Bericht 2013 des nationalen REITOX-Knotenpunkts an die EBDD ...
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174 9. DROGENBEZOGENE KRIMINALITÄT, PRÄVENTION VON DROGENBEZOGENER KRIMINALITÄT UND GEFÄNGNIS<br />
In Deutschl<strong>an</strong>d regeln <strong>die</strong> Strafvollzugsgesetze selbst, welche medizinischen Leistungen<br />
Gef<strong>an</strong>gene be<strong>an</strong>spruchen können und verweisen bezüglich Art und Umf<strong>an</strong>g auf das<br />
Sozialgesetzbuch (SGB V) (Meier 2009). Demnach können Gef<strong>an</strong>gene nicht das gesamte,<br />
für <strong>die</strong> gesetzliche Kr<strong>an</strong>kenversicherung (GKV) verbindliche Leistungsspektrum in Anspruch<br />
nehmen.<br />
Beh<strong>an</strong>dlung<br />
In einem systematischen Review von Hedrich et al. (2012) wurde ein Überblick gegeben<br />
über <strong>die</strong> Effektivität von aufrechterhaltender Substitutionsbeh<strong>an</strong>dlung (opioid mainten<strong>an</strong>ce<br />
treatment, OMT) im Gefängnissetting. Ergebnisse zeigen, dass <strong>die</strong> Vorteile von OMT im<br />
Gefängnissetting vergleichbar sind mit denen in der Allgemeinbevölkerung. OMT stellt eine<br />
Möglichkeit dar, um problematische Opioidkonsumenten dazu zu bewegen, sich in<br />
Beh<strong>an</strong>dlung zu begeben, um illegalen Opioidkonsum und Risikoverhalten im Gefängnis zu<br />
reduzieren und möglicherweise auch um Überdosierungen nach Haftentlassungen zu<br />
minimieren. Wenn es eine Anbindung <strong>an</strong> gemeindenahe Beh<strong>an</strong>dlungsprogramme gibt,<br />
erleichtert OMT im Gefängnis auch <strong>die</strong> Kontinuität von Beh<strong>an</strong>dlung und hilft dabei,<br />
l<strong>an</strong>gfristige positive Effekte zu erzielen.<br />
In einer Untersuchung wurden drogenkonsumierende Menschen befragt, <strong>die</strong> während der<br />
verg<strong>an</strong>genen zwei Jahre aus einer bayerischen JVA entlassen worden waren (Schäffler &<br />
Zimmerm<strong>an</strong>n 2012). Die Untersuchungsteilnehmer <strong>an</strong>tworteten auf Fragen zur Substitution<br />
vor und nach Haft<strong>an</strong>tritt, zu ihrem Drogenkonsum vor und während der Haft, zu<br />
Mehrfachbenutzung von Spritzbesteck, Zufriedenheit mit intramuralen Hilfe<strong>an</strong>geboten, Form<br />
und Empfinden der Entgiftung in Haft, Zeitpunkt <strong>des</strong> ersten Konsums nach Haftentlassung<br />
sowie zum Infektionsstatus. Die Ergebnisse zusammenfassend lässt sich feststellen, dass<br />
Drogenabhängige in bayerischen Haft<strong>an</strong>stalten zahlreichen Gesundheitsgefährdungen<br />
ausgesetzt sind. Eine Vielzahl der befragten Inhaftierten konsumiert während <strong>des</strong><br />
Haftaufenthalts intravenös und hochrisk<strong>an</strong>t sowie knapp 50 % am ersten Tag nach<br />
Entlassung. Der Substitutionsrate in Freiheit gegenübergestellt befindet sich in Haft ein<br />
verhältnismäßig geringer Teil der Konsumenten in Substitution. Etwa 2/3 der<br />
drogenabhängigen Gef<strong>an</strong>genen verspüren zudem sehr oft oder oft Suchtdruck und sind<br />
äußerst unzufrieden mit der medizinischen Versorgung sowie dem Umg<strong>an</strong>g seitens <strong>des</strong><br />
medizinischen Personals. In einer Übersichtsarbeit zur suchtbezogenen<br />
Gesundheitsversorgung von Inhaftierten in Deutschl<strong>an</strong>d kommen <strong>die</strong> Autoren zu einem<br />
ähnlichen Schluss (Jakob et al. <strong>2013</strong>b). Obwohl <strong>die</strong> Raten Suchtmittel konsumierender<br />
Inhaftierter um ein Vielfaches über denen der Allgemeinbevölkerung liegen und ein<br />
umfassen<strong>des</strong> intramurales Beh<strong>an</strong>dlungs<strong>an</strong>gebot erfordern, existieren trotz Äquivalenzprinzip<br />
deutliche Unterschiede zwischen intra- und extramuraler Beh<strong>an</strong>dlung Suchtmittel<br />
konsumierender oder abhängiger Personen. Zudem führt das Fehlen verbindlicher<br />
bun<strong>des</strong>weiter Richtlinien zur suchtbezogenen Gesundheitsversorgung in Haft zu<br />
Unterschieden in der Art und Verfügbarkeit von Therapie<strong>an</strong>geboten zwischen den<br />
Bun<strong>des</strong>ländern.