Kunst, Kultur, Erwachsenen- bildung
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Schwerpunkt <strong>Kunst</strong>, <strong>Kultur</strong>, <strong>Erwachsenen</strong><strong>bildung</strong><br />
<strong>Kunst</strong>projekt:<br />
„Bemerkenswerte<br />
Säulen“ –<br />
Sichtbarmachung der<br />
weißen Säulen in der<br />
VHS Simmering.<br />
Malen mit sehbehinderten<br />
und blinden Menschen<br />
Mitra Strohmaier<br />
Schwerpunkt<br />
Als Malerin, die ständig mit Bildern, Farben und Formen<br />
zu tun hat, war es mir ein langjähriges Bedürfnis, zu begreifen,<br />
wie Blinde oder Menschen mit starker Sehbehinderung<br />
die Welt erfahren. Welche sinnlichen Wahrnehmungen<br />
haben sie und was wissen bzw. spüren sie über<br />
die Natur und ihre Umwelt.<br />
In der vhs Simmering im neuen Bildungszentrum<br />
gibt es in den Gängen vor den Kursräumen viele weiße<br />
Säulen, die vor weißen Wänden stehen. Bereits nach kurzer<br />
Zeit kamen die ersten Rückmeldungen – nicht nur<br />
von Menschen mit Sehbehinderung –, dass diese Säulen<br />
deshalb schwer zu sehen sind. Als mir Mag. a Christine<br />
Pig, Direktorin der vhs Simmering, von dieser Situation<br />
erzählte, hatten wir die Idee, die Säulen durch künstlerische<br />
Gestaltung sichtbar zu machen und mein Vorschlag<br />
war, das doch gleich mit jener Gruppe von Menschen zu<br />
probieren, die davon am meisten betroffen ist – blinde<br />
und sehbehinderte Menschen!<br />
So wurde mir plötzlich die Möglichkeit eröffnet, meinen<br />
lang gehegten Wunsch „Malen mit sehbehinderten und<br />
blinden Menschen“ im vergangenen Sommer in der vhs<br />
Simmering zu verwirklichen. Im Sommer 2013 konnte<br />
zur großen Freude aller Beteiligten das <strong>Kunst</strong>projekt „Bemerkenswerte<br />
Säulen“ durch eine interne vhs-Projektförderung<br />
zur Sichtbarmachung weiterer Säulen ausgebaut<br />
werden.<br />
Aufgrund meines langjährigen <strong>Kunst</strong>unterrichts hatte<br />
ich keine Bedenken, auch nicht-sehende Menschen zu<br />
unterrichten, jedoch war ich mir der Herausforderung<br />
bewusst, nun mit Blinden zu arbeiten. Es entsprach meiner<br />
eigenen tiefen Empfindung, dass körperliche Behinderung<br />
keine Machtlosigkeit hervorrufen sollte, und ich<br />
war offen und neugierig, wie diese Menschen mit Malerei<br />
umgehen, wie weit sie sich trauen, ihre Fantasien in ein<br />
Bild umzusetzen und was sie dabei spüren.<br />
Ihr Wille und ihr Interesse, ihr Mut und ihre Zuversicht<br />
waren mir Ansporn, sie bei diesem Abenteuer zu<br />
unterstützen.<br />
Mir war wichtig, die Malgruppe „Sehbehinderte und<br />
Blinde“ experimentieren zu lassen, ihren Vorstellungen<br />
von Farbe, Form und Material entgegenzukommen und<br />
diese durch Elemente aus dem konventionellen Malunterricht<br />
zu ergänzen.<br />
Die Teilnehmer/innen brachten ihre Ideen auf großen<br />
Papierbahnen in Mischtechnik und Kollagen mit<br />
Acrylfarbe als Grundmaterial sowie mit Kreide, Buntstiften,<br />
Sand, etc., zu Papier. Sie hatten immer genaue<br />
Vorstellungen davon, was sie darstellen wollten, welche<br />
Farbe sie dazu benötigen und was für eine Form bzw.<br />
welches Element sie im Bild brauchen, um diese oder<br />
jene Idee umsetzen zu können. Ich habe nach Wunsch<br />
der einzelnen Gruppenmitglieder die Farben gemischt<br />
und erzählt, wie die Farbe aussieht, bis es die Farbe ihrer<br />
Vorstellung geworden ist (z.B. „die blaue Farbe des<br />
Türkischen Meeres“). Sie hatten auch ihre eigenen Vorstellungen<br />
von unterschiedlichen Formen sowie von<br />
Elementen aus der Natur. Darüber wurde mit mir kommuniziert<br />
und Wünsche geäußert, was gerne im Bild gewollt<br />
ist. Ich habe jede/jeden motiviert, ohne Bedenken,<br />
so wie es eben möglich ist, zu gestalten zu versuchen (z.B.<br />
ein Tier, eine Blume, ein Haus, den Himmel und noch<br />
weitere Elemente und Symbole). Von Zeit zu Zeit habe<br />
ich vom Fortschritt des Bildes erzählt, wie sich das Bild<br />
entwickelt und wie es aussieht. Als das Bild fertig war,<br />
habe ich genau geschildert, was sie oder er gemalt hatte<br />
und geholfen, durch Betasten der Bildfläche ihr/sein Bild<br />
näher kennenzulernen. War der/die Teilnehmer/in mit<br />
der eigenen Arbeit zufrieden und stimmte zu, haben wir<br />
das Bild als „fertig“ weggelegt und uns mit der nächsten<br />
Idee beschäftigt. Die Fertigung der Bilder wurde in der<br />
Malgruppe mit großer Freude erlebt und auch mit großem<br />
Stolz, dass ihre Bilder in der Öffentlichkeit für ein<br />
breites Publikum zugänglich werden.<br />
Auch für mich war es sehr befriedigend und bereichernd,<br />
eine ganz andere „Sichtweise“ kennen zu lernen<br />
und wir freuen uns, das Ergebnis in einer Ausstellung am<br />
15. November 2013 für alle prominent präsentieren zu<br />
können. //<br />
DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2013 · NR. 249 — 35