Aktuelle Ausgabe herunterladen (PDF, 6.25 MB) - Cortal Consors
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_WISSEN ANLEIHEMARKT<br />
Bonität,<br />
neu buchstabiert<br />
Bei der Finanzstabilität tauschen Industrieländer und Emerging<br />
Markets mehr und mehr die Rollen. Ein Überblick über<br />
Trends bei der Bonität.<br />
Foto: Jurga Graf<br />
Die Zahlen des IWF sprechen eine<br />
deutliche Sprache: Das Verhältnis<br />
von Staatsschulden zum Bruttoinlandsprodukt<br />
lag bei den entwickelten Industrienationen<br />
2012 im Schnitt bei rund<br />
110 Prozent – und in den Emerging<br />
Markets bei nur rund 34 Prozent.<br />
Der Trend ist schon lange zu beobachten.<br />
Und er gewinnt jüngst an Fahrt: „Im<br />
Hinblick auf die finanzielle Stabilität und<br />
Bonität tauschen Industrie- und Schwellenländer<br />
immer öfter die Rollen“, stellt<br />
Stefan Maly fest, Anlagestratege bei<br />
<strong>Cortal</strong> <strong>Consors</strong>. Das zeigen auch die Noten<br />
von Ratingagenturen wie Standard &<br />
Poor’s (siehe Seite 26).<br />
Vor zehn Jahren erschien es kaum denkbar,<br />
dass die Bonität Chinas nur noch<br />
knapp unter der von Frankreich liegt.<br />
Und Griechenland inzwischen schlechter<br />
bewertet ist als Länder wie Burkina<br />
Faso oder Ghana (Stand: 15. Juli 2013).<br />
In den Neunzigern erschütterten Finanzkrisen<br />
und Zahlungsprobleme viele<br />
Schwellenländer. Heute ist eigentlich<br />
nur noch von Industrieländern die Rede,<br />
wenn das Schlagwort Finanzkrise<br />
fällt. Selbst die USA haben bei Standard<br />
& Poor’s inzwischen nicht mehr das<br />
Best-Rating „AAA“. Ist die Entwicklung<br />
nur eine Momentaufnahme oder nachhaltig?<br />
„Es gibt viele Gründe, die für<br />
eine Fortsetzung des Trends sprechen“,<br />
meint Anlageexperte Maly. „Eine junge<br />
Bevölkerungsstruktur, wachsender<br />
Wohlstand und wirtschaftliche Dynamik<br />
machen langfristig eine weitere Kräftigung<br />
der Finanzstabilität von vielen<br />
Schwellenländern wahrscheinlich.“ Inzwischen<br />
verfügten die im J.P. Morgan<br />
Emerging Market Bond Index gelisteten<br />
Anleihen aus Schwellenländern schon<br />
zu rund 65 Prozent über einen „Investment<br />
Grade“. 2007 waren es erst rund<br />
40 Prozent. Das ist auch deshalb wichtig,<br />
weil manche Rentenfonds nur in<br />
solche Anleihen investieren dürfen.<br />
Natürlich gibt es auch Risiken. „China<br />
hatte in der Vergangenheit Produktivitätszuwächse,<br />
weil das Reich der Mitte<br />
auf ein großes Heer billiger Arbeitskräfte<br />
zurückgreifen konnte“, erläutert Maly.<br />
„So kam trotz des Wirtschaftswachstums<br />
kaum Lohndruck auf.“ Das habe<br />
sich geändert und es bleibe abzuwarten,<br />
ob China durch den Einsatz moderner<br />
Technologie das Tempo beim Wirtschaftswachstum<br />
halte.<br />
Zwar sind die Kurse von Schwellenländeranleihen<br />
im Juni unter Druck geraten.<br />
„Das lag aber vor allem daran,<br />
dass Investoren ein Ende der expansiven<br />
Geldpolitik in den USA befürchteten,<br />
weniger an hausgemachten Problemen“,<br />
betont Maly. Selbst wenn damit<br />
nicht gesagt ist, dass Krisen nicht<br />
immer wieder auch zu Vertrauensverlusten<br />
gegenüber Schwellenländern<br />
führen können: Der Bonitäts-Trend<br />
birgt für Anleger viele Chancen: „Bei<br />
gleichem Rating ist die Rendite bei<br />
Bonds aus Schwellenländern meist höher.“<br />
In Zeiten, in denen die reale Rendite<br />
mancher Anleihen stabiler Industrienationen<br />
negativ ist, ist das für viele<br />
Investoren reizvoll.<br />
><br />
Bei vergleichbarem Risiko<br />
sind die Renditen bei Bonds aus<br />
Schwellenländern meist höher.<br />
Stefan Maly, Anlagestratege bei <strong>Cortal</strong> <strong>Consors</strong><br />
CORTAL CONSORS MAGAZIN 03 | 2013 25