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Istanbul im Kontext der Europäischen Stadt - TU Wien

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<strong>Istanbul</strong> <strong>im</strong> <strong>Kontext</strong> <strong>der</strong> <strong>Europäischen</strong> <strong>Stadt</strong> 351<br />

des Bourgeois, aus den geschlossenen Kreisläufen <strong>der</strong> Familie hin zur offenen<br />

Ökonomie als Marktwirtschaft“ (Siebel 2004: 13) in rasantem Tempo. Der Markt<br />

<strong>der</strong> Immobilienwirtschaft boomte und beför<strong>der</strong>te etliche Hun<strong>der</strong>ttausende aus<br />

dem Dasein des einfachen Arbeiters in das des Grundbesitzers mit geregelten<br />

finanziellen Einkommen. „Die <strong>Stadt</strong> als Hoffnung“ (Häußermann 1995; Siebel<br />

2004: 24) hatte sich, zumindest für den Zeitraum von zwei Dekaden nach den<br />

ersten Migrationswellen, auch für <strong>Istanbul</strong> erfüllt.<br />

3 Zwei zu berücksichtigende Aspekte bei <strong>der</strong> Entstehung von öffentlicher<br />

Sphäre<br />

Im <strong>Kontext</strong> europäischer Wirtschaftspolitik lässt sich die anfängliche Unterstützung<br />

mittelloser Einwan<strong>der</strong>er durch den Staat als spontane Strategie <strong>der</strong> Investition<br />

in seine Arbeitskraft verstehen. Sie ist durchaus vergleichbar mit den in<br />

Europa viel früher herausgebildeten wirtschaftlichen Interventionsmechanismen,<br />

welche ihrerseits auf westlichen Traditionen einer Produktionswirtschaft beruhen.<br />

Gleichzeitig ist die Reorganisation von Land in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> ausschlaggebend<br />

für <strong>Istanbul</strong>s Übergang aus osmanischer Tradition in eine auf Privateigentum<br />

basierende westliche Tradition. Dennoch ist es wohl auf die Reduzierung eines<br />

Prozesses, <strong>der</strong> sich in West-Europa bis ins Mittelalter zurückverfolgen lässt, auf<br />

einen Zeitraum von knapp 50 Jahren zurückzuführen, dass sich die Legalität von<br />

Privateigentum nicht innerhalb kultureller Traditionen gefestigt hat. Dazu gehört<br />

auch die Etablierung eines Regelkataloges für die Vergabe von Baurechten,<br />

Baurichtlinien und <strong>der</strong> Verwaltung öffentlicher Räume. Diese Aufgaben <strong>der</strong><br />

urbanen Verwaltung wurden <strong>im</strong> Osmanischen Reich schlicht bürokratisch geregelt.<br />

Es ist auch auf diese Regulierung zurückzuführen, dass sich mit <strong>der</strong> Übertragung<br />

von Entscheidungsgewalten auf die Kommunen eine Polarität zwischen<br />

öffentlichem und privatem Raum herausbilden konnte. Die Etablierung <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Sphäre fand <strong>im</strong> Osmanischen Reich jedoch weitestgehend unabhängig<br />

von den in Europa typischen wirtschaftlichen Strukturen, <strong>der</strong> Lohnarbeit und <strong>der</strong><br />

Klassengesellschaft statt.<br />

Im Gegensatz dazu führte die Etablierung <strong>der</strong> freien Marktwirtschaft in <strong>der</strong><br />

Türkei schnell zu einer Auflösung dieser urbanen Form, was eben daran liegt,<br />

dass die Balance von Regulierung und Privateigentum ausschlaggebend für die<br />

Polarität zwischen öffentlichem und privatem Raum ist, und eben nicht <strong>der</strong> Kapitalismus<br />

selbst. Die Beobachtung S<strong>im</strong>mels gilt deshalb nur innerhalb eines Rahmens,<br />

<strong>der</strong> sich auf Städte feudalen Ursprungs bezieht, welche ihre Regulationsmechanismen<br />

fest in die <strong>Stadt</strong>planung integriert haben. „Die Kapitalistische<br />

Wirtschaft und die städtische, auf quantitativen Beziehungen basierende Le-

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