Konsumräume
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Deshalb wurden in den frühen siebziger Jahren in Amsterdam zwei Zentren eingerichtet, die<br />
mehreren Bedürfnissen dienten: sie waren sowohl ein informeller Treffpunkt (Kontaktladen)<br />
und ein Drop-In-Center als auch eine Stätte medizinischer Grundversorgung. Das primäre<br />
Ziel beider Einrichtungen war die Verbesserung der Gesundheit und der psychosozialen<br />
Fähigkeiten der Klienten. Für die medizinische Grundversorgung, Beratung, Ernährung,<br />
Waschgelegenheiten, Dusche und einen Raum zur Drogeneinnahme war gesorgt. Einer dieser<br />
Dienste besaß auch einen Nadeltausch-Automaten und akzeptierte einen Hausdealer, um<br />
Kontrolle über den Handel zu haben.<br />
In Rotterdam startete Reverend Visser (St Paul's church) ein überwachtes Injektionszentrum<br />
'Perron Nul' (Platform Zero) in der Nähe des Zentralbahnhofs um den Drogengebrauchern ein<br />
Alternativangebot zum Straßenkonsum zu bieten. Dieses Projekt wurde von lokalen Politikern<br />
und der Polizei von Rotterdam unterstützt. Ein weiteres Zentrum wurde in St.Pauls Church<br />
selbst eröffnet und später erweitert, als „Perron Nul“ geschlossen wurde. 1996 nutzten 700<br />
Drogengebraucher dieses Angebot, das je einen Raum für injizierenden und für inhalierenden<br />
Gebrauch zur Verfügung stellte.<br />
Der Ausbau von <strong>Konsumräume</strong>n als Anteil einer Harm Reduktions-Politik wurde jedoch<br />
gleichzeitig auch von offizieller Seite betrieben. Ein Bericht in einer Tageszeitung über ein<br />
entsprechendes Angebot in Arnhem hatte eine katalysatorische Wirkung auf andere Regionen<br />
und auf die regionale und nationale Politik. 1996 wurden aus dem Justizministerium<br />
Richtlinien herausgegeben, in denen festgestellt wurde, dass der Besitz von Drogen in<br />
definierten Einrichtungen toleriert werde, vorausgesetzt, dass diese Zentren von einem<br />
lokalen Komitee anerkannt würden, das sich aus dem Bürgermeister, der Polizei und dem<br />
Staatsanwalt zusammensetzt.<br />
Als Ausdruck dieser generellen Haltung gegenüber illegalem Drogengebrauch in der<br />
Drogenpolitik der Niederlande unterstützte dann 1996 die Stadt Rotterdam formell die<br />
Einrichtung eines Zentrums.<br />
In der Folge wurden immer mehr überwachte Injektionszentren und andere niedrigschwellige<br />
Einrichtungen entwickelt. In den Niederlanden dienen sie offiziell und explizit nicht nur<br />
gesundheitlichen Zielen, sondern ganz prominent auch der Vermeidung von Störungen der<br />
öffentlichen Ordnung und von Risken, die aus dem Injizieren im öffentlichen Raum<br />
erwachsen. Die meisten derartigen Angebote in den Niederlanden werden von regionalen<br />
Drogenhilfsdiensten betrieben, die ein breites Spektrum von Diensten anbieten. Oft sind sie<br />
Bestandteil präexistenter niedrigschwelliger Einrichtungen, die medizinische Hilfe, Beratung,<br />
Nahrung, Wasch- und Duschgelegenheit anbieten. In den meisten Zentren gibt es sowohl<br />
einen Injektions- wie auch einen Rauchraum. In manchen Zentren müssen sich die Klienten<br />
vorstellen und eine Erlaubnis zum Gebrauch des Raumes erhalten. Manche Zentren wieder<br />
stehen nur den Bewohnern der Region zur Verfügung, in der sich die Einrichtung befindet.<br />
In Amsterdam ergab sich das Problem, dass <strong>Konsumräume</strong> außerhalb des Stadtzentrums<br />
eingerichtet wurden. Diese Räume werden kaum genutzt, da die Drogenkonsumenten von den<br />
Dealern, die im Stadtzentrum operieren, abhängig sind. Dementsprechend suchen sie sich<br />
dann Räume im Zentrum. Seitens der Polizei wurde erwogen diesem Problem durch die<br />
Zulassung von „Hausdealern“ zu begegnen.<br />
2.3. Die Entwicklung in Deutschland<br />
Wie in der Schweiz entstanden auch in Deutschland die ersten <strong>Konsumräume</strong> in einer<br />
rechtlichen Grauzone. Sie wurden, ohne jede Absicherung, in diversen Einrichtungen der<br />
Drogenhilfe (Kontakträume, Wohnplätze, Prostitutionsarbeit) angeboten.<br />
Die ersten – noch kurzzeitig tolerierten – Drogenkonsumräume gab es bereits Ende der<br />
achtziger Jahre in Bremen und Bonn.<br />
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