Organisationswandel in der deutschen Automobilzulieferindustrie

Peter Ittermann, Gernot Mühge, Diana Schumann
Organisationswandel
in der deutschen
Automobilzulieferindustrie
Neue Abhängigkeiten und/oder
Netzwerkkooperation?
S AOP S PAPERS
3
ORGANISATIONSSOZIOLOGIE UND MITBESTIMMUNGSFORSCHUNG
SOCIOLOGY OF ORGANISATIONS AND PARTICIPATION STUDIES (SOAPS)
ISSN 1610-9546

SOAPS-Papers
Nr. 3
Jahrgang 2
Februar 2003
Impressum
SOAPS Papers
Forschungsberichte
des Lehrstuhls
Organisationssoziologie und
Mitbestimmungsforschung
Sociology of Organisations
and Participation Studies
(SOAPS)
Herausgeber
Prof. Dr. Ludger Pries
Ruhr-Universität Bochum
44780 Bochum
Gebäude GB 04/42
Telefon 0234/32-2 54 29
Fax 0234/32-1 44 46
www.rub.de/soaps
ISSN 1610-9546

INHALT
Seite
1 Einleitung 3
2 Automobilzulieferindustrie im Wandel 4
2.1 Globalisierung und Modularisierung als zentrale
Strategien der Autoherstelle in den 1990er Jahren
2.2 Neue betriebliche Anforderungen an die direkten Zulieferer
2.3 Strukturwandel in der Autozulieferindustrie
2.4 Funktionale Ausdifferenzierungen innerhalb der
Zulieferpyramide
2.5 Zwischenfazit
4
6
7
9
10
3 Untersuchungsgegenstand, Datenbasis und
empirisches Vorgehen
3.1 Definition der Automobilzulieferindustrie
3.2 Datenbasis und empirisches Vorgehen
12
12
15
4 Empirische Ergebnisse 17
4.1 Betriebsgrößenstruktur
4.2 Interne Organisationsstrukturen
4.3 Externe Organisationsstrukturen
4.4 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse
17
19
32
39
5 Fazit 41
6 Literatur 44

1 Einleitung
Seit den 1990er Jahren sind erhebliche Veränderungen im Produktionsprozess von Automobilen
zu beobachten. Unter dem Paradigma der „schlanken Produktion“ nehmen die Endhersteller
von Fahrzeugen weitestgehend Abstand von der traditionellen Strategie der „vertikalen
Integration“, die durch eine hohe Fertigungstiefe bei den Endherstellern bei einer großen
Anzahl von direkten Zulieferern gekennzeichnet ist (EIRO 2000: 2). Sie beginnen, durch
Outsourcingaktivitäten ihre Produktion zu konsolidieren und konzentrieren sich mehr und
mehr auf das Kerngeschäft, die Montage von Automobilen. Durch die weitreichende Übertragung
von Produktionsbereichen auf Zulieferer wandelt sich das Verhältnis zwischen Endherstellern
und Zulieferern, ein Prozess, den GAITANIDES als den „Übergang von der objektzur
prozessbezogenen Arbeitsteilung“ beschreibt (GAITANIDES 1998: 93,; auch KILPER/
SCHMIDT-DILCHER 1999). Es entstehen integrierte Zuliefersysteme oder Zuliefernetzwerke,
begleitet von einem umfassenden betrieblichen Strukturwandel, dessen Kern aus erheblichen
Konzentrationsprozessen und der Herausbildung des Zuliefertyps Modul- oder Systemlieferant
bestand.
Vor diesem Hintergrund dieses Wandels versucht das vorliegende Papier 1 die Frage zu
beantworten, ob die Prozesse im Verhältnis zwischen Automobilherstellern und Zulieferern
eher zu einer höheren Abhängigkeit der Zulieferbetriebe geführt haben, oder ob sich eher
Kooperations- und Netzwerkstrukturen herausbilden? Das Papier verfolgt das Ziel, diese
Fragestellung auf Grundlage von Paneldaten über Maschinenbaubetriebe, die der Zulieferindustrie
zugeordnet werden können, empirisch zu beantworten. Dabei gestaltet sich der Aufbau
der Analyse wie folgt: Im zweiten Kapitel werden zunächst auf Basis sekundäranalytischer
Auswertungen die Restrukturierungsstrategien der Automobilzulieferer skizziert
(Abschnitt 2.1), anschließend erfolgt, eine Beschreibung des Wandels der Zulieferindustrie
seit den 1990er Jahren (Abschnitte 2.2 bis 2.4) und damit die Ausgangslage der vorliegenden
Untersuchung (Abschnitte 2.5).
1
Diese Studie wurde im Rahmen des von der EU geförderten Projektverbundes CoCKEAS (Coordinating
Competencies and Knowledge in the European Automobile System) an der Ruhr-Universität Bochum unter
Leitung von Prof. Dr. Ludger Pries, Lehrstuhl Organisationssoziologie und Mitbestimmungsforschung, erstellt.
3

Zentrale Aspekte sind hierbei die Veränderungen der betrieblichen Anforderungen an die
direkten Zulieferer, der Strukturwandel der Zulieferindustrie und die daraus resultierenden
Herausforderungen, vor denen die Zulieferindustrie heute steht. Im dritten Kapitel wird das
methodische und empirische Vorgehen der vorliegenden Arbeit dargelegt. Dabei werden
eine genaue Abgrenzung und Definition des Untersuchungsgegenstands vorgenommen (Abschnitt
3.1) sowie die Datenbasis und das empirische Vorgehen erläutert (Abschnitt 3.2). Das
vierte Kapitel enthält die Ergebnisse der empirischen Untersuchung der Betriebsgrößenstruktur
und der internen (Abschnitt 4.2) und externen Organisationsstrukturen der Automobilzulieferbetriebe
(Abschnitt 4.3). Abschließend werden in Kapitel fünf die Befunde der
vorliegenden Untersuchung bilanziert.
2 Automobilzulieferindustrie im Wandel
2.1 Globalisierung und Modularisierung als zentrale Strategien der Autohersteller
in den 1990er Jahren
Worin sind die Auslöser der Wandlungsprozesse und des „Paradigmenwechsels“ in der
Automobilproduktion zu sehen? In den 1990er Jahren beginnen die Automobilmärkte sich zu
verengen. Die Anzahl der Wettbewerber wächst bei einer zeitgleich stagnierenden Nachfrage,
der Wettbewerb nimmt zu. KILPER/SCHMIDT-DILCHER benennen für die Automobilmärkte
dieser Zeit zwei prägende Entwicklungen: Ein stark abgeschwächtes Wachstum in
der Automobilproduktion 2 , dazu ein Anstieg der Zahl der Endhersteller auf den Märkten
Nordamerikas und Westeuropas, vorrangig durch japanische Wettbewerber (KILPER/
SCHMIDT-DILCHER 1999: 2; vgl. auch PRIES 1999a: 128f.).
Die Autohersteller reagieren in zweierlei Weise auf die Bedingungen der „veränderten
Marktökonomie“ (KILPER/SCHMIDT-DILCHER 1999: 1), erstens mit der Internationalisierung
2
In Deutschland betrug die Wachstumsrate für die Inlandsproduktion von Personenkraftwagen von 1980 bis
1990 32,4 %, für die folgende Dekade von 1990 bis 2000 10,1 %. Im Krisenjahr 1993 ging die Produktion im
Vergleich zum Vorjahr um 22 % zurück (Quelle: VDA, eigene Berechnungen).
4

und Globalisierung der Herstellung von Autos, und zweitens durch die Einführung von neuen
Produkt- und Modellstrategien.
Aufgrund der gesättigten Absatzmärkte und wachsenden Absatzschwierigkeiten auf den alten
Märkten ist gegen Ende der 90er Jahre eine deutliche Zunahme der Auslandsaktivitäten der
deutschen Automobilhersteller zu beobachten, die bis heute nicht abgeschlossen ist. Die
Unternehmen drängen durch den Aufbau von Produktionsstandorten im Ausland auf neue
Absatz- und Beschaffungsmärkte und organisieren einen weltweiten Einkauf von
Komponenten und Teilen. Insbesondere der Trend zum Aufbau von Produktionsstandorten
außerhalb Deutschlands und Europas hat weitreichende Konsequenzen für das „obere
Segment“ der Zulieferbranche. Die Marktführer der deutschen Zulieferindustrie sind
gezwungen, sich im erheblichen Umfang zu internationalisieren, wenn sie auch weiterhin
durch „Niederlassungspräsenz an allen Produktionsstandorten“ eine „wichtige Rolle als
direkte Zulieferer spielen“ wollen (PRIES 1999a: 145). Allerdings ist der größere Anteil der
Zulieferunternehmen noch auf inländische oder höchstens westeuropäische Aktivitäten
beschränkt (PRIES 1999a: 126).
Die zweite Reaktion der Hersteller auf die sich ändernden Marktbedingungen liegt in neuen
Produkt- und Modellstrategien, mit dem Ziel, ein „intensives Wachstum in den alten
Märkten“ (PRIES 1999a: 129) zu ermöglichen. Die wichtigsten Veränderungen gegenüber der
vorherigen Herstellungsweise sind die
• Diversifizierungen in der Modellpalette und Differenzierung der einzelnen Fahrzeugmodelle;
• eine drastische Senkung der Lieferzeiten, der Produktzyklen sowie der Entwicklungszeiten
von neuen Automodellen (vgl. u.a. PAMPEL 1993: 21ff.);
• eine „doppelte“ Qualitätssteigerung: Die Verbesserung der Qualität der Endprodukte,
um die Marktposition im härter werdenden Wettbewerb zu stärken; dazu eine Steigerung
der Qualität in der Produktion, „die „conditio sine qua non“ (KILPER/SCHMIDT-
DILCHER 1999: 2) bei der Herstellung von variantenreichen Fahrzeugen.
5

Neben den Globalisierungsstrategien hat vor allem der Trend zur Differenzierung der Fahrzeuge
weitreichende Auswirkungen auf die Strukturierung des Zuliefersystems. Der Kundenwunsch
(und damit Wettbewerbsfaktor) nach größerer Vielfalt in Fahrzeugen sowie
Fahrzeugs- und Ausstattungsvarianten erfordert eine Flexibilisierung der Herstellung – diese
allerdings unter Beibehaltung der Großserienfertigung. Den scheinbaren Widerspruch der
flexiblen Großserienfertigung versuchen die Endhersteller mittels verschiedener Strategien
zu lösen, wobei die Kernstrategien (1) in der Modularisierung von Fertigungseinheiten in der
Fahrzeugherstellung bei (2) gleichzeitiger Verlagerung der Montage kompletter Module zu
den Zulieferern liegen. Die Endhersteller gehen dazu über, große Bereich des Fahrzeugs
technisch in Modulen zu organisieren und diese Module (oder Systeme) vollständig von Zulieferern
erstellen zu lassen. Bei der umfassenden Einführung dieses „Modular Sourcing“
können sie auf die Erfahrungen bei der Montage von Motoren und Getrieben zurückgreifen,
die schon länger in hoher Variantenzahl „flexibel“ montiert wurden (SCHRAYSSHUEN 1992:
112).
Wie die folgenden Abschnitte zeigen werden, hat der qualitative Sprung zu einer umfassenden
Modularisierung der Fahrzeugmontage und Verringerung der Fertigungstiefe
erhebliche Folgen für die Zulieferindustrie, die sich
a) auf der betrieblichen (Mikro-)Ebene in einem umfassenden Wandel der Aufgaben und
Arbeitsweisen vor allem bei den direkten Zulieferern, und
b) auf der Mesoebene in einem umfassenden Strukturwandel und der Herausbildung einer
hierarchischen Zulieferpyramide äußerte.
2.2 Neue betriebliche Anforderungen an die direkten Zulieferer
Auf der Mikroebene stellen sich die höchsten Anforderungen jenen Zulieferbetrieben, die nun
zum Modul- oder Systemlieferant – dem sogenannten „first tier supplier“ – heraufgestuft
werden und damit in zentralen Unternehmensbereichen erhebliche Anpassungsleistungen
vollbringen mussten.
6

• Die Bereiche Logistik und Qualitätssicherung werden zum Lebensnerv der neuen Produktionsweise.
Die Herstellung von komplexen und bereits nach Kundenpräferenz mit individuellen
Merkmalen ausgestatteten Modulen erschwert eine umfassende Lagerhaltung; die
Herstellung unter just-in-time-Bedingungen verlangt „ein reibungslose(s) Funktionieren
der Belieferung (...) sowie die Gewährleistung von ‚Null-Fehler-Qualität’ der gelieferten
Teile“ (KILPER/SCHMIDT-DILCHER 1999: 2).
• Die Modullieferanten werden dazu verstärkt in die Forschung und Entwicklung von Bauteilen
miteinbezogen – allein die Notwendigkeit, standardisierte Modulschnittstellen zu
erzeugen, erfordert Entwicklungsarbeit auf Seiten der Zulieferer. Zusätzlich verlangen die
Endhersteller erhebliche Leistungen in bezug auf Prozess- und Produktinnovationen.
Insgesamt sind die veränderten Anforderungen an „first tier“-Zulieferer von einer Qualität,
die zu einem Wandel der Beziehungen zum Endhersteller führen müssen. Es folgt eine
Abnahme der „Dominanz des Mediums Markt zugunsten des Mediums Netzwerk“ (KILPER/
SCHMIDT-DILCHER 1999: 5). Sowohl die empfindlichen Liefersysteme als auch die gemeinsamen
Entwicklungsarbeiten erfordern weitestgehend komplikationsfreie Zuliefer-
Abnehmer-Beziehungen; daher werden Kommunikation und Kooperation zu
Schlüsselfaktoren der erfolgreichen Zusammenarbeit (ebd.: 11ff.). Die Herausbildung von
„second tiers“ und „third tiers“ bringt die Systemlieferanten in eine Mittlerrolle innerhalb
der Wertschöpfungskette und erfordert die intensive Nutzung von „Supply Chain
Management“-Systemen; die Abhängigkeit zwischen Endherstellern und direkten Zulieferern
wird hierdurch zusätzlich gestärkt. LAY/WALLMEIER attestieren der Zulieferindustrie, dass im
Vergleich zur sonstigen Investitionsgüterindustrie der „Modebegriff des Supply Chain
Management (...) in diesem Industriesektor sicher am weitesten realisiert“ ist
(LAY/WALLMEIER 1999: 1).
2.3 Strukturwandel in der Autozulieferindustrie
Die strukturellen Folgen der Modularisierungs- und Globalisierungstrategien werden übereinstimmend
in der Herausbildung einer „hierarchischen Pyramide“ gesehen (EIRO 2000: 5;
vgl. auch PAMPEL 1993: 22; LAY/WALLMEIER 1999: 12; VDA 2001 u.a.). Diese Pyramide spiegelt
neben einer hierarchischen Anordnung der Zulieferbetriebe auch die Verteilung der Betriebe
7

auf Zuliefertypen wieder: An der Spitze steht eine geringe Anzahl von first tiers, darunter
eine größere Anzahl von Komponentenherstellern und, auf der untersten Ebene der
Pyramide, zahllose Teilelieferanten.
Die hoch-professionellen „first tiers“ müssen den Anforderungen des modular- und global
sourcing gewachsen sein. Das vorliegende Papier hat gezeigt, dass die Produktion von
Modulen für weltweite Standorte eine Form der Zusammenarbeit erfordert, die ausschließlich
von den global operierenden Konzern- und Großunternehmen unter den Zulieferern
erbracht werden kann. Daraus wird deutlich, dass die Verortung in einer Zulieferpyramide
von mehreren, qualitativen Merkmalen abhängt, in erster Linie von der Komplexität der gelieferten
Produkte und von qualitativen Anforderungen an die Lieferbeziehungen. Der Stand
in der Wertschöpfungskette ist dabei nicht allein ausschlaggebend. Allerdings ist davon auszugehen,
dass mit sinkender Komplexität der Produkte der Anteil der direkten Lieferbeziehungen
vom Zulieferbetrieb zum Endhersteller abnimmt – und zwar mit steigender
Tendenz durch zunehmende Modularisierung.
Für Komponenten-Hersteller, also die Hersteller von Produkten mittlerer Komplexität, ist eine
geringere Netzwerkorientierung in der Zusammenarbeit sowie eine geringere Intensität in
den eigenständigen Forschungs- und Entwicklungsleistungen zu erwarten. Auch dürfte die
Variantenzahl bei Komponenten weitaus geringer ausgeprägt sein, als bei den Modulen oder
Systemen. Im Vergleich zu den „first-tiers“ sinken damit die Anforderungen an Lieferung,
Logistik, Prozess- und Produktqualität.
Für die Hersteller von (einfachen) Teilen – unabhängig, ob sie direkt an den Endhersteller oder
an Modullieferanten liefern – sind die Anforderungen am geringsten. Die Teile sind häufig
standardisiert (zum Beispiel Schrauben) oder zumindest ohne Entwicklungsarbeit auf Seiten
des Zulieferers in Großserie zu produzieren (zum Beispiel Federn). In Bereich der Teilelieferung
finden sich daher auch zahllose kleine Zulieferbetriebe. Hohe Austauschbarkeit und
Stückzahlen stellen geringe Anforderungen an die Prozessqualität, zudem kann der just-intime-Problematik
durch traditionelle Lagerhaltung begegnet werden. Wie der folgende Abschnitt
zeigt, sind Produktqualität und Preis die in diesem Segment ausschlaggebenden
Faktoren des Wettbewerbs.
8

2.4 Funktionale Ausdifferenzierungen innerhalb der Zulieferpyramide
Der Umstrukturierungsprozess in der Automobilzulieferindustrie führt zu einer Selektion
von Anbieterbetrieben und zu einer stärkeren Einbindung jener Betriebe in den Produktentwicklungs-
und Fertigungsprozess der Endhersteller, die im oberen Bereich der Zulieferpyramide
verortet sind. So werden für diese Zulieferer zukünftig weniger Verkaufspreis und
Produktqualität die entscheidenden Erfolgsfaktoren sein, sondern deren Entwicklungs-Knowhow
und Produkt-Innovationen:
„Der wichtigste Wettbewerbsfaktor der Zulieferer wird in zehn Jahren ihre Entwicklungskompetenz
sein. (…) Es reicht also nicht mehr, gute Qualität zum besten Preis zu
liefern, sondern es ist Innovation gefragt.“ (DAHLHOFF u.a.2000: 1).
Diese Erkenntnisse und Trendentwicklungen werden auch durch die Produktionsinnovationserhebung
des ISI-Instituts belegt. Das Gutachten „Stand und Entwicklungstendenzen der
Produktionsmodernisierung in der Automobilzulieferindustrie“ (vgl. LAY/WALLMEIER 1999) ist
für die vorliegende Untersuchung von besonderem Interesse, da in dieser Branchenstudie die
Zulieferindustrie als Teil der Investitionsgüterindustrie identifiziert wird und Produktionsstrukturen
und -strategien mit den restlichen Unternehmen der Investitionsgüterindustrie
verglichen werden.
Die Studie zeigt, dass die Unternehmen der Zulieferindustrie den Herausforderungen des
globalen Marktes weniger mit Kostensenkungsstrategien begegnen, sondern in erster Linie
mit Qualitätsverbesserungen und Innovationssprüngen. Diese sollen bei der Produktentwicklung
und im Herstellungsprozeß erzielt werden (ebd.: 3). Dabei favorisieren die Kleinbetriebe
– also eher die Hersteller von einfachen Produkten und Teilen – die Strategie Produktqualität
(und begleitende Dienstleistungen), die Mittelbetriebe als „Fertigungsspezialisten“
Prozessinnovationen in der Herstellung und die größeren Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten
die Entwicklung von Produktinnovationen. Kleine und größere Unternehmen
setzen häufiger Personal im F+E-Bereich ein als mittelgroße Betriebe, insbesondere dann,
wenn sie komplexe Zulieferteile herstellen.
Im Gegensatz zur übrigen Investitionsgüterindustrie ist die produktionstechnische
Vernetzung von Zuliefer- und Kundenbetrieben (CAD, PPS) erheblich weiter entwickelt.
9

Dabei zeigen sich auch hier markante Unterschiede zwischen großen und kleineren Zulieferbetrieben,
die das Bild der Zulieferpyramide stärken:
„Produktionssteuerungsdaten aus den PPS-Systemen der Automobilzulieferindustrie
werden in drei Viertel (…) der großen, jedoch nur in einem Viertel (…) der kleinen Zulieferfirmen
weiterverarbeitet. Dies schließt viele kleine Zulieferer praktisch von einer
Rolle als enger Entwicklungs- und Produktionspartner der Automobilindustrie aus.“
(ebd.: 5)
Die Untersuchung des ISI-Instituts verdeutlicht eine enge technische und organisatorische
Anbindung der gesamten Automobilzulieferer an ihre Kunden. Dies führt zu einer hohen
Termintreue (89 Prozent der Aufträge werden termingerecht ausgeliefert), kurzen Durchlaufzeiten
(durchschnittlich 18 Kalendertagen) und geringen Ausschussquoten (3,8 % Ausschussteile).
Diese Werte sind deutlich günstiger als in der übrigen Investitionsgüterindustrie
(ebd.: 9). Gleichzeitig ist jedoch die Umsatzrendite der Zulieferbetriebe geringer als in der
Vergleichsgruppe, da die Produktivitätsgewinne stärker von den Kunden abgeschöpft
werden. Die Lieferpreise werden so knapp kalkuliert, dass die Gewinnspanne gering bleibt.
Hierbei ist erstaunlich, dass eine erwartete höhere Ertrags- und Wachstumsstärke sowie
Umsatzrendite der Systemzulieferer durch die ISI-Untersuchung empirisch nicht belegt
werden konnten:
„Man kann somit nicht davon sprechen, daß die Systemzulieferer die ausschließlichen
Gewinner im Prozess der ‚Pyramidisierung‘ der Zulieferstrukturen durch die Automobilhersteller
seien.“ (ebd.: 12)
2.5 Zwischenfazit
Die Neupositionierung von Einkaufs- und Beschaffungsstrategien (Global Sourcing, Forward
Sourcing, Follow Sourcing etc.) stellt ein wichtiges Aktionsfeld in der Automobil- und Zulieferindustrie
dar (KILPER/PRIES 1999). Für die Endhersteller sind strategische Ziele dieser
Restrukturierungen, durch skalenökonomische Einsparungen beim Einkauf Wettbewerbsvorteile
zu gewinnen, Entwicklungszeiten zu verkürzen und das Wissensmanagement effizienter
zu gestalten. Die Abhängigkeitsstrukturen zwischen Hersteller- und Zulieferbetrieben sowie
10

innerhalb der Zulieferbranche gewinnen somit neue Konturen, die sich in einem Machtzugewinn
von Endherstellern und großen Systemzulieferern und in einem Autonomieverlust
der Teile-Zulieferer äußern:
„Über ihre Kontrolle des Produktionsprozesses sind die Hersteller in der Lage, sich
selbst von Aktivitäten mit geringem Mehrwert zu entlasten, einen Teil der Entwicklungsund
Produktionskosten auf die Zulieferer der ersten Ebene zu verlagern und im Hinblick
auf Qualität, Lieferzeiten und Preise einen großen Druck auszuüben.“ (EIRO 2000: 6)
Die Systemzulieferer sind im Zuge ihres Anpassungsprozesses doppelt gefordert: Zum einen
die Aufträge und die Verantwortung für Produktsegmente zu übernehmen und die Kooperation
mit dem Endherstellern zu intensivieren, zum anderen den Aufbau und die Einbeziehung
der weiteren Zuliefererkette zu organisieren. Letzteres gilt in abgeschwächtem Maße auch
für die Komponentenhersteller. Die Klein- und Mittelbetriebe, die in Großserie standardisierte
Produkte und Teile fertigen, sind gezwungen, ihre arbeitsintensiven Geschäfte in zunehmender
Abhängigkeit von Kundenvorgaben und bei hohem Preis- und Konkurrenzdruck
auszuführen.
Zusammenfassend betrachtet wird deutlich: Die Konzerne der Automobilindustrie setzen
Trends und entwickeln Vorgaben, die einen hohen Anpassungsdruck in der Zulieferbranche
erzeugen. Die Abhängigkeitsstrukturen sind offensichtlich und scheinen sich weiter zu verfestigen.
Der intensivierte (globale) Wettbewerbsdruck und die wachsende Komplexität des
Produktes Auto lassen jedoch auch Abhängigkeitsbeziehungen in umgekehrter Richtung vermuten:
So sind die Endhersteller auch auf die Zuverlässigkeit und Innovationsfähigkeit der
(System-) Zulieferbetriebe angewiesen, nicht zuletzt aufgrund der eigenen Outsourcing-
Aktivitäten in den neunziger Jahren.
Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich die Frage, ob sich die Hersteller-Zuliefer-Beziehungen
bisher mehr in Richtung Netzwerkstrukturen oder eher in Richtung höherer Abhängigkeit
verändert haben. Dieser Frage wird im Folgenden empirisch nachgegangen. Zuvor
ist es jedoch notwendig, die Automobilzulieferindustrie und damit den Gegenstand der vorliegenden
Untersuchung zu definieren und das empirische Vorgehen zu erläutern.
11

3 Untersuchungsgegenstand, Datenbasis und empirisches
Vorgehen
3.1 Definition der Automobilzulieferindustrie
Die Frage, wann ein Betrieb zur Automobilzulieferindustrie gezählt wird, wird in der wissenschaftlichen
Literatur sehr uneinheitlich beantwortet. Übereinstimmung besteht in lediglich
einem Aspekt: Zulieferbetriebe müssen Geschäftsbeziehungen zu den Unternehmen unterhalten,
die in irgendeiner Form an der Produktion von Automobilen beteiligt sind.
Es sind vor allem zwei Gründe, die eine eindeutige Definition erschweren: Zum einen sind
große Bereiche der Zulieferindustrie nicht mit der Systematik der Wirtschaftszweige der
amtlichen Statistik in Übereinstimmung zu bringen, zum anderen muss die Definition von
Zulieferbetrieben anhand einer Vielzahl von Dimensionen erfolgen – eine einzige ist zur
Abgrenzung nicht ausreichend. Im Folgenden werden vor allem produktionstechnische und
wirtschaftliche Dimensionen diskutiert, anhand derer die Zugehörigkeit eines Betriebs zur
Automobilzulieferindustrie festgelegt werden kann.
(1) Die erste Dimension betrifft die Nähe des Zulieferprodukts zum Endprodukt Auto. Eine
weite Definition vertritt Meinig: Im Wörterbuch „Grundbegriffe der Automobilwirtschaft“
zählt er alle „Vorprodukte, Rohmaterialien oder Dienstleistungen“, die im Zusammenhang
mit der Herstellung von Automobilen nachgefragt werden, zu den Zulieferprodukten (MEINIG
1995: 486f.). Nach dieser Abgrenzung gehört jedes Unternehmen zur Zulieferindustrie, das
Geschäftsbeziehungen zur Automobilindustrie unterhält – einschließlich der Unternehmen,
die unternehmensnahe Dienstleistungen für den Autohersteller erbringen, z.B. Softwareanbieter,
Banken, Versicherungen usw. Je nach Untersuchungsgegenstand kann es sinnvoll
sein, die Zulieferprodukte einzuschränken, etwa dadurch, die Dienstleistungen
auszuschließen und die Zulieferindustrie auf Unternehmen des produzierenden Gewerbes zu
beschränken. In der engsten Definition von Zulieferprodukten werden lediglich die
Vorprodukte zu den Zulieferprodukten gezählt, die als „direkte Produkte“ unmittelbar im
12

Endprodukt Auto zur Montage kommen (etwa bei PAMPEL 1993: 19). 3 Letztere Definition
wird auch der Herkunft des Zulieferbegriffes gerecht, der aus „dem Sprachgebrauch der
Ingenieure“ stammt und „die zur Produktion erforderlichen (...) Teilaggregate“ bezeichnet
(KLINGER 1959: 1229; auch HUTZEL 1981: 43).
(2) Eine ebenfalls produktionstechnische Dimension ist der Verarbeitungsgrad der gelieferten
Produkte. In seiner ursprünglichen Bedeutung bezieht sich der Zulieferbegriff auf „einbaufertige“
Aggregate, die direkt und „ohne vorherige Bearbeitung anzumontieren“ sind
(KLINGER 1959: 1229, vgl. auch RAUSCHER 1993: 16). Diese Abgrenzung ist gerade für
Automobilzulieferer problematisch, da es um die Frage geht, ob auch die Produkte zu den
Zulieferprodukten zählen, die vom Abnehmer zusätzlich ver- oder bearbeitet werden
müssen. Die Konsequenz für den Autobereich ist, dass zum Beispiel die Lieferung von
Blechen, die ja im Montagewerk zu Karosserieteilen weiterverarbeitet werden, mittels dieser
Abgrenzung nicht zu den Zuliefergeschäften gehört (so z.B. bei SCHILDBACH 1985: 14). Eine
kritische Auffassung dazu vertritt PAMPEL; er zählt gerade wegen der Bedeutung von
Blechanlieferungen auch Roh- oder Grundstoffe zu den Zulieferprodukten (PAMPEL 1993: 20;
vgl. MEINIG 1995: 486f.).
(3) Ein wirtschaftliches Zulieferkriterium ist die Regelmäßigkeit der Lieferbeziehung. So
betreffen Zuliefergeschäfte beispielsweise nach dem Gabler-Wirtschafts-Lexikon nur solche
Lieferungen, die „für einen längeren Zeitraum immer wieder geliefert werden“ (GABLER
2000). Die Frage nach „wiederkehrenden Lieferbeziehungen“ steht dabei in einem sehr
engen Zusammenhang zur erstgenannten Dimension, dem Verhältnis Zulieferprodukt/Endprodukt
4 . Zusätzlich grenzt es Zulieferbetriebe vom weiter gefassten Begriff des
Lieferanten ab (PAMPEL 1993: 19). Im Unterschied zu PAMPEL sind im Handbuch „Automobilzulieferer
in Deutschland“ auch die Hersteller von Anlagen, Maschinen oder Software
aufgeführt, die typischerweise nicht über längere Zeiträume wiederkehrend liefern (EHRIG
1999). Ehrig begründet dies mit der hohen Bedeutung dieses Industriezweigs für die Automobilherstellung:
„Ohne die innovationsstarken Fabrikausrüster mit ihren Maschinen und
3
Eine weitere Produktbeschränkung, die jedoch für diese Arbeit keine Rolle spielt, ist der Ausschluss von
Gütern mit eigenständiger Vermarktungsfähigkeit jenseits der Zulieferbeziehung (Pampel 1993: 19ff.; Gabler-
Wirtschafts-Lexikon 1997: 4557).
4
Produkte, die in das Endprodukt einfließen, werden zwangsläufig fortlaufend und wiederkehrend vom
Montagewerk nachgefragt. Das gilt allerdings auch für andere Produkte, die im Abnehmerbetrieb permanent
verbraucht werden, wie z.B. Strom, Büroartikel usw.
13

Anlagen läuft kein Rohbau, keine Lackierung und keine Endmontage. Und ohne Software (...)
kann der Automobilbau ebenso wenig funktionieren wie ohne Prototypen- oder Werkzeugbau“
(ebd.).
(4) Das vierte Kriterium ist der Stand des Unternehmens in der Wertschöpfungskette. Hier
geht es um die Frage, ob nur die direkten Zulieferer, oder auch Lieferanten auf einer vorgelagerten
Stufe zur Zulieferindustrie gezählt werden. Das Handbuch „Grundbegriffe der Automobilwirtschaft“
spricht von Zulieferern, die an ein das „Endprodukt“ produzierendes
Unternehmen liefern, also direkten Zulieferern – für die meisten der anderen Autoren
gehören auch die indirekten Zulieferer zur Zulieferindustrie (MEINIG 1995: 486).
(5) Gerade für empirische Arbeiten stellt sich mit dem Anteil des Automobilzuliefergeschäfts am
Gesamtgeschäft ein besonderes Problem, Automobilzulieferer definitorisch von anderen Betrieben
abzugrenzen. Zahlreiche Betriebe innerhalb der Wertschöpfungskette von Automobilen
erwirtschaften in verschiedenem Ausmaß einen Teil ihres Umsatzes mit Produkten,
die keinen Bezug zur Automobilproduktion besitzen. Für empirische Forschungsarbeiten ist
hier eine Abgrenzung unbedingt notwendig, wird allerdings in der Literatur uneinheitlich
vorgenommen. Eine weite Definition findet sich bspw. bei WALKER: In einer auf NRW
bezogenen Untersuchung der Zulieferindustrie werden jene Betriebe einbezogen, die
„mindestens 10 % ihres Umsatzes mit der Automobil-Industrie erwirtschaften“ (WALKER
1999: 64ff.). In einer Untersuchung der VIA ist ein Betrieb dann ein Automobilzulieferer,
wenn er „zu mehr als 50 % von der Automobilbranche lebt“ – wobei unklar bleibt, worauf
sich die Prozentangabe bezieht (VIA 1997: 11).
Anhand der skizzierten Dimensionen wird die Automobilzuliefererindustrie für die vorliegende
Untersuchung wie folgt abgegrenzt:
Zu den Automobilzulieferern zählen die Unternehmen, die Produkte oder
Vorprodukte herstellen, die direkt im Automobil zur Montage kommen. Die Unternehmen
stehen in einmaligen oder regelmäßigen Lieferbeziehungen zu den Endherstellern
oder deren Zulieferern und erwirtschaften dort mindestens 30 % ihres
Umsatzes (vgl. Tabelle 1).
14

Tabelle 1: Definitionsraum Automobilzulieferer, Abgrenzung für die Untersuchung
Dimension
Verhältnis Zulieferprodukt
– Endprodukt
Verarbeitungsgrad
der Produkte
Regelmäßigkeit der
Lieferbeziehungen
Stand in der Wertschöpfungskette
Zulieferanteils am
Gesamtumsatz
Quelle: Eigene Darstellung.
Mögliche Skalierungen
Alle Produkte, ein-
Alle Produkte, ausschließlich Nur Produkte, die im
schließlich Dienstleistungen
Weiterverarbeitung
Montagewerk zulässig
Alle Lieferbeziehungen, auch
einmalige oder unregelmäßige
Direkte und indirekte Zulieferer
Anteil von
Anteil über 0%
30%
Dienstleitungen („indirekte und Auto montiert werden
direkte Güter“)
(„direkte Güter“)
im Weiterverarbeitung
im
Montagewerk ausgeschlossen
Nur regelmäßige und wieder-kehrende Lieferbeziehungen
Nur direkte Zulieferer
100% Zulieferanteil
Diese Abgrenzung wurde im weiteren Verlauf der Untersuchung verwendet, um in dem genutzten
Datensatz diejenigen Betriebe zu identifizieren, die zur Automobilzulieferindustrie
gezählt werden können. Dies wird nachstehend erläutert.
3.2 Datenbasis und empirisches Vorgehen
Aufgrund dessen, dass für die vorliegende Analyse kein Datensatz zur Verfügung stand, der
originär Angaben über die Organisationsstrukturen der Automobilzulieferindustrie enthält,
wurde die empirische Untersuchung der zentralen Fragestellung auf Grundlage der Daten
des NIFA-Panels vorgenommen. Das NIFA-Panel wurde im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs
187 mit dem Titel „Neue Informationstechnologien und Flexible Arbeitssysteme
(NIFA)“ von 1991 bis 1998 an der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt.
Während dieses Zeitraums wurden alle deutschen Maschinenbaubetriebe mit mehr als 20
Mitarbeitern jährlich zu den thematischen Schwerpunkten Produktions- und Fertigungstechnik,
Arbeitsorganisation, Gruppenarbeit, Betriebsorganisation und betriebliche Umweltbeziehungen
befragt (vgl. WIDMAIER 2000). Ausgehend von der vorgenommenen Abgrenzung
des Untersuchungsgegenstandes wurden für die nachstehenden Untersuchungen diejenigen
Maschinenbaubetriebe ausgewählt, die als Automobilzulieferer charakterisiert werden
können. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die drei zentrale Merkmale gemeinsam
erfüllen:
15

(1) mindestens 30 Prozent Umsatz mit dem Fahrzeugbau
(2) Charakterisierung als Module/Baugruppen- oder Einzelteilehersteller und
(3) mindestens 30 Prozent Großserien- oder Massenfertigung.
Das erste Merkmal bezeichnet gemäß der oben erläuterten Definition den Mindestanteil des
Gesamtumsatzes eines Unternehmens, der mit der Automobilindustrie erzielt werden muss,
damit es für die vorliegende Untersuchung als „direkter“ oder „indirekter“ Automobilzulieferer
gilt (vgl. Tabelle 1). Die beiden anderen Merkmale dienen dazu, nur die Betriebe zu
erfassen, deren Produkte im Auto montiert werden und die somit nach der im zweiten
Kapitel vorgestellten Unterscheidung zu den „Komponentenzulieferern“ oder „Teilezulieferern“
zählen. Die ausgewählten Betriebe stellen Produkte her, die in den Montagewerken
weiterverarbeitet werden können und verfügen entweder über einmalige,
sporadische oder regelmäßige Lieferbeziehungen zu den Abnehmerunternehmen.
Die Identifizierung der Automobilzulieferbetriebe im NIFA-Panel wurde jedoch durch den
Umstand erschwert, dass die Information über den Umsatzanteil mit dem Fahrzeugbau nur
einmalig im Jahr 1995 erfragt wurde. Für die Längsschnittuntersuchungen konnten daher nur
die Betriebe in die Auswahl kommen, für die die Information aus der fünften Befragungswelle
vorlag. Daher sind die Fallzahlen für die Jahre 1993, 1994, 1996 und 1997 kleiner als die
Fallzahl in 1995 (vgl. Tabelle 2).
Tabelle 2:
Fallzahlen der Automobilzulieferbetriebe für den Untersuchungszeitraum
1993 - 1997
1993 1994 1995 1996 1997
28 50 64 48 37
Quelle: Eigene Darstellung.
Auf Basis dieser Fallzahlen wird in der vorliegenden empirischen Analyse versucht, durch die
Untersuchung der internen und externen Organisationsstrukturen einen Beitrag zur
Beantwortung der Frage zu leisten, ob sich das Verhältnis zwischen Herstellern und
Zulieferern bisher eher in Richtung höherer Abhängigkeit der Zulieferbetriebe oder in
Richtung Kooperations- und Netzwerkstrukturen verändert hat. Dabei bildet die Frage, ob
ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zur Automobilzulieferbranche und
technischen bzw. organisatorischen Innovationen besteht, den Ausgangspunkt für die Analyse
der internen Organisationsstrukturen.
16

Die Untersuchung der externen Organisationsstrukturen ist vor allem auf die Frage gerichtet,
in welcher Weise sich die zwischenbetriebliche Arbeitsteilung der
Automobilzulieferer im Zeitverlauf von 1993 bis 1997 verändert hat. Diesen Fragestellungen
wird im Folgenden anhand eines Vergleichs der Entwicklungen in der Automobilindustrie mit
denen des gesamten Maschinenbaus nachgegangen. Die Ergebnisse dieser Analyse werden
deskriptiv dargestellt.
4 Empirische Ergebnisse
Für die Charakterisierung der Automobilzulieferbetriebe ist zunächst von Bedeutung, ob sie
sich im Hinblick auf strukturelle Merkmale von denen des gesamten Maschinenbaus unterscheiden.
Dies wird nachstehend exemplarisch anhand eines Vergleichs der Betriebsgrößenstruktur
des deutschen Maschinenbaus und der Automobilzulieferer untersucht. 5
4.1 Betriebsgrößenstruktur
Das allgemeine Bild des deutschen Maschinenbaus wird immer noch bestimmt durch die
klein- und mittelbetriebliche Struktur der Branche (vgl. Tabelle 3). Im untersuchten Zeitraum
von 1993 bis 1997 sind die meisten Maschinenbaubetriebe in den Größenklassen bis zu
50 Mitarbeitern und 50 bis 99 Mitarbeiter zu finden. Nur ein geringer Teil der
Maschinenbaubetriebe weist hingegen 500 und mehr Mitarbeiter auf. Im Zeitverlauf ist die
Betriebsgrößenstruktur des Maschinenbaus auf der Aggregatebene der einzelnen Klassen
weitgehend von Stabilität gekennzeichnet. 6 Lediglich der Anteil der Großbetriebe mit
mindestens 500 Mitarbeitern entwickelt sich bis zum Jahr 1996 rückläufig und bleibt erst im
darauf folgenden Jahr 1997 stabil.
5
Die Daten des NIFA-Panels stellen weitaus mehr Informationen über die strukturellen Merkmale der
befragten Betriebe zur Verfügung. Diese können jedoch in der vorliegenden Auswertung aus zwei Gründen
nicht weiter untersucht werden: zum einen dienen die Informationen über den Herstellertyp und die
Fertigungsarten zur Abgrenzung der untersuchten Automobilzulieferer und fallen daher aus der Analyse heraus.
Zum anderen sind die Fallzahlen für einige Auswertungen (z.B. Organisationsformen der Fertigung) zu klein, um
sinnvolle Ergebnisse zu ermöglichen.
6
Dies schließt jedoch nicht aus, dass im untersuchten Zeitraum auf der Ebene von einzelnen Unternehmen
umfassende Veränderungen der Betriebsgröße stattgefunden haben.
17

Tabelle 3: Anzahl der Maschinenbaubetriebe 1993-1997 nach Betriebsgröße
Mitarbeiterzahl 1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
Bis 50 673 40,7 778 41,9 687 41,5 741 43,6 720 42,3
50 bis 99 374 22,6 419 22,5 373 22,5 419 24,6 447 26,3
100 bis 199 280 16,9 313 16,8 303 18,3 364 15,5 261 15,3
200 bis 499 211 12,7 233 12,5 211 12,7 199 11,7 196 11,5
500 und mehr 117 7,1 116 6,2 82 5,0 77 4,5 77 4,5
Gesamt 1.655 100,0 1.859 100,0 1.656 100,0 1.700 100,0 1.701 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Bei den Automobilzulieferern zeigt sich ein vergleichbares Bild: Der überwiegende Teil der
Unternehmen sind Kleinstbetriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern bzw. Kleinbetriebe mit bis zu
99 Mitarbeitern (vgl. Tabelle 4). Auch die Besetzung der anderen Größenklassen fällt in
ähnlicher Weise aus wie im Maschinenbau, nur bei den Großbetrieben mit 500 Mitarbeitern
und mehr ist der Anteil in allen Jahren höher. Da somit die Untersuchungsgruppe der
Automobilzulieferer und die Vergleichsgruppe der gesamten Maschinenbaubetriebe im
Hinblick auf die Betriebsgröße weitestgehend gleich strukturiert sind, wird in der
vorliegenden Analyse angenommen, dass Abweichungen zwischen den beiden Gruppen nicht
durch unterschiedliche Betriebsgrößen in den untersuchten Samples zustande kommen.
Tabelle 4: Anzahl der Automobilzulieferbetriebe 1993 - 1997 nach Betriebsgröße
Mitarbeiterzahl 1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
Bis 50 12 42,9 22 44,0 26 40,6 22 45,8 16 43,2
50 bis 99 6 21,4 13 26,0 17 26,6 11 22,9 11 29,7
100 bis 199 4 14,3 6 12,0 8 12,5 6 12,5 2 5,4
200 bis 499 3 10,7 5 10,0 6 9,4 4 8,3 2 5,4
500 und mehr 3 10,7 4 8,0 7 10,9 5 10,4 6 16,2
Gesamt 28 100,0 50 100,0 64 100,0 48 100,0 37 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
18

4.2 Interne Organisationsstrukturen
Vor dem Hintergrund der skizzierten Entwicklungen in der Automobilzuliefererbranche (vgl.
Kapitel 2 und 3) wurde in dem vorliegenden Papier zuerst der Frage nachgegangen, ob ein
Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zur Automobilzuliefererbranche und organisatorischen
Innovationen besteht. Für die empirische Untersuchung dieser Fragestellung
wurden folgende Merkmale und Konstrukte analysiert: die Marktfeldstrategien, die Produktinnovationen,
der Anteil der Kundenspezifikation, die Anzahl der Stammkunden und die
Umsatzanteile mit Stammkunden, Outsourcing, Insourcing, Anteile der Gruppenarbeit und
Gestaltungsniveaus der Gruppenarbeit in der Fertigung.
4.2.1 Marktfeldstrategien
Um zu erheben, wie sich deutsche Maschinenbaubetriebe auf die Herausforderungen des
Marktes einstellen, wurden die Befragten im NIFA-Panel gebeten, vier Wettbewerbsstrategien
in eine Rangfolge von eins (wichtigste Strategie) bis vier (viertwichtigste Strategie)
zu bringen (vgl. Tabelle 5).
Tabelle 5: Erfragte Wettbewerbsstrategien im NIFA-Panel
Derzeitige Märkte
Derzeitige Produkte
Strategie der Intensivierung der
Vertriebsaktivitäten
(Marktdurchdringung)
Weiterentwickelte bzw. neue Produkte
(Produktentwicklung)
Strategie der Produktplanung
Quelle: Eigene Darstellung.
Angrenzende bzw. neue Märkte
Strategie der Markterweiterung
(Markterschließung)
Strategie der Diversifikation
Unter Verwendung des Konzepts der Marktfeldstrategien von Ansoff (vgl. KLEINALTENKAMP
2000) wird im Folgenden für die Strategie der Intensivierung der Vertriebsaktivitäten der
Begriff „Marktdurchdringung“, für die Strategie der Produktplanung der Begriff „Produktentwicklung“
und für die Strategie der Markterweiterung der Begriff „Markterschließung“
verwendet. Da die Frage nach den Marktfeldstrategien im Jahr 1996 nicht gestellt wurde und
im Jahr 1993 zu viele Missings aufweist, erfolgte die Auswertung für die Jahre 1994, 1995 und
1997.
19

Die in Tabelle 6 ausgewiesenen Werte verdeutlichen, dass die Maschinenbaubetriebe die
Marktdurchdringung als wichtigste Strategie beurteilen, um den Herausforderungen des
Marktes gerecht zu werden. An zweiter Stelle folgt die Produktentwicklung, auf dem dritten
Platz liegt die Markterschließung, und Diversifikation wird nur von fünf bis sechs Prozent der
Betriebe als wichtigste Marktfeldstrategie genannt.
Im Vergleich zur gesamten Maschinenbaubranche weisen die Automobilzulieferer andere
Anteilswerte bei der Einschätzung der Wettbewerbsstrategien auf (vgl.Tabelle 7). Zwar wird
auch von ihnen die Marktdurchdringung am häufigsten und die Diversifikation am seltensten
als wichtigste Strategie genannt. Im Unterschied zu den Maschinenbaubetrieben steht jedoch
bei den untersuchten Automobilzulieferern die Markterschließung an zweiter und die
Produktentwicklung an dritter Stelle. Zudem sind die Anteile in den drei Jahren weniger
stabil als in der gesamten Maschinenbaubranche. Auffällig ist der Rückgang des Anteils der
Marktdurchdringung als wichtigste Strategie im Jahr 1995 und der Anstieg der Nennungen
bei der Markterschließung im gleichen Jahr. Dies könnte als Hinweise auf eine stärkere
Erschließung neuer Märkte durch die Automobilzulieferer gedeutet werden.
Tabelle 6: Marktfeldstrategien der Maschinenbaubetriebe 1994, 1995 und 1997 7
Marktfeldstrategien 1994 1995 1997
N % N % N %
Marktdurchdringung 837 46,5 758 46,6 711 43,6
Produktentwicklung 451 25,1 408 25,1 435 26,7
Markterschließung 422 23,4 384 23,6 394 24,2
Diversifikation 90 5,0 75 4,6 91 5,6
Gesamt 1.800 100,0 1.625 100,0 1.631 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
7
In Tabelle 6 und Tabelle 7 sind jeweils die Anteile der Betriebe ausgewiesen, die die jeweilige Strategie als die
wichtigste eingeschätzt haben.
20

Tabelle 7: Marktfeldstrategien der Automobilzuliefererbetriebe 1994, 1995 und 1997
Marktfeldstrategien 1994 1995 1997
N % N % N %
Marktdurchdringung 25 52,1 22 35,5 13 36,1
Produktentwicklung 9 18,8 16 25,8 10 27,8
Markterschließung 10 20,8 21 33,9 11 30,6
Diversifikation 4 8,3 3 4,8 2 5,6
Gesamt 48 100,0 62 100,0 36 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
4.2.2 Produktinnovation
Die Frage nach dem Stellenwert der Produktinnovation in Maschinenbaubetrieben gehörte
im NIFA-Panel seit Anbeginn zum Panelkern. Allerdings hat sich im Jahr 1994 die Frageformulierung
etwas verändert. Bis dahin lautete die Frage: „Hat Ihr Betrieb in den letzten
drei Jahren Produkte, die vorher nicht Bestandteil Ihres Produktionsprogramms waren, auf
den Markt gebracht?" und die Antwortenden konnten nach neuen „am Markt bereits
existierenden Produkten“, neuen „Weiterentwicklungen bestehender eigener Produkte“ und
„Neuentwicklungen eigener Produkte“ unterscheiden. Seit der 4. Welle wurde danach
gefragt, ob der Betrieb im letzten Jahr neue Produkte auf den Markt gebracht hat und ob sie
für den Betrieb und/oder den Markt neu sind. Für die Innovationsentwicklung wird daher nur
der Zeitraum von 1994 bis 1997 betrachtet.
Im Zeitverlauf von 1994 bis 1997 wird deutlich, dass der überwiegende Teil der Maschinenbaubetriebe
innoviert: Nur rund 30 Prozent aller Maschinenbaubetriebe weisen keine
Produktinnovationen auf (vgl. Tabelle 8). Die Anteile der Betriebe, die neue Produkte für
den Markt oder neue Produkte für den Betrieb entwickeln sind ungefähr gleich hoch und
liegen im Zeitverlauf zwischen 24 und 29 Prozent. Hingegen fällt der Anteil der Betriebe, die
Produkte entwickelt haben, die sowohl für den Betrieb als auch für den Markt neu sind,
deutlich geringer aus. Ob ein Betrieb innovativ ist, d.h. neue Produkte entwickelt und auf den
Markt bringt, hängt wesentlich von den Ressourcen ab, die ihm zur Verfügung stehen. Die
Möglichkeit Produkte zu entwickeln, die sowohl für den Betrieb als auch für den Markt neu
sind, steht insbesondere größeren und Großbetrieben zur Verfügung und ist somit für einen
großen Teil der deutschen Maschinenbaubranche nicht zu realisieren.
21

Tabelle 8: Produktinnovationen der Maschinenbaubetriebe 1994 - 1997
1994 1995 1996 1997
N % N % N % N %
Keine Produktinnovation
518 27,8 511 30,9 544 32,0 482 28,2
Produktinnovation 546 29,3 427 25,8 494 29,1 484 28,3
(Markt)
Produktinnovation 498 16,2 475 14,5 409 14,9 448 17,3
(Beide)
Produktinnovation 302 26,7 240 28,7 253 24,1 295 26,2
(Betrieb)
Gesamt 1.864 100 1.653 100 1.700 100 1.709 100
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Im Vergleich zu der gesamten Branche des Maschinenbaus fällt bei den Automobilzulieferern
der Anteil der Betriebe ohne Produktinnovationen in allen Jahren höher aus (vgl. Tabelle 9).
Zudem entwickeln sie seltener Produkte, die für den Markt neu sind und häufiger Produkte,
die für den Betrieb neu sind als andere Maschinenbaubetriebe. Dies könnte ein Indiz dafür
sein, dass Innovationen von Automobilzulieferern im Vergleich zur gesamten Maschinenbaubranche
zu einem größeren Anteil durch die Kunden initiiert werden.
Tabelle 9: Produktinnovationen der Automobilzuliefererbetriebe 1994 - 1997
1994 1995 1996 1997
N % N % N % N %
Keine Produktinnovation
19 38,0 19 29,7 20 42,6 11 30,6
Produktinnovation 6 12,0 13 20,3 9 19,1 7 19,4
(Markt)
Produktinnovation 7 14,0 6 9,4 5 10,6 4 11,1
(Beide)
Produktinnovation 18 36,0 26 40,6 13 27,7 14 38,9
(Betrieb)
Gesamt 50 100,0 64 100,0 48 100,0 36 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
22

4.2.3 Anteil der Erzeugnisse nach Kundenspezifikation und Kundenbestellung
Der Anteil der Erzeugnisse nach Kundenspezifikation und Kundenbestellung ist ein Indikator
dafür, in welchem Ausmaß die Produktion der Maschinenbau- und Zulieferbetriebe durch die
Kunden beeinflusst wird und wie eng die Bindung der Betriebe an ihre Abnehmer ist.
Die hohen Anteile in der Gruppe der Betriebe, die mehr als 50 % ihrer Erzeugnisse nach
Kundenspezifikation und -bestellung produziert, bestätigen den traditionellen Charakter des
deutschen Maschinenbaus, der durch den klein- und mittelständischen Betrieb, der hauptsächlich
in kleinen Serien nach speziellen Kundenanforderungen seine Produkte fertigt,
bestimmt wird (vgl. Tabelle 10). Zudem zeigt sich im Zeitverlauf, dass der Anteil der
Betriebe mit mehr als 50 % Erzeugnissen nach Kundenspezifikation und Kundenbestellung im
Zeitverlauf kontinuierlich gestiegen ist.
Tabelle 10: Anteil der Erzeugnisse der Maschinenbaubetriebe nach Kundenspezifikation
und Kundenbestellung 1993 - 1997
1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
kein Anteil 134 8,2 210 11,3 176 10,6 145 8,6 149 8,7
1 bis 50 Prozent 638 39,2 656 35,4 594 35,8 589 34,9 571 33,4
mehr als 50% 856 52,6 989 53,3 889 53,6 952 56,5 988 57,8
Gesamt 1.628 100,0 1.855 100,0 1.659 100,0 1.686 100,0 1.708 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Bei den Automobilzulieferbetrieben hingegen ist die Entwicklung des Anteils der Betriebe
mit mehr als 50 % Erzeugnissen nach Kundenspezifikation und Kundenbestellung im Zeitverlauf
weniger stabil als in der Gesamtbranche (vgl. Tabelle 11). Allerdings zeigt sich, dass
der Anteil der Betriebe mit mehr als 50 % Erzeugnissen nach Kundenspezifikation in jedem
Jahr höher ist als in den anderen Maschinenbaubetrieben. Die untersuchten Automobilzulieferbetriebe
weisen folglich eine engere Bindung an ihre Abnehmer auf und fertigen
häufiger Produkte nach Kundenvorgaben als die Vergleichsgruppe. Dies wird durch die
folgenden empirischen Ergebnisse gestützt.
23

Tabelle 11: Anteil der Erzeugnisse der Automobilzuliefererbetriebe nach Kundenspezifikation
und Kundenbestellung 1993 - 1997
1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
kein Anteil 2 7,4 3 6,1 3 4,7 1 2,1 2 5,4
1 bis 50 Prozent 9 33,3 16 32,7 24 37,5 13 27,1 13 35,1
mehr als 50% 16 59,3 30 61,2 37 57,8 34 70,8 22 59,5
Gesamt 27 100,0 49 100,0 64 100,0 48 100,0 37 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
4.2.4 Anzahl der Stammkunden und Umsatzanteile mit Stammkunden
Die Bedeutung der Stammkunden ist ein weiterer Indikator, der in dem vorliegenden Papier
herangezogen wird, um die Bindung von Automobilzulieferern an ihre Abnehmer zu untersuchen.
Indem Kunden wiederholt Produkte von einem Betrieb beziehen, kann aus dieser
kontinuierlichen Zusammenarbeit die Möglichkeit für individuell abgesprochene Produktionsund
Lieferbedingungen entstehen, die nicht zwangsläufig eine einseitige Abhängigkeit des
Automobilzulieferbetriebs vom Kunden zur Folge haben müssen, sondern auch eine enge
Bindung des Kunden an den Betrieb bewirken können.
Die Fragen, wie viele Stammkunden die Maschinenbaubetriebe haben und wie hoch die
Umsatzanteile mit den Stammkunden sind, wurden im NIFA-Panel erst ab 1996 gestellt,
wobei sich die Fragen jeweils auf das Vorjahr bezogen. Die Auswertung richtet sich daher
lediglich auf die beiden Jahre 1995 und 1996.
Tabelle 12 verdeutlicht, dass fast die Hälfte der Betriebe des deutschen Maschinenbaus
Geschäftsbeziehungen mit unter 50 Stammkunden unterhält. Hingegen weisen deutlich mehr
als die Hälfte der Automobilzulieferer nur bis zu 50 Stammkunden auf (vgl.Tabelle 13). Dies
deutet darauf hin, dass Automobilzulieferer häufiger nur wenige Stammkunden haben und
daher auf den einzelnen Stammkunden stärker angewiesen sind als die anderen Maschinenbaubetriebe.
Diese Vermutung wird durch die in Tabelle 15 ausgewiesenen Umsatzanteile der Automobilzulieferer
mit Stammkunden gestützt: In den Jahren 1995 und 1996 haben rund 97 bzw.
98 Prozent der Automobilzulieferer mehr als 50 Prozent ihres Umsatzes mit Stammkunden
erzielt. Demgegenüber haben rund 80 bzw. 81 Prozent der Maschinenbaubetriebe über
24

50 Prozent ihres Umsatzes mit Stammkunden realisiert (vgl. Tabelle 14). Angesichts der
relativ kleinen Anzahl von Stammkunden und ihrer gleichzeitig großen Bedeutung für den
Umsatz der Automobilzulieferer, kann für die Zulieferbetriebe vermutet werden, dass die
enge Bindung zu ihren Kunden eher eine einseitige Abhängigkeit der Zulieferer von den
wenigen Endherstellern zur Folge haben kann.
Tabelle 12: Anzahl der Stammkunden der Maschinenbaubetriebe 1995 und 1996
Anzahl der Stammkunden 1995 1996
N % N %
unter 50 804 49,2 796 48,9
50 bis 99 205 12,6 231 14,2
100 bis 349 347 21,2 347 21,3
350 und mehr 277 17,0 253 15,6
Gesamt 1.633 100,0 1.627 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Tabelle 13: Anzahl der Stammkunden der Automobilzulieferbetriebe 1995 und 1996
Anzahl der Stammkunden 1995 1996
N % N %
unter 50 31 64,6 21 61,8
50 bis 99 3 6,3 3 8,8
100 bis 349 7 14,6 7 20,6
350 und mehr 7 14,6 3 8,8
Gesamt 48 100,0 34 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Tabelle 14: Umsatzanteile der Maschinenbaubetriebe mit Stammkunden 1995 und 1996
1995 1996
N % N %
Kein Anteil 17 1,0 13 0,8
1 bis 50 Prozent 313 19,2 295 17,9
Mehr als 50% 1303 79,8 1343 81,3
Gesamt 1633 100,0 1.651 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
25

Tabelle 15: Umsatzanteile der Automobilzuliefererbetriebe mit Stammkunden
1995 und 1996
1995 1996
N % N %
Kein Anteil 0 0,0 0 0,0
1 bis 50 Prozent 1 2,1 1 2,9
Mehr als 50% 47 97,9 34 97,1
Gesamt 48 100,0 35 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
4.2.5 Outsourcing
Seit 1995 wurden die Maschinenbaubetriebe im NIFA-Panel gefragt, ob sie im Vorjahr Fertigungsaufträge
nach außen vergeben haben, die bislang im eigenen Betrieb selbst durchgeführt
worden sind.
Für die Jahre 1994 bis 1996 zeigt sich auf Basis der NIFA-Daten, dass über die Hälfte der
deutschen Maschinenbaubetriebe Fertigungsaufträge nach außen verlagert hat (vgl. Tabelle
16). Zudem kann beobachtet werden, dass die Anteile in dem untersuchten Drei-Jahres-
Zeitraum weitgehend stabil bleiben.
Tabelle 16: Anteil der ausgelagerten Fertigungsaufträge von Maschinenbaubetrieben
1994 - 1996
Outsourcing 1994 1995 1996
N % N % N %
Nein 635 38,7 635 37,8 617 36,4
Ja 1.005 61,3 1.043 62,2 1.076 63,6
Gesamt 1.640 100,0 1.678 100,0 1.693 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Tabelle 17: Anteil der ausgelagerten Fertigungsaufträge von Automobilzulieferbetrieben
1994 - 1996
Outsourcing 1994 1995 1996
N % N % N %
Nein 35 54,7 24 50,0 19 51,4
Ja 29 45,3 24 50,0 18 48,6
Gesamt 64 100,0 48 100,0 37 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
26

Bei den Automobilzulieferern hingegen fällt der Anteil der ausgelagerten Fertigungsaufträge
in allen drei Jahren geringer aus als in der gesamten Branche des deutschen Maschinenbaus
(vgl. Tabelle 17). Der Eigenfertigungsanteil ist somit in den Automobilzulieferbetrieben im
untersuchten Zeitraum höher als in den anderen Betrieben des Maschinenbaus.
Diejenigen Betriebe, die angegeben haben, Fertigungsaufträge nach außen verlagert zu haben,
wurden im NIFA-Panel zudem nach den Gründen für die Fremdvergabe gefragt. Die Automobilzulieferer
nannten als Hauptgründe für die Auslagerung die Überschreitung der Eigenfertigungskapazität,
technische oder organisatorische Veränderungen sowie eine Beschränkung
auf Kernkompetenzen. Kapazitätsengpässe nehmen dabei eine dominierende
Stellung ein. Dies verdeutlicht ein eher pragmatisches als strategisches Verhalten der Automobilzulieferer.
Technische oder organisatorische Veränderungen und die Konzentration auf
Kernkompetenzen als Vergabegründe sind dagegen Indiz für die strategische Entscheidung,
die Strukturen in der Fertigung neuen Erfordernissen anzupassen.
4.2.6 Insourcing
Ebenfalls ab der fünften Befragungswelle wurde im NIFA-Panel erhoben, ob die Maschinenbaubetriebe
Fertigungsaufträge, die nach außen vergeben waren, wieder in Ihren Betrieb
verlagert haben.
Tabellle 18 verdeutlicht für die drei untersuchten Jahre einen weitgehend stabilen Anteil von
rund 20 Prozent der Maschinenbaubetriebe, die vormals outgesourcte Aufgaben wieder in
ihrem eigenen Betrieb durchführen. Die Automobilzulieferer hingegen haben während des
Zeitraums von 1994 bis 1996 einen Anstieg der wieder eingelagerten Fertigungsaufträge zu
verzeichnen (vgl. Tabelle 19)
Als Gründe für das vorgenommene Insourcing nannten die untersuchten Zulieferunternehmen
insbesondere, dass die Eigenfertigungskapazität nicht ausgelastet war und dass die
notwendigen Teile im Betrieb in höherer Qualität als bislang benötigt wurden. Dabei hat im
Vergleich der Jahre 1994 und 1996 eine Verschiebung der Bedeutung der beiden wichtigsten
Insourcing-Gründe stattgefunden: Während 1994 die fehlende Kapazitätsauslastung am
häufigsten als Grund für die Wiedereinlagerung genannt wurde, wiesen 1996 die gestiegenen
Qualitätsanforderungen die häufigsten Nennungen auf.
27

Somit kann vermutet werden, dass der gewachsene Anteil der wieder eingelagerten Aufträge
in dem Drei-Jahres-Zeitraum insbesondere Ausdruck einer Strategie der Automobilzulieferer
ist, den Qualitätsanforderungen ihrer Abnehmer gerecht zu werden. Zudem
spiegelt sich an dieser Stelle die Integration von Outsourcing-Aktivitäten der Endhersteller in
die Produktionsabläufe der Zulieferer wider.
Tabelle 18: Anteil der wieder eingelagerten Fertigungsaufträge von Maschinenbaubetrieben
1994 - 1996
Insourcing 1994 1995 1996
N % N % N %
Nein 1.36 80,8 1.339 79,7 1.340 79,5
Ja 312 19,2 342 20,3 346 20,5
Gesamt 1.628 100,0 1.681 100,0 1.686 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Tabelle 1:
Anteil der wieder eingelagerten Fertigungsaufträge von Automobilzuliefer
betrieben 1994-1996
Insourcing 1994 1995 1996
N % N % N %
Nein 53 82,8 38 80,9 28 75,7
Ja 11 17,2 9 19,1 9 24,3
Gesamt 64 100,0 47 100,0 37 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
4.2.7 Gruppenarbeit in der Fertigung und ihre Gestaltungsniveaus
Im NIFA-Panel wurden die Maschinenbaubetriebe seit der zweiten Erhebungswelle 1992
gebeten, Angaben darüber zu machen, ob sie in der Fertigung Arbeitsgruppen besitzen und
welche Funktionen und Gestaltungselemente diese aufweisen. Die Ergebnisse des NIFA-
Panels zeigen, dass die quantitative Bedeutung der Arbeitsgruppen in der Fertigung im
Zeitverlauf von 1993 bis 1997 zugenommen hat: Im Jahr 1993 gaben nur rund 41 Prozent
der befragten Maschinenbaubetriebe an, über Arbeitsgruppen in der Fertigung zu verfügen –
im Jahr 1997 wiesen hingegen rund 45 Prozent der Betriebe gruppenorientierte Formen der
Fertigung auf (vgl. Tabelle 20).
28

Tabelle 20: Anteile der Maschinebaubetriebe mit Arbeitsgruppen in der Fertigung
1993 - 1997
Arbeitsgruppen 1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
Nein 783 48,6 824 45,1 752 46,2 821 47,5 726 43,5
Ja 653 40,6 757 41,4 666 40,9 743 43,0 757 45,3
In Planung 174 10,8 246 13,5 209 12,8 163 9,4 187 11,2
Gesamt 1.610 100,0 1.827 100,0 1.627 100,0 1.727 100,0 1.670 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Die Automobilzulieferer haben im untersuchten Zeitraum ein deutlich niedrigeres Ausgangsniveau
bei den Arbeitsgruppen in der Fertigung zu verzeichnen als die Gesamtbranche des
Maschinenbaus (vgl. Tabelle 21). Im Zeitverlauf zeigt sich ein wechselhafter Verlauf des
Anteils der Betriebe mit Arbeitsgruppen in der Fertigung: Während er in den Jahren 1994
und 1995 im Vergleich zu dem jeweiligen Vorjahr zunehmend ist, geht er in den beiden
darauf folgenden Jahren zurück. Ab dem Jahr 1995 fallen jedoch die Anteile der
Automobilzulieferbetriebe mit Arbeitsgruppen in der Fertigung immer höher aus als in der
gesamten Branche.
Tabelle 21: Anteile der Automobilzulieferbetriebe mit Arbeitsgruppen in der Fertigung
1993 - 1997
Arbeitsgruppen 1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
Nein 14 50,0 19 38,0 18 28,1 17 35,4 15 41,7
Ja 9 32,1 21 42,0 34 53,1 25 52,1 17 47,2
In Planung 5 17,9 10 20,0 12 18,8 6 12,5 4 11,1
Gesamt 28 100,0 50 100,0 64 100,0 48 100,0 36 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Neben ihrer quantitativen Verbreitung wird der Stellenwert der Gruppenarbeit in den
Maschinenbau- und Automobilzulieferbetrieben auch von ihrer qualitativen Umsetzung und
Gestaltung bestimmt. Um unterschiedliche Gestaltungsniveaus im Maschinenbau erfassen zu
können, wurden die Betriebe im NIFA-Panel gefragt, welche der folgenden acht Merkmale
für ihre Arbeitsgruppen in der Fertigung eher zutreffen oder eher nicht zutreffen:
29

(1) zum Aufgabenspektrum der Arbeitsgruppen gehören direkt-produktive Tätigkeiten mit
Bearbeitungsmaschinen
(2) die Gruppen haben eine Größe von mindestens 3 und höchstens 15 Mitarbeitern
(3) der Großteil der Mitarbeiter ist der jeweiligen Arbeitsgruppe dauerhaft zugeordnet
(4) in das Aufgabenspektrum der Gruppe sind indirekt-produktive Tätigkeiten, z.B. Qualitätssicherung
oder Instandhaltung, integriert
(5) Mitarbeiter in den Gruppen übernehmen auch dispositive Aufgaben, z.B. -
Fertigungsfeinplanung oder Arbeitsverteilung
(6) in den Arbeitgruppen finden Aufgabenwechsel („job rotation“) statt
(7) innerhalb der Arbeitsgruppen existiert kein fester Vorgesetzter
(8) in den Gruppen wird ein homogenes Qualifikationsniveau der Gruppenmitglieder
ermöglicht
Dabei orientiert sich die hier gewählte Reihenfolge der Items (die der Reihenfolge in den
NIFA-Fragebögen nicht ganz entspricht) an dem unterschiedlichen Niveau von Gruppenarbeit,
das durch Ein- oder Ausschluss der jeweiligen Merkmale voneinander abgegrenzt
werden kann.
Zunächst können durch das erste Merkmal die Arbeitsgruppen mit direkt-produktiven
Tätigkeiten an Bearbeitungsmaschinen von den temporären Arbeitsgruppen im indirektproduktiven
Bereich unterschieden werden. Darüber hinaus können über die Struktur und
Funktion dieser Arbeitsgruppen jedoch keine weiteren Aussagen getroffen werden.
Die Gruppen, für die nur die ersten drei Merkmale kennzeichnend sind, können als funktionale
Gruppen bezeichnet werden, die jedoch nicht zwangsläufig dezentral organisiert sein
müssen, sondern durchaus auch hierarchisch geführt sein können (SAURWEIN 1996: 100).
Demgegenüber können Arbeitsgruppen, die die ersten fünf Ausprägungen aufweisen, als
teilautonome Arbeitsgruppen charakterisiert werden. In diesen Fällen werden dauerhaften
Gruppen im direkt-produktiven Bereich an Bearbeitungsmaschinen mit der „optimalen
Größe“ von 3 bis 15 Mitarbeitern (AWF 1990: 24) auch indirekt-produktive Tätigkeiten und
dispositive Aufgaben übertragen, durch die sie innerhalb der Arbeitsorganisation eine Teilautonomie
erhalten, die zur Optimierung der Bearbeitungsreihenfolge und des Personaleinsatzes
genutzt werden soll. Dabei ist der Status der Teilautonomie der Arbeitsgruppen
30

unabhängig davon, ob die Entscheidungen in der Gruppe von allen Mitgliedern gleichberechtigt
oder vom Meister hierarchisch getroffen werden.
Entsprechend der Definition von qualifizierter Gruppenarbeit nach LUTZ (1988: 71) können
Arbeitsgruppen nur dann als qualifizierte Arbeitsgruppen aufgefasst werden, wenn innerhalb
der Gruppen zusätzlich zu der Erfüllung der ersten fünf Voraussetzungen Arbeitsplatzwechsel
praktiziert wird, kein fester Vorgesetzter existiert und von einer homogenen
Qualifikation der Gruppenmitglieder ausgegangen wird. Im NIFA-Panel weisen demnach nur
diejenigen Betriebe qualifizierte Gruppenarbeit auf, auf deren Arbeitsgruppen in der
Fertigung alle acht Merkmale zutreffen.
Auf Grundlage der NIFA-Ergebnisse zeigt sich anhand der Verteilung der unterschiedlichen
Gruppenarbeitsniveaus in den Maschinenbaubetrieben im Zeitverlauf auf allen Niveaustufen
zunächst die oben aufgezeigte Zuwachsrate von Arbeitsgruppen in der Fertigung des
Maschinenbaus (vgl. Tabelle 22). Allerdings zeigt sich auch ein diametraler Zusammenhang
zwischen dem Gestaltungsniveau der gruppenorientierten Fertigung und den Anteilen der
Betriebe: Je höher das Niveau, um so geringer ist der Anteil der Maschinenbaubetriebe, in
denen diese Form der Gruppenarbeit praktiziert wird.
Tabelle 22: Gestaltungsniveaus von Gruppenarbeit in der Fertigung der Maschinenbaubetriebe
(Anteile des jeweiligen Niveaus in Prozent) 1993 - 1997
Gruppenarbeit 1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
direkt-produktiv 453 27,3 518 27,6 472 28,2 533 30,9 579 33,6
Funktional 361 21,7 423 22,5 374 22,4 415 24,0 461 26,7
Teilautonom 117 7,0 146 7,8 131 7,8 161 9,3 175 10,2
Qualifiziert 16 1,0 36 1,9 35 2,1 38 2,2 53 3,1
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Die Verbreitung der unterschiedlichen Gestaltungsniveaus von Gruppenarbeit in der Fertigung
stellt sich bei den Automobilzulieferern anders dar als in der Gesamtbranche des
Maschinenbaus: Zum einen wird der oben aufgezeigte Rückgang der Arbeitsgruppen im Jahr
1996 auch auf den unterschiedlichen Niveaustufen abgebildet (vgl. Tabelle 23). Zum anderen
ist jedoch von Bedeutung, dass Automobilzulieferer ab dem Jahr 1994 höhere Anteile in allen
31

Gestaltungsvarianten von Gruppenarbeit aufweisen. Insbesondere sind die deutlich höheren
Anteile bei der teilautonomen Gruppenarbeit im Vergleich zu den anderen Betrieben des
Maschinenbaus von Interesse. Möglicherweise versprechen sich Automobilzulieferer durch
die Integration indirekt-produktiver (bspw. der Qualitätssicherung) und dispositiver Aufgaben
in die Gruppe eine effektivere Bewältigung der gestiegenen Anforderungen durch die
Abnehmer.
Tabelle 23: Gestaltungsniveaus von Gruppenarbeit in der Fertigung der Automobilzulieferbetriebe
(Anteile des jeweiligen Niveaus in Prozent) 1993 - 1997
Gruppenarbeit 1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
direkt-produktiv 8 28,6 19 38,0 31 48,4 20 41,7 16 43,2
Funktional 5 17,9 15 30,0 25 39,1 17 35,4 14 37,8
Teilautonom 2 7,1 9 18,0 14 21,9 9 18,8 5 13,5
Qualifiziert 1 3,6 4 8,0 5 7,8 2 4,2 2 5,4
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
4.3 Externe Organisationsstrukturen
Die Untersuchung der internen Organisationsstrukturen hat insbesondere anhand der Bedeutung
der Fertigung nach Kundenspezifikation, des Umsatzes mit Stammkunden und des
zunehmenden Anteils der Betriebe mit Insourcing-Aktivitäten bereits einige Indizien für eine
enge Bindung der Automobilzulieferer an ihre Abnehmer aufgezeigt. Nachstehend wurde
untersucht, ob sich dies in den Außendimensionen der Zulieferbetriebe widerspiegelt. Als
Indikatoren für den Grad und die Ausgestaltung der zwischenbetrieblichen Arbeitsteilung der
Automobilzulieferer wurden die Entwicklung der betrieblichen Kooperationen und Kooperationsfelder,
der Verlauf der langfristigen vertraglich gesicherten Lieferbeziehungen und der
Grad der Einbindung der Automobilzulieferer in Unternehmensnetzwerke analysiert.
4.3.1 Kooperationen und Kooperationsfelder
Kooperationen werden in der wissenschaftlichen Diskussion und betrieblichen Praxis insbesondere
vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Globalisierungs- und Internationalisierungstendenzen
und der steigendenden Notwendigkeit der Anpassung von Unternehmen
an komplexe weltweite Marktstrukturen und schnelllebige, qualitativ steigende Kundenanforderungen
thematisiert. Solche Marktbedingungen scheinen nicht mehr von einzelnen
32

Unternehmen (mit Ausnahme der global player) bewältigbar, sondern nur durch kompetenzintegrierende
Kooperationen verschiedener Unternehmen. Zudem werden Kooperationen
auf nationalen Märkten vor allem für kleine und mittlere Unternehmen als Strategie
gesehen, durch die Bündelung ihrer Kapazitäten ihre Ressourcenknappheit auszugleichen.
Im NIFA-Panel wurde das Kooperationsverhalten im Maschinenbau seit 1992 durch die Frage
erfasst, ob die Betriebe in bestimmten Aufgabenfeldern mit anderen Unternehmen außerhalb
eines Auftragsverhältnisses zusammenarbeiten. Bei der Interpretation der Ergebnisse wird im
folgenden der Begriff „Zusammenarbeit“ mit „Kooperation“ gleichgesetzt, wobei jedoch
nicht abgrenzbar ist, ob es sich um Kooperationen zwischen Zulieferern, Abnehmern bzw.
„Schwesterbetrieben“ 8 oder um horizontale Kooperationen handelt.
Tabelle 24 und Tabelle 25 veranschaulichen im Zeitverlauf zunächst einen zunehmenden
Anteil kooperierender Maschinenbau- bzw. Automobilzulieferbetriebe, gefolgt von einer
Stagnationsphase und einem deutlichen Einbruch im Jahr 1997. Angesichts der Tatsache, dass
der Anteil kooperierender Betriebe 1998 wiederum sichtbar gestiegen ist und über dem
Niveau der vorherigen Jahre lag (vgl. SCHUMANN 2000), ist zu vermuten, dass die rückläufige
Bedeutung der Kooperationen im Jahr 1997 zum einen im Zusammenhang mit Umstrukturierungsprozessen
infolge der konjunkturellen Entwicklungen gesehen werden kann. Der
geringere Anteil der Kooperationen im Jahr 1997 könnte dann in der Übernahme von
anderen Unternehmen und/oder in der Schließung von „Schwesterbetrieben“ begründet
liegen. Andererseits ist jedoch gerade angesichts der klein- und mittelbetrieblichen Struktur
des Maschinenbaus und der Automobilzulieferindustrie anzunehmen, dass eine große Anzahl
der Unternehmen in wirtschaftlichen Krisenzeiten nicht mehr über ausreichend Ressourcen
verfügt, um kooperieren zu können.
Tabelle 24: Kooperationen von Maschinenbaubetrieben 1993 - 1997
Kooperation 1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
Nein 1.024 62,0 1.121 59,9 991 59,8 1.018 59,3 1.112 65,6
Ja 628 38,0 749 40,1 667 40,2 698 40,7 584 34,4
Gesamt 1.652 100,0 1.870 100,0 1.658 100,0 1.716 100,0 1.696 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
33

Tabelle 25: Kooperationen von Automobilzulieferbetrieben 1993 - 1997
Kooperation 1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
Nein 16 57,1 30 60,0 33 51,6 24 51,1 25 67,6
Ja 12 42,9 20 40,0 31 48,4 23 48,9 12 32,4
Gesamt 28 100,0 50 100,0 64 100,0 47 100,0 37 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Als Kooperationsfelder wurden von den Maschinenbaubetrieben die Bereiche
Marketing/Vertrieb, Einkauf/Beschaffung, Forschung/Entwicklung und Weiterbildung angegeben.
Im Zeitverlauf von 1993 bis 1997 haben sich die Schwerpunkte der überbetrieblichen
Kooperationen der Maschinenbaubetriebe verlagert: Fanden bis zum Jahr 1995 überwiegend
Kooperationen im Bereich Marketing/Vertrieb statt, haben sie in den Bereichen
Forschung/Entwicklung und Weiterbildung seit 1996 stärker an Bedeutung gewonnen (vgl.
Tabelle 26). In beiden Aufgabenbereichen sind Kooperationen ein geeignetes Instrument, um
Ressourcen einzusparen und/oder zusätzlich zu erschließen. In dem Bereich Weiterbildung
weist die gestiegene Anzahl der Kooperationen vor allem eine Verbindung zu der in diesen
Jahren verstärkt vorgenommen ISO 9000-Zertifizierung auf. Diese machen Qualifizierungsmaßnahmen
erforderlich, deren Kosten durch Kooperationen gesenkt werden können.
Tabelle 26: Kooperationsfelder im Maschinenbau 1993 - 1997
(Anteile des jeweiligen Kooperationsfeldes in Prozent;
Basis: kooperierende Betriebe; Mehrfachnennungen möglich)
Kooperationsfeld 1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
Marketing/Vertrieb 400 63,7 473 63,2 415 62,2 447 64,0 338 57,9
Einkauf/Beschaffung 237 37,7 306 40,9 293 43,9 300 43,0 199 34,1
Forschung/Entwicklung 300 47,8 356 47,5 299 44,8 337 48,3 320 54,8
Weiterbildung 160 25,5 203 27,1 176 26,4 218 31,2 209 35,8
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
8
Unter „Schwesterbetriebe“ werden die verschiedenen örtlichen Produktionseinheiten verstanden, die zu
einem Unternehmen gehören.
34

Die Bedeutung der Kooperationsfelder stellt sich in der Automobilzulieferindustrie im Zeitverlauf
anders dar als in der Gesamtbranche: Der Kooperationsbereich Marketing/Vertrieb
hat im letzten Jahr 1997 deutlich an Relevanz verloren – im Vergleich zu 1993 hat sich die
Zahl der Automobilzulieferer, die auf diesem Feld kooperiert haben, im Jahr 1997 halbiert
(vgl. Tabelle 27). Hingegen hat der Bereich Einkauf/Beschaffung 1997 an Bedeutung gewonnen.
Hier kann vermutet werden, dass kooperative Beziehungen zwischen Zulieferunternehmen
durch die Abnehmern initiiert werden, um Synergieeffekte zu erzielen. Zudem
ist Forschung/Entwicklung seit 1994 als Kooperationsfeld kontinuierlich wichtiger geworden,
was auf einen Zusammenhang mit den Anforderungen der Abnehmer im Bereich FuE
hindeutet.
Tabelle 27: Kooperationsfelder in der Automobilzulieferindustrie 1993 - 1997
(Anteile des jeweiligen Kooperationsfeldes in Prozent;
Basis: kooperierende Betriebe; Mehrfachnennungen möglich)
Kooperationsfeld 1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
Marketing/Vertrieb 8 66,7 12 60,0 13 41,9 12 52,2 4 33,3
Einkauf/Beschaffung 5 41,7 7 35,0 15 48,4 10 43,5 8 66,7
Forschung/Entwicklung 6 50,0 9 45,0 15 48,4 13 56,5 7 58,3
Weiterbildung 5 41,7 8 40,0 13 41,9 12 52,2 4 33,3
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
4.3.2 Langfristig vertraglich gesicherte Lieferbeziehungen und Grad der
Einbindung
Um eine empirische Annäherung an das Phänomen Unternehmensnetzwerk im Maschinenbau
und in der Automobilzulieferindustrie zu erreichen, wurden in der vorliegenden
Untersuchung zum einen die Angaben auf die im NIFA-Panel seit 1993 gestellte Frage „Wird
ein für den Fortbestand des Betriebes bedeutender Teil des Umsatzes mit einer begrenzten
Anzahl von Abnehmern im Rahmen längerfristig vertraglich gesicherter Lieferbeziehungen
erzielt?“ ausgewertet. Die Fragestellung erfasst zwar nicht die informellen und sozialen
Beziehungen zwischen den Akteuren, dennoch kann die Einbindung in langfristige
Lieferbeziehungen als Anhaltspunkt für die Integration in ein Unternehmensnetzwerk
interpretiert werden. Zum anderen wurde im NIFA-Panel erfasst, bis zu welchem Grad eine
35

Zusammenarbeit mit den Abnehmern existiert. Dies dient in der vorliegenden Analyse als
weiterer Indikator für die Einbindung in ein Unternehmensnetzwerk.
Im Zeitverlauf ist der Stellenwert der Einbindung von Maschinenbaubetrieben in
Unternehmensnetzwerke von 1993 bis 1997 stetig gewachsen (vgl. Tabelle 28). Im Jahr 1993
gaben nur rund 19 Prozent der befragten Betriebe an, einen bedeutenden Teil ihres
Umsatzes durch vertraglich gesicherte Abnehmerbeziehungen erzielt zu haben – im Jahr
1997 hingegen waren rund 26 Prozent der Maschinenbaubetriebe in Unternehmensnetzwerke
integriert.
Tabelle 28: Langfristig vertraglich gesicherte Lieferbeziehungen der Maschinenbaubetriebe
1993 - 1997
Vertraglich gesicherte
Lieferbeziehungen
1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
Nein 1.336 81,0 1.452 79,9 1.294 78,2 1.317 77,2 1.261 73,6
Ja 313 19,0 366 20,1 361 21,8 361 22,8 452 26,4
Gesamt 1.649 100,0 1.818 100,0 1.655 100,0 1.655 100,0 1.713 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Bei den Automobilzulieferern stellt sich die Entwicklung der langfristig vertraglich
gesicherten Lieferbeziehungen im Zeitverlauf wechselhafter dar (vgl. Tabelle 29). Auffällig ist
jedoch, dass in allen Jahren der Anteil der Zulieferbetriebe, die langfristige Lieferverträge
aufweisen, mehr als das doppelte des Anteils der Maschinenbaubetriebe beträgt. Diese
Unterschiede verweisen deutlich auf eine enge Bindung der Automobilzulieferer an ihre
Kunden, die durch die vertragliche Regelung der Lieferbeziehungen versuchen, ihre
Betriebsrisiken (z.B. Produktionsausfälle aufgrund fehlender Zulieferteile) zu minimieren. Für
die Automobilzulieferer sichern die vertraglichen Lieferbeziehungen zwar ein planbares
Abnahmevolumen, andererseits kann jedoch ihre Abhängigkeit von den Kunden wachsen,
und die Einflussmöglichkeiten der Abnehmer auf betriebliche Prozesse können zunehmen.
Dies wird durch die Ergebnisse hinsichtlich des Einbindungsgrads der Unternehmen gestützt.
36

Tabelle 29: Langfristig vertraglich gesicherte Lieferbeziehungen der Automobilzulieferbetriebe
1993 - 1997
Vertraglich gesicherte
Lieferbeziehungen
1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
Nein 13 48,1 28 57,1 31 48,4 19 39,6 17 47,2
Ja 14 51,9 21 42,9 33 51,6 29 60,4 19 52,8
Gesamt 27 100,0 49 100,0 64 100,0 48 100,0 36 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Im NIFA-Panel wurden die Betriebe seit 1993 gefragt, bis zu welchem Grad eine Zusammenarbeit
mit den Abnehmern existiert. Erfasst wurde:
• ob die gelieferten Produkte vom Abnehmer weiterbe- oder -verarbeitet werden,
• ob die Auslieferung der Lose in festen Takten erfolgt,
• ob die Zusammensetzung der Lose kurzfristig variabel ist und
• ob mit den Abnehmern unternehmensübergreifende Arbeits- oder Projektgruppen zur
Abstimmung über Konstruktion, Fertigung und/oder Qualitätssicherung eingerichtet
wurden.
Diese Kriterien wurden zu einem Index 9 zusammengefasst, der den Grad der Einbindung der
Betriebe in Unternehmensnetzwerke wiedergibt. Auf der Branchenebene des Maschinenbaus
zeigt sich zunächst, dass der überwiegenden Anteil der Betriebe nicht in ein Unternehmensnetzwerk
eingebunden ist (vgl. Tabelle 30). Allerdings ist der Anteil der Betriebe, der nicht in
ein Netzwerk integriert ist ab 1994 rückläufig, und der Anteil der stark eingebundenen Betriebe
ist im Zeitverlauf stärker gewachsen als der Anteil der beiden anderen Einbindungsniveaus.
Diese beiden Trends deuten darauf hin, dass die Integration in ein Unternehmensnetzwerk
für die Maschinenbaubetriebe an Bedeutung gewonnen haben kann.
9
Dabei wird mit den einzelnen Punkten keine Wertung verbunden, sondern der Grad der Einbindung wird auf
einer 3-stufigen Skala von geringer Einbindung (keines bis zwei der Items treffen zu) über mittlere Einbindung
(drei der Items treffen zu) bis zu starker Einbindung (alle Items treffen zu) gemessen.
37

Tabelle 30: Einbindungsgrad der Maschinenbaubetriebe 1993 - 1997
1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
keine Einbindung 1.293 77,8 1.513 80,5 1.312 78,4 1.338 77,5 1.272 73,8
geringe Einbindung 144 8,7 137 7,3 132 7,9 151 8,7 159 9,2
mittlere Einbindung 110 6,6 18 5,7 107 6,4 103 6,0 134 7,8
starke Einbindung 114 6,9 121 6,4 122 7,3 135 7,8 159 9,2
Gesamt 1.661 100,0 1.879 100,0 1.673 100,0 1.727 100,0 1.724 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
Für die Automobilzulieferer hat die Einbindung in ein Unternehmensnetzwerk eine höhere
Relevanz als bei den anderen Maschinenbaubetrieben: Der Anteil der stark eingebundenen
Betriebe hat im Zeitverlauf ab 1994 kontinuierlich zugenommen und im Jahr 1997 ist fast die
Hälfte der Automobilzulieferer in ein Unternehmensnetzwerk integriert (vgl. Tabelle 31).
Hingegen ist der Anteil der Betriebe mit mittlerer Einbindung stark rückläufig, mit der Folge,
dass im Jahr 1997 die Automobilzulieferer bei der Netzwerkintegration nur die Ausprägungen
an den beiden Enden der Skala besetzen: Zulieferbetriebe sind entweder gar nicht
oder sehr stark in ein Unternehmensnetzwerk eingebunden. Dabei ist zu vermuten, dass es
sich bei den stark integrierten Betriebe vorwiegend um Einzelteilhersteller handelt.
Tabelle 31: Einbindungsgrad der Automobilzulieferbetriebe 1993 - 1997
1993 1994 1995 1996 1997
N % N % N % N % N %
keine Einbindung 13 46,4 29 58,0 31 48,4 19 39,6 18 48,6
geringe Einbindung 2 7,1 0 0,0 2 3,1 2 4,2 1 2,7
mittlere Einbindung 4 14,3 7 14,0 8 12,5 8 16,7 1 2,7
starke Einbindung 9 32,1 14 28,0 23 35,9 19 39,6 17 45,9
Gesamt 28 100,0 50 100,0 64 100,0 48 100,0 37 100,0
Quelle: NIFA-Panel; eigene Berechnungen.
38

4.4 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse
Die Untersuchung der internen und externen Organisationsstrukturen hat zusammenfassend
folgende Unterschiede zwischen den Automobilzulieferern und der Vergleichsgruppe der
Maschinenbaubetriebe aufgezeigt:
• die Automobilzulieferer messen der Marktentwicklung als Marktfeldstrategie häufiger
mehr Bedeutung zu als der Produktentwicklung
• sie entwickeln seltener neue Produkte für den Markt
• sie haben einen höheren Anteil an Betrieben, die mehr als 50 Prozent Erzeugnisse nach
Kundenspezifikation fertigen
• fast alle Automobilzulieferer erzielen mehr als 50 Prozent des Umsatzes mit Stammkunden
• Automobilzulieferer verlagern weniger häufig Aufträge nach außen
• sie verzeichnen im Zeitverlauf einen Anstieg der wieder eingelagerten Fertigungsaufträge
• sie weisen auf allen Niveaustufen höhere Anteile an Gruppenarbeit auf
• Automobilzulieferer kooperieren häufiger im Bereich Einkauf/Beschaffung und FuE und
weniger häufig im Bereich Marketing/Vertrieb und Weiterbildung
• sie weisen deutlich häufiger langfristige Lieferbeziehungen auf und
• sie sind sichtbar häufiger stark in Netzwerke eingebunden, wobei der Anteil der stark
eingebundenen Betriebe im Zeitverlauf ab 1994 kontinuierlich zugenommen hat
Zudem können auf Grundlage der erläuterten empirischen Befunde folgende Ergebnisse im
Hinblick auf Merkmale und Veränderungen der Zulieferindustrie festgehalten werden:
• Die untersuchten Zulieferbetriebe weisen der Markterschließung einen wichtigeren
Stellenwert zu als die gesamte Maschinenbaubranche. Dazu steht jedoch im Gegensatz,
dass sie weniger häufig als die anderen Maschinenbauunternehmen Produkte entwickeln,
die für den Markt neu sind. Der Umstand, dass Zulieferer eher Produkte entwickeln, die
für den Betrieb neu sind, deutet auf enge Hersteller-Kunden-Beziehungen hin, bei denen
die Zulieferer bedarfsorientiert Produkte (gemeinsam mit den Kunden) entwickeln.
Diese Vermutung wird durch die hohen Anteile der Erzeugnisse nach Kundenspezifikation
und -bestellung gestützt.
39

• Die Analyse der NIFA-Paneldaten verdeutlicht, dass die untersuchten Zulieferbetriebe
i.d.R. über eine kleine Anzahl von Stammkunden verfügen, mit denen sie fast ausschließlich
ihre Umsätze (über 50 Prozent) erzielen. Hingegen haben die Maschinenbaubetriebe
ein breiteres Kundenspektrum, und der Anteil der Betriebe, die über 50 Prozent ihres
Umsatzes mit Stammkunden erwirtschaften, fällt geringer aus.
• Restrukturierungsmaßnahmen wie Gruppenarbeit und In-/Outsourcing haben auch die
Zulieferbetriebe erfasst. So gab jedes zweite befragte Zulieferunternehmen 1997 an, Aufträge
nach außen verlagert zu haben (Outsourcing). Bei der Gruppenarbeit zeigt sich ein
höherer Verbreitungsgrad gegenüber den anderen Maschinenbaubetrieben. Zudem
weisen die Automobilzulieferer häufiger teilautonome Gruppenarbeit in der Fertigung
auf.
• Die Automobilzulieferer weisen im Zeitraum von 1994 bis 1996 einen gestiegenen Anteil
wieder eingelagerter Fertigungsaufträge (Insourcing) auf, der vor allem im letzten Jahr auf
gestiegene Qualitätsanforderungen an die Produkte der Zulieferunternehmen zurückgeführt
werden kann. Zusammen mit der bereits genannten starken Kundenbindung ist anzunehmen,
dass die verstärkten Insourcing-Aktivitäten eine Strategie darstellen, durch die
versucht wird, die wachsenden Flexibilisierungsansprüche der Abnehmer zu bewältigen.
• Die deutlichsten Unterschiede zwischen dem Maschinenbau und der Automobilzulieferindustrie
zeigen sich bei der Betrachtung externer Organisationsstrukturen. Verfügt
lediglich nur rund jeder vierte Maschinenbaubetrieb (1997) über langfristig vertraglich
gesicherte Lieferbeziehungen, sind es mehr als die Hälfte aller Zulieferunternehmen.
Auch die Einbindung in Unternehmensnetzwerke ist bei den Zulieferern erheblich
stärker ausgeprägt. Da für alle Betriebe, die einen starken Einbindungsgrad aufweisen,
gemäß der Indexbildung die Angabe zutrifft, dass mit den Abnehmern feste
Projektgruppen (unternehmensübergreifende Arbeitsgruppen) eingerichtet worden sind,
in denen eine Abstimmung über Aspekte der Konstruktion, Fertigung oder
Qualitätssicherung erfolgt, kann vermutet werden, dass die Automobilzulieferer eine
deutlich höhere Abhängigkeit von ihren Kunden aufweisen als die anderen
Maschinenbaubetriebe. Die hohe Bedeutung der Kooperationsfelder Einkauf/Beschaffung
und Forschung/Entwicklung deutet ebenfalls auf einen starken Einfluss der Abnehmer hin.
40

5 Fazit
Die vorliegende Studie basiert auf der Beobachtung, dass sich in Folge des strukturellen und
globalen Wandels der Automobilindustrie die Beziehungen zwischen Endherstellern und
Zulieferunternehmen neu konturieren. Im Mittelpunkt der Untersuchung stand demzufolge
die Frage, ob sich das Verhältnis zwischen den Herstellern und Zulieferern im untersuchten
Zeitraum in Richtung einer stärkeren Abhängigkeit oder in Richtung gefestigter
Kooperations- und Netzwerkstrukturen entwickelt. Die eigenen Befunde führen zu keinem
eindeutigen Ergebnis: Vielmehr deuten die Erkenntnisse darauf hin, dass infolge der innerund
zwischenbetrieblichen Restrukturierungen in der Automobilindustrie sowohl
Kooperationen und netzwerkförmige Koordinationen als auch enge Bindungen und damit
Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Zulieferern und Endherstellern an Bedeutung gewinnen.
Schlanke Produktion, Verringerung der Fertigungstiefe und Konzentration auf das
Kerngeschäft intensivieren die Netzwerkbildungen, aber auch die Abhängigkeitsstrukturen:
Nach SYDOW (1999) differenzieren sich hier „strategische Netzwerke“, die durch ein
bestimmendes „fokales Unternehmen“ und (abhängige) Netzwerkunternehmen gekennzeichnet
sind, weiter aus. Auch die vorliegende Untersuchung belegt die starke
Marktposition der Endhersteller und deren Einflussnahme auf die Produkterstellung der
Zulieferunternehmen, z.B. durch Kooperationen in den Bereichen Einkauf/Beschaffung und
Forschung/Entwicklung. Weitgehend unbeantwortet hingegen bleibt die Frage, inwiefern
durch Netzwerkbildung auch die Abhängigkeit der Endhersteller von (System-)Zulieferern
weiter zunimmt. Demzufolge lässt sich die Richtung der aktuellen und zukünftigen
Entwicklung nicht eindeutig bestimmen:
• Bereits Mitte der neunziger Jahre zeichnete sich ein Wandel der Marktfeldstrategien ab,
wie er in mehreren Studien für die nächsten Jahre prognostiziert wird (vgl. DAHLHOFF
u.a. 2000; LAY/WALLMEIER 1999). Die Sicherung der Marktposition durch Kostenreduzierung
und Ausbau der Vertriebsaktivitäten verliert an Bedeutung zugunsten einer
Ausweitung der Entwicklungskompetenz. Dies spiegelt der wachsende Wert der
Produktentwicklung zwischen 1994 und 1997 wider (vg. Tabelle 6). Hingegen belegen die
Daten zu Produktinnovation (vgl. Tabelle 8) die Priorität der Qualitätsverbesserung
41

gegenüber der „Neuerfindung“ in der Produktentwicklung sowie eine geringere
Marktautonomie der Komponenten- und Teilezulieferer. In Technik, Innovation und
Organisation hinken die Zulieferer am unteren Ende der Pyramide der Entwicklung
hinter den großen Systemlieferanten und Endhersteller hinterher (vgl. LAY/WALLMEIER
1999: 11).
• Die Lean Management-Debatte zu Beginn der neunziger Jahre ist auch an der Zuliefererindustrie
nicht vorbeigegangen. Gruppenarbeitsmodelle sowie In- und Outsourcing sind
sowohl bei den Zulieferbetrieben als auch bei den Endherstellern verbreitet. Dabei
deuten die im Vergleich zur Maschinenbaubranche höheren Angaben zur Verbreitung von
Gruppenarbeit auf die Einflussnahme und den „Vorbildcharakter“ der Automobilproduzenten
hin (vgl. Tabelle 20). Ebenso sind die steigenden Werte von In- und
Outsourcing-Aktivitäten Ausdruck enger Hersteller-Zulieferer-Beziehungen und neuer
Beschaffungsstrategien (vgl. Tabellen 16 und 18): Von den Automobilproduzenten
ausgelagerte Aufgaben und Fertigungsbereiche werden zu Insourcing-Herausforderungen
für die Zulieferbetriebe.
• Die Reorganisation der Zulieferindustrie stellt hohe Ansprüche an die Flexibilität,
Anpassungskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Klein- und Mittelbetriebe. In dieser
Situation werden Kooperationen und Allianzen zu entscheidenden Erfolgsfaktoren. Die
Daten des NIFA-Panels deuten auf eine wachsende Kooperationsbereitschaft und -notwendigkeit
in der Branche hin. Dies betrifft die horizontale Ebene, aber auch
insbesondere die vertikalen Beziehungen in der Zuliefererpyramide: Feste
Lieferbeziehungen und unternehmensübergreifende Netzwerke in der Produkterstellung
und -entwicklung sind die hervorstechendsten Charaktermerkmale in der
Zulieferindustrie und - verglichen mit den Angaben der Unternehmen des Maschinenbaus
- sehr stark ausgeprägt.
Die hier bilanzierten Erkenntnisse auf Grundlage der NIFA-Paneldaten zeigen den Beginn
eines Entwicklungsprozesses auf, der sich in den kommenden Jahren weiter verstärken wird:
Die Umstrukturierung der Automobilzulieferindustrie, die einen tief greifenden Wandel
interner und externer Organisationsstrukturen zur Folge hat. Kurze Produktzyklen,
permanenter Innovationsdruck und hohe Flexibilitätserfordernisse bei wachsendem
42

internationalen Konkurrenzdruck stellen hohe Anforderungen, denen viele Betriebe nicht
gewachsen sind bzw. sein werden. Weitere Übernahmen und Insolvenzen können die Folge
sein. Um im globalen Konzentrations- und Selektionsprozess bestehen zu können, werden
Kooperation und Netzwerkbildung der Zulieferbetriebe weiter zunehmen: mit anderen
Anbietern einerseits und mit Kunden und Abnehmern andererseits. Innovative Formen der
Zusammenarbeit und stabile Geschäfts- und Lieferbeziehungen sichern nicht nur die
Überlebensfähigkeit der Betriebe, sondern bieten auch die Chance, einseitige
Abhängigkeitsverhältnisse zugunsten partnerschaftlicher Netzwerkbeziehungen abzubauen.
43

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