

Gemeinschaftsmarke übertragen, der Rechtsmißbrauch einer gemeinschaftlichsrechtlichen<br />

Registerposition gegenüber in einem Drittstaat benutzen Zeichen. Diese Aussage<br />

darf nicht unkritisch auf die Fallkonstellationen übertragen werden, in denen eine<br />

Gemeinschaftsmarke gegenüber einer vorbenutzten nationalen Marke formal rechtsmißbräuchlich<br />

eingesetzt werden soll, ebenso nicht auf die umgekehrte Konstellation.<br />

Vielmehr ist ihre differenzierte Betrachtung bedingt durch das Koexistenzprinizip von<br />

der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> den nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen sowie durch<br />

die angestrebte Attraktivität der Gemeinschaftsmarke erforderlich.<br />

Das Koexistenzprinzip spricht zwar der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> den<br />

nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen rechtliche Geltung nebeneinander zu, dennoch kann nicht<br />

jede national benutzte Marke die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke verhindern. Art.<br />

8 Abs. 4 GemMVO bestimmt nämlich, daß nationale benutzte <strong>und</strong> nicht zugleich eingetragenen<br />

<strong>Marken</strong> erst dann ein Eintragungshindernis darstellen, wenn sie mehr als nur<br />

örtliche Bedeutung erlangt haben, da<strong>mit</strong> wird die Anzahl der Konfliktmarken zumindest<br />

ein wenig begrenzt. Diese Einschränkung, die sich zwar auf die Eintragung von Gemein-<br />

965 Unter F. II. 6. b) bb)<br />

966 Siehe die obige Darstellung unter F. II. 3.c)


172<br />

schaftsmarken bezieht, aber zugleich die Gr<strong>und</strong>position der Wertigkeit der Gemeinschaftsmarke<br />

gegenüber den nationalen <strong>Marken</strong> seitens des europäischen Gesetzgebers<br />

erkennen läßt, darf über die Hintertür des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen<br />

Anmeldung nach Art. 51 Abs. 1 lit. b GemMVO nicht ausgehebelt werden. Im<br />

Gegensatz zur Fallgruppe der Störung des schutzwürdigen Besitzstandes, die neben dem<br />

wettbewerbswidrigen Verhalten einen bestimmten Benutzungsumfang der Marke fordert<br />

<strong>und</strong> dadurch die Vorgabe der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung für die nationalen<br />

<strong>Marken</strong> berücksichtigen kann, kann dies die vorliegende Fallgruppe mangels Überprüfung<br />

des Besitzstandes nicht. Die daraus resultierende Gefahr der Durchkreuzung der<br />

vorgegebenen Relation zwischen Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationaler Marke gebietet<br />

folglich ihre Nichtanwendung für die erstgenannte Modifikation der Fallgruppen.<br />

Hinsichtlich der umgekehrten Version, Rechtsmißbrauch einer eingetragenen nationalen<br />

Marke gegenüber einer vorbenutzten Gemeinschaftsmarke, kann der Benutzer der<br />

Gemeinschaftsmarke sich auf die Fallgruppe der Erschwernis des Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsverhaltens<br />

stützen, da das <strong>Marken</strong>gesetz keine entsprechende Wertigkeit zwischen<br />

den beiden <strong>Marken</strong>typen enthält <strong>und</strong> die Gemeinschaftsmarke ein Sonderfall eines ausländischen<br />

Kennzeichens ist, dessen wettbewerbswidrige Nachahmung schon frühzeitig<br />

in dieser Fallgruppe Berücksichtigung fand 967 .<br />

c) Fallgruppe der Aggressionsmarke<br />

Unter diese Fallgruppe sollen denkbare Fallkonstellationen, die auch zwischenzeitlich in<br />

der Praxis bekannt geworden sind 968 , subsumiert werden, in denen <strong>Marken</strong>anmelder, die<br />

zumeist selbst nicht unternehmerisch tätig sind <strong>und</strong> schon gar nicht auf dem Waren- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsgebiet für das die Marke eingetragen werden soll, <strong>Marken</strong>anmeldungen<br />

offensichtlich nur in der Absicht vornehmen, um Dritten, die nichts ahnend zufällig eine<br />

identische oder ähnliche Marke für ihre Kennzeichnung wählen, <strong>mit</strong> horrenden <strong>und</strong> nicht<br />

gerechtfertigten Geldforderungen gegenübertreten zu können <strong>und</strong> auf diese Weise die<br />

erworbene Rechtsposition einzig <strong>und</strong> allein als Druck<strong>mit</strong>tel gegen den gutgläubigen<br />

Dritten ausnutzen zu wollen.<br />

Im Unterschied zu den zuvor dargestellten Fallgruppen der Störung eines<br />

schutzwürdigen Besitzstandes <strong>und</strong> der Erschwernis des Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsverhaltens<br />

kopieren die <strong>Marken</strong>anmelder bei der Fallgruppe der Aggressionsmarke kein<br />

bestimmtes Vorbildzeichen. Die von ihnen angemeldete Marke ist eine neue<br />

Zeichenkreation, wenngleich diese Zeichenkreation auch eine Fortführung von bestimmten<br />

Serienzeichen eines Unternehmens sein kann, die aber noch nicht von dem Unternehmen<br />

vorher benutzt wurde, es lediglich als folgerichtiges Zeichen sich in die Reihe<br />

der Serienzeichen des Unternehmens einordnen würde. Auch sogenannte Trendzeichen,<br />

d.h. Zeichen <strong>mit</strong> gegenwärtig favorisierten Präfixen oder Suffixen wie beispielsweise<br />

„Euro“, „Tronic“, „Smart“, „therm“, „star“ etc. 969 sind hier denkbar. Ungeachtet der<br />

967 Vgl. BGH, GRUR 1967, 304, 306 – Siroset; BGH, GRUR 1969, 607, 609 – Recrin; BGH, GRUR 1970, 528, 530<br />

– Migrol.<br />

968 Insbesondere durch den bekannten Classe E-Fall, OLG Frankfurt, GRUR 1998, 704, Vorinstanz LG Frankfurt,<br />

MA 1996, 439.<br />

969 Siehe dazu auch Füllkrug, GRUR 1994, 679


173<br />

Ausrichtung an beliebten Silben sind auch sie Zeichenneukreationen, wenn es für sie<br />

insgesamt gesehen kein tatsächliches Vorbildzeichen gibt.<br />

Das Fehlen eines Geschäftsbetriebes allgemein oder eines speziellen Geschäftsbetriebes,<br />

in dem die Waren, für die die Marke eingetragen werden soll, auch hergestellt werden<br />

bzw. der die angemeldeten Dienstleistungen anbietet, kann – wie oben bereits dargestellt<br />

970 – allein aufgr<strong>und</strong> der Aufgabe des Akzessorietätsprinzips noch nicht zur Bejahung<br />

des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung führen. Der Umstand, daß<br />

ein <strong>Marken</strong>anmelder nicht Inhaber eines Geschäftsbetriebes ist, kann lediglich eventuell<br />

ein Indiz unter mehreren für die Annahme einer bösgläubigen Anmeldung sein.<br />

Entscheidend bei der Fallgruppe der Aggressionsmarke ist dagegen, daß der <strong>Marken</strong>anmelder<br />

zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke nicht beabsichtigt, seine Marke<br />

Dritten zur Verwertung oder Benutzung aktiv anzubieten, sondern allein abwarten will,<br />

bis diese versehentlich in den Schutzbereich seiner Marke gelangen, um dann die Marke<br />

als Druck<strong>mit</strong>tel zur Erzielung erheblich überzogener Geldforderungen für die Freigabe<br />

der Marke einsetzen zu können 971 .<br />

Die finanzielle Motivation des Anmelders für eine <strong>Marken</strong>anmeldung für sich gesehen,<br />

kann die Anmeldung noch nicht bösgläubig erscheinen lassen, da das <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong><br />

die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung nicht nur die Eintragung einer Marke von dem<br />

Vorhandensein eines Geschäftsbetriebs abgekoppelt haben, sondern auch ihre Verwertung,<br />

sei es durch Veräußerung oder Lizenzierung, ohne vorherige Benutzung in<br />

einem Geschäftsbetrieb des <strong>Marken</strong>inhabers zulassen 972 .<br />

Ausschlaggebend ist hingegen, daß der Anmelder sein Registerrecht als Druck<strong>mit</strong>tel zur<br />

Erreichung seines finanziellen Bestrebens gleich gegen wen einsetzen will. Folglich wird<br />

auch in dieser Fallgruppe eine Behinderungsabsicht gefordert. Im Unterschied zu den<br />

Fallgruppen der Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes <strong>und</strong> der Erschwernis des<br />

Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsverhaltens fokussiert der <strong>Marken</strong>anmelder hier seine Behinderungsabsicht<br />

zumeist nicht von Anfang an auf ein bestimmtes Unternehmen – wenngleich<br />

auch das Bestreben die Marke als Druck<strong>mit</strong>tel gegen ein bestimmtes<br />

Unternehmen beispielsweise bei Serienzeichen gegeben sein kann –, die Behinderungsabsicht<br />

ist folglich von allgemeiner <strong>und</strong> generellere Art. Dieses Ausmaß ist für den<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung ausreichend, da dieser Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

in Form eines Popularantrages geltend gemacht werden kann <strong>und</strong> der Antragsteller<br />

folglich kein eigenes Rechtsschutzinteresse geltend machen muß 973 . Nicht erforderlich<br />

ist zudem, daß die Behinderungsabsicht alleiniges Motiv des <strong>Marken</strong>anmelders<br />

970 Unter F. II. 6. a)<br />

971 In diesem Sinne auch OLG Frankfurt, GRUR 1998, 704, 705 - Classe E, allerdings wird hier der Begriff der<br />

Hinterhaltsmarke verwendet. In der Revisionsentscheidung hierzu, BGH, GRUR 2001, 242 ff – Classe E, wird<br />

dagegen der Schwerpunkt auf die Betrachtung des fehlenden Benutzungswillens gelegt <strong>und</strong> das Vorliegen einer<br />

Behinderungsabsicht nicht explizt für die Bejahung einer missbräuchlichen Rechtsausübung von formellen<br />

<strong>Marken</strong>rechten gefordert. Die Forderung der Behinderungsabsicht zu dem fehlenden Benutzungswillen ist bei<br />

§ 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G sowie Art. 51 lit. b GemMVO rechtssystematisch berechtigt <strong>und</strong> geboten, da sie den<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> § 50 Abs. 1 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G bzw. Art. 51 lit. a GemMVO berücksichtigt, die beim alleinigen<br />

Fehlen des Benutzungswillens einschlägig sind, siehe hierzu auch F.II.6.d.<br />

972 §§ 27 <strong>und</strong> 30 <strong>Marken</strong>G sowie Art. 17 <strong>und</strong> 22 GemMVO; siehe auch die diesbezüglichen Ausführungen unter E.<br />

973 Zum gleichen Ergebnis kommt Helm, GRUR 1996, 593, 600, aber <strong>mit</strong> anderer Begründung.


174<br />

ist, es ist vielmehr ausreichend, wenn sie das wesentliche Motiv ist 974 . Wie in den<br />

Fallkonstellationen des schutzwürdigen Besitzstandes <strong>und</strong> der Erschwernis des Markt<strong>und</strong><br />

Wettbewerbsverhaltens, beabsichtigt auch hier der <strong>Marken</strong>anmelder, die formale<br />

Registerposition zweckfremd entgegen den vorgesehenen Schutzausrichtungen für eine<br />

Marke auszunutzen 975 .<br />

Obschon die Fallgruppe der Aggressionsmarke theoretisch anschaulich dargelegt <strong>und</strong><br />

ihre Eigenarten prägnant herausgearbeitet werden kann, ist - wie noch aufgezeigt wird 976<br />

– die Beweisführung in der Praxis für diese Fallgruppe besonders diffizil, da mangels<br />

Vorbildzeichen die Abgrenzung zur rechtmäßigen <strong>Marken</strong>veräußerung <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> zum<br />

rechtlich zulässigen <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> allein an Indizien, die auf die subjektiven Tendenzen<br />

des <strong>Marken</strong>anmelders hindeuten, vorzunehmen ist.<br />

Diese Fallkonstellation wird von der <strong>deutschen</strong> Literatur bisweilen <strong>mit</strong> dem Schlagwort<br />

„Spekulationsmarke“ umschrieben 977 . Mit Spekulation wird allgemein ein gewagtes<br />

Geschäft beschrieben, das, motiviert von zukünftig erwarteten, aber nicht sicher prognostizierbaren,<br />

günstigen Umständen für den Spekulanten, eingegangen wird; sie<br />

kennzeichnet aber keineswegs eine verwerfliche Handlung. Danach können dem Begriff<br />

der Spekulationsmarke auch die <strong>Marken</strong>, die zur späteren aktiven <strong>und</strong> zeichenrechtlich<br />

zulässigen Vermarktung an interessierte Dritte eingetragen werden, zugeordnet werden,<br />

da auch bei diesen <strong>Marken</strong> ihre tatsächliche Vermarktung mangels konkreten Auftrags<br />

für ihre Kreation innerhalb der fünfjährigen Benutzungsschonfrist ungesichert <strong>und</strong> offen<br />

ist. Die Bezeichnung „Spekulationsmarke“ trifft folglich nicht exakt das Charakteristikum<br />

der vorliegenden <strong>Marken</strong>art <strong>und</strong> wird aus diesem Gr<strong>und</strong>e abgelehnt. Der Terminus<br />

„Agressionsmarke“ wird an ihrer Stelle vorgeschlagen 978 ; er ver<strong>mit</strong>telt die unrechtmäßige<br />

Einstellung des <strong>Marken</strong>anmelders <strong>und</strong> den den Zeichenrechten zuwiderlaufenden<br />

Gebrauch der Marke als Druck<strong>mit</strong>tel <strong>und</strong> gar als Erpressungsmedium für seine<br />

weit überzogenen Geldforderungen deutlicher.<br />

d) Fallgruppe des fehlenden Benutzungswille<br />

Teilweise wird vertreten, daß das Fehlen des Benutzungswillens zum Zeitpunkt der<br />

Anmeldung einer Marke unter den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen <strong>Marken</strong>anmeldung<br />

zu subsumieren ist 979 . Diese Ansicht widerspricht aber dogmatisch der hier<br />

vertretenen Auffassung, die den Benutzungswillen als sich aus den <strong>Marken</strong>begriffsregelungen<br />

nach Art. 4 GemMVO <strong>und</strong> § 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G ergebende Eintragungsvoraussetzung<br />

versteht 980 <strong>und</strong> dementsprechend unzweifelhaft der korrespondierende<br />

974<br />

975<br />

In Anlehnung an BGH GRUR 1986, 74, 77 – Shamrock III, vgl. Helm, GRUR 1996, 593, 600.<br />

Wie oben ausführlich bereits dargelegt wurde, ist diese wettbewerbsorientierte Auslegung im Zeichenrecht<br />

zulässig, siehe dazu unter F. II. 6. b).<br />

976<br />

Siehe dazu unter F. II. 8.<br />

977<br />

Diese Bezeichnung geht auf Füllkrug, GRUR 1994, 679 zurück.<br />

978<br />

Die Begriffe „Hinterhaltszeichen“, der von Hefermehl geprägt wurde, vgl. Baumbach/Hefermehl, WZG, §1 Rn.<br />

51, <strong>und</strong> „Offensivzeichen“, der von Heydt, vgl. GRUR 1976, 501 ff gehen in die gleiche Richtung.<br />

979<br />

So Hackbarth, S. 179 hinsichtlich der Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> Füllkrug, GRUR 1994, 679, 686, für das<br />

<strong>Marken</strong>gesetz<br />

980<br />

Siehe dazu die ausführliche Darstellung unter D. II. 2.


175<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> bei Eintragung einer Marke trotz Fehlens des Benutzungswillens nur<br />

Art. 51 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 7 Abs. 1 lit. a GemMVO <strong>und</strong> § 50 Abs. 1 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G<br />

sein kann.<br />

Letztendlich führen sowohl der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung wie der<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> eines absoluten Eintragungshindernisses auf europäischer wie auf<br />

deutscher Ebene zur Löschung der Marke, gleichwohl hat der hier vertretene Lösungsweg<br />

den Vorteil, wenn auch nur für die deutsche Marke, daß eine nachträgliche Heilung<br />

des anfänglich fehlenden Benutzungswillens berücksichtigt werden kann, was bei<br />

Anwendung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung nach § 50 Abs. 1 Nr.<br />

4 <strong>Marken</strong>G nicht möglich ist 981 .<br />

Aus der Classe E-Entscheidung des BGH 982 kann auch nichts Gegenteiliges herausgelesen<br />

werden, wenngleich sie sich intensiv <strong>mit</strong> dem fehlenden Benutzungswillen in<br />

dem Sinne, daß der <strong>Marken</strong>inhaber die Marke selbst nicht benutzen oder sie auch nicht<br />

einem Dritten der Benutzung zuführen will, auseinandersetzt. Zunächst beruht die<br />

Entscheidung des BGH nicht auf § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G, sondern auf einer außerkennzeichenrechtlichen<br />

Norm, bedingt durch den der Entscheidung zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />

zulässigen Antrag der Klägerin. Aber auch indirekt läßt sich der Entscheidung keine die<br />

These der Subsumption des fehlenden Benutzungswillens unter § 50 Abs. 1 Nr. 4<br />

<strong>Marken</strong>G untermauernden Ausführungen entnehmen. Die eingehendere Betrachtung des<br />

fehlenden Benutzungswillens ist lediglich ein Segment unter mehreren in der Darlegung<br />

des Nachweises der missbräuchlichen Rechtsausübung seitens des Beklagten neben<br />

fehlenden Geschäftsbetrieb bzw. nicht gegebenen oder geplanten konkreten Beratungskonzept<br />

für potentielle Benutzer der Marke.<br />

e) Fallgruppe der Manipulation beim Eintragungsverfahren<br />

Der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung wird im <strong>Marken</strong>gesetz in § 50 Abs.<br />

1 Nr. 4 <strong>und</strong> in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung in Art. 51 Abs. 1 lit. b) geregelt.<br />

Beide Normierungen enthalten noch Nichtigkeitsgründe, die sich auf das Vorliegen von<br />

absoluten Eintragungshindernissen beziehen (§ 50 Abs. 1 Nr. 1-3 <strong>Marken</strong>G, Art. 51 Abs.<br />

1 lit. a) GemMVO).<br />

Im <strong>Marken</strong>gesetz sind die Nichtigkeitsgründe aus § 50 <strong>Marken</strong>G <strong>mit</strong> der Überschrift<br />

„Nichtigkeit wegen absoluter Schutzhindernisse“ versehen, die entsprechende Überschrift<br />

im der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung (Art. 51) lautet „Absolute Nichtigkeitsgründe“.<br />

Die deutsche Überschrift regt einige Stimmen in der Literatur dazu an, den<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung zumindest im <strong>Marken</strong>gesetz dahingehend<br />

auszulegen, daß er als Auffangtatbestand für all die Fälle anzusehen ist, in denen<br />

die explizit genannten Nichtigkeitsgründe für absolute Schutzhindernisse nicht oder<br />

nicht mehr greifen 983 . Hinsichtlich des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung<br />

981<br />

982<br />

So § 50 Abs. 2 S. 1 <strong>Marken</strong>G; eine entsprechende Regelung fehlt in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung.<br />

GRUR 2001, 242 ff<br />

983<br />

So erstmals Helm, GRUR 1996, 593 ff, ihm folgend v. Linstow, <strong>Marken</strong>R 1999, 81 ff, beide Verfasser beziehen<br />

sich nur auf das <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> nicht auch auf die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung.


176<br />

in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung sind bislang solche Überlegungen noch nicht<br />

ausdrücklich angestellt worden, aber auch hier könnte die Erwägung in Richtung Auffangtatbestand<br />

angestellt werden, wenngleich die Überschrift von Art. 51 <strong>mit</strong> „Absolute<br />

Nichtigkeitsgründe“ sie nicht so offeriert.<br />

Die Auslegung als Auffangtatbestand erscheint auf den ersten Blick systematisch, bei<br />

genauerer Betrachtung ist aber festzustellen, daß sie methodisch nicht folgerichtig ist.<br />

Die Auslegung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung als Auffangtatbestand<br />

hebelt die zeitliche Schrankenregelung in § 50 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G für die<br />

Geltendmachung der in § 50 Abs. 1 Nr. 1-3 <strong>Marken</strong>G geregelten Nichtigkeitsgründe<br />

wegen absoluter Schutzhindernisse unbegründet aus 984 . Der deutsche Gesetzgeber hat<br />

aber die Fristenregelung in § 50 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G bewußt <strong>und</strong> aus einleuchtenden<br />

Gründen der Rechtssicherheit <strong>und</strong> zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwandes<br />

erstmals in das <strong>Marken</strong>gesetz aufgenommen 985 . So<strong>mit</strong> verstößt zumindest die allgemeine<br />

Auslegung der bösgläubigen Anmeldung als Auffangtatbestand ohne zeitliche Beschränkung<br />

für deren Geltendmachung gegen den Willen des <strong>deutschen</strong> Gesetzgebers.<br />

Diese Argumentation betrifft nur das <strong>Marken</strong>gesetz, sie kann nicht auf die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

übertragen werden, da die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

für die Geltendmachung der in Art. 51 Abs. 1 lit. a) GemMVO geregelten Nichtigkeitsgründe<br />

wegen absoluter Schutzhindernisse keine zeitliche Schranke enthält. Aber die<br />

Entgegnung, daß die Untergliederung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es sowohl in Art. 51 Abs. 1<br />

GemMVO wie auch in § 51 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G <strong>mit</strong> der Auslegung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es<br />

der bösgläubigen Anmeldung übergangen wird, trifft sowohl auf das deutsche wie auch<br />

auf das europäische <strong>Marken</strong>gesetz zu.<br />

Mit der Auslegung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung als Auffangtatbestand<br />

wollen die Befürworter dieser Auslegung insbesondere die Fallvariante<br />

lösen, in der der Anmelder seine Kenntnis vom Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses<br />

dem Deutschen Patent- <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>amt verschweigt <strong>und</strong> es zur <strong>Marken</strong>eintragung<br />

kommt. Nach dem <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

müssen die <strong>Marken</strong>ämter die Anmeldung auf absolute Schutzhindernisse<br />

prüfen, <strong>und</strong> es besteht nach beiden Zeichenrechten keine Verpflichtung für den<br />

<strong>Marken</strong>anmelder, ihm bekannte Umstände, die gegebenenfalls zur Bejahung eines<br />

absoluten Schutzhindernisses führen können, dem <strong>Marken</strong>amt <strong>mit</strong>zuteilen. Folglich kann<br />

das Verschweigen solcher Umstände mangels Obliegenheit für den <strong>Marken</strong>anmelder<br />

nicht nachträglich über eine ausgedehnte Interpretation des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es sanktioniert<br />

werden 986 .<br />

Sofern aber nicht nur bestimmte Umstände den <strong>Marken</strong>ämtern von dem Anmelder verschwiegen<br />

werden, sondern der Anmelder willentlich <strong>und</strong> gezielt das <strong>Marken</strong>amt<br />

täuscht, indem er beispielsweise ein gefälschtes demoskopisches Gutachten (§8 Abs. 3<br />

984<br />

985<br />

Helm, GRUR 1996, 593, 595, ist sich dieser Schranke bewußt, begründet aber seine Unterminierung nicht<br />

besonders.<br />

BT-Drucks. 12/6581 S. 96<br />

986<br />

So auch Ingerl/Rohnke § 50 Rn. 10


177<br />

<strong>Marken</strong>G bzw. Art. 7 Abs. 3 GemMVO) einreicht <strong>und</strong> es zur <strong>Marken</strong>eintragung kommt,<br />

sollte der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung ausnahmsweise dennoch weit<br />

ausgelegt werden. Mit der Befürwortung dieser Interpretation wird die oben ausgeführte<br />

Argumention gegen die gr<strong>und</strong>sätzliche Auslegung als Auffangtatbestand nicht konterkariert.<br />

Denn die Anwendung dieses Nichtigkeitgr<strong>und</strong>es auf aktive Täuschungsfälle setzt<br />

für ihre Zulässigkeit keine markenrechtliche Obliegenheit des Anmelders voraus <strong>und</strong><br />

weitet die absoluten Schutzhindernisse entgegen dem Willen des Gesetzgebers auch<br />

nicht aus; sie ergibt sich vielmehr aus dem Gedanken von Treu <strong>und</strong> Glaubens, daß eine<br />

formale Rechtspositions nicht schützenswert ist, wenn der Erwerber sie durch sittenwidrige<br />

Handlungen erlangt hat, respektive die Löschung einer auf diese Weise erlangten<br />

Marke muß rechtlich sachgemäß sein.<br />

Entsprechend der hier vertretenen Ansicht wird der Fallgruppe der Manipulation folglich<br />

in der Praxis nur eine epheme Bedeutung zukommen.<br />

7. Verfahrensrechtlicher Aspekt des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung<br />

Der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung nach Art. 51 Abs. 1 lit. b<br />

GemMVO kann auf Antrag beim <strong>Marken</strong>amt in Alicante oder auf Widerklage im<br />

Verletzungsverfahren gemäß Art. 51 Abs. 1 GemMVO geltend gemacht werden.<br />

Antragsberechtigt ist jede natürliche oder juristische Person 987 . Eine Berücksichtigung<br />

von Amts wegen sieht die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung für diesen Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

nicht vor; diese Ausgestaltung entspricht dem Faktum, daß der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

der bösgläubigen Anmeldung nicht als absolutes Schutzhindernis in Art. 7 GemMVO<br />

aufgenommen wurde <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> im Eintragungsverfahren eine bösgläubige <strong>Marken</strong>anmeldung<br />

noch nicht berücksichtigt werden darf, selbst dann, wenn die Bösgläubigkeit<br />

offensichtlich ist. Auch im Widerspruchsverfahren kann der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der<br />

bösgläubigen Anmeldung dementsprechend nicht geltend gemacht werden.<br />

Nach dem <strong>Marken</strong>gesetz kann analog der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

der bösgläubigen Anmeldung nicht von Amts wegen gemäß § 50 Abs. 3<br />

<strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> auch nicht im Widerspruchsverfahren, sondern nur auf Antrag vor dem<br />

Patentamt nach §§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 1 <strong>Marken</strong>G verfolgt werden 988 . Denn wie die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, hat in Umsetzung der Richtlinie das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung nicht als absolutes Schutzhindernis<br />

ausgestaltet 989 , so daß auch nach dem gegenwärtigen <strong>Marken</strong>gesetz der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

der bösgläubigen Anmeldung im Eintragungsverfahren keinerlei Beachtung finden<br />

darf 990 .<br />

987<br />

988<br />

Art. 55 Abs. 1 lit. a GemMVO, zusätzlich werden noch explizit verschiedene Interessenverbände als antragsbefugt<br />

genannt. Die Regeln 37-41 der Durchführungsverordnung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung bestimmen<br />

den Inhalt des Antrages <strong>und</strong> das weitere Verfahren des <strong>Marken</strong>amtes genauer.<br />

Allerdings kann der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> vor den ordentlichen Gerichten als Einrede gemäß § 51 Abs. 4 Nr. 2<br />

<strong>Marken</strong>G geltend gemacht werden, wenngleich <strong>mit</strong> einer solchen Einrede naturgemäß nicht die Rechtsfolge des<br />

positiven Antrags vor dem Patentamt – Löschung der bösgläubig angemeldeten Marke – erreicht werden kann.<br />

989<br />

Die Option des Art. 3 Abs. 2 lit. d der Richtlinie hätte aber eine solche Normierung zugelassen.<br />

990<br />

Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 50 Rn. 22; dagegen spricht sich Mühlendahl, WRP 1995, 1008; ders, WRP 1995, 366,<br />

für dessen Überprüfbarkeit schon im Anmeldungsstadium aus, mißachtet da<strong>mit</strong> aber die gesetzliche<br />

Ausgestaltung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es lediglich als Löschungsgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> nicht zugleich auch als absolutes


178<br />

Mit dieser Problematik verb<strong>und</strong>en ist die Frage, wann der Antrag auf Löschung gestellt<br />

werden kann. Für das <strong>Marken</strong>gesetz vertritt Helm die Ansicht, daß der Antrag schon<br />

während des laufenden Eintragungsverfahrens gestellt werden könnte, um so, neben dem<br />

Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie, die mißbräuchlichen <strong>Marken</strong>anmeldungen entschieden<br />

bekämpfen zu können 991 . Diese, für sich gesehen, schlüssigen Argumente<br />

lassen aber den eindeutigen Wortlaut des § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G außer acht, der<br />

lediglich die Eintragung einer Marke zur Löschung vorsieht <strong>und</strong> nicht gleichzeitig auch<br />

die Zurückweisung einer Anmeldung zur Eintragung einer Marke. Danach kann der<br />

Antrag auf Löschung erst nach erfolgreicher Eintragung gestellt werden. Die Befürwortung<br />

eines früheren Zeitpunktes würde zudem die markenrechtliche Konzeption des<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung ausschließlich als Löschungsgr<strong>und</strong><br />

für eine Eintragung <strong>und</strong> nicht gleichzeitig als absolutes Eintragungshindernis verwischen.<br />

Die Interessen der Antragsberechtigten werden dadurch nicht beeinträchtigt, da<br />

das Eintragungsverfahren nach dem <strong>Marken</strong>gesetz durch das nunmehr nachgeschaltete<br />

Widerspruchsverfahren kurzweilig ist. Letztendlich wird ein Antragsberechtigter zumeist<br />

erst durch die Veröffentlichung der Eintragung von ihr erfahren, denn die Anmeldung<br />

wird nach dem neuen <strong>Marken</strong>gesetz nicht mehr extra veröffentlicht. Art. 51 Abs. 1 lit. b<br />

GemMVO formuliert dagegen nicht so eindeutig wie § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G den<br />

frühstmöglichen Zeitpunkt für den Antrag auf Löschung wegen des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es<br />

der bösgläubigen Anmeldung, denn er besagt lediglich, daß die Gemeinschaftmarke auf<br />

Antrag gelöscht werden kann <strong>und</strong> spricht nicht ausdrücklich von der Eintragung der<br />

Gemeinschaftsmarke. Demgemäß könnte hier der Antrag auf Löschung möglicherweise<br />

schon im Eintragungsverfahren der Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nicht erst nach ihrer<br />

erfolgten Eintragung zulässig sein. Die Materialien zur <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

schweigen zu dieser Frage, so daß <strong>mit</strong> Hilfe der systematischen <strong>und</strong> teleologischen<br />

Auslegung 992 die Antwort herausgearbeitet werden muß.<br />

Ebenso wie im <strong>Marken</strong>gesetz ist das absolute Schutzhindernis der bösgläubigen<br />

Anmeldung nur als ein durch Antrag geltend zu machender Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> nicht<br />

auch als von Amts wegen zu prüfendes Eintragungshindernis in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

konzipiert. Die beim <strong>Marken</strong>gesetz angeführte Begründung, daß<br />

diese Konzeption achtend der Antrag auf Löschung aus dem Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der<br />

bösgläubigen Anmeldung erst nach erfolgter Eintragung gestellt werden darf, ist für die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung gleichbedeutend, wenngleich sie bedingt durch ihr<br />

vom <strong>Marken</strong>gesetz abweichendes Eintragungsverfahren nicht so gewichtig sein kann.<br />

Denn entgegen der <strong>deutschen</strong> Marke wird die Gemeinschaftsmarke nach der Prüfung der<br />

Anmeldevoraussetzungen <strong>und</strong> der absoluten Eintragungshindernisse veröffentlicht (Art.<br />

40 Abs. 1 GemMVO). Mit der Veröffentlichung der Anmeldung beginnt die<br />

Widerspruchsfrist gemäß Art. 42 Abs. 1 GemMVO, <strong>und</strong> die Eintragung der Gemeinschaftsmarke<br />

erfolgt erst, wenn nach Ablauf der Widerspruchsfrist kein Widerspruch<br />

991<br />

992<br />

Schutzhindernis. Letztendlich dürften aber die Fälle, in denen die bösgläubige Anmeldung schon im Eintragungsverfahren<br />

ohne umfassende Prüfung ersichtlich werden könnte, verschwindend wenige sein.<br />

Helm, GRUR 1996, 593, 600<br />

Diese Auslegungsformen finden auch auf die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung Anwendung, siehe dazu die<br />

obige Darstellung unter B.V.1.


179<br />

eingelegt wurde oder wenn ein Widerspruch rechtskräftig zurückgewiesen wurde (Art.<br />

45 GemMVO).<br />

Durch das vorgeschaltete Widerspruchsverfahren kann die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke<br />

– entsprechend den Erfahrungen in Deutschland, wo viele Widersprüche<br />

allein aus Verzögerungstaktik eingelegt wurden <strong>und</strong> aus diesem Gr<strong>und</strong>e das Widerspruchsverfahren<br />

nun der Eintragung nachgeschaltet wurde sowie den zahlreichen<br />

Kollisionsmarken, bedingt durch die Koexistenz von <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen – erheblich zeitlich verzögert werden. Da der<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung bedingt durch seine Konzeption, nicht<br />

im Widerspruchsverfahen geltend gemacht werden kann, gebietet es das langwierige<br />

Eintragungsverfahren, den Antrag auf Löschung schon im Eintragungsverfahren stellen<br />

zu können <strong>und</strong> nicht erst nach vollendeter Eintragung 993 . Das Argument der Verwischung<br />

der rechtlichen Konzeption des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen<br />

Anmeldung ausschließlich als Löschungsgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> nicht gleichzeitig als absolutes<br />

Schutzhindernis ist bei der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung nicht so durchschlagend,<br />

wie beim <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz, da <strong>mit</strong> der Veröffentlichung der Anmeldung die<br />

Prüfung der absoluten Schutzhindernisse abgeschlossen ist <strong>und</strong> die Eintragung der<br />

Gemeinschaftsmarke nun nur noch davon abhängt, ob ein Widerspruch erfolgreich<br />

eingelegt wird oder nicht.<br />

Entgegen der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung sieht das <strong>Marken</strong>gesetz nicht die<br />

alternative Geltendmachung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung in<br />

Form der Widerklage vor, auch anderweitige konkurrierende Verfahrensarten vor den<br />

ordentlichen Gerichten werden diesbezüglich nicht ausdrücklich zugelassen 994 . Diese<br />

verfahrensrechtliche Zuständigkeitszuteilung läßt sich <strong>mit</strong> der gr<strong>und</strong>sätzlichen Zuweisung<br />

des reinen Verwaltungsverfahrens an das Patentamt als Verwaltungsbehörde <strong>und</strong><br />

der Löschung als aufhebenden Verwaltungsakt erklären 995 . Allerdings ist diese<br />

Zuständigkeitsverteilung bei den Löschungsentscheidungen auch nicht unabdingbar;<br />

schon zu Zeiten des Warenzeichengesetzes wurde diese Systematik zugunsten der<br />

ordentlichen Gerichte durchbrochen, um eine notwendige, weitgehend materielle<br />

Prüfung von wettbewerbsrechtlichen Aspekten gründlich <strong>und</strong> erschöpfend zu ermöglichen<br />

996 . Indem der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung, wie seine<br />

vorliegende Untersuchung gezeigt hat, gerade die wettbewerbsrechtliche Komponente<br />

der <strong>Marken</strong>eintragung normieren will, wäre die Zuständigkeitszuweisung an die<br />

ordentlichen Gerichte für die Prüfung dieses Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es naheliegend <strong>und</strong><br />

folgerichtig gewesen. Denn die Prüfung, ob der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen<br />

Anmeldung vorliegt, erfordert die Er<strong>mit</strong>tlung eines komplexen Sachverhalts, da die<br />

993<br />

994<br />

Wenn auch der Antrag auf Löschung gemäß Art. 51 Abs. 1 lit. b GemMVO bereits vor erfolgter Eintragung der<br />

Gemeinschaftsmarke zulässig sein soll, bleibt die Frage der Beweisbarkeit der Bösgläubigkeit des Anmelders zu<br />

diesem Zeitpunkt.<br />

Abgesehen von dem letztinstanzlichen Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem BGH gemäß § 83 <strong>Marken</strong>G nach<br />

zuvor durchlaufenem patentamtlichen Verfahren (Erinnerung nach § 64 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Beschwerde nach § 66<br />

<strong>Marken</strong>G)<br />

995<br />

Vgl. hierzu bereits die Ausführungen unter D. I. 1. a)<br />

996<br />

So in § 11 WZG, vgl. dazu v. Gamm, Komm. zum WZG, Einf. Rn. 101.


180<br />

Antwort letztendlich zumeist nur anhand zahlreicher Indizien 997 gef<strong>und</strong>en werden kann.<br />

Das Prüfungsverfahren bei dem <strong>deutschen</strong> sowie bei dem europäischen <strong>Marken</strong>amt ist<br />

aber vornehmlich als summarisches Verfahren ausgestaltet, indem es auf die Feststellung<br />

<strong>und</strong> Überprüfung eingeschränkter Sachverhalte, so im Eintragungsverfahren auf die<br />

Kontrolle der Anmeldevoraussetzungen <strong>und</strong> der enumerativ aufgelisteten Schutzhindernisse,<br />

die gerade nicht die bösgläubige Anmeldung umfassen, <strong>und</strong> im Widerspruchsverfahren<br />

auf die Prüfung genau festgelegter Widerspruchsgründe, ausgerichtet<br />

ist. Das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten ist dagegen qualifizierter für die<br />

Prüfung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung, da dem Gericht die<br />

Er<strong>mit</strong>tlung umfangreicher <strong>und</strong> vielschichtiger Sachverhalte eigen ist 998 . Dennoch wurde<br />

allein die Überprüfung dem Patentamt zugewiesen, obgleich eine Verpflichtung dazu<br />

seitens der Richtlinie nicht bestand 999 . Eine Auslegung dahingehend, daß auch die<br />

ordentlichen Gerichte sich <strong>mit</strong> dem Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung<br />

nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G auseinandersetzen dürfen, ist aber methodisch<br />

gegenwärtig fragwürdig, da der Wortlaut der Zuständigkeitszuteilung eindeutig ist <strong>und</strong><br />

auch nicht von einem Redaktionsfehler ausgegangen werden kann 1000 . Die jetzige<br />

gewählte Zuständigkeitskonzeption des <strong>deutschen</strong> Gesetzgebers ist daher markant <strong>und</strong><br />

gleichzeitig unverständlich. Für das Patentamt bringt sie eine erhebliche Zusatzbelastung<br />

zu dem ohnehin ständig steigenden Arbeitsanfall durch stetig zunehmende <strong>Marken</strong>anmeldungen,<br />

ferner birgt diese Zuständigkeitskonzeption die Gefahr einer differenzierten,<br />

inhomogenen <strong>und</strong> unvorhersehbaren Vorgehensweise gegen wettbewerbswidrige<br />

<strong>Marken</strong>anmelder 1001 . Angesichts dieser negativen Folgen der Zuständigkeit des Patentamts<br />

sollte de lege ferenda die Zuständigkeit auf die ordentlichen Gerichte übertragen<br />

<strong>und</strong> verlagert werden. Die Überprüfung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>s der bösgläubigen<br />

Anmeldung durch die Gerichte würde auch nicht gegen die Bindung der ordentlichen<br />

Gerichte an die Entscheidungen des Patentamts über die Zeicheneintragung verstoßen,<br />

da die Bindung nur soweit geht, wie die verfahrens- <strong>und</strong> materiellrechtliche Prüfung im<br />

Eintragungsverfahren des Patentamts reicht 1002 <strong>und</strong> der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der<br />

bösgläubigen Anmeldung mangels Normierung als absolutes Schutzhindernis gerade<br />

noch nicht von dem Patentamt geprüft wurde.<br />

8. Beweisführung hinsichtlich des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung<br />

An die Nachweisbarkeit der Bösgläubigkeit in bezug auf die <strong>Marken</strong>anmeldung als subjektives<br />

Tatbestandsmerkmal dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden,<br />

997 Siehe hierzu die ausführliche Darstellung der Beweisbarkeit des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen<br />

1002<br />

Anmeldung unter F. II. 8.<br />

998 In diesem Sinne auch v. Linstow, <strong>Marken</strong>R 1999, 81, 83.<br />

999 Die Richtlinie hat den Mitgliedstaaten explizit die Ausführug der Verfahrensbestimmungen selbst überlassen, vgl.<br />

Erwägungsgr<strong>und</strong> 5 der Richtlinie, GRUR Int. 1989, 294.<br />

1000 Dennoch wurden in einigen gerichtlichen Entscheidungen der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung<br />

als Klageanspruch angesprochen, die Zuständigkeitsproblematik wurde dabei vollständig übersehen <strong>und</strong><br />

übergangen, so OLG München, WRP 1996, 1056, 1059 – DOYUM. Auch in der Literatur wird teilweise ohne<br />

diesen Punkt zu problematisieren von der gerichtlichen Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es ausgegangen,<br />

so beispielsweise Füllkrug, GRUR 1994, 679, 688.<br />

1001 Dazu näher unter F. II. 10.<br />

Vgl. v. Gamm, Komm. zum WZG, Einf. Rn. 110 f.


181<br />

um nicht den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung in der Praxis aussichtslos<br />

<strong>und</strong> wirkungslos werden zu lassen. Bei den Fallgruppen des schutzwürdigen Besitzstandes<br />

<strong>und</strong> der Erschwernis des Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsverhaltens kann auf die Maßstäbe<br />

<strong>und</strong> Indizien, die bei ihnen schon nach der Rechtsgr<strong>und</strong>lage des außerkennzeichenrechtlichen<br />

Schutzes an den Nachweis der subjektiven Voraussetzung der<br />

Behinderungsabsicht gestellt <strong>und</strong> berücksichtigt wurden, zurückgegriffen werden, da<br />

diese Fallgruppen in den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen <strong>Marken</strong>anmeldung integriert<br />

sind <strong>und</strong> auch in der subjektiven Komponente übereinstimmen 1003 ; insofern kann<br />

hier auf die obigen Ausführungen verwiesen werden 1004 . Bei der Übertragung dieser<br />

Vor-gaben ist allerdings zu beachten, daß der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen<br />

Anmeldung voraussetzt, daß die Behinderungsabsicht bereits zum Zeitpunkt der<br />

<strong>Marken</strong>anmeldung bestand <strong>und</strong> die Bejahung der Behinderungsabsicht zum Zeitpunkt<br />

der Entscheidung entgegen den Erfordernissen nach den außerkennzeichenrechtlichen<br />

Regelungen für den zeichenrechtlichen Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> nicht ausreichend ist. Die<br />

Nachweisbarkeit der Behinderungsabsicht zum Zeitpunkt der Anmeldung wird aber nur<br />

zumeist <strong>mit</strong> Indizien, die nach dem Anmeldezeitpunkt zutage treten, beweisbar sein, so<br />

daß letztendlich aus dem späteren Verhalten des Anmelders auf seinen inneren Willen<br />

zum Zeitpunkt der Anmeldung nach der Lebenserfahrung geschlossen werden muß, ein<br />

Umstand, der die allgemeine Schwierigkeit der Beweisbarkeit subjektiver Voraussetzungen<br />

zusätzlich noch belastet.<br />

Die Richtvorgaben anhand der Rechtsprechung auf der Rechtsgr<strong>und</strong>lage von außerkennzeichenrechtlichen<br />

Normen sind aber nicht für den Nachweis der Bösgläubigkeit bei der<br />

Anmeldung von Aggressionsmarken un<strong>mit</strong>telbar übertragbar; die den Aggressionsmarken<br />

im Anmeldungsstadium immanente generelle Behinderungsabsicht erfordert für<br />

ihren Nachweis eigene Kriterien gegenüber den für die gezielt gegen ein bestimmtes<br />

Unternehmen gerichtete Behinderungsabsicht.<br />

Die allgemeine Schwierigkeit des Nachweises einer Behinderungsabsicht wird im Falle<br />

der Aggressionsmarken durch die zunächst nur generell gegebene Form der Behinderungsabsicht<br />

verstärkt, da mangels Vorbildzeichen hier weitaus schwieriger Rückschlüsse<br />

aus Lebenserfahrung auf die innere Einstellung <strong>und</strong> Absicht gezogen werden<br />

können. Insofern ist der Beweis, bevor die Aggressionsmarke gegenüber einem gutgläubigen<br />

Dritten eingesetzt wird, kaum führbar, ausgenommen in der Situation, daß neben<br />

der fraglichen Anmeldung der <strong>Marken</strong>anmelder schon zuvor aus für ihn eingetragenen<br />

<strong>Marken</strong> gegenüber Unternehmen „erpresserisch“ vorgegangen ist 1005 . Eine Vielzahl von<br />

<strong>Marken</strong>eintragungen, ohne entsprechenden bestehenden oder geplanten Geschäftsbetrieb<br />

allein, kann dagegen aufgr<strong>und</strong> der zulässigen Vermarktung <strong>und</strong> der vollständigen Aufgabe<br />

der Akzessorietät zwischen Marke <strong>und</strong> Geschäftsbetrieb noch kein hinreichender<br />

subjektiver Anhaltspunkt sein 1006 .<br />

1003 Ausführlicher dazu unter F. II. 6. b) bb) <strong>und</strong> cc)<br />

1004 Siehe dafür unter F. II. 3. b) <strong>und</strong> c)<br />

1005 Vgl. auch GRUR 1980, 110, 112 - Torch<br />

1006 Ebenso Helm, GRUR 1996, 593, 600; LG Frankfurt a.M., MA 1996, 439, 441; differenzierter OLG Frankfurt<br />

a.M., WRP 1997, 1208, 1210.


182<br />

Indem das <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung die Marke bzw. die<br />

Gemeinschaftsmarke als immaterielles Vermögensgut konzipieren <strong>und</strong> dementsprechend<br />

seine selbständige <strong>und</strong> unabhängige Verwertung ohne dazugehörigen Geschäftsbetrieb –<br />

sei es durch Lizenzvergabe oder Veräußerung – normieren, ist ein wesentliches Anzeichen<br />

für die Bösgläubigkeit das Ausbleiben jeglicher Planungen <strong>und</strong> Bemühungen<br />

seitens des <strong>Marken</strong>anmelders, die angemeldeten <strong>und</strong> eingetragenen <strong>Marken</strong> aktiv zur<br />

Verwertung zu nutzen 1007 . Sofern diesbezügliche Aktivitäten vom <strong>Marken</strong>inhaber unternommen<br />

wurden, muß noch ihre Ernsthaftigkeit <strong>und</strong> Seriosität geprüft werden, da selbstredend<br />

nur wahrhaftige Anstrengungen <strong>und</strong> Angebote im wirtschaftlich vertretbaren<br />

Rahmen berücksichtigt werden dürfen <strong>und</strong> Scheinverhandlungen <strong>und</strong> Scheinbezeichnungen<br />

gleichermaßen die Bösgläubigkeit indizieren können wie das Fehlen<br />

jeglicher Tätigkeit 1008 . Plastische <strong>und</strong> für sich sprechende Indizien für Scheinverhandlungen<br />

<strong>und</strong> Scheinbezeichnungen <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> für die Bösgläubigkeit können sich in<br />

der Korrespondenz <strong>mit</strong> dem gutgläubigen Dritten oder gar in öffentlichen Äußerungen<br />

des <strong>Marken</strong>inhabers selbst befinden 1009 .<br />

Ein weiteres Indiz für den Nachweis der Bösgläubigkeit ist eine wirtschaftlich überzogene<br />

<strong>und</strong> extreme Geldforderung des formellen <strong>Marken</strong>inhabers für die Freigabe<br />

seiner Registerposition zugunsten des Dritten. Diese Beweisführung ist allerdings kein<br />

unproblematisches Unterfangen, da die Abgrenzung zu einer wirtschaftlich realistischen<br />

<strong>und</strong> vertretbaren Forderung <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> zum zulässigen <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> nicht einfach<br />

vorgenommen werden kann, zumal in der gegenwärtigen Zeit die ökonomische<br />

Bedeutung der Marke stetig zunimmt <strong>und</strong> proportional dazu sich ihr Verkehrswert für<br />

ein Unternehmen erhöht. Folglich können keine festen Größenordnungen für die<br />

Abgrenzung zwischen angemessener <strong>und</strong> überzogener Geldforderung aufgestellt werden,<br />

<strong>und</strong> die Relevanz der Marke für den Dritten muß jeweils einzeln betrachtet werden. Die<br />

Beweisführung der Bösgläubigkeit ist infolgedessen alleine anhand einer für überzogen<br />

eingeschätzten Geldforderung sehr fraglich <strong>und</strong> prekär, zumeist wird aber der Nachweis<br />

der Bösgläubigkeit nicht nur <strong>mit</strong> der Höhe der Geldforderung, sondern auch <strong>mit</strong> zuvor<br />

genannten Indizien zu führen sein.<br />

Desweiteren ist ein Indiz für die Behinderungsabsicht, wenn der <strong>Marken</strong>inhaber aus<br />

seiner Marke sofort Unterlassungs- <strong>und</strong> Schadensersatzansprüche geltend macht, ohne<br />

die Marke selbst zu benutzen oder dies zukünftig beabsichtigt 1010 .<br />

Nach dem Wortlaut des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung gemäß § 50<br />

Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 51 Abs. 1 lit. b GemMVO ist der Nachweis der Bösgläubigkeit<br />

eindeutig für den Zeitpunkt der Anmeldung zu führen, eine anderweitige<br />

Auslegung würde die zulässigen Grenzen der Auslegung mißachten. Die Wahl dieses<br />

Zeitpunktes ist unverständlich <strong>und</strong> insuffizient. Zunächst kann die Bösgläubigkeit als<br />

1007 So auch Helm, GRUR 1996, 53, 600; in diesem Sinne auch OLG Frankfurt a.M., WRP 1997, 1208, 1210, die die<br />

Marke in ein bestehendes oder zukünftig konkretes Beratungskonzept für Unternehmen eingeb<strong>und</strong>en sehen<br />

wollen; in diesem Sinne nun auch BGH, GRUR 2001, 242, 245 – Classe E.<br />

1008 So auch OLG Frankfurt a.M., WRP 1997, 1208, 1210.<br />

1009 Beide Indizienvarianten sind im „Classe E“-Fall vertreten, vgl. OLG Frankfurt a.M., WRP 1997, 1208, 1210 f.<br />

1010 So auch Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 50 Rn. 14


183<br />

innere Tatsache des <strong>Marken</strong>anmelders sowieso erst durch Rückschlüsse aus den zumeist<br />

nach der Anmeldung objektiv zutage tretenden Indizien bewiesen werden, so daß die<br />

Bösgläubigkeit auf den Anmeldungszeitpunkt lediglich projiziert wird. Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong>e wurde wohl auch der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung nicht als<br />

im Eintragungsverfahren zu prüfendes absolutes Schutzhindernis in das <strong>Marken</strong>gesetz<br />

<strong>und</strong> die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung aufgenommen. Zum anderen schließt der<br />

gewählte Zeitpunkt Fallkonstellationen aus, in denen die bösgläubige Absicht erst nach<br />

der <strong>Marken</strong>anmeldung gefaßt wird, beispielsweise beim Erwerb eines wegen Nichtbenutzung<br />

löschungsreifen, aber gutgläubig angemeldeten Zeichens zur nachteiligen<br />

Wiederbelebung gegenüber einem Konkurrenten 1011 . Durch die zeitliche Fixierung der<br />

bösgläubigen Absicht auf den Anmeldezeitpunkt stellt dieser Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> kein<br />

umfassendes Korrekturinstrument gegenüber wettbewerbswirdrigem <strong>Marken</strong>einsatz dar.<br />

Eine Heilungsmöglichkeit für die einmal gegebene Bösgläubigkeit bei der Anmeldung<br />

sehen sowohl das <strong>Marken</strong>gesetz wie auch die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung nicht<br />

explizit vor, wenngleich sie die Heilung anderer Nichtigkeitsgründe ermöglichen 1012 .<br />

Diese Tatsache bedingt die unbefriedigende Situation, daß dem <strong>Marken</strong>inhaber seine<br />

anfänglich bösgläubige Absicht bei der <strong>Marken</strong>anmeldung auch dann entgegengehalten<br />

werden kann, wenn er sie im Laufe der Zeit aufgegeben hat. Die aus der fehlenden<br />

Heilungsmöglichkeit zudem geschlossene Folgerung, daß die Bösgläubigkeit nicht auf<br />

den jeweiligen <strong>Marken</strong>inhaber bezogen wird, sondern vielmehr der Marke selbst anhaftet<br />

<strong>und</strong> dementsprechend ein gutgläubiger Erwerber einer bösgläubig angemeldeten Marke<br />

stets der Gefahr einer Löschung dieser Marke ausgesetzt sei, da auch der Antrag aus dem<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung an keine Frist geb<strong>und</strong>en ist, ist dagegen<br />

unzutreffend. Diese Ansicht übersieht die Subjektivität der Bösgläubigkeit, die nur ein<br />

<strong>Marken</strong>inhaber erfüllen kann <strong>und</strong> nicht eine Eigenschaft der Marke als Objekt sein kann.<br />

Solange nicht ausdrücklich eine Haftung für den Rechtsnachfolger rechtlich normiert ist,<br />

kann dem gutgläubigen Erwerber nicht die bösgläubige Absicht des <strong>Marken</strong>anmelders<br />

entgegengehalten werden. Da eine solche Regelung sowohl im <strong>Marken</strong>gesetz wie in der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung fehlt, kann folglich dem gutgläubigen Erwerber trotz<br />

fehlender ausdrücklich genannter Heilungsmöglichkeit nicht die Bösgläubigkeit des<br />

<strong>Marken</strong>anmelders vorgeworfen werden.<br />

9. Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung – abschließende Regelung?<br />

Das gegenwärtige <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung sind, wie<br />

bereits dargestellt, gr<strong>und</strong>sätzlich keine abschließenden Sondergesetze auf dem Gebiet<br />

des <strong>Marken</strong>wesens, sie gestatten die ergänzende Anwendung nationaler außerkennzeichenrechtlicher<br />

Vorschriften, insbesondere des Wettbewerbsrechts, zum Schutz der<br />

nationalen <strong>Marken</strong>, aber auch der Gemeinschaftsmarke; allerdings ist die Anwendung<br />

dieser außerkennzeichenrechtlichen Normen nach der hier vertretenen Ansicht nur<br />

1011 Wie in BGH, WRP 1995, 96, 101 – Neutrex.<br />

1012 § 50 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 51 Abs. 2 GemMVO


184<br />

subsidiär gestattet, in dem Sinne, daß sie dann angewandt werden können, wenn die<br />

Zeichenrechte den Sachverhalt selbst nicht umfassend regeln 1013 .<br />

Für die Beantwortung der Frage, ob der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung<br />

eine abschließende Regelung <strong>und</strong> deshalb nach der hier vertretenen Ansicht die<br />

außerkennzeichenrechtlichen Normen keine Anwendung finden dürfen, ist folglich<br />

entscheidend, ob der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> die möglichen Rechtsmißbrauchsfälle der<br />

Ausnutzung einer formalen Registerposition umfassend regelt.<br />

Die Rechtsprechung hat sich zu der Frage der ergänzenden Anwendung von<br />

außerkennzeichenrechtlichen Vorschriften noch nicht generell geäußert. Bislang wurde<br />

entschieden, daß die Regelung zum Schutz bekannter <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> Unternehmensbezeichnungen<br />

(§§ 9 Abs. 2 Nr. 3, 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G) <strong>und</strong> die<br />

Regelung der geographischen Herkunftsangaben §§ 126 ff <strong>Marken</strong>G abschließend<br />

sind 1014 . Ein konkreter Maßstab, wann genau eine markenrechtliche Regelung abschließend<br />

sein soll <strong>und</strong> wann nicht, wurde nicht aufgestellt, vielmehr wurde nur global<br />

dargetan, daß neben den zu prüfenden zeichenrechtlichen Regelungen die wettbewerbsrechtlichen<br />

Normierungen nur noch ergänzend herangezogen werden können,<br />

wenn der zu beurteilende Sachverhalt nicht von den zeichenrechtlichen Vorschriften<br />

normiert wird.<br />

Wie bereits festgestellt 1015 , wurde im <strong>Marken</strong>gesetz <strong>und</strong> in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>mit</strong> dem Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung der<br />

allgemeine Rechtsmißbrauchsgedanke hinsichtlich der Marke bzw. der Gemeinschaftsmarke<br />

zeichenrechtlich verankert. Die Formulierung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es in § 50<br />

Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> in Art. 51 Abs. 1 lit b GemMVO unter Verwendung des<br />

unbestimmten Rechtsbegriffs der Bösgläubigkeit, der in Deutschland bewußt anstelle des<br />

Begriffs der Sittenwidrigkeit eingesetzt wurde 1016 , suggeriert die Annahme, daß die<br />

Regelungen abschließende sind, da diese Fassung der Nichtigkeitsgründe eine vielschichtige<br />

Auslegung eröffnet <strong>und</strong> zahlreiche Fallgruppen des Rechtsmißbrauchs von<br />

formalgeschützten Zeichenrechten unter sie zu subsumieren ermöglicht.<br />

Dennoch darf nicht übersehen werden, daß aufgr<strong>und</strong> der Formulierung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es<br />

in § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 51 Abs. 1 lit b GemMVO das<br />

Tatbestandsmerkmal der Bösgläubigkeit an ein weiteres gekoppelt ist: Die<br />

Bösgläubigkeit muß zum Zeitpunkt der Zeichenanmeldung gegeben sein. Mit dieser<br />

zeitlichen Fixierung der Bösgläubigkeit wird der Regelumfang des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es<br />

eingeschränkt. Der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> vermag folglich nicht den Rechtsmißbrauchsfall<br />

eines formalgeschützten Zeichenrechts zu regeln, bei dem die verwerfliche Behinderungsabsicht<br />

erst nach der Anmeldung der Marke gefaßt wird, beispielsweise wenn<br />

1013 Siehe dazu die obige ausführliche Darstellung unter C. III. 4. a)<br />

1014 BGH, GRUR 1999, 161 – Mac Dog, für die Regelung zum Schutz bekannter <strong>Marken</strong>; BGH, GRUR 1999, 252 –<br />

Warsteiner II, für die Regelung der geographischen Herkunftsangaben<br />

1015 Vgl. F. II. 6.<br />

1016 Siehe hierzu F. II. 6. Und F. II. 1.


185<br />

jemand die Marke von einem gutgläubigen Anmelder erwirbt oder sich ausschließlich<br />

lizenzieren läßt, um sie erpresserisch gegenüber Dritten einsetzen zu können 1017 .<br />

So<strong>mit</strong> regelt der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung die möglichen<br />

Rechtsmißbrauchsfälle hinsichtlich der Ausnutzung eines formalgeschützten Zeichenrechts<br />

nicht umfassend <strong>und</strong> kann nicht als zeichenrechtliche abschließende Regelung<br />

angesehen werden. Infolgedessen sind zur Sanktionierung der Rechtsmißbrauchsfälle<br />

<strong>mit</strong> Zeichen weiterhin die außerkennzeichenrechtlichen Normen ergänzend anwendbar<br />

1018 .<br />

In diesem Sinne hat nun auch der BGH in jüngster Zeit entschieden 1019 . Allerdings<br />

lassen seine Entscheidungen eine eingehende Betrachtung des § 50 Abs. 1 Nr. 4<br />

<strong>Marken</strong>G hinsichtlich seines abschließenden oder nicht abschließenden Regelungscharakters<br />

vermissen. Lediglich durch ein kurzes Resumée der aus der Rechtsprechung<br />

aus der Zeit des Warenzeichengesetzes bekannten Fallgruppierungen 1020 <strong>mit</strong><br />

anschließender Feststellung, daß die Konstellation der <strong>Marken</strong>eintragung ohne<br />

Vorbildzeichen zur später Erpressung Dritter von keiner dieser Fallgruppen abgebildet<br />

wird, kommt der BGH in seiner Classe E-Entscheidung zu der Aussage, daß § 50 Abs. 1<br />

Nr. 4 <strong>Marken</strong>G nicht alle Mißbrauchsfälle umfaßt <strong>und</strong> deshalb außerkennzeichenrechtliche<br />

Regelungen angewandt werden können. Hierbei läßt der BGH außer acht, daß<br />

unter § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G auch andere als die bislang bekannten Fallvarianten –<br />

wie oben ausführlich dargestellt 1021 – subsumiert werden können, so daß die Begründung<br />

für die nicht abschließende Regelung von § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G als nicht<br />

überzeugend angesehen werden kann, wenngleich das gef<strong>und</strong>ene Ergebnis vorliegend<br />

befürwortet wird. Auch die Begründung in der EQUI 2000-Entscheidung vermag nicht<br />

vollständig zu überzeugen, da sie allein auf den verfahrensrechtlichen Aspekt abstellt,<br />

indem sie darlegt, daß der deutsche Gesetzgeber <strong>mit</strong> den Regelungen des<br />

<strong>Marken</strong>gesetzes nicht die zu Zeiten des Warenzeichengesetzes bestehende<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Patentamt <strong>und</strong> den<br />

Gerichten beseitigen wollte 1022 .<br />

Angesichts der <strong>deutschen</strong> ausschließlichen Zuständigkeitszuteilung für die Prüfung des<br />

Antrags der Löschung aufgr<strong>und</strong> des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung<br />

nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G an das Deutsche Patent- <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>amt 1023 sollte die<br />

ergänzende Anwendung der außerkennzeichenrechtlichen Normen nicht so verstanden<br />

werden, daß die außerkennzeichenrechtlichen Normen nur dann supplimentär als<br />

1017 Vgl. beispielsweise BGH, WRP 1995, 96 - NEUTREX<br />

1018 Zu diesem Ergebnis kommt auch v. Linstow, <strong>Marken</strong>R 1999, 81, 83, wenngleich <strong>mit</strong> einer anderen<br />

Argumentation; stets für die parallele Anwendbarkeit von kennzeichenrechtlichen <strong>und</strong> wettbewerbsrechtlichen<br />

Normen Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 2 Rn. 2.<br />

1019 BGH, GRUR 2001, 242, 244 – ClasseE <strong>und</strong> BGH, GRUR 2000, 1032, 1034 – EQUI 2000<br />

1020 Vgl. die diesbezügliche ausführliche Darstellung unter F. II. 3.<br />

1021 Siehe unter F. II. 6.<br />

1022 BGH, GRUR 2000, 1032, 1034<br />

1023 Die Möglichkeit den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung als Einrede vor den ordentlichen Gerichten<br />

geltend zu machen, tangiert die ausschließliche Zuständigkeit des Deutschen Patent- <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>amtes<br />

hinsichtlich des Löschungsantrags nicht, siehe auch Fn. 986.


186<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lage herangezogen werden dürfen, wenn es sich tatsächlich um die<br />

Zeichenrechtsmißbrauchsfälle handelt, die nicht vom zeichenrechtlichen Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

der bösgläubigen Anmeldung geregelt werden, um auf diesem Weg die vom<br />

<strong>deutschen</strong> Gesetzgeber mißlich gewählte Zuständigkeitskonzeption ausschließlich<br />

zugunsten des Deutschen Patent- <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>amtes kompensieren zu können 1024 . Sofern<br />

ein Rechtsmißbrauch einer formellen Marke direkt vor Gericht geltend gemacht wird,<br />

verhindert diese Interpretation der ergänzenden Anwendung nämlich abwegige gerichtliche<br />

Entscheidungen, die erst nach komlexer Prüfung <strong>und</strong> langwieriger Beweisaufnahme<br />

im Falle der Feststellung, daß der Zeichen-rechtsmißbrauch respektive die<br />

Bösgläubigkeit schon zum Zeitpunkt der <strong>Marken</strong>anmeldung gegeben war, das anhängige<br />

Verfahren allein wegen formeller Unzuständigkeit abweisen müßten, wenn doch später<br />

das Deutsche Patent- <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>amt den gleichen Sachverhalt als rechtsmißbräuchlich<br />

ahnden würde. Die Gefahr, daß über die direkte Geltendmachung des Zeichenmißbrauchs<br />

vor Gericht eine Fallkonstellation nicht sanktioniert werden kann, besteht nicht.<br />

Auch die erst durch die Aufgabe des Akzessorietätsprinzips hervorgegangene Fallgruppe<br />

der Aggressionsmarke kann <strong>mit</strong> den außerkennzeichenrechtlichen Normen geahndet<br />

werden 1025 .<br />

Diese Interpretation sollte auch – unter Vorbehalt, daß die nationalen außerkennzeichenrechtlichen<br />

Normen auf die Gemeinschaftsmarke anwendbar sind – auf die<br />

Gemeinschaftsmarke angewandt werden. Denn wenn auch die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

die Überprüfung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es gemäß Art. 51 Abs. 1 lit. b<br />

GemMVO neben dem <strong>Marken</strong>amt durch eine Widerklage im Verletzungsprozeß den<br />

Gerichten zuweist, so verhindert sie auch hier umständliche <strong>und</strong> langatmige<br />

Verfahrensprozeduren, die letztendlich zum gleichen Ergebnis führen würden.<br />

Die Anwendung nationaler außerkennzeichenrechtlicher Normen in bezug auf die<br />

Gemeinschaftsmarke läßt zwar Art. 14 Abs. 2 GemMVO generell zu, jedoch ist dieser<br />

Verweisungsnorm alleine nicht eindeutig zu entnehmen, ob die nationalen Rechtsvorschriften<br />

nur zugunsten der Gemeinschaftsmarke angewendet werden dürfen oder ob<br />

sie zusätzlich auch zum Nachteil der Gemeinschaftsmarke, indem sich auch nationale<br />

<strong>Marken</strong> auf diese Normen gegenüber <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> stützen, eingesetzt werden<br />

dürfen. Die Formulierung, daß „Klagen betreffend eine Gemeinschaftsmarke“ auf die<br />

nationalen Regelungen gestützt werden dürfen, kann sowohl die eine wie die andere<br />

Variante beinhalten; welche letztendlich die vom Gesetzgeber gewollte ist, kann hier nur<br />

durch systematische <strong>und</strong> teleologische Auslegung er<strong>mit</strong>telt werden.<br />

Art. 14 GemMVO steht im zweiten Abschnitt der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>mit</strong><br />

der Überschrift „Wirkungen der Gemeinschaftsmarke“, der die Regelungen der Ausschließlichkeitsrechte,<br />

die die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber gewährt, beinhaltet.<br />

Dieser Systematik folgend könnte die Verweisung auf die nationalen Normen lediglich<br />

zugunsten der Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> der Interessen des Inhabers einer Gemeinschaftsmarke<br />

interpretiert werden, <strong>mit</strong> der Folge, daß sich ein nationaler <strong>Marken</strong>inhaber<br />

gegenüber einer Gemeinschaftsmarke nicht auf außerkennzeichenrechtliche Vorschriften<br />

1024 In diesem Sinne auch BGH, GRUR 2000, 1032, 1034<br />

1025 Vgl. BGH, GRUR 2000, 1932, 1034; OLG München, WRP 1997, 1208; Helm, GRUR 1996, 593, 600 f.


187<br />

berufen könnte 1026 . Untermauert werden könnte diese Auslegung <strong>mit</strong> der Zielsetzung der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, den Binnenmarkt zu verwirklichen <strong>und</strong> die Hindernisse<br />

für den freien Waren- <strong>und</strong> Dienstleistungsverkehr zu beseitigen, die durch die<br />

Anwendung der noch nicht harmonisierten außerkennzeichenrechtlichen Normen beeinträchtigt<br />

werden könnte. Diese Auslegung hätte aber zur Folge, daß sich eine nationale<br />

Marke gegenüber einer Gemeinschaftsmarke nur auf den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen<br />

Anmeldung nach Art. 51 Abs. 2 lit. b GemMVO berufen könnte <strong>und</strong> da<strong>mit</strong><br />

schutzlos wäre, wenn die Gemeinschaftsmarke nicht bösgläubig angemeldet wurde,<br />

sondern sie erst zu einem späteren Zeitpunkt rechtsmißbräuchlich verwendet wird.<br />

Dieses Ergebnis wäre nicht sachgerecht, auch wenn es die angestrebte Attraktivität der<br />

Gemeinschaftsmarke gegenüber den nationalen <strong>Marken</strong> stärken würde, so würde diese<br />

Bevorzugung aber auf unbillige Weise geschehen.<br />

Art. 14 GemMVO kann bei genauer Betrachtung vielmehr auch dahingehend<br />

systematisch ausgelegt werden, daß die nationalen außerkennzeichenrechtlichen Normen<br />

auch von nationalen <strong>Marken</strong> gegenüber <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> eingesetzt werden dürfen.<br />

Denn in Art. 14 Abs. 1 GemMVO wird allein geregelt, welche Normen für die<br />

Verletzung von <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> anwendbar sind; dementsprechend kann die<br />

Formulierung in Art. 14 Abs. 2 GemMVO „Klagen betreffend eine Gemeinschaftsmarke“<br />

so verstanden werden, daß dieser Absatz sich auch auf Klagen bezieht, die gegen<br />

eine Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> gegen von ihr ausgehende Verletzungen gerichtet<br />

sind. Solche Klagen können, teleologisch ausgelegt, nicht nur von betroffenen anderen<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhabern erhoben werden, klageberechtigt sind auch die Inhaber<br />

nationaler <strong>Marken</strong>, da auch sie von der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung gegenüber<br />

Verletzungen durch <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>, Art. 8 Abs. 2 lit. a <strong>und</strong> Abs. 4 GemMVO,<br />

geschützt sind. Diese Interpretation entspricht der bewußten <strong>und</strong> gewollten Koexistenz<br />

von <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> <strong>und</strong> nationalen <strong>Marken</strong>. In Korrelation zur Auslegung des<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung muß auch hier von der Anwendung<br />

des außerkennzeichenrechtlichen Schutzes zugunsten der nationalen <strong>Marken</strong> die Fallgruppe<br />

„Erschwernis des Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsverhaltens“ entsprechend den oben<br />

dargelegten Gründen herausgenommen werden 1027 .<br />

Zusammenfassend kann da<strong>mit</strong> festgehalten werden, daß sowohl der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

der bösgläubigen Anmeldung nach Art. 51 Abs. 1 lit b GemMVO wie auch der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong><br />

der bösgläubigen Anmeldung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G keine<br />

abschließende Regelung darstellt <strong>und</strong> folglich die Rechtsprechung des Rechtsmißbrauchs<br />

auf der Rechtsgr<strong>und</strong>lage des außerkennzeichenrechtlichen Schutzes weiterhin ihre<br />

eigenständige Bedeutung behält <strong>und</strong> nicht nur als Interpretationshilfe für die Nichtigkeitsgründe<br />

der bösgläubigen Anmeldung nunmehr fungiert.<br />

1026 In diesem Sinne Ingerl, S. 38; gr<strong>und</strong>sätzlich gegen die Anwendung außerkennzeichenrechtlicher Normen,<br />

insbesondere bezogen auf das Wettbewerbsrecht, hat sich in diesem Zusammenhang Balz, RabelZ 45 (1981), S.<br />

317, 326 im Entwicklungsstadium der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung ausgesprochen.<br />

1027 Siehe dazu die Darstellung unter F. II. 6. c)


188<br />

10. Summarische Betrachtung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung<br />

Die Untersuchung des gleichlautenden Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung<br />

nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 51 Abs. 1 lit. b GemMVO hat ergeben,<br />

daß der diesen Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> prägende unbestimmte Rechtsbegriff der Bösgläubigkeit<br />

<strong>mit</strong> Hilfe von verschiedenen Fallgruppen konkretisiert werden kann. Die<br />

vorliegend dargestellten Fallgruppen können keinen Anspruch auf Vollständigkeit<br />

geltend machen, wenngleich sie ein breites Spektrum der denkbaren Rechtsmißbrauchsfälle<br />

von formal geschützten Zeichenrechten aufzeigen.<br />

Die Fallgruppenbildung kann nicht über die Komplexität <strong>und</strong> die Kala<strong>mit</strong>ät der<br />

generalklauselartigen Weite des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>s hinwegtäuschen. Zwar bietet der<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> <strong>mit</strong> seinem unbestimmten Rechtsbegriff der Bösgläubigkeit ein<br />

flexibles zeichenrechtliches Instrument zur Korrektur <strong>und</strong> Verhinderung der Vielfalt von<br />

widerrechtlichen Verhaltensweisen, die eine zweckfremde Ausnutzung einer formalen<br />

Registerposition entgegen den vorgesehenen Schutzausrichtungen für eine Marke<br />

darstellen <strong>und</strong> ermöglicht so eine sachgerechte Lösung unter Berücksichtigung der<br />

besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls, gleichzeitig aber impliziert er eine<br />

nicht zu unterschätzende Rechtsunsicherheit 1028 . Denn auch die aufgezeigten Fallgruppen<br />

können den unter sie zu subsumierenden Sachverhalt nicht dahingehend<br />

präzisieren, daß eine verläßliche Prognose des Einzelfalls durchweg gangbar ist,<br />

vielmehr werden oftmals erst behördliche oder gerichtliche Entscheidungen eine<br />

definitive Klärung nach der Anmeldung <strong>und</strong> Eintragung der Marke bringen. Diese<br />

allgemeine Problematik <strong>mit</strong> einem unbestimmten Rechtsbegriff wird insbesondere für<br />

die Fallvariante der Aggressionsmarke noch nachhaltig durch die moderne Konzeption<br />

des <strong>Marken</strong>gesetzes <strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung verstärkt, indem durch<br />

die Zulassung der <strong>Marken</strong>anmeldung <strong>und</strong> –eintragung für Privatleute, Werbeagenturen<br />

<strong>und</strong> Rechtsanwälte <strong>und</strong> der freien Vermarktungsmöglichkeit der Marke das Spannungsfeld<br />

zwischen der lauteren <strong>und</strong> der unlauteren <strong>Marken</strong>vermarktung akzentuiert wurde.<br />

Wenn auch, wie oben dargestellt, die gr<strong>und</strong>sätzlichen Parameter zur Grenzziehung<br />

zwischen widerrechtlicher <strong>und</strong> zulässiger Verwertung einer Marke festgelegt werden<br />

können, so sind doch auch einige Grauzonen möglich, in denen eine bestimmte Entscheidung<br />

nicht zwingend ist, sie vielmehr von der Gr<strong>und</strong>einstellung zur Ausgestaltung der<br />

Marke als Vermögensgut abhängt 1029 . Diese Tatsache <strong>und</strong> der Umstand der insgesamt<br />

schwierigen Beweisführung der wettbewerbswirdrigen Vermarktungsstrategie zeigen<br />

deutlich die Schwachstellen des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es, sie sind der Preis für ein dynamisches<br />

<strong>und</strong> anpassungsfähiges Rechtsinstrument.<br />

Ein davon unabhängiger Kritikpunkt an dem Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen<br />

Anmeldung ist seine Fixierung auf das Anmeldestadium <strong>und</strong> der Ausschluß von<br />

Heilungsmöglichkeiten. Nur die Beachtung der Bösgläubigkeit im Anmeldungsprozeß<br />

ist nämlich nicht ausreichend, da auch eine zunächst ordnungsgemäß angemeldete <strong>und</strong><br />

eingetragene Marke zu einem späteren Zeitpunkt erst wettbewerbswirdrig eingesetzt<br />

1028 In diesem Sinne auch Meister, WRP 1995, 366, 370 <strong>und</strong> Deutsch, GRUR 1995, 319, 320.<br />

1029 Gedacht sei hier beispielsweise an die Beurteilung der vom formellen <strong>Marken</strong>inhaber geforderten Geldsumme,<br />

siehe dazu die Darstellung unter F. II. 4.


189<br />

oder verwertet werden kann 1030 . Umgekehrt haftet nach der derzeitigen Ausgestaltung<br />

der Nichtigkeitsgründe dem <strong>Marken</strong>inhaber seine bei der Anmeldung zwar vorhandene<br />

bösgläubige Absicht auch dann noch an, wenn er die Marke später in zulässiger Weise<br />

benutzt oder verwertet, so daß die Marke dennoch gelöscht werden kann. Demzufolge<br />

sind die Nichtigkeitsgründe der bösgläubigen Anmeldung unzulänglich <strong>und</strong> unbefriedigend.<br />

Die Fixierung der Bösgläubigkeit auf den Anmeldungszeitpunkt <strong>und</strong> der dadurch<br />

entstehenden Gesetzeslücke hinsichtlich eines rechtsmißbräuchlichen Verhaltens nach<br />

der Anmeldung kann zwar über die nationalen außerkennzeichenrechtlichen Normen<br />

kompensiert werden; doch dieser zwar zulässige Lösungsweg evoziert einmal den<br />

nationalen Einfluß auf das europäische <strong>Marken</strong>recht <strong>und</strong> beeinträchtigt da<strong>mit</strong> die<br />

einheitliche Anwendung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> zum anderen belastet<br />

er die Harmonisierung der nationalen <strong>Marken</strong>gesetze. Zudem kann er nicht die<br />

mangelnde Heilungsmöglichkeit für die Bösgläubigkeit aufwiegen. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

wäre die Nachbesserung des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung sowohl<br />

in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung als auch im <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz erstrebenswert,<br />

um so den negativen Einfluß des bisherigen Lösungswegs zu vermeiden. Die<br />

Nachbesserung sollte eine Heilungsmöglichkeit für die Bösgläubigkeit enthalten <strong>und</strong> das<br />

subjektive Tatbestandsmerkmal der Bösgläubigkeit nicht mehr auf den<br />

Anmeldungszeitpunkt fixieren, sondern stattdessen seine Erfüllung zum jeweiligen<br />

Entscheidungszeitpunkt fordern. Der deutsche Gesetzgeber könnte diese Berichtigung<br />

ohne vorherige Korrektur der Richtlinie vornehmen, da der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der<br />

bösgläubigen Anmeldung in § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G lediglich als Umsetzung der<br />

Option aus Art. 3 Abs. 2 lit. d der Richtlinie hervorgegangen ist.<br />

Insgesamt gesehen stellt der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung sowohl auf<br />

gemeinschaftlicher wie auf der <strong>deutschen</strong> Ebene seinem Ansatz nach ein relevantes <strong>und</strong><br />

obligates Rechtsinstrument zur Verhinderung <strong>und</strong> Beseitigung von Rechtsmißbrauchsfällen<br />

formal geschützter Zeichenrechte dar 1031 , wenngleich seine rechtliche Ausgestaltung<br />

zur umfassenderen Anwendung – wie eben aufgezeigt -, noch verbesserungswürdig<br />

ist. Mit der Aufnahme des Nichtigkeitsgr<strong>und</strong>es der bösgläubigen Anmeldung in<br />

das deutsche <strong>und</strong> das europäische <strong>Marken</strong>recht wird der Entwicklung der wirtschaftlichen,<br />

immer größer werdenden Bedeutung der Marke für Unternehmen Rechnung<br />

getragen <strong>und</strong> ein markenrechtliches Korrektiv für die <strong>mit</strong> der wirtschaftlichen Relevanz<br />

verb<strong>und</strong>enen negativen Auswüchsen des abträglichen Einsatzes von Zeichen im tatsächlichen<br />

Wettbewerbsgeschehen geschaffen. Die Integration der wettbewerblichen<br />

Komponenten der Marke in die Zeichenrechte an dieser Stelle, läßt die in der <strong>deutschen</strong><br />

Literatur geübte Kritik an der Expansion des Zeichenschutzes über die außerkennzeichenrechtlichen<br />

Gr<strong>und</strong>lage, insbesondere über das Wettbewerbsrecht 1032 , so<strong>mit</strong><br />

gr<strong>und</strong>sätzlich überholt <strong>und</strong> hinfällig werden. Der heftigst umstrittene Punkt der<br />

überdehnten Auslegung des vom Wettbewerbsrechts geforderten Wettbewerbs-<br />

1030 Vgl. nur BGH, WRP 1995, 96, 101 - Neutrex<br />

1031 A.A. v. Linstow, <strong>Marken</strong>R 1999, 81<br />

1032 Vgl. Fezer, GRUR 1986, 485, 486, hinsichtlich dieses unbestrittenen Rechtsbedarfs an <strong>Marken</strong>schutz.


190<br />

verhältnisses, wird durch den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung nahezu<br />

gegenstandslos 1033 . Indem der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> von jedermann <strong>mit</strong> Antrag geltend<br />

gemacht werden kann, besteht auch nicht die Gefahr, daß die Diskussion von den an das<br />

Wettbewerbsverhältnis zu stellenden Voraussetzungen , sich auf die Anforderungen an<br />

das Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich des Antragstellers verlagert.<br />

Im Hinblick auf den <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> bewirkt der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen<br />

Anmeldung, daß der unlautere Handel <strong>mit</strong> <strong>Marken</strong>, indem eingetragene <strong>Marken</strong> als<br />

Druck- <strong>und</strong> Erpressungs<strong>mit</strong>tel zur Erzielung übertriebener Geldforderungen für die<br />

Übertragung der Marke bzw. für ihre Lizenzierung eingesetzt werden, auch <strong>mit</strong>tels des<br />

<strong>deutschen</strong> sowie des europäischen <strong>Marken</strong>rechts sanktioniert werden kann. Der lautere<br />

<strong><strong>Marken</strong>handel</strong> wird dagegen sowohl auf der <strong>deutschen</strong> wie auch auf der gemeinschaftsrechtlichen<br />

Ebene durch den Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung<br />

nicht tangiert, auch dann nicht, wenn <strong>Marken</strong>, die zuvor ohne dazugehörigen Geschäftsbetrieb<br />

von Privatpersonen angemeldet wurden, gehandelt werden – eine konsequente<br />

Deduktion der Aufgabe des Akzessorietätsprinzips der Marke von einem Geschäftsbetrieb<br />

im <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> europäischen <strong>Marken</strong>recht.<br />

Als Endergebnis kann da<strong>mit</strong> festgestellt werden, daß der <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> in den oben<br />

aufgeführten Schranken auch für Privatpersonen sowohl nach dem <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>recht<br />

wie auch nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung zulässig ist.<br />

1033 Durch die ergänzende Anwendung der außerkennzeichenrechtlichen Normen ist er allerdings noch nicht ganz<br />

bedeutungslos geworden.


191<br />

G. <strong><strong>Marken</strong>handel</strong> <strong>und</strong> freier Warenverkehr<br />

Eine umfassende Erörterung des <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s bedarf auch der Prüfung, inwieweit für<br />

den Handel <strong>mit</strong> nationalen <strong>Marken</strong> neben den national rechtlichen Schranken auch<br />

gemeinschaftsrechtliche Schranken bestehen; insbesondere ist hier der Gr<strong>und</strong>satz des<br />

freien Warenverkehrs von Interesse.<br />

I. Identische nationale <strong>Marken</strong> eines <strong>Marken</strong>inhabers<br />

Indem ein <strong>Marken</strong>inhaber seine Marke in verschiedenen europäischen Mitgliedstaaten<br />

als Marke eintragen läßt <strong>und</strong> einzelne nationale <strong>Marken</strong> später an verschiedene Inhaber<br />

veräußert, könnten zu Lasten des freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen<br />

Union die nationalen Märkte abgeschottet werden, wenn die verschiedenen Erwerber aus<br />

ihrer Marke einander gegenüber ihr markenrechtliches Ausschließlichkeitsrecht geltend<br />

machen könnten, um die Einfuhr von identisch gekennzeichneten Waren von einem in<br />

den anderen Mitgliedstaat zu verhindern. Sollte die Ausübung ihres ausschließlichen<br />

Rechts für die verschiedenen Inhaber aufgr<strong>und</strong> des freien Warenverkehrs nach Art. 28,<br />

30 EGV 1034 rechtlich nicht zulässig sein, so würde dies indirekt eine Schranke für den<br />

Handel <strong>mit</strong> nationalen <strong>Marken</strong> bedeuten, da der <strong>Marken</strong>inhaber mehrerer identischer<br />

nationaler <strong>Marken</strong> seine Marke an verschiedene Rechtsnachfolger nur rechtsmängelbehaftet<br />

übertragen könnte.<br />

Der Problemkreis nationale <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> freier Warenverkehr hat schon mehrfach den<br />

EuGH beschäftigt. Seine Entscheidungen hierzu sind beachtlich, zeigen sie doch eine<br />

interessante <strong>und</strong> begrüßenswerte Entwicklung seiner Rechtsprechung zugunsten des<br />

nationalen <strong><strong>Marken</strong>handel</strong>s.<br />

Den Auftakt in dieser Entwicklungsphase macht die „HAG I“-Entscheidung 1035 . Der<br />

EuGH begründete in dieser Entscheidung die Lehre vom gemeinsamen Ursprung<br />

aufgespaltener nationaler <strong>Marken</strong>rechte als Teil der gemeinschaftsrechtlichen<br />

Erschöpfungslehre <strong>und</strong> sah in der Ausübung des ausschließlichen Rechts aus einer<br />

ursprungsgleichen identischen Marke, um die Einfuhr von Waren zu verbieten, die in<br />

einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig <strong>mit</strong> einem ursprungsgleichen Zeichen<br />

gekennzeichnet wurden, einen Verstoß gegen die europarechtlichen Bestimmungen über<br />

den freien Warenverkehr, da seiner Ansicht nach die Aufklärung der Verbraucher über<br />

die Herkunftsangabe einer Ware auch auf andere, den freien Warenverkehr nicht<br />

beeinträchtigende Weise sichergestellt werden könne 1036 .<br />

Die „HAG-I“-Entscheidung hat in der Literatur zu recht heftige Kritik ausgelöst, da die<br />

Aushöhlung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte befürchtet wurde 1037 , auch wenn der ihr<br />

zugr<strong>und</strong>eliegende Sachverhalt als Ausnahmefall angesehen werden muß, da die<br />

verschiedenen <strong>Marken</strong>inhaber nicht durch eine freiwillige Veräußerung eines nationalen<br />

1034 Früher Art. 30, 36 EWGV, siehe Fn. 15.<br />

1035 EuGH, Urt. v. 3.7.1974, Rs. 192/73, Slg. 1974, 731 ff – HAG I = GRUR Int. 1974, 338 ff.<br />

1036 GRUR Int. 1974, 338, 339<br />

1037 Vgl. die Angaben bei Loewenheim, Festschrift GRUR Bd., S. 1051, 1085 Fn. 228 <strong>und</strong> bei Fezer/Hefermehl,<br />

H/I/Sch/S, S. 71 Fn. 215.


192<br />

<strong>Marken</strong>rechts ihr Recht ableiteten, vielmehr die Ursache der Aufspaltung eine<br />

Sequestration <strong>und</strong> Enteignung am Ende des zweiten Weltkrieges war 1038 .<br />

Die beanstandete Lehre wurde aber zwei Jahre später <strong>mit</strong> der „Terranova“-<br />

Entscheidung 1039 vom EuGH dennoch bestätigt <strong>und</strong> überdies auf die freiwillige<br />

Aufspaltung einer ursprungsgleichen Marke ausgedehnt. Auf die Möglichkeit, die<br />

identischen nationalen <strong>Marken</strong> durch Zusätze zu differenzieren, weist der EuGH hier<br />

nicht mehr hin. Die „Terranova“-Entscheidung beruht vielmehr auf dem<br />

Gr<strong>und</strong>gedanken, daß niemand mehr an Rechten übertragen könne, als ihm selbst im<br />

Gemeinsamen Markt zustehen <strong>und</strong> sich in der Feststellung der Entscheidung spiegelt,<br />

daß durch die Aufspaltung der Marke ihre Hauptfunktion, dem Verbraucher die Identität<br />

des Warenursprungs zu garantieren, bereits in Frage gestellt wurde 1040 .<br />

Mit der Ausdehnung seiner Lehre ursprungsgleicher <strong>Marken</strong> auch auf die freiwillige<br />

Aufspaltung dokumentierte der EuGH, daß es ihm ausschließlich um die Verhinderung<br />

<strong>und</strong> Abwehr der künstlichen Marktabschottung im Gemeinsamen Markt ging <strong>und</strong> er<br />

nicht generell <strong>und</strong> durchweg die Marktabschottung durch den nationalen <strong>Marken</strong>schutz<br />

unterbinden will 1041 . Diese Aussage unterstrich der EuGH, indem er am Ende seiner<br />

Entscheidung ausdrücklich betonte, daß der Gr<strong>und</strong>satz des freien Warenverkehrs keinen<br />

Vorrang zu Lasten der Ausübung des Ausschließlichkeitsrechts aus nationalen <strong>Marken</strong><br />

zur Abwendung einer Verwechslungsfahr genießt, wenn die sich gegenüberstehenden<br />

nationalen <strong>Marken</strong> von verschiedenen <strong>und</strong> unabhängigen Inhabern angemeldet wurden,<br />

da ansonsten der spezifische Gegenstand der nationalen <strong>Marken</strong>gesetze beeinträchtigt<br />

würde 1042 .<br />

Zur freudigen Überraschung vieler hat der EuGH in seiner „HAG II“-Entscheidung die<br />

<strong>mit</strong>tels der Lehre vom gemeinsamen Ursprung befürchtete Aushöhlung der nationalen<br />

<strong>Marken</strong>rechte nicht Wirklichkeit werden lassen <strong>und</strong> sich gar von seiner Lehre<br />

abgewendet, indem er den Vorschriften des freien Warenverkehrs dann keinen Vorrang<br />

zugesprochen hat, wenn zwar der <strong>Marken</strong>inhaber die Einfuhr von Waren <strong>mit</strong>tels seines<br />

<strong>Marken</strong>zeichens wie in den vorgenannten Entscheidungen zu verhindern versucht, die<br />

ursprungsgleichen nationalen <strong>Marken</strong>rechte aber als Folge einer Enteignungsmaßnahme<br />

entstanden sind <strong>und</strong> zwischen den betreffenden <strong>Marken</strong>inhabern keinerlei rechtliche oder<br />

wirtschaftliche Beziehungen <strong>und</strong> Abhängigkeiten bestehen.<br />

Die einschneidende Trendwende des EuGH basiert vornehmlich in der Aufgabe der die<br />

Lehre des gemeinsamen Ursprungs <strong>mit</strong>prägenden negativen Einstellung zu <strong>Marken</strong> im<br />

Vergleich zu anderen Formen des geistigen Eigentums, insbesondere den Patenten, <strong>und</strong><br />

der Wertschätzung der Zeichenrechte als wesentlicher Bestandteil des Systems eines<br />

1038 Vgl. Fezer/Hefermehl, H/I/Sch/S, S. 72<br />

1039 EuGH, Rs. 119/75, Slg. 1976, 1039 ff = GRUR Int. 1976, 402 ff.<br />

1040 GRUR Int. 1976, 402, 410, 411<br />

1041 In diesem Sinne auch Fezer, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 405, 419; Der EuGH weist selbst in seiner<br />

„Terranova“-Entscheidung ausdrücklich darauf hin, daß gr<strong>und</strong>sätzlich die Ausübung des ausschließlichen Rechts<br />

aus der Marke zum spezifischen Gegenstand des <strong>Marken</strong>rechts gehört <strong>und</strong> dementsprechend dem Gr<strong>und</strong>satz des<br />

freien Warenverkehrs kein Vorrang allgemein eingeräumt werden kann, GRUR Int. 1976, 402, 411.<br />

1042 GRUR Int. 1976, 402, 411


193<br />

unverfälschten Wettbewerbs 1043 . Der EuGH erkannte da<strong>mit</strong> endlich die wirtschaftliche<br />

<strong>und</strong> rechtliche Gleichwertigkeit der Marke zu den anderen Immaterialgütern an <strong>und</strong><br />

bewertete die Aufgabe, die der Marke in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung<br />

zukommt, angemessen 1044 . Offen blieb in der „HAG II“-Entscheidung die Frage, ob die<br />

Abkehr von der Lehre des gemeinsamen Ursprungs auch auf den hier besonders<br />

interessierenden Fall der gezielten <strong>Marken</strong>übertragung durch rechtsgeschäftliche<br />

Veräußerung anzuwenden ist.<br />

Der Einstellungswandel zu den <strong>Marken</strong> veranlaßte den EuGH, entgegen seiner die<br />

„HAG I“-Entscheidung kennzeichnende schnellen <strong>und</strong> unzureichend begründeten<br />

Betonung, daß die Verwendung des identischen Zeichens ein nicht gerechtfertigtes<br />

Mittel zur willkürlichen Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung des<br />

Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstelle <strong>und</strong> die Ausübung des Zeichenrechts<br />

geeignet sei, zur Abschottung der Märkte beizutragen, sein Augenmerk nunmehr auf den<br />

spezifischen Gegenstand des nationalen Zeichenrechts auch bei ursprungsgleichen<br />

<strong>Marken</strong> zu legen, bevor er die Rechtfertigung der Beschränkung der Ausübung der<br />

nationalen Zeichenrechte überprüfte, deren Bejahung durch seine zwischenzeitlich<br />

deutlich formulierte Definition des spezifischen Gegenstandes in anderen<br />

Entscheidungen nicht mehr so leichtfertig ausgesprochen werden konnte 1045 . Den<br />

spezifischen Gegenstand des nationalen Zeichenrechts achtend, der das zeichenrechtliche<br />

Abwehrrecht des <strong>Marken</strong>inhabers zum Schutze seiner Marke vor Mißbräuchen seitens<br />

Dritter umfaßt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> den Schutz der Identifikations- <strong>und</strong> Qualitätsfunktion der<br />

Marke für den <strong>Marken</strong>inhaber gewährleistet, prüfte der EuGH anschließend den von ihm<br />

begründeten Gr<strong>und</strong>satz der Erschöpfung 1046 , nach dem das Abwehrrecht versiegt ist,<br />

wenn der <strong>Marken</strong>inhaber seine <strong>mit</strong> der Marke gekennzeichneten Erzeugnisse selbst in<br />

den Verkehr gebracht hat, ein Dritter die Marke <strong>mit</strong> seiner Zustimmung oder eine<br />

rechtlich oder wirtschaftlich von dem <strong>Marken</strong>inhaber abhängige Person sie<br />

verwendet 1047 . Das Vorliegen jeglicher Zustimmung wurde vom EuGH aber im Fall der<br />

unfreiwilligen Aufspaltung bei ursprungsgleichen <strong>Marken</strong> verneint. Weil zwischen den<br />

tangierten <strong>Marken</strong>inhabern keine rechtliche <strong>und</strong> wirtschaftliche Abhängigkeit bestand,<br />

war diese Antwort nur gangbar unter der einsichtigen <strong>und</strong> sachgerechten, für den EuGH<br />

allerdings neuartigen Annahme, die beiden, aus der Enteignung hervorgegangenen<br />

<strong>Marken</strong> desselben Ursprungs nunmehr als rechtlich selbständige <strong>und</strong> originäre <strong>Marken</strong>rechte<br />

anzusehen.<br />

1043 „Hag II“-Entscheidung, EuGH, Rs. C-10/89, Slg. 1990, I-3711 = GRUR Int. 1990, 960, 961; insbesondere der<br />

Schlußantrag von Generalanwalt Jacobs zu dieser Entscheidung hat durchschlagend zu dieser Trendwende<br />

beigetragen.<br />

1044 Vgl. dazu ausführlich Fezer, Festschrift für Gaedertz, S. 153, 156 ff <strong>und</strong> Joliet, GRUR Int. 1991, 177, 180 f.<br />

1045 EuGH, Rs. C-10/89, Slg. 1990, I-3711 = GRUR Int. 1990, 960, 961 <strong>und</strong> Schlußantrag von Generalanwalt<br />

Jacobs, GRUR Int. 1990, 962, 965 f.<br />

1046 Diese gemeinschaftsrechtliche Erschöpfungslehre besteht auch nach der Harmonisierung der <strong>Marken</strong>gesetze<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich als eigene Schranke neben dem nationalen zeichenrechtlichen Erschöpfungsgr<strong>und</strong>satz, § 24<br />

<strong>Marken</strong>G, vgl. Ingerl/Rohnke, <strong>Marken</strong>G, § 24 Rn. 16 sowie Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 24 Rn. 59; a.A. Sack, GRUR<br />

1997, 1, 2.<br />

1047 EuGH, Rs. C-10/89, Slg. 1990, I-3711 = GRUR Int. 1990, 960, 961, Erschöpfungsgr<strong>und</strong>satz erstmalig in<br />

„Deutsche Grammophon“-Entscheidung, EuGH, Rs. 78/70, Slg. 1971, 487 ff = GRUR Int. 1971, 450 ff.


194<br />

Dieses Prüfungskriterium der Beherrschbarkeit der Zeichenverwendung, im<br />

Zusammenhang <strong>mit</strong> der Anerkennung der Selbständigkeit von aus einer Enteignung<br />

hervorgegangenen <strong>Marken</strong>rechten, erlangt zentrale Bedeutung für die Abkehr der Lehre<br />

des gemeinsamen Ursprungs insgesamt, weil es den noch in der „Terranova“-<br />

Entscheidung weit gefaßten <strong>und</strong> auch auf die freiwillige <strong>Marken</strong>aufspaltung als<br />

anwendbar erklärten gemeinschaftsrechtlichen Gr<strong>und</strong>satz der Erschöpfung, nachdem<br />

mehrere nationale <strong>Marken</strong>rechte an einer identischen Marke eines <strong>Marken</strong>inhabers als<br />

einheitliches <strong>Marken</strong>recht aufgefaßt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> in der Übertragung eines dieser<br />

<strong>Marken</strong>rechte generell die Erschöpfung dieses <strong>und</strong> der restlichen <strong>Marken</strong>rechte des<br />

<strong>Marken</strong>inhabers gesehen wurde 1048 , auf seinen berechtigten Ansatz begrenzt <strong>und</strong> da<strong>mit</strong><br />

den Gr<strong>und</strong>gedanken der „Terranova“-Entscheidung, daß niemand mehr an Rechten<br />

übertragen könne, als ihm selbst im Gemeinsamen Markt zustehen, hinsichtlich der<br />

freiwilligen <strong>Marken</strong>übertragung obsolet werden läßt 1049 . Desweiteren berichtigt die<br />

„HAG II“-Entscheidung den antiquierten Ansatz in der „Terranova“-Entscheidung, daß<br />

die Identitätsfunktion der Marke bereits durch die freiwillige Aufspaltung in Frage<br />

gestellt sei, nach dem gegenwärtigen <strong>Marken</strong>verständnis dahingehend, daß die Marke<br />

auch als Hinweis auf eine anonyme betriebliche Quelle fungieren kann. Da<strong>mit</strong> kann auch<br />

die Ausübung eines Abwehrrechts aus einer Marke, die aus einer freiwilligen<br />

<strong>Marken</strong>aufspaltung hervorgegangenen ist, zugunsten des freien Warenverkehrs nicht<br />

mehr <strong>mit</strong> dem Argument versagt werden, daß die Marke ihre gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

schützenswerte Identitätsfunktion durch die Übertragung eingebüßt hätte <strong>und</strong> dementsprechend<br />

nicht schutzwürdig sei 1050 . Infolgedessen <strong>und</strong> entsprechend der sachgemäßen<br />

Denkweise, daß auch durch die freiwillige <strong>Marken</strong>aufspaltung <strong>mit</strong>tels Übertragung<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich originäre <strong>Marken</strong>rechte entstehen, wenn die <strong>Marken</strong>inhaber rechtlich <strong>und</strong><br />

wirtschaftlich vollständig voneinander unabhängig sind, wurde der Weg für die Abkehr<br />

von der Lehre des gemeinsamen Ursprungs von der Literatur auch für die freiwillige<br />

Aufspaltung nach der „HAG II“-Entscheidung frei gesehen 1051 .<br />

Diese aus den maßgeblichen Entscheidungsgründen der „HAG II-Entscheidung<br />

herausgelesene Schlußfolgerung wurde vom EuGH in der „Ideal Standard“-<br />

Entscheidung 1052 erwartungsgemäß bestätigt <strong>und</strong> zudem noch <strong>mit</strong> einer zuvor noch nicht<br />

angeführten schlagkräftigen Begründung untermauert.<br />

Diese Begründung liegt in dem Hinweis auf die Gebietsgeb<strong>und</strong>enheit der Ansprüche aus<br />

den nationalen <strong>Marken</strong>rechten aufgr<strong>und</strong> des im Recht der internationalen<br />

Vereinbarungen anerkannten Territorialitätsgr<strong>und</strong>satzes <strong>und</strong> der ausdrücklichen<br />

Darstellung der Unabhängigkeit dieser nationalen Ansprüche 1053 . Den Gr<strong>und</strong>satz der<br />

1048 EuGH, Rs. 119/75, Slg. 1976, 1039 = GRUR Int. 1976, 402, 410<br />

1049 Vgl. Fezer, Festschrift für Gaedertz, S. 153, 161, 178; gegen diesen Gr<strong>und</strong>gedanken bei der <strong>Marken</strong>aufspaltung<br />

generell schon früh Kraft, GRUR Int. 1975, 283, 288<br />

1050 Diesen Ansatz, insbesondere für die Werbefunktion, befürworten dagegen Lehmann/Parche, GRUR Int. 1989,<br />

738,744, 745.<br />

1051 Vgl. Fezer, Festschrift für Gaedertz, S. 153, 161, 177, 178; a.A. Generalanwalt Gulmann in seinem Schlußantrag<br />

zu Ideal-Standard, Slg. 1994, I-2789, 2805.<br />

1052 EuGH, Rs. C-9/93, Slg. 1994, I-2789 = GRUR Int. 1994, 614<br />

1053 EuGH GRUR Int. 1994, 614, 615, 616


195<br />

Unabhängigkeit der <strong>Marken</strong> folgert der EuGH sachgerecht aus den Bestimmungen des<br />

Art. 6 Abs. 3 <strong>und</strong> Art. 6 quater der Pariser Verbandsübereinkunft sowie aus Art. 9 ter<br />

Abs. 2 des Madrider Abkommens.<br />

Interessant an der „Ideal Standard“-Entscheidung ist auch, daß der EuGH vorliegend<br />

nicht mehr wie in der „HAG II“-Entscheidung nur die fehlende Zustimmung zur Einfuhr<br />

der <strong>mit</strong> dem veräußerten Zeichen gekennzeichneten Erzeugnisse gegenüber dem<br />

<strong>Marken</strong>erwerber in die Mitgliedstaaten, in denen dem <strong>Marken</strong>veräußerer noch identische<br />

Zeichen zustehen, feststellt, sondern nunmehr an das zwar auch schon in der „HAG II“-<br />

Entscheidung erwähnte Kriterium der Möglichkeit einer Qualitätskontrolle<br />

nachdrücklich anknüpft, indem er explizit ausführt, daß die für die Erschöpfung des<br />

Zeichenrechts notwendige Zustimmung nicht in der <strong>Marken</strong>übertragung generell<br />

enthalten sei, da <strong>mit</strong> der Übertragung die für die Zustimmung erforderliche Befugnis zu<br />

bestimmen, welche Erzeugnisse <strong>mit</strong> welcher Qualität <strong>mit</strong> der Marke gekennzeichnet <strong>und</strong><br />

in den Verkehr gebracht werden dürfen, erlösche 1054 . Diese Erweiterung des subjektiven<br />

Kriteriums der Zustimmung um das objektive der Möglichkeit der Qualitätskontrolle<br />

stellt keine Verschärfung des Prüfungsmaßstabes der Beherrschbarkeit der<br />

Zeichenverwendung hinsichtlich der <strong>Marken</strong>übertragung dar, vielmehr untermauert sie<br />

sachlich die Unabhängigkeit der übertragenen <strong>Marken</strong>rechte <strong>und</strong> liefert ein dienliches<br />

Abgrenzungsmerkmal zu den Lizenzverträgen <strong>und</strong> Verwendungsfällen innerhalb eines<br />

Konzerns von Muttergesellschaft <strong>und</strong> Tochtergesellschaften, die die Möglichkeit einer<br />

Qualitätskontrolle einschließen, <strong>und</strong> infolge der da<strong>mit</strong> gegebenen gemeinschaftlichen<br />

Erschöpfung in diesen Fällen die Ausübung der nationalen zeichenrechtlichen<br />

Abwehrrechte gegen den freien Warenverkehr verstößt.<br />

Im vollständigen Gegensatz zur „HAG I“-Entscheidung sieht der EuGH sich nun nicht<br />

mehr als berechtigt an, die Gültigkeit der Übertragungen einzelner nationaler <strong>Marken</strong><br />

ohne die gleichzeitige Übertragung der identischen Zeichen in den anderen<br />

Mitgliedstaaten als nicht gerechtfertigte Maßnahme gleicher Wirkung i.S.v. Art. 30 <strong>und</strong><br />

36 EWGV 1055 zu qualifizieren, da sonst die Mitgliedstaaten indirekt zu einer<br />

zeichenrechtlichen Normierung in ihren <strong>Marken</strong>gesetzen verpflichtet wären, die<br />

bestimmt, daß nur für einen Teil der Gemeinschaft vorgenommene Übertragungen<br />

nationaler <strong>Marken</strong> nichtig sind 1056 . Eine entsprechende Verpflichtung kann aber nur<br />

durch eine entsprechende Richtlinie den Mitgliedstaaten auferlegt oder durch eine<br />

1054 Kommission ging in diesem Fall dagegen von einer Zustimmung aus, GRUR Int. 1994, 614; nach Generalanwalt<br />

Gulmann beeinträchtigt der <strong>Marken</strong>inhaber selbst die Unterscheidungsfunktion seines Zeichens für den<br />

Verbraucher <strong>und</strong> sein Interesse an der Möglichkeit der getrennten Übertragung kann die Aufteilung der nationalen<br />

Märkte nicht rechtfertigen, Slg. 1994, I-2789, 2807. Für die generelle Zustimmung bei einer <strong>Marken</strong>übertragung<br />

Oliver, EuZW 1991, 274, 277; differenzierend Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 24 Rn. 94 <strong>und</strong> ders., Festschrift für Gaedertz,<br />

S. 153, 179; Zustimmung generell ablehnend Joliet, GRUR Int. 1991, 177, 183 f.<br />

1055 Heute Art. 28 <strong>und</strong> 30 EGV, siehe Fn. 15.<br />

1056 EuGH, GRUR Int. 1994, 614, 618; Lüder, EuZW 1995, 15, 19 ff, weist zutreffend darauf hin, daß der EuGH<br />

sich da<strong>mit</strong> von seiner früher vorgenommenen <strong>und</strong> oft schwierigen Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 36 S.2<br />

EGV (heute Art. 30 S. 2 EGV) zugunsten der Rechtssicherheit abwendet <strong>und</strong> nunmehr nicht mehr den Einzelfall<br />

dahingehend überprüft, ob durch die <strong>Marken</strong>übertragung die künstliche Abschotttung der Märkte beabsichtigt ist.<br />

Beier, GRUR Int. 1989, 603, 610, sieht dagegen in Art. 36 S. 2 EGV (jetzt Art. 30 S. 2 EGV) einen sachgemäßen<br />

Lösungsweg.


196<br />

Verordnung erlassen werden 1057 . Zum Zeitpunkt der „Ideal-Standard“-Entscheidung<br />

waren bereits die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung wie auch die <strong>Marken</strong>richtlinie<br />

rechtskräftig.<br />

Überraschenderweise bezieht der EuGH nur die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung in<br />

seine Entscheidungsgründe <strong>mit</strong> ein, nicht aber die <strong>Marken</strong>richtlinie. In der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, die keine ausdrückliche Norm zur nationalen<br />

<strong>Marken</strong>verwertung enthält, sieht der EuGH zutreffend auch eine solche Regelung nicht<br />

auf dem Wege der Auslegung als gegeben an 1058 . Interessant bei der Auslegung der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung des EuGH sind seine Vergleichsüberlegungen zu dem<br />

Benelux-<strong>Marken</strong>recht, das sich durch die markenrechtliche Vereinigung der drei<br />

Benelux-Staaten zu einem einzigen Gebiet auszeichnet <strong>und</strong> zum Schutz des freien<br />

Warenverkehrs innerhalb des Beneluxgebietes die Übertragungsbefugnis der Benelux-<br />

<strong>Marken</strong> dahingehend beschränkt, daß die <strong>Marken</strong> nur einheitlich für das gesamte<br />

Beneluxgebiet veräußert werden dürfen <strong>und</strong> eine nur für einen Teil des Gebietes<br />

begrenzte Übertragung für nichtig erklärt wird. Wenn auch die Gemeinschaftsmarke<br />

zeichenrechtlichen Schutz für die ganze Europäische Union genießt <strong>und</strong> nur einheitlich<br />

übertragen werden kann (Art. 17 GemMVO), so unterscheidet sich die<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung doch elementar von dem Beneluxgesetz in dem Punkt<br />

– worauf der EuGH auch explizit hinweist -, daß sie im Gegensatz zum<br />

Beneluxmarkenrecht, das die <strong>Marken</strong>rechte der drei Benelux-Staaten ersetzt hat, nicht an<br />

die Stelle der <strong>Marken</strong>rechte der Mitgliedstaaten tritt 1059 .<br />

Insgesamt gesehen konsolidiert der EuGH <strong>mit</strong> seiner zu befürwortenden Rechtsansicht in<br />

der „Ideal Standard“-Entscheidung seine erst in der „HAG II“-Entscheidung<br />

gr<strong>und</strong>legend geänderte Ansicht zur Aufgabe der Marke in einer freiheitlichen<br />

Marktwirtschaft als bedeutendes <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentales Element.<br />

Die Nichtbeachtung der Richtlinie in der „Ideal Standard“-Entscheidung begründet nicht<br />

die Gefahr, daß der EuGH zukünftig die Veräußerung ursprungsgleicher nationaler<br />

<strong>Marken</strong> anders wird beurteilen müssen. Denn die Richtlinie enthält entsprechend der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung keine Vorgabe hinsichtlich der Gültigkeit der<br />

Übertragungen einzelner nationaler <strong>Marken</strong> ohne die gleichzeitige Übertragung der<br />

identischen Zeichen, zudem schweigt sie sich generell zu den Übertragungsmöglichkeiten<br />

einer nationalen Marke aus. Wie bereits oben dargestellt wurde, bedeutet dies<br />

nicht, daß sie das Prinzip der freien Übertragbarkeit ablehnt <strong>und</strong> den Mitgliedstaaten<br />

indirekt verbietet, nationale Übertragungsregelungen in ihre <strong>Marken</strong>gesetze<br />

aufzunehmen 1060 . Auch der in Art. 7 der Richtlinie enthaltene Erschöpfungsgr<strong>und</strong>satz<br />

enthält weder spezielle Schranken für die Veräußerung nationaler <strong>Marken</strong>, noch können<br />

<strong>mit</strong>tels Auslegung irgendwelche Beschränkungen, bezogen auf die freie Übertragbarkeit<br />

einer nationalen Marke, herausgelesen werden. Diesem allgemeinen Schweigen zur<br />

1057 So ordnungsgemäß der EuGH ausdrücklich, GRUR Int. 1994, 614, 618<br />

1058 Sein Augenmerk richtet er insbesondere auf Art. 8 GemMVO, EuGH, GRUR Int. 1994, 614, 618<br />

1059 EuGH GRUR Int. 1994, 614, 618 sowie 5. Begründungserwägung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, ABl.<br />

EG Nr. L 349 S. 83<br />

1060 Vgl. die Darstellung unter B. II. 3.


197<br />

Beschränkung der Übertragbarkeit der nationalen <strong>Marken</strong> kann <strong>und</strong> darf auch nicht<br />

entnommen werden, daß die Richtlinie da<strong>mit</strong> konkludent zu erkennen gibt, daß der<br />

europäische Gesetzgeber die Lehre des gemeinsamen Ursprungs allgemein <strong>und</strong><br />

einheitlich nicht mehr als auf die nationalen <strong>Marken</strong> anwendbar beurteilt. Zum einen<br />

wurden in Art. 7 der Richtlinie einige entscheidende <strong>und</strong> sachgemäß beschlossene<br />

Entscheidungen des EuGH zur Erschöpfung der Zeichenrechte nicht integriert, so daß<br />

<strong>mit</strong> der Schlußfolgerung der konkludent ausgesprochenen Abkehr von der Lehre des<br />

gemeinsamen Ursprungs in Folgerichtigkeit auch dieser Konstellation der sachgerechte<br />

Lösungsweg abgeschnitten werden müßte 1061 . Zum anderen kann die Aufgabe der Lehre<br />

auch nicht unterstellt werden, da die Richtlinie das Spannungsfeld der aus der<br />

freiwilligen Aufspaltung gemeinsamer nationaler <strong>Marken</strong>rechte resultierenden<br />

Möglichkeit der Marktabschottung <strong>und</strong> der Territorialität der Zeichenrechte nicht einmal<br />

ansatzweise gelöst hat <strong>und</strong> folglich der Lehre des gemeinsamen Ursprungs nicht die<br />

Basis entzogen hat 1062 . Demnach gibt die <strong>Marken</strong>richtlinie keine erkennbaren Hinweise<br />

für die Fortführung oder die Abkehr von der Lehre des gemeinsamen Ursprungs.<br />

Mit der Befürwortung der Abkehr von der Lehre des gemeinsamen Ursprungs auch<br />

hinsichtlich der freiwilligen <strong>Marken</strong>aufspaltung, hat der EuGH die Möglichkeit der<br />

nationalen Marktabschottung billigend in Kauf genommen 1063 . Gleichwohl ist die<br />

Möglichkeit der nationalen Marktabschottung nicht unbegrenzt, vielmehr erfährt sie ihre<br />

Beschränkung durch das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen gemäß<br />

Art. 82 EGV 1064 ; allerdings darf Art. 82 EGV nicht auf jede <strong>Marken</strong>übertragung<br />

angewandt werden 1065 . Die alleinige Verpflichtung zur Übertragung der bestimmten<br />

Marke ist demgemäß noch keine verbotene Vereinbarung, erst zusätzliche, <strong>mit</strong> der<br />

Übertragung gekoppelte Verpflichtungen, können das Verbot auslösen 1066 .<br />

Zusammenfassend läßt sich da<strong>mit</strong> festhalten, daß für den nationalen <strong><strong>Marken</strong>handel</strong><br />

derzeit keine gemeinschaftlichen Schranken bestehen, solange das Verbot gemäß Art. 82<br />

EGV beachtet wird. Ein Zeichenkreateur kann sich folglich eine Marke in mehreren<br />

Mitgliedstaaten identisch eintragen lassen <strong>und</strong> sie später an verschiedene Dritte<br />

uneingeschränkt veräußern, ein Verstoß gegen Art. 82 EGV wird bei den<br />

Veräußerungsgeschäften von Zeichenkreateuren kaum vorkommen, da sie lediglich ihre<br />

Marke profitabel verkaufen möchten <strong>und</strong> zumeist kein Interesse an wettbewerbsbeschränkenden<br />

Vereinbarungen haben werden.<br />

Dieses den Interessen der nationalen <strong>Marken</strong>inhaber zugute kommende Ergebnis<br />

garantiert das Prinzip der freien Übertragbarkeit der nationalen <strong>Marken</strong>rechte,<br />

1061 Dazu ausführlich Generalanwalt Jacobs im Schlußantrag zur „HAG II“-Entscheidung, GRUR Int. 1990, 962,<br />

971, <strong>mit</strong> dem treffenden Beispiel der Rechtssache American Home Products.<br />

1062 Vgl. Joliet, GRUR Int. 1991, 177, 183 <strong>und</strong> wiederum ausführlich Generalanwalt Jacobs, GRUR Int. 1990, 962,<br />

971.<br />

1063 So auch Hackbarth in seiner Anmerkung zur „Ideal Standard“-Entscheidung, EuZW 1994, 472.<br />

1064 Früher Art. 85 EWGV, siehe Fn. 15.<br />

1065 Darauf weist der EuGH, GRUR Int. 1994, 614, 618 – Ideal Standard, ausdrücklich hin; in der „Terranova“-<br />

Entscheidung wurde auch schon auf die Konfliktlösung über Art. 85 EGV hingewiesen, GRUR Int. 1976, 402,<br />

411.<br />

1066 So ausdrücklich EuGH, GRUR Int. 1994, 614, 618 – Ideal Standard.


198<br />

wenngleich es im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt nicht förderlich ist. Die<br />

erste Harmonisierung der nationalen <strong>Marken</strong>gesetze durch die erste <strong>Marken</strong>richtlinie hat<br />

folglich noch nicht umfassend die aus der Existenz der nationalen Zeichenrechte<br />

resultierenden Probleme gelöst. Solange der europäische Gesetzgeber nicht explizit im<br />

Wege einer zweiten <strong>Marken</strong>richtlinie die Übertragung von nationalen <strong>Marken</strong> eines<br />

ursprungsgleichen Zeichens rechtlich verbietet, muß weiterhin die Gefahr der<br />

künstlichen Marktabschottung zu Lasten des Gr<strong>und</strong>satzes des freien Warenverkehrs in<br />

Kauf genommen werden.<br />

II. Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> identische nationale <strong>Marken</strong> eines <strong>Marken</strong>inhabers<br />

Neben der oben dargestellten Fallkonstellation ist auch die Variante denkbar, daß der<br />

Zeichenkreateur seine Marke einmal als nationale <strong>Marken</strong> in den einzelnen<br />

Mitgliedstaaten der EU eintragen läßt <strong>und</strong> zugleich auch als Gemeinschaftsmarke. Diese<br />

„Doppeleintragung“ fordert die Frage heraus, wie sich die Sachlage rechtlich darstellt,<br />

wenn die nationalen <strong>Marken</strong> an verschiedene <strong>Marken</strong>erwerber veräußert werden unter<br />

gleichzeitiger Beibehaltung der Gemeinschaftsmarke 1067 . So<strong>mit</strong> ist zu prüfen, ob sich die<br />

Rechtslage so wie bei der Eintragung von nur nationalen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> deren späteren<br />

Verwertung darstellt oder ob es hier einer differenzierten Rechtsbetrachtung bedarf.<br />

1. Explizite rechtliche Normierung der Fallkonstellation?<br />

Die beiden Entwürfe für eine <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung 1068 sowie der erste<br />

Vorschlag der Kommission für die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung enthielten ein<br />

Verbot des Doppelschutzes von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationalen <strong>Marken</strong>. Zugunsten<br />

der Gemeinschaftsmarke bestimmte das Verbot, daß nationale <strong>Marken</strong> von dem<br />

Zeitpunkt an keine Wirkung mehr haben, zu dem die Eintragung der Gemeinschaftsmarke<br />

veröffentlicht wird, wenn der Inhaber der Gemeinschaftsmarke auch Inhaber einer<br />

der Gemeinschaftsmarke gleichen oder ähnlichen nationalen Marke für Waren oder<br />

Dienstleistungen ist, die <strong>mit</strong> denen gleich oder gleichartig sind, für die die<br />

Gemeinschaftsmarke eingetragen ist. Das Verbot sollte der Rechtssicherheit dienen, um<br />

so mehrfache Klagen aufgr<strong>und</strong> der jeweiligen nationalen <strong>Marken</strong> oder die Erteilung von<br />

Lizenzen an der Gemeinschaftsmarke sowie an den nationalen <strong>Marken</strong> auszuschließen<br />

1069 .<br />

Dem Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialausschuß ging dieses Verbot zu recht zu weit 1070 . Seiner<br />

Ansicht nach sollte das Verbot des Doppelschutzes sich nur auf identische <strong>Marken</strong> <strong>und</strong><br />

identische Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen erstrecken, da die Einbeziehung der ähnlichen<br />

1067 Im Rahmen dieser Arbeit ist nur die freiwillige Veräußerung von Interesse, die Untersuchung der Problematik<br />

der <strong>Marken</strong>aufspaltung durch Enteignung, Konkurs, Verstaatlichung <strong>und</strong> Sozialisierung muß anderen<br />

Bearbeitungen überlassen bleiben.<br />

1068 Verordnungsentwurf 1977 (s. Fn. 22) in Art. 90 bis <strong>und</strong> Verordnungsentwurf 1978 (s. Fn. 23) in Art. 98<br />

1069 Verordnungsvorschlag 1980, GRUR Int. 1981, 86, 97<br />

1070 Stellungnahme vom 23.9.1981, GRUR Int. 1981, 764, 766


199<br />

<strong>Marken</strong> in das Verbot zu einem Rechtsverlust für Firmen führe, die ähnliche nationale<br />

<strong>Marken</strong> für ihre Produkte besitzen. Durch das weite Verbot würden die Firmen von der<br />

Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke Abstand nehmen <strong>und</strong> die Gemeinschaftsmarke<br />

büße an Attraktivität ein.<br />

In der überarbeiteten Version des Vorschlags für die Gemeinschaftsmarke wurde das<br />

Verbot des Doppelschutzes allerdings nicht entsprechend der vorgetragenen Kritik<br />

eingeschränkt, es wurde vielmehr vollständig gestrichen 1071 . Auch enthält die<br />

verabschiedete <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung kein Verbot des Doppelschutzes.<br />

Das primär <strong>mit</strong> dem Verbot des Doppelschutzes angestrebte Ziel der Verhinderung<br />

mehrerer Klagen über denselben Rechtsgegenstand in verschiedenen Mitgliedstaaten hat<br />

die Kommission stattdessen in Art. 81 a <strong>und</strong> Art. 46 Abs. 4 des überarbeiteten<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnungsvorschlags verwirklicht 1072 , deren Regelungen nun<br />

wortgleich unter Art. 105 GemMVO <strong>und</strong> Art. 52 Abs. 4 GemMVO verwirklicht. So<br />

regelt Art. 105 GemMVO das gleichzeitige oder zeitlich aufeinanderfolgende<br />

Geltendmachen von Verletzungsansprüchen aus <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> oder<br />

übereinstimmenden nationalen <strong>Marken</strong> in den Händen derselben <strong>Marken</strong>inhaber vor den<br />

Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten 1073 . Art. 52 Abs. 4 GemMVO erklärt einen<br />

Antrag auf Nichtigerklärung, der auf ein älteres Recht gestützt wird, als unzulässig,<br />

wenn dasselbe Recht in einem früheren Nichtigkeitsverfahren hätte geltend gemacht<br />

werden können 1074 . Beide Normen beinhalten lediglich verfahrensrechtliche Regelungen<br />

<strong>und</strong> dienen der Rechtssicherheit, indem nicht mehrfach Klagen vor verschiedenen<br />

nationalen Gerichten geführt werden dürfen, die die Gefahr unterschiedlicher Urteile<br />

bedingen. Eine materiellrechtliche Aussage zugunsten des Vorranges der<br />

Gemeinschaftsmarke gegenüber identischen nationalen <strong>Marken</strong> entsprechend dem<br />

früheren Doppelschutzverbot kann diesen Normen nicht entnommen werden. Art. 105<br />

GemMVO <strong>und</strong> Art. 52 Abs. 4 GemMVO veranschaulichen gleichwohl das Bewußtsein<br />

der Kommission als europäischer Gesetzgeber, daß ein <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber<br />

Interesse an identischen nationalen <strong>Marken</strong> haben kann <strong>und</strong> infolgedessen auch zugleich<br />

Inhaber identischer nationaler <strong>Marken</strong> sein kann; einen Lösungsansatz für das hier<br />

interessierende Problem der Marktabschottung bieten diese Normen aber nicht.<br />

Ungeachtet des die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> die nationalen <strong>Marken</strong>gesetze<br />

tragenden Koexistenzprinzips 1075 bestehen neben Art. 52 Abs. 4 <strong>und</strong> Art. 105 GemMVO<br />

noch so manche weitere rechtliche Korrelationen zwischen Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong><br />

nationalen <strong>Marken</strong>.<br />

Bereits bei der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke kann sich die Korrelation zu einer<br />

identischen nationalen Marke zeigen. Dies nämlich dann, wenn der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmelder<br />

gemäß Art. 29 GemMVO die Priorität einer ersten Anmeldung<br />

1071 Geänderter Vorschlag für eine <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung in konsolidierter Fassung vom 11.5.1988,<br />

GRUR Int. 1989, 388<br />

1072 Siehe GRUR Int. 1989, 388, 397, 404<br />

1073 Ausführlich zu Art. 105 GemMVO vgl. v. Mühlendahl/Ohlgart § 26 Rn. 21 ff<br />

1074 Hierzu ausführlich vgl. v. Mühlendahl/Ohlgart § 19 Rn. 66 f<br />

1075 Allgemein zum Koexistenzprinzip, vgl. unter B. I. 3.c)


200<br />

derselben nationalen Marke in Anspruch nimmt. Wenngleich Art. 29 GemMVO von der<br />

Erstanmeldung in einem der Vertragsstaaten der Pariser Verbandsübereinkunft oder des<br />

Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) spricht, ohne die<br />

Erstanmeldungen in den EU-Mitgliedstaaten explizit zu nennen, so ist da<strong>mit</strong> aber auch<br />

eine Erstanmeldung in den meisten EU-Mitgliedstaaten automatisch <strong>mit</strong> enthalten, da die<br />

Mehrzahl der Mitgliedstaaten der Pariser Verbandsübereinkunft beigetreten sind 1076 .<br />

Infolgedessen kann eine Gemeinschaftsmarke <strong>mit</strong> der gleichen Priorität einer identischen<br />

nationalen Marke eines Mitgliedstaates angemeldet werden, diese <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung<br />

entfaltet dann in demselben Mitgliedstaat <strong>mit</strong> demselben Zeitrang<br />

entsprechend der nationalen Marke Wirkung. Art. 29 GemMVO dokumentiert da<strong>mit</strong><br />

anschaulich den von dem europäischen Gesetzgeber zugelassenen Doppelschutz von<br />

Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationalen <strong>Marken</strong> eines <strong>Marken</strong>inhabers 1077 . Allerdings darf<br />

aus dieser Zulässigkeit nicht vorschnell auf die Zulässigkeit der Veräußerung der<br />

nationalen <strong>Marken</strong> bei gleichzeitigem Besitz einer Gemeinschaftsmarke geschlossen<br />

werden.<br />

Entsprechend der Inanspruchnahme der Priorität besteht für den Anmelder einer<br />

Gemeinschaftsmarke nach Art. 34 GemMVO auch die Möglichkeit, den Zeitrang einer<br />

nationalen Marke in Anspruch zu nehmen. Im Unterschied zu der Inanspruchnahme der<br />

Priorität gemäß Art. 29 GemMVO ist die Inanspruchnahme des Zeitranges nicht an eine<br />

Frist von sechs Monaten nach der Eintragung der Erstanmeldung gekoppelt. Der<br />

Zeitranganspruch nach Art. 34 GemMVO ermöglicht dem Anmelder einer<br />

Gemeinschaftsmarke auch nach Ablauf der sechsmonatigen Frist den Zeitrang einer<br />

früheren Eintragung derselben Marke in einem der Mitgliedstaaten in Anspruch zu<br />

nehmen 1078 . Entsprechend Art. 34 Abs. 2 GemMVO hat die Inanspruchnahme des<br />

Zeitranges zur Folge, daß der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber bei einem Verzicht auf seine<br />

nationale identische Marke oder ihrer Nichtverlängerung so gestellt wird, wie wenn die<br />

nationale Marke auch künftig rechtskräftig eingetragen wäre <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> dem Inhaber alle<br />

Rechte aus der nationalen Marke demnach zugestanden werden. Auf diese Weise wurde<br />

eine Handhabe geschaffen, die es ermöglicht, die nationalen <strong>Marken</strong> <strong>mit</strong> verschiedenen<br />

Zeiträngen in einer Gemeinschaftsmarke gemeinsam zu integrieren. Diese Möglichkeit<br />

fördert die Attraktivität der Gemeinschaftsmarke, <strong>und</strong> sie verhilft dem Inhaber mehrerer<br />

nationaler identischer <strong>Marken</strong> zu finanziellen <strong>und</strong> verwaltungstechnischen Einsparungen<br />

1079 . Die Inanspruchannahme des Zeitranges der nationalen identischen Marke<br />

ist freiwillig, eine rechtliche Verpflichtung besteht folglich dahingehend nicht, identische<br />

nationale <strong>Marken</strong> in den Komplex der Gemeinschaftsmarke einzubinden. Demgemäß<br />

verpflichtet die Regelung von Art. 34 GemMVO einen <strong>Marken</strong>inhaber nicht zu einer<br />

zwingenden Vorgehensweise im Falle einer parallelen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung<br />

bei gleichzeitigem Besitz von identischen nationalen <strong>Marken</strong>. Für die vorliegend zu<br />

beurteilende Fallkonstellation bedeutet dies, daß neben dem Bestehen nationaler <strong>Marken</strong><br />

1076 Siehe Liste der Mitgliedstaaten in BlPMZ 2000, 135 ff (Stand: 14.01.2000).<br />

1077 In diesem Sinne auch v. Mühlendahl/Ohlgart § 13 Rn. 47.<br />

1078 Zur Inanspruchannahme des Zeitrangs <strong>und</strong> seiner Formalprüfung ausführllich v. Mühlendahl/Ohlgart § 13 Rn.<br />

68 ff.<br />

1079 In diesem Sinne auch v. Mühlendahl/Ohlgart § 13 Rn. 67


201<br />

ihr <strong>Marken</strong>inhaber eine autarke identische Gemeinschaftsmarke anmelden kann, ohne<br />

eine rechtliche Pflichtkopplung an die nationalen <strong>Marken</strong> entgegen seinem Willen<br />

fürchten zu müssen, die einem späteren Verkauf seiner nationalen <strong>Marken</strong><br />

entgegenstehen würde. Diese Tatsache berechtigt aber nicht – entsprechend der obigen<br />

Anmerkung zu Art. 29 GemMVO - aus Art. 34 GemMVO gleichzeitig die generelle<br />

Zulässigkeit der späteren Veräußerungen der nationalen <strong>Marken</strong> abzuleiten.<br />

Die im Anmeldungsverfahren der Gemeinschaftsmarke 1080 durchgeführten Recherchen<br />

weisen weiterhin auf eine indirekte Korrelation zwischen Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong><br />

nationalen <strong>Marken</strong> hin. Gemäß Art. 39 Abs. 2 GemMVO über<strong>mit</strong>telt das Amt den<br />

nationalen <strong>Marken</strong>ämtern, die sich zur Recherche in ihren Registern bereit erklärt haben,<br />

ein Exemplar der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung 1081 . Innerhalb von drei Monaten nach<br />

Eingang der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung müssen die nationalen <strong>Marken</strong>ämter ihren<br />

Recherchebericht abgeben. Das Harmonisierungsamt führt von Amts wegen ebenfalls<br />

eine Recherche nach älteren identischen oder ähnlichen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> oder<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldungen durch (Art. 39 Abs.1 GemMVO). Die dem<br />

Anmelder der Gemeinschaftsmarke vom Amt über<strong>mit</strong>telten Rechercheberichte sollen<br />

ihm die Möglichkeit geben, seine Anmeldung anhand des Rechercheergebnisses zu<br />

überdenken <strong>und</strong> eventuell einzuschränken oder zurückzunehmen. Sofern der Anmelder<br />

seine Gemeinschaftsmarke nicht zurückzieht <strong>und</strong> die Anmeldung dann veröffentlicht<br />

wird, ist das Amt verpflichtet, alle in ihrem Recherchebericht aufgeführten Inhaber<br />

älterer <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> bzw. –anmeldungen über die Veröffentlichung zu<br />

informieren 1082 .<br />

Die Rechercheberichte dienen da<strong>mit</strong> der Transparenz der sich gegebenenfalls<br />

gegenüberstehenden kollidierenden <strong>Marken</strong>rechte auf europäischer <strong>und</strong> nationaler<br />

1083<br />

Ebene . Die Kommission hat weder in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung noch in<br />

der Richtlinie über die Informationspflicht des Harmonisierungsamts hinausgehende<br />

Verpflichtungen zum Handeln zugunsten der älteren <strong>Marken</strong>inhaber für das<br />

Harmonisierungsamt oder die nationalen <strong>Marken</strong>ämter an die Ergebnisse der<br />

Rechercheberichte gekoppelt. Die Sorge über die Unverwechselbarkeit ihrer <strong>Marken</strong><br />

bzw. –anmeldungen kann demzufolge auch allein den jeweiligen Inhabern auferlegt<br />

werden, gleichwohl steht es den Mitgliedstaaten frei, den nationalen <strong>Marken</strong>ämtern von<br />

Amts wegen diese Sorgfaltspflicht zu übertragen. Das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz überläßt<br />

es wie die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung den <strong>Marken</strong>inhabern allein, gegen<br />

verwechselbare <strong>Marken</strong> bzw. <strong>Marken</strong>anmeldungen vorzugehen.<br />

1080 Zum Anmeldungsverfahren der Gemeinschaftsmarke allgemein siehe unter D. III. 1. a)<br />

1081 Deutschland, Frankreich <strong>und</strong> Italien haben eine solche Recherche nicht zugesagt.<br />

1082 Art. 39 Abs. 6 GemMVO; Art. 39 GemMVO verpflichtet nicht das Amt auch die Inhaber der nationalen älteren<br />

<strong>Marken</strong> zu informieren, folglich bleibt es den nationalen <strong>Marken</strong>ämtern selbst überlassen, ob sie eine<br />

entsprechende Information durchführen wollen, vgl. dazu Protokollerklärung Nr. zu Art. 39 Abs. 6 GemMVO,<br />

ABl. HABM 1996, 616.<br />

1083 Die Aufnahme der <strong>Marken</strong> in den Recherchebericht bedeutet keine verbindliche Feststellung der <strong>Marken</strong>ämter<br />

hinsichtlich der Verwechslungsgefahr <strong>und</strong> entfaltet da<strong>mit</strong> keine Bindungswirkung für ein späteres<br />

Widerspruchsverfahren. Daneben müssen die Rechercheberichte nicht alle erdenklichen relativen Schutzhindernisse<br />

enthalten, zumal die nationalen <strong>Marken</strong>ämter nur die eingetragenen <strong>Marken</strong> recherchieren <strong>und</strong> nicht<br />

auch die nur aus ihrer Benutzung hervorgegangen <strong>Marken</strong>, die auch ein relatives Schutzhindernis darstellen<br />

können.


202<br />

Hierfür gewährt die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung den Inhabern von älteren<br />

nationalen <strong>Marken</strong> bzw. -anmeldungen gegenüber jüngeren identischen oder ähnlichen<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldungen für identische oder ähnliche Waren bzw.<br />

Dienstleistungen einen relativen Schutzhindernisgr<strong>und</strong> zur Verhinderung der Eintragung<br />

der Gemeinschaftsmarke 1084 , der von den <strong>Marken</strong>inhabern oder gegebenenfalls dem<br />

Lizenznehmer geltend gemacht werden muß. Innerhalb drei Monate nach<br />

Veröffentlichung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung muß das Eintragungshindernisrecht<br />

im Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden 1085 . Nach Ablauf der<br />

Widerspruchsfrist <strong>und</strong> Eintragung der Gemeinschaftsmarke kann das relative<br />

Schutzhindernis weiterhin auf Antrag beim Amt oder <strong>mit</strong> Widerklage im<br />

Verletzungsverfahren geltend gemacht werden 1086 . Zudem gewährt die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

auch noch eine Unterlassungsklage hinsichtlich der<br />

Benutzung der Gemeinschaftsmarke 1087 .<br />

Zugunsten der älteren <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldungen bzw. –eintragungen<br />

verpflichtet die Richtlinie die nationalen <strong>Marken</strong>gesetze, entsprechend dem relativen<br />

Schutzhindernis zugunsten der älteren nationalen <strong>Marken</strong> gegenüber jüngeren<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldungen, ein relatives Schutzhindernis zu konzipieren 1088 , das<br />

die Eintragung von nationalen identischen <strong>und</strong> ähnlichen <strong>Marken</strong> zu verhindern<br />

ermöglicht; die verfahrensrechtliche Ausgestaltung für die Geltendmachung dieses<br />

Schutzhindernisses schreibt dagegen die Richtlinie den nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen nicht<br />

vor. Das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz stellt entsprechend der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

den älteren <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhabern anheim, ihr Schutzhindernis<br />

im Widerspruchsverfahren, das allerdings entgegen der gemeinschaftsrechtlichen<br />

Regelung der <strong>Marken</strong>eintragung nachgeschaltet ist, geltend zu machen 1089 ,<br />

zudem kann es aber auch in Form einer Löschungsklage geltend gemacht werden 1090 .<br />

Die Geltendmachung des relativen Schutzhindernisses liegt nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> vielen nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen 1091 , so auch nach dem<br />

<strong>deutschen</strong>, da<strong>mit</strong> allein im Ermessen der <strong>Marken</strong>inhaber. Alternativ zu der<br />

Schutzrechtsausübung können die <strong>Marken</strong>inhaber sich aber auch <strong>mit</strong> den Inhabern der<br />

jüngeren <strong>Marken</strong> bzw. –anmeldungen vertraglich einigen, indem sie gemeinsam eine<br />

Vorrechtsvereinbarung schließen, in der die Benutzung der jüngeren Marke unter<br />

Respektierung des älteren <strong>Marken</strong>rechts von den Parteien geregelt wird 1092 . Den<br />

1084 Art. 8 GemMVO<br />

1085 Das Widerspruchsverfahren ist in Art. 42 , 43 GemMVO <strong>und</strong> Regeln 15-22 DV geregelt.<br />

1086 Art. 52 Abs. 1GemMVO; das Widerspruchverfahren hat für die Inhaber der älteren <strong>Marken</strong>rechte den Vorteil,<br />

ein summarisches Verfahren zu sein, <strong>und</strong> zudem ist es kostengünstiger.<br />

1087 Art. 106 Abs. 1 GemMVO<br />

1088 Art. 4 Abs. 2 lit. a) (i) <strong>und</strong> lit. b), Abs. 3 RL schreibt dies den nationalen Gesetzgebern obligatorisch vor, in §<br />

125 b <strong>Marken</strong>G in Deutschland umgesetzt.<br />

1089 §§ 125 b Nr. 4, 42,43 <strong>Marken</strong>G; manche Mitgliedstaaten sehen kein Widerspruchsverfahren vor, wie<br />

beispielsweise Österreich <strong>und</strong> Italien.<br />

1090 §§ 125 b Nr. 5 , 51 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G, Ausnahme § 51 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G<br />

1091 Einige nationale <strong>Marken</strong>gesetze verpflichten ihre <strong>Marken</strong>ämter noch, von Amts wegen die relativen Schutzhindernisse<br />

zu berücksichtigen.<br />

1092 Diese vertraglichen Vereinbarungen dürfen markenrechtlich auch die meisten nationalen <strong>Marken</strong>ämter<br />

anerkennen, die von Amts wegen verpflichtet sind, die relativen Schutzhindernisse zu beachten.


203<br />

<strong>Marken</strong>inhabern der älteren <strong>Marken</strong> ist es aber auch freigestellt, in keiner Weise<br />

gegenüber den jüngeren <strong>Marken</strong>anmeldungen bzw. –eintragungen vorzugehen. Weder<br />

die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung noch die <strong>Marken</strong>richtlinie <strong>und</strong> auch nicht das<br />

deutsche <strong>Marken</strong>gesetz gewähren den Adressaten der Marke, den Verbrauchern, einen<br />

Rechtsanspruch auf die Ausschließlichkeit einer Marke. Infolgedessen können die<br />

Verbraucher nicht markenrechtlich gegen jüngere verwechslungsfähige <strong>Marken</strong> im<br />

eigenen Namen vorgehen oder die Inhaber der älteren <strong>Marken</strong> zu einem solchen<br />

Vorgehen rechtlich zwingen.<br />

In Konsequenz der rechtlichen Ausformung der relativen Schutzhindernisse kann die<br />

Anmeldung einer identischen nationalen Marke hinsichtlich einer Gemeinschaftsmarke<br />

<strong>und</strong> umgekehrt nicht schon als täuschende Marke im Sinne eines absoluten<br />

Schutzhindernisses 1093 angesehen werden, wenn auch aufgr<strong>und</strong> der Identität <strong>mit</strong> einer<br />

eingetragenen Marke für die Verbraucher die Gefahr der Verwechslung besteht 1094 .<br />

Die Normierung der relativen Schutzhindernisse zugunsten älterer <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldungen<br />

<strong>und</strong> –eintragungen sowie älterer nationaler <strong>Marken</strong>anmeldungen<br />

<strong>und</strong> –eintragungen ermöglicht eine Reduzierung der Kollisionsfälle, der sich<br />

gegenüberstehenden identischen oder ähnlichen <strong>Marken</strong> für identische oder ähnliche<br />

Waren bzw. Dienstleistungen, gleichwohl ist sie nur ein praktisches Regulativ für sich<br />

gegenüberstehende <strong>Marken</strong> verschiedener <strong>Marken</strong>inhaber, da ein <strong>Marken</strong>inhaber nicht<br />

gegen seine eigene Marke bzw. <strong>Marken</strong>anmeldung vorgehen wird <strong>und</strong> ihm zudem das<br />

erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Inanspruchnahme des relativen Schutzhindernisses<br />

fehlt. Die Konstruktion des relativen Schutzhindernisses in der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> dem <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz als ein erst auf die Initiative<br />

des älteren <strong>Marken</strong>inhabers zu prüfendes Recht seitens des europäischen <strong>und</strong> <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Marken</strong>amtes veranschaulicht aber die Konzession des gemeinschaftsrechtlichen <strong>und</strong><br />

<strong>deutschen</strong> Gesetzgebers zugunsten der parallelen Existenz identischer <strong>Marken</strong>eintragungen<br />

verschiedener Inhaber.<br />

Mangels entgegenstehender markenrechtlicher Normen kann hieraus <strong>und</strong> aus den<br />

aufgezeigten Korrelationspunkten zwischen Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationalen<br />

<strong>Marken</strong> – wie Prioritäts- <strong>und</strong> Zeitranginanspruchannahme der nationalen Marke<br />

zugunsten der Gemeinschaftsmarke – abgeleitet werden, daß die Anmeldung <strong>und</strong><br />

Eintragung von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> identischen nationalen <strong>Marken</strong> für einen<br />

<strong>Marken</strong>inhaber markenrechtlich zulässig sind.<br />

Wie bereits an früherer Stelle dargelegt, gestattet die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

die Veräußerung der Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz - ohne dazu<br />

von der Richtlinie verpflichtet zu sein, denn diese schweigt sich über die Übertragbarkeit<br />

der <strong>Marken</strong> ganz aus -, den Verkauf der <strong>deutschen</strong> Marke 1095 . Nach der europäischen<br />

1093 § 8 Abs. 2 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G i.V.m. § 125 b <strong>Marken</strong>G hinsichtlich identischer <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldungen<br />

<strong>und</strong> Art. 7 Abs. 1 lit. g) GemMVO bezüglich nationaler <strong>Marken</strong>anmeldungen.<br />

1094 Vgl. Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 8 Rn. 307, wenngleich sich die Ausführung nur auf deutsche <strong>Marken</strong> untereinander<br />

bezieht, kann sie auch auf die Konstellation nationale Marke <strong>und</strong> Gemeinschaftsmarke zweifellos übertragen<br />

werden.<br />

1095 Siehe dazu E. I. <strong>und</strong> II.


204<br />

<strong>und</strong> der <strong>deutschen</strong> Übertragungsnorm ist eine sektorale Aufspaltung der Marke, bezogen<br />

auf ihre Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen, gestattet, nicht zulässig ist nach beiden Normen<br />

allerdings eine territoriale Aufteilung der <strong>Marken</strong>. Zusätzlich darf die Übertragung der<br />

Gemeinschaftsmarke nicht eine Irreführungsgefahr für die Verbraucher herbeiführen 1096 .<br />

Die Irreführungsgefahr muß sich nach dem Wortlaut der Regelung Art. 17 Abs. 4<br />

GemMVO aus den Unterlagen über den Rechtsübergang in offensichtlicher Weise<br />

ergeben. Die Tatsache der gleichzeitigen Inhaberschaft identischer nationaler <strong>Marken</strong><br />

seitens des <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>veräußerers wird sich zumeist nicht aus den<br />

vorzulegenden Unterlagen ergeben, aber auch wenn sie aus ihnen ausnahmsweise<br />

ersichtlich sein sollte, so kann entsprechend den obigen Ausführungen der Umstand der<br />

Inhaberschaft identischer nationaler <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> der nach Veräußerung der<br />

Gemeinschaftsmarke da<strong>mit</strong> auseinanderfallenden Inhaberschaft nicht als von Amts<br />

wegen zu beachtende Irreführung der Verbraucher gewertet werden, da die Sorge der<br />

Ausschließlichkeit der Marke den <strong>Marken</strong>inhabern von der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

übertragen ist <strong>und</strong> die Beachtung der zufälligen Kenntnis von<br />

identischen nationalen <strong>Marken</strong> durch das europäische <strong>Marken</strong>amt dieses rechtliche<br />

Regulierungssystem mißachten würde. Eine dem gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsverbot<br />

bei der Übertragung entsprechende Regelung enthält das deutsche <strong>Marken</strong>gesetz<br />

nicht. Weitere Einschränkungen zum Nachteil der Übertragbarkeit der Gemeinschaftsmarke<br />

bzw. der <strong>deutschen</strong> Marke sind nicht normiert.<br />

Zu guter Letzt kann die parallele Anmeldung von nationalen <strong>Marken</strong> neben einer<br />

Gemeinschaftsmarke auch nicht als bösgläubige nationale <strong>Marken</strong>anmeldung gewertet<br />

werden, um auf diesem Wege die spätere Veräußerung der nationalen <strong>Marken</strong> rechtlich<br />

ins Leere laufen zu lassen. Die in § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G normierte bösgläubige<br />

<strong>Marken</strong>anmeldung als Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> stellt keinen Auffangtatbestand zur beliebigen<br />

Korrektur politisch nicht gewünschter <strong>Marken</strong>praxis dar. Dieser Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> ist<br />

lediglich ein Instrumentarium gegen sittenwidrige <strong>Marken</strong>anmeldungen, indessen an<br />

dieser Stelle <strong>und</strong> wie bereits dargelegt, seine durch den unbestimmten Rechtsbegriff der<br />

Bösgläubigkeit ausgedehnte Anwendungsmöglichkeit nicht verhehlt werden soll 1097 .<br />

Gleichwohl erfordert der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung stets eine dem<br />

<strong>Marken</strong>gesetz zuwiderlaufende Haltung des <strong>Marken</strong>anmelders.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der rechtlichen Zulässigkeit der Doppelanmeldung von Gemeinschaftsmarke<br />

<strong>und</strong> nationalen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> die Ausgestaltung der Gemeinschaftsmarke sowie der<br />

<strong>deutschen</strong> Marke als frei übertragbare immaterielle Vermögensgegenstände darf die<br />

Anmeldung einer <strong>deutschen</strong> Marke neben der Inhaberschaft einer Gemeinschaftsmarke,<br />

kombiniert <strong>mit</strong> der Bereitschaft oder gar Absicht, die nationale Marke später zu<br />

veräußern, nicht als bösgläubig angesehen werden, denn eine solche Anmeldung schöpft<br />

lediglich den gesetzlich gesetzten Rahmen des rechtlich konstituierten <strong>Marken</strong>systems<br />

aus. Die in einigen Punkten bestehende Korrelation zwischen Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong><br />

1096 Art. 17 Abs. 4 GemMVO, die Bejahung der Irreführungsgefahr führt nicht zur Unwirksamkeit der Veräußerung<br />

der Gemeinschaftsmarke, sie verursacht lediglich, daß das Harmonisierungsamt dem Rechtsübergang der<br />

Gemeinschaftsmarke nicht die <strong>mit</strong> der Eintragung verb<strong>und</strong>ene Rechtswirkung zugesteht, vgl. v.<br />

Mühlendahl/Ohlgart, § 9 Rn. 14.<br />

1097 Siehe unter F. II die ausführliche Darstellung zum Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen <strong>Marken</strong>anmeldung.


205<br />

nationalen <strong>Marken</strong> induziert nicht eine höhere Rangwertigkeit der Gemeinschaftsmarke<br />

gegenüber den nationalen <strong>Marken</strong>, vielmehr basiert das aufgezeigte rechtliche<br />

<strong>Marken</strong>system gr<strong>und</strong>sätzlich auf der Gleichwertigkeit der europäischen <strong>und</strong> nationalen<br />

<strong>Marken</strong>, <strong>und</strong> infolgedessen kann auch nicht schon alleine zugunsten der Gemeinschaftsmarke<br />

die Anmeldung einer nationalen Marke per se als bösgläubig angesehen<br />

werden.<br />

Im übrigen können für eine Doppeleintragung von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationalen<br />

<strong>Marken</strong> in der <strong>Marken</strong>praxis zweckdienliche <strong>und</strong> berechtigte Gründe vorliegen. So kann<br />

das Interesse an <strong>Marken</strong>schutz anfänglich nur auf bestimmte Mitgliedstaatsgebiete<br />

begrenzt sein <strong>und</strong> später dann doch auf die europäische Gemeinschaft insgesamt<br />

ausgedehnt werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, daß <strong>mit</strong> der nationalen<br />

<strong>Marken</strong>anmeldung allein die Prioritätsvoraussetzungen für die Internationale Registrierung<br />

nach dem Madrider <strong>Marken</strong>abkommen geschaffen werden sollen. Denn eine<br />

solche Internationale Registrierung ist bislang über eine Gemeinschaftsmarke noch nicht<br />

möglich 1098 Desweiteren kann sich im Laufe des Anmeldeverfahrens der<br />

Gemeinschaftsmarke die Gefahr offenbaren, daß ein Inhaber einer älteren nationalen<br />

Marke die Eintragung der gewünschten Gemeinschaftsmarke verhindern kann, <strong>und</strong><br />

deshalb wird vorsorglich die Marke zusätzlich als nationale Marke in den<br />

Mitgliedstaaten angemeldet, in denen die entgegenstehende nationale Marke keinen<br />

Schutz genießt, um auf diese Weise der Gefahr des totalen <strong>Marken</strong>schutzverlustes<br />

entgegenzutreten 1099 .<br />

Der Umstand, daß die Veräußerung der nationalen <strong>Marken</strong> an unabhängige Dritte unter<br />

Beibehaltung der Gemeinschaftsmarke die Gefahr der Marktabschottung im<br />

Binnenmarkt begründet, ist ein unbefriedigender Nebeneffekt, der aber nicht <strong>mit</strong> dem<br />

Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G<br />

annulliert werden kann.<br />

Wenngleich der Nichtigkeitsgr<strong>und</strong> der bösgläubigen Anmeldung auf einer Vorgabe der<br />

<strong>Marken</strong>richtlinie beruht, deren Ziel die Angleichung der nationalen <strong>Marken</strong>gesetze<br />

zugunsten des freien Warenverkehrs innerhalb des Gemeinsamen Marktes ist 1100 , so<br />

kann diese fakultative Option doch nicht als Instrumentarium zur Vermeidung der<br />

Marktabschottung im Binnenmarkt angesehen werden, da die nationalen <strong>Marken</strong>gesetzgeber<br />

nicht zu ihrer Umsetzung gezwungen sind, eine solche aber Voraussetzung ist, um<br />

der Vorgabe eine zielgerichtete Bestimmung gegen die Marktabschottungsgefahr<br />

zusprechen zu können. Eine solche Absicht kann da<strong>mit</strong> folgerichtig auch nicht dem<br />

nationalen Gesetzgeber bei der Umsetzung der fakultativen Vorgabe unterstellt werden.<br />

1098 Der von der Kommission vorgeschlagene Beitritt der Europäischen Union zum Protokoll des Madrider<br />

<strong>Marken</strong>abkommens ist noch nicht umgsetzt worden, zum Beitrittsvorschlag vgl. Mühlendahl/Ohlgart, Einführung<br />

4.d.<br />

1099 Diese Vorgehensweise begibt sich zwar der Möglichkeit, gemäß Art. 110 Abs. 1 GemMVO den Zeitrang der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>anmeldung zugunsten der nationalen <strong>Marken</strong>anmeldung in Anspruch zu nehmen, sie kann<br />

dafür aber zu einer früheren nationalen Eintragung in der Praxis <strong>und</strong> so zu einer früher gesicherten Rechtsposition<br />

verhelfen <strong>und</strong> erspart auch die für die Zeitranginanspruchnahme fälligen Umwandlungsgebühren nach Art. 109<br />

Abs. 1 S. 2 GemMVO; ausführlich zur Zeitranginanspruchnahme v. Mühlendahl/Ohlgart, § 20.<br />

1100 Siehe dazu die Darstellung unter B. II. 1.


206<br />

Indem die nationale <strong>Marken</strong>anmeldung bei gleichzeitiger Inhaberschaft einer identischen<br />

Gemeinschaftsmarke nicht als bösgläubig angesehen wird, ist es nach diesem Ergebnis<br />

so<strong>mit</strong> unerheblich, ob die Doppelanmeldung von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> identischen<br />

nationalen <strong>Marken</strong> zeitgleich oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten <strong>und</strong> in welcher<br />

Reihenfolge vorgenommen wird.<br />

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die Kommission bei der Normierung des<br />

europäischen <strong>Marken</strong>rechts <strong>mit</strong>tels der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der<br />

Richtlinie zuvörderst auf die Selbstregulierung seitens der älteren <strong>Marken</strong>inhaber im<br />

Hinblick auf die sich aus den sich gegenüberstehenden verwechslungsfähigen <strong>Marken</strong><br />

entstehenden Kollisionsproblemen vertraut hat 1101 . Zudem ist sie davon ausgegangen,<br />

daß <strong>mit</strong> Schaffung der Gemeinschaftsmarke immer mehr <strong>Marken</strong> nicht als nationale<br />

<strong>Marken</strong> sondern direkt als <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> angemeldet werden <strong>und</strong> dadurch sich<br />

die Hindernisse für den freien Warenverkehr verringern 1102 . Zwar war sich der<br />

europäische Gesetzgeber der Tatsache bewußt, daß nationale <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> eine identische<br />

Gemeinschaftsmarke von einem <strong>Marken</strong>inhaber angemeldet werden können; die<br />

Vorstellung der erweiterten Variante, um die spätere Veräußerung der nationalen<br />

<strong>Marken</strong> unter Beibehaltung der Gemeinschaftsmarke mag der Kommission aber bei der<br />

Ausgestaltung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong> der <strong>Marken</strong>richtlinie fern<br />

gelegen haben, so daß sie diesbezüglich keine expliziten Regelungen getroffen hat.<br />

Gegenwärtig ist es so<strong>mit</strong> sowohl nach der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung wie auch<br />

nach der Richtlinie <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> nach den nationalen <strong>Marken</strong>gesetzen zulässig, eine Marke<br />

gleichzeitig als nationale Marke <strong>und</strong> als Gemeinschaftsmarke anzumelden – das<br />

Koexistenzprinzip in Reinform 1103 .<br />

Die eigentliche Problematik der Doppeleintragung liegt nicht in der gleichzeitigen<br />

Anmeldung von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> identischen nationalen <strong>Marken</strong> eines<br />

<strong>Marken</strong>inhabers, wenn auch diese Anmeldungen die Wurzeln der später entstehenden<br />

Schwierigkeiten bilden, sie tritt erst zutage, wenn die einheitliche <strong>Marken</strong>inhaberschaft<br />

durch Veräußerung der <strong>Marken</strong> an verschiedene <strong>und</strong> rechtlich wie wirtschaftlich<br />

unabhängige Rechtsnachfolger aufgelöst wird. Denn dann besteht die Gefahr, daß die<br />

nun verschiedenen <strong>Marken</strong>inhaber sich gegenseitig aus ihrer Marke die Einfuhr von<br />

Waren in andere Mitgliedstaaten verbieten können <strong>und</strong> so<strong>mit</strong>, obschon eine<br />

Gemeinschaftsmarke existiert, die gerade als Instrument für einen ungehinderten<br />

Warenverkehr innerhalb der EU geschaffen wurde, wieder die Marktabschottung<br />

innerhalb der Gemeinschaft betrieben würde, es sei denn, der Tatbestand erfährt indirekt<br />

durch kennzeichenrechtliche oder außerkennzeichenrechtliche Regelungen Korrekturen,<br />

die die Gefahr der Marktabschottung reduzieren oder gar ganz beseitigen.<br />

Indem die die Gefahr der Marktabschottung begründende Sachverhaltsvariante der<br />

Anmeldung von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> identischen nationalen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> deren<br />

1101 Indem die Richtlinie den nationalen Gesetzgebern keine Vorschriften für die verfahrensrechtliche Ausgestaltung<br />

der Umsetzung der relativen Schutzhindernisse macht, können die Mitgliedstaaten auch eine Berücksichtigung der<br />

relativen Schutzhindernisse von Amts wegen vorschreiben.<br />

1102 Vgl. Einleitung zum Verordnungsvorschlag, GRUR Int. 1981, 86.<br />

1103 allgemein zum Koexistenzprinzip siehe unter B. I. 3. a)


207<br />

späteren Veräußerung nicht gemeinschaftsrechtlich weder durch die das europäische<br />

<strong>Marken</strong>recht regulierende <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung noch durch die Richtlinie<br />

berücksichtigt wurde, ist die Fallvariante auf gemeinschaftliche Grenzen des nationalen<br />

<strong>Marken</strong>schutzes zu untersuchen. Als gemeinschaftsrechtliche Grenzen kommen<br />

vorliegend die Wettbewerbsregeln nach Art. 81, 82 EGV 1104 <strong>und</strong> das Verbot der<br />

Diskriminierung <strong>und</strong> der verschleierten Handelsbeschränkung anhand von Art. 28, 30<br />

EGV 1105 in Betracht 1106 . Wenn auch Art. 28, 30 EGV als die sedes materiae zur<br />

Beurteilung zeichenrechtlicher Sachverhalte hinsichtlich ihrer gemeinschaftsrechtlichen<br />

Zulässigkeit angesehen werden, so sind die europäischen Wettbewerbsnormierungen in<br />

Art. 81, 82 EGV die offenk<strong>und</strong>ige Rechtsgr<strong>und</strong>lage zur Überprüfung von Vereinbarungen<br />

über die Verwertung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte 1107 .<br />

Die Rechtsprechung, sei es auf deutscher Ebene oder seitens des EuGH, mußte sich<br />

bislang explizit <strong>mit</strong> der hier in die Überlegung aufgenommenen Fallkonstellation noch<br />

unter keinem Gesichtspunkt auseinandersetzen. Auch in der Literatur finden sich<br />

diesbezüglich keine konkreten Erwägungen 1108 .<br />

2. Das europäische Wettbewerbsrecht<br />

Das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft soll ein System unverfälschten Wettbewerbs<br />

gewährleisten <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> gleiche Wettbewerbsbedingungen allen im Gemeinsamen<br />

Markt tätigen Unternehmen garantieren. Die Wettbewerbsregeln verbieten wettbewerbsbeschränkende<br />

Vereinbarungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen Privater, die an die Stelle<br />

des <strong>mit</strong> Risiken verb<strong>und</strong>enen Wettbewerbs eine praktische Zusammenarbeit setzen<br />

wollen <strong>und</strong> nicht mehr wettbewerbsgerechte Marktbedingungen zwischen den<br />

Mitgliedstaaten implizieren 1109 .<br />

Das europäische Wettbewerbsrecht erfaßt aber nicht jede sich faktisch auf die<br />

Marktbedingungen im Gemeinsamen Markt auswirkende Vereinbarung oder<br />

Abstimmung, vielmehr sind nur die Abmachungen verboten, die die Wettbewerbsbeschränkung<br />

un<strong>mit</strong>telbar zum Gegenstand oder zur Folge haben. An diesen Voraussetzungen<br />

mangelt es aber gr<strong>und</strong>sätzlich einer einfachen, ohne Aufnahme von weiteren,<br />

die Benutzung der zu veräußernden Marke betreffenden Zusatzregelungen, Vereinbarung<br />

über die Übertragung des nationalen <strong>Marken</strong>rechts. Die spätere Geltendmachung eines<br />

<strong>mit</strong>tels der Übertragung abgeleiteten nationalen <strong>Marken</strong>rechts <strong>und</strong> die daraus<br />

1104 Früher Art. 85, 86 EWGV, siehe Fn. 15.<br />

1105 Früher Art. 30, 36 EWGV, siehe Fn. 15.<br />

1106 Wenn auch zwischen den Vorschriften über den freien Warenverkehr <strong>und</strong> dem gemeinschaftsrechtlichen<br />

Wettbewerbsrecht ein enger Zusammenhang besteht, so sind diese Normen gleichwohl selbständig nebeneinander<br />

anwendbar, vgl. Fezer, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 405, 407 ff; wie bereits erwähnt, basiert die<br />

Umnumerierung auf Art. 12 des Amsterdamer Vertrags vom 2.10.1997, der am 1.5.1999 in Kraft getretenen ist,<br />

BGBGl. 1998 II, S. 387, ber. BGBl. 1999 II, S. 416.<br />

1107 Vgl. dazu Fezer, Festschrift 25 Jahre BPatG, S. 405, 409, 410 f<br />

1108 Lediglich Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 24 Rn. 94 stellt die Frage, die <strong>mit</strong> der vorliegenden Fallkonstellation in<br />

Zusammenhang gebracht werden kann, ob die nationale <strong>Marken</strong>verwertung im Europäischen Binnenmarkt<br />

rechtlich zulässig sein soll; konkrete Lösungsvorschläge werden allerdings nicht angeboten.<br />

1109 Streinz, § 16 II. 1.


208<br />

resultierende Marktbehinderung ist nicht Gegenstand, Mittel oder Folge der<br />

Übertragungsvereinbarung, sondern hat ihren Ursprung in den nationalen <strong>Marken</strong>normen,<br />

die dem Inhaber der nationalen Marke ein ausschließliches Recht aus der Marke<br />

gewähren.<br />

Diese Auffassung wird heute sachgerechterweise generell vertreten 1110 ; auch der EuGH<br />

vertritt sie indirekt, indem er seine die <strong>Marken</strong>aufspaltung explizit betreffenden<br />

Entscheidungen lediglich unter Beachtung der Vorschriften des freien Warenverkehrs<br />

trifft <strong>und</strong> nicht mehr auf die gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln eingeht 1111 .<br />

Dagegen nahm der EuGH anfangs zunächst die gemeinschaftskonforme Auslegung der<br />

gewerblichen Schutzrechte nur anhand der Wettbewerbsregeln vor 1112 , <strong>und</strong> in der<br />

Literatur wurde demzufolge wiederholt die heute aber überholte Ansicht vertreten, daß<br />

die Übertragung von nationalen <strong>Marken</strong> schon lediglich aufgr<strong>und</strong> ihres aus dem<br />

territorialen Schutzbereich resultierenden marktaufteilenden Effekts von sich aus das<br />

Kartellverbot verwirkliche 1113 .<br />

Obschon die bisherigen kartellrechtlichen Beurteilungen von Übertragungsvereinbarungen<br />

keine die vorliegend zu untersuchende Fallgestaltung der Veräußerung von<br />

nationalen <strong>Marken</strong> neben der gleichzeitigen Inhaberschaft einer identischen<br />

Gemeinschaftsmarke seitens des Veräußerers betreffen, so sind sie gleichwohl ohne<br />

Einschränkung auf die vorliegend zu untersuchende Fallvariante anwendbar.<br />

Wie zuvor ausgeführt, koexistieren die Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> die ihr entsprechenden<br />

nationalen <strong>Marken</strong> rechtlich unabhängig, auch wenn sie für nur einen <strong>Marken</strong>inhaber<br />

registriert sind <strong>und</strong> können folglich auch einzeln an unabhängige Dritte veräußert<br />

werden. Wird nun eine nationale Marke aus einem solchen Kontext heraus ohne weitere<br />

Zusatzregelungen veräußert, liegt prinzipiell der gleiche Sachverhalt wie bei der<br />

Veräußerung einer nationalen Marke ohne gleichzeitigen Besitz einer identischen<br />

Gemeinschaftsmarke vor. Insofern liegt die Übertragung der Zulässigkeit nach den<br />

europäischen Wettbewerbsregeln auf die hier zu untersuchende Fallkonstellation nahe.<br />

Gleichwohl kann dieser Transfer nicht ohne genaue Betrachtung des besonderen<br />

Umstandes der Zurückbehaltung der Gemeinschaftsmarke ausgesprochen werden.<br />

Wird eine nationale Marke nach deutschem Vertragsrecht veräußert, so sind die<br />

Vertragsparteien neben ihren vertraglichen Vereinbarungen über § 242 BGB auch an<br />

Treu <strong>und</strong> Glauben geb<strong>und</strong>en. Bezogen auf den <strong>Marken</strong>veräußerer <strong>und</strong> gleichzeitigen<br />

Inhaber der identischen Gemeinschaftsmarke hat dies insbesondere zur Folge, daß er<br />

sich – vorausgesetzt, es wurde zwischen den Vertragsparteien nichts Spezifisches über<br />

die Benutzung der nationalen Marke vereinbart, wozu sie aufgr<strong>und</strong> der geltenden<br />

Vertragsfreiheit befugt sind – zu seinem früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzen<br />

darf, respektive bedeutet dies, daß der Veräußerer nicht aus seiner Gemeinschaftsmarke<br />

1110 Vgl. nur Fezer, <strong>Marken</strong>G, § 24 Rn. 101<br />

1111 Die diesbezüglichen EuGH-Entscheidungen sind unter G. I. ausführlich dargestellt.<br />

1112 Zur allgemeinen Entwicklung der gemeinschaftskonformen Auslegung der gewerblichen Schutzrechte siehe<br />

unter B. V. 3..<br />

1113 Ausführlich hierzu Hefermehl/Fezer, H/I/Sch/I, S. 62 ff, <strong>mit</strong> zahlreichen F<strong>und</strong>stellenangaben der einschlägigen<br />

Literatur in Fn. 188.


209<br />

einschränkende Rechte gegenüber dem Erwerber seiner nationalen Marke zu Lasten der<br />

Benutzung der erworbenen Marke innerhalb des territorialen Schutzbereichs der<br />

nationalen Marke geltend machen <strong>und</strong> durch die Benutzung seiner Gemeinschaftsmarke<br />

die nationale Marke nicht beeinträchtigen darf. Denn die in der Übertragung der<br />

nationalen Marke enthaltene Zustimmung für die Benutzung der übertragenen Marke<br />

seitens des Veräußerers würde durch diese Vorgehensweise konterkarriert.<br />

Diese aus Treu <strong>und</strong> Glauben resultierende Pflicht für den <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber<br />

bedeutet de facto eine Einschränkung des dem <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber<br />

ursprünglich zustehenden, die ganze Europäische Union umfassenden Aktionsradiusses<br />

für die Benutzung seiner Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> zugleich eine Beschränkung<br />

des unter der Gemeinschaftsmarke geführten Wettbewerbs. Diese Beschränkung läßt<br />

aber die einfache ohne zusätzliche vertragliche Abreden gestaltete Übertragung der<br />

nationalen Marke nach den europäischen Wettbewerbsregeln kartellrechtlich nicht<br />

unzulässig werden.<br />

Wenn auch gar in der aus dem Gr<strong>und</strong>satz von Treu <strong>und</strong> Glauben abgeleiteten Pflicht des<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhabers die Erteilung einer räumlich begrenzten Lizenz gesehen<br />

werden sollte – sei es in Form einer schuldrechtlichen oder womöglich einer<br />

ausschließlichen Lizenz – so vermag auch diese Ansicht nicht, die Übertragung der<br />

nationalen Marke infolgedessen kartellrechtswidrig beurteilen zu müssen, da Art. 22<br />

Abs. 1 GemMVO sowohl eine schuldrechtliche wie auch eine ausschließliche Lizenz an<br />

der Gemeinschaftsmarke gestattet <strong>und</strong> auch deren Beschränkung auf Teilgebiete des<br />

Schutzbereichs der Gemeinschaftsmarke 1114 .<br />

Demgemäß ist auch unter Beachtung der aus deutscher Sicht bestehenden Pflicht aus<br />

dem Gr<strong>und</strong>satz von Treu <strong>und</strong> Glauben für den <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber die hier zu<br />

untersuchende Fallgestaltung hinsichtlich der Veräußerung der nationalen <strong>Marken</strong> unter<br />

gleichzeitiger Beibehaltung der identischen Gemeinschaftsmarke kongruent <strong>mit</strong> den<br />

bereits rechtlich entschiedenen Sachverhalten der einfachen Übertragung einer<br />

nationalen Marke ohne die gleichzeitige Existenz einer parallelen Gemeinschaftsmarke<br />

als nach den gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln als zulässig zu beurteilen.<br />

3. Der Gr<strong>und</strong>satz des freien Warenverkehrs<br />

Das Ergebnis, daß die Übertragungen der nationalen <strong>Marken</strong> bei gleichzeitiger<br />

Inhaberschaft einer identischen Gemeinschaftsmarke nicht gegen die europäischen<br />

1114 Ein besonderes Formerfordernis stellt die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung nicht an die Lizenzerteilung, im<br />

Einzelfall – der allerdings bei der vorliegenden Konstellation nicht gegeben ist – konnte allerdings in der<br />

Vergangenheit die inhaltliche Gestaltung des Lizenzvertrages ein Formerfordernis auslösen, insbesondere kommt<br />

hier § 34 a.F. GWB in Betracht; dieses Schriftformverbot ist aber seit 1.1.1999 ersatzlos gestrichen <strong>und</strong> muß nur<br />

noch bei vor dem 1.1.1999 geschlossenen Verträgen berücksichtigt werden, siehe dazu unter E. III. Demzufolge<br />

ist der Weg, in der aus dem Gr<strong>und</strong>satz von Treu <strong>und</strong> Glauben abgeleiteten Pflicht eine Lizenz zu sehen, nicht<br />

durch ein Formerfordernis von vornherein abgeschnitten. Auf die nach dem <strong>deutschen</strong> <strong>Marken</strong>gesetz nicht<br />

gegebene Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs einer Gemeinschaftsmarke hinsichtlich einer an ihr<br />

bestehenden Lizenz sei an dieser Stelle kurz hingewiesen, vgl. dazu v. Mühlendahl/Ohlgart, § 9 Rn. 32.


210<br />

Wettbewerbsregeln verstoßen, indiziert keinesfalls die Antwort, wie die Fallkonstellation<br />

anhand des Gr<strong>und</strong>satzes des freien Warenverkehrs zu beurteilen ist.<br />

Den Gr<strong>und</strong>satz des freien Warenverkehrs definieren heute die Vorschriften des Art. 28<br />

<strong>und</strong> 29 EGV 1115 , derweil Art. 28 EGV die Einfuhr von Waren <strong>und</strong> Art. 29 EGV die<br />

Ausfuhr der Waren betreffen <strong>und</strong> deren mengenmäßige Beschränkung sowie alle<br />

Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verbieten. Diese Verbote<br />

gelten un<strong>mit</strong>telbar, so daß dem Verbot widersprechende nationale Rechtsnormen im<br />

innergemeinschaftsrechtlichen Verkehr nicht zur Anwendung kommen können 1116 .<br />

Die nationalen <strong>Marken</strong>gesetze sind aufgr<strong>und</strong> ihrer territorialen Ausschlußwirkungen an<br />

dem Verbot von Art. 28 EGV aller Maßnahmen gleicher Wirkung zu prüfen 1117 . Die<br />

früheren Bedenken, dieses Verbot gr<strong>und</strong>sätzlich nicht auf die markenrechtlichen Normen<br />

anzuwenden, weil sich Art. 28 EGV auf staatliche Maßnahmen bezieht <strong>und</strong> die<br />

Einfuhrbeschränkung erst aus der Rechtsausübung des <strong>Marken</strong>inhabers resultiert,<br />

konnten nicht überzeugen <strong>und</strong> sind heute als nicht gerechtfertigt widerlegt 1118 .<br />

Die Vorschriften des freien Warenverkehrs <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die gemeinschaftsrechtlichen<br />

Grenzen des nationalen <strong>Marken</strong>schutzes sind allerdings naturgemäß erst zu beachten,<br />

wenn der zu beurteilende Sachverhalt im grenzüberschreitenden Kontext steht, da es<br />

mangels eines solchen Kontextes an einer Behinderung des innergemeinschaftsrechtlichen<br />

Handelsverkehrs fehlt 1119 . Allein die in der vorlie-genden Fallvariante<br />

bestehende Koexistenz von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> identischen nationalen <strong>Marken</strong><br />

eines ursprünglichen Inhabers schafft nicht den erforderlichen Zusammenhang, da ihr<br />

nur eine Behinderung des innergemeinschaftslrechtlichen Handelsverkehrs immanent ist,<br />

diese zunächst rein theoretische Behinderung aber nicht ausreichend ist 1120 .<br />

Infolgedessen weist auch die Veräußerung der nationalen <strong>Marken</strong> an verschiedene<br />

Erwerber unter Beibehaltung der Inhaberschaft der identischen Gemeinschaftsmarke<br />

solange keinen gemeinschaftsrechtlichen Bezug auf, wie die Erwerber der nationalen<br />

<strong>Marken</strong> lediglich aus ihrer Marke gegen Handlungen Dritter innerhalb ihres Mitgliedstaates<br />

vorgehen. Gemeinschaftsrechtliche Brisanz erfährt die Fallkonstellation erst,<br />

wenn die nationalen <strong>Marken</strong>inhaber aus ihrer nationalen Marke die Einfuhr von aus<br />

anderen Mitgliedstaaten stammenden Waren in den Schutzbereich ihrer nationalen<br />

Marke zu behindern oder abzuschotten versuchen.<br />

Die oben aus deutscher Sicht dargestellte Möglichkeit der Annahme einer konkludenten<br />

territorialbeschränkten Lizenz auf das Mitgliedstaatsgebiet der veräußerten nationalen<br />

Marke an der identischen Gemeinschaftsmarke zugunsten des Erwerbers der nationalen<br />

1115 Früher waren diese die Normen Art. 30 <strong>und</strong> 34 EWGV, siehe Fn. 15.<br />

1116 Aufgr<strong>und</strong> der un<strong>mit</strong>telbaren Wirkung dieser Verbote können sich auch Privatpersonen auf diese Verbote vor den<br />

Behörden <strong>und</strong> Gerichten der Mitgliedstaaten berufen, wenngleich die Judikatur von sich aus auch diese<br />

Verbotsnormen berücksichtigen muß, vgl. Leible in EGV-Kommentar, Art. 28 Rn. 5.<br />

1117 Zur Subsumption der <strong>Marken</strong>rechte unter den Begriff der Maßnahme gleicher Wirkung <strong>und</strong> nicht unter der<br />

mengenmäßigen Einfuhrbeschränkung vgl. Leible in EGV-Kommentar, Art. 28 Rn. 2, Fezer/Hefermehl,<br />

H/I/Sch/S, S. 30 f<br />

1118 Dazu ausführlich Fezer/Hefermehl, H/I/Sch/S, S. 28 ff <strong>und</strong> Leible in EGV-Kommentar Art. 28 Rn. 6.<br />

1119 Vgl. Leible in EGV-Kommentar, Art. 28 Rn. 5<br />

1120 Vgl. Leible in EGV-Kommentar, Art. 28 Rn. 5


211<br />

Marke kann die aus der Veräußerung der nationalen Marke resultierende Behinderung<br />

des freien Warenverkehrs nur mindern, indem sie auf diese Weise eine mögliche<br />

Regelung für das Verhältnis zwischen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber <strong>und</strong> Erwerber der<br />

nationalen Marke bietet; eine den Gr<strong>und</strong>satz des freien Warenverkehrs befriedigende<br />

Lösung stellt dieses Modell allerdings nicht dar. Denn der dem Erwerb der nationalen<br />

Marke von einem Inhaber, der zugleich auch Inhaber identischer nationaler <strong>Marken</strong> in<br />

anderen Mitgliedstaaten war <strong>und</strong> auch diese an verschiedene Käufer übertrug,<br />

zugr<strong>und</strong>eliegende Kaufvertrag vermag nur das Verhältnis zwischen Veräußerer <strong>und</strong><br />

Erwerber der nationalen Marke rechtlich zu normieren, nicht aber die Beziehungen der<br />

Erwerber der nationalen <strong>Marken</strong> untereinander rechtlich zu gestalten. Aus dem<br />

Übertragungsvertrag der nationalen Marke kann infolgedessen nicht ein allgemeines<br />

Verbot für den Erwerber der nationalen Marke hergeleitet werden, sein Ausschließlichkeitsrecht<br />

aus seiner nationalen Marke nicht gegenüber den anderen Erwerbern der<br />

nationalen <strong>Marken</strong> von dem <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber geltend zu machen.<br />

Die durch Ausübung eines nationalen Rechts resultierende Marktabschottung ist gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

nach Art. 28 EGV verboten, es sei denn, sie ist ausnahmsweise gemäß Art. 30<br />

EGV gerechtfertigt 1121 . Ob <strong>und</strong> inwieweit eine Rechtfertigung vorliegt, erforderte eine<br />

kritische Abwägung der den zu beurteilenden Sachverhalt bestimmenden nationalen<br />

gegenüber den gemeinschaftsrechtlichen Aspekten. Ausgangspunkt dieser Abwägung<br />

muß vorliegend die Prüfung sein, ob die Ausübung des ausschließlichen Rechts aus der<br />

Marke zum spezifischen Gegenstand des <strong>Marken</strong>rechts gehört 1122 .<br />

Eine einfache Konfliktlösung der zu beurteilenden Fallkonstellation <strong>und</strong> der da<strong>mit</strong><br />

obsolet werdenden Abwägung kann nicht in unterscheidenden Zusätzen bei den<br />

nationalen <strong>Marken</strong> gesehen werden. Dieser im Zusammenhang <strong>mit</strong> der gesetzlichen<br />

Ausgestaltung der Koexistenz von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationalen <strong>Marken</strong> lange<br />

Zeit diskutierte Ansatz 1123 ist letztendlich nicht geeignet, eine Täuschung der<br />

Verbraucher ausreichend zu unterbinden <strong>und</strong> kann gerade nicht dem spezifischen<br />

Gegenstand des nationalen <strong>Marken</strong>rechts gerecht werden 1124 .<br />

Denn nach der nun als gefestigt anzusehenden <strong>und</strong> sachgerechten Rechtsprechung des<br />

EuGH ist dem spezifischen Gegenstand der nationalen <strong>Marken</strong>rechte gr<strong>und</strong>sätzlich das<br />

zeichenrechtliche Abwehrrecht des <strong>Marken</strong>inhabers zum Schutze seiner Marke vor<br />

Mißbräuchen seitens Dritter zuzuordnen, um auf diese Weise den Schutz der<br />

Identifikations- <strong>und</strong> Qualitätsfunktion seiner Marke zu gewährleisten 1125 , was die<br />

unterscheidenden Zusätze offenk<strong>und</strong>ig nicht vermögen.<br />

1121 Die Problematik des Verhältnisses von Art. 28 <strong>und</strong> 30 EGV wurde bereits unter B. V. 3. dargestellt.<br />

1122 Vor der Konstituierung der Formel vom spezifischen Gegenstand des <strong>Marken</strong>rechts durch den EuGH wurde<br />

unterschieden zwischen Bestand <strong>und</strong> Ausübung des <strong>Marken</strong>rechts, vgl. dazu unter B. V. 3. <strong>und</strong> ausführlich<br />

diesbezüglich Hefermehl/Fezer, H/I/Sch/S, S. 78 ff.<br />

1123 Siehe diesbezüglich nur den Bericht von Graf von Westerholt, GRUR Int. 1976, 39, 41.<br />

1124 Die noch in der „HAG-I“-Entscheidung vertretene gegenteilige Ansicht des EuGH kann heute als überholt<br />

angesehen werden, vgl. dazu die Darstellung unter G. I.; siehe auch Beier, RIW/AWD 1978, 213 ff.<br />

1125 Siehe hierzu die ausführliche Darstellung unter B. V. 3.


212<br />

Die vorliegende Besonderheit des zu beurteilenden Sachverhalts, in dem das nationale<br />

<strong>Marken</strong>recht von einem Inhaber abgeleitet wird, der gleichzeitig Inhaber einer<br />

identischen Gemeinschaftsmarke ist <strong>und</strong> Inhaber identischer anderer nationaler <strong>Marken</strong><br />

war, wirft die Frage auf, ob auch hier dieser Gr<strong>und</strong>satz Anwendung findet. Denn durch<br />

diese Konstellation könnte das in der „Terranova“-Entscheidung des EuGH<br />

ausgesprochene Argument sinngemäß in der Form aktiviert werden 1126 , daß die<br />

Identifikations- <strong>und</strong> Qualitätsfunktion der nationalen Marke zugunsten ihres Erwerbers<br />

durch die parallele Existenz identischer anderer nationaler <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> einer identischen<br />

Gemeinschaftsmarke, die auf die Anmeldung eines <strong>Marken</strong>inhabers zurückgehen, in<br />

Frage gestellt sind, da der Schutz der Funktionen der nationalen Marke in der parallel<br />

existierenden identischen Gemeinschaftsmarke geradezu in ihrem, auch den<br />

Schutzbereich der nationalen Marke eines Mitgliedstaates einschließenden<br />

Schutzumfang aufgeht. In der parallelen Inhaberschaft von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong><br />

identischen nationalen <strong>Marken</strong> kann die Demonstration des <strong>Marken</strong>inhabers gesehen<br />

werden, an einem umfassenden <strong>Marken</strong>schutz interessiert zu sein, <strong>und</strong> reziprok dazu<br />

kann daraus sein Desinteresse an dem begrenzten nationalen <strong>Marken</strong>schutz abgeleitet<br />

werden kann. In Konsequenz könnte dann dem Rechtsnachfolger des ursprünglichen<br />

<strong>Marken</strong>inhabers, auch wenn er lediglich nur eine nationale Marke von ihm ableitet, die<br />

Ausübung des Ausschließlichkeitsrechts aus dieser abgeleiteten Marke, um die Einfuhr<br />

von Waren zu verhindern, die <strong>mit</strong> den anderen identischen nationalen <strong>Marken</strong> bzw. der<br />

Gemeinschaftsmarke des ursprünglichen <strong>Marken</strong>inhabers gekennzeichnet sind, mangels<br />

Schutzbedürfnis der nationalen <strong>Marken</strong>funktionen versagt werden. Dieser Ansatzpunkt<br />

übersieht aber die rechtliche Formation durch die <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong><br />

die <strong>Marken</strong>richtlinie <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> in deren Umsetzung der nationalen <strong>Marken</strong>gesetze der<br />

Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> der nationalen <strong>Marken</strong> als selbständig koexistierende <strong>Marken</strong>.<br />

Wie die obige Darstellung gezeigt hat 1127 , setzt die rechtliche Selbständigkeit von<br />

Gemeinschafts-marke <strong>und</strong> nationalen <strong>Marken</strong> keine verschiedenen <strong>Marken</strong>inhabern<br />

voraus. Aus dem Umstand, daß die nationalen <strong>Marken</strong>funktionen in den Funktionen der<br />

Gemeinschaftsmarke praktisch aufgr<strong>und</strong> des die Gesamtheit der europäischen<br />

Mitgliedstaaten umfassenden Schutzgebietes der Gemeinschaftsmarke aufgehen, darf<br />

nicht zugleich die rechtliche <strong>und</strong> unwiderbringliche Verschmelzung der nationalen<br />

<strong>Marken</strong>funktionen <strong>mit</strong> den Funktion der Gemeinschaftsmarke geschlußfolgert werden.<br />

Unter Beachtung der Selbständigkeit der nationalen Marke kann demnach dem Erwerber<br />

der nationalen Marke nicht das Desinteresse des ursprünglichen Inhabers unter Berufung<br />

auf die praktische Vereinigung von nationalen <strong>und</strong> gemeinschaftsrechtlichen<br />

Zeichenfunktionen entgegengehalten werden, denn <strong>mit</strong> der Übertragung der nationalen<br />

Marke löst sich diese praktische Verbindung <strong>und</strong> ist allein das schützenswerte Interesse<br />

des neuen <strong>Marken</strong>inhabers maßgebend.<br />

So<strong>mit</strong> kann dem Erwerber der nationalen Marke nicht von vornherein die Ausübung des<br />

Ausschließlichkeitsrechts aus seiner nationalen Marke abgesprochen werden, vielmehr<br />

ist die Erschöpfung des Ausschließlichkeitsrechts aus der erworbenen nationalen Marke<br />

1126 Vgl. GRUR Int. 1976, 402, 410, 411<br />

1127 Vgl. die Ausführungen unter G. II. 1..


213<br />

detailliert zu prüfen, allerdings muß selbstredend bei dieser Prüfung die Besonderheit der<br />

Ursprungsidentität von nationaler Marke <strong>und</strong> Gemeinschaftsmarke bedacht werden.<br />

Das Ausschließlichkeitsrecht aus der nationalen Marke ist auch in dieser speziellen<br />

Fallkonstellation nicht erschöpft. Die in der Übertragung der nationalen Marke<br />

enthaltene Zustimmung zugunsten der Benutzung der nationalen Marke kommt nicht der<br />

Zustimmung gleich, die eine Erschöpfung des Rechts auslöst 1128 . Indem der<br />

ursprüngliche Inhaber der nationalen Marke diese vollständig auf einen neuen Inhaber<br />

überträgt, ohne <strong>mit</strong> ihm in irgendeiner wirtschaftlichen Beziehung zu stehen, begibt er<br />

sich des Rechts, un<strong>mit</strong>telbar oder <strong>mit</strong>telbar zu bestimmen, welche Waren <strong>mit</strong> der<br />

nationalen Marke gekennzeichnet werden dürfen <strong>und</strong> welche Qualität die<br />

gekennzeichneten Waren haben müssen. Die beim Veräußerer der nationalen Marke<br />

zurückbleibende identische Gemeinschaftsmarke vermag keine andere rechtliche<br />

Würdigung zu begründen, da sie ihm keine explizite rechtliche Anspruchsgr<strong>und</strong>lage<br />

bietet, die die <strong>mit</strong> dem Verkauf der nationalen Marke verlorengegangene Bestimmungsbefugnis<br />

zugunsten des Kennzeichnungsobjekts <strong>und</strong> der Produktqualität hinsichtlich der<br />

nationalen Marke kompensiert. Die oben angesprochene mögliche Konstruktion einer<br />

konkludenten Lizenz an der Gemeinschaftsmarke aufgr<strong>und</strong> der aus dem Gr<strong>und</strong>satz von<br />

Treu <strong>und</strong> Glauben resultier-enden Pflicht des <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhabers gegenüber<br />

dem Erwerber der nationalen Marke 1129 kann auch nicht den Weg öffnen, dem <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber<br />

einen entsprechenden Bestimmungsanspruch hinsichtlich der<br />

Verwendung der nationalen Marke zuzusprechen. Zunächst ergibt sich ein solcher<br />

Anspruch nicht automatisch aus einer Lizenz, die Lizenzpartner müssen ihn vielmehr<br />

vertraglich vereinbaren. Die konkludente Lizenz bietet keinen Ansatz, eine solche<br />

Vereinbarung <strong>mit</strong> Hilfe der Auslegung zu konstruieren, da eine solche Vereinbarung im<br />

Widerspruch <strong>mit</strong> der im Vordergr<strong>und</strong> stehenden bedingungs-losen Übertragung der<br />

nationalen Marke stehen würde <strong>und</strong> demzufolge die Grenzen der Auslegung überschreitet.<br />

Mit der Übertragung der nationalen Marke ist sie vollständig von der identischen<br />

Gemeinschaftsmarke abgekoppelt, <strong>mit</strong> der Folge, daß die Erschöpfung der<br />

Gemeinschaftsmarke nicht zugleich auch die Erschöpfung der veräußerten nationalen<br />

Marke bewirken kann. Zwar erschöpft sich auch eine nationale Marke, wenn sie statt<br />

innerhalb ihres territorialen Schutzbereich in dem sonstigen Gebiet des EWR erstmalig<br />

in den Verkehr gebracht wird 1130 , so daß bei gleichzeitiger Inhaberschaft von<br />

Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> identischer nationaler Marke sich beide Zeichenrechte <strong>mit</strong> dem<br />

Inverkehrbringen einer <strong>mit</strong> der entsprechenden Marke zugleich erschöpfen. Da<strong>mit</strong> ist<br />

dem Inhaber beider <strong>Marken</strong> das Argument verwehrt, daß <strong>mit</strong> dem Inverkehrbringen der<br />

gekennzeichneten Waren außerhalb des territorialen Schutzbereichs der nationalen<br />

Marke nur die Gemeinschaftsmarke erschöpft sei <strong>und</strong> nicht gleichzeitig auch die<br />

nationale Marke. Diese umfassende Erschöpfungswirkung verstößt nicht gegen das Koexistenzprinzip<br />

von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationalen <strong>Marken</strong>. Wenn auch weder die<br />

1128 So ausdrücklich die „Ideal-Standard“ Entscheidung des EuGH, GRUR Int. 1994, 614, 616<br />

1129 Siehe in diesem Kapitel unter G. II. 2..<br />

1130 Dazu eingehend die „Silhouette“ Entscheidung des EuGH, GRUR Int. 1998, 695 ff


214<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung noch die <strong>Marken</strong>richtlinie explizit die Erschöpfung<br />

von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationaler Marke bei gleicher Inhaberschaft normiert, so<br />

ergibt sie sich im Lichte des Gr<strong>und</strong>satzes des freien Warenverkehrs nach Art. 28, 30<br />

EGV 1131 . Diese Auslegung versperrt dem Inhaber von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong><br />

identischen nationalen <strong>Marken</strong> die Möglichkeit, <strong>mit</strong>tels seiner nationalen <strong>Marken</strong> die<br />

Absatzmärkte im Binnenmarkt seiner bereits unter seiner Marke in den Verkehr<br />

gebrachten Waren zu kontrollieren. Sobald aber die Inhaberschaft von Gemeinschaftsmarke<br />

<strong>und</strong> nationaler Marke auf verschiedene <strong>und</strong> wirtschaftlich unabhängige Inhaber<br />

durch Übertragung dividiert wird, ist für die Erschöpfung sowohl der nationalen Marke<br />

wie auch der Gemeinschaftsmarke allein ihre eigene Benutzung entscheidend, <strong>und</strong> die<br />

umfassende Erschöpfungswirkung kann keine Anwendung finden. Das Band der<br />

ursprünglichen Inhaberschaft von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationaler Marke, das die<br />

umfassende Erschöpfung von beiden <strong>Marken</strong> begründet, ist <strong>mit</strong> der Übertragung der<br />

nationalen Marke an einen unparteiischen Dritten gr<strong>und</strong>sätzlich zerschnitten. Die<br />

mögliche angesprochene Konstruktion der konkludenten Lizenz an der Gemeinschaftsmarke<br />

1132 knüpft zwischen dem <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber <strong>und</strong> dem Erwerber seiner<br />

nationalen Marke in dem Sinn eine Verbindung, daß die Erschöpfung der nationalen<br />

Marke zugleich die Erschöpfung der Gemeinschaftsmarke bewirken kann. Umgekehrt<br />

kann aber die außerhalb des Lizenzverhältnisses zwischen dem <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>inhaber<br />

<strong>und</strong> dem Erwerber der nationalen Marke begründete Erschöpfung der Gemeinschaftsmarke<br />

nicht dem Erwerber der nationalen Marke aufgr<strong>und</strong> der rechtlichen Selbstständigkeit<br />

der nationalen Marke entgegengehalten werden.<br />

Die Ausübung des Ausschließlichkeitsrechts aus der nationalen Marke könnte unzulässig<br />

sein, wenn die Übertragung der nationalen Marke des ursprünglichen Inhabers infolge<br />

des gleichzeitigen Besitzes einer identischen Gemeinschaftsmarke nach den gemeinschaftsrechtlichen<br />

Vorschriften des freien Warenverkehrs unzulässig ist <strong>und</strong> der neue<br />

Besitzer der nationalen Marke infolgedessen nicht rechtmäßiger Inhaber dieser Marke<br />

werden konnte. Die Unzulässigkeit der Übertragung der nationalen <strong>Marken</strong> kann aus<br />

dem Aspekt, in der Übertragung der nationalen <strong>Marken</strong> bei gleichzeitiger Beibehaltung<br />

der identischen Gemeinschaftsmarke eine Umgehung des Verbots der sektoralen Übertragung<br />

der Gemeinschaftsmarke zu sehen, resultieren, so daß die die Gefahr der Marktabschottung<br />

begründende Übertragung der nationalen <strong>Marken</strong> bei gleichzeitiger Inhaberschaft<br />

einer identischen Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> den freien Warenverkehr innerhalb<br />

der Gemeinschaft tangierend keine nach Art. 28, 30 EGV gerechtfertigte<br />

Maßnahme darstellen kann. Diese Überlegung reflektiert das <strong>mit</strong> dem Erlaß der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung intendierte Anliegen, ein <strong>Marken</strong>system zu schaffen,<br />

um das reibungslose Funktionieren des freien Warenverkehrs innerhalb des Binnenmarktes<br />

zu fördern 1133 <strong>und</strong> das Bewußtsein des europäischen Gesetzgebers, diese<br />

Forderung nicht allein durch die Angleichung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte <strong>mit</strong>tels der<br />

<strong>Marken</strong>richtlinie bewältigen zu können, da über die Angleichung nicht das Hindernis der<br />

1131 Indem eine ausführliche Darstellung dieser Thematik für die hier zu behandelnde Problematik nicht<br />

entscheidend ist, wird zugunsten der eigentlichen Problemlösung auf sie vorliegend verzichtet.<br />

1132 In diesem Kapitel unter G. II. 2..<br />

1133 Vgl. 1. Erwägungsgr<strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, ABl. EG Nr. L 349, S. 83


215<br />

territorialen Beschränkung der nationalen <strong>Marken</strong>rechte beseitigt werden kann 1134 . In der<br />

Veräußerung der nationalen <strong>Marken</strong> unter Beibehaltung der identischen Gemeinschaftsmarke<br />

kann de facto die aus Sicht der europäischen Warenverkehrsfreiheit nicht<br />

akzeptabele Unterwanderung des die Zielsetzung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

folgerichtig umgesetzten Einheitsgebotes für die Übertragung der Gemeinschaftsmarke<br />

gesehen werden <strong>mit</strong> der Folge, darin eine verschleierte Beschränkung des Handels<br />

zwischen den Mitgliedstaaten gemäß Art. 30 EGV zu gewahren, die <strong>mit</strong> der Unzulässigkeitserklärung<br />

der Übertragung von nationalen <strong>Marken</strong> für einen <strong>Marken</strong>inhaber<br />

bei gleichzeitiger Inhaberschaft einer identischen Gemeinschaftsmarke unterb<strong>und</strong>en<br />

werden könnte.<br />

Eine solche Beschränkung kann aber nicht über die europäischen Vorschriften des freien<br />

Warenverkehrs importiert werden. Denn die Feststellung, daß die Übertragung der<br />

nationalen Marke bei gleichzeitiger Inhaberschaft einer identischen Gemeinschaftsmarke<br />

entsprechend Art. 28, 30 EGV als unzulässig anzusehen ist, würde die Mitgliedstaaten<br />

im Endeffekt dazu verpflichten, eine dieser Aussage entsprechende Norm in ihre<br />

<strong>Marken</strong>gesetze zu integrieren. Eine solche Verpflichtung kann aber nicht über Art. 28,<br />

30 EGV, respektive durch den diese Bestimmungen anhand des einschlägigen<br />

Sachverhalts prüfenden EuGH den Mitgliedstaaten auferlegt werden 1135 . Lediglich der<br />

europäische Gesetzgeber ist befugt, eine entsprechende Auflage auszusprechen; er kann<br />

dies einmal durch eine Richtlinie, zu deren Umsetzung bei obligatorischen Vorgaben die<br />

Mitgliedstaaten verpflichtet sind, gemäß Art. 249 EGV 1136 . Alternativ zur Richtlinie<br />

kann der europäische Gesetzgeber aber auch eine Verordnung diesbezüglich erlassen, die<br />

keiner Umsetzung der Mitgliedstaaten bedarf, vielmehr un<strong>mit</strong>telbare Geltung in den<br />

Mitgliedstaaten entfaltet (Art. 249 EGV).<br />

Bedingt durch das Eingreifen der gemeinschaftrechtlichen Schranken von Art. 28, 30<br />

EGV erst bei Sachverhalten <strong>mit</strong> einem grenzüberschreitenden Bezug würde bis zur<br />

nationalen gr<strong>und</strong>sätzlichen Zulässigkeit der Übertragung von nationalen <strong>Marken</strong> bei<br />

gleichzeitiger Inhaberschaft einer identischen Gemeinschaftsmarke zudem eine<br />

folgenschwere Rechtsunsicherheit entstehen, da in den Fällen, in denen keine<br />

grenzüberschreitende Dimension gegeben ist, die Übertragung nicht als unzulässig<br />

angesehen werden kann, solange sie nach den einschlägigen rechtsgeschäftlichen<br />

Bestimmungen rechtmäßig erfolgt ist <strong>und</strong> infolgedessen die Rechtmäßigkeit der<br />

Inhaberschaft an der nationalen Marke von dem jeweiligen zu überprüfenden Sachverhalt<br />

abhängig wäre.<br />

Insgesamt betrachtet ist derzeit die Ausübung des Ausschließlichkeitsrechts aus der<br />

nationalen Marke <strong>und</strong> die daraus resultierende Behinderung des innergemeinschaftsrechtlichen<br />

Handelsverkehrs auch für den <strong>Marken</strong>inhaber, der sein <strong>Marken</strong>recht<br />

von einem Rechtsvorgänger erworben hat, der zugleich Inhaber einer identischen<br />

Gemeinschaftsmarke war, nach Art. 30 EGV zuzulasssen. De lege lata ist da<strong>mit</strong> auch bei<br />

1134 Vgl. 3. Erwägungsgr<strong>und</strong> der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung, ABl. EG Nr. L 349, S. 83<br />

1135 In diesem Sinne auch die „Ideal-Standard“-Entscheidung des EuGH, GRUR Int. 1994, 614, 618.<br />

1136 Früher Art. 189 EWGV, siehe Fn. 15.


216<br />

der hier zu untersuchenden Fallkonstellation die künstliche Marktabschottung zu<br />

konzedieren.<br />

Dieses für einen ungehinderten Warenverkehr innerhalb der Gemeinschaft nicht<br />

förderliche Ergebnis kann da<strong>mit</strong> nur vom europäischen Gesetzgeber durch Änderung der<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung <strong>und</strong>/oder Erlaß einer zweiten <strong>Marken</strong>richtlinie <strong>mit</strong><br />

obligatorischen Vorgaben für die Mitgliedstaaten beseitigt werden.<br />

Indirekt hat der europäische Gesetzgeber selbst schon eine zweite <strong>Marken</strong>richtlinie nicht<br />

ausgeschlossen, indem in der ersten <strong>Marken</strong>richtlinie die Aussage getroffen wird, daß es<br />

zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Richtlinie nicht notwendig erschien, die <strong>Marken</strong>rechte<br />

der Mitgliedstaaten vollständig anzugleichen <strong>und</strong> es als ausreichend angesehen wurde,<br />

diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die sich am un<strong>mit</strong>telbarsten auf das<br />

Funktionieren des Binnenmarktes auswirken, anzugleichen 1137 .<br />

Zur Beseitigung der aus der Veräußerung von nationalen identischen <strong>Marken</strong><br />

resultierenden Gefahr der Marktabschottung <strong>und</strong> der da<strong>mit</strong> de facto gegebenen<br />

Umgehung des Gebots der einheitlichen Übertragung einer Gemeinschaftsmarke sind<br />

verschiedene Modelle für den europäischen Gesetzgeber denkbar, die hier allerdings nur<br />

kursorisch aufgezeigt <strong>und</strong> bewertet werden können.<br />

Der Gefahr der Marktabschottung durch die Übertragung der nationalen <strong>Marken</strong> das<br />

F<strong>und</strong>ament entziehen, würde ein über eine <strong>Marken</strong>richtlinie in die nationalen<br />

<strong>Marken</strong>gesetze zu integrierendes Verbot der Doppeleintragung von nationalen <strong>Marken</strong><br />

neben der Existenz einer identischen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>eintragung. Dieses<br />

vorderhand naheliegende Verbot setzt indirekt die vorrangige Eintragung der<br />

Gemeinschaftsmarke voraus <strong>und</strong> erfaßt da<strong>mit</strong> nicht die in der Praxis zahlreich<br />

ausgeführten Erstanmeldungen der nationalen <strong>Marken</strong> vor der Anmeldung der<br />

identischen Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> der daraus zumeist folgenden Ersteintragung der<br />

nationalen <strong>Marken</strong>. Zudem erfordert dieses Verbot eine nationale Amtsprüfung auf die<br />

Eintragung einer identischen Gemeinschaftsmarke. Eine solche Amtsprüfung wird in<br />

zahlreichen Mitgliedstaaten aber berechtigerweise aus verfahrensökonomischen Gründen<br />

nicht durchgeführt, <strong>und</strong> die Einführung der Amtsprüfung zur Aufdeckung der<br />

Doppeleintragung von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> identischen nationalen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong><br />

da<strong>mit</strong> zur Vermeidung der Gefahr der Marktabschottung erscheint deshalb auch<br />

unverhältnismäßig.<br />

Eine andere Alternative liegt in der modifizierten Wiederaufnahme des in der<br />

Anfangsphase der gesetzlichen Ausgestaltung der <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>verordnung<br />

angedachten Verbotes des Doppelschutzes von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationalen<br />

<strong>Marken</strong> dahingehend, zugunsten der Gemeinschaftsmarke den identischen nationalen<br />

<strong>Marken</strong> ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der Gemeinschaftsmarke<br />

keine rechtliche Wirkung mehr zu gewähren 1138 . Zunächst erscheint es fraglich, ob<br />

diesem Verbot zwingend ein Verbot der Beendigung der einheitlichen<br />

1137 Vgl. den dritten Erwägungsgr<strong>und</strong> der <strong>Marken</strong>richtlinie, GRUR Int. 1989, 294.<br />

1138 Die Vorlage zu diesem Doppelschutzverbot schloß auch lediglich nur ähnliche nationale <strong>Marken</strong> zu den<br />

<strong>Gemeinschaftsmarken</strong>eintragungen ein, siehe hierzu die Ausführungen unter G. II. 1..


217<br />

<strong>Marken</strong>inhaberschaft von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> nationalen <strong>Marken</strong> entnommen<br />

werden muß, das das eigentlichen Kernproblem der Gefahr der Marktabschottung<br />

darstellt; auf jeden Fall kann es wiederum die aus verfahrensökonomischen Gründen<br />

nicht erstrebenswerte nationale Amtsprüfung nach identischen <strong>Gemeinschaftsmarken</strong>eintragungen<br />

gebieten. Denn, allein wenn ein originärer <strong>Marken</strong>inhaber einer nationalen<br />

Marke beispielsweise ein ihm gr<strong>und</strong>sätzlich aus seiner Marke nach dem nationalen<br />

<strong>Marken</strong>gesetz zustehendes Widerspruchsrecht gegenüber einer jüngeren nationalen<br />

Marke geltend macht 1139 , müßte von Amts wegen zunächst geprüft werden, ob dem<br />

<strong>Marken</strong>inhaber aus seiner nationalen Marke überhaupt das Widerspruchsrecht noch<br />

zusteht oder es nicht, bedingt durch die parallele Existenz seiner identischen<br />

Gemeinschaftsmarke, aufgr<strong>und</strong> des Verbotes des Doppelschutzes, erfolglos ist.<br />

Infolgedessen erscheint das Doppelschutzverbot als Maßnahme gegen die Gefahr der<br />

Marktabschottung zu unbestimmt <strong>und</strong> zu weitreichend.<br />

Schließlich besteht noch die Möglichkeit, <strong>mit</strong> einer zweiten <strong>Marken</strong>richtlinie die<br />

Mitgliedstaaten unmißverständlich zu verpflichten, eine Regelung in ihre nationalen<br />

<strong>Marken</strong>gesetze aufzunehmen, die dem Inhaber einer nationalen Marke verbietet, sein<br />

nationales <strong>Marken</strong>recht zu veräußern, wenn er gleichzeitig Inhaber einer identischen<br />

Gemeinschaftsmarke ist. Ein solches Verbot erscheint die praktikabelste der hier<br />

dargetanen Lösungsmodelle zu sein, da es zweifellos geeignet ist, die durch die<br />

Veräußerung der nationalen <strong>Marken</strong> begründete Gefahr der Marktabschottung zu bannen<br />

<strong>und</strong> an deren Kernpunkt anzusetzen. Im Gegensatz zum weitreichenden Verbot des<br />

Doppelschutzes von Gemeinschaftsmarke <strong>und</strong> identischen nationalen <strong>Marken</strong> beschränkt<br />

sich das Veräußerungsverbot für nationale <strong>Marken</strong> bei gleichzeitiger Inhaberschaft einer<br />

identischen Gemeinschaftsmarke auf die Gefahr der Marktabschottung letztendlich<br />

tatsächlich auslösende Ursache der Beendigung der einheitlichen <strong>Marken</strong>inhaberschaft.<br />

Überdies kann ein solches Veräußerungsverbot dahingehend gestaltet werden, daß es<br />

keine nationale Amtsprüfung hinsichtlich identischer <strong>Gemeinschaftsmarken</strong> erfordert.<br />

Dafür ist der Erwerber einer nationalen Marke zu verpflichten nachzuweisen, daß sein<br />

<strong>Marken</strong>recht nicht von dem Inhaber einer identischen Gemeinschaftsmarke abgeleitet<br />

worden ist.<br />

Wenngleich ein solches Veräußerungsverbot sicherlich einen erheblichen Beitrag zum<br />

Abbau der künstlichen Marktabschottung leisten kann, so wird seine Umsetzung<br />

sicherlich kein vollkommenes Mittel sein <strong>und</strong> zudem zahlreiche Fragen aufwerfen, deren<br />

Angelpunkt die Identität von nationaler Marke <strong>und</strong> Gemeinschaftsmarke sowie die<br />

Identität der Inhaber sein wird. Daneben wird in der Praxis der Inhaber einer<br />

Gemeinschaftsmarke sich die Veräußerung seiner identischen nationalen <strong>Marken</strong> reiflich<br />

überlegen, um nicht auf diesem Wege den Goodwill seiner Gemeinschaftsmarke selbst<br />

zu gefährden.<br />

Bevor der europäische Gesetzgeber rechtlich in Form einer <strong>Marken</strong>richtlinie oder<br />

Verordnung die aus der Veräußerung der nationalen <strong>Marken</strong> resultierende Gefahr der<br />

Marktabschottung angehen will, sollte überprüft werden, ob es, bezogen auf die gelebte<br />

1139 Dieses Beispiel trifft nicht auf alle Mitgliedstaaten zu, so u.a. nicht für Italien <strong>und</strong> Österreich, deren<br />

<strong>Marken</strong>gesetze kein Widerspruchsverfahren vorsehen.


218<br />

<strong>Marken</strong>praxis, tatsächlich erforderlich ist, die Veräußerung für nationale <strong>Marken</strong> bei<br />

gleichzeitiger Inhaberschaft einer entsprechenden Gemeinschaftsmarke zu verwehren<br />

oder ob nicht die Anzahl der tatsächlich auftretenden Konfliktfälle so gering ist, daß eine<br />

rechtliche Modellösung <strong>mit</strong> ihren eben nur angedeuteten immanenten Anwendungsproblemen<br />

unverhältnismäßig sein kann.

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