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Der Gefangene - Wo sind die Lügen dieser Welt?

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uns so angelogen hat, Nicodemus sei gestorben. Das war wirklich arg! Hierin<br />

verstehe ich den Römer, <strong>die</strong> Angelegenheit dem Volke vorzutragen und ist ein<br />

Schimpf geworden für uns alle!<br />

Es würde mich nicht wundern, kämen bloß noch wenige Leute in den Tempel<br />

und <strong>die</strong> Opferstöcke blieben leer. Das nicht allein bedacht und sei der zweite<br />

Punkt; der erste Punkt ist jener: wie sollen sie denn Achtung vor uns haben,<br />

unserer Lehre glauben, wenn — wenn — — Denkt nicht, ich sei allein aufs<br />

Volk bedacht. O nein! Zuerst gilt mir der Tempel", er vergißt zu sagen: zuerst<br />

gilt Gott!, "und ist nun zu beraten, wie wir das Volk beruhigen und wieder 'in<br />

den Zügel' bringen können.<br />

Zwecklos, gegen Rom jetzt vorzugehen. Ist über <strong>die</strong>se Sache erst mal Gras<br />

gewachsen, alsdann können wir mit Vorsicht unsern Samen streuen. <strong>Der</strong> geht<br />

auf, darauf könnt ihr euch verlassen! <strong>Der</strong> Tribun hat <strong>die</strong> Menge klugerweise<br />

richtig angefaßt, war <strong>die</strong> Güte selbst, nach außen hin; aber daß er damit uns<br />

nicht helfen wollte, sondern Rom, ist mir gleich gewiß geworden.<br />

Es brodelt überall. Wir haben also Zeit. Ich schlage vor: Mancher wird uns<br />

fragen, weshalb der Hohepriester <strong>die</strong>ses tat und wird uns wenig Achtung zollen.<br />

Das ist verständlich. Nun — vom Mund zu Ohr lassen wir verlauten, daß<br />

Kaiphas sehr krank gewesen sei und böse Schriften des verhaßten Nazareners<br />

bei der Mutter holen wollte, <strong>die</strong> das Volk an Rom verriet. Auf <strong>die</strong>se Weise ist<br />

der eine Punkt leicht zu umschiffen.<br />

Nicht das mit Nicodemus. Laßt den Tribun erst wieder fort. Ich hörte es, Pilatus<br />

würde bald entfernt. Mit einem neuen Prokurator kommen meistens neue Leute,<br />

<strong>die</strong> vom Vorfall wenig wissen. Laßt dann geheim verlauten, der Tribun hätte<br />

Nicodemus fortgebracht, wohin wissen wir ja nicht. Um uns Templern, <strong>die</strong> er<br />

haßt — wie wir natürlich ihn und Rom —‚ eines auszuwischen, hätte er sich<br />

alles ausgedacht, und Nicodemus wäre tot. Das mußten wir ja glauben; deshalb<br />

sei das Nachwort ihm gehalten worden.<br />

Somit gewinnen wir zwei Dinge: Kaiphas wird wieder angesehen und dem<br />

Römer schieben wir es in den Schuh. Mag er sehen, wie er damit fertig wird!<br />

Kaiphas hält sich am besten jetzt zurück. Da wir ja verlauten lassen, er sei krank<br />

gewesen, wird man glauben, er wäre nicht gesund genug, um sein Amt schon<br />

wieder auszuüben."<br />

Er wendet sich dem Hohen zu: "Warum du wanktest, als der Tribun dich vor der<br />

Menge kränkte, ist schnell abgetan. Es mußte dich ja treffen, weil du öffentlich<br />

verleumdet wurdest. Da wird auch ein Stärkster einmal schwach. Am besten ist,<br />

wir tun, als ginge uns der 'Aufmarsch' gar nichts an. Im Wesentlichen stimmt's.<br />

Einmal geht auch Rom zugrunde, und wir — "<br />

Plötzlich schweigt der Rabbi. Sehen ihn nicht ernste Augen an?, jene, denen er<br />

begegnet war und starken Eindruck hinterließen? Er, der Schriftgelehrte, hatte<br />

<strong>die</strong>sen Eindruck abgeschüttelt. Oftmals aber tauchen <strong>die</strong>se Augen vor ihm auf:<br />

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