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Istanbul im Kontext der Europäischen Stadt - TU Wien

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<strong>Istanbul</strong> <strong>im</strong> <strong>Kontext</strong> <strong>der</strong> <strong>Europäischen</strong> <strong>Stadt</strong> 353<br />

Öffentlicher Raum in <strong>der</strong> neoliberalen <strong>Stadt</strong> scheint nur dort reproduziert zu<br />

werden, wo er zivilgesellschaftlich verankert ist und als Tradition <strong>im</strong> Städtebau<br />

fortlebt. In seinem Buch „Verfall und Ende des öffentlichen Lebens“ argumentiert<br />

Richard Sennett, dass dieses weitergereichte traditionelle Erbe für die Erhaltung<br />

<strong>der</strong> kosmopolitischen Lebensart ausschlaggebend ist (vergl. Sennett 2002).<br />

Verwaltung und Gestaltung des öffentlichen Raumes ist in <strong>der</strong> europäischen<br />

<strong>Stadt</strong>geschichte stets eine Aufgabe zivilgesellschaftlicher Organisation gewesen.<br />

Darüber hinaus gibt es ein Bewusstsein dafür, dass <strong>der</strong> Raum europäischer Städte<br />

‘erkämpfter’ Raum und deshalb von symbolischer Bedeutung ist, erinnert er<br />

doch an die Befreiung aus <strong>der</strong> Herrschaft des Feudalismus und den Werdegang<br />

<strong>der</strong> Demokratie.<br />

Im Gegensatz dazu ist die Lossagung <strong>der</strong> Türkei aus osmanischer Herrschaft<br />

nicht aus einer bürgerlichen Bewegung heraus entstanden, son<strong>der</strong>n durch<br />

einen bürokratischen, auf Regierungsebene ausgetragenen militaristischen Konflikt.<br />

Die Basis <strong>der</strong> Republik ist nicht <strong>der</strong> Werdegang <strong>der</strong> Demokratie, son<strong>der</strong>n<br />

eine Staatsbürokratie, welche – angelehnt an westliche Ideale – die Demokratie<br />

dem Volk auferlegt, aus dessen Reihen sie als zentralistische Macht ihr Bürgertum<br />

selber auswählt. Erst mit <strong>der</strong> Liberalisierungspolitik <strong>der</strong> achtziger Jahre<br />

etablierte sich eine einflussreiche neue Mittelklasse, welche damit begann, Anspruch<br />

auf den öffentlichen Raum <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> zu erheben, in erster Linie, um diesen<br />

zu einem Ort <strong>der</strong> Kapitalakkumulation <strong>im</strong> großen Stil werden zu lassen.<br />

3.1 Über die Definition einer neuen städtischen Kultur und die Fragmentierung<br />

des Raumes<br />

Bis in die achtziger Jahre verlief <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Urbanisierung weitgehend ungeplant.<br />

Die kleinteilige Verdichtung <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> durch die vorangegangenen<br />

Kleinkapitalinvestitionen à la Yapsat ließ, abgesehen von dezentralen Arealen,<br />

kaum eine großräumliche Verän<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Erweiterung <strong>der</strong> Infrastruktur zu.<br />

Diese wurde nach 1980 nun von privaten Konzernen übernommen, welche den<br />

Bausektor zur treibenden Kraft <strong>der</strong> türkischen Wirtschaft werden ließ. Zu Beginn<br />

wirkte sich <strong>der</strong> Auftritt großer Akteure nur in halb-illegalen Neubauprojekten in<br />

den Randgebieten <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> aus, welche Wohnraum für die Oberschicht in Form<br />

von Gated Communities schuf. Später jedoch dehnte sich <strong>der</strong> Wirkungskreis<br />

privater Baudienstleister auch auf die zentraler gelegenen Teile <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> in Form<br />

von Sanierungs- und Transformationsmaßnahmen aus.<br />

Die Einführung des Mortgage-Systems um die Jahrhun<strong>der</strong>twende bedeutete<br />

den letzten Schritt aus <strong>der</strong> Tradition staatlicher Regulierung durch Nutzwerte,<br />

welche in <strong>der</strong> Grauzone <strong>der</strong> Informalität nun <strong>im</strong>mer weniger mit <strong>der</strong> stillschwei-

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