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Konsumräume

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Dennoch muss vermerkt werden, dass all dies in einem Land geschah, in dem gleichzeitig<br />

vom Rechtsverständnis ausgegangen wurde, dass diese Vorgangsweise ein krimineller Akt<br />

sei. Dadurch entstand eine legistische Krisensituation und die Forderung, dieses<br />

niedrigschwellige Angebot der Drogenhilfe, das ursprünglich aus unmittelbarem<br />

Handlungsbedarf heraus entwickelt worden war, nunmehr auch rechtlich abzusichern.<br />

In Frankfurt wurde die Rechtsauffassung entwickelt, dass die <strong>Konsumräume</strong>, als<br />

gesundheitliche Hilfe verstanden, mit dem geltenden Betäubungsmittelrecht übereinstimmen.<br />

Diese Auffassung machten sich aber Staatsanwaltschaften und Justizministerien in anderen<br />

Städten und Bundesländern keineswegs, oder, wie zum Beispiel in Hannover, nur mit<br />

ausdrücklichen Einschränkungen, zu eigen. Die Unsicherheit der Rechtspraxis erforderte<br />

deshalb – trotz verschiedener Einzelregelungen in Hamburg, Hannover oder Saarbrücken –<br />

eine Klarstellung vom Gesetzgeber.<br />

In Hamburg wurde die erste Möglichkeit, unter Aufsicht und hygienisch zu injizieren von<br />

der "Sozialen und pädagogischen Initiative" (SOPI) – einem Zusammenschluss wichtiger<br />

sozialer und pädagogischer Einrichtungen und Bewohnerverbände – in St.Georg im April<br />

1991 eröffnet. In einem "Fixerbus" konnten sich Drogenabhängige ihren "Druck" unter<br />

ärztlicher Aufsicht und hygienischen Bedingungen setzen.<br />

Mit der Aktion ging die Forderung einher, im ganzen Stadtgebiet Fixerstuben einzurichten,<br />

um das "Drücken" nicht mehr in den Hauseingängen, sondern in festen Räumen unter<br />

menschenwürdigen Bedingungen zu ermöglichen. Allerdings dauerte es noch drei Jahre, bis<br />

schließlich die ersten <strong>Konsumräume</strong> eingerichtet wurden, obwohl der Senat von Hamburg<br />

bereits 1992 erhebliche Mittel (2 Millionen DM) in seinem Haushalt für das Betreiben von<br />

<strong>Konsumräume</strong>n vorgesehen hatte.<br />

Seit dem Jahr 1994 richtete der Verein „Freiraum e.V.“ mehrere Gesundheitsräume<br />

(Injektionsräume) ein und betreibt mit dem "Drug-Mobil" eine fahrbare Fixerstube. Im<br />

Gegensatz zu Frankfurt, wo die <strong>Konsumräume</strong> bereits von Anfang an einvernehmlich mit<br />

allen Behörden (inklusive Staatsanwaltschaft) betrieben wurden, war die rechtliche Situation<br />

der Betreiber der Hamburger Einrichtungen lange Zeit ungeklärt. Es fehlte ihnen die<br />

rechtliche Rückendeckung. Die Stadt wälzte das rechtliche Risiko auf die Beschäftigten der<br />

Drogenhilfe ab. Im gleichen Jahr eröffnete Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) den Neubau<br />

des Drob-Inn gegenüber dem Hauptbahnhof und präsentierte sich auch sonst als Vertreter<br />

einer aufgeschlossenen Drogenpolitik. Inzwischen werden dort 1.600.000 Spritzen pro Jahr<br />

ausgetauscht, und bis 200 Mal setzen sich täglich die Benutzer der Einrichtung ihre Injektion.<br />

Nicht nur die fehlende Rückendeckung in rechtlichen Fragen erschwerte die Tätigkeit der<br />

Einrichtungen der Hamburger Drogenhilfe, sondern später auch vermehrt eine veränderte<br />

Ausschreibungspraxis für Projekte der ambulanten Drogenhilfe, die von der Behörde für<br />

Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) am 1. Januar 1999 eingeleitet wurde. Nach den<br />

„Rahmenbedingungen über Qualitätsstandards in der ambulanten Sucht- und Drogenarbeit<br />

(Drogenberatung)“ vom 23. März 1996 sollen nur noch einzelne, tatsächlich erbrachte<br />

Leistungen abrechenbar sein.<br />

Aller Kritik zum Trotz, vor allem nach der Vergabe einer traditionsreichen Einrichtung an<br />

einen ortsfremden Träger, der nicht in den gewachsenen Strukturen eingebunden war, hielt<br />

der Senat an seinem Konzept fest. Die Leitlinien aller getroffenen Maßnahmen wie auch die<br />

Arbeit aller Fachbehörden wurden im "innerbehördlichen Koordinierungskreis Drogen" und<br />

der "Lenkungsgruppe Suchtprävention" erörtert und aufeinander abgestimmt. Diese beiden<br />

Gremien wurden federführend vom Drogenbeauftragten des Senats, Horst Bossong, geleitet.<br />

Um schließlich auch gemeinsam mit den relevanten Freien Trägern die strukturelle Qualität<br />

und bedarfsorientierte Fortentwicklung der Hamburger Sucht- und Drogenhilfe zu sichern und<br />

gleichzeitig den 1994 begonnenen Modernisierungsprozess weiter zu forcieren, war seit 1996<br />

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