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Der Gefangene - Wo sind die Lügen dieser Welt?

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Das zweite Mal blieb Er jenen Städten fern, <strong>die</strong> Ihn mit Schimpf verjagten. Als<br />

man Ihn fragte, warum Er sie verstoßen hätte, da Er 'zu den Verlorenen'<br />

(Matt.18,11) gekommen sei, soll Er heiligernst geworden sein, daß <strong>die</strong> Leute<br />

sich vor Ihm versteckten. Gesagt soll Er haben: ‚Ich gehe nicht zu ihnen ein,<br />

damit sie <strong>die</strong>se Sünde nicht noch mal an MIR begehen können. Davor will Ich<br />

sie bewahren und will warten, bis sie nun zu Mir kommen!"<br />

"Das ist — das kann man auf der Erde nie begreifen." <strong>Der</strong> Schiffer sinnt in sich<br />

hinein. Endlich sieht Cornelius auf. "Es ist spät geworden. Laß uns schlafen<br />

gehn. Ich hab' mich über dich gefreut und — und vielleicht auch unser Gott."<br />

Auch der Tavernenwirt reibt sich <strong>die</strong> Augen, als er <strong>die</strong> Gäste zu den Kammern<br />

bringt, <strong>die</strong> er für sie hergerichtet hat.<br />

Am nächsten Tag beladet man das Schiff. Seine eigene kleine Klause räumt der<br />

Kapitän für Cornelius ein. Als <strong>die</strong> Sklaven hören, daß <strong>die</strong> 'Mutter ihres Herrn'<br />

mitfahren wird, singen sie ein Lied aus ihrer fernen Heimat. Wehmütig hallt es<br />

übers Land, und <strong>die</strong> Wellen werfen manchen Ton zurück. Alle Mann <strong>sind</strong> schon<br />

an Bord. Zuletzt kommt Cornelius. Er führt Maria achtsam an der Hand. Venitrius<br />

und <strong>die</strong> zwei Dekurien hinterdrein. Bevor der Morgen tagt, soll das Schiff<br />

schon Fahrt gewonnen haben.<br />

Diesmal gibt es einen guten Wind. Die Galeere schießt förmlich vorwärts. Kein<br />

böser Bursche macht zu schaffen. Die Segelknechte, was <strong>die</strong> harte Arbeit mit<br />

sich bringt, <strong>sind</strong> zwar auch nicht sanft zu nennen, aber — wenn Maria auf dem<br />

Deck erscheint, möchte jeder irgend eine Hilfe leisten. <strong>Der</strong> eine hält sie fest,<br />

damit sie bei dem Wellengang nicht fällt, ein anderer holt ein Tuch: "Die Sonne<br />

scheint", sagt er verlegen, "du bist jedoch vom Land, da kann der Wind dir<br />

Schaden tun." Und so manches mehr. Sejananus läßt's mit leisem Lächeln zu,<br />

und Cornelius freut sich sehr darüber. "Brave Leute", sagt er zu Venitrius, "hätte<br />

nicht gedacht, daß <strong>die</strong> Burschen 'weiche Seiten' haben."<br />

"Bei jenem Sturmestoben hatten sie sich auch bewährt", schwächt Venitrius ein<br />

wenig ab. "Gewiß, weil sie sich einander brauchten. Immerhin — mir ist es eine<br />

Lust, wenn ich solche Handlung sehe; und da denke ich —" <strong>Der</strong> Tribun macht<br />

eine Pause. "Was denn?" wird er befragt. "Ich weiß nicht, ob es stimmt. Ah,<br />

Maria kommt, <strong>die</strong> kann sagen, ob mein Gedanke richtig ist."<br />

Maria hört <strong>die</strong> letzten <strong>Wo</strong>rte. "Was macht dir zu schaffen?" fragt sie freundlich.<br />

"Die Lehre Jesu, daß Gott den Menschen einen Geist und eine Seele gab. Ist<br />

beides Seine Gabe, so ist auch beides gut." "Das stimmt." "Die Männer, <strong>die</strong> im<br />

Krieg und auf dem Meer zu kämpfen haben, werden hart, was gewiß verständlich<br />

ist. Die meisten — na ja, reden wir nicht darüber.<br />

Daß sie plötzlich zarte Seiten haben, wie nun zu dir, Maria, da meine ich: es<br />

kommt der Geist zu seinem Recht, oder auch <strong>die</strong> Seele, das Gute eben, das der<br />

Schöpfer Seinen Menschen gab. Also ist es nicht gestorben und sprießt plötzlich<br />

hoch, wie ein Blümchen aus dem Land. Sie <strong>sind</strong> auch Gottes Kinder, trotz der<br />

Rauheit des Charakters." Cornelius sieht Maria forschend an.<br />

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