Kunst, Kultur, Erwachsenen- bildung
Kunst, Kultur, Erwachsenen- bildung
Kunst, Kultur, Erwachsenen- bildung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Rezensionen<br />
der Wettbewerbsleitung des Grimme-Instituts<br />
hat sie sich auch um entwicklungspolitische<br />
und medienpolitische Fragen verdient<br />
gemacht. Während ihrer fünfjährigen<br />
Amtszeit führte sie zudem eine schwierige<br />
Strukturreform des Verbandes zu einem guten<br />
Ende.<br />
Als Arbeiterkind wurde Doris Odendahl<br />
1933 in Stuttgart geboren, wo sie auch die<br />
späteren Kriegsjahre verbrachte. Nach dem<br />
Tod ihres Vaters musste die begabte Schülerin<br />
1947 das Gymnasium verlassen, weil<br />
die Mutter das Schulgeld nicht aufbringen<br />
konnte. Hier liegen auch die Wurzeln ihres<br />
lebenslangen Einsatzes für einen von der<br />
sozialen Herkunft unabhängigen Anspruch<br />
auf Bildung.<br />
Nach einer Aus<strong>bildung</strong> zur Kauffrau<br />
und diversen beruflichen Stationen, die sie<br />
mehrfach auch ins Ausland führten, machte<br />
sie sich von 1967 bis 1981 im Textileinzelhandel<br />
selbstständig. Gleichzeitig engagierte<br />
sie sich für das Gemeinwesen. Von 1971 bis<br />
1983 war sie in den Stadträten von Böblingen<br />
und Sindelfingen vertreten, von 1981 bis<br />
1989 Vorsitzende des spd-Kreisverbandes<br />
Böblingen. Außerdem wirkte sie im Landesvorstand<br />
ihrer Partei mit.<br />
Auf die Frage, wie sie von der Kauffrau<br />
zur Bildungsfrau wurde, wusste sie eine einfache<br />
Antwort: „Durch Hans-Jochen Vogel“.<br />
Der damalige Fraktionsvorsitzende hatte der<br />
politischen Newcomerin eine Mitwirkung<br />
im Bildungsausschuss angeboten.<br />
Doris Odendahl hatte feste Grundüberzeugungen<br />
und Ideale. Die Wurzeln der<br />
Volkshochschulen wollte sie lieber in der<br />
Arbeiterbewegung denn in der bürgerlichen<br />
Bildungsbewegung verortet sehen. Sie argumentierte<br />
hart in der Sache und scheute<br />
keinen Konflikt, wenn es um volkshochschulpolitische<br />
Anliegen ging. Ihr entschlossenes<br />
Eintreten für ihre Überzeugungen hat<br />
ihr viele Freunde eingebracht, jedoch auch<br />
manche Freundschaft getrübt. Diese selbstbewusste,<br />
gebildete, immer ein wenig verschlossene<br />
Frau war aber auch den Genüssen<br />
und Freuden des Lebens nicht abgeneigt.<br />
Wir werden Doris Odendahl in dankbarer<br />
Erinnerung behalten, als Vorsitzende, als<br />
Kollegin und als Mensch. //<br />
Für den Vorstand und die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter des Deutschen Volkshochschul-Verbandes<br />
Prof. Dr. Rita Süssmuth, Präsidentin<br />
Dr. Ernst Dieter Rossmann, Vorsitzender<br />
Ulrich Aengenvoort, Verbandsdirektor<br />
Ingolf Erler/Daniela Holzer/<br />
Christian Kloyber/Erich<br />
Ribolits (Hrsg.): Kritisch<br />
denken: für eine andere<br />
<strong>Erwachsenen</strong><strong>bildung</strong><br />
Innsbruck-Wien-Bozen: Studienverlag 2012.<br />
157 Seiten. (= Schulheft; 148.)<br />
Barbara Kreilinger<br />
Die Initiative „Kritische <strong>Erwachsenen</strong><strong>bildung</strong>"<br />
macht es sich zur Aufgabe, einen<br />
Diskurs über das „kritische Verständnis“ im<br />
Kontext der <strong>Erwachsenen</strong><strong>bildung</strong> zu führen.<br />
Diese Initiative zeichnet für das Schulheft<br />
Nummer 148 verantwortlich. Auf der Suche<br />
nach Ansätzen des Kritischen richtet sie den<br />
Blick auf existierende Widersprüche. Sie<br />
fragt nach den Vorstellungen von Bildung<br />
und inwiefern diese Vorstellungen anderen<br />
zumutbar sind bzw. wo die Voraussetzungen<br />
für eine „spezifische gesellschafts- und herrschaftskritische<br />
Sichtweise“ (S. 5) liegen. Die<br />
„dunklen“ Seiten des lebenslangen Lernens<br />
werden reflektiert.<br />
In dem Band, der Beiträge von 14 Autoren/innen<br />
versammelt, wird das neoliberale<br />
Bildungsversprechen „Bildung = Aufstieg“<br />
ins Visier genommen und auf seine Herrschaftsmechanismen<br />
hinterfragt. Lebenslanges<br />
Lernen ohne Ende – kein Abschluss<br />
ist in Sicht – individualisiert nicht nur Erfolg<br />
sondern auch Versagen des/der Einzelnen.<br />
Mit Foucault richtet sich der Blick auf die<br />
Brüche und Grenzlinien unserer Gegenwart<br />
und die Notwendigkeit, diese zu thematisieren<br />
und Position zu beziehen. Auch dem<br />
Begriffspektrum von Kritik wird nachgegangen.<br />
Effektive Kritik bedroht bestehende<br />
Machtstrukturen, indem sie diese in Frage<br />
stellt – mit Sanktionen ist zu rechnen.<br />
Kritische <strong>Erwachsenen</strong><strong>bildung</strong> ist für die<br />
Gegenwartsgesellschaft bedeutend, wenn<br />
sie die Möglichkeit zur Wandelbarkeit<br />
politischer und gesellschaftlicher Verhältnisse<br />
aufzeigt und für Veränderungen eintritt.<br />
Ihre zentrale Aufgabe ist es, aufzuklären<br />
und Selbstaufklärungsprozesse zu<br />
unterstützen.<br />
Es gelingt den Autoren/innen in diesem<br />
Band, grundsätzliche Fragen zu stellen und<br />
diese zu diskutieren, ohne sich dazu verführen<br />
zu lassen, einfache und rasche Antworten<br />
zu geben.<br />
Das vorliegende Schulheft ermutigt, sich<br />
von solchen kritischen Überlegungen inspirieren<br />
zu lassen und sie als Chance für die<br />
<strong>Erwachsenen</strong><strong>bildung</strong> zu begreifen. Mich<br />
hat beim Lesen des Bandes Hannah Arendts<br />
Ausspruch „Niemand hat das Recht zu gehorchen!“<br />
begleitet. //<br />
DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2013 · NR. 249 — 49