Zehn14 - Das Evangelische Elternmagazin (Pilotausgabe)
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<strong>Zehn14</strong> SOMMER 2013 Titelthema Beten<br />
<br />
In der Kita in Düsseldorf-Oberrath beantwortet<br />
Pfarrer Alfred Geibel Fragen zum Beten. (oben)<br />
Mit Gott kann man reden<br />
und an ihn denken - oder<br />
einfach nur eine Kerze<br />
anzünden.<br />
Ein Tischgebet gehört zu jeder Mahlzeit. (unten)<br />
zu beten – und auch bei anderen vorformulierten<br />
Gebeten ist sie vorsichtig. mit<br />
ihren eltern musste die heute 36-Jährige<br />
jeden Abend beten: „Ich bin klein, mein<br />
Herz ist rein. Soll niemand drin wohnen,<br />
nur Jesus allein.“ Was ist ein „reines“<br />
Herz?, fragt sie sich noch heute. Und:<br />
„Wenn nur Jesus darin wohnt, wohin dann<br />
mit mama und Papa?“<br />
Beten braucht Vertrauen. Sich Gott anzuvertrauen,<br />
knüpft an die erfahrung an,<br />
sich als Kind bei mutter und Vater geborgen<br />
zu fühlen. maries mutter ermuntert<br />
ihre Tochter deshalb jeden Abend, von<br />
ihrem Tag zu erzählen. „Für uns ist das<br />
ein spezieller moment“, sagt sie. „marie<br />
liegt schon im Bett, wenn ich zu ihr<br />
komme. Im raum ist es still und dunkel<br />
und dann frage ich sie, was heute gut<br />
oder schlecht für sie war.“ So schaffe sie<br />
behutsam die Basis dafür, dass marie<br />
„in eine eigene Gebetssituation<br />
mit<br />
Gott hineinwächst“.<br />
Im Wissen darum,<br />
dass es neben ihrer<br />
mutter noch Gott<br />
gibt, der immer für<br />
sie da ist. mit dem<br />
sie reden und an den sie denken kann –<br />
oder für den sie einfach nur eine Kerze<br />
anzündet. Beten ist für maries mutter<br />
eine sehr persönliche Angelegenheit –<br />
und oft auch eine spontane: „Ich kann<br />
auch im Auto einen kurzen Gedanken an<br />
„Kennst du Gott?“<br />
„Klar“, antwortet<br />
der mond.<br />
Gott schicken. Für mich ist Beten offen<br />
und frei.“<br />
Wer aber ist dieser Gott eigentlich, dem<br />
man einen kurzen Gedanken schicken,<br />
den man aber weder sehen noch hören<br />
kann? Pfarrerin elisabeth müller aus essen<br />
nutzt ein ganz besonderes Hilfsmittel,<br />
um den Kindern in der evangelischen Kita<br />
„Humboldtpinguine“ bei dieser Frage zu<br />
helfen. Sie bringt bei jedem Besuch eine<br />
Handpuppe mit: den mond – mit Holzgesicht<br />
und Sternenkleid. „er ist ein Symbol<br />
dafür, dass Dinge existieren, auch wenn<br />
sie für menschen unsichtbar und unerklärlich<br />
sind“, erklärt die Theologin. Den<br />
Kindern leuchte ein, dass der mond da ist,<br />
auch wenn er tagsüber vom Himmel verschwindet.<br />
„mit Gott ist das genauso.“<br />
Taucht der mond im Kindergarten auf,<br />
fassen die Kinder sofort Vertrauen und<br />
löchern ihn mit Fragen. „Kennst du Gott?“,<br />
wollen sie dann wissen. „Klar, wir arbeiten<br />
im Himmel zusammen“, lässt ihn<br />
die Pfarrerin antworten.<br />
<strong>Das</strong> verstehen<br />
die Kinder<br />
sofort. Anders als<br />
die menschen wisse<br />
der mond Dinge,<br />
die andere niemals<br />
erklären können.<br />
Zum Beispiel, was nach dem Tod passiert.<br />
„meine oma ist vor Kurzem gestorben“,<br />
sagt eines der Kinder und der mond antwortet:<br />
„Ich weiß, denn ich habe es gesehen.<br />
Alles ist in ordnung: es geht ihr<br />
gut, denn sie ist jetzt auch im Himmel.“<br />
Jedes mal bringt der mond den Kindern<br />
Geschichten aus der Bibel mit. Auch ein<br />
Abendgebet hat er dabei: „Lieber Gott,<br />
nun schlaf’ ich ein, schicke mir ein engelein,<br />
dass es treulich bei mir wacht, durch<br />
die ganze lange Nacht“, lernen die Kinder<br />
nach und nach zu sagen. „Wenn ich<br />
„lieber Gott,<br />
nun schlaf’ ich ein.<br />
Schicke mir ein<br />
engelein.“<br />
abends durch eure Fenster schaue, freue<br />
ich mich, wenn ihr es sprecht“, sagt die<br />
mondpuppe dann. „es ist wichtig, Kindern<br />
Gottesbilder anzubieten, die sie<br />
sehen, anfassen und hören können“, erklärt<br />
Pfarrerin müller. „Vielen menschen<br />
helfen diese Bilder auch als erwachsene.“<br />
Zugleich verändert sich im Laufe des<br />
Lebens aber auch, wie menschen Gott<br />
erleben und beschreiben. mit zunehmender<br />
Lebenserfahrung entfalten zudem<br />
traditionelle Gebete wie das Vaterunser<br />
ihre eigene Kraft, öffnen sich<br />
menschen vielleicht sogar für meditative<br />
Formen des Gebets. maries mutter<br />
wünscht sich, dass ihre Tochter Gott<br />
zeitlebens als persönliches Gegenüber<br />
erlebt – im Wissen, dass er immer für<br />
sie da ist. So wie für michel aus Lönneberga<br />
im Kinderfilm – selbst wenn er mal<br />
wieder Quatsch gemacht hat. ✲<br />
Wie beten<br />
muslimische Kinder?<br />
muslimische Kinder fangen früh mit dem Beten an. „<strong>Das</strong> erste Gebet ist die<br />
erste Sure des Korans – die ‚al-Fātiha‘, das heißt: ‚die eröffnende‘ “, weiß Kirchenrat<br />
Gerhard Duncker, Islambeauftragter der westfälischen Kirche. „Diese<br />
Sure wird den Kindern auf Arabisch beigebracht, sobald sie sprechen können,<br />
spätestens aber, wenn sie vier Jahre, vier monate und vier Tage alt sind.“ Duncker<br />
hat zehn Jahre lang als Pfarrer der evangelischen Gemeinde deutscher<br />
Sprache in der Türkei gelebt und dort den religiösen Alltag muslimischer Familien<br />
kennengelernt. Gebetet werden meist vorgegebene Texte. Die Kinder<br />
wachsen in ihrer Familie in das rituelle Beten hinein: „Die mädchen beginnen<br />
zu Hause die Gebete der mutter mitzusprechen. Die Jungen beten mit den<br />
Vätern und gehen nach der Beschneidung mit in die moschee.“ erwachsene<br />
muslime beten fünfmal am Tag zu Allah – eine der fünf Säulen des Islam.<br />
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