Istanbul im Kontext der Europäischen Stadt - TU Wien
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<strong>Istanbul</strong> <strong>im</strong> <strong>Kontext</strong> <strong>der</strong> <strong>Europäischen</strong> <strong>Stadt</strong> 355<br />
Apartmentblock (mit einfachsten Mitteln und unter Verwendung billigster Materialien<br />
erbaut), wurde daraufhin in den Kreisen <strong>der</strong> städtischen Elite als akzeptable<br />
Wohnform verworfen. In den siebziger Jahren begann man dann mit dem<br />
Bau <strong>der</strong> ersten Gated Community in Form einer Einfamilienhaus-Garten-<br />
Siedlung.<br />
Durch die fortschreitende Konsolidierung sind heute kaum noch Urbanisierungspraktiken<br />
außerhalb <strong>der</strong> neoliberalen Bautätigkeit auszumachen. Informelle<br />
Entwicklungen werden sofort und ohne Diskussion entfernt und ihre Verursacher<br />
in Areale non-partizipativen Wohnens umgesiedelt. Dies hat dazu geführt, dass<br />
<strong>der</strong> Konflikt um den Raum sich zunehmend auf eine rein visuelle Ebene konzentriert<br />
hat, welche sich zwar durch ihre Symbolik, nicht jedoch durch Praktiken<br />
urbanen Zusammenlebens unterscheidet. Aus <strong>der</strong> systematischen Unterbindung<br />
von Formen jedwe<strong>der</strong> Informalität lässt sich die Polarität <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
eher auf die Konsolidierung <strong>der</strong> informellen <strong>Stadt</strong> reduzieren (vgl. Bilgin<br />
2005: 93-96).<br />
Dennoch stehen die Zugehörigkeit und die Definition <strong>der</strong> eigenen kulturellen<br />
Identität <strong>im</strong> Zentrum <strong>der</strong> durch Großkapital regierten Raumproduktion, wobei<br />
es den Verfechtern eines alt-bürgerlichen <strong>Istanbul</strong>s sowie den Eroberern<br />
<strong>der</strong>en angestammter Territorien nicht so sehr um die Durchsetzung kultureller<br />
Lebensarten und Praktiken geht als vielmehr um die Herausstellung <strong>der</strong> eigenen<br />
Überlegenheit. Der Raum <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> wird <strong>im</strong> Verlauf <strong>der</strong> sozialen Wandels zum<br />
Austragungsort eines Kampfes um kulturelle Symbole, wobei <strong>der</strong> Zustand <strong>der</strong><br />
Symbolhaftigkeit selber zum Konfliktpunkt wird.<br />
4 Fazit<br />
An <strong>Istanbul</strong> lässt sich die Verwandlung einer <strong>Stadt</strong> als Ort sozialer Integration in<br />
einen Ort als Instrument <strong>der</strong> Kapitalakkumulation sehr deutlich zurückverfolgen.<br />
Dabei ist klar geworden, dass <strong>Istanbul</strong> sich heute in den globalen Trend des Neoliberalismus,<br />
<strong>der</strong> Kommodifizierung und <strong>der</strong> Privatisierung eingefügt hat. Die<br />
Konsequenzen treten dabei in <strong>der</strong> <strong>Istanbul</strong>er <strong>Stadt</strong>landschaft direkt und offen zu<br />
Tage. Sie erscheinen in einer extremen Form räumlicher Segregation, welche<br />
geför<strong>der</strong>t ist durch den Spielraum einer halb-legalen, undurchsichtigen Planung.<br />
Ausschlaggebend für diese Entwicklungen, so hat sich gezeigt, ist die Etablierung<br />
eines auf Privateigentum basierenden Systems sozialer Umverteilung. Trotz<br />
einer Verspätung um zwei Jahrhun<strong>der</strong>te ist das Ausmaß dieser Entwicklungen<br />
stärker als in Siebels idealtypischer Europäischer <strong>Stadt</strong>: Dies ist darauf zurückzuführen,<br />
dass die frühe Konsolidierung von Grund und Boden, ihre schon zu einem<br />
frühen Zeitpunkt entwickelte Infrastruktur als struktureller Rahmen für die