DANKSAGUNG - Bücher für diplomierte Legasthenietrainer des EÖDL
DANKSAGUNG - Bücher für diplomierte Legasthenietrainer des EÖDL
DANKSAGUNG - Bücher für diplomierte Legasthenietrainer des EÖDL
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
das in den 1970er Jahren gefunden wurde, nachdem es dreizehn Jahre lang in einem dunklen Raum<br />
eingesperrt gewesen war (vgl. Blumenthal, 2005). Sie hatte zu niemandem Kontakt gehabt, außer zu<br />
ihrer Mutter, die ihr täglich kurz das Essen brachte, der Vater hatte seiner Frau jedoch verboten mit<br />
dem Kind zu sprechen. Wenn Genie von sich aus Laute von sich gegeben hatte, hatte er sie<br />
geschlagen. Nach dreizehn Jahren wurde das Mädchen schließlich aus ihrer Isolation befreit. Sie<br />
konnte nicht sprechen und es war nicht zu erwarten, dass sie es jemals erlernen würde, da man<br />
annahm, dass die Fähigkeit, Sprache zu erwerben, nur bis zur Pubertät bestünde. Dennoch war<br />
Genie bald in der Lage, Laute von sich zu geben, indem sie versuchte andere nachzuahmen und auf<br />
deren Laute zu reagieren. Man kann sagen, dass sie den Umständen entsprechend gut sprechen<br />
lernte und mit anderen relativ gut interagieren konnte, auch wenn ihre Sprache sehr einfach blieb.<br />
Interessant ist, dass sich die Fähigkeit zu kommunizieren und alle damit verbundenen Funktionen<br />
nicht wie bei anderen Menschen in der linken Hemisphäre befanden. Zu dem Zeitpunkt als Genie<br />
sprechen lernte, hatte die linke Hemisphäre nämlich bereits ihre Fähigkeit verloren, den<br />
Spracherwerb in die Wege zu leiten und zu unterstützen. Die Frage, die sich stellte, war, wieso<br />
Genie trotzdem sprechen konnte. Durch Tests fand man die verblüffende Antwort auf diese Frage,<br />
nämlich dass die rechte Gehirnhälfte <strong>für</strong> Genies Sprache verantwortlich war (vgl. Yule, 1997: 171f.;<br />
vgl. Blumenthal, 2005). Man muss jedoch davon ausgehen, dass Kinder, die in Isolation<br />
aufgewachsen sind, niemals eine normale Sprachfähigkeit erreichen werden können (vgl. Kuhl,<br />
2004: 836). Hieran kann man sehen, dass unser Gehirn ein enorm komplexes System mit einer<br />
hohen Plastizität ist, bei dem es nicht möglich ist, Einzelfertigkeiten ausschließlich bestimmten<br />
Regionen zuzuordnen. Die Funktionsweise <strong>des</strong> Gehirns ist um einiges komplizierter und es gibt<br />
viele Zusammenhänge, die wir heute noch nicht verstehen.<br />
Generell ist zu sagen, dass die Fähigkeit Sprache (akzentfrei) zu erlernen mit dem Alter rasch<br />
abnimmt. Alle Sprachen bestehen zusammen aus ungefähr 600 Konsonanten und 200 Vokalen. Aus<br />
diesem Pool verwendet jede Sprache etwa ein Set aus 40 Phonemen (vgl. Kuhl, 2004: 832). Nach<br />
der Geburt ist es einem Baby prinzipiell möglich, jede Sprache zu erwerben. Mit der Zeit<br />
spezialisiert es sich jedoch auf seine Muttersprache, wodurch die Fähigkeit abnimmt, andere<br />
Sprachen zu erwerben (vgl. Kuhl, 2004: 833, 838).<br />
In diesem Zusammenhang bleibt zu erwähnen, dass es <strong>für</strong> die Sprachentwicklung nicht genügt, das<br />
Kind irgendwelchen lautlichen Reizen auszusetzen, also etwa das Kind vor ein Radio- oder<br />
Fernsehgerät zu setzen und zu warten, bis es zu sprechen beginnt, denn dies wird nicht passieren.<br />
Zu diesen Ergebnissen kam man durch Untersuchungen an Familien, in welchen beide Elternteile<br />
taub waren, das Kind jedoch hören konnte. Diese Familien wussten um die Wichtigkeit <strong>des</strong>