Regel und Ausnahme - Archiv - Personalwirtschaft
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BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG<br />
Studie<br />
automatische Entgeltumwandlung hat<br />
dagegen den Vorteil, dass es auch ohne<br />
Zwang zu hohen Teilnahmequoten in den<br />
Betrieben führt.<br />
Die Werte erreichen etwa in amerikanischen<br />
Unternehmen oft über 80 Prozent<br />
der Belegschaft. In einzelnen Branchen<br />
wie in der Chemie oder in der Metallindustrie<br />
hat sich das Modell auch hierzulande<br />
schon bewährt. Doch was fehlt, ist eine flächendeckende<br />
Vereinbarung, damit endlich<br />
die vielen Beschäftigten in kleinen<br />
<strong>und</strong> mittleren Unternehmen von den Vorteilen<br />
der betrieblichen Vorsorge profitieren<br />
können. Die Vertragskosten sind bei<br />
einer kollektiven Lösung über den Betrieb<br />
für den einzelnen Versicherten geringer<br />
als bei einem privaten Vertrag. Und geringere<br />
Kosten in der Ansparphase bedeuten<br />
höhere Rentenleistungen im Alter.<br />
Die automatische Entgeltumwandlung ist<br />
auch deshalb effizient, weil die Beiträge<br />
erst bei Auszahlung in der Rentenphase<br />
besteuert werden <strong>und</strong> Sozialabgaben auf<br />
umgewandelte Gehaltszahlungen komplett<br />
entfallen. Kritiker wenden zwar ein, dass<br />
die Steuer- <strong>und</strong> Abgabenfreiheit bei der<br />
Entgeltumwandlung den Staat Geld kostet.<br />
Doch dies sollte nicht als Verlust, sondern<br />
als Investition in die Zukunft gewertet<br />
werden. Denn ohne den Ausbau der<br />
betrieblichen Altersversorgung werden<br />
die staatlichen Ausgaben zum Erhalt der<br />
Gr<strong>und</strong>sicherung im Alter massiv steigen<br />
<strong>und</strong> dabei die Steuer- <strong>und</strong> Beitragseinbußen<br />
von heute deutlich übertreffen.<br />
Arbeitgeber sind gefordert<br />
Ob der Ausbau der betrieblichen Altersversorgung<br />
zum zweiten Standbein der<br />
Alterssicherung in Deutschland gelingt,<br />
hängt auch davon ab, welche Rolle den<br />
Arbeitgebern im Zusammenspiel mit Tarifparteien,<br />
Beratungsunternehmen, Produktanbietern<br />
<strong>und</strong> staatlicher Vorsorgepolitik<br />
beigemessen wird – <strong>und</strong> welche Rolle sie<br />
zu übernehmen bereit sind. Arbeitgeber<br />
betrachten die betriebliche Vorsorge heute<br />
in erster Linie als Teil der Gesamtvergütung<br />
<strong>und</strong> als Trumpf im Wettbewerb um<br />
qualifizierte Mitarbeiter. Dabei sollte die<br />
Sinkendes Rentenniveau Abbildung 2<br />
Nettostandardrentenniveau (vor Steuern)<br />
Rentenniveau (linke Skala)<br />
75%<br />
70%<br />
65%<br />
60%<br />
55%<br />
50%<br />
45%<br />
40%<br />
Die Rentenreformen der jüngsten Vergangenheit führen dazu, dass das Rentenniveau bei<br />
nahezu unverändertem Rentenbeitrag <strong>und</strong> höherem Renteneintrittsalter weiter sinkt.<br />
Erfüllung konkreter Vorsorgeziele wieder<br />
stärker in den Vordergr<strong>und</strong> rücken. Die<br />
Firmen sollten ihre Mitarbeiter bei deren<br />
Vorsorgeplanung über eine geeignete Kommunikation<br />
aktiv unterstützen <strong>und</strong> ihnen<br />
konkret aufzeigen, welche Eigenbeiträge<br />
zur Schließung der Rentenlücke erbracht<br />
werden müssten.<br />
Wie das gehen kann, zeigt das Beispiel<br />
von Fidelity. Das Unternehmen bietet seinen<br />
Mitarbeitern einen modernen Vorsorgeplan<br />
an. Es handelt sich dabei um eine<br />
auf Kapitalzahlung gerichtete Leistungszusage<br />
mit automatischer Entgeltumwandlung<br />
<strong>und</strong> Ausstiegsoption. Wer einen<br />
Arbeitsvertrag bei Fidelity unterschreibt,<br />
wandelt vier Prozent seines Bruttogehaltes<br />
in die betriebliche Altersvorsorge um.<br />
Die Mitarbeiter können jeden Monat flexibel<br />
entscheiden, ob sie diesen Prozentsatz<br />
beibehalten, reduzieren oder ganz<br />
aussteigen wollen. Die Beiträge werden<br />
für jede Alterskohorte in einen laufzeitgerechten<br />
Lebenszyklusfonds angelegt, der<br />
seine Anlagepolitik mit näher rückendem<br />
Auszahldatum – also dem Renteneintritt –<br />
anpasst. So kann der Aktienanteil bei jüngeren<br />
Mitarbeitern deutlich höher sein als<br />
bei näher rückendem Rentenalter.<br />
Der Vorsorgeplan des Unternehmens ist<br />
schon nach kurzer Zeit ein voller Erfolg:<br />
73 Prozent der Mitarbeiter nehmen daran<br />
Beitragssatz (rechte Skala)<br />
1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 2060<br />
35%<br />
30%<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
Beitragssatz zur GRV<br />
teil, ein Viertel davon mit dem voreingestellten<br />
Beitragssatz von vier Prozent. Allerdings<br />
erreichen auch Fidelity-Mitarbeiter<br />
trotz der vergleichsweise hohen Zuführungen<br />
von monatlich acht Prozent des Bruttogehalts<br />
bei langjähriger Firmenzugehörigkeit<br />
lediglich 70 bis 75 des letzten<br />
Nettoeinkommens. Die neuen Erkenntnisse<br />
der Studie von Professor Werding, dass zur<br />
Sicherung des Lebensstandards in der Rentenphase<br />
monatlich 87 Prozent des letzten<br />
Nettoeinkommens notwendig sind, müssen<br />
auch hier noch im Vorsorgeplan <strong>und</strong><br />
in der Mitarbeiterkommunikation berücksichtigt<br />
werden. Dennoch: Die Erfahrung<br />
mit diesem Vorsorgeplan zeigt, dass die<br />
automatische Entgeltumwandlung mit Ausstiegsoption<br />
der betrieblichen Vorsorge<br />
zum Durchbruch verhelfen kann. Die Automatik<br />
ist ein entscheidender Impuls für<br />
eine aktive Beteiligung der Arbeitnehmer.<br />
Arbeitgeber erhöhen damit nicht nur ihre<br />
Chancen im Wettbewerb um Fach- <strong>und</strong> Führungskräfte,<br />
sie tragen auf diese Weise<br />
auch wesentlich dazu bei, die Alterssicherung<br />
in Deutschland zu verbessern.<br />
Autor<br />
Dr. Klaus Mössle,<br />
Leiter Institutionelles Geschäft,<br />
Fidelity Worldwide Investment,<br />
klaus.moessle@fil.com<br />
Quelle: DRV, Statistisches B<strong>und</strong>esamt, eigene Berechnungen von<br />
Prof. Werding auf Basis von Projektionen (Referenzvariante)<br />
26<br />
Sonderheft 07 | 2013<br />
www.personalwirtschaft.de