Dabei 10 Jahre Nachhaltiges Wirtschaften - Stadt Heidelberg
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dafür einsetzen<br />
Karl Breer befindet sich mitten in der Vorbereitung<br />
für eine Tagung zum Thema Nachhaltigkeit<br />
des Bundesinnungsverbandes des<br />
Gebäudereiniger-Handwerks in Kassel, als er<br />
sagt: „Meiner Meinung nach brauchen wir in der<br />
gesamten Nachhaltigkeitsdebatte eine größere<br />
Gewichtung des sozialen Aspekts. Denn umwelttechnisch<br />
sind wir weit vorne, aber im sozialen<br />
Bereich hinken wir im internationalen Vergleich<br />
noch hinterher.“ Der Geschäftsführer der Breer<br />
Gebäudedienste GmbH leitet beim Verband den<br />
Ausschuss für Technik und Betriebsführung und<br />
ist mit einer neuen Zertifizierung innerhalb des<br />
EU LIFE+ Projekts befasst. Hierbei stehen neben<br />
ökologischen Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit<br />
auch soziale sowie Führung und Management<br />
im Mittelpunkt.<br />
Keine konflikte zwischen den<br />
Nationalitäten<br />
Während Breer über seine Branche berichtet,<br />
in der es früh darum ging, umweltfreundliche<br />
Mittel zu produzieren und einzusetzen, wird<br />
schnell deutlich, dass es ihm um die Menschen<br />
geht. Aktuell arbeiten 740 Frauen und Männer<br />
für sein Unternehmen, das Breer 1992 in <strong>Heidelberg</strong>-Handschuhsheim<br />
gründete. Die Mitarbeiter<br />
stammen aus 58 Ländern, die sich über sechs<br />
Kontinente verteilen. Der <strong>Heidelberg</strong>er Standort<br />
gehört zur Breer Unternehmensgruppe, die mit<br />
Sitz in Iserlohn in vierter Generation von Breer<br />
und seinem Bruder Jens geführt wird.<br />
„Wir sind sehr stolz, dass es hier keine Konflikte<br />
zwischen den Nationalitäten gibt. Gerade<br />
bei den Feiertagen sehen die Mitarbeiter natürlich<br />
auch die vielen Vorteile multinationaler Kollegen“,<br />
sagt Breer. Die Dienstleistung in Krankenhäusern,<br />
Hotels oder der SAP Arena kennt<br />
keinen Feiertag. Doch Muslime oder orthodoxe<br />
Christen springen für die Weihnachts- und Silvester-Schichten<br />
gerne ein, weil sie wissen, dass<br />
beispielsweise ihre deutschen Kollegen Gleiches<br />
dann an den orthodoxen und muslimischen Feiertagen<br />
tun. Damit kann ein russisch-orthodoxer<br />
Christ Weihnachten am 6. und Silvester am 14.<br />
Januar feiern.<br />
„Ein Muttersprachler kann immer<br />
vermitteln“<br />
Dass Breer ein Unternehmer der alten Schule<br />
ist, der sich sowohl beschützend vor als auch<br />
Rücken stärkend hinter seine Mitarbeiter stellt,<br />
unterstreichen seine Erzählungen über schöne<br />
und weniger schöne Erlebnisse. Das Gemeinschaftsgefühl<br />
wird etwa bei der Weihnachtsfeier<br />
hoch gehalten, wenn rund 400 Mitarbeiter<br />
einem Motto frönen. Zuletzt stand die Feier<br />
unter der Überschrift Eurovision Song Contest.<br />
„Vor der Weihnachtsfeier sprechen wir mit Männern<br />
muslimischer Mitarbeiterinnen, damit diese<br />
auch kommen dürfen.“ Das Unternehmen<br />
bietet Sprachkurse und Fortbildungen an, auch<br />
fachspezifisch beispielsweise für den Hotelbereich.<br />
In den Abteilungen arbeiten Mitarbeiter<br />
verschiedenster Herkunft Hand in Hand. Wobei<br />
in der mittleren Führungsebene alle Nationalitäten<br />
vertreten sind. „Wenn es darauf ankommt,<br />
kann immer ein Muttersprachler vermitteln“,<br />
erklärt der Rohrbacher. Laut eingangs genannter<br />
Gallup-Studie lässt sich die Mitarbeitermotivation<br />
nicht durch Gehaltserhöhungen oder<br />
Boni erkaufen. Eher geeignet scheint da schon<br />
ein Maß der Mitsprache zu sein. Bei Breer gibt<br />
es einen siebenköpfigen Führungskreis, der an<br />
wichtigen Unternehmensentscheidungen beteiligt<br />
ist. „Normalerweise kommen wir zu einvernehmlichen<br />
Entscheidungen. Wenn nicht, habe<br />
ich auch nur eine Stimme“, sagt Breer.<br />
Problem Recruiting<br />
Wie wichtig die Mitarbeiter sind, wird nicht zuletzt<br />
beim Thema Nachwuchs offenbar. Das Image<br />
der Gebäudereiniger nennt Breer nach wie vor<br />
verbesserungswürdig, weshalb das <strong>Heidelberg</strong>er<br />
Unternehmen Probleme beim Recruiting beklagt.<br />
Und gleichzeitig beeindruckt der Familienvater<br />
mit einer anderen Zahl: „Zurzeit sind 80 Prozent<br />
unserer Auszubildenden Kinder von Mitarbeitern.“<br />
Das Unternehmen hat aktuell 20 Azubis,<br />
jedes Jahr zwischen fünf bis sieben neue. Wären<br />
die Breer-Mitarbeiter nicht in der Lage, positiv<br />
über abwechslungsreiche und etwa im Klinikbereich<br />
in der OP-Reinigung sehr anspruchsvolle<br />
Tätigkeiten zu berichten, müsste Breer noch größere<br />
Hürden überwinden, um angehende Fachkräfte<br />
zu finden – ungeachtet guter Aufstiegschancen<br />
in einer Branche mit Zukunft („bei uns<br />
gibt es null Arbeitslosigkeit“). Der <strong>Heidelberg</strong>er<br />
<strong>Stadt</strong>rat ist vorausschauend genug, um auch hierfür<br />
eine Lösung parat zu haben. Mit weiteren <strong>Heidelberg</strong>er<br />
Unternehmen, unterstützt von Agentur<br />
für Arbeit sowie Industrie- und Handelskammer<br />
(IHK), hat Breer Kontakt zur Außenhandelskammer<br />
in Barcelona aufgenommen. Während<br />
bereits junge Leute aus Polen Praktika absolvieren,<br />
soll bald auch Nachwuchs aus Spanien