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Der Gefangene - Wo sind die Lügen dieser Welt?

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Kapitän zwei Rollen ausgetauscht, <strong>die</strong> nach Rom und <strong>die</strong> des Schutzes. Letztere<br />

läßt er gelegentlich verschwinden.<br />

Nahebei in der Osteria kann man sich erholen. Während der Zenturio von Jerusalem<br />

berichtet, sagt der Kapitän zu Nicodemus: "Du bist zwar ein freier Mann,<br />

noch jetzt, auf dem Schiff kannst du aber nicht ganz frei gelassen werden; ich<br />

habe <strong>die</strong> Verantwortung, zumal ich einen richtigen <strong>Gefangene</strong>n bei mir habe."<br />

Nicodemus merkt es gleich, um was es geht. Auch vertraut er dem Tribun, der<br />

ihm keine Falle stellte. "Die Gesetze auf den Schiffen <strong>sind</strong> mir nicht ganz<br />

fremd", sagt er wie nebenher.<br />

Wie staunt der Templer, als er Johannes sieht. "Du hier? Was ist geschehen?"<br />

"Und du?" fragt der Jünger. "Wie kommt denn das?" Jeder sagt, was sich zugetragen<br />

hatte. "Meine Brüder", zürnt Nicodemus, "ach — was <strong>sind</strong> sie denn, <strong>die</strong><br />

unseren Tempel und das Volk zugrunde richten?" "Du nicht mehr, ich werde es<br />

erleben, wie unser Juda …" Sejananus gibt ein Zeichen. Sofort verstummen sie<br />

und bleiben ruhig sitzen, Johannes mit der leichten Bindung, <strong>die</strong> ihn nicht zu<br />

sehr behindert. Nicodemus frei.<br />

"Seit wann", fragt der rauhe Bursche, der nachgeschlichen kam, "läßt man<br />

<strong>Gefangene</strong> wie freie Männer auf dem Deck?" Böse schielt er um sich. Sejananus<br />

erwidert: "Ich richte mich nach dem Befehl, verstanden?" Ein Blick aus Stahl.<br />

"<strong>Der</strong> Freie ist ein hoher Jude. Du weißt nun Bescheid!" Murrend geht der<br />

Bursche fort, hat es aber auf <strong>die</strong> beiden abgesehen. Oft taucht er auf, wenn sie<br />

sich gerade leise unterhalten. Nicodemus ist sehr wachsam, es gelingt dem<br />

Burschen nicht, sie zu bespitzeln.<br />

Sie <strong>sind</strong> auf hoher See und steuern Rhodos an, das in zwei Tagen zu erreichen<br />

ist. Dort wird neuer Proviant genommen, Rudersklaven ausgetauscht, denn dann<br />

braucht man feste Leute. Einen Tag ruht man dort aus, wo sich Johannes wieder<br />

fesseln lassen muß; auf freiem Meer war er ohne Stricke. Er dankt seinem Meister,<br />

daß es ihm so gut geworden ist. Nicodemus tut's ihm nach.<br />

Nun geht es Kreta zu. Noch ist man weit entfernt, ein widerlicher Wind, dem<br />

Sejananus nicht traut, drückt <strong>die</strong> Galeere ab. "Das sieht ungut aus", sagt er zu<br />

den Männern, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Segel niederlassen, sie würden sonst vom Wind zerfetzt.<br />

Noch ist <strong>die</strong> Galeere durch <strong>die</strong> Ruderer zu halten. Sorgenvoll sieht man aufs<br />

wildbewegte Meer. Es ist nicht mehr möglich, einen Kurs einzuhalten. Gegen<br />

Abend weiß man gar nicht, wo man sich befindet.<br />

"Was sagst du dazu?" fragt er Venitrius, der sorgenvoll <strong>die</strong> See betrachtet.<br />

Immer wieder fällt sein Auge auf Johannes, der sich wie Nicodemus an <strong>die</strong> Taue<br />

klammert. <strong>Der</strong> gläubige Templer hat ein wenig Angst. Er fuhr einmal zur See,<br />

da gab es aber keinen Sturm, zu dem der Wind längst umgeschlagen hat.<br />

"Greift mit zu!" ruft der Kapitän, "wir müssen Wasser schöpfen!" Es ist schwer,<br />

auf dem so arg schlingernden Schiff nicht über Bord gespült zu werden. Einen<br />

rafft es hin, den wüsten Kerl. "Mann über Bord!" Man wirft ihm Taue zu.<br />

Vergeblich. Johannes müht sich mit, obwohl er es schon 'sah', daß der Unhold<br />

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