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So lachen s' ein' aus, und warum?<br />

Weil s' an eignem Geist ihnen oft fehlt,<br />

Sag'n s' glei, 's gibt gar kein' Geist in <strong>de</strong>r Welt.<br />

Mit diesem Gelichter wollte er nichts zu tun haben. Er ging weiter. In<br />

<strong>de</strong>r Posse »Der holländische Bauer o<strong>de</strong>r: Sie sollen ihn nicht haben« ruft er:<br />

's Schicksal tut doch rein mit die Menschen, was es will; da kann<br />

man 'was sagen von einer Tyrannei. Nach <strong>de</strong>n Grundsätzen <strong>de</strong>s<br />

Fortschritts sollt' es schon lang gar kein Schicksal mehr geben.<br />

Gegen das Schicksal wür<strong>de</strong> er »ein' G'spitzten mit ei'm breiten Rand<br />

aufsetzen und a Fe<strong>de</strong>r brennrot bis in d' Wolken hinauf« — empfiehlt er <strong>de</strong>n<br />

kostümbewußten Demokraten. Denn das Schicksal »paßt nicht für unsere<br />

Zeit«. Und nun folgt eine Strophe, die Herrn Friedjung nicht passen wird:<br />

's Schicksal übt Protektion auch, 's ganze Füllhorn <strong>de</strong>s Glücks<br />

Schütt 's über a paar aus, und Millionen krieg'n nix,<br />

Und toleriert es das Wort »Gleichberechtigung« neb'nbei,<br />

So is das a handgreifliche Leutfopperei.<br />

Von diesem Phantom hat <strong>de</strong>r Mensch 's klare Bild<br />

Bei <strong>de</strong>r Ziehung, wann wird wo a Herrschaft ausg'spielt,<br />

Da strömen viele tausend Gleichberechtigte hin,<br />

Aber im Glücksrad sind doch nur drei Haupttreffer drin,<br />

D' an<strong>de</strong>rn alle fall'n durch, und sie krieg'n ein' Schmar'n,<br />

Nur 's Bewußtsein hab'n s', daß s' Gleichberechtigte war'n.<br />

Doch fünf Gul<strong>de</strong>n müssen s' zahlen für d' Freud'.<br />

's Schicksal paßt nicht für unsere Zeit.<br />

Das Schicksal sei ferner ein Bürokrat, ganz nach <strong>de</strong>m alten System: beschwert<br />

man sich, so wird nichts erledigt, »'s wird hübsch auf d' lange Bank<br />

<strong>de</strong>r Ewigkeit alles g'schoben«. Nur die eine gute Eigenschaft habe es, »nämlich<br />

die, daß nach Gusto drüber schimpfen man kann.<br />

Man weiß zwar, es nutzt nix, aber schön is's halt doch,<br />

Wenn ich weiß, ich kann re<strong>de</strong>n und komm' nicht ins Loch.«<br />

Dieser Hohngigant in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n eines fortschrittlichen Politikers?<br />

Herr Friedjung hat, um mit Nestroy zu sprechen, einen Gefangenen gemacht,<br />

und <strong>de</strong>r läßt ihn nicht mehr los. ich will abbrechen, sonst bekommt das dokumentieren<strong>de</strong><br />

Männchen <strong>de</strong>n Schüttelfrost. Nestroy ein Liberaler? 's is jetzt<br />

schön überhaupt, wenn m'r an etwas noch glaubt, und ich wür<strong>de</strong> mit keiner<br />

Aufklärung dazwischenfahren. In<strong>de</strong>s <strong>de</strong>n guten Glauben, <strong>de</strong>r die Geschichtswissenschaft<br />

anno Serbien so tief hineingeritten hat, <strong>de</strong>n können wir diesmal<br />

kaum gelten lassen. Was bleibt von Herrn Friedjung übrig? Dennoch bin ich<br />

für Gna<strong>de</strong>. Freilich mit einer generellen Verwarnung für alle Parteiwanzen<br />

und Geschichtskletten. ich warne vor <strong>de</strong>m 25. Mai. Vielleicht nützt es und das<br />

journalistische Wien verhält sich reserviert. Es muß doch schon nach <strong>de</strong>n mitgeteilten<br />

Proben sehen, was ihm bevorsteht, wenn ich ernstlich genötigt sein<br />

sollte, das An<strong>de</strong>nken Nestroys zu schützen. Denn daß <strong>de</strong>r sich als Liberaler<br />

tät zeigen na, da müssen ei'm bescheidne Zweifel aufsteig'n.<br />

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