Jahresbericht stiftung netzwerk 2012
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es kein offensichtliches Kriterium dafür, ob die<br />
Entscheidung richtig oder falsch war.<br />
Sollen wir vermehrt auf unser Bauchgefühl hören,<br />
wenn wir nicht sicher sind, welche Entscheidung die<br />
richtige ist?<br />
Unsere Emotionen helfen uns dabei, gewisse Gewichtungen<br />
vorzunehmen. Bei der Berufswahl ist<br />
zum Beispiel ausschlaggebend, ob ich einfach eine<br />
befriedigende Tätigkeit suche oder unbedingt Ansehen<br />
gewinnen und einen guten Lohn verdienen<br />
will. In diesem Moment sind es die Emotionen und<br />
unser Bauch, die uns sagen, was uns wichtig ist.<br />
Und wenn wir wissen, was uns wichtig ist, ist es natürlich<br />
auch einfacher, die richtige Wahl zu treffen.<br />
Studien haben übrigens gezeigt, dass Leute, deren<br />
emotionales System infolge von Hirnschäden beeinträchtigt<br />
ist, Mühe bekunden, Entscheidungen<br />
zu treffen, weil sie nicht mehr wissen, was ihnen<br />
wichtig ist. Emotionen spielen bei der Entscheidungsfindung<br />
also eine wichtige Rolle.<br />
Kann uns die Risikoforschung bei der Frage nach<br />
konkreten Entscheidungen helfen?<br />
Als Risikoforscher hoffe ich natürlich, dass ich<br />
besser überblicke, welche Faktoren mich bei einer<br />
Entscheidungsfindung nicht beeinflussen sollten.<br />
Ziel wäre es, sich stärker um die Risiken zu sorgen,<br />
die relevant sind, und den Risiken, die weniger Gewicht<br />
haben, weniger Beachtung zu schenken.<br />
Hilft die Strategie, sich bei einer Entscheidungsfindung<br />
immer zu fragen: Was wäre der schlimmste Fall?<br />
Das ist sicher eine praktikable Strategie, sich die<br />
Frage zu stellen: Mit welchem Umstand könnte<br />
ich auf keinen Fall leben? Wir müssen uns aber bewusst<br />
sein, dass wir auch stark beeinflussbar sind.<br />
Wenn in den Medien zum Beispiel viele Berichte<br />
über Kampfhunde erscheinen, die Passanten beissen,<br />
dann schätzen wir das Risiko automatisch entsprechend<br />
hoch ein. In diesem Moment sollten wir<br />
unser Gefühl aber hinterfragen und grundsätzlich<br />
überlegen, ob das Risiko, von einem Kampfhund<br />
gebissen zu werden, wirklich so hoch ist.<br />
Gerd Gigerenzer, ein deutscher Risikoforscher, sagt,<br />
je grösser das Unwissen, desto wichtiger sei die<br />
Intuition. Stimmen Sie dem zu?<br />
Vordergründig ist dies eine triviale Aussage. Tatsache<br />
ist: Wenn ich kein Wissen habe, bleibt mir<br />
ja nur die Intuition. Ich finde es auch fragwürdig,<br />
wenn man den Leuten nun einfach zu mehr Bauchentscheidungen<br />
rät. Wie bereits erwähnt, unterscheiden<br />
sich Entscheidungen, und darum hilft<br />
auch nicht bei allen Entscheidungen die Intuition<br />
weiter. Manchmal ist es besser, sich auf Zahlen zu<br />
verlassen. Aus meiner Sicht wird die Intuition auch<br />
häufig mit implizitem Wissen verwechselt. Wenn<br />
wir auf einem Gebiet Experten sind, können wir<br />
auf Basis unseres impliziten Wissens Entscheidungen<br />
fällen. Ein Laie, der nicht auf dieses Wissen zurückgreifen<br />
kann, wird im gleichen Fall wohl auch<br />
mit seinem Bauchgefühl keine gute Entscheidung<br />
fällen. Darum ist das implizite Wissen bei vielen<br />
Entscheidungen ausschlaggebend.<br />
Kann man Intuition lernen?<br />
Ich glaube, man braucht viel implizites Wissen, um<br />
gute intuitive Entscheidungen fällen zu können.<br />
Wie wichtig ist die Intelligenz des Unbewussten beim<br />
Fällen von Entscheidungen unter Druck?<br />
Auch hier ist das implizite oder explizite Wissen<br />
ausschlaggebend. Bei einem Tsunami hilft das unbewusste<br />
Gefühl nicht weiter. Wir müssen wissen,<br />
dass bei einem entsprechenden Erdbeben eine solche<br />
Monsterwelle entstehen kann und wir uns im<br />
Gefahrengebiet in Sicherheit bringen müssen. Leute,<br />
die in diesem Moment entscheiden, dass diese<br />
Welle aufgrund ihrer Grösse ein Ereignis ist, das<br />
aus der Nähe betrachtet werden muss, fällen einen<br />
fatalen Entscheid. Bei vielen seltenen oder neuen<br />
Gefahren kann uns also die Intelligenz des Unbewussten<br />
in die Irre führen.<br />
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