Forschung und Praxis - Deutsche Leberhilfe eV
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<strong>Forschung</strong> <strong>und</strong> <strong>Praxis</strong><br />
Die Hepatitis-B-Therapie heilt nicht – wann sie trotzdem nützt<br />
Heutige Medikamente wie Peg-Inter -<br />
feron (Spritze) oder „Nucs“ (Tabletten)<br />
kön nen He pa titis B noch nicht komplett<br />
ausheilen. Allerdings können sie<br />
die Virus ver mehrung unterdrücken <strong>und</strong><br />
– mit hilfe des Immunsystems – Teile des<br />
Virus dauerhaft zerstören. Die Ziele:<br />
- Die Viruslast (HBV-DNA) soll dauerhaft<br />
unterdrückt werden. Dies<br />
ge lingt heute bei den meisten Pa -<br />
tien ten. Hierdurch sinkt die Anste -<br />
ckungs gefahr für andere, <strong>und</strong> für<br />
die Betroffenen selbst sinkt das Ri -<br />
si ko, dass sich Spätfolgen wie Zir -<br />
rhose <strong>und</strong> Leberkrebs entwickeln.<br />
- Falls Leberwerte (z. B. GPT) er höht<br />
sind, sollen sich diese normalisieren.<br />
- Bonusziel: wenn bestimmte Be -<br />
stand teile des Virus aus dem Blut<br />
ver schwinden <strong>und</strong> stattdessen<br />
Anti körper gebildet werden. Diesen<br />
Vor gang nennt man auch Serokon -<br />
version.<br />
Einige Hepatitis-B-Viren haben z. B. das<br />
sogenannte HBe-Anti gen (HBeAg).<br />
Dies ist meist bei jüngeren In fektionen<br />
vorhanden <strong>und</strong> ein Zeichen, dass sich<br />
das Virus stark vermehrt. Wenn es dem<br />
Immunsystem gelingt, das HBe-<br />
Antigen zu zerstören, vermehrt sich<br />
das Virus viel schlechter. Noch besser:<br />
wenn das Immunsystem noch zusätzlich<br />
anti-HBe-Antikörper bildet. Dies<br />
nennt man HBeAg-Sero kon version.<br />
Damit ist das Virus viele Jahre unter<br />
Kontrolle, obwohl es irgendwann<br />
mutieren <strong>und</strong> trotzdem wieder aktiv<br />
werden kann.<br />
Noch besser: wenn das sogenannte<br />
HBs-Antigen (HBsAg) verschwindet.<br />
Das ge lingt nur sehr selten. HBsAg ist<br />
ein Teil der Virushülle. Wenn eine<br />
Hepatitis B erstmals entdeckt wird,<br />
dann mit diesem Marker. Gelingt es<br />
dem Immunsystem, diesen Teil des<br />
Virus zu zerstören – <strong>und</strong> dann noch<br />
schützende anti-HBs-Antikörper zu<br />
bilden, kommt dies einer Heilung aber<br />
sehr nahe.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich stellt sich die Frage:<br />
Wenn chronische Hepatitis B einmal<br />
identifiziert ist, wie früh sollte man<br />
diese therapieren? Vereinfacht gesagt,<br />
empfehlen die heutigen Leitlinien erst<br />
dann zu behandeln, wenn die Infektion<br />
beginnt, Probleme zu verursachen:<br />
„Behandelt wird, wenn jemand durch<br />
seine Hepatitis B krank ist“, erklärte PD<br />
Dr. Anton Gillessen kürzlich auf einer<br />
Patientenveranstaltung in Herne.<br />
Da es seit einigen Jahren stark wirksame<br />
Medikamente gibt, die zudem<br />
weniger Resistenzprobleme haben als<br />
früher, wird aber mittlerweile diskutiert,<br />
ob man Patienten vielleicht doch<br />
früher therapieren kann.<br />
In der frühen immuntoleranten Phase<br />
– Hep-B-Virus aktiv, Immunsystem<br />
inaktiv – wird derzeit keine Behand -<br />
lung empfohlen. Bislang fehlten sogar<br />
Daten, wie wirksam eine Therapie in<br />
die ser Phase überhaupt sein kann.<br />
Hohe Virusmengen, ein untätiges Im -<br />
mun system: Das klingt nicht gerade<br />
erfolgversprechend für eine Therapie.<br />
Dennoch hat sich eine Studie auf diesem<br />
Gebiet vorgewagt: Hepatitis-B-<br />
Pa tienten in der immuntoleranten<br />
Pha se erhielten entweder Tenofovir<br />
alleine oder eine Kombinationstablette<br />
aus Tenofovir <strong>und</strong> Emtricitabine –<br />
Letz tere stammt aus der HIV-Medizin<br />
<strong>und</strong> ist nicht für Hepatitis B zugelassen.<br />
Auf dem Kongress wurden nun Vier-<br />
Jahres-Daten vorgestellt.<br />
Prof. Zoulim berichtete, dass 55 % der<br />
Patienten ihre Viruslast mit Tenofovir<br />
bis unter die Nachweisgrenze senken<br />
konnten. Wenn sie die Kombination<br />
Tenofovir mit Emtricitabine erhielten,<br />
erreichten 76 % dieses Ziel. Das heißt,<br />
die Kombination Tenofovir mit Emci tri -<br />
ca bine ist in dieser Situation öfter<br />
wirksam. Eine weitere Beobach tung:<br />
Frauen sprachen in allen Be hand lungs -<br />
armen besser an als Männer.<br />
Laut Prof. Zoulim war dies die erste<br />
Studie, welche die Therapie in der im -<br />
muntoleranten Phase untersucht. Noch<br />
ist es jedoch zu früh, Rück schlüs se zu<br />
ziehen <strong>und</strong> Empfehlungen zu ändern.<br />
Die Erfolge dieser Studie kann man kritisch<br />
diskutieren: Vier Jahre Therapie<br />
mit einer der am stärksten wirksamen<br />
He pa titis-B-Substan zen reich ten nur<br />
bei der Hälfte dieser Pa tienten aus, um<br />
die Virusmenge zu un terdrücken. Die<br />
Kombinations tab let te Tenofovir mit<br />
Emcitricabine er reichte dieses Ziel<br />
häufiger, aber selbst hier gelang das<br />
nur bei drei Vierteln der Patienten.<br />
Ob die frühe Therapie für die immuntoleranten<br />
Patienten irgendeinen Zu -<br />
ge winn an „Sicherheit“ oder lang fris tig<br />
besseren Verlauf bedeutet, oder ob<br />
diese genauso gut hätten warten können,<br />
ist völlig offen.<br />
Wann wird Hepatitis B endlich<br />
heilbar?<br />
In ferner Zukunft ist es das Ziel, chronische<br />
Hepatitis B endlich heilbar zu<br />
machen. Besonders schwierig ist dabei<br />
die sogenannte ccc-DNA, die sich tief<br />
in den Leberzellen einnistet <strong>und</strong> mit<br />
heu tigen Medikamenten praktisch gar<br />
nicht angreifbar ist. In Zellkulturen<br />
<strong>und</strong> bei Mäusen untersucht man An -<br />
sät ze, um die ccc-DNA eines Tages zu<br />
zerstören oder zumindest lahmzulegen.<br />
Untersuchungen bei Menschen gibt es<br />
noch nicht, entsprechend kann es noch<br />
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