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Paul Wriede: Der feldgraue Kasper Putschenelle http://lithes.uni-graz.at/texte.html KASPER. Na, de is mi ümmer noch leeber as den Italjener sienen wabbeligen Krom. Ober drink du man eerst. ÖSTERREICHER. I bin so frei. Auf treie Woffenbriederschoft. Trinkt. KASPER. Op mienen Kaiser un op dienen Kaiser. Trinkt. ÖSTERREICHER. Und nun komm miet. Der Herr Oberscht wird sich frein, wenn er dir sieht. KASPER. Dat sall he woll: wenn ick den vertell, wat ick bi de Italjeners sehn heff, de stellt sick op’n Kopp un spaddelt for Vergneugen mit beide Been! Beide ab. [222] KASPER AUF URLAUB. ∗ KASPER kommt, Helm mit Blumen geschmückt. Gleich darauf seine Frau. MARIE. Wie freu’ ich mich, daß ich meinen Kasper wieder habe, meinen lieben heldenhaften Kasper. Vor dem Kriege hätt’ ich nie geglaubt, daß mein Kasper ein Held ist! KASPER. Dat harrst di woll denken kunnt. Wo ick doch all so lang’ mit di verheirat bün! Johrnlang in Krieg levt un ümmer Sieger bleben! MARIE. Wo hast du denn dein eisernes Kreuz? KASPER. Dor mußt de Italjeners no frogen. Ick krieg ober een wedder. Un mien knökern Krüz, dat is noch dor! MARIE. Aber ich will jetzt schnell in die Küche, damit du heute Mittag was schönes zu essen kriegst. KASPER. Dat doh man! ZWIRNBEUTEL. Mein Name ist Zwirnbeutel. KASPER. Dag, Herr Tweernbüdel. Frau ab. ZWIRNBEUTEL, Mann mit langem Bart, tritt auf. ZWIRNBEUTEL. Herr Kasper, der Umstand, daß Sie auf den verschiedensten Kriegsschauplätzen des diesmaligen Krieges sowohl gekämpft als auch gestritten haben, berechtigt mich wohl zu der Annahme, daß Sie über die Kriegslage einigermaßen unterrichtet sind. Ich bitte Sie daher um eine bündige Antwort auf die Frage: Wann wird dieser Krieg ein Ende gefunden haben? KASPER. Dat kann ick di ganz genau seggen, op’n Prick kan ick di dat seggen: wenn wi sowiet sünd! ZWIRNBEUTEL. Nun wohl. Aber wann dürfte nach Ihrer Meinung dieser Augenblick voraussichtlich eingetreten sein? Schon bald? ∗ Paul Wriede: Kasper auf Urlaub. In: Rabe, Kasper Putschenelle, S. 222–225. Erstabdruck der Szene: P. W.: Der feldgraue Kasper Putschenelle. 4. Kasper auf Urlaub. In: Hamburger Woche vom 24.11.1915, Nr. 47, S. 13.
Paul Wriede: Der feldgraue Kasper Putschenelle http://lithes.uni-graz.at/texte.html KASPER. Kann sien, kann nich sien, kann doch sien! ZWIRNBEUTEL. Ich erbitte alsdann Ihre geschätzte Meinungsäußerung darüber, ob es unsern Heerführern nicht manches Mal an Initiative gefehlt hat. KASPER. An wat? ZWIRNBEUTEL. An Initiative. KASPER. Iniziatiwe? Is dat ’n Froonsminsch? ZWIRNBEUTEL. Nein, das ist ein Fremdwort. Es bedeutet hier soviel wie schnelle Fähigkeit zu selbständigen Entschlüssen. KASPER. Kannst dat denn nich gliek op Dütsch seggen? ZWIRNBEUTEL. Ein gebildeter Mann muß doch hin und wieder ein Fremdwort verwenden. KASPER. So? Mutt he dat? En Russ’ oder ’n Engelsmann oder en Franzos’ villicht, de hett jo nicks Vernünftigs lehrt! Ober so’n Mann as du, de hett sick so uttoquetschen, dat en Mann as ick em verstohn kann, versteihst? ZWIRNBEUTEL. Wir wollen uns darüber nicht erregen. Also kehren wir zu dem eigentlichen Zweck meines Hierseins zurück. Ich möchte glauben, daß unsere gewiß verdienstliche Heeresleitung dessenungeachtet doch auch schwere Fehler gemacht hat. Leider pflegt dieselbe die Ratschläge des zivilen Publikums nicht zu beachten, obwohl letzteres als ganz unbefangener Zuschauer gewiß besonders klar sieht. So kommt es, daß ich ihn nicht teilen kann, jenen Optimismus – KASPER mit einem Schlag unterbrechend. Wullt mol gliek dütsch snacken! ZWIRNBEUTEL. Bitte um gütige Verzeihung! Also, so kann ich nicht jene hoffnungsfreudige Zuversicht teilen, die da meint, es sei bald alles für uns gewonnen. Ich meine, man reizt die Engländer, wenn man nicht nur ihre Handelsschiffe, sondern sogar ihre teuren Kriegsschiffe zerstört, man erbittert die Russen durch die eigensinnige Eroberung ihrer sämtlichen Festungen, man empört die Franzosen durch die Festhaltung ihrer Gebiete im nördlichen Frankreich. Sie alle werden sich rächen. Schwere Zeiten werden für uns kommen. Wir werden hinaus müssen aus Polen, aus Belgien und – KASPER unterbrechend. Un vor allen Dingen ut mien Stuv’! Zwirnbeutel schlagend. Du ole Queesenkopp, du negenklooke Tühnbüdel, du Miesmoker, du – ZWIRNBEUTEL ab. Gleich darauf erscheint NEHRIG. NEHRIG. Sie kenn mir woll so von Ansehn, nich? Kasper schüttelt den Kopf. Na, macht auch weiter nichts. Ich heiß’ Nehrig, nich? un wohn hier dicht bei, nich? – Sagen Sie mal Herr Putscheneller, könnt’ ich Ihnen vielleicht mal was fragen? KASPER. Kummt mi op eenen Dösbattel mehr nich an. Scheet los! NEHRIG. Sehn Sie mal, ich wollte nämlich gern mal wissen, wie lange daß der Krieg nach ihrer unmaßgeblichen Meinung wohl noch dauern könnte, nich? KASPER. De kann noch lang’ duern. NEHRIG. Aber wie lange, daß er woll noch dauern tut, nich? KASPER. Dat weet Hindenborg selbst nich. [223]
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