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Der Gefangene - Wo sind die Lügen dieser Welt?

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"Wir haben Zeit, du wirst erweckt. Was mich jetzt bedrückt: ich habe aufgezeichnet,<br />

was in der Lehramtszeit des Herrn geschah und wollte alles richtig<br />

niederschreiben." "Weshalb tust du es denn nicht?" fragt Venitrius. "Ich würde<br />

deine Schrift stu<strong>die</strong>ren; was du nämlich schreibst, Joanus, ist wahrhaftig wahr!"<br />

Ein seltenes um so wertvolleres Zeugnis eines Römers.<br />

<strong>Der</strong> Jünger stützt <strong>die</strong> Stirne auf. "Als mich <strong>die</strong> Templer fangen ließen, war ich<br />

auf dem Wege zu Maria, der Leibesmutter Jesu, bei der meine Schriften lagen.<br />

Denn sonderbar — sie tastete man nicht an, andere Frauen waren mancher<br />

Drangsal ausgesetzt. Und so legten wir, was wichtig war, bei Maria nieder."<br />

Venitrius überlegt, wie er <strong>die</strong> Schrift beschaffen könne. "Wenn mir der Heiland<br />

hilft, Joanus, bekommst du deine Schrift. Cornelius erwartet mich in Jerusalem,<br />

und ich gehe mit ihm zu Maria. Auf Kalvarien konnte ich sie trösten, als ich<br />

nach jener widerlichen Kreuzigung, <strong>die</strong> ich nicht erlebte, Recherchen anzustellen<br />

hatte. Wäre ich dazu gekommen, ich hätte Kaiphas und seine ganze Brut<br />

getötet!" Venitrius ist noch immer tief bekümmert, weil ein Römer, Pilatus, sich<br />

nicht durchgerungen hatte und —<br />

"Freund, du hättest nichts erreicht. Ich verstehe dich, dein Herz entbrennt, wenn<br />

du daran denkst. Auch in uns, den Jüngern und noch vielen Leuten, brennt das<br />

Herz, aber neben allem Harm auch jubelnd: Im Opferblut des Heilands <strong>sind</strong> wir<br />

eingeschlossen, erlöst von unsern Sünden, befreit von jener Angst der <strong>Welt</strong>, <strong>die</strong><br />

der Mensch sich selber zuzuschreiben hat." <strong>Der</strong> Jünger legt ihm beide Hände<br />

auf. "Du wirst dein Ziel erreichen und alsbald wieder hierher kommen. Fahre<br />

hin in Frieden!" Das klingt wie ein Heilandswort.<br />

Jeder ist berührt; auch Nikodemus, der dem Heiland oft ins Auge sah und wußte<br />

niemals hinterher, wie ihm geschehen war, sieht, wie der Seherblick des Jüngers<br />

über alle gleitet. Niemand hatte es bemerkt: <strong>die</strong> Rudersklaven stehen lauschend<br />

an der Tür, spüren <strong>die</strong>sen Segen und knien nieder — arme Burschen, weiße,<br />

braune, schwarze, freudenvoll, von aller schweren Last befreit. Ja, erlöst <strong>sind</strong> sie<br />

und frei in ihrer Seele. — —<br />

Die Galeere liegt bereit. Man hißt <strong>die</strong> Segel. <strong>Der</strong> Wind weht so, wie man ihn<br />

braucht und <strong>die</strong> Ruderer erleichtert. Am letzten Abend finden Sejananus und<br />

Venitrius Jesu Jünger am Ufer sitzend. Seine Augen schweifen übers Meer, und<br />

es steigen Bilder auf, noch verhüllt. Sie bedrängen ihn und er ist froh, als er<br />

angesprochen wird. <strong>Der</strong> Sand ist weich, <strong>die</strong> Luft so herrlich lind, nachdem des<br />

Tages Hitze sich verflüchtet hat. Vom Wasser wehen leichte Brisen. Venitrius<br />

sagt, mit Dank erfüllt:<br />

"Joanus, du hast mich gesegnet, also sehen wir uns wieder. Ich freue mich<br />

darauf." Ein abgrundtiefer Seufzer. "Auf Patmos möchte ich verbleiben, würde<br />

mich Cornelius nicht brauchen. Er sehnt sich ebenfalls nach Ruhe und nach<br />

Frieden." Johannes lächelt; er sieht das Bild schon klarer, sagt aber bloß: "Was<br />

uns widerfährt, führt Gott, der unser Herr und Heiland ist. Seid nur getrost und<br />

hofft auf Ihn, ER macht alles wohl!"<br />

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