Kunst, Kultur, Erwachsenen- bildung
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Schwerpunkt <strong>Kunst</strong>, <strong>Kultur</strong>, <strong>Erwachsenen</strong><strong>bildung</strong><br />
Was ist Kreativität?<br />
Überlegungen zu<br />
einem vielseitig<br />
anwendbaren Begriff<br />
Der Mensch steht vor großen Herausforderungen in vielen<br />
Bereichen, wie Überbevölkerung, Krieg, Umweltzerstörung,<br />
und es entstehen zahlreiche neue Probleme, wobei immer mehr<br />
Lösungen von kreativen Menschen erwartet werden. Kreativität<br />
ist ein viel gebrauchter Begriff – aber was ist damit gemeint? Für<br />
manche bedeutet sie Selbstverwirklichung und Selbstausdruck,<br />
Einfallsreichtum, Entwicklung und Innovation. Ist sie Teil<br />
des Menschseins oder ist sie einzelnen kreativen Menschen<br />
vorbehalten? Kann sie gefördert werden oder wurde sie uns in<br />
die Wiege gelegt – ist man kreativ oder eben nicht?<br />
Monika<br />
Willinger<br />
Schwerpunkt<br />
Den Begriff Kreativität zu definieren, haben viele versucht.<br />
Ursprünglich in der Mystik verwurzelt, ist Kreativität<br />
ein schöpferischer Akt, ein „Kuss der Muse“, eine<br />
göttliche Eingebung. Man ging davon aus, dass sie auf<br />
spirituellen Erfahrungen basiert, die nicht zu erforschen<br />
sind.<br />
Der amerikanische Psychologe Joy Paul Guilford entwickelte<br />
um 1950 ein Intelligenzmodell, in dem er von<br />
„divergentem“ Denken (originell und flexibel), von „konvergentem“<br />
Denken (logisch und schlussfolgernd) und<br />
von „bewertendem „Denken (Kognition, Gedächtnis,<br />
Evaluation) sprach. In diesem Modell wurde die Kreativität<br />
erstmalig dem divergenten Denken zugeordnet<br />
und fand so in weiterer Folge die Aufmerksamkeit der<br />
Wissenschaft (vgl. Fanselow, 2004, S. 5). Es ist daraus ersichtlich,<br />
dass Kreativitätsforschung ein relativ neuer Forschungszweig<br />
ist.<br />
Genauer auf die Ergebnisse der Forschung einzugehen,<br />
würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen,<br />
schon 1969 schrieb Peter Medawar: „We have come to<br />
recognize, then, that the study of creativity and its development<br />
is one of the broadest and largest topics for research:<br />
The analysis of creativity in all its forms is beyond<br />
the competence of any one accepted discipline. It requires<br />
a consortium of talents: Psychologists, biologists, philosophers,<br />
computer scientists, artists and poets would all<br />
expect to have their say.” (zit. nach Fanselow, 2004, S. 7).<br />
Kreativität kann also bedeuten, künstlerisch tätig zu<br />
sein, aber genauso mit Veränderungen im Leben konstruktiv<br />
umzugehen. Sie befähigt den Menschen, an einer<br />
Krise oder einem Problem nicht zu scheitern, sondern<br />
eine kreative Lösung dafür zu finden.<br />
Der Mensch schafft sich kreativ seine eigene Welt,<br />
physisch durch die Erschaffung von Maschinen, Städten<br />
und Straßen und geistig durch die Erschaffung von Wissen,<br />
<strong>Kunst</strong> und Werten. (Vgl. Fanselow, 2004, S. 3).<br />
Wegen des unterschiedlichen Gebrauchs des Wortes<br />
Kreativität und weil eine klare Definition des Wortes<br />
fehlt, ist es von zentraler Bedeutung, den Begriff im richtigen<br />
Kontext zu verwenden.<br />
Die vier P’s der Kreativität<br />
Die „vier P’s“ meinen: das kreative Potenzial, das<br />
kreative Produkt, die kreative Person und den kreativen<br />
Prozess. Eine Unterscheidung dieser vier P’s hilft bei der<br />
richtigen Zuordnung des Begriffes „Kreativität”.<br />
Das kreative Potenzial ist die Fähigkeit des Menschen,<br />
eine kreative Leistung zu vollbringen.<br />
Mit dem kreativen Produkt ist das Ergebnis der kreativen<br />
Leistung gemeint.<br />
Die kreative Person ist fähig, kreative Produkte zu erschaffen<br />
und kreative Leistungen zu erbringen.<br />
Der kreative Prozess meint die Operationen, die ein<br />
Mensch ausführt, wenn er kreativ tätig ist. (Vgl. Fanselow,<br />
2004, S. 8-11).<br />
Die Phasen der Kreativität<br />
Bei der Untersuchung des kreativen Prozesses wird<br />
betrachtet, was während des kreativen Denkvorganges<br />
passiert, in dem unterschiedliche Phasen durchlaufen<br />
werden.<br />
Während in einer Vorbereitungsphase das Problem<br />
oder Thema benannt und ein Ziel gesetzt wird, kombinieren<br />
die Schaffenden in der sogenannten „Inkubationsphase“<br />
das Gelernte in origineller Weise, und zwar oft<br />
unbewusst.<br />
Zur Erleuchtung durch eine zündende Idee kommt es<br />
in der „Illuminationsphase“, erst in der Realisierungsphase<br />
wird das Thema ausgearbeitet.<br />
In der letzten Phase, der Verifikation, muss das Werk<br />
geprüft werden, sowohl vom Schaffenden selbst als auch<br />
von den anderen, die bestätigen, dass das Produkt gelungen<br />
ist. (Vgl. Holm-Hadulla, 2010, S. 54-57).<br />
Die kreative Person<br />
Hartmut von Hentig (vgl. 2000, S. 9) führt aus, dass<br />
man den Zustand von Menschen und <strong>Kultur</strong>en an deren<br />
„Heilswörtern” erkennt. Das sind Wörter wie Aufklärung,<br />
Fortschritt, Leistung. Ein „Heilswort”, das hohe Erwartungen<br />
an den Menschen des 21. Jahrhunderts stellt,<br />
ist wahrscheinlich „Kreativität”. Das Wort wird heute etwas<br />
inflationär benutzt, sei es von Technikern und Umweltschützern,<br />
von Wirtschaftsmagnaten, aber auch von<br />
Pädagogen und Politikern. Nicht klar wird dabei oft, über<br />
welche Eigenschaften eine kreative Person eigentlich verfügt<br />
und wodurch sie sich von einer „nicht kreativen“ Person<br />
unterscheidet.<br />
Der Psychologe und Kreativitätsforscher Mihály Csíkszentmihályi<br />
ist der Ansicht, dass sich kreative Menschen<br />
gut anpassen können und fähig sind, sich mit dem zu behelfen,<br />
was gerade zur Verfügung steht. Als weitere Eigenschaften<br />
führt er Neugier, Staunen und Interesse an. Auch<br />
Offenheit für neue Erfahrungen, unvoreingenommene<br />
DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2013 · NR. 249 — 19