Der Gefangene - Wo sind die Lügen dieser Welt?
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schon kannte, daß sie <strong>die</strong> Mutter Jesu ist, des 'Wundermanns aus Galiläa', wie<br />
viele hohe Juden Ihn verächtlich nennen.<br />
Man erinnert sich "der vielen Taten, <strong>die</strong> der Herr getan" (Joh.21,25), bringt<br />
Maria manche Gabe, wobei man sich erklären läßt, wer eigentlich der Herr<br />
gewesen sei. "Unser Gott, der Schöpfer Himmels und der Erde!" Die Soldaten<br />
ruhen eine zeitlang aus, doch dann muß Cornelius sie wieder auf <strong>die</strong> Posten<br />
schicken; bloß zwei Dekurien behält er stets bei sich.<br />
"Wie ist es nun, Maria?" fragt er an einem Abend. "Immer kommen Schleicher,<br />
und alle lassen sich nicht fangen. Ich darf auch nicht <strong>die</strong> Truppe für privaten<br />
Zweck verwenden. Hie und da geht‘s an, nur bin ich noch verpflichtet. Auch in<br />
Rom gibt's Hämlinge, <strong>die</strong> mir zu gern schaden möchten. Wirst du aber eine zeitlang<br />
fortgebracht, so ebbt <strong>die</strong> Suche nach dir ab. Kannst du dich nicht eingewöhnen,<br />
gibt es stets Gelegenheit, dich von der Insel fortzubringen. Dann findet sich<br />
ein Ort, wo du unbehelligt bleibst. Vor allem: ihr seht euch einmal wieder, du<br />
und Joanus."<br />
"Ich komme mit; dir, Cornelius, soll nichts geschehen. Was mache ich jetzt mit<br />
dem Haus? Halb geschenkt hat man es mir." "Das gib zurück, später findet sich<br />
was anderes. Solang ich lebe und mir es möglich ist, achte ich auf dich. Übermorgen<br />
reisen wir. Ist dir das recht?" Maria nickt. Durchaus verständlich, daß<br />
sie nicht ganz frei von Sorge ist.<br />
Alles ist geordnet. Jene, <strong>die</strong> das Haus Maria überlassen hatten, sagen gleich:<br />
"Wenn du wiederkommst, dann erhältst du es zurück. Es bleibt dein Eigentum,<br />
wenn auch jemand darin wohnt." Die Samariter <strong>sind</strong> hilfsbereite Leute; nicht<br />
von ungefähr das Gleichnis Jesu vom barmherzigen Samariter (Luk.10,33;<br />
17,16). —<br />
Das nördliche Gebiet ist von Rebellen freigefegt und <strong>die</strong> Menschen atmen auf.<br />
Zwar muß man den 'Aar Rom' erdulden; schwerer aber <strong>sind</strong> <strong>die</strong> Ängste, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />
wilden Horden mit sich bringen. Lieber zahlt man den Tribut, nimmt manches<br />
mit in Kauf, doch man ist geschützt. Deshalb kommt man bald in Tyrus an. Die<br />
Galeere mit dem Namen des Tribuns läuft erst nach dessen Ankunft wieder ein.<br />
"Ich hatte Dienst", meldet Sejananus, "es waren wichtige Truppen fortzubringen,<br />
obwohl ja dir das Schiff gehört." Cornelius lacht: "Habe ich gescholten? Nein,<br />
mein Freund! Außerdem ist es mir recht, wir bleiben morgen hier, erst übermorgen<br />
in der Frühe geht es ab. In <strong>die</strong>ser Zeit haben sich <strong>die</strong> Ruderer erholt. Und<br />
noch das — falle mir nicht um — ich habe eine Frau bei mir."<br />
"Eine Frau? Hm, bist Witwer, aber …" "… als ein alter Mann", fällt Cornelius<br />
ein. "Beileibe nicht! Du nimmst es noch mit Jungen auf, besonders in der<br />
Pflicht!" "Den Lorbeer steck' dir selber an den Helm! Kurz gesagt: Du bist ein<br />
Freund des Nazareners; Dessen Mutter habe ich bei mir." "Die Mutter?<br />
Warum?" Cornelius erzählt, wie er sie vor Schmach bewahren konnte, was<br />
Sejananus veranlaßt, zwischendurch zu rufen: "Dieses Lumpenpack!"<br />
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