Januar, Februar, März 2014 - Kommunales Kino guckloch
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Das Mädchen Wadjda<br />
Das Mädchen Wadjda<br />
der komplett in Saudi Arabien<br />
gedreht wurde und bei der sogar<br />
zum ersten Mal eine saudiarabische<br />
Frau, die unter sehr erschwerten<br />
Bedingungen arbeiten musste, Regie<br />
führte. Der Film gibt gleichzeitig<br />
einen tiefen Einblick in die heutige<br />
saudiarabische Gesellschaft, so dass<br />
er unter die Haut geht.<br />
Seit den 70er Jahren gibt es in Saudi<br />
Arabien keine <strong>Kino</strong>s mehr. Es liegt<br />
daran, dass hier die öffentliche<br />
Zurschaustellung von Kunst verboten<br />
ist. Vieles ist hier verboten,<br />
insbesondere für Frauen. Saudische<br />
Frauen dürfen weder wählen noch<br />
Autofahren und sind den Männern<br />
komplett untergeordnet. Die Regisseurin<br />
Al-Mansour weiss, was es<br />
bedeutet, mit Einschränkungen zu<br />
leben. Sie ist in der Kleinstadt Zulfi<br />
aufgewachsen, als Nummer acht<br />
von zwölf Kindern in einem konservativen<br />
Elternhaus. Mittlerweile<br />
lebt die Regisseurin im Ausland.<br />
Trotzdem war es für sie wichtig,<br />
den Film in ihrer Heimat zu drehen.<br />
Weil dort Geschlechtertrennung<br />
herrscht, saß sie oft abseits in einem<br />
Zelt. Sie konnte die Dreharbeiten<br />
nur über einen Monitor beobachten<br />
und Regieanweisungen per Funkgerät<br />
bzw. ferngesteuert durchgeben.<br />
Oft wurde auch die Crew von Drehorten<br />
weggejagt, dann mussten<br />
sie zu einem späteren Zeitpunkt<br />
wieder kommen oder sich gar eine<br />
andere Location suchen. Oder noch<br />
schlimmer: Die Religionspolizei<br />
tauchte urplötzlich auf. In solchen<br />
Momenten verzog sich Al-Mansour<br />
ganz schnell ins Produktionsauto.<br />
Als besonders schwierig erwies sich<br />
auch die richtige Schauspielerin für<br />
die Hauptrolle zu finden, da die<br />
meisten Familien ihren Töchtern<br />
strikt untersagen, vor der Kamera<br />
aufzutreten. Schließlich schien als<br />
Idealbesetzung für Wadjdas Rolle<br />
die keck und rebellische zwölfjährige<br />
Waad, die zuvor in lokalen und<br />
regionalen Theaterproduktionen<br />
aufgetreten war und zum Casting<br />
mit den Chuck-Taylor-Turnschuhen<br />
an den Füßen erschien.<br />
Bei der Finanzierung gab es ebenfalls<br />
große Schwierigkeiten. Das<br />
Drehbuch wurde häufig abgelehnt,<br />
weil in der arabischen Welt eher die<br />
großen Dramen tonangebend sind.<br />
Wadjda erzählt dagegen eine hoffnungsvolle<br />
und fröhliche Geschichte<br />
und daher gilt er eher als unkonventioneller<br />
Film.<br />
Zu Stande gekommen ist der Film<br />
schließlich dank einer Berliner Produktionsfirma,<br />
eines lokalen Fernsehproduzenten<br />
und der Unterstützung<br />
eines Mitglieds der Königsfamilie<br />
bzw. eines der reichsten Menschen<br />
der Erde. Wieso bekommt<br />
aber ausgerechnet eine Frau eine<br />
Genehmigung zum Drehen? Prinz<br />
al-Waleed bin Talal, dränge angeblich<br />
auf progressive Ideen und<br />
wolle Frauen in der Kunst fördern.<br />
Musste die Regisseurin Al Mansour<br />
keine Kompromisse schließen? Sie<br />
gibt in der Öffentlichkeit an, der<br />
Film sei keine Konfrontation, sie<br />
respektiere schließlich die Regeln<br />
im Lande. Als Sprachrohr für die<br />
Frauenrechte nimmt sie keine<br />
Erwachsene sondern das Mädchen<br />
Wadjda, denn Kinder in allen<br />
Gesellschaften gelten als unschuldige<br />
Wesen und sind daher nicht<br />
direkt angreifbar.<br />
Kurze Inhaltsbeschreibung<br />
- Synopsis<br />
In einer hoch konservativen Gesellschaft,<br />
in welcher Uniformität den<br />
Alltag prägt, tanzt ein Mädchen aus<br />
der Reihe: Statt weißen Socken in<br />
hübschen Sandalen trägt die 11jährige<br />
Wadjda Turnschuhe. Wadjda<br />
träumt davon, das schöne grüne<br />
Fahrrad zu besitzen, das sie jeden<br />
Tag vor einem Spielzeugladen auf<br />
ihrem Schulweg sieht. Ein Rennen<br />
gegen ihren Freund Abdullah, einen<br />
Nachbarjungen, zu fahren und zu<br />
gewinnen, ist ihr größter Traum.<br />
Doch Fahrradfahren gehört sich für<br />
Mädchen in Saudi-Arabien nicht.<br />
Wenn sie Fahrrad fahre, könne sie<br />
keine Kinder bekommen, sagt Wadjdas<br />
Mutter. Damit ihr Traum in<br />
Erfüllung geht, heckt Wadjda einen<br />
Plan aus, wie sie mit Geschäften auf<br />
dem Schulhof Geld für das Fahrrad<br />
verdienen kann. <<br />
Antonia Papagno<br />
Material zum Nachschlagen:<br />
Presseheft Verleih Koch Media,<br />
Interview von Jannis Hagman<br />
in TAZ, ARTEJournal "Kultur-<br />
Reportage" von B. Loutte,<br />
N. Froehner, B. Heintz, U. Kaussin<br />
in ARTE TV, Bericht von Wasiliki<br />
Goutziomitros in SRF<br />
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