04.12.2013 Aufrufe

Die Stufe 142

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

und kam noch im gleichen Jahr auf 11 Herbergen im Gebiet der<br />

Schwäbischen Alb. Sie waren vom 1. Juni bis 30. September geöffnet;<br />

für die übrige Zeit lag keine Notwendigkeit vor. <strong>Die</strong> harte<br />

Sechstagewoche ließ Lehrlingen oder jungen Arbeitern wenig<br />

Freizeit; an Urlaubsansprüche war schon gar nicht zu denken.<br />

Zur gleichen Zeit bemühten sich mehrere Verbandsvereine,<br />

in den deutschen Mittelgebirgen geeignete Übernachtungsmöglichkeiten<br />

für Jugendgruppen, Schulklassen oder auch<br />

Einzelwanderer bereitzustellen. Oft waren das Strohlager in der<br />

Nachbarschaft von Gaststätten oder Bauernhöfen, aber auch neu<br />

entstehende Wanderheime, wie etwa das Franz-Keller-Haus auf<br />

dem Kalten Feld bei Schwäbisch Gmünd oder das Wasserberg-<br />

Haus bei Schlat.<br />

Eine ähnliche Überlegung war jene des Lehrers Richard<br />

Schirrmann, ein Netz fester Einrichtungen unterschiedlicher<br />

Art und Größe zu schaffen, die jeweils nur Tagesmärsche auseinander<br />

liegen. Seine Erinnerung aus dem Jahre 1909 („beim<br />

Unterschlupf mit einer Schulklasse während eines Gewitters in<br />

einer Scheune im Bergischen Land“) wird offiziell als Urspungsdatum<br />

der Jugendherbergs-Idee gewertet – und Schirrmann<br />

dafür hoch verehrt.<br />

<strong>Die</strong> von Schirrmann initierte und ständig zugängliche Unterkunft<br />

mit stabilen Doppelstock-Holz-Pritschen im Gewölbe<br />

der Burg Altena in Westfalen wird historisch als die „Welt-<br />

Jugenherberge“ bezeichnet.<br />

Übernachtung für 70 Pfennig<br />

<strong>Die</strong> nächsten Jahre brachten gerade im süddeutschen Bereich<br />

einen kräftigen Aufschwung: 1911 hatten wir im Gebiet<br />

des Schwäbischen Albvereins bereits 18 Herbergen mit 895<br />

Besuchern. 1913 war die Zahl der Herbergsbesucher auf der Alb<br />

auf 2 991 angestiegen. <strong>Die</strong> Übernachtung auf Stroh kostete mit<br />

Frühstück 70, 80 oder 90 Pfennige; oft wurden die Kosten von<br />

den Vereinen übernommen.<br />

DJH-Zweigausschuss Schwaben unter Eugen Nägele<br />

Wiederum war es der Tübinger Professor, der 1897 den<br />

Zweigausschuß „Schwäbische Jugendherbergen“ gemeinsam<br />

mit dem Württembergischen Schwarzwaldverein gründete; den<br />

Vorsitz erhielt der Vorkämpfer in der Sache, Eugen Nägele, der<br />

auch alle Geschäfte führte.<br />

Ähnlich wie beim Sauerländischen Gebirgsverein, dem Erzgebirgsverein<br />

oder dem Schwäbischen Albverein wurden die<br />

Landesverbände des DJH zunächst von den Wandervereinen<br />

gebildet, über einige Jahre geführt und finanziell abgesichert.<br />

Schon 1916 hatte Schirrmann angeregt, daß nach Kriegsende<br />

Betten und Schränke aus den Lazaretten dem Jugendherbergswerk<br />

zur Verfügung gestellt werden sollen.<br />

Dank Albverein hundert Jugendherbergen<br />

In ganz Württemberg war in 25 Jahren unter der zielbewußten<br />

Leitung Nägeles ein enges Netz von Herbergen geschaffen<br />

worden. Mit 15 meist einfachen Unterkünften hatte der gemeinsame<br />

Zweigausschuß sein Werk begonnen, 1926 hatten wir im<br />

Vereinsgebiet über einhundert Herbergen, deren Ausstattung<br />

sich immer weiter deutlich verbessert wurde. In manchen Herbergen<br />

(Schorndorf, Wasserberghaus u.a.) wurde für damalige<br />

Ansprüche Mustergültiges geschaffen.<br />

<strong>Die</strong> Entwicklung der Jugendherbergen lag im Königreich<br />

Württemberg bis 1918 und danach ausschließlich in den Händen<br />

des Schwäbischen Albvereins. <strong>Die</strong> Geschäftsstelle im Hause der<br />

Familie Nägele in Tübingen betreute den kräftig wachsenden<br />

Albverein ebenso wie die Jugendherbergen, absolut bis 1926,<br />

vermutlich noch länger; so wird es auch verständlich, daß die<br />

Geschäftsstelle auch des dann selbständigen DJH-Landesverbandes<br />

gemeinsam mit der des Albvereins im gleichen Hause<br />

in der Gartenstraße in Tübingen blieb. Daraus entstand der<br />

DJH-Landesverband Schwaben, der in Glanzzeiten über 70 große<br />

und kleine Herbergen zu verwalten hatte; heute sind davon 30<br />

übrig geblieben. Auf Initiativen aus seinen Reihen ist 2002 im<br />

größeren Bundesland der fusionierte Landesverband Baden-<br />

Württemberg hervorgegangen, der über 61 Häuser verfügt; mit<br />

über 200 000 Mitgliedern liegt dieser deutlich an der Spitze aller<br />

Landesverbände.<br />

Professor Eugen Nägele (1856 – 1937), Vorsitzender des<br />

Schwäbischen Albvereins von 1913 bis 1933, entstammt der<br />

Familie von Johann Ferdinand Nägele (1808 – 1879), Schlossermeister<br />

in Murrhardt. Schlosser Nägele wurde 1848 als einziger<br />

Handwerker in die erste Nationalversammlung in der Frankfurter<br />

Paulskirche gewählt.<br />

Heiner Weidner<br />

15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!