Was noch Platz haben soll im Leben, muss ihn jetzt erhalten.
«Das Altern bringt auch beim so genannt gesunden Menschen grosse Veränderungen mit sich.» Hans Ayer, Bereichsleiter Pflege Alterspsychiatrie rer Arbeit gehört aber auch, unseren Patienten Strategien für die Zeit nach dem Klinikaustritt mitzugeben, ihnen neue Lebensräume zu erschliessen und ihnen Mut zu machen, dass sie das Altern als Lebensabschnitt annehmen und ihn gestalten können. Dies erfordert zuweilen unser Eingreifen auf weiteren Ebenen. Da ist zum einen die Wohnsituation, die oft nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen entspricht. Manchmal reicht es, Unterstützung durch einen Mahlzeitendienst zu organisieren oder ein Haus alters gerecht umzubauen. Manchmal müssen wir eine neue Wohnform besprechen. Ebenso wichtig ist es, dass unsere Patienten wieder Vertrauen in ihre Fähigkeiten gewinnen. Vielleicht nehmen sie ein vergessenes Hobby wieder auf oder wagen sich noch einmal an etwas ganz Neues heran. Vor Herausforderungen stellt unsere Patienten auch ihre soziale Situation. Ihre Generation gilt als privilegiert: Sie ist fit wie noch keine zuvor und verfügt über bedeutende, auch finanzielle Möglichkeiten. Sie hat mehr Raum, als früheren Generationen im Alter zugestanden wurde, und kann dank Spitex und anderen Unterstützungsleistungen länger in ihrem gewohnten Umfeld bleiben. Auf der anderen Seite fehlen ihr die Vorbilder. Unsere Patienten sind nicht mehr jung, aber auch nicht so wie «die Alten» vor ihnen. Sie stehen in einem leeren Raum, den sie definieren müssen: Welche Aufgaben habe ich noch in der Gesellschaft? Wo werde ich gebraucht? Wie kann ich zum Beispiel meine Grosselternrolle leben in einer Zeit, in der meine Enkel vielleicht Hunderte oder Tausende von Kilometern von mir entfernt leben? Auf unserer Privatstation gibt es auch für all diese Fragen Raum. Wenn unsere Patienten die Station verlassen, sind sie nicht nur gesünder, sondern auch bereit für die Herausforderungen, die der Alltag noch für sie bereithält. Einblick «Das Wichtigste an meinem Aufenthalt im ‹Schlössli› war, dass ich über meine Situation aufgeklärt worden bin. Über Jahrzehnte hat mich die Depression begleitet, aber ich habe mir nie eingestanden, dass ich krank bin. Seit ich hier bin, geht es aufwärts. Viel Raum wird dem Körper zugestanden. Die Abklärung physischer Ursachen wird umfassend betrieben. Ich bekomme Medikamente, aber es sind weniger, als ich zuvor eingenommen habe. So behandle ich etwa meine jahrzehntelangen Schlafstörungen mit pflanzlichen Heilmitteln, nachdem ich lange Schlaftabletten genommen habe. Natürlich hat es mir auch geholfen, mit einfühlsamen Ansprechpartnern über alles zu reden. Mein Mann und meine Kinder spüren die Veränderung. Sie sagen, mein Blick sei endlich wieder wie früher. Ich habe meine Lebensfreude wieder entdeckt, und ich habe Strategien für die Zukunft. Der schwere Stein in meiner Brust ist verschwunden.» H. M., Patientin Privatstation B3 Gesprächspartner <strong>Clienia</strong> Schlössli AG: Thomas Zetzsche, Chefarzt Alterspsychiatrie; Hans Ayer, Bereichsleiter Pflege Alterspsychiatrie; Sibylle Süss, Oberärztin Privatstation und stv. Chefärztin Alterspsychiatrie; Monica Krauchthaler, Stationsleiterin Privatstation; Rea Heierli, Dipl. Pflegefachfrau HF; Eveline Hoffmann, Leiterin Sozialdienst; Renato Leone, Fachlicher Leiter Ergo-/Aktivierungstherapie. Aufgezeichnet von Charlotte Walder Briner, Verantwortliche Kommunikation <strong>Clienia</strong> Schlössli AG Alterspsychiatrie <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2012</strong> 19