geneigten Ebene - Bauverlag
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Erdbau<br />
Erddruck<br />
Erddruck nach dem<br />
physikalischen Gesetz der<br />
„<strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong>“<br />
Grundlagen einer neuen Erddrucktheorie<br />
Bauwerke tangieren unser Leben. Wir werden aufmerksam auf sie, wenn<br />
sie mal ihre Aufgabe nicht erfüllen. Heute kann ein Schaden an einem<br />
Haus, einer Brücke, einer Stützmauer auftreten und morgen an einer<br />
Wasserleitung oder einem Abwasserkanal. Trotz der unterschiedlichsten<br />
Funktionen haben die Bauwerke eine gravierende Gemeinsamkeit:<br />
Sie müssen den Kräften des Erdreichs, des Füllbodens, dauerhaft widerstehen.<br />
Dipl.-Ing. Norbert Giesler, Lohfelden<br />
1 Vorbemerkungen<br />
Die Berechnung des Erddrucks wird in<br />
unterschiedlichen Regelwerken vorgegeben.<br />
Jeweils als Grundlage dient die Erddruck-Theorie<br />
des Physikers Coulomb<br />
(1736 –1806).Die Überprüfung der geltenden<br />
Erddrucklehre zeigt aber auf, dass sie<br />
weder den physikalischen Gesetzen noch<br />
dem realen Bodenverhalten folgt. Sie geht<br />
von einer steten Reibung des Erdreichs am<br />
Bauwerk aus, über die der Erddruck in<br />
Größe und Richtung berechenbar sein<br />
soll.Ebenso unnachvollziehbar ist die Festlegung,<br />
dass der Erddruck (E a) konstant im<br />
unteren Drittel der Wandhöhe (Angriffshöhe)<br />
auf die Wand einwirkt, s. Bild 1.<br />
Unpassend und durch nichts zu belegen<br />
erscheinen auch die nachstehenden<br />
vereinfachenden Annahmen der Lehre:<br />
1. das Erdreich ist gleichmäßig und kohäsionslos,<br />
2. die Wand dreht sich um ihren unteren<br />
Fußpunkt vom Erdreich weg,<br />
3. der Wandreibungswinkel ist bekannt,<br />
ungünstigenfalls = 0° (waagerecht),<br />
4. die entstehende Gleitfläche ist eine<br />
<strong>Ebene</strong>,<br />
5. der Erddruck wirkt dreiecksförmig, wobei<br />
seine größte H-Kraft auf der Sohlebene<br />
liegt.<br />
Bild 1: Erdruckverteilung<br />
Nach derzeitiger Theorie ist die Kraft<br />
(E a) über die nachstehende Formel zu errechnen:<br />
E a = 0,5 • h 2 • • K a<br />
Die Formel beinhaltet die Erddruckhöhe<br />
(h),die Bodenwichte () und den Beiwert<br />
(K a).Der Beiwert steht für den aktiven<br />
Erddruck, der nach geltender Lehre abhängig<br />
ist vom Winkel der inneren Reibung<br />
des Bodens und nach Marston über<br />
die Formel (K a = tan 2 (45°- ’2) berechnet<br />
wird.<br />
Die festgestellten Mängel in der derzeitigen<br />
Erddrucklehre lassen berechtigte<br />
Zweifel an der Verlässlichkeit von Normen<br />
und Regelwerken aufkommen.<br />
2 Betrachtungen zum<br />
allgemeinen Bodenverhalten<br />
Neu wird erkannt, dass Boden, ähnlich<br />
wie Luft und Wasser,unter ständiger Spannung<br />
steht. Hierbei ist die Erdanziehung<br />
der Initiator der Spannungen. Gegenläufige<br />
Horizontalkräfte halten das Gleichgewicht<br />
im Erdreich. Natürliche oder bauliche<br />
Eingriffe stören den passiven Spannungszustand<br />
im Boden und setzen Kräfte<br />
frei. Der Spannungsauf- oder -abbau vollzieht<br />
sich über Keilformen,die von den bodenspezifischen<br />
Werten und der Lage im<br />
System abhängig sind. Lagerungsdichte,<br />
Wichte und Neigungswinkel bestimmen<br />
die Geometrie der Keile. Ihre Größe und<br />
damit die Intensität des Erddrucks hängen<br />
von der Tiefe der Störungsstelle zur Geländeoberfläche<br />
ab.<br />
In der Natur lassen sich drei Erdkeiltypen<br />
lokalisieren. Die Schwerpunktlage im<br />
Keil bestimmt, ob horizontale Kräfte im<br />
Keil entstehen können oder nicht. Unterschiedliche<br />
Horizontalkräfte im Boden<br />
gleichen sich im Laufe der Zeit an und verändern<br />
damit ihre Stärke und ihren Angriffspunkt<br />
auf das Bauwerk.<br />
46 tis 3/2005
Bild 2: Stehender Erdkeil<br />
Bild 3: Liegender Erdkeil<br />
Bild 4: Gekappter Erdkeil<br />
Kraftrichtungen sind<br />
schraffiert dargestellt<br />
Der stehende Erdkeil wird begrenzt<br />
durch eine lotrechte Wand, die natürliche<br />
Neigungsebene des Bodens und die<br />
Geländeoberfläche. Sein Schwerpunkt<br />
liegt im oberen Drittel des Dreiecks. Horizontaler<br />
Druck baut sich gegen die Wand<br />
auf, weil die Bodenmassen infolge der<br />
Erdanziehung auf der Neigungsebene abgleiten<br />
wollen,jedoch durch die reale oder<br />
imaginäre Wand daran gehindert werden,<br />
s. Bild 2.<br />
Der liegende Erdkeil bildet das Gegenstück<br />
zum stehenden Keil. Seine Bodenmassen<br />
haben infolge der Schwerpunktlage<br />
im unteren Drittel keinen Bewegungsdrang<br />
und können somit keine Horizontalkräfte<br />
entwickeln, die über die Neigungsebenen<br />
(Böschungslinien) hinaus wirken,<br />
s. Bild 3.<br />
Der gekappte Erdkeil stellt einen stehenden<br />
Keil dar, dem im oberen Bereich<br />
eine Dreiecksfläche abgetrennt worden<br />
ist. Die Lage des Schwerpunktes erlaubt<br />
dem gekappten Keil eine Erddruckkraft zu<br />
entwickeln, s. Bild 4.<br />
Trotz ihrer Verschiedenartigkeit stehen<br />
die einzelnen Keiltypen in einem festen<br />
Verbund zueinander. Sie können horizontal<br />
verschoben, geteilt oder gespiegelt<br />
werden, ohne dass sie ihre natürliche Verhaltensweise<br />
aufgeben. Nimmt der Boden<br />
eine andere Keilform an, verändern sich<br />
auch seine Bodenkennwerte (Wichte, Lagerungsdichte,<br />
Neigungswinkel). Das Bodenverhalten<br />
entspricht im Groben dem<br />
Wechselspiel einer Sanduhr. Auch hier<br />
folgt der Sand im oberen Behälterteil der<br />
Schwerkraft, gleitet letztendlich auf der<br />
<strong>geneigten</strong> Behälterwand ab, rieselt nach<br />
unten und lagert hier. Aus zwei spiegelbildlichen<br />
stehenden Erdkeilen entwickelt<br />
sich am Glasboden ein kraftloser liegender<br />
Erdkeil. Dreht man die Uhr um, kommt<br />
der einst ruhende Sand wieder in Bewegung<br />
und entfaltet erneut seine Kräfte,die<br />
ihm durch das Drehen der Sanduhr<br />
zurückgegeben worden sind (Schwerpunktverlagerung).<br />
Auch Erdbauarbeiten laufen nach dem<br />
Sanduhr-Schema ab. Wird ein gewachsener<br />
Boden (stehender Erdkeil) abgetragen<br />
und gelagert (liegender Erdkeil),verändert<br />
die Abgrabung nicht nur den Schwerpunkt<br />
im Erdkeil,sondern durch die eingetretene<br />
Auflockerung auch seine Geometrie,<br />
die durch die neue Lagerungsdichte<br />
(dB), Wichte ( B) und Neigungswinkel ( B)<br />
des Schüttgutes bestimmt wird. Baut man<br />
den gelagerten Boden als Bauwerkshinterfüllung<br />
wieder ein, entsteht wieder ein<br />
stehender Erdkeil mit dem Schwerpunkt<br />
im oberen Drittel, der Erddruck erzeugt.<br />
Diagr. 1: Geometrie der einzelnen Bodenarten von<br />
Fels bis zum wassergelösten Boden<br />
Eingebrachte Verdichtungsenergie lässt<br />
die Rückkehr der ursprünglichen Bodeneigenschaften<br />
bis zu einem bestimmten<br />
Maß wieder zu.<br />
3 Betrachtungen zu den<br />
Bodeneigenschaften<br />
Die Evolution und die Zeit haben eine<br />
Vielzahl von Bodenarten entstehen lassen,<br />
die trotz unterschiedlicher Eigenschaften<br />
Erddruck<br />
Erdbau<br />
tis 3/2005 47
Erdbau<br />
Erddruck<br />
Bild 5:Vorlage<br />
FH = G • h / l = G • sin <br />
FN = G• b / l = G • cos <br />
Bild 6: Rad, aus Winkel wird <br />
Bild 7: Keil, aus Winkel wird <br />
aber nur einen Ursprung haben können.<br />
Jede Bodenart trägt damit ihre spezifische<br />
Struktur (Geometrie) in sich. Vereinfacht<br />
ausgedrückt ist es möglich, alle Bodenarten<br />
über ihren Neigungswinkel ( B) zwischen<br />
festem Fels ( B = 90°) und Wasser<br />
( B = 0°) stufenlos einzugruppieren.<br />
Wie die Bestimmung des Neigungswinkels<br />
( B) lässt sich auch die Wichte des<br />
ungestörten Erdreichs bei der angenommenen<br />
Lagerungsdichte (dB = 100 %) geradlinig<br />
zwischen schwerem Fels<br />
( B ~ 30 kN/m 3 ) und wassergelösten Böden<br />
( B > 10 kN/m 3 ) ermitteln.<br />
Somit grenzt die Geometrie einer Bodenart<br />
die Kraftgrößen und Kraftrichtungen<br />
im Erdkeil ein. Die Kräfte verändern<br />
sich daher nur proportional zur Keilhöhe.<br />
Die feste Bindung von Bodenart und Keilgeometrie<br />
ermöglicht es, Größe und Angriffshöhe<br />
der horizontalen Erdkraft (Erddruck)<br />
der verschiedenen Bodenarten im<br />
Diagramm darzustellen.<br />
Die Grafik widerlegt die Behauptung<br />
der derzeitigen Erddrucklehre, dass der<br />
Kraftangriff des Erddrucks für alle Bodenarten<br />
gleich in 1 / 3 der Berechnungshöhe<br />
erfolgt.<br />
Vielmehr ist es richtig, dass jede Bodenart<br />
eine andere Angriffshöhe ausbildet,<br />
die nur beim bindigen Boden (weich)<br />
bei ca. 1 / 3 Höhe liegt, bei Kies (dicht gelagert)<br />
aber den Wert (6,71 m/10,0 m) einnimmt.<br />
Es bleibt die Frage offen, wie kann die<br />
derzeitige Erddrucklehre passend sein,<br />
wenn bereits ihre Grundlagen unstimmig<br />
sind?<br />
Für das Diagramm (1) wurde eine Grabentiefe<br />
von 10 m gewählt. Die Neigungsebene<br />
der jeweiligen Bodenart steigt vom<br />
Nullpunkt (Sohle) unter dem spezifischen<br />
Neigungswinkel ( B) bis zur Geländehöhe<br />
auf. Winklig auf die Neigungsebene setzt<br />
die Scherebene auf, welche die Y-Achse in<br />
Geländehöhe schneidet. Die Länge der<br />
Waagerechten vom Schnittpunkt der Neigungsebene<br />
mit der Scherebene bis zur Y-<br />
Achse entspricht der H-Kraft (in Meter)<br />
und die Höhe vom Fußpunkt bis zur Waagerechten<br />
drückt die Hv-Kraft (in Meter)<br />
aus. Diese Höhenlage entspricht der Angriffshöhe<br />
(m) des Erddrucks dieser Bodenart<br />
gegen die Grabenwand.<br />
Über die Multiplikation der im Diagramm<br />
messbaren Längen/Höhen mit einem<br />
so genannten Divisor (Div) kann der<br />
reale Erddruck (kN/m) der jeweiligen Bodenart<br />
ermittelt werden. Der Nachweis zu<br />
den vorgenannten Fakten wird nachstehend<br />
über das physikalische Gesetz der<br />
<strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong> geführt.<br />
4 Erddruck nach dem<br />
physikalischen Gesetz der<br />
<strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong><br />
Der spezifische Neigungswinkel ( B)<br />
einer Bodenart stellt sich ein, wenn ohne<br />
äußere Einwirkungen Bodenmassen aus<br />
einer lotrechten Grubenwand nach Überwindung<br />
der Rückhaltekräfte (Kohäsion<br />
und innere Reibung) abgleiten bzw. abrollen.<br />
Die Tatsache, dass eine rollende Last,<br />
auf einer <strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong> gegen ein Hindernis<br />
gestellt, horizontale Kräfte aufbaut,<br />
hat zu der Überzeugung geführt, dass<br />
auch ein Bodenkeil auf seiner natürlichen<br />
Neigungsebene Kräfte gegen eine reale<br />
oder imaginäre Wand erzeugt, ohne dass<br />
er dazu in Bewegung geraten muss.<br />
Unter dem Begriff „geneigte <strong>Ebene</strong>“<br />
wird im Taschenbuch der Physik eine<br />
Fläche beschrieben, die gegen die Horizontale<br />
geneigt ist. Die Formeln der <strong>geneigten</strong><br />
<strong>Ebene</strong> finden dort Anwendung,<br />
wo Lasten auf einer <strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong> heraufgezogen<br />
oder hangabwärts gebremst<br />
werden müssen (Lit.-Angabe 2, Abschnitt<br />
5.5.6).<br />
Bild 8: Lastanteile FH u. FN<br />
Für die Belange des Bauwesens sind<br />
Umstellungen in den Vorgaben getätigt<br />
worden.Der Winkel () der <strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong><br />
ist auf den Neigungswinkel () umbenannt<br />
und die rollende Last durch einen<br />
abgleitenden Erdkeil ersetzt worden. Unverändert<br />
bleiben die Laststellung auf der<br />
Neigungsebene und die Zuordnung der<br />
einzelnen Kräfte (vergleiche Bilder 5 mit 6<br />
und 7).<br />
Geneigte <strong>Ebene</strong><br />
G<br />
FH<br />
FN<br />
b<br />
I<br />
Gewichtskraft des Körpers<br />
Hangabtriebskraft<br />
Normalkraft<br />
Basis der <strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong><br />
Länge der <strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong><br />
48 tis 3/2005
h Höhe der <strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong><br />
Neigungswinkel ( B)<br />
G = A • • dB<br />
FH = G • sin <br />
Hv = F H • sin <br />
Hf = F H • cos <br />
FN = G • cos <br />
Nv = F N • cos <br />
Hn = F N • sin <br />
■ in die Hangabtriebskraft parallel zur <strong>geneigten</strong><br />
<strong>Ebene</strong> und<br />
■ in die Normalkraft rechtwinklig zur <strong>geneigten</strong><br />
<strong>Ebene</strong> (Buchvorlage s. Bild 5).<br />
Darüber hinaus lassen sich diese<br />
beiden Kräfte weiter in ihre horizontalen<br />
und vertikalen Kraftkomponenten unterteilen.<br />
Das physikalische Gesetz der <strong>geneigten</strong><br />
<strong>Ebene</strong> ist anwendbar für die<br />
Kraftermittlung im stehenden, liegenden<br />
oder gekappten Keil. Entsprechende<br />
Nachweise werden im Internet geführt:<br />
http://www.erddruck.de (im Aufbau).<br />
den. Die Berechnungslänge misst in der<br />
Regel 1 m. Die Lastflächen und die Kraftrichtungen<br />
der Hangabtriebskraft (FH) sowie<br />
der Normalkraft (FN) sind im Bild 8<br />
schraffiert dargestellt. Die Schraffuren lassen<br />
erkennen,dass die Normalkraft (FN) einen<br />
Anpressdruck auf die geneigte <strong>Ebene</strong><br />
ausübt und die Last der Hangabtriebskraft<br />
(FH) auf der Neigungsebene abgleiten<br />
würde, wenn sie nicht durch eine reale<br />
oder imaginäre Wand daran gehindert<br />
wird.<br />
Die Zerlegung der Gewichtskraft (G) in<br />
ihre vertikalen und horizontalen Kräfte<br />
wird im Bild 9 gezeigt.<br />
Erddruck<br />
Erdbau<br />
Bild 9: Kräfte im Keil<br />
Bild 12: Lastfläche einer Grabenverfüllung<br />
Bild 14: Kraftfläche des anstehenden Bodens<br />
Bild 10: Kraftfläche der Kraft FN<br />
Bild 13: Kraftfläche der Kraft Hv + Nv<br />
Bild 11: Kraftfläche der Kraft FH<br />
Die Gewichtskraft (G) des Körpers, der<br />
auf die <strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong> gestellt wird,lässt<br />
sich in zwei Kraftkomponenten zerlegen,<br />
die zueinander einen rechten Winkel bilden:<br />
4.1 Erddruck im stehenden<br />
Erdkeil<br />
Die Gewichtskraft (G) errechnet sich<br />
über die Fläche (A) des Keils, multipliziert<br />
mit der Bodenwichte (), wobei die Keilhöhe<br />
mit (h), seine Breite mit (b) und der<br />
Neigungswinkel mit ( B) bezeichnet wer-<br />
Bild 15: Bezeichnungen der Kraftgrößen<br />
Die Summe der Vertikalkräfte (Nv +<br />
Hv) ergibt wieder die Kraft (G).Die H-Kräfte<br />
(Hf + Hn) sind gleich groß, wirken aber<br />
in gegensätzlicher Richtung. Die Kraftflächen<br />
der Normalkraft (FN) und der<br />
Hangabtriebskraft (FH) und ihre Kraftrichtungen<br />
werden in den nachstehenden Fi-<br />
tis 3/2005 49
Erdbau<br />
Erddruck<br />
guren wieder durch entsprechende<br />
Schraffuren angedeutet.<br />
Die Kraftfläche der FN-Kraft unterteilt<br />
sich in die schraffierten Flächenanteile der<br />
Nv- und Hn-Kraft, wobei die Hn-Kraft den<br />
größeren Flächenanteil im Dreieck einnimmt,<br />
s. Bild 10.<br />
In gleicher Weise platzieren sich die<br />
Hv- u. Hf-Kraft in der Kraftfläche der FH-<br />
Kraft, s. Bild 11.<br />
Für die Ermittlung der maßgebenden<br />
Rohrbelastung ist ein Abgleich der<br />
H-Kräfte aus der Grabenverfüllung und<br />
Das Gleichgewicht im Keil wird aber so lange<br />
gehalten, wie die Geometrie des Bodens<br />
stimmig bleibt. Verdichtungsenergie<br />
erhöht die Wichte, Lagerungsdichte und<br />
den Schüttwinkel ( S), kann die physikalische<br />
Gesetzgebung im Bodenaufbau aber<br />
nicht verändern,d. h.,Böschungen mit nicht<br />
angepasstem Böschungswinkel kommen<br />
trotz bester Verdichtung in Bewegung.<br />
Ersetzt man den Baustoff „Boden“<br />
durch „Stein“, offenbart sich eine Verbindung<br />
zu den altägyptischen Pyramiden.<br />
Mit den Neuerungen zum Gesetz der „<strong>geneigten</strong><br />
<strong>Ebene</strong>“ lassen sich über die Steinqualität<br />
der zulässige Neigungswinkel einer<br />
Pyramide sowie die Spannungen im<br />
Bauwerk errechnen. Für die Steinprüfung<br />
reicht ein gezielter Hammerschlag auf die<br />
Steinoberfläche aus,um an der Bruchstelle<br />
den Neigungswinkel (ß B) zu messen.<br />
Bild 16: Liegender Erdkeil<br />
Die Kraftverteilung im Erdkeil zeigt<br />
deutlich, dass die H-Kräfte (Hf u. Hn) sich<br />
im oberen Bereich des Keils konzentrieren<br />
und nicht in 1 / 3 der Berechnungshöhe<br />
(derzeitige Annahme).<br />
Im Kanalbau ist die Neigungsebene<br />
des stehenden Erdkeils tangential an das<br />
Rohr anzulegen, da nur die Bodenmassen<br />
oberhalb der Neigungsebene Horizontalkräfte<br />
erzeugen können, die zur Minderung<br />
der Rohrauflasten führen, s. Bild 12.<br />
Die Rohrbelastung addiert sich aus der<br />
Hv-Kraft des Erdkeils und den V-Kräften,<br />
die zwischen der Neigungs- und Rohrscheitelebene<br />
auftreten. Zur vertikalen<br />
Rohrlast zählt auch die Reaktionskraft der<br />
Normalkraft (Nv), die dem Anpressdruck<br />
auf die Neigungsebene zu widerstehen<br />
hat. Ihre vertikale Komponente ist in Bild<br />
13 dargestellt.<br />
Die vorgestellten Figuren und deren<br />
Kraftbezeichnungen beziehen sich auf das<br />
Kraftfeld der Grabenverfüllung.<br />
Wie auch bei der Grabenverfüllung<br />
baut sich das Kraftfeld des anstehenden<br />
Bodens auf.Zur Vermeidung von Verwechselungen<br />
sind die Bezeichnungen der beiden<br />
Kraftfelder unterschiedlich angelegt.<br />
So unterteilt sich die Kraftfläche (Po)<br />
des anstehenden Bodens in die Normalkraft<br />
PN und in die Hangabtriebskraft PH.<br />
Die Kräfte (Nn) u. (Pv) stellen hier die vertikalen<br />
und die Kräfte (Pn) u. (Ph) die horizontalen<br />
Komponenten dar.<br />
Bild 17: Gekappter Erdkeil<br />
dem anstehenden Boden (Hf u. Ph)<br />
durchzuführen, wobei die geringere<br />
H-Kraft für die weitere Berechnung anzusetzen<br />
ist.<br />
Diagramm 2: Realer Erddruck der einzelnen Bodenarten<br />
4.2 Erddruck im liegenden<br />
Erdkeil<br />
Wie vorgetragen, kann ein liegender<br />
Erdkeil (Bodenmiete) keine H-Kräfte erzeugen,<br />
die über die Böschungsflächen<br />
hinaus wirken. Innerhalb entstehen aber<br />
Bodenspannungen nach der gleichen<br />
physikalischen Gesetzgebung wie beim<br />
stehenden Keil, nur halt spiegelbildlich.<br />
Im liegenden Erdkeil gibt es die Kraft<br />
(Hf ), welche den Keil zusammenhält, und<br />
die gleich große Kraft (Hn) in der Keilsohle,<br />
die den Keil auseinander treiben möchte.<br />
4.3 Erddruck im gekappten<br />
Erdkeil<br />
Der gekappte Erdkeil kommt u. a. in<br />
Erddämmen oder Erdanschüttungen gegen<br />
Wände vor. Ihm fehlt die Keilfläche<br />
(A2) und damit der Lastanteil der Normalkraft<br />
(FN). Für den Kraftaufbau steht nur<br />
die Hangabtriebskraft (FH) zur Verfügung,<br />
vgl. Bilder 11, 15 u. 17.<br />
Trotz des Unterschiedes zum stehenden<br />
Keiltyp bleibt beim gekappten Keil<br />
die Angriffshöhe der resultierenden H-<br />
Kraft (Hf ) in gleicher Höhe. Jedoch mindert<br />
sich der Erddruck gegen die Wand infolge<br />
der geringeren Gesamtlast. Die Hn-<br />
Kraft wird über die Sohle des zuzuordnenden<br />
liegenden Keils abgebaut, siehe<br />
Bilder 16 und 17.<br />
50 tis 3/2005
5 Erddruck in Abhängigkeit zur<br />
geometrischen Figur<br />
anzumerken, dass die neue Erddruck-<br />
Theorie nur auf dem physikalischen Gesetz<br />
Kräfte (Erddruck) aufbauen oder übertragen<br />
zu können.<br />
der <strong>geneigten</strong> <strong>Ebene</strong> aufbaut und un-<br />
9. Schwerer Fels entwickelt keine H-Kräf-<br />
belegbarer Annahmen nicht bedarf (derzeitige<br />
Erddruck-Lehre).Eine Vielzahl prak-<br />
10. Die Angriffshöhe des Erddrucks auf<br />
te, wassergelöste Böden die größten.<br />
Die einheitliche Geometrie des Bodens<br />
ermöglicht es, die Kraftgrößen (kN)<br />
tischer Beispiele offenbart die Anwendbarkeit<br />
dieser Berechnungsart für alle Be-<br />
der Bodenart abhängig (Kies ~ 0,67<br />
eine reale oder imaginäre Wand ist von<br />
über einen Divisor (Div) auf Kraftlängen in<br />
Meter umzurechnen oder umgekehrt<br />
reiche des Erdbaues (z. B. Nachweise über Berechnungshöhe, bindiger Boden<br />
Teillängen der geometrischen Figur in<br />
Böschungs- u. Dammverhalten, Untergrabungen<br />
im Boden, Verfüllungen von Bauhöhe).<br />
[plastisch] 0,50 der Berechnungs-<br />
Kraftgrößen umzuwandeln, z. B. aus der<br />
Kraft (Hv) geteilt durch den Div entsteht<br />
gruben,Anfüllungen an Gebäude,Stütz- u. 11. Ähnlich wie die Isobaren beim Luftdruck<br />
lassen sich Isolinien des glei-<br />
die Kraftlänge (hv) in Meter. Der Divisor<br />
Kellerwände, Leitungs- u. Tunnelbau, Abtragung<br />
von Auflasten – Grundbruch).<br />
chen Erddruck errechnen.<br />
kann mit nachstehender Formel ermittelt<br />
werden:<br />
Die bisherigen Rechenbeispiele nach<br />
Div = b • y B • dB • 0,5<br />
derzeitiger und neuer Erddrucktheorie<br />
7 Fazit<br />
= m • kN/m 3 = kN/m 2 zeigen auf, dass die Mängel in der jetzigen<br />
Es bleibt zusammenzufassen:<br />
Erddrucklehre (Coulomb) teilweise zu Unterbemessungen<br />
Multipliziert man die im Diagramm 1<br />
auf der X-Achse abzulesenden Längen des<br />
1. Boden steht ähnlich wie Luft und Wasser<br />
unter ständiger Spannung.<br />
von Bauteilen führen.<br />
Bauwerksschäden müssen nicht immer<br />
Erddrucks mit dem jeweiligen Div, so erhält<br />
man die absoluten Werte für den Erddruck<br />
2. Die Erdanziehung ist der Initiator der<br />
Spannungen.<br />
das Resultat einer unfachgerechten Bauausführung<br />
sein, sondern können Folgen<br />
(kN/m), s. Diagramm 2.<br />
Erkennbar wird, dass Fels keinen Erddruck<br />
3. Gegenläufige Horizontalkräfte halten<br />
das Gleichgewicht im Erdreich.<br />
der Anwendung der derzeitigen Erddrucklehre<br />
sein.<br />
erzeugt und ein breiiger Löss<br />
( B = 25° u. y B = 16 kN/m 3 ) den größten H-<br />
Wert erreicht. Bei Wasser liegt die H-Kraft,<br />
4. Natürliche oder bauliche Eingriffe<br />
stören den Bodenhaushalt und setzen<br />
Kräfte frei.<br />
Insbesondere ist es falsch, den Erddruck<br />
stets in 1 / 3 der Berechnungshöhe<br />
anzusetzen, wie dies die derzeitige Lehre<br />
die ausschließlich aus der Normalkraft resultiert,<br />
bei 500 kN/m.<br />
Beim horizontalen Kraftabgleich (Füllstoff<br />
u. anstehender Boden) sind Böden<br />
5. Jede Bodenart hat eine feste Geometrie,<br />
die durch ihren spezifischen Neigungswinkel,<br />
ihre Wichte und Lagerungsdichte<br />
gebildet wird.<br />
in allen Regelwerken vorschreibt.<br />
mit großer H-Kraft weniger im Stande,weitere<br />
6. Es gibt drei Erdkeiltypen mit unterger<br />
Kräfte aufzunehmen,d. h.ein Widerlaschiedlicher<br />
Schwerpunktlage, den Literatur<br />
aufzubauen, als Böden mit geringer H-<br />
Kraft.<br />
stehenden, liegenden und den gekappten<br />
Keil.<br />
[1] Dipl.-Ing. Gottfried C. O. Lohmeyer,<br />
7. Der Erddruck entsteht durch den<br />
Baustatik I – Grundlagen, 7. Auflage,<br />
Drang der Bodenmassen, auf der Neigungsebene<br />
infolge der Erdanzie-<br />
Seite 82 (ISBN 3-519-15025-5)<br />
Verlag Teubner, Stuttgart, 1996,<br />
6 Ansätze und Nachweise<br />
Die „Grundlagen zur neuen Erddruck- hung abzugleiten.<br />
[2] Oberstudienrat Horst Kuchling,<br />
Theorie“ können hier nur in sehr geraffter<br />
Weise vorgestellt werden. Es bleibt daher<br />
8. Die Bodenmassen müssen nicht erst in<br />
Bewegung geraten, um horizontale<br />
Taschenbuch der Physik, 17. Auflage,<br />
Seite 55 ff. ISBN 3-446-21780-6)<br />
Erddruck<br />
Erdbau<br />
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tis 3/2005 51